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Full text of "Monographien aus dem Gesamtgebiete der Neurologie und Psychiatrie 22.1920"

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MONOGRAPHIEN AUS DEM GESAMTGEBIETE DER NEUROLOGIE UND 

PSYCHIATRIE 

HERAUSGEGEBEN VON 

0. FOERSTER-BRESLAU UND K. WILMANNS-HEIDELBERG 

HEFT 22 


DIE BETEILIGUNG 
DER HUMORALEN LEBENSVOR¬ 
GÄNGE DES MENSCHLICHEN 
ORGANISMUS AM EPILEPTISCHEN 

ANFALL 


VON 

Dr. MAX DE CRINIS 

ASSISTENT DER UNIVER8ITÄTSNERVENKLINIK IN GRAZ 


MIT 28 KURVEN IM TEXT 



BERLIN 

VERLAG VON JULIUS SPRINGER 
1920 


Preis M. 26 .— 

Filr die Abonnenten der „Zeitschrift für die gesamte Neurologie und 
Psychiatrie“ Preis M. 22.— 









In die „Sammlung von Monographien aus dem Gesamtgebiete der Neu¬ 
rologie und Psychiatrie“ sollen Arbeiten aufgenommen werden, die Einzel¬ 
gegenstände aus dem Gesamtgebiete der Neurologie und Psychiatrie in mono¬ 
graphischer Weise behandeln. Jede Arbeit bildet ein in sich abgeschlossenes 
Ganzes. 

Das Bedürfnis ergab sich einerseits aus der Tatsache, daß die Redaktion 
der „Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie“ wiederholt genötigt 
war, Arbeiten zurückzuweisen nur aus dem Grunde, weil sie nach Umfang 
oder Art der Darstellung nicht mehr in den Rahmen einer Zeitschrift paßten. 
Wenn diese Arbeiten der Zeitschrift überhaupt angeboten wurden, so beweist 
der Umstand andererseits, daß für viele Autoren ein Bedürfnis vorliegt, solche 
Monographien nicht ganz isoliert erscheinen zu lassen. Es stimmt das mit 
der buchhändlerischen Erfahrung, daß die Verbreitung von Monographien 
durch die Aufnahme in eine Sammlung eine größere wird. 

Die Sammlung wird den Abonnenten der „Zeitschrift für die 
gesamte Neurologie und Psychiatrie“ zu einem um ca. 20% ermäßigten 
Vorzugspreise geliefert. 

Angebote und Manuskriptsendungen sind an einen der Herausgeber, Prof. 
Dr. 0. Foerster, Breslau, und Prof. Dr. K. Wilmanns, Heidelberg, erbeten. 

Die Honorierung der Monographien erfolgt nach bestimmten, zwischen 
Herausgebern und Verlag genau festgelegten Grundsätzen und variiert nur 
nach Höhe der Auflage. 

Abbildungen und Tafeln werden in entgegenkommender Weise ohne 
irgendwelche Unkosten für die Herren Autoren wiedergegeben. 












MONOGRAPHIEN AUS DEM GESAMTGEBIETE DER NEUROLOGIE UND 

PSYCHIATRIE 

HERAUSGEGEBEN VON 

0. FOEBSTER-BRESLAU UND K. WILMANNS-HEIDELBERG 

HEFT 22 


DIE BETEILIGUNG 
DER HUMORALEN LEBENSVOR- 
GÄNGE DES MENSCHLICHEN 
ORGANISMUS AM EPILEPTISCHEN 

ANFALL 


Dr. MAX DE CRINIS 

A8SI8TENT DER DNTVER8ITÄT8NBRVENKLINIK IN GRAZ 


MIT 28 KURVEN IM TEXT 



BERLIN 

VERLAG VON JULIUS SPRINGER 
1920 













Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung 
in fremde Sprachen, Vorbehalten. 

Copyright 1920 by Julius Springer in Berlin. 










miss 


MEINEM VEREHRTEN LEHRER 
PROF. DR. FRITZ HARTMANN 


* \ g v 

O* 


O 

vjr 




Vorwort. 

Auf der Versammlung deutscher Nervenärzte in Hamburg hat Hartmann 
(93 b) gelegentlich der zur Diskussion gestellten Frage der klinischen Stellung 
der Epilepsie auf die grundlegende humoralpathologische Bedeutung der Erkennt¬ 
nisse von der Anaphylaxie und dem parenteralen Eiweißzerfalle (H. Pfeiffer 94) 
für die pathogenetische Auffassung und damit auch für klinische Stellung des 
epileptischen Anfalles hingewiesen. 

Schon vorher (93 a) hatte er unter dem Hinweise auf gewisse typische Er¬ 
scheinungen der experimentellen Anaphylaxie für die durch endogene Gift¬ 
wirkungen bedingten Erscheinungen am Nervensysteme im allgemeinen die Ver¬ 
mutung ausgesprochen, daß solche anaphylaktischen Vorgängen ihre Entstehung 
danken. Ob Anschauungen, hinsichtlich der intimen Beziehungen von Gift¬ 
wirkung und Nervensystem, wie sie die Narkoseversuche von Meyer - Overton 
hinsichtlich der Lösungsaffinität der im Nervensysteme reichlich vorhandenen 
Lipoide zu Tage gefördert haben, mutatis mutandis auch für die Vorgänge 
zwischen Gift und Gewebe bei den endogenen Giftwirkungen zu Recht bestehen, 
hält er künftigen Untersuchungen für Vorbehalten. 

Die Forschungen über das Verhalten des antitryptischen Serumtiters von 
Rosenthal (18), Simonelli (19), Juschtschenko (20) bei Epilepsie, von 
Ri^ssnjak (190) beim anaphylaktischen Schock, die Arbeiten H. Pfeiffers 
über die parenteralen Eiweißzerfallstoxikosen sowie die augenscheinliche Über¬ 
einstimmung des klinisch-symptomatologischen Bildes der paroxystischen Zu¬ 
stände waren zunächst die ersten Stützen des Problems. 

Die von der Grazer Nervenklinik von diesen Gesichtspunkten aus vorgenom¬ 
menen Untersuchungen des Blutbildes (Hartmann, di Gaspero (93c), di 
Gaspero (112), zeigten mannigfache Übereinstimmungen mit den für die Serum¬ 
krankheit, den anaphylaktischen Schock, die Vergiftung mit Witte-Pepton, die 
Verbrühungserkrankung, die Eklampsie gefundenen (also den „Eiweißzerfall¬ 
stoxikosen“ H. Pfeiffers) und bestätigen hinsichtlich der Eosinophilen für den 
epileptischen Anfall die schönen Befunde von Schlecht (114) bei Anaphylaxie. 
Gleichzeitig konnte der Befund von Pfeiffers Hamtoxizität beim anaphylakti¬ 
schen Schok bei der Peptonvergiftung, bei den photodynamischen Lichtwirkungen, 
der Uraemie, der Hämolysinvergiftung usw. durch seine Untersuchungen mit 
O. Albrecht (16c) (Nervenklinik Graz) auch für den epileptischen Anfall fest¬ 
gestellt werden; Franz (13) konnte über Pfeiffers Anregung analoge Befunde 
bei Eklampsie erheben. 

Pfeiffer und de Crinis (16f) bestätigen inzwischen die Befunde vom Ver¬ 
halten des antitryptischen Serumtiters bei Epilepsie und stellten das genauere 
Verhalten desselben zum Anfalle fest. Pfeiffer und Jarisch (16a)*und de Cri¬ 
nis (55) bestätigten analoge Verhältnisse für den anaphylaktischen Schock, 
Franz (13) erhoben gleiche Befunde bei der Eklampsie. 



VI 


Vorwort. 


Damit waren nicht nur der Anschauung Hartmanns über den epilep¬ 
tischen Anfall, sondern auch Weichhardts (11) schon früher geäußerter Ver¬ 
mutung von der Eklampsie als einer anaphylaktischen Erscheinung die zunächst 
erreichbare Bestätigung zuteil. 

Von dem weiteren Ausbau dieser Erkenntnisse ist die endliche Klärung der 
pathogenetischen Vorgänge beim epileptischen Anfalle ebenso zu erwarten, 
wie voraussichtlich auch eine Aufklärung der vermutlich gesetzmäßigen intimen 
Beziehungen zwischen endogener Giftwirkung und Nervensystem überhaupt. 

Angesichts der erlangten Bedeutung dieser Erkenntnisse erschien es an der 
Zeit, die Ergebnisse neuer Untersuchungen über das Verhalten des Serum¬ 
eiweißgehaltes, der Blutgerinnungsfähigkeit und des Lipoidstoffwechsels im 
allgemeinen, insonderheit bei Epilepsie, welche mich in den letzten Jahren 
beschäftigten, einerseits mit dem humoralpathologischen Vorstellungen früherer 
medizinischer Epochen zu vergleichen und andererseits mit den bisherigen neu¬ 
zeitlichen Forschungsergebnissen in greifbare Beziehung zu setzen. 

Die bisherige neuzeitliche Entwicklung in der Erforschung der Zusammen¬ 
setzung der Körpersäfte im gesunden und kranken Zustande hat sich fast aus¬ 
schließlich mit diesen Erscheinungen an sich beschäftigt ohne ihren Wirkungen 
auf Struktur und Stoffwechsel der Organe nachzugehen. 

Dies zeigt die Entwicklung der Lehre von der Infektion und Immunität, 
der Aufbau der Serologie und der Fermentforschung. Wir treten nunmehr in 
eine Phase, in welcher man sich bemüht, die Beziehungen der Vorgänge in den 
Körpersäften und deren krankhafter Veränderungen zum morphologischen und 
chemischen Aufbau der zellulären Funktion der einzelnen Organe und damit 
des gesamten Körpers herzustellen. Mit diesen Bemühungen nähern wir uns 
der neuzeitlichen Ausgestaltung der grundlegenden Gedanken Rokitanskys und 
erheben uns von der rein serologischen Betrachtung zur humoralpathologischen. 

GRAZ, April 1920. 



Übersicht. 


L Einleitung. 

Seite 

1. Geschichte der Humoralpathologie, von Hippokrates bis Rokitansky ... 1 

Verdrängung der Humoralpathologie durch die Zellularpathologie Virchows . 

2. Die Wendung zur modernen Humoralpathologie durch die Fortschritte der 

Stoffwechselchemie und der Anaphylaxieforschung. 4 

# A. Anaphylaxie und ihre Beziehungen zur Pathologie im allgemeinen .... 6 

B. Die Lehre von den Blutfermenten und ihre Beziehungen zur Pathologie 8 

C. Die Lehre von der Blutgerinnung und ihre Beziehungen zur Pathologie . 9 

II. Die Wandlungen der Ansichten über die Bedeutung der humoralen Erscheinung 

bei Epilepsie. 

1. Die ersten stoffwechselchemischen Erkenntnisse bei Epilepsie.10 

2. Der Gesamtstoffwechsel bei Epilepsie und die begleitenden humoralen Veränderungen 13 

3. Beziehungen des anaphylaktischen Schocks zu den verschiedenen Nervenkrankheiten 

und speziell zur Epilepsie.16 

4. Die Lehre von den Eiweißzerfallstoxikosen und ihre Beziehung zum epileptischen 

Anfall. 16 

5. Die Lehre von den Schutzfermenten und ihre Beziehung zum epileptischen Anfall 16 

6. Die korpuskularen Veränderungen bei Epilepsie, speziell die Schwankungen in der Zahl 

der weißen Blutkörperchen.16 

HI. Eigene Untersuchungen. 

1. Krankengeschichten.18 

2. Eigene Untersuchungsergebnisse.20 

A. Schwankungen des Serumeiweißgehaltes . . . ..20 

1. Methodik.20 

2. Normaler Serumeiweißgehalt. 23 

3. Serumeiweißgehalt bei Epilepsie. 25 

4. Ergebnisse beim epileptischen Anfall. 25 

5. Allgemeine Beziehungen des Serumeiweißgehaltes zum Blutdruck und solche 

beim epileptischen Anfall. 31 

6. Zusammenfassung.35 

B. Verhalten der Blutgerinnung bei Epilepsie.36 

1. Allgemeines über Blutgerinnung.36 

2. Blutgerinnung am gesunden und kranken Organismus.36 

3. .Methode.39 

4. Ergebnisse bei Epilepsie.40 

5. Beziehungen der Blutgerinnung zum Stoffwechsel.43 

C. Über den Lipoidgehalt, speziell den Cholesteringehalt im Serum bei Epi¬ 
lepsie und seine Bedeutung.44 

1. Allgemeines Über Lipoide.44 

2. Cholesterin, chemische Konstitution und Allgemeines.46 


























VIII 


Übersicht. 


Seite 

3. Methode der Oholesterinbestimmung.47 

4. Ergebnisse der Cholesterinuntersuchungen und ihre Beziehungen zur Pathologie. 49 

5. Eigene Untersuchungsergebnisse...50 

6. Ursachen der Cholesterinschwankungen bei Epilepsie (allgemein).53 

7. Einfluß des Cholesterins auf die Fermenttätigkeit ..55 

8. Lipoide als Antifermente .57 

9. Beziehungen der Lipoide zum anaphylaktischen Schock.57' 

10. Lipoide und Antitrypsin.58 

11. Cholesterin ein Ferment hemmendes Lipoid .63 

12. Zusammenfassung der Ergebnisse des Studiums des Cholesterinstoffwechsels 

bei Epilepsie. «... 65 

IV. Zusammenfassung der gesamten humoralen Veränderungen bei Epilepsie 66 

V. Schlußbetrachtungen. • 

A. Welche dieser Veränderungen in den Körpersäften sind eine wesentliche Bedingung 

des Anfalls?.. . 70 

B. Welche dieser Veränderungen sind akzidenteller Natur?.72 

C. Welche dieser Veränderungen sind eine Begleiterscheinung der im Anfalle bean¬ 
spruchten Funktion?.73 

VI. Kurvenmäßige Darstellung der Ergebnisse aus den Stoffwechselversuchen 

und den humoralen Befunden. 75 


VII. Literatur. 


77 















I. Einleitung. 

1. Geschichte der Humoralpathologie. 

Die Fortschritte äer modernen Humoralpathologie und die Bedeutung der 
humoralen Veränderungen bei den verschiedenen Erkrankungen für den Krank¬ 
heitsprozeß als solchen und die Entstehung der verschiedenen Krankheits- 
zustände hat ganz neue Perspektiven für die Pathologie auf allen Gebieten der 
Medizin eröffnet. Doch auch dafür gilt der alte Spruch „nil novi sub sole“ — 
und die Geschichte der Medizin lehrt uns, daß schon von den ältesten Ärzten 
den Körpersäften eine maßgebende Bedeutung für die Entstehung der Krank¬ 
heiten beigemessen wurde, und daß das ärztliche Denken während des Altertums 
und Mittelalters und in der Neuzeit noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts 
von derartigen Vorstellungen beherrscht wurde. 

Wenn ich im folgenden ohne Anspruch auf eine lückenlose historische Dar¬ 
stellung die mir wesentlich erscheinenden Gedankengänge und Ergebnisse 
humoralpathologischer Natur in Kürze zusammenfasse, so geschieht dies, um 
in der Gegenüberstellung der alten mit den neugewonnenen Standpunkten 
einen beiläufigen Überblick über die Entwicklung und die Zusammenhänge 
dieser ärztlichen Vorstellungen zu geben. 

Die Humoralpathologie, die Lehre von den krankhaft veränderten Körpersäften — Hu- 
mores — ist wohl so alt, als die Medizin selbst. 

Schon die ältesten griechischen Ärzte hatten die Vorstellung, daß die Krankheiten ganz 
allgemein durch eine veränderte Mischung der flüssigen Körperbestandteile hervorgerufen 
werden. Als Ursache der veränderten Mischung dachten sie sich ungenügende Verarbeitung 
der Nahrung oder mangelhafte Tätigkeit des Darmes und zu geringe körperliche Bewegung, 
ohne welche ja die Verdauung nicht vollkommen vor sioh gehen könne. 

Wir können also schon in den Uranfängen def Medizin beobachten, wie der Verdauung 
— der Stoffwechselchemie — schon die größte Bedeutung beigelegt wurde. 

Herodikus aus Megara — ein Zeitgenosse Platos —ging in seinen Anschauungen 
über die Bedeutung der Körpersäfte für das Entstehen von Krankheiten schon weiter und 
unterschied saure von bitteren Körperflüssigkeiten, von denen die überschüssigen Säfte zum 
Gehirn aufsteigen können, um hier durch die Siebbeinzellen in die Nase alÄ Schleim aus- 
geschieden zu werden. Dieser Schleim kann nach seiner Meinung nun wieder Anlaß zu neuen 
Krankheiten werden. 

Von maßgebendem Einfluß für die Vorstellungen des ganzen Altertums jedoch waren 
die Lehren des größten Arztes des Altertums Hippokrates. 

Hippokrates übertrug seine naturphilosophische Vorstellung — die Welt bestehe aus 
den vier Elementen: Feuer, Wasser, Luft und Erde — auch auf seine medizinischen Lehren 
und bezeichnete diese vier Grundstoffe als die Elemente des menschlichen Körpers, deren 
abnorme Mischungen die Krankheiten hervorrufen sollen. Diese abnormen Mischungen 
spiegeln sich nach seiner Meinung hauptsächlich in den Veränderungen der Körperflüssig¬ 
keiten, von denen er genau so wie bei den Grundstoffen vier unterschied: das Blut, den 
Schleim, die gelbe und die schwarze Galle. 

Durch falsche Mischung (Krasis) dieser vier Elemente miteinander kommen die verschie¬ 
denen Krankheiten zustande. 


C r i n i s, Humorale Lebensvorgänge 


1 



2 


Einleitung. 


' Hippokrates hat damit eine neue Lehre in der Humoralpathologie eingeführt, die im 
19. Jahrhundert durch Rokitansky wieder eine Bedeutung erlangte, die Krasen- 
lehre. 

Galen, nach Hippokrates der bedeutendste Arzt und Forscher des Altertums, über¬ 
nahm diese Lehren Hippokrates’, erweiterte sie jedoch dahin, daß er das Blut als jenen 
Körpersaft bezeichnete, in welchem sich die Mischung der vier Körperflüssigkeiten voll¬ 
ziehe. 

Dadurch war das Blut in der Humoralpathologie als der wichtigste Körpersaft erkannt 
worden, dessen veränderte Mischung (Krasis) die Krankheiten hervorrufen soll. 

Die Therapie Ga lens war daher hauptsächlich auf Beseitigung dieser Schädlichkeiten 
in der Blutmischung bedacht, durch den von Galen so eingebürgerten Aderlaß. 

Die Lehren Galens und die Grundvorstellungen Hippokrates* hielten sich durch 
dreizehn Jahrhunderte und wurden erst durch Vesal und ParacelsuB im 10. Jahr¬ 
hundert angefochten. Hielt auch Paracelsus und seine Schule an der Humoralpathologie 
fest, so verwarf er die Vorstellungen der Alten über die vier Grundstoffe vollständig und 
führt dafür drei neue Grundelemente ein: Sulfur, Mercurius und Sal, die jedoch nur sym¬ 
bolisch gemeint waren. 

Die richtige Mischung dieser Grundstoffe käme durch den Archaeus zustande, genau 
so wie die pathologische Krasis durch seine pathologische Einwirkung entstehe. 

Wir sehen, daß Paracelsus trotz seiner Absicht, die Lehren Galens umzuwerfen, 
sich seinem Einflüsse in den humoralpathologischen Vorstellungen nicht vollständig entziehen 
konnte. 

Erst durch Sylvius, etwa hundert Jahre später als Paracelsus, kam durch die ersten 
Anfänge der Chemie ein neuer Zug in die Vorstellungen über die Bedeutung der Körpersäfte 
auf die Krankheiten. 

Sylvius führte alle Lebensvorgänge, gleichgültig ob physiologisch oder pathologisch, 
auf che mische Vorgä nge zurück und inaugurierte damit eine neue Richtung in der Humoral¬ 
pathologie — die Chemiatrie. 

Er war der erste, der zur Annahme gelangte, daß die Verdauungssäfte, unter denen er 
neben dem Speichel, dem sauren Magensaft und der alkalischen Galle noch einen sauren 
Pankreassaft und einen Milzsaft unterschied, durch Fermentation in Wirksamkeit 
treten. 

Es kommen also nach seinen Vorstellungen die Krankheiten durch eine abnorme Zu¬ 
sammensetzung der festen und flüssigen Körperbestandteile zustande, die ihrerseits 
wieder von der abnormen Beimischung der fermentativ wirkenden Sekrete 
abhängt. 

Eine besondere Bedeutung mißt er der „sauren“ Lymphe bei, welche von den Lymph- 
drüsen produziert wird und vom Gehirn durch die Nerven bis zu deren Ende strömt. 

Sylvius nennt diese Lymphe Lebensgeister — Spiritus animales. Alle Krankheiten 
des Nervensystems seien auf die Behinderung der Strömung dieser Lebensgeister zurück¬ 
zuführen, da durch diese Behinderung der Strömung die Nervenbahnen verlegt werden. 

Von dieser Lehre Sylvius* waren bald alle Ärzte der verschiedenen Länder erfüllt, 
und wenn sie auch von späteren Forschern wie Willis, Bohn u. a. angefochten wurde, 
so hielt sie sich in groben Umrissen doch bis an das Ende des 18. Jahrhunderts. 

Von den Körpersäften erlangte allmählich das Blut fast die alleinige Bedeutung, die 
Verunreinigung und die Mischungsstörungen wurden immer mehr in das Blut verlegt, so 
daß aus der Humoralpathologie mehr und mehr eine Hämatopathologie entstand. 

Gefördert wurde die bedeutende Rolle des Blutes unter den Körpersäften durch die 
Forschungen Haweys über den Blutkreislauf, der erst von diesem Forscher erfaßt wurde. 

Mit dem Interesse an der Zirkulation und ihren mechanischen Bedingungen wuchs auch 
das Interesse für die morphologische Zusammensetzung des Blutes. 

Gegen das Ende des 17. Jahrhunderts fand ja Leeuwenhoek die roten Blutkörperchen 
und hundert Jahre später Hewson die weißen. 

Hewson beschrieb auch als erster genau die Blutgerinnung und erkannte die Bedeutung 
des Blutfaserstoffes (Fibrin) für die Gerinnung. 

Durch diese grundlegenden Forschungsergebnisse gewann neben den Blutmischungs¬ 
verhältnissen im Blut auch dessen Gerinnung das größte Interesse. 



Geschichte der Humoralpathologie. 


3 


Hunter machte die meisten physiologischen und pathologischen Vorgänge im Organis¬ 
mus von der Koagulation abhängig, von der er sagte: „Die Koagulation ist der erste Schritt, 
den das Blut macht, um sich dem Organismus nützlich zu machen.“ 

Den Höhepunkt erreichte die Humoralpathologie in der Mitte des 19. Jahrhunderts 
durch ihre angesehenen Vertreter Andral und Rokitansky. 

Andral, angeregt durch den Aufschwung der Chemie, wandte chemische Untersuchungs¬ 
methoden auf das Blut an, suchte durch Analyse des Blutes die Zusammensetzung desselben 
zu ermitteln und die verschiedenen Erkrankungen mit diesen Veränderungen der Zusammen¬ 
setzung in Beziehung zu bringen. 

Wichtig für seine Krankheitslehren war vor allem der Fibringehalt des Blutes, von 
dem er die Gerinnungszeit abhängig machte; ferner der Albumingehalt des Serums und 
endlich fremde Beimischungen des Blutes, wie die „Enzephaloidmassen“, unter denen er 
wahrscheinlich die Überschwemmung mit weißen Blutkörperchen, z. B. bei Leukämie, ver¬ 
stand. 

Die Lehren Andrals gipfelten in dem Satze, daß bei vielen Krankheiten die Ver¬ 
änderungen im Blute denen im festen Gewebe vorangehen und daher das Pri¬ 
märe dieser Krankheiten darstellen. 

Gleichzeitig und unabhängig von ihm hat Rokitansky — der Begründer .der berühmten 
Wiener Sohule ä- die Humoralpathologie zu größtem Ansehen gebracht. 

Wenn er auch in seiner Spekulation zu weit ging und dadurch seine Widersacher heraus¬ 
forderte, so sind seine Lehren doch ein Denkstein in der Geschichte der Medizin ge¬ 
blieben. 

Er übernahm zunächst die Anschauungen Hewsons und Hunters, daß die gerinn¬ 
baren Stoffe des Blutes, das Fibrin, innerhalb und außerhalb des Gefäßsystems alle physio¬ 
logischen und pathologischen Neubildungsprozesse verursachen. 

Rokitansky hielt also das Fibrin für eine plastische Substanz, unterschied aber davon 
noch die aus den Emährungsflüssigkeiten stammenden, zur Gewebsbildung geeigneten 
Stoffe, die er Blasteme nannte. 

Diese Blasteme können in ihrem rohen Zustand bestehen bleiben, oder aber sie können 
wachsen, endlich durch Zerfall oder Resorption verschwinden. 

Die Entwioklungsmöglichkeit dieser Blasteme ist abhängig von der Beschaffenheit des 
Blutes und zwar von dem richtigen Mischungsverhältnis. 

Rokitansky kam so auf die schon im Altertum und Mittelalter verbreiteten Lehren 
zurück, die die Ursachen der physiologischen und pathologischen Vorgänge auf die Mischungs¬ 
verhältnisse des Blutes beziehen. 

Er begründete damit die neue Krasenlehre. 

So lehrte er eine Blutfaserstoffkrase — Hyperinose —, bei der also der Fibringehalt des 
Blutes abnorm erhöht sei und rechnete die meisten entzündlichen Erkrankungen hieher. 

Er unterschied eine einfache Faserstoffkrase: das Exsudat geht in die Gewebe über, 
z. B. bei den adhäsiven Verwachsungen, von einer kruppösen Krase, bei der das Exsudat 
in Zerfall übergeht. Er kennt eine tuberkulöse Faserstoffkrase, in der es zu Knötchenbildung 
kommt; eine pyämische Krase, durch die der Faserstoff rasch destruiert und verflüssigt 
wird. Das Blut kann aber auch abnorm arm an Fibrin und reich an Albumen sein. Da¬ 
durch kommt es zu Krankheiten wie Plethora, Gicht, Rachitis, akuter Tuberkulose, Krebs, 
Typhus, Tetanus, Säuferdyskrasie, chronischen Geisteskrankheiten usw. 

In eine dritte Krasengruppe reiht er Hydrämie und Anämie, in der das Blutwasser ver¬ 
mehrt und dadurch andere Bestandteile vermindert sind. 

Die vierte Gruppe von Kraaen umfaßt die Zersetzung, faulige septische Krase, Sepsis 
des Blutes, bei welchen das Fibrin vermehrt und vermindert sein kann. 

Da Rokitansky über die chemischen Grundlagen der speziellen Krasen sich doch 
nur unbestimmt ausdrücken konnte — sagte er doch: „Das Wesender speziellen Krasen 
bei so heterogenen Zuständen aufzufinden, ist die Aufgabe künftiger Zeiten 
und nicht wohl der Anatomie, sondernder Chemie“ — wurde gerade diese Kranken¬ 
lehre am heftigsten bekämpft. 

Insbesondere Virohow brachte die Krasenlehre und mit ihr auch die ganze Humoral¬ 
pathologie durch seine großartigen Untersuchungen an der kranken Zelle (Zellularpathologie) 
zum Fall, indem er durch seine Forschungen die Anschauung mit größtem Erfolg verbreiten 

1* 



4 


Einleitung. 


konnte, daß die kranke Zelle das Primäre, Hie krankhaften Blutmischungen das Sekundäre 
(sekundäre Kr äsen) in der Entstehung der Krankheiten darstellt. 

Es ist begreiflich, daß unter dem Eindrücke von Virchows Forschungen die Zellular¬ 
pathologie die Humoralpathologie in der Folgezeit gänzlich verdrängte, so daß dieselbe in 
Vergessenheit zu geraten schien. Erst durch den Aufschwung der Bakteriologie und der 
dadurch bedingten Lehre von den Infektionskrankheiten und den rasch sich mehrenden 
Kenntnissen auf dem Gebiete der Immunforschung, kam die Humoralpathologie allmählich 
wieder zu Ehren. 

2 . 

Vor allem waren es die immunisatorischen Vorgänge am Organismus, welche 
die Bedeutung der Körpersäfte für die Reaktion und Abwehr Vorkehrung, damit 
den Verlauf der infektiösen Erkrankungen erkennen ließen und so entstand ein 
ganz neuer Zweig in der Medizin: die Immunitätslehre. Aber auch durch den 
Fortschritt der physiologischen Chemie erfuhr die Humoralpathologie insofern 
eine große Förderung, als die Körpersäfte genau analysiert, die Veränderung 
derKörpersäfte unter normalen und pathologischen Verhältnissen 
studiert winden und endlich auch der Gesamtstoffwechsel und seine Beziehung 
zu den Körpersäften erfaßt werden konnte. 

Dazu war es natürlich notwendig geworden, die Chemie der Zellen und Gewebe 
einem genauen Studium zu unterziehen, durch welches Studium die Tätigkeit 
der Fermente, der Träger aller Lebensvorgänge der Zelle, nicht nur für die Zelle, 
sondern auch für den Gesamtstoffwechsel, in das richtige Licht gesetzt werden 
konnte. Für alle Vorgänge immunisatorischer Art und des Stoffwechsels stellen 
natürlich die Körpersäfte und zwar das Blut das Vehikel dar, mittels welchem 
der Organismus nach allen Seiten hin entsprechend beteilt wird. 

Aber auch in den vom Organismus ausgeschiedenen Körpersäften wie dem 
Ham spiegeln sich natürlich die Vorgänge speziell der Stoffwechsel wieder. 

So sehen wir, daß mit dem Fortschritt auf dem Gebiete der Stoffwechsel- 
chemie auch die Humoralpathologie einen neuen Auftrieb erhielt. 

Dazu kommt noch, daß die experimentelle Medizin immer dringender die 
Lösung von Problemen fordert, für die die Zellularpathologie nicht mehr aus- 
reichte. Lernte man doch Krankheiten kennen, bei denen keine pathologischen 
Veränderungen an den Zellen , primär beobachtet werden konnten, sondern 
anzunehmen ist, daß erst durch Giftstoffe der Körpersäfte und zwar des Blutes, 
die Zelle und ihre Funktion geschädigt werde. 

So entwickelte sich der Begriff der Toxikosen, das ist jener Erkrankungen, 
bei denen der Organismus durch die in die Blutbahn verschleppten Gifte (To¬ 
xine), die sich durch pathologische Vorgänge im Organismus selbst erst bilden 
können oder von außen zugeführt werden, geschädigt wird. 

Von allen diesen Vergiftungszuständen, die durch Vorgänge am Organismus 
selbst zustande kommen, erfordert die Anaphylaxie das größte Interesse. 

Unter Anaphylaxie versteht man bekanntlich die Uberempfindlichkeit des 
tierischen Organismus gegenüber der Zufuhr parenteralen artfremden Eiweißes 
(d. h. mit der Zufuhr) bei Umgebung des Verdauungstraktee. 

In der Medizin ist diese Erscheinung schon seit 80 Jahren bekannt und 
wurde von Morgenroth und Magendie 1 ) zuerst beschrieben. 



Die Wendling znr modernen Humoralpathologie. 


5 


Sie konnten nämlich beobachten, daß Kaninchen nach einer zweiten Injektion 
von derselben an und für sich ungiftigen Eiweißart zugrunde gehen. 

Lewis 2 ) und Pie xner 8 ) bestätigten diese Befunde durch Versuche mit Hunde¬ 
serum und einige Jahre später veröffentlichte Richet in Gemeinschaft mit 
Hericourt 4 ) die Ergebnisse ihrer Untersuchungen von der Wirkung des Aal¬ 
serums auf Hunde. Sie fanden nändich, daß Hunde nach Behandlung mit dem 
Aalserum wider Erwarten keine Immunität erwarben, sondern für eine zweite 
Behandlung noch empfindlicher wurden. Sie bleiben also durch keine Immun - 
Vorgänge geschützt — sie waren ohne Schutz — anaphylaktisch. 

Aber schon vor Flexner hatte v. Behring 6 ) gemeinsam mit Kitashina 
und Knorr 6 ) die Beobachtung machen können, daß Pferde, welche gegen 
Diphtherietoxin immunisiert worden waren, trotz des hohen Antitoxingehaltes 
des Serums, auf eine neuerliche Injektion des Giftes außerordentlich stark rea¬ 
gierten. Bestätigt wurde diese „Uberempfindlichkeit“, wie Behring sie nannte, 
durch Salomonsen und Madsen 7 ). 

Allgemeines Interesse gewann die Anaphylaxie erst durch die Arbeit von 
Pirquet und Schick 8 ) über die sogenannte „Serumkrankheit“, jener Krank¬ 
heit, die durch eine abermalige Einverleibung desselben Serums beim Menschen 
in Erscheinung trat. 

Durch die Erforschung der Serumkrankheit am Menschen ward das Problem 
der Anaphylaxie aus der experimentellen Medizin auf die Pathologie des mensch¬ 
lichen Organismus übertragen und es ergab sich eine neue Perspektive für die 
Bedeutung humoralpathologischer Vorgänge in der allgemeinen Pathologie. 
Von diesem neuen Gesichtswinkel betrachtet, konnte z. B. die Tuberkulose- 
Überempfindlichkeit als anaphylaktische Reaktion ausgelegt Wörden. Bekannt¬ 
lich kommt es bei einer bestehenden tuberkulösen Erkrankung an irgendeinem 
Organ des menschlichen Organismus zu einer typischen lokalen Reaktion, wenn 
Tuberkulin das Tuberkelbazilleneiweiß durch Injektion subkutan, intrakutan, 
intramuskulär oder nur oberflächlich durch Einreibung auf die Hand (Moro), 
ja sogar nur durch Einträufeln in den Konjunktivalsack (Wolf - Eisner, 
Calmette) in Berührung mit dem Organismus gebracht wird. Es liegt auf 
der Hand, anzunehmen, daß es (im Organismus) duroh Resorption von Tuber¬ 
kelbazillen, welche im Organismus selbst vegetierten, zu anaphylaktischen 
Lokal- und Allgemeinerscheinungen in dem schon auf Tuberkelbazilleneiweiß 
sensibilisierten Organismus kommen kann, wodurch zweifellos der klinische 
Verlauf der Krankheit beeinflußt wird. 

Genau so wie bei der Tuberkulose werden auch bei der Echinokokkenkrank¬ 
heit nach Chauffard, Boidin und Laroche 9 ) die schweren Vergiftungserschei¬ 
nungen, die in manchen Fällen nach der Spaltung oder Punktion der Echino¬ 
kokkenzysten der Leber dann beobachtet werden können, wenn der ’ZyBten- 
inhalt in die freie Bauchhöhle kommt, als anaphylaktische Erscheinung auf¬ 
gefaßt. 

So wird auch das Heufieber nach Wolff - Eisner 10 ) als anaphylaktische 
Reaktion bei der Uberempfindlichkeit des Organismus gegen die Pollen des Grases 
auf gef aßt. 

Die Vermutung Weichardts 11 ), daß die Eklampsie ein anaphylaktischer 
Prozeß ist, der in der Schwangerschaft durch die Resorption von Plazentaeiweiß 



6 


Einleitung. 


in die Blutbahn zustande kommt, wurde durch die Versuche Rosenans und 
Andersons 12 ) am Meerschweinchen bestätigt und erhielt durch die Feststellung 
der Hamtoxizität bei der Eklampsie durch Franz 13 ) noch eine Stütze. 

Endlich sei noch erwähnt, daß Friedberger 14 ) das Fieber im allgemeinen 
als anaphylaktische Reaktion ansieht. 

Die weiteren Beobachtungen über anaphylaktische Erscheinungen am Men¬ 
schen führten zur Annahme, daß es auch eine konstitutionelle Überempfindlich¬ 
keit gibt, die zumeist angeboren ist [Moro 16 )]. 

Hierher gehören die Idiosynkrasien gegen Nahrungsmittel, wie sie bei manchen 
Kindern gegen Kuhmilch, bei Erwachsenen bei Erdbeeren, Hummer, Krebse, 
Fische u. a. beobachtet werden, ferner die Idiosynkrasie gegen Serum und end¬ 
lich die Idiosynkrasie gegen Arzneimittel. 

Ein wesentlicher Fortschritt in unserer Erkenntnis des Wesens 'der Anaphy¬ 
laxie ward durch die Forschungen H. Pfeiffers l6 *) über die humoralen Ver¬ 
änderungen bei der Anaphylaxie gemacht. Gelang es ihm ja beim anaphylak¬ 
tischen Schock im Ham eine Giftigkeit, im Blut eine Hemmung der tryptischen 
Verdauung und gleichzeitig und unabhängig mit Abderhalden 22 ) ein spezi¬ 
fisch wirksames proteolytisches Ferment nachzuweisen. 

Pfeiffer begründet darauf seine Lehren von der Eiweißzerfallstoxikose, 
indem er feststellte, daß überall dort, wo durch irgendeine Noxe lebendes Körper¬ 
eiweiß zugrunde geht, dieses einem autolytischen Zerfall anheimfällt. Dabei 
entstehen Spaltprodukte von toxikologischem Charakter des Peptons und er¬ 
zeugen dementsprechende Körpererscheinungen (durchgeführt am Sonderfall 
der Verbrühung 1904, der Anaphylaxie, Hämolysinvergiftung, photodynämische 
Wirkung, Verätzung mit Ätzgiften 1909). 

Im Sonderfall der Anaphylaxie vertritt Pfeiffer die Vorstellung, daß das 
immunisatorisch erzeugte und gegen Antigen der Vorbehandlung gerichtete 
Ferment unter Absorption von Komplement zum Abbau des Antigens der Vor¬ 
behandlung, wahrscheinlich auch der Eiweißkörper des Versuchstieres führt. 
Diese giftigen Spaltprodukte werden durch die Blutbahn weiterbefördert, ver¬ 
ursachen dadurch die Vergiftung des Organismus und werden zum Teil durch 
den Ham ausgeschieden. 

Der Ham erreicht dadurch eine gewisse Toxizität, die durch das Tierexperi¬ 
ment verfolgt werden kann. 

In Blut und Ham, den zwei wichtigsten Humores, äußern sich die patho¬ 
logischen Veränderungen durch den anaphylaktischen Schock und in der Er¬ 
forschung dieser Körpersäfte bei den einzelnen Erkrankungen des menschlichen 
Organismus lag das nächste Ziel der Humoralpathologie. Und zwar ließen nicht 
nur die anaphylaktischen Erscheinungen am menschlichen Organismus dadurch 
eine Lösung erhoffen, sondern im allgemeinen auch jene Krankheiten, wo aus 
irgendeinem Anlaß in pathologischer Weise Eiweiß zum Zerfall kommt. 

Zuerst war es der Ham, der daraufhin genauer untersucht wurde. Die Toxi¬ 
zität des Harnes wurde nach Vorschlag Pfeiffers so ermittelt, daß gleich schwe¬ 
ren Meerschweinchen 2 ccm Ham der neutralisierten, über Chloroform auf¬ 
bewahrten Hamproben intraperitoneal eingespritzt wurden. 

Die Toxizität wurde an dem beim Tiere nach der Einspritzung auftretenden 
Temperaturabfall (Pfeifferscher Temperatursturz) gemessen. 



Die Wendung zur modernen Humoralpathologie. 


7 


Auf diesem Wege konnte Pfeiffer leb ) nachweißen, daß der Ham von Tieren, 
welche einen parenteralen Eiweißzerfall mitmachten, bestimmte charakteri¬ 
stische Wirkungen äußert, wenn er Meerschweinchen intraperitoneal injiziert 
wird. 

Zu den Zuständen parenteral gesteigerten Eiweißzerfalls gehören der anaphy¬ 
laktische Schock, die Hämolysinvergiftung, die photodynamische Einwirkung, 
die Verbrühung und die Pepton Vergiftung. * 

Von Pfeiffer und seinen Mitarbeitern wurde nun der Ham bei Erkran¬ 
kungen, für die Pfeiffer als Ursache einen pathologischen parenteralen Eiwei߬ 
zerfall vermutete, auf die Toxizität untersucht. 

Im Verein mit Albrecht 160 ) konnte er bei Epilepsie eine Steigerung der 
Toxizität besonders nach dem Anfall, bei Dementia praecox eine Erhöhung, 
ebenso bei Chorea minor, multipler Sklerose und infektiösem Fieber im allgemeinen 
feststellen. Franz fand, daß der Ham während der Geburt, im Wochenbett, 
besonders aber bei der Eklampsie toxisch ist. 

Daraus schließt nun Pfeiffer, daß bei der Epilepsie, De¬ 
mentia praecox, Chorea minor, multipler Skier ose, infektiösem 
Fieber, Eklampsie, Erkrankungen im Wochenbett, aber auch 
bei der normalen Geburt durch Eiweißzerfall Produkte mit 
toxikologischem Charakter entstehen, die im Harn zur Aus¬ 
scheidung gelangen. 

Außer der Toxizität des Harnes konnte Pfeiffer auch eine Veränderung 
des Serums an jenen Tieren beobachten, die einen pathologischen Eiweißzerfall 
mitmachten. Diese Veränderung am Serum besteht vor allem darin, daß das 
Serum ein erhöhtes Hemmungsvermögen gegenüber der tryptischen Verdauung 
besitzt. 

Pfeiffer hat diese Erhöhung des HemmungsVermögens der tryptischen 
Verdauung — die antiproteolytische Serumwirkung — anlehnend an die Vor¬ 
stellungen Rosenthals und Rusznyaks auf die Anwesenheit von Eiwei߬ 
spaltprodukten im Serum zurückgeführt. Hat sich die letztere Auffassung auch 
nicht halten und damit die Beweiskette für die Lehre der Eiweißzerfallstoxikose 
nicht schließen lassen können, so haben die Nachuntersuchungen gelehrt, daß 
diese Erscheinung der erhöhten antiproteolytischen Serumwirkung immer mit 
einem pathologischen parenteralen Eiweißabbau parallel geht. 

Pfeiffer und Jarisch 16 *) fanden nun eine Erhöhung der antiproteolytischen 
Serumwirkung beim anaphylaktisch geschädigten Tier und bei der Hämolysin¬ 
vergiftung. 

War damit am Tierexperiment die Eiweißzerfallstoxikose studiert, so erübrigte 
es sich noch bei verschiedenen Erkrankungen des Menschen dieses Verhalten 
des Serums zu verfolgen. Schön ältere Untersuchungen von Jasch 17 ), I. Rosen- 
thal 18 ), Simonelli 19 ) und Jusohtsohenko 90 ) hatten bei einzelnen Psycho- 
neurosen eine hemmende Serumwirkung konstatieren können und dieses hem¬ 
mende Vermögen des Serums auf die Anwesenheit des Antitrypsins (Antiferment) 
zurückgeführt. 

Pfeiffer und de Crinis 16f ) haben in einer ausgedehnten Untersuchungs¬ 
reihe die Erhöhung der antiproteolytischen Serumwirkung bei Epilepsie, De¬ 
mentia praecox, Amentia, Alkoholismus chron., Fieberdelirium, Puerperium, 



g Einleitung. 

Laktation, progressiver Paralyse, Chorea minor und malignen Tumoren'er¬ 
mittelt. 

R. Franz 21 ) hat das Verhalten der Serumwirkung in der Schwangerschaft 
während der Geburt und im Puerperium verfolgt. 

Durch die Anaphylaxieforschung wurde auch das Studium der Bl utf er me nte 
in eine neue Bahn gedrängt. 

Abderhalden und Pinkussohn 22 ), gleichzeitig und unabhängig von 
ihnen Pfeiffer und Mita 16b ), fanden im Blutserum von mit art- oder blut¬ 
fremden Eiweißkörpem vorbehandelten Tieren Fermente, welche nach Pfeiffer 

1. das Antigen der Vorbehandlung abbauen, 

2. spezifisch sind, das heißt nur gegen diese Eiweißart gerichtet sind, 

3. bei Antianaphylaxie vollständig verschwinden und dann erst einige Zeit 
später (einige Tage) wieder auftreten. 

Mit dieser Feststellung erhielt die Lehre Pfeiffers von der Eiweißzerfalls - 
toxikose eine neue Stütze, indem Pfeiffer das Element erfassen konnte, das 
den parenteralen Eiweißzerfall unmittelbar verursacht. 

Die Abderhalden - Schule hat nun die Anwesenheit von Fermenten im 
menschlichen Blut durch zahlreiche Arbeiten studiert. 

Zuerst gelang es Abderhalden im Serum von Schwangeren Fermente gegen 
Plazenta nachzuweisen. 

Abderhalden nimmt an, daß der menschliche Organismus in der Schwanger¬ 
schaft gegen die Plazenta, ein Organ, das mit Beendigung der Schwangerschaft 
seinen Zweck verliert und daher für den Organismus sozusagen einen Fremd¬ 
körper darstellt, Fermente mobilisiert, welche gleichsam als Schutz des Orga¬ 
nismus gegen das neue Organ fungieren und nennt sie daher Schutz- oder 
Äbwehrfermente. 

Diese Abwehrfermente treten aber auch überall dort auf, wo im Verlaufe 
pathologischer Vorgänge Zellen zerfallen oder zu mindestens abnorme Bestand¬ 
teile aus ihren Zellen austreten lassen, wie wir das bei einer Dysfunktion einer 
Drüse mit innerer Sekretion annehmen können. 

Diese Fermente sind spezifisch, also nur auf eine bestimmte Eiweißart ab¬ 
gestimmt. E. Fischer vergleicht sie mit einem Schlüssel, der nur in ein bestimm¬ 
tes Schloß paßt. Gehen also im Organismus z. B. Leberzellen zugrunde, so ist 
das Ferment nur gegen Lebereiweiß gerichtet. 

Ist eine Drüse im Zustande der Dysfunktion, z. B. Schilddrüse, so ist das 
Ferment gegen das Sekret der Schilddrüse gerichtet. Da das -Sekret aber noch 
den Charakter der Mutterzelle trägt, ist das Ferment auch gegen die Mutter¬ 
zelle eingestellt, in dem Falle also auf Schilddrüse und das Serum eines solchen 
Individuums wird außerhalb des Organismus Schilddrüseneiweiß abbauen. 

Fauser 28 ) hat als erster die Serumfermente bei’ Gehimkrankheiten und Neu¬ 
rosen studiert und konnte bei der Dementia praecox Abwehrfermente gegen 
Hodeneiweiß beim Mann, Ovariumeiweiß beim Weibe nachweisen und bewies 
damit die Dysfunktion der Geschlechtsdrüsen. Bei Paralyse und Epilepsie fand 
er Gehimabbau, was mit unseren histologischen Befunden dieser Erkrankungen, 
aus denen der Untergang von Ganglienzellen hervorgeht, übereinstimmt. 

Binswanger 24 ), Wegener 25 ), Kafka 26 ), Fischer 27 ) u. a. haben die Be¬ 
funde bestätigt und sie noch erweitern können, indem Wegener 26 ) und de 



Die Wendung zur modernen Humoralpathologie. 


9 


Crinis 28 ) bei Melancholie und dem melancholischen Symptomenkomplex unab¬ 
hängig von der Krankheit, bei welcher er vorkommt, Leberabbau nachgewiesen 
haben. 

Aber auch in der inneren Medizin gewann die Fermentforschung an Be¬ 
deutung. 

Jessen 29 ) fand Abbau von tuberkulösem Gewebe bei Tuberkulotikern, 
Lampe 80 ) Schilddrüsenabbau bei Schilddrüsendysfunktion (Basedow, Myxödem, 
Basedowoid, endemische Struma), Abbau von Nierengewebe bei Nierenerkran¬ 
kungen usw. 

Es geht über den Rahmen dieser Arbeit, alle jene Ergebnisse über das Stu¬ 
dium der Blutfermente der inneren Medizin aufzuzählen. Erwähnt sei nur noch 
der Nachweis eines spezifischen Fermentes gegen Karzinom- und Sarkom¬ 
eiweiß bei Karzinom und Sarkomträgem durch Abderhalden 81 ), Altmann 82 ), 
Oeller und Stephan 38 ), Epstein 84 ), de Crinis und Mahnert 85 ) u. a. 


Wie wir oben gesehen haben, hat in der Humoralpathologie die Gerinnung 
schon seit jeher eine große Rolle für die Bewertung des Einflusses der Körper¬ 
säfte auf das Entstehen der Krankheiten gespielt. 

Hewson, der als erster die Blutgerinnung und die Bedeutung des. Blut¬ 
faserstoffes für die Gerinnung erkannte, lenkte damit das Augenmerk der Forscher 
auf die GerinnungsVorgänge des Blutes hin. 

Hunter bezog die meisten physiologischen und pathologischen Vorgänge 
am Organismus auf die Koagulationsfähigkeit des Blutes und in der Krasen- 
lehre Rokitanskys nahm der Blutfaserstoff die wichtigste Rolle für das Ent¬ 
stehen der Krankheiten ein. Aber erst durch den Ausbau der Methoden der 
Blutgerinnung haben wir verwertbare Resultate und dadurch Beziehungen zu 
den einzelnen Krankheiten feststellen können. Während die Blutgerinnung 
durch die normalen Vorgänge des Organismus nur wenig beeinflußt wird, ver¬ 
ändert sie sich rasch durch experimentelle Einverleibung von z. B. Pepton, 
wodurch sie eine Verzögerung erfährt. 

Aber auch durch Störungen endokriner Art wie z. B. Dysfunktion einzelner 
Drüsen mit innerer Sekretion verändert sich die Koagulationsfähigkeit wie bei 
Basedow und Kretinismus durch Schilddrüsenerkrankungen, so bei Lebererkran¬ 
kungen u. a. pathologischen Vorgängen, worüber später noch ausführlicher 
berichtet werden soll. 

Mit dieser sehr knappen Übersicht ist natürlich nicht die Darstellung aller 
humoralpathologischen Probleme erschöpft; es gehören hierher noch die große 
Reihe der Studien über die korpuskularen Elemente des Blutes, die Forschungen 
über das Verhalten der roten und weißen Blutkörperchen bei den verschiedenen 
pathologischen Zuständen. Endlich gehört in das Gebiet der Körpersäfte noch 
der Liquor cerebrospinalis, dessen Untersuchung gerade in letzter Zeit eine große 
Bedeutung erlangt hat. Spiegeln sich doch wichtige Stoffwechselvorgänge des 
Zentralnervensystems im Liquor und ermöglichen seine pathologische Zusammen¬ 
setzung, daher auch einen Rückschluß auf Vorgänge im Zentralnervensystem, 
so daß die damit befaßten Untersuchungsmethoden und die diagnostische Ver- 



1() . Die Wandlungen der Ansichten über die Bedeutung 

wertung der Untersuchungsergebnisse bereits eine Wissenschaft für sich gewor¬ 
den sind. 

Es ist erklärlich, daß auch die Neuropathologie sich die humoralpathologi¬ 
schen Methoden zu eigen gemacht hat, um dadurch in der Erkenntnis über das 
Zustandekommen der Nerven- und Gehimkrankheiten vorwärts zu kommen. 


II. Die Wandlungen der Ansichten über die Bedeutung 
der humoralen Erscheinung bei Epilepsie. 

Zu den Erkrankungen, über deren Wesen und Ursache uns die bisherigen 
Erkenntnisse noch keineswegs befriedigen, gehört die Epilepsie. 

Waren die Erklärungen über das Wesen der Epilepsie, insbesondere des 
Anfalles bis in das neunzehnte Jahrhundert noch vielfach mystisch, so erfuhren 
sie gegen Ende dieses Jahrhunderts unter dem Eindrücke der anatomischen und 
physiologischen Schule eine weitgehende Wandlung insofern, als sie immer mehr 
körperliche Veränderungen als Ursache ansprachen. 

Eine bestimmte Vorstellung über die Krankheit haben erst Schröder 
von der Kolk, Reynolds, Echeverria, Kussmaul, Bröwn-Szquard 
und Schiff 36 ) vertreten, indem sie als den Ausgangspunkt der allgemeinen 
Konvulsionen die Brücke und das verlängerte Mark bezeichneten. 

Nothnagel 87 ) hat diese Lehre ausgebaut und die Konvulsionen auf Er¬ 
regung des von ihm in der Brücke gefundenen Krampf Zentrums, die Bewußt¬ 
losigkeit auf die Erregung des vasomotorischen Zentrums zurtickgeführt. 

Diese Lehre vom bulbären Ursprung des epileptischen Anfalles erlitt einen 
tödlichen Stoß durch die Ergebnisse der Untersuchungen Hitzigs, Ferriers, 
Munks, Lucianis 86 ) u. a.; die auf die Bedeutung der motorischen Region 
für alle motorischen Entäußerungen, seien sie Reiz- oder Lähmungserschei¬ 
nungen, hinwiesen. 

So trat an Stelle der bulbären Theorie die Lehre, von der kortikalen Ent¬ 
stehung epileptischer Anfälle, die besonders von Unverricht vertreten wird. 

Im allgemeinen wird heute an der Anschauung festgehalten, daß bei der 
genuinen Epilepsie die Erregungen, welche zu den epileptischen Anfällen führen, 
in der Hirnrinde zu lokalisieren sind. 

Damit schien wohl der motorische Ablauf von der Erregung bis zum Anfall 
geklärt, aber über das Wesen der Erregung noch nichts gesagt. 

In der Erforschung der letzten Bedingungen dieser Erregung der moto¬ 
rischen Zentren sollte der Stoffwechselchemie eine besondere Rolle zufallen. 

Es ist das Verdienst Krainskys 87 ), die ersten exakten und umfangreichen 
Untersuchungen über den Gesamtstoffwechsel bei den verschiedenen Epilepsie¬ 
formen angestellt und die Bedeutung des Stoffwechsels und seiner Produkte 
für die Krampfanfälle hervorgehoben zu haben. 

Krainsky kam auf Grund seiner Untersuchungen zur Annahme, daß die 
genuine Epilepsie nicht als eine rein nervöse Krankheit aufzufassen sei, sondern 
durch einen pathologisch ablaufenden Stoffwechsel, in dem sich giftige Produkte 
bilden, verursacht werde. Er stützt sich auf seine Untersuchungen Über den 



der humoralen Erscheinung bei Epilepsie. 


11 


Hamsäurestoffwechsel, aus denen sich ergab, daß Harnsäure vor dem Anfalle 
vermindert ausgeschieden wird, also vom Organismus retiniert wird, nach dem 
Anfall jedoch in vermehrter Weise zur Ausscheidung gelangt. 

Krainsky machte nun nicht die Vermehrung der Harnsäure für die toxi* 
sehe Wirkung verantwortlich, sondern beschuldigte irgendwelche Vorstufe der¬ 
selben als die wirksame Substanz. Befestigt wurde er in dieser Ansicht durch 
seine Untersuchungen über die Toxizität des Blutes vom Epileptiker, welches 
während des Anfalles genommen .worden war. 

Kaninchen mit 2 ccm eines defibrinierten Blutes, aus dem Anfall eines Epi¬ 
leptikers stammend, behandelt, bekamen 2—3 Minuten später einen heftigen 
epileptischen Anfall, der 2 Minuten dauerte und zu einer Parese der hinteren 
Extremitäten führte. 

Krainsky glaubte durch seine weiteren Untersuchungen auch den giftigen 
Körper, der die Ursache des epileptischen Anfalles darstellt, identifiziert zu 
haben, indem er karbarminsaures Ammoniak dafür verantwortet. 

Vor dem Anfalle kommt es nach seinen Untersuchungen auf Kosten des¬ 
jenigen Teiles des Harnstoffes, der unter normalen Bedingungen zur syntheti¬ 
schen Bildung der Harnsäure verwendet werden würde, zur Anhäufung von 
karbarminsaurem Ammoniak im Blute, der dann den Anfall hervorruft. 

Als beweisend führt Krainsky die Wirkung von karbarminsaurem Ammo¬ 
niak im Tierversuch an, in welchem durch Injektion dieses Körpers epileptische 
Anfälle hervorgerufen werden. 

Durch diese Aufsehen erregenden Mitteilungen Krainskys war nun die 
gesamte Aufmerksamkeit der Epilepsieforschung dem Stoffwechsel zugekehrt, 
der nun von verschiedenen Autoren einer genauen Analyse unterworfen wurde. 
Wenn sich auch die Behauptungen Krainskys durch grundlegende Arbeiten 
von Allers 38 ), Kauff mann 89 ), Rohde 40 ), Haig 41 ), Rachford 42 ) u. a. als 
unhaltbar erwiesen, so bleibt es doch sein Verdienst, als erster auf die Ver¬ 
änderungen des Stoffwechsels als Ursache der Epilepsie hingewiesen und eine 
Autointoxikation für die Pathogenese der genuinen Epilepsie angenommen 
zu haben. 

Das Blut der Epileptiker zeigt auch sonst auffallende und tiefgreifende Ver¬ 
änderungen. 

Vorster 43 ) beobachtete eine Zunahme des Hämoglobingehaltes und 
eine Erhöhung des spezifischen Gewichtes nach dem Anfall, was allerdings von 
Nachuntersuchungen in Abrede gestellt wird [Fer6 44 )]. 

Vor dem Anfall fand Dides 46 ) eine Erniedrigung des spezifischen Ge¬ 
wichtes des Blutes. Die Dichtigkeit des Serums ist nach De Buck 46 ) 
im allgemeinen herabgesetzt, nach dem Anfall jedoch erhöht. 

Die Alkaleszenz des Blutes nimmt nach Lui 47 ), Lambrani 48 ), Charon 
und Brie he 49 ), Pugh 60 ), Masion 61 ) mit den Anfällen ab, jedenfalls durch die 
Anreicherung des Blutes mit der durch die Muskelkrämpfe entstehenden Milch¬ 
säure, die Araki 52 ) im Harne, Rohde 40 ) im Blut nachweisen konnte. 

Es kommt also durch den Anfall zu einer Säureüberladung des Blutes. 

Die Viskosität des Blutes erhöht sich nach Brown 63 ) vor dem Anfall 
und sinkt nach demselben ab. 



12 


Di© Wandlungen der Ansichten über die Bedeutung 


Das Hemmungsvermögen des Blutes gegen die tryptische Verdauung 
(antiproteolytischer Serumtiter) erfährt vor dem Anfall eine Steigerung, nach 
dem Anfall eine Erniedrigung. [Rosenthal 64 ), Pfeiffer und de Crinis 65 ).] 

Pighini 66 ) und Juschtschenko 67 ) fanden im Blutserum von Epileptikern 
eine Abnahme der Nuklease; übereinstimmend konnten sie auch eine Herab¬ 
setzung der Katalasewirkung des Serums beobachten. 

Die Giftigkeit des Blutes während des Anfalles hat schon, wie wir oben 
erwähnt haben, Krainsky 87 ) festgestellt. Agostini und Cololian 68 ) führen 
auch die Giftigkeit des Blutplasmasder Epileptiker nach dem Anfalle an. 

Ceni 69 ) studierte die Giftigkeit des Epileptikerblutes an biologischen 
Versuchen und beobachtete, daß Epileptikerblut in Hühnereiern Mißbildung 
hervorruft; seine Ergebnisse konnten aber von einigen Nachuntersuchungen 
[Catola 60 ), Hebold und Bratz 61 ), Sala und Rossi 62 ) u. a.] nicht bestätigt 
werden. Der Reststickstoff des Blutes ist nach Krainsky 87 ), bestätigt von 
Teeten 68 ), Rohde 40 ), Allers 88 ), nach dem Anfalle erhöht. 

Mass fand auch den Restkohlenstoff — das ist der Kohlenstoff, der 
nach Ausfällen einer Lösung mit Phosphorwolframsäure noch in derselben nach¬ 
weisbar ist — nach den Anfällen erhöht. 

Cholesterin ist nach Flint 64 ) und Pighini 66 ) im allgemeinen bei Epi¬ 
lepsie erhöht, ebenso Lezithin, dessen Vermehrung Bornstein 66 ) auf den 
vermehrten Abbau von Nervengewebe durch den Anfall bezieht. 

Was nun die anderen Körpersäfte betrifft,*so sind Veränderungen am Harn 
gefunden worden. 

Zunächst ist die Harnmenge nach F 6r£ 67 ), Alessi und Pieri 88 ), Ra- 
bow 69 ) u. a. nach dem Anfall erhöht, vor dem Anfall hach Rohde 40 ) vermindert. 

Auf das toxische Verhalten des Harnes wird später ausführlich eingegangen 
werden. 

Was die Reaktion des Harnes betrifft, so ist die Azidität nach dem An¬ 
falle bedeutend erhöht [Blanda 70 ), Rohde 40 ), Allers 88 ) Garrod 71 ) u. a.]. 
Diese Erhöhung der Azidität ist zurückzuführen auf die Zunahme der Phos¬ 
phorsäureausscheidung nach dem Anfalle [Guidiund Guerri 72 ), Masoin 61 ), 
Rohde 40 )]. 

Besonders die organisch gebundene Phosphosräure ist erhöht, was 
Löwe 78 ), der diesen Befund erheben konnte, auf den Zerfall von Körper¬ 
geweben, vielleicht auch von Leukozythen zurückführt. Nach Masoin 61 ) ist 
auch die Ausscheidung der gepaarten Schwefelsäuren knapp vor dem 
Anfall erhöht und verliert sich später. Nach dem Anfalle ist auch der Milch- 
Säuregehalt des Harnes erhöht (Muskeltätigkeit), Hippursäure nach Pa¬ 
co li 74 ) herabgesetzt. 

Mit der Säurevermehrung im Harne geht natürlich auch eine Vermehrung 
der Ammoniakausscheidung vor sich. Rohde 40 ) fand in und nach dem 
Anfalle eine deutliche Vermehrung des Ammoniaks. Während und nach dem 
Anfall kommt es für kurze Zeit zu einer Eiweißausscheidung durch die 
Nieren [Huppert 76 ), Voisin 76 ), Rohde 40 ), Allers 88 )]; manchmal finden sich 
im Harne auch hyaline oder granulierte Zylinder. 

Während Voisin und P4ron 77 ) diese Veränderungen auf eine Nieren¬ 
stauung zurückführen, macht Rohde 40 ) die im Blute kreisenden Giftstoffe 



der humoralen Erscheinung bei Epilepsie. 


13 

für diese Nierenschädigung verantwortlich; während Alters die Schädigung 
der Nieren auf die Säurequellung durch die im Blute vermehrte Milchsäure 
zurückführt. * 

Die Harnsäure scheint nach Alessi 68 ), Agostini 68 ), de Buck 46 ) u. a. 
vor dem Anfalle im Harne vermindert ausgeschieden zu werden, während nach 
dem Anfalle, nach den Befunden Allers 38 ) und Tinte mann 78 ) eine Vermeh¬ 
rung der Harnsäure im Harne sicher steht. 

Im Anfall fand Rachford 42 ) erhebliche Mengen von Paraxanthin. Kre¬ 
atin und Kreatinin sind nach dem epileptischen Anfall im Harne vermehrt 
nach Rossi 79 ), Skuletzky 80 ). 

Nach Anfällen, besonders auch im Status epilepticus fand Tomasini 81 ) 
und Masoin 61 ) Azeton im Ham. 

Baugh 82 ) berichtet über ein Sinken der Indoxylausscheidung vor den 
Anfällen; nach Rossi 79 ) hingegen weist der Harn an Anfallstagen eine Ver¬ 
mehrung des Indikans auf. 

Kempner 88 ) beobachtete nach Anfällen, manchmal aber auch schon vor 
den Anfällen eine Steigerung des Aminostickstoffes. Endlich ist noch als 
wichtig zu erwähnen, daß Löwe 78 ) nach dem Anfalle eine Vermehrung der 
nicht dialysierbaren Harnbestandteile beobachten konnte. 

Von den übrigen Körpersäften ist zu berichten, daß der Schweiß von Epi¬ 
leptikern nach Cabitto 84 ) giftig ist, ebenso der Magensaft vor dem Anfalle 
[Agostini 58 )]. 

Der Befund Donaths 86 ), der im Liquor cerebrospinalis Cholin feststellte, 
wurde von Nachuntersuchem [Kutscher und Rieländer 86 ), Kaufmann und 
Handelsmann 87 )] nicht bestätigt, doch ist die Giftigkeit des Livors durch 
Donath 86 ), Dide und Säqu6p6e 87 ), Pellegrini 89 ), Subsol 90 ) überein¬ 
stimmend sicherges teilt. 

Was nun die Stoffwechselbilanz betrifft, so haben die Untersuchungen 
und Berechnungen Rohdes 49 ), Tintemanns 78 ) und Allers 88 ) ergeben, daß 
vor dem Anfall die Stickstoffausfuhr häufig herabgesetzt ist, mit dem Anfall 
und kurz nachher ansteigt, um dann wieder zu sinken. 

Es findet also eine Retention von Stickstoff im Körper statt, 
ohne daßeszueinem Ansatz von Körpereiweiß kommt. Rohde 
nimmt an, daß diese Retention auf Kosten des von ihm als 
„zirkulierendes Eiweiß“ bezeichneten Körpers kommt. 


Wenn wir nochmals die wichtigsten Erscheinungen im Stoffwechsel der 
Epileptiker herausgreifen, so sind im Sinne Allers 88 ) zwei Erscheinungen im 
Verhalten des Stoffwechsels voneinander zu trennen und besonders zu be¬ 
trachten. 

1. Erscheinungen, welche der Pathologie der Epilepsie nicht speziell eigen¬ 
tümlich sind, sondern lediglich auf die Muskeltätigkeit und Behinderung 
der Atmung im Anfall (Sauerstoffverarmung) zurückzuführen und daher 
als unmittelbare Folgeerscheinung desselben aufzufassen sind. So finden 
wir den Stoffwechsel im postparoxysmalen Stadium verändert-: Zunahme 



14 


Die Wandlungen der Ansichten über die Bedeutung 



N Ausfuhr in g 

NH t Ausfuhr n g 

H Harnsäureausfuhr in 0,1 g 
HM Harnmenge 

Körpergewicht in kg 
P Phospliors&ure 

T Temperatur in 100 cm* ~ N-S&ure. 

A Azidität 

S Azidität d.Ätherextrakt In 100cm 8 ^N-Siiure 
Kurve 1. 


deT Harnmenge, der Hamazi- 
dität, Vermehrung des Ammo¬ 
niaks, der Harnsäure, Steige¬ 
rung der Gesamtstickstoffaus¬ 
fuhr, Erhöhung des Kreatinins, 
des Aminostickstoffes, der 
Phosphorsäure und des orga¬ 
nisch gebundenen Phosphors, 
der Hamkolloide, Auftreten 
von Milchsäure und anderen 
ätherlöslichen Säuren, ferner 
Auftreten von Azeton, Eiweiß 
und Zylindern im Ham, de* 
auch eine Diazoreaktion gibt; 
im Blut ist der Reststickstoff 
vermehrt, Milchsäure nach¬ 
weisbar und der Antitrypsin¬ 
gehalt erhöht. 

Alles Erscheinungen einer 
Sauerstoffverarmung und da¬ 
durch Kohlensäureüberladung 
infolge der erhöhten Muskel¬ 
tätigkeit während des Anfalles 
bei gleichzeitiger Behinde¬ 
rung der Atmung durch den 
Krampf. 

Von diesen Erscheinungen im 
Stoffwechsel des Epileptikers 
sind jene Vorgänge zu trennen, 
welche im präparoxysmalen 
Stadium den Stoffwechsel des 
Epileptikers charakterisieren. 

2. Wesentliche Erscheinungen 
auf dem Gebiete des Stoff¬ 
wechsels im präparoxysmalen 
Stadium: Abnahme der Ham¬ 


menge, Retention des Stickstoffes in Form von zirkulierendem Eiweiß, Zunahme 
von ätherlöslichen Säuren des Harnes und des Stickstoffgehaltes des sauren 
Ätherextraktes, mitunter auch der Harnsäure, Ansteigen des antitryp- 
tischen Vermögens im Blute und ein Versiegen der Salzsäuresekretion des 
Magens. 

Das Wesentlichste nach Allers ist wohl die Stickstoffretention, die 
nicht zum Aufbau von Körpereiweiß führt, sondern als zirkulierendes Ei¬ 
weiß nachzuweisen kt. 

Rohde 40 ) hat die wichtigsten Ergebnkse der Stoffwechseluntersuchung bei 
Epilepsie nach eigenen Versuchen durch ein Diagramm (Kurve 1) veranschaulicht, 
in welchem der Einzelverlauf der Veränderungen im Stoffwechsel durch 8 Tage 






der humoralen Erscheinung bei Epilepsie. 


15 


hindurch, während welcher Zeit 6 Anfälle an 4 aufeinanderfolgenden Tagen 
stattfanden, kurvenmäßig dargestellt ist. 

Aus dieser Kurve geht hervor, daß die Stickstoffausscheidung vor den An¬ 
fällen deutlich herabgesetzt ist, mit den Anfällen bedeutend zunimmt, um dann 
wieder abzusinken. Fast parallel dazu verläuft die Kurve der Harnsäure, deren 
Bedeutung für den Anfall von einzelnen Autoren (Rachford) besonders hervor¬ 
gehoben wird. Mit dem Anfall steigt auch die Azidität des Harnes und erreicht 
im Anfall den Höhepunkt, um dann abzunehmen. 

Entsprechend dieser Azidität verläuft parallel zu ihr die Ammoniakausfuhr. Für 
die Erhöhung der Azidität ist jedenfalls entscheidend die Vermehrung der Phosphor¬ 
säure, der Harnsäure und der ätherlöslichen Säuren (Milchsäure). Fassen wir noch¬ 
mals das uns am meisten interessierende Verhalten des Stickstoffes heraus, so finden 
wir vor dem Anfall eine Retention der Stickstoff haltigen Substanzen. 

Allere ist auch der Ansicht, daß diese Retention stickstoffhaltiger 
Verbindungen auf das Zustandekommen des epileptischen An¬ 
falles wahrscheinlich von unmittelbarem Einfluß ist. 

Es versteht sich wohl, daß in den letzten Jahren unter dem Einfluß dieser 
Ergebnisse der Stoffwechselchemie bei Epilepsie die toxaemische Theorie 
zur Erklärung des epileptischen Anfalles stark in den Vordergrund getreten ist. 
Gefördert wurde diese Ansicht durch die eigenartigen Befunde des Epileptiker- 
hames, dessen Toxizität besonders im Anfalle bereits von Bourchard 91 ) 
vpid Voisin 92 ) beobachtet werden konnte. Pfeiffer und Albrecht 16<i ) haben 
nun an einem größeren Material die Frage der Harntoxizität studiert und 
erweisen können, daß diese Hamtoxizität, die mittels der H. Pfeifferschen 
Temperaturreaktion gemessen wurde, von dem Gehalte des Harnes an gewöhn¬ 
lichen Salzen unabhängig ist. 

Als Ergebnis ihrer Untersuchungen konnten die Untersucher folgendes 
hervorheben: 

1. Die an der Temperaturreaktion gemessene Toxizität der Harne von Epilep¬ 
tikern ist in anfallsfreien Zeiten, die nicht zu nahe vor oder nach den An¬ 
fällen liegen, wesentlich höher, als dem normalen Menschen entspricht. 

2. Sie ist nicht nur an der Giftigkeit einzelner Fraktionen, sondern auch 
unter Berücksichtigung der gesamten Tagesmengen nachweisbar. 

3. Vor einem Anfalle sinkt die Toxizität der Harne, so zwar, daß hier selbst 
gänzlich ungiftige Proben aufgefunden werden können. 

4. Nach dem Anfalle, und zwar meist im Verlauf von einigen Stunden, 
schnellen die Giftigkeitswerte für den einzelnen Kubikzentimeter sowohl, 
wie auch für die Gesamtmenge weit über das Normale in die Höhe, um 
sich meist durch Tage auf dieser zu erhalten. 

Mit diesen Ergebnissen stimmen die Befunde Loe we s 78 ) überein, der im Harne 
von Epileptikern giftige Körper, die er Pesotoxine nannte, nachweisen konnte. 

Während im normalen Ham keine giftigen Körper, die Krampfanfälle aus¬ 
zulösen imstande sind, gefunden werden können, fand Loe we nach epileptischen 
Anfällen adialysable Stoffe, die er in Anlehnung an die Arbeiten von Meyer 
als aus dem Blute stammend annimmt und die bei Tieren Krampfanfälle auslösen. 

Fassen wir nun das bisher Gesagte zusammen, so ergibt sich daraus, daß 
bei Epilepsie der Stoffwechsel eine Umsteuerung erfähren hat, so daß er patho- 



16 


Die Wandlungen der Ansichten über die Bedeutung 


logisch abläuft. Dadurch kommt es zur Bildung von toxischen Produkten, die 
auch im Ham nachgewiesen werden können und den epileptischen Anfall zu 
begünstigen scheinen. 

Erweitert wurde das Gesichtsfeld durch die weiteren Untersuchungen, die sich 
diesem interessanten Problem zuwendeten. Hartman n 98 ) wies als erster auf greif¬ 
bare Beziehungen endogener Vergiftungen des Nervensystems und des epilepti¬ 
schen Anfalles zu a na ph yla ktisc he n Zuständen hin und erhielt in dieser An¬ 
sicht bald durch die grundlegenden Arbeiten Pfeiffers 94 ) eine feste Stütze. Wie 
schon oben erwähnt, konnten Pfeiffer und O .Albreoht bei Epilepsie und ver¬ 
schiedenen Formen von anderen Gehimkrankheiten eine Erhöhung der Harn¬ 
giftigkeit feststellen, wie dies schon früher H. Pfeiffer 18 ) sowohl beim anaphy¬ 
laktischen Schock, als auch immer dann beobachten konnte, wenn entweder 
parenteral Eiweiß zugrunde geht, oder aber ein Versuchstier von vornherein 
toxische Eiweißspaltprodukte (Witte Pepton) einverleibt bekommt. 

Darauf sich stützend stellte er den Satz auf, daß die Harngiftigkeit der 
Ausdruck des parenteralen Eiweißzerfalles ist. Pfeiffer sprach schon 
damals die Vermutung aus, daß unter anderem auch bei Epilepsie eine Toxikose 
eines pathologischen parenteralen Eiweißzerfalles vorliege. 

In einer gemeinsamen Arbeit Pfeiffers mit dem Verfasser 1 ® 1 ) gingen wir 
noch weiter und konnten als Ergebnis unserer Untersuchungen feststellen, daß 
die bei manohen Gehirnkrankheiten (darunter auch bei Epilepsie) 
gesetzmäßige Anreicherung von Eiweißspaltprodukten im Serum 
Von Patienten, vermöge der ihnen innewohnenden Giftwirkung, 
Anlaß zum Auftreten der Krankheitserscheinungen geben. 

Diese Anschauung erfuhr eine erhebliche Erweiterung durch das Studium 
der Abwehrfermente bei Epilepsie. 

Durch die Ergebnisse Fausers 281 ), Meyers 95 ), Hippels 96 ) u. a. wurden 
bei Epilepsie spezifische Abwehrfermente nachgewiesen, die gegen ver¬ 
schiedene Organe eingestellt sind. 

Ist es dadurch möglich geworden, die Dysfunktion verschiedener Drüsen 
mit innerer Sekretion zu erweisen, so war dadurch auch ein neuer Anhalts¬ 
punkt für den pathologisch ablaufenden Stoffwechsel gegeben, da ja einerseits 
durch die Fermenttätigkeit der bei Epilepsie nachgewiesenen Fermente Pro¬ 
dukte anzunehmen sind, die das normale Stoffwechselbild komplizieren, anderer¬ 
seits aber durch den Nachweis der Dysfunktion verschiedener Drüsen, die auf 
den Stoffwechselablauf einen Einfluß haben, eine Veränderung desselben ent¬ 
sprechend den pathologischen Einwirkungen dieser Drüsen zu erwarten ist. 

Von den Körpersäften wurde auch der Liquor cerebrospinalis bei Epilepsie 
vielfach untersucht, ohne daß für diese Krankheit ein spezieller und charakte¬ 
ristischer Befund erhoben werden konnte. 

Fuchs und Rosenthal 97 ) fanden eine Gefrierpunkterniedrigung 
von A = — 0,52° als Mittelwert. 

Im Status epilepticus konnten Hart mann und di Gas pero 93a ) eine geringe 
Vermehrung des Eiweißgehaltes (0,04 — 0,06% Nissl-Esbach) und manch¬ 
mal eine Vermehrung der weißen Blutzellen im Liquor feststellen. * 

Von den korpuskulären Bestandteilen des Blutes waren endlich die weißen 
Blutzellen Gegenstand vielfacher Untersuchungen. Waren auch die Unter- 



17 


der humoralen Erscheinung bei Epilepsie. 


suchungsergebnisse zunächst keine überein¬ 
stimmenden, so wurde doch durch den Paral¬ 
lelismus des Verhaltens der Blutzellen bei 
Epilepsie und anderen Krankheiten ein neuer 
Gesichtspunkt geschaffen. 

Von den Autoren, welche sich mit die¬ 
ser Frage beschäftigten, seien erwähnt: 
Naegele 98 ), Lund wall"), Jödicke 100 ), 
Buck 46 ), Sauer 101 ), Schultz 102 ), Schil¬ 
ling 103 ), Hoesslin 104 ), Krumbmiller 105 ), 
Rohde 40 ), Bruce- Pc rbles 106 ), Neus- 
ser 107 ), Gorieri 108 ), Morselli 109 ), Cam- 
pioni 110 ), Zimmermann 111 ) u.a. Hart¬ 
mann 93 ) hatte auf Grund der Unter¬ 
suchungen Schlechte 11 die eingehende 
Analyse des Blutbildes beim epileptischen 
Symptomenkomplex als aassichtsreich erfaßt 
und zusammen mit di Gas per o 112 ) die 
vorläufigen Ergebnisse dieser Untersuchungen 
veröffentlicht. Dieselben hatten im wesent¬ 
lichen Übereinstimmung mit dem anaphylak¬ 
tischen Schock ergeben. Schlecht 113 faqj) 
bekanntlich, daß bei anaphylaktisch geschä¬ 
digten Tieren typische Blutbilder zustande 
kommen: initiale Gesamtleukopenie mit 
Neutrophilenabfall und Hypoeosino¬ 
philie (relativer Lymphozytenanstieg), nach 
überwundenem Schock Gesamthyper¬ 
leukozytose mit Hypereosinophilie, 
der dann ein allmählicher Ausgleich der 
Blutbilderanomalien folgt. Aus der beifolgen¬ 
den Kurve (Hartmann — di Gaspero 93 ) 
sind die Befunde ganz eindeutig zu erkennen. 

Di Gaspero 112 ) hat die auf ein großes 
Untersuchungsmaterial gestützten Befunde 
dann ausführlich dargestellt. Wenn wir diese 
Ergebnisse und Befunde Hartmann — di 
Gasperos überblicken, so läßt sich das 
Blutbild bei Epilepsie etwa folgendermaßen 
charakterisieren: 

Der genuine epileptische Symptomen- 
komplex zeigt im allgemeinen große 
Schwankungen der weißen Blutzellen. 

Fast regelmäßig ist die Gesamtzahl der 
weißen Blutzellen vor dem Anfalle ermittelt, 
es besteht also eine Leukopenie. Nach dem 
Anfalle kommt es sehr häufig zu einer Ver- 



C r i n i s , Humorale LebensVorgänge. 


2 



18 


Eigene Untersuchungen. 


mehrung aller Elemente bis zur ausgesprochenen Gesamtleukozytose, welche 
Veränderung verschieden lang bestehen kann, um dann erst zur Norm zurück¬ 
zukehren. Fast regelmäßig sind die Lymphozyten (kleine und große) und die 
Monozyten — d. s. die großen, mononukleären Leukozyten — und Übergangs¬ 
formen (Ehrlich) vermehrt, und zwar so, daß die Lymphozytenvermehrung 
mit dem epileptischen Anfall zusammenfällt. Am labilsten sind die poly¬ 
morphkernigen neutrophilen Leukozyten, durch deren Wertschwankungen die 
Blutformel bestimmt wird. 

Die eosinophilen Elemente sind vor den paroxysmalen Entladungen, ins¬ 
besondere vor Krampfzuständen und während der Anfälle regelmäßig ver¬ 
mindert. Nach den Anfällen steigt ihre Zahl wieder an und überschreitet meistens 
die normalen Werte. Die basophilen J^eukozyten zeigen unbedeutende Schwan¬ 
kungen, die nichts Charakteristisches darstellen. 

Di Gaspero 111 ) mißt dem Verhalten der weißen Blutzellen so große Be¬ 
deutung bei, daß er aus dän Schwankungen der weißen Blutelemente auf den 
Verlauf der Krankheit Schlüsse zieht. So hält er das rasche Absinken der Ge¬ 
samtzahl der Leukozyten, insbesondere der Neutrophilen, mit gleichzeitiger 
entsprechender Vermehrung der Lymphozyten (bis zur absoluten Lympho¬ 
zytose) als einen Vorboten des Anfalles, während bei annähernd normalen Leuko¬ 
zytenverhältnissen ein andauerndes subjektives Wohlbefinden und Freisein von 
psychopathologischen Störungen zu erwarten ist. 

Biedl und Kraus 115 ) sahen eb^falls beim anaphylaktischen Schock 
des Meerschweinchens Leukopenien. 

.Pirquet und Schick 116 ), ebenso Bienenfeld 117 ) haben auch bei der 
Serumkrankheit des Menschen konstatieren können, daß nach einem Leuko- 
zytenanstieg in der Inkubationszeit am 7. bis 9. Tage eine Leukopenie 
eintritt, die am 10. bis 19. Tage ihr Minimum erreicht und dann allmählich 
verschwindet. Erinnern wir uns an das oben Gesagte, daß der anaphylaktische 
Schock nach Pfeiffer 16 ) eine Eiweißzerfallstoxikose darstellt, so werden 
wir uns nicht wundem, wenn wir nach Pfeiffer auch bei anderen Zerfalls- 
toxikosen wie der Verbrühung, Hämolysin Vergiftung, Peptonvergiftung und 
Retentionsurämien eine auffallende Übereinstimmung hinsichtlich der Wert¬ 
schwankungen einzelner Zellformen in bestimmten serologischen Phasen finden. 


III. Eigene Untersuchungen. 

1. Krankengeschichten. 

Fall 1. R., Angelo, 17 Jahre. Hilfsarbeiter aus Görz. 

Anamnese: Leidet seit dem 11. Jahre an epileptischen Anfällen, die in letzter Zeit 
vor der Aufnahme sieh häuften. Ein 5 Tage vor der Aufnahme aufgetretener Dämmerzu¬ 
stand, in dem es zu schweren Erregungszuständen kam, maohte die Einbringung des Kranken 
auf die geschlossene Abteilung notwendig. 

Bei der Aufnahme Dämmerzustand mit Triebhandlungen, der auch während der Be¬ 
handlung in der Anstalt periodisch nach den Anfällen auftritt. 

Somatisch: Angedeuteter Infantilismus, Narbe am Hinterhaupt, Zungenbisse. Licht¬ 
reflexe erhalten, Sehnenreflexe lebhaft. Während des Anfalles bewußtlos, Schaum vor dem 
Munde, fehlende Iiohtreaktion. 



Krankengeschichten* 


19 


Fall 2. St., Valentin, Infanterist ans Rrain. 27 Jahre alt. 

Wurde in einem Dämmerzustand am Bahnhof aufgegriffen, in welchem er schwere 
Erregungszustände zeigte. 

Anamnestisch ist aus dem Pat. nicht viel herauszubringen. Die Anfälle sollen seit 8 Jahren 
vorhanden sein. Der Dämmerzustand ist nach 8 Tagen abgeklungen. Pat. ist stark dement; 
weitgehende Morkfähigkeits- und Urteilsstörungen. 

Somatisch: Narben von Verletzungen im Anfalle herrührend am Arm und Gesicht, 
Zungenbisse, lebhafte Reflexe. 

Anfälle: Bewußtlosigkeit, starke Zyanose, lichtstarre Pupillen. Nach den Anfällen 
häufig Dämmerzustände. ^ 

Fall 3. W., Martin, poln. Flüchtling aus Wieliczka, Galizien. 34 Jahre alt. 

Anamnestisch: Eltern leben, Vater lungenkrank, Mutter taub; 2 Monate vor der 
Aufnahme Fleckfieber. Seit 15 Jahren Anfälle, die seit dem Fleckfieber häufiger wurden 
und seitdem auch von Dämmerzuständen begleitet werden. 

Bei der Aufnahme: Starke Merkfähigkeits- und Gedächtnisstörungen, Schädigung 
der Urteils- und Kombinationsbildung. 

Somatisch: Narben am Kopf, Pupillen reagieren etwas träge, Sehnenreflexe herab¬ 
gesetzt. 

Anfälle in einem Zeitraum von ca. 14 Tagen auf tretend, im Anfall bewußtlos, lichtstarre 
Pupillen. 

Fall 4. Ph., Johann, Hutmacher aus Agram. 20 Jahre alt. 

Anamnese: Eltern gesund, ebenso die Geschwister. 

Kinderkrankheiten: Masern. Seit einem Jahr Anfälle (angeblich nach einem Sturz 
aufs Hinterhaupt), deshalb superarbitriert. 

Befund: Psychicus: Merkfähigkeit etwas herabgesetzt. Assoziationen geprüft, durch 
Reizworte (Sommer), zeigen Eigenbeziehungen. 

Somatisch: Angedeuteter Turmschädel, Klopfempfindlichkeit am Hinterhaupt. Pu¬ 
pillenreaktion auf Licht und Akkomodation prompt. Sehnenreflexe lebhaft, rechts Patellar- 
klonus. Romberg positiv. Herabsetzung der Sensibilität D*—D § (Muskens). 

Anfall: Tonisch-klonische Krämpfe, Bewußtlosigkeit, Zyanose, Stuhl- und Harn¬ 
abgang im Anfalle häufig. 

Fall 5. H., Johanna, Magd aus Pemegg, Steiermark. 18 Jahre alt. 

Anamnese: Eltern leben, gesund, ebenso 4 Geschwister. 

Mit 8 Jahren fiel Pat. in einen 3 m tiefen Graben, anscheinend ohne sich zu verletzen 
oder das Bewußtsein zu verlieren, erlitt nur einen heftigen Schreck. Seither Anfälle. 

Befund: Psyohious: Gedächtnisstörungen. 

Somatisch: Sattelnase angedeutet, rechte Pupille etwas entrundet, Lichtreaktion 
prompt, Nystagmus horizontalis nach beiden Seiten. Zungenbisse, Sehnenreflexe gesteigert. 
PatellarklonuB. Sensibilitätsstörungen leichten Grades (Hypästhesie) D x —D ß (Muskens) 

Anfälle: Zwei- bis dreiwöchentlich 1—2 Anfälle. Im Anfall klonische Krämpfe, Be¬ 
wußtlosigkeit, Schaum vor dem Mund, Pupillen Hchtstarr. Nach dem Anfall Babinski. 

Fall 6. P., Maria, Köchin aus Tillmitsch bei Leibnitz. 29 Jahre alt. 

'Anamnese: Vater lebt, angeblich gesund, Mutter starb an einem Lungenleiden, ein 
Bruder nervenkrank, die übrigen 3 Geschwister gesund. Seit dem 5. Lebensjahre Anfälle 
epileptischer Natur, war deshalb vom Schulbesuche dispensiert. 

Seit Eintreten der Menses (17 J.) treten die Anfälle gehäuft auf, beinahe täglich. 

Während der Gravidität Besserung (hatte während der Schwangerschaft nur 2 Anfälle) 
die noch 2 Monate nach der Geburt anhält. Nach 2 Monaten treten die Anfälle wieder 
vermehrt auf. 

Befund: Psychisch: Zur Zeit der Aufnahme frei. 

Somatisch: Narben am Arm und in der Magengegend von einer Verbrennung her- 
rührend. Zungenbisse. Pupillen reagieren prompt. P.-S.-Reflex lebhaft, A.-S.-Reflex fehlt 
beiderseits. Hyperästhetische Zonen D 4 —D 10 . 

Anfälle: Bewußtlosigkeit, Schaum vor dem Mund, lichtstarre Pupillen. Nach den 
Anfällen Babinski und Krämpfe in der Wadenmuskulatur. 


2* 



20 Eigene Untersuchungen. 

Fall 7. F., Aloisia, Wagnermeisterstochter aus Feldkirchen bei Graz. 
19 Jahre alt. 

Anamnese: Eltern gesund, 10 Geschwister, alle angeblich gesund. Vor einem Jahr 
erster Anfall, der sich monatlich wiederholte, seit 2 Monaten alle 4 Tage je 3 Anfälle. 

Befund: Psychisch: Zur Zeit der Aufnahme leicht geschädigte Gedächtnisstörung, 
bei der Assoziationsprüfung durch Beizworte nach Sommer zeigen sich Eigenbeziehungen. 

Somatiseh: Narben auf der Stirn. Zungenbisse. Teil weiser Verlust der vorderen 
Zähne (durch Ausbeißen während des Anfalles). Bauchdeckenreflex fehlend, Sehnenreflexe 
auslösbar; kein Babinski. Hyperästhetische Zonen Du—Li (Muskens). 

Anfälle: Alle 4 Tage, tonisch-klonische Krämpfe, Bewußtseinsverlust, lichtstarre 
Pupillen. Nach dem Anfall Babinski. 


2. Eigene Untersuchungsergebnisse. 

A. Das Sehwanken des Serumeiweißgehaltes bei Epilepsie. 

Sowohl die morphologische Zusammensetzung des Blutes als auch die che¬ 
mische ist unter physiologischen und pathologischen Bedingungen, wie bekannt, 
mannigfachen Schwankungen unterworfen. 

Was mm die Veränderung in der chemischen Zusammensetzung des Blutes 
bzw. des Serums betrifft, so sei vorweggenommen, daß im Blutserum eigentlich 
nur der Gehalt an Kolloiden (Eiweißkörper) Schwankungen zeigt, da ja die 
Untersuchungen über die osmotischen Druckverhältnisse (Kryoskopie) gelehrt 
haben, daß der osmotische Druck im allgemeinen nur geringe Schwankungen 
aufweist. Da der osmotische Druck durch die gelösten Substanzen mit Aus¬ 
nahme der Kolloide (Eiweißkörper) zum Ausdrucke kommt, können - wir 
zurückschließen, daß die Zusammensetzung des Serums an gelösten Substanzen 
mit Ausnahme der Kolloide eine ziemlich gleichmäßige und nur geringen Schwan¬ 
kungen unterworfen ist. 

Die im Blutserum kolloidal gelösten Körper (Eiweißkörper) hingegen zeigen 
sowohl unter physiologischen als insbesondere unter pathologischen Verhält¬ 
nissen mehr oder minder weitgehende Schwankungen. Diese Änderung des 
Serumeiweißgehaltes am gesunden und kranken Individuum wurde durch eine 
Reihe von Arbeiten festgestellt, so insbesondere von Reiss, Böhme, Schwen¬ 
ker, Strauss, Schare, Be nczner, Sa ndelowsky, Oliva, Widal, Benard, 
Vaucher, de Crinis u. a., die alle den Eiweißgehalt mit der einfachsten und 
zugleich auch verläßlichsten Methode, nämlich der Methode der Eiwei߬ 
bestimmung aus dem Brechungswert bestimmten. 

Da ich in den nachfolgenden Untersuchungen die Methode anwandte, sei 
dieselbe kurz skizziert. 


1* Methode» 

Wenn Lichtstrahlen, die sich in einem durchsichtigen Medium verbreiten, auf die ebene 
Grenzfläche eines zweiten durchsichtigen Mediums auftreffen, erhalten sie in der Kegel 
eine zweifache Richtungsänderung: der eine Teil wird reflektiert, der andere Teil dringt in 
das neue Medium ein, erfährt aber an der Trennungsfläche eine solohe Richtungsänderung, 
daß jeder Strahl daselbst abgeknickt oder gebrochen wird. 

Der Sinus des Einfallswinkels steht zum Sinus des Brechungswinkels in einem kon¬ 
stanten Verhältnis, das als Brechungskoeffizient bezeichnet wird. 

Der Brechungskoeffizient ändert sich mit der Temperatur und der Dichte seines Körpers. 
Daher stellen H. Lore ntz und L. Lore ntz eine Formel auf, die die Lichtbrechung von diesen 



Schwankungen des Serumeiweißgehaltes. 


•21 


äußeren Umständen unabhängig macht und nur jenen Einfluß bestehen läßt, welcher durch 
die Natur des betreffenden Stoffes bedingt ist. Sie lautet: 


(n* - 1) • 

(n* + l)d 


daher nennt man den Wert R die spezifische Refraktion. Daraus leitet sich der Begriff 
der Molekularrefraktion ab, als Produkt der spezifischen Refraktion mit dem Molekular¬ 
gewicht M (Molekulargewicht): 


MR = 


(n 2 - 1) • M 
<n 2 + l)d ’ 


Die weiteren Forschungen auf diesem Gebiete ergaben, daß die Molekularrefraktion 
in der Regel gleich ist der Summe der einzelnen Atomrefraktionen. 

Auch die spezifische Refraktion von Lösungsmengen setzt sich additiv aus den spezi¬ 
fischen Refraktionen der einzelnen gelösten Bestandteile zusammen. Man kann aus der 
spezifischen Refraktion der einzelnen Bestandteile eines Gemisches (entsprechend deren 
Prozentgehalt) durch einfache Addition die spezifische Refraktion des Gemisches berechnen. 
Es ergeben sich wohl dabei geringe Abweichungen, die jedoch praktisch keine Rolle spielen. 
Umgekehrt kann man aus der spezifischen Refraktion des Gemisches auf die Menge des einen 
Bestandteiles schließen, wenn man die spezifische Refraktion und die Menge des andern 
kennt. Ja, man kann sogar die Refraktion eines Gemisches rechnerisch verwerten, wenn 
nicht ein einzelner Bestandteil, sondern eine Summe von Bestandteilen praktisch als konstant 
angesehen werden darf. 

Die gebräuchlichsten Refraktometer sind die von Abbe und Pulfrich, welche den 
Grenzwinkel der totalen Reflexion messen. 

Für medizinische Zwecke hat sich das Pulfrich sehe Eintauchrefraktometer am geeig¬ 
netsten erwiesen. Es besteht in der Hauptsache aus einem brechenden Prisma, einer Skala 
und einem Fernrohr, mit welchem die Skala abgelesen wird. Das Prisma wird in die zu 
untersuchende Flüssigkeit eingetaucht und der Brechungswert an der Skala abgelesen. 

Diese Bestimmung hat jedoch den Nachteil, daß dazu größere Flüssigkeitsmengen (min¬ 
destens 2—3 ccm) nötig sind, deshalb wurde von der Firma Zeiss dem Apparate ein Hilfs¬ 
prisma beigegeben. Einige Tropfen der zu untersuchenden Flüssigkeit werden auf die hori¬ 
zontal gehaltene Hypotenusenfläche des Hilfsprismas gebracht und dieses an das Prisma 
angelegt und befestigt. Zwischen Prisma und Fernrohr ist ein Amiciprisma eingeschaltet, 
durch das die Dispersion des Lichts reguliert und ausgeschaltet werden kann. 

Da sich mit der Änderung der Temperatur auch das Brechungsvermögen ändert, ist es 
notwendig, die zu untersuchende Flüssigkeit (Serum) auf eine konstante Temperatur zu 
bringen (Zimmertemperatur), 17,5°. Zu diesem Zwecke wird die zu untersuchende Flüssig¬ 
keit in ein kleines Becherglas gebracht und dieses wieder in einen Trog, der mit Wasser von 
der Temperatur 17,5° angefüllt ist. Benützt man das Hilfsprisma, so wird um das letzterer 
eine wasserdichte Hülse befestigt und dann das Refraktometer in das Wasser getaucht. 

Es ist daher dem Refraktometer ein Aufhängegestell beigegeben, das am Rande des 
Troges befestigt wird und mit einem Spiegel versehen ist. Der Spiegel wird auf das Refrakto¬ 
meter eingestellt und die Brechung durch das Okular beobachtet. Es zeigt sich ein Schatten 
mit einer scharfen Grenzlinie, durch den die Brechung zum Ausdrucke kommt, auf einer 
Skala abgelscn werd kann. Die Ablesung erfolgt außer an den Teilstrichen der Skala noch 
durch Handhabung einer Mikrometerschraube mit Trommelteilung, welche die Skala gegen 
die Trennungslinie um einen ganzen Teilstrich zu verschieben vermag. 

Da die 10 Teilstriche der Trommelteilung der Verschiebung um einen ganzen Teilstrich 
der Skala ent prechen, körnen Zehntelteilstriche an der Trommel unmittelbar abgelesen 
und einige Hundertstel unter besonders günstigen Umständen noch geschätzt werden. 

Man kann nun bemerken, daß die Grenzlinie des Schattens zu Beginn der Ablesung 
nioht gleich bleibt, sondern sich, allerdings nur geringe ändert, wenn die Temperatur der zu 
untersuchenden Flüssigkeit noch nicht konstant ist und die des umspülenden Wassers (17,5° 
noch nicht angenommen hat. Nach ca. 5—7 Minuten bleibt die Grenzlinie konstant, und 
erst jetzt liest man genau ab. Aus den Skalenteilen berechnet man sich nach der Tabelle 
von Zeiss, welche auf 17,5° geeicht ist, den entsprechenden Brechungsindex n D . (Eine solche 
Tabelle liegt jedem Refraktometer bei.) 



22 


Eigene Untersuchungen. 


E. Reiss 118 ) empfiehlt zur Blutentnahme eine U-förmig gebogene Kapillare, die ca. 0,7 
bis 1 ccm Blut faßt. Die Ausführung bei der Blutentnahme ist folgende: Es wird ein kleiner 
Einstich mit einer Lanzette an der Fingerbeere oder am Ohrläppchen gemacht und man 
läßt das Blut durch die Kapillarität in die U-förmige Kapillare sioh einsaugen; hierauf ver¬ 
schließt man die Kapillare und zentrifugiert sie und entnimmt dann das Serum zur Bestimmung. 
Diese Methode hat den Vorteil, daß man mit sehr geringen Blutmengen (1 ccm) auskommt. 

Hat man den* Skalenteil, auf den sich der Schatten im Refraktometer eingestellt hat, 
abgelesen, so kann man daraus den Brechungsindex ermitteln. Aus diesen Brechungswerten 
kann man auch den Eiweißgehalt im Serum berechnen, wenn man von folgenden Überlegungen 
ausgeht: Der Salzgehalt dos Serums ist nur geringen Schwankungen ausgesetzt, wie das 
aus den Bestimmungen der Gefrierpunktsemiedrigungen hervorgeht. So beträgt die Gefrier¬ 
punktserniedrigung des Serums ziemlich genau 0,56°. In extremen Fällen (Urämie) kommt 
es bis zu dem Wert 0,71°, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, daß diese Erhöhung in erster 
Linie durch die Eiweißschlacke und nicht durch die Änderung des Salzgehalts bedingt ist. 
Weiter ist zu berücksichtigen, daß der Eiweißgehalt des Serums (7—9%) das 9—lOfaehe 
des Salzgehaltes des Serums beträgt. Außerdem wissen wir, daß der Brechungskoeffizient 
für Eiweiß mindestens ebenso groß ist wie derjenige für Chlomatrium und größer als der¬ 
jenige für die übrigen wesentlichen Bestandteile des Blutserums. Der refraktometrieche 
Wert einer 1 proz. Eiweißlösung ist nämlich um 0,00172 größer als der Brechungswert für 
destilliertes Wasser. Wir müssen daher, um den Brechungskoeffizienten einer 1 proz. Eiwei߬ 
lösung zu erhalten, zu dem Brechungswerte des destillierten Wassers 0,00172 addieren. 
Der Brechungsanteil von einer 1 proz. Chlomatriumlösung, also jene Zahl, um welche der 
Brechungswert der Chlomatriumlösung von dem Brechungswerte des destillierten Wassers 
unterschieden ist, ist 0,00175, von Traubenzucker 0,00142, von Harnstoff 0,00145, woraus 
zu ersehen ist, daß der Brechungswert von Eiweiß von den Salzen im Serum auch in den 
entsprechenden Lösungen nicht übertroffen wird. Da der Salzgehalt des Serums jedoch nur 
ungefähr 0,80% beträgt, der des Eiweißes 7—9%, können wir somit den Salzgehalt des 
Serums praktisch vernachlässigen. 

Gegen den Einwand, daß die Verhältnisse am Serum eine refraktometrische Auswertung 
deshalb nicht zulassen, weil der refraktometrische Wert nur eine additive Funktion darstellt, 
solange es sich um echte Mischungen handelt, ist zu bemerken, daß die Versuche von 
E. Reiss 118 ), Herlitz ka 110 ), Robertsoh n 180 ) u. a. ergeben haben, daß bei Veränderungen des 
Kochsalzgehaltes der Eiweißlösung eine echte Mischung und keine Reaktionen vor sich gehen, 
die einen wesentlichen spezifischen Einfluß auf den Brechungskoeffizienten ausüben würden. 

Unter Berücksichtigung aller dieser Faktoren wurde nun von E. Reiss folgende Tabelle 
zur Berechnung des Eiweißprozentgehaltes aus dem Brechungsexponenten ausgearbeitet. 

Tabelle 


zur direkten Umrechnung der Skalenteile des Eintauchrefraktometers bei 17, 5° C in Eiweiß - 

Prozente. 


Brechungsindloes zu 
nebenstehenden Skalen¬ 
teilen 

Blutserum 

n d für destilliertes Wasser . 

n d für die Nichteiweißkörper. 

nx> für 1 % Eiweiß. 

. 1,83320 

Skalentelle 

Eiweiß in % 

Differenz von Eiweiß für 

1 Skalenteil 

1,33869 

30 

1,74 

0,220 

1,34086 

35 

2,84 

0,220 

1,34275 

40 

3,94 

-0,218 

1,34463 

45 

5,03 

0,218 

1,34650 

' 50 

6,12 

0,216 

1,34836 

55 

7,20 

0,216 

1,35021 

00 

8,28 

0,214 

1,35205 

05 

9,35 

0,212 

1,35388 

70 

10,41 



















Schwankungen des Serumeiweißge halte«. 


23 


2. Normaler Serumeiweißgehalt* 

Der Eiweißgehalt des menschlichen Blutserums schwankt auch unter nor¬ 
malen Verhältnissen zwischen den Werten von 7,0% und 9,1%, beim Säugling 
bis zum 5. Lebensjahre zwischen 5,0% und 0,0%. Unter normalen Verhältnissen 
treten bei ein und demselben Individuum auch Änderungen im Eiweißgehalt ein, 
doch sind dieselben, sofern sie durch die Nahrung bedingt sind, gering. Auch 
die Flüssigkeitszufuhr und Salzzufuhr per os spielen nur eine untergeordnete 
Bolle. Bei Muskelarbeit tritt eine Erhöhung des Brechungskoeffizienten ein, 
die wohl durch die Wasserabgabe an den arbeitenden Muskel, Blutdrucksteigerung 
und Transpiration zu erklären ist und den Eiweißgehalt des Blutserums oft 
um 1 / % bis zu 1% zu ändern imstande ist. Ich habe daher meine Bestimmungen 
zum größten Teil im nüchternen Zustande und bei ausgeschalteter Muskelarbeit 
ausgeführt. 

Die bisherigen Untersuchungen über der Serumeiweißgehalt ergeben, daß 
der Eiweißgehalt des gesunden Menschen ca. 7—9% beträgt [Reiss 118 ), de 
Crinis 121 )] und verhältnismäßig nur geringen Schwankungen unterworfen ist. 

Vor allem ruft die körperliche Arbeit eine Änderung des Serumeiweißgehaltes 
vorher, insofern, als bei Muskelarbeit der Eiweißgehalt im Serum ansteigt, um 
dann nach Aussetzen der Muskeltätigkeit sogleich wieder abzusinken. Böh¬ 
me 122 ) und Schwenker 122 ), welche dieses beobachteten, führten diese Eiwei߬ 
vermehrung des Serums (Bluteindickung) auf den gesteigerten Blutdruck zurück. 

Nur geringen Einfluß auf den Serumeiweißgehalt nimmt bemerkenswerter¬ 
weise die Zufuhr von Wasser per os, die unwesentliche Erniedrigung des Eiwei߬ 
gehaltes zur Folge hat. Salze (vor allem Kochsalz) per os dem Organismus 
beigebracht ändern wohl die Eiweißkonzentration dadurch, daß sie zur Wasser¬ 
anreicherung im Blut (Hydrämie) führen, dooh ist diese Wirkung des Kooh- 
salzes nur eine vorübergehende, die durch die Nierentätigkeit bald ausgeglichen 
wird. 

Zu erwähnen sei noch das Verhalten des Eiweißgehaltes im Serum nach 
Aderlaß. Hier kommt es nach dem Aderlaß zur Abnahme des Eiweißgehaltes, 
die so zu erklären ist, daß der Flüssigkeitsstrom aus den Geweben, welcher nach 
einem Aderlaß sich in die Blutbahn ergießt, den entstandenen Wasserverlust 
überkompensiert [Reiss 118 )]. 

Die Veränderungen des Serumeiweißgehaltes während des Schlafes, in wel¬ 
chem es zu einem Absinken des Eiweißgehaltes kommt, auf welche Verfasser 
zuerst hinwies, sind wohl auf die Ruhigstellung des Körpers und Blutdruck¬ 
veränderungen zurückzuführen und werde ich auf dieses eigenartige Verhalten 
des Eiweißgehaltes und seine Abhängigkeit besonders vom Blutdrucke später 
noch eingehend zu sprechen kommen. 

Will man daher den Serumeiweißgehalt eines gesunden Individuums zum 
Vergleiche mit anderen heranziehen, so müssen alle die bisher erwähnten Ver¬ 
änderungen des physiologischen Zustandes, wie Bewegung, Resorption usw. 
berücksichtigt werden. 

Außer diesen temporären Schwankungen des Serumeiweißgehaltes bei physio¬ 
logischen Veränderungen konnte der Verfasser durch eine Reihe von Unter¬ 
suchungen auch eine Veränderung des Serumeiweißgehaltes in der Schwanger¬ 
schaft feststellen. Hier läßt sich beobachten, daß der Eiweißgehalt des Serums 



24 


Eigene Untersuchungen. 


durch die Gravidität herabsinkt und sich nicht nur an der unteren Grenze der 
physiologischen Werte bewegt, sondern auch häufig diese untere Grenze über¬ 
schreitet. 

Schwankt der Gehalt des Serumeiweißes schon am gesunden Organismus 
unter dem Einflüsse physiologischer Vorgänge, so ist zu erwarten, daß beim 
Vorherrschen pathologischer Verhältnisse der Eiweißgehalt ebenfalls weit¬ 
gehende Änderungen aufweist. 

Es ist das Verdienst von Re iss, den Verlauf des Eiweißwertes im Serum 
am kranken Organismus, vor allem bei Stoffwechselstörungen unter gleich¬ 
zeitigem Vergleich mit der Gewichtskurve studiert zu haben. Die Gesetzmäßig¬ 
keit des Verlaufes der Serumeiweißkurve in Abhängigkeit von der Gewichts - 
kurve hat uns zum ersten Male die gegenseitigen Beziehungen von Eiweißgehalt 
des Serums und Körpergewicht ersichtlich gemacht. 

Aber nicht nur Änderungen im Körperhaushalt, sondern auch Störungen 
in der Zirkulation geben sich in Schwankungen des Serumeiweißgehaltes kund. 

Reiss 118 ), Strauss 124 ), Widal, Benard und Vaucher 125 ) studierten 
vor allem die Störungen bei Herzinsuffizienz und fanden, daß der Serum¬ 
ei weißgehalt bei völliger Kompensation sich innerhalb normaler Werte bewegt, 
während er bei Dekompensation sofort abnimmt und dadurch eine Hydrämie 
bzw. Wasserretention anzeigt. 

Auch bei Insuffizienz der Niere sinkt der Eiweißgehalt im Serum ab 
und zeigt eine Hydrämie an. 

Von mir 121 ) wurden ferner eine Reihe von psychopathologischer Zu¬ 
stände untersucht, wobei es sich herausstellte, daß bei Krankheitszuständen 
mit motorischer Unruhe, unabhängig von der zugrunde liegenden Gehimkrank- 
heit, der Eiweißgehalt des Serums hohe Werte zeigt, die sich wohl aus der mit 
motorischer Hyperfunktion einhergehenden vermehrten bzw. gesteigerten kör¬ 
perlichen Arbeit ergeben. 

Geht im psychopathologischen Symptomenkomplex, gleichgültig welche 
organische Erkrankung des Gehirns vorliegt, die motorische Unruhe zurück, 
so sinkt damit der Eiweißgehalt im Serum ab. 

Aber auch eine Gruppe von psychopathologischen Zuständen (der melan¬ 
cholische Symptomenkomplex), welche durch eine motorische Hypofunktion 
charakterisiert ist, zeigt regelmäßig eine Vermehrung des Serumeiweißgehaltes. 
Verfasser konnte zeigen, daß nicht nur bei der genuinen Melancholie, sondern 
auch beim melancholischen Symptomenkomplex auf Basis verschiedener orga¬ 
nischer Erkrankungen des Gehirns der Serumeiweißwert an und meistens über 
die oberste Grenze der normalen Werte gedrängt wird. Mit dem Abklingen des 
melancholischen Symptomenkomplexes, kehrt auch der normale Eiweißwert 
zurück. 

Eine Sonderstellung nahmen jene Fälle mit melancholischem Symptomen¬ 
komplex, bei denen gleichzeitig eine Kachexie vorlag, dadurch ein, daß sie 
im Gegensatz zu den früheren Befunden der Eiweißerhöhung im Serum eine 
Eiweißerniedrigung zeigten. Befunde, welche mit den Ergebnissen der 
Untersuchungen von Reiss 118 ), Tuffier und Mantö 125 ) bei chronischen 
Kachexien (Karzinom, Lungentuberkulose, perniziöse Anämie) überein¬ 
stimmen. 



Schwankungen des Serumeiweißgehaltes. 


25 


3. Serumeiweißgehalt bei Epilepsie* 

War durch diese Untersuchungen die Reihe der psychopathologischen Sym- 
ptomenkomplexe hinsichtlich ihres Serumeiweißgehaltes untersucht, so er¬ 
übrigte noch das von mir bereits damals angekündete Studium des Serumeiwei߬ 
gehaltes beim epileptischen Symptomenkomplex. 

War doch anzunehmen, daß die pathologischen Vorgänge im Stoffwechsel 
und Blutdruck bei Epilepsie sich auch im Verhalten des Serumeiweißgehaltes 
wiederspiegeln würden. 

Die Untersuchungen am epileptischen Symptomenkomplex wurden so an¬ 
gestellt, daß die Blutentnahme, soweit es möglich war, unter möglichst gleichen 
Bedingungen vorgenommen wurden, da nur dann ein Vergleich der gefundenen 
Werte zueinander einen Einblick in die pathologische Veränderung des Eiwei߬ 
gehaltes gewährte. 

Zu diesem Zwecke wurden die Blutuntersuchungen am Morgen in nüchter¬ 
nem Zustand der Patienten ausgeführt. 

Da aber beim epileptischen Symptomenkomplex auch die Verhältnisse im 
und nach dem Anfall von größtem Interesse sein mußten, wurden die Blutent¬ 
nahmen nicht nur am Morgen, sondern entsprechend den Anfällen auch während 
des Tages ausgeführt. 

Die Schwankungen des Eiweißgehaltes im Serum sind bei Epilepsie so groß, 
daß die Fehler, welche durch Verdauung, Bewegung u. a. hervorgerufen werden, 
füglich imberücksichtigt bleiben können. 

4* Ergebnisse beim epileptischen Anfall* 

Zu der nachfolgenden Zusammenstellung habe ich die Eiweißwerte nach 
Zeit und Anfall geordnet. Es soll jeder einzelne Fall für sich zusammengefaßt 
und N kurvenmäßig dargestellt werden. 


Fall 1. (R.) 


Tabelle 1. 


Datum der 
Blutentnahme 

Eiweißgehalt 
in % 

Decunus morbi 

17. VI. 

8,32 


22. VI. 

8,78 


24. VI. 

9,08 

25. VI. Anfall 

26. VI. 

8,04 


5. VII. 

8,12 


14. VII. 

8,32 

20. VII. leichten Anfall 

22. VII. 

! 8,12 


26. VII. 

8,09 


10. VIII. 

8,57 

11. VIII. Anfall 

i4. vm. 

8,32 

• 

3i. vm. 

8,04 


a ix. 

8,56 



! 


I 4. IX. Anfall 



26 


Eigene Untersuchungen. 


Juni 


Juti 


Aus Tabelle I ist ersichtlich, daß der Eiweißwert des Serums, fortlaufend 
untersucht, Schwankungen unterworfen ist, die sich zwisohen 8,04% und 9,08% 

bewegen. 

Vor den Anfällen 
kommt es regelmäßig zu 
einemAnstieg des Eiweiß - 
wertes, nachher immer zu 
einem Abfall, der bis 1% 
beiragen kann . 

Aus der kurvenmäßi- 
genDarstellung kann man 
im Vergleich mit der Ta¬ 
belle feststellen, daß im 


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Kurve 3. (Fall 1). 


allgemeinen vor dem Anfall die Eiweißwerte ansteigen, nach dem Anfall jäh 
absinken und noch für einige Zeit tief bleiben . 


Fall 2. (St.) 
Tabelle II. 


Datum der 
Untersuchung 

Eiweißgehalt 
in % 

Deoursus morbi 

10. VII. 


leichter Anfall 

11. VII. 

8,07 


14. VII. 

8,76 

14. VH. 2 Stunden nach der Blut- 



entnähme Anfall 

18. VII. 

7,76 


22 . vn. 

8,31 


26 . vn. 

8,15 


. 31. VII. 

8,75 

i 

3. vni. 

8,60 | 


7. vni. 

8,80 

7. Vin. 4 Stunden nach der Blut¬ 



entnahme Anfall. 

io. vni. 

8,40 



10 

% 


Die Tabelle II zeigt uns im wesentlichen das gleiche wie Tabelle I. 
Zu diesem Falle ergab sich die Gelegenheit, den Eiweißwert kurz (2 Std.) 

vor dem Anfall zu ermitteln, so daß der 
Verlauf der Kurve, die im Fall 1 unmittel¬ 
bar vor dem Anfall nicht verfolgt werden 
kann, hier genauer ersichtlich ist. 

Wir entnehmen der Kurvendarstellung , 
daß der Eiweißwert vor dem Anfall seinen 
Höhepunkt erreicht und mit dem Anfall ab¬ 
sinkt . 

In der Zwischenzeit steigt er allmählich 
mit geringen Rückschwankungen an, um 
seinen Höhepunkt wieder vor dem Anfalle 
zu erreichen. 


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Kurve 4. (Fall 2.) 









Schwankungen des Serumciweißgehaltes. 


27 


Fall 3. (W.) 

Tabelle III. 


Datum der 
Untersuchung 

Kiwe&gehalt 
in % 

Decursua morbi 

6. VII. 

8,15 


11. VII. 

7,99 


n. vn. 

7,99 


18. vn. 

8,88 

Anfall y 4 Stunde vor der Blutentnahme 

22. VII. 

8,20 


26. VII. 

8,82 


31. VII. 

8,60 


3. VIII. 

8,70 


5. VIII. 


j Anfallsserie von 5 Anfällen 

7. VIII. 

8,38 

I 

10. VIII. 

8,30 

i 

j 

14. VIII. 

8,28 | 

l 


Auch Fall 3 läßt dieselben Verhältnisse am Eiweißgehalt des Serums er 
kennen« 

Bemerkenswert ist in diesem Falle , 
daß es hier zu einem Anstieg und Abfall 
des Eiweißgehaltes kommt, ohne daß ein 
Anfall sich einstellt, wie dies aus der Kurve 
am 26. VII . ersichtlich ist. 

Acht Tage später finden wir einen 
Anfall bei ansteigender Kurve, jedoch 
etwas niedriger als die Werte der 
Kurve, die früher erhoben wurden. 



Fall 4. (Ph.) 

Tabelle IV. 


Datum der 
Untersuchung 

Elwetßgehalt 

ln % 

j Decursus morbi 

12. XI. 


i 

i 2 Anfälle 

13. XI. 

8,28 


16. XL 

8,60 


17. XI. 


leichter Anfall 

18. XI. 

8,40 


24. XI. 

7,83 . 


19. XII. 

8,57 


20. XII. 


7 Anfälle am Morgen 

20. xn. 

8,49 

6 Stunden nach den Anfällen untersuoht 

2i. xn. 

8,32 


22. xn. 

8,48 


24 . xn. 


morgens 2 Anfälle 

24 . xn. 

6,87 

3 Stunden nach den Anfällen untersuoht 




•28 


Eigene Untersuchungen. 



Aus der Zusammenstellung des 
Falles 4 ergeben sich dieselben 
Verhältnisse im Serumeiweißgehalt 
wie in den früheren Fällen. In 
diesem Falle wurden die Serum¬ 
untersuchungen nach den An¬ 
fällen besonders berücksichtigt 
und es zeigte sich, daß der Ei - 
weißgehadt nach den Anfällen, und 
zwar schon nach kurzer Zeit, stark 
absinkt . 


Fall 5. (H.) 

Tabelle V. 


Datum der 
Untersuchung 

Eiweißgehalt 
in % 

Decursus morbi 

17. I. 


Anfall 

21. I. 

9,50 


22. I. 

8,91 


23. I. 

8,82 


20. I. 

9,77 

r 

29. I. 

10,02 

Anfall 

31. I. 

9,88 


3. II. 

8,82 


5. II. 

8,49 


9. II. 

10,02 


13. II. 

9,14 


15. IL 

8,39 


15. II. 

9,40 

1 Stunde später Anfall, gleich nach dem 
Anfalle Blutentnahme 

10. II. 

8,34 


18. IL 

8,49 


19. II. 

9,35 


20. II. 

• 

4 kurze Anfälle 

20. 11. 

8,00 

1 Stunde nach dem Anfalle 

3. III. 

8,39 


18. HI. 

8,28 


20. III. 

9,88 

Blutentnahme im Anfälle 

20. III. 

9,35 

1 Stunde nach dem Anfalle 

21. III. 

10,20 

2 Anfälle 

24. III. 

8,28 




Kurve 7. (Fall 5.) 





29 


Schwankungen des Serumeiweißgehaltes. 

Fall 5, der in Intervallen von 
2—3 Wochen Anfälle bekam und 
regelmäßig untersucht wurde und 
zwar so, daß auch das Blut häufig 
vor dem Anfall und einmal sogar 
im Anfalle untersucht werden 
konnte, zeigt nicht nur die großen 
Schwankungen des Eiweißgehaltes 
von 8,28%—10,62% (fast 2%%), 
sondern auch im allgemeinen ab¬ 
norm hohen JEiu>eißgehalt. Auch 
hier finden wir , wie im Fall 3 , 
einen Anstieg der Eiweißkurve bis auf 10,62% — einen selten hohen Eiweißgehalt 
— ohne daß ein Anfall oder ein Äquivalent beobachtet werden konnte. 



Fall 6. (P.) 
"Tabelle VI. 


Datum der 
Untersuchung 

Eiweißgehalt 
in % 

Decursus morbi 

3. III. 

9,24 

Anfall 8 Stunden nach Blutentnahme 

4. III. 

7,78 


5. III. 

9,14 

Blutentnahme 1 / t Stunde nach dem Anfalle 

8. III. 

9,24 

8 . m. 

8,49 

Blutentnahme im Anfalle 

10. III. 

9,67 

Blutentnahme im Anfalle 

18. III. 

8,06 

Blutentnahme 2 Stunden nach dem Anfalle 


Im Fall 6 gelang es uns, die Blutentnahme einigemal im Anfalle selbst aus¬ 
zuführen. 

Die Eiweißwerte im Anfälle sind elwas verschieden voneinander, zeigen jedoch , 
daß die Eiweißkurve im Anfalle bereits im Absinken begriffen ist. Der hohe Wert 
des Eiweißgehaltes am 10. III. im Anfall läßt vermuten, daß der Eiweißgehalt 
vor dem Anfalle, der leider nicht bestimmt werden konnte, abnorm hoch war. 


Fall 7. (F.) 
Tabelle VII. 


Datum der 
Untersuchung ; 

i 

Eiweißgehalt 
ln % 

Decursus morbi 

5. III. 

10,10 

8 Uhr morgens 

5. III. 

9,99 

11 Uhr a. m. 

5. III. 

9,03 

Blutentnahme 1 Stunde nach dem Anfalle 

8. III. 

8,83 

* 

11. III. 

9,46 

Anfall . 

15. III. 

8,20 


20. III. 

10,20 


27. III. 

10,41 

Anfall 

28. III. 

9,56 

i 

30. III. 

8,92 





.30 


Eigene Untersuchungen. 


Ja a n 15. 20. Z7.2& sa Fall 7 ist deshalb interessant , weil 

die hohen Eiweißwerte des Serums 
am 5. III. morgens einen Anfall 
erwarten ließen und deshalb mittags 
nachgeprüft wurden. Tatsächlich stellte 
sich kurze Zeit danach (iy 2 St.) ein 
Anfall ein. Eine Stunde später war 
der Eiweißgehalt bereits auf 9,03 
abgesunken. 

Handelte es sich bisher nur um 
Fälle von genuiner Epilepsie, so sei zum Schlüsse ein Fall von Jakson- 
Epilepsie, der zur Untersuchung kam, angeführt. 


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Kurve 9. (Fall 7.) 


Fall 8. (H.) 
Tabelle VHI. 


Datum der 
Untersuchung | 

Eiweißgehalt 
in % | 

Decursus morbi 

17. I. | 

9,98 


18. I. 

10,35 


20. L 

10,62 

Kopfschmerz, Schlaflosigkeit, 

22. L 


Anfall 

22. I. 

8,28 

4 Stunden nach dem Anfalle 

28.1. 

8,91 

l 


Fall 8 lehrt , daß im Verhalten des Serum-Eiweißgehaltes bei Jakson-Epilepsie 
dieselben Verhältnisse vorherrschen wie bei genuiner. Also Anstieg bis zu abnorm 
Januar hohem Eiweißgehalt und Absinken um mehr als 2% nach dem 

Anfalle. Auffallend ist auch hier , daß der Eiweißgehalt sich 
nicht nur an der obersten Grenze der normalen Werte bewegt 
(7—9%), sondern dieselben um ein Beträchtliches überschreitet. 



Vorläufige Zusammenfassung. 

Fassen wir nun die Ergebnisse der bisherigen Befunde 
der 8 Fälle (7 genuine, 1 Jakson) von Epilepsie zusammen, 
so ist folgendes festzustellen. 

Bei Epilepsie kommt es zu weitgehenden Schwankungen 
des Serumeiweißgehaltes, wie solche Schwankungen unter normalen Verhältnissen 
nicht gefunden werden. Da bei den Patienten körperliche Arbeit und Bewegung 
vermieden wurde und auch die Fehler der Verdauung möglichst ausgeschaltet waren 
(Entnahme am Morgen in nüchternem Zustand), so können wir diese Veränderungen 
im Serumeiweißgehalt auf pathologische Vorgänge bei Epilepsie beziehen. 

Der Eiweißgehalt des Serums steigt vor dem Anfalle oft sehr rasch an, um unmittel¬ 
bar vor dem Anfalle sein Maximum zu erreichen. 

Nach dem Anfall sinkt der Eiweißgehalt rapid ab. 

Bei Epilepsie läßt sich im Serum häufig ein Anstieg des Eiweißgehaltes bis zu 
abnorm hohen Werten beobachten , ohne daß jedoch ein Anfall beobachtet werden 
konnte. 





Schwankungen des Serumeiweißgehaltes. 


.31 


Nicht jeder Anstieg des Serumeiweißgehaltes führt beim genuinen Epileptiker 
zum Anfall . Es konnte in einzelnen Fällen ein Anstieg der Eiweißkwrve festgestellt 
werden , ohne daß ein Anfall beobachtet wurde . 

5. Bestehung des Serumeiweißgehaltes zum Blutdruck. 

Durch diese Untersuchungsreihe waren somit die Schwankungen des Serum¬ 
eiweißgehaltes bei Epilepsie verfolgt und ihre Beziehungen zum Anfall fest¬ 
gelegt worden. 

Es erübrigt sich nun die Frage, wieso es zu diesen Veränderungen des Serum¬ 
eiweißgehaltes kommt. 

Wie schon oben auseinandergesetzt wurde, zeigt der Eiweißgehalt auch unter 
normalen Verhältnissen Schwankungen, so bei körperlicher Arbeit und in geringem 
Maße auch bei Ernährungsänderungen. Nun waren alle diese Möglichkeiten 
bei den zur Untersuchung kommenden Patienten ziemlich ausgeschaltet, dadurch, 
daß das Blut unter den gleichen äußeren Bedingungen entnommen wurde. Die 
oft rasch einsetzenden Schwankungen des Serumeiweißgehaltes bei Epilepsie 
müßten daher in anderen Vorgängen im Organismus ihre Begründung haben. 

Wie auch oben schon angedeutet wurde, kommt es durch Erkrankung ein¬ 
zelner Organe zu Änderungen des Serumeiweißgehaltes wie vor allem durch Herz¬ 
erkrankungen (Dekompensationsstörung) und Nierenschädigungen. fe >• 

Abgesehen davon, daß diese Erkrankungen zu einer anhaltenden und 
konstanten Veränderung des Serumeiweißgehaltes (Herabsetzung) führen, die 
mit der Erkrankung auftreten und erst mit derselben verschwinden, waren 
auch unsere Patienten vor den Untersuchungen auf die Gesundheit von Herz 
und Niere geprüft worden. Daher waren diese beiden Organe für die verhält¬ 
nismäßig rasch auftretenden Schwankungen des Serumeiweißgehaltes nicht ver¬ 
antwortlich zu machen. 

Mehr Aussicht bot der Vergleich der Schwankungen des Serumeiweißgehaltes 
bei Epilepsie mit den Schwankungen wahrend de« Schlafes. Wie schon oben 
erwähnt worden ist, fällt während des Schlafes der Serumeiweißgehalt stark 
ab, was aus den Versuchen, die der Verfasser in einer anderen Arbeit 1 ) anstellte, 
nicht auf die körperliche Ruhestellung allein zurückzuführen ist. 

Es kommt im Schlaf vor allem das Absinken des Blutdruckes 
in Betracht. 

Auf diesen Parallelismus zwischen Blutdruck und Serumeiweißgehalt im 
Schlaf hat Verfasser schon in der oben erwähnten Arbeit hingewiesen. 

Dem Verfasser war es ferner gelungen, bei psychopathologischen Verände¬ 
rungen konstant eine Erhöhung des Serumeiweißgehaltes zu finden, obwohl diese 
Gruppe durch motorische Hypofunktion charakterisiert ist, nämlich beim me¬ 
lancholischen Symptomenkomplex, unabhängig von der zugrundeliegenden Gehim- 
brankheit. 

Diese Erhöhung des Serumeiweißgehaltes beim melancholischen Symptomen¬ 
komplex steht in Übereinstimmung mit der von Smyth und Vorster schon 
vor Jahren gefundenen Erhöhung des spezifischen Gewichtes des Serums bei 
Melancholikern. 

Vergleichen wir nun die Verhältnisse des Blutdruckes bei Melancholie, so 
finden wir, wie dies schon Cramer m ) feststellte, eine Blutdrucksteigerung. 



32 


Eigene Untersuchungen. 


^ *** Es läßt sich m. E. daher 

auch bei Melancholie die Er¬ 
höhung des Serumeiweißge¬ 
haltes auf den gesteigerten 
Blutdruck beziehen. 

War aus dem bisher Erwäh¬ 
nten die Beziehung zwischen 
Blutdruck und Serumeiweißgehalt 
festgestellt, so konnte dieselbe 
durch pharmakologische Einwir¬ 
kung blutdrucksteigender Mittel 
vollends bewiesen werden. 

Verfasser stellte die Versuche 
an, indem er Blutdruck bestimmte 
und gleichzeitig den Eiweißgehalt 
des Serums untersuchte. Dann wurde der Blutdruck durch Adrenalin (Tonogen) 
erhöht und der Eiweißgehalt des Serums bestimmt. Die Untersuchungen wurden 
an mir selbst und an einer Patientin, die aus therapeutischen Gründen Adrenalin 
bekam* ausgeführt. 

Nachstehend die Ergebnisse und die kurvenmäßige Darstellung. 



Tabelle I. (C.) (Kurve 11.) 


Datum 

Eiweißgebalt 

Blutdruck 


26. III. 

9 h 25 

8,70] 

185 

0,75 ccm Adrenalin 

9* 45 

9,14 

220 


ll h 30 

8,28 

160 



Tabelle II. (T.) (Kurve 12.) 


Datum 

Eiweißgehalt 

Blutdruck 


18. III. 

8^ 

l 

8,71 

175 


8 h 30 

8,92 

210 

J 0,5 com Adrenalin 

llh 

8,60 

150 



Tabelle 113. (T.) (Kurve 13.) 


Datum 

Eiweißgehalt 

Blutdruck 

i 

i 

l 

5. m. 




10 h 45 a. m. 

9,05 

175 

0,75 ccm Adrenalin 

10h 50 


245 


llh 

| 9,35 

255 


llh 30 

! 9,03 

165 

i 


Aus der Zusammenstellung ist zu ersehen, daß der Eiweißgehalt 
mit dem Blutdruck schon nach einer halben Stunde ansteigt und 
i n den Fällen, welche auch Stunden s päter, nachdem die Blutdruck- 





Schwankungen des Semmeiweißgehaltes. 


33 


Steigerung verschwunden war, untersucht wurden, mit dem Blut¬ 
druck meist absinkt. 

Das Parallelgehen von Blutdruck und Blutkonzentration ist von 
anderer Seite durch zahlreiche Experimente erwiesen worden, ohne daß jedoch 
der Serumeiweißgehalt berücksichtigt worden wäre (vgl. 

Grawitz klin. Path. d. Blutes 1902). Man fand überein¬ 
stimmend Vermehrung der Zahl der roten Blutkörperchen 

und des Hämoglobin¬ 
gehaltes »Vermehrung 
des spezifischen Ge¬ 
wichtes und der 
Trockensubstanz des 
Blutes bei Blut- 
d r ucks teiger ung, 

Verminderung 
aller früher aufge¬ 
zählten Größen bei 
Drucksenkung. 

W. Erb 117 ) jun 


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Kurve 12. 


160 
9 150 


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Kurve 13. 


hat in jüngerer Zeit die Änderung der Blutkonzentration durch Blutdruck- 
Steigerung (Adrenalin) experimentell genauer studiert und kam zu folgenden 
Bes ultaten: „Bei Schwankungen des Blutdruckes ist eine Änderung der 
Blutkonzentration — eine Zunahme bei Steigerung, eine Abnahme bei Sen¬ 
kung des Druckes —- im arteriellen und venösen System nachweisbar. 

Bei der Drucksteigerung durch Suprarenim nimmt die Trockensubstanz des 
Blutes rapid zu, sinkt aber bei der darauffolgenden spontanen Druckemiedrigung 
nur sehr langsam ab.“ 

Im nachfolgenden gebe ich die Kurven Erbs wieder, die sich aus dem Stu¬ 
dium der Blutdrucksteigerung durch Adrenalin und des Trockensubstanzgehaltes 
des Blutes ergibt. ^ 

Wir sehen, daß die Kurve Erbs | 
mit unseren gut übereinstimmt. Obwohl 
wir nur den Serumeiweißgehalt berück- | 
sichtigen, der nur einen Teil des Trocken- <| 
rüokstandes ausmacht. Allerdings ist der 
Anteil des Serumeiweißes am Trocken¬ 
rückstand wohl am größten, wenn wir 
bedenken, daß der Serumeiweißgehalt 
7—9% beträgt, der Trockenrückstand 
des Gesamtblutes aber im ganzen zirka ^ 

20% aus macht. Kurve 14. 

Damit scheint die Abhängigkeit des 
Serumeiweißgehaltes vom Blutdruck 


300 

250 


200 

150 


100 




V 










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den 

0 12 * 

1 U 5 6 7 8 9 1t} 


\Sqpnarerm 


Kurve 14. 


erwiesen und wir können den Serumeiweißgehalt des Blutes als eine 
Punktion (wenn auch nicht alleinige) des Blutdruckes bezeichnen. 

War nun in der Epilepsie das Schwanken des Serumeiweißgehaltes 
aufgefallen, so erübrigte sich in Übereinstimmung mit dem oben Dar- 


Crinls, Humorale Lebens vorglnge. 




34 Eigene Untersuchungen. 

gelegten, diese Schwankungen mit der Blutdruckkurve bei Epilepsie zu ver¬ 
gleichen. 

Was den Blutdruck bei Epilepsie betrifft, so liegt eine umfassende Arbeit 
Be 81 as 128 ) vor,in der derBlutdruck von Epileptikern fortlaufend,untersucht wurde. 

Besta fand zunächst, daß Epileptiker durchschnittlich einen höheren Blut¬ 
druck aufweisen als Gesunde. 

Da eine Beziehung zwischen Blutdruck und Serumei weißgehjdt von uns 
schon festgestellt wurde, erscheint es nicht verwunderlich, daß der Serum¬ 
eiweißgehalt bei Epileptikern übereinstimmend mit 
den von Besta gefundenen Blutdruck werten 
meistens die normalen Werte überschreitet. 

Das Wichtigste an den Ergebnissen Bestas 
ist das gefundene Verhalten der Blutdruckkurve, 
die bei Epileptikern durch längere und kürzere 
Zeiträume hindurch Schwankungen aufw r eist, 
welche sehr hohe Zahlen erreichen können (bis 
zu 50—60 mm Hg), so daß die komplizierte Blut¬ 
druckkurve, in der die physiologischen Schwan¬ 
kungen kaum zur Geltung kommen, sich sehr un¬ 
regelmäßig zeigt. Der Blutdruck kann zum Bei¬ 
spiel entweder in der Nacht während des Schlafes 
höher sein, ab bei Tag während des Wachens, kann 2—3 Tage beträchtliche 
Höhen erreichen, um dann wieder abzufallen. 

Diese Schwankungen sind nach Besta von den Anfällen und jeder krankhaften 
Erscheinung unabhängig, welcher Anschauung ich, wie unten weiter ausgeführt 
werden soll, nicht beistimmen kann. 

In der unten zusammengestellten Tabelle wurde der Blutdruck von Epilep¬ 
tikern und der gleichzeitig erhobene Serumeiweißgehalt einander gegenül>er- 
gesteilt und über den Anfall hinaus verglichen. 

Es muß hier gleich festgestellt werden, daß es Schwierigkeiten bereitete, 
den Serumeiweißgehalt bei einer Patientin im Tage öfter ab einmal zu bestimmen, 
weshalb auch die Blutdruckuntersuchung nur einmal im Tage ausgeführt wurde. 

Der Blutdruck wurde allerdings immer unter den gleichen Bedingungen 
im liegenden Zustand des Patienten am Morgen bestimmt. Wenn uns durch das 
einmalige Messen im Tag auch Schwankungen des Blutdruckes entgangen sind, 
so genügte uns der Blutdruckwert zum Vergleich für die Verhälntisse an anderen 
Tagen und vor dem Anfalle volbtändig. 

Tabelle I. (H.) 

Datum Blutdruck Eiweiß Anmerkung 

3. HI. 100 8,39 

18. m. 100 8,28 

20. HI. 130 9,88 V* Stunde nachher Anfall 

20. HI. 90 9,35 

21. HI. 125 10,20 

24. HI. 100 8,28 

Kurve 15. 


März 



Kurve 15. 


Anfall 




35 


Schwankungen des ßerume'weißgehaltes. 
Tabelle II (F.). 


Datum 

Blutdruck 

Eiweiß I 

% ! 

i 

Anmerkung 

5. III. 

145 

10,10 

Anfälle 

8. III. 

135 

' 8,83 


ii. ra. | 

135 

9,46 

Anfall 

27. in. 

152 i 

10,41 

Anfall 

28 . 111 . 

120 

9,56 



Kurve 16. 

März 


In den Tabellen I und II läßt sich 
verfolgen, wie mit dem Blutdruck auch 
der Eiweißgehalt ansteigt und "ftiit 
diesem auch wieder absinkt. 

Dieser Anstieg des Blutdruckes und des 
SerumeitoeißgehaUes vor dem Anfall und der Ab - 
fall beider Kurven nach dem Anfall ist nicht nur 
für den epileptischen Anfall charakterisiert , son¬ 
dern weist auf die Abhängigkeit des Serumeiweiß 
geholtes vom Blutdrucke hin. 



Kurve 16. 


6. Zusammenfassung. 

(Zu A. Schwankungen des Serumeiweißgehaltes.) 

Wenn wir nun zum Schlüsse nochmals die Ergebnisse des Studiums des Serum¬ 
ei weißgehaltes bei Epilepsie überblicken, so ist zusammenfassend dem Unter¬ 
suchungsmaterial folgendes zu entnehmen: 

I. Bei Epilepsie schwankt der Serumeiweißgehalt nicht nur in 
den normalen Grenzen bedeutend, sondern überschreitet meistens 
die obere Grenze des normalen Wertes. Diese Schwankungen des 
Serumeiweißgehaltes sind nicht durch physiologische Vorgänge 
erklärbar, sondern haben ihre Begründung im pathologischen 
Verhalten des Organismus. 

II. Der Serumeiweißgehalt steigt bei Epilepsie vor dem Anfalle 
an und sinkt nach demselben wieder ab. Ist für den Anfall der An¬ 
stieg des Serumeiweißgehaltes charakteristisch, so ist doch nicht 
jeder Anstieg des Serumeiweißgehaltes von einem Anfalle begleitet. 

DI. Die se Schwankungen des Serumeiweißgehaltes sind hervor¬ 
gerufen durch die Schwankungen des Blutdruckes bei Epilepsie. 

IV. Die Höhe des Serumeiweißgehaltes und seine Schwankungen 
sind durch den Blutdruck und seine Schwankungen bedingt. Die 
Abhängigkeit des Serumeiweißgehaltes vom Blutdruck geht nicht 
nur aus dem Vergleich des Serumeiweißgehaltes mit dem Blutdruck 
am gesunden und kranken Organismus hervor (Schlaf, Melancholie), 
sondern ergibt sich auch aus der experimentellen (pharmakolo¬ 
gischen) Beeinflußbarkeit des Serumeiweißgehaltes durch Blutr 
drucksteigerung. 


3* 





36 


Eigene Untersuchungen. 


V. Bei Epilepsie verläuft daher die Eiweißkurve des Serums 
und der Blutdruok parallel und jeder Anstieg des Blutdruckes 
ist von einem Anstieg des Serumeiweißgehaltes gefolgt. 

B. Über das Verhalten der Blutgerinnung bei Epilepsie. 

1. Allgemeines über Blutgerinnung. 

Die Gerinnung ist ein fermentativer Voigang, der sich nur in Anwesenheit 
bestimmter Körper vollzieht. Das die Gerinnung auslösende Bfcrment (Fibrin¬ 
ferment) ist nicht fertig gebildet im Plasma anwesend, sondern befindet sich 
in einer Vorstufe, welche als Trombogen bezeichnet wird. 

Dieses Trombogen — ein Proferment — muß erst aktiviert werden, um seine 
Wirkung ausüben zu können. Die Aktivierung des Trombogens erfolgt durch 
die Trombokinase (Zytozym), die aus Leukozyten, Blutblättchen, Gewebs- und 
Endothelzellen entsteht. 

Die Aktivierung des Trombogens durch Trombokinase geht nur bei Anwesen¬ 
heit von Kalksalzen vor sich, so daß wir den Gerinnungsvorgang durch das 
folgende Schema ersichtlich machen können. 

Trombogen + Trombokinase -f Kalziumsalz —►* Trombin 
Trombin + Fibrinogen —Fibrin. 

Während das Trombogen ein Ferment ist, ist die das Trombogen aktivierende 
Trombokinase ein Körper, der nach der Untersuchung von Zack 1 * 9 ) Beziehungen 
zu den Lipoiden hat. J. Bordet und Delange 1 * 0 ) gehen auf Grund ihrer 
Untersuchungsergebnisse noch weiter und bezeichnen die Trombokinase oder 
Zytozyme als Lipoide. 

Wir sehen also bei der Gerinnung wie letzten Endes bei allen 
vitalen Vorgängen Beziehungen zuih Lipoidgehalte bzw. zum 
Lipoidstoffwechsel des Organismus. 

Um die Blutgerinnung im allgemeinen und im besonderen zu beurteilen, 
ist es notwendig, die Blutgerinnungszeit zu bestimmen, das ist die Zeit, welche 
verstreicht, bis das aus dem Organismus entnommene Blut durch den oben 
geschilderten Vorgang zur Gerinnung kommt. Diese Gerinnungszeit ist nicht 
nur am gesunden, sondern auch am kranken Organismus Schwankungen unter¬ 
worfen. 

2. Blutgerinnung am gesunden und kranken Organismus. 

Die ersten Untersuchungen über die Schwankungen der Blutgerinnungszeit 
unter physiologischen Verhältnissen stammen von C. H. Vierordt 131 ), der 
feststellen konnte, daß sich die Blutgerinnung beim gesunden Individuum 
wenn auch unwesentlich während des Tages ändert. 

Bürker 18 *) konnte diese Befunde mit der von ihm ausgebauten Methode 
bestätigen und sie insofern vervollständigen, als er nachweisen konnte, daß im 
Laufe eines Tages ziemlich regelmäßig verlaufende Schwankungen der Gerinnungs- 
zeit stattfinden, und zwar ist die Gerinnungszeit am Morgen am höchsten, nimmt 
dann allmählich ab bis 2 Uhr mittags (Hauptmahlzeit), um dann allmählich 
wieder anzusteigen. Von großem Enflusse auf die Gerinnung ist ferner die 
Temperatur. Mit steigender Körpertemperatur verringert sich die Blutgerinnungs- 



Verhalten der Blutgerinnung bei Epilepsie. 


37 


zeit. Bürker konnte aber feststellen, daß die Schwankung in der Blutgerinnungs- ♦ 
zeit auch abgesehen von der Temperatur bestehen bleibt und bezeichnet diese 
Schwankung, die von der Temperatur unabhängig ist, als die physiologische. 

Beim Vergleiche der Blutgerinnungszeit mit verschiedenen Individuen kam 
Bürker 182 ) zum Schluß, daß die Blutgerinnungszeiten bei verschie- 
denengesunden Individuen an verschiedenen Tagen, bei annähernd 
gleicher Temperatur und bei annähernd gleicher Tageszeit unter¬ 
sucht, nahezu gleich sind. 

Die Blutgerinnungszeit wird nicht nur durch physiologische Vorgänge beein¬ 
flußt, sondern kann auch durch pharmakologische Einwirkungen verändert 
werden, was zunächst für therapeutische Zwecke von größter Wichtigkeit ist. 

Es sei hier nur kurz darauf verwiesen, daß schon seit alters her Gelatine als 
blutgerinnungsfördemdes Agens verwendet wurde. In neuerer Zeit gelang es 
Schmerz und Wischo 188 ), den blutgerinnungsfördemden Einfluß von Kalzium¬ 
salzen festzusteilen und therapeutisch anzuwenden. 

Die Blutgerinnung kann aber auch experimentell gehemmt werden. 

Allgemein bekannt ist der gerinnungshemmende Einfluß von Pepton¬ 
injektionen (intravenös) auf Blut und Lymphe, eine Erscheinung, auf die wir 
später noch zurückkommen werden. Die Blutgerinnung wird aber auch durch 
pathologische Vorgänge beeinflußt. Bevor ich darauf eingehe, möchte ich nur * 
kurz noch das Verhalten der Blutgerinnung in der Schwangerschaft erwähnen. 

Ebeler 184 ) fand, daß in der Schwangerschaft die Blutgerinnung in den ersten 
6 Monaten normal bleibe. Vom 7. Monat an verkürzt sich die Gerinnungszeit 
bis zur Geburt und während der Geburt. Im Wochenbett tritt wieder eine 
Verzögerung der Blutgerinnung ein, die bis zum Ende der zweiten Woche anhält, 
um von da an wieder zur Norm zurückzukehren. 

Bei pathologischen Vorgängen am menschlichen Organismus kommt es 
zu weitgehenden Veränderungen der Blutgerinnungsfähigkeit. 

Vor allem sei hier das pathologische Verhalten der Blutgerinnung bei Er¬ 
krankung von Drüsen mit innerer Sekretion erwähnt. 

Bauer 186 ) fand bei Erkrankungen der Schilddrüse, wie Kretinismus 
und Basedow die Blutgerinnung verzögert, ohne daß ein Unterschied zwischen 
Hyper- und Hypothyreoidismus durch die Blutgerinnung feststellbar wäre. 

Daß eine Abhängigkeit zwischen Blutgerinnung und Thyreotoxikosen 
besteht, ergab sich auch daraus, daß in Fällen, bei denen eine Verzögerung 
der Blutgerinnung konstatiert worden war, durch Strumektomie das patho¬ 
logische^ Verhalten der Blutgerinnung sich besserte und sich der Norm wieder 
näherte. 

Ebenso kann eine Beschleunigung der Gerinnung bei Erkrankung der 
Schilddrüse durch Verabreichung von Schilddrüsentabletten erzielt werden. 

Derselbe Autor stellte auch eine Verzögerung der Gerinnung beim Status 
hypoplasticus fest. 

Aber auch bei Störungen anderer Organe mit innerer Sekretion kommt es 
zu Veränderungen der Gerinnungsfähigkeit des Blutes. So bezieht Kanders 186 ) 
die Veränderung der Gerinnung bei Lebererkrankung auf den Ausfall dieses 
Organes und verweist auch auf den Tierversuch, aus dem sich ebenfalls ergibt, 
daß mit Störung der Leberfunktion die Blutgerinnung herabgesetzt wird. Dieser 



38 


Eigene Untersuchungen. 


Befund wird uns nicht überraschen, da es ja als sicheretehend gilt, daß in der 
Leber der Aufbau des Fibrinogens sich vollzieht. 

Die Beschleunigung der Blutgerinnung bei katatonen Zuständen der 
De mentia praecox, welche A. Haupt mann 187 ) fand, ist nach den derzeitigen 
Auffassungen über die Dementia praecox, die als eine Erkrankung mit Dys¬ 
funktion der Keimdrüsen bezeichnet werden kann, ebenfalls mit der Störung 
der inneren Sekretion in Beziehung zu bringen. 

Kurz erwähnt sei ferner die Veränderung der Gerinnungsfähigkeit bei akuten 
und chronischen Infektionskrankheiten. 

Addis 188 ) beobachtete eine Beschleunigung der Blutgerinnung bei Typhus 
und eine Verlangsamung bei Pneumokokkeninfektion, allerdings nur dann, 
wenn die Mikroorganismen im Blut zirkulieren. 

Magnus - Alsleben 189 ) fand die Blutgerinnung bei Lungenschwind¬ 
sucht, und zwar besonders bei Hämoptose der Phtisiker verzögert. 

Zum Schlüsse sei noch die Veränderung der Blutgerinnung bei Eklampsie 
erwähnt, bei der. die Blutgerinnung beschleunigt ist [Engelmann und 
Ebeler 140 )]. 

Bei Epilepsie wurden zuerst von Besta 141 ) Untersuchungen über die Gerinn¬ 
barkeit des Butes angestellt, die zu dem Resultate führten, daß das Koagulie¬ 
rungsvermögen bei Epilepsie in der Mehrzahl der Fälle ein niedriges ist und durch 
die Anfälle nicht beeinflußt werde. Die Veränderung der Gerinnungsfähigkeit 
führt der Autor auf Veränderungen im Stoffweohsel des Epileptikers zurück. 

Perugia 142 ) konnte diese Befunde mit einer anderen Methode bestätigen. 

Aus diesen beiden Arbeiten geht somit hervor, daß bei Epilepsie das Gerin¬ 
nungsvermögen im allgemeinen herabgesetzt ist. 

A. Haupt mann 187 ) fand ebenfalls eine Verzögerung der Blutgerinnung bei 
Epilepsie. Schneider 191 ) hingegen fand keine besondere Abweichung der 
Blutgerinnungszeiten. Fortlaufende Untersuchungen über die Gerinnungs¬ 
fähigkeit des Blutes vor und nach dem Anfalle liegen meines Wissens nicht 
vor; und gerade solche Untersuchungen, welche einen Vergleich gestatten, sind 
für die Beurteilung der Gerinnungszeit des Blutes bei Epilepsie wichtig. 

Die von mir bei Epilepsie erhobenen serologischen Befunde, aus denen sich, 
wie später noch ausführlicher gezeigt werden wird, Beziehungen von serologischen 
Befunden mit stoffwechselchemischen Vorgängen bei Epilepsie ergaben, ver- 
anlaßten mich, die bisherigen Ergebnisse über Blutgerinnung bei Epilepsie 
nachzuprüfen. 

Diese Nachprüfung ergab sich aus der Notwendigkeit, die serolpgischen 
Veränderungen, die ja auch zu der Veränderung im Koagulationsvermögen 
führen, vor und nach dem Anfall genau zu studieren, da Besta in den Schlu߬ 
folgerungen seiner Arbeit aus dem Umstande, daß das Blutgerinnungsvermögen 
vor und nach dem Anfalle unverändert gefunden wurde, den Schluß zog, daß 
deren Blutkomponenten durch die Anfälle nicht verändert werden 
und daher auch die Krämpfe in keine Beziehung zu den Blutveränderungen 
gesetzt werden können. 

Ist ein solcher Schluß im allgemeinen nicht zulässig, so muß außerdem noch 
bemerkt werden, daß die Stoffwechselversuche bei Epilepsie von Allers, Rohde , 
Krainsky u. a. die Veränderung der chemischen Befunde im Serum vor und 




Verhalten der Blutgerinnung bei Epilepsie. 


39 


nach dem Anfall Bicherstellten, auf Grund welcher Befunde eine Abhängigkeit 
der chemischen Blutbefunde zum Anfall deutlich hervorgeht. 

Im übrigen widersprechen die Befunde Bestas denen Turners 148 ), der eine 
Verkürzung der Koagulationszeit beobachtet haben will. 

Soll nun die Frage über das Verhalten der Blutgerinnung annähernd genau 
gelöst werden, so ist es vor allem nötig, eine Methode anzuwenden, die über eine 
solche Genauigkeit verfügt, daß der wissenschaftliche Wert der Resultate ein 
Vergleichen zuläßt. Sind doch jedenfalls die widersprechenden Ergebnisse, die 
bisher vorliegen (Besta, Türner) auf die Unzulänglichkeit der von ihnen 
angewandten Methoden zurückzuführen. 

8. Methode« 

Eine solche Methode zur Bestimmung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes 
scheint die Methode von Bürker 144 ) zu sein, die außer ihrer Einfachheit bei 
genauer Befolgung aller Vorschriften so geringe Fehler liefert, daß dieselben 
vernachlässigt werden können. 

Im nachfolgenden sei sie kurz geschildert. 

In ein rundes Messinggefäß, das durch eine ringsum befestigte Filzplatte vor nicht ge¬ 
wünschter Wärmeabgabe und -zufuhr geschützt ist, taucht ein Kupferkonus, der an einer 
Hartgumxni8cheibe befestigt ist. Diese Hartgummischeibe verschließt das Messinggefäß nach 
oben. Der Kupferkonus ist vorspringend an der Hartgummischei be angebracht, so daß er bei 
einer Füllung des Messinggefäßes mit Wasser in dieses eingetaucht ist, ohne daß jedoch das 
Wasser bis zur Hartgummischeibe, die das Gefäß abschließt, reicht. Der Kupferkonus hat 
auf seiner Fläche nach außen einen quadratischen Ausschnitt, in welchen ein Objektträger 
mit Hohlschliff hineinpaßt. Auf diesen Objektträger kommt nun das zu untersuchende 
Blut. Durch diese Konstruktion ist erreicht, daß der Objektträger durch den guten Wärme¬ 
leiter, das Kupfer, die Temperatur der Flüssigkeit annimmt, welche unterhalb im Messing¬ 
trog den Kupferkonus umgibt. 

Auf diese Weise kann die Temperatur während des Versuchs durch Regulierung der 
Wassertemperatur willkürlich beeinflußt werden. Ein die Hartgummischeibe senkrecht 
durchbohrendes Thermometer gibt die Temperatur der Flüssigkeit im Messinggefäß an. 

Bevor ein Versuch ausgeführt wird, muß nun das Wasser im Messinggefäß genau auf die 
Temperatur gebracht werden, bei welcher die Blutgerinnung ermittelt werden soll, gewöhn¬ 
lich 25° C. Die Temperatur kann duroh einen kleinen, regulierbaren Gasbrenner konstant 
erhalten werden. 

Ist dieses vorbereitet, dann wird der quadratische Objektträger (mit dem Hohlschliff) 
sorgfältig mit Wasser, Äther-Alkohol gereinigt und auf den Ausschnitt des Kupferkonus 
gelegt. Auf den Hohlschliff kommt ein Tropfen destilliertes C0 2 -freies Wasser, der für alle 
Versuche gleichgroß sein soll; man erreicht dies dadurch, daß man immer die gleiche Pipette 
nimmt. Das destillierte CO t -freie Wasser habe ich luftdicht verschlossen aus der Spitals¬ 
apotheke bezogen und mir dadurch die Apparatologie Bürkers zwecks Freihaltung des 
Wassers von CO a erspart. Dann wird dieser Tropfen auf dem Objektträger mit einer kleinen 
Hartgumniisoheibe bedeckt und etwas gewartet, bis der Tropfen Wasser möglichst die Tem¬ 
peratur des im Messinggefäß befindlichen Wassers angenommen hat. 

Jetzt kann der Versuch beginnen, zu welohem Zwecke mittels eines Schneppers einen 
Fingerkuppe, die vorher mit Ätheralkohol ua gereinigt wurde, eingeritzt wird, und der 
dadurch austretende Blutstropfen in den im Hohlschiff des Objektträgers befindlichen, vor¬ 
gewärmten Wassertropfen einfallen gelassen wird. Sofort wird hierauf eine Stoppuhr in Gang 
gebracht. 

Um nun die Temperatur im Versuch auf gleicher Höhe zu erhalten, ist es notwendig, 
das Wasser im Messingtrog gleichmäßig zu durchmischen, was durch Drehen der Hart¬ 
gummiplatte, welche mit dem Kupferkonus dem Gefässe aufgesetzt ist und an der dem Wasser 
zugekehrten Seite Schaufeln besitzt, geschieht. Und zwar wird jede halbe Minute eine Dre¬ 
hung der Scheibe um 90° ausgeführt. 



nach Minuten 


40 


Eigene Untersuchungen. 


jg 2ä 2t SS SV Um aber auch andererseits 

*£“ ------ 1 Fl "Är faß 'l den Blutstropfen mit dem de- 

/ stillierten Wasser entsprechend 

* 7 zu mischen, werden zuerst nach 

__ """"" —— —— —— _ / tAnfafk Beginn des Versuchs mit einem 

6 ^ Al fein ausgezogenen Glasfaden 

_ später _(0,2—0,3 mm dick) 5 Spinalturen 

7 von der Mitte des Blut- und 
_Wassertropfengemisches aus- 

^ gehend bis zur Peripherie aua- 

_ jKi geführt. Nach einer halben ML- 

_ __ nute wird» gleichzeitig mit der 

_ _ - _ 1 I Drehung der Hartgummiplatte 

Kurve 17 um der Spitze des Glas¬ 

fadens etwas entfernt vom Rande 
des Blut- und Wassertropfengemisches ein Halbkreis parallel mit dem Rande an der linken 
Seite gezogen. Nach einer weiteren halben Minute wird die Hartgummischeibe abermals 
um 90° gedreht und sofort nachher mit dem inzwischen wieder gut mit Ätheralkohol ge¬ 
reinigten Glasfaden in der Richtung eines Durchmessers, nach einer weiteren halben Minute 
und weiteren Drehung um 90° ein Halbkreis parallel zum rechten Rande gezogen. Dann 
kommt nach einer halben Minute wieder Drehung um 90°, gleich darauf wird ein Durch¬ 
messer gezogen, hierauf kommt nach Drehung um 90° ein Halbkreis links und so fort, bis 
Marz JJ/rif das erste Fibrinfädchen beobach- 

5. _ S IS nss. 30L 2sfu.si2S tet werden kann; darauf wird 

Anfait ' 1 1 1 r » 1 die Stoppuhr arretiert und die 

^ _._ _ _ Anfall Gerinnungszeit an derselben ab- 

i gelesen. 

.p jfc_^_ A ^ Da die Gerinnung sehr ab- 

\ I \ hängig ist von der Temperatur, 

| g _ l __ \_ { _ \ so ist natürlich auf die Tempe¬ 
ls 1 /\ * / \ / \ ratur das größte Augenmerk zu 

g g \ _ y i/ _l__ t _' lenken. Ich arbeitete immer mit 

" f 1 7 | der Temperatur von 25°, und die 

tj _/_\_ l__\ _Zahlen in der Tabelle gelten nur 

/ j J i für diese Temperatur. 

ß g _j_ V _V__i_ j Will man die Gerinnungszeit 

/ f \ ^ 25° C mit der Zeit bei anderen 

5 \L __/ \ Temperaturen vergleichen, so muß 

_ % $ man die Kurve, die Bürker für 

g 7 » _ 1-111 111 die Gerinnungszeiten bei verschie- 

Kurve 18. denen Temperaturen ausgearbeitet 

hat, benützen. 

In der folgenden Untersuchungsreihe ist daher die Gerinnungszeit nur relativ 
einzuschätzen. 

Was nun die Gerinnungszeit am Gesunden betrifft, so schwankt sie bei 
verschiedenen Individuen zwischen 4—5 Minuten bei 25° nach Bürker gemessen. 
Diese Befunde konnte ich im allgemeinen bestätigen. 


4* Ergebnisse der Untersuchungen der Blutgerinnung bei Epilepsie. 

Im nachfolgenden sind die Ergebnisse der Untersuchungen über Blutgerin¬ 
nung bei Epilepsie nach der Bürkerschen Methode zusammengestellt. Die 
Untersuchungen sind so angestellt worden, daß sie immer zur gleichen Tageszeit 
(morgens 8—9 Uhr) vorgenommen wurden, um dadurch die Schwankungen, 
welche wir oben als physiologische bezeichnet haben, auszuschalten. Erfolgte 
an einem dieser Tage ein Anfall, so wurde auch nach diesen Anfällen untersucht. 







Verhalten der Blutgerinnung bei Epilepsie. 
Fall 5.i) (H. J.) 


41 


Datum der 
Untersuchung 

Gerinnunggleit 
in Minuten 
bei 26° C 

Decursus morbi 

3. III. 

8 1 /, 


18. III. 

8 


20. m. 

10 

4 Stunden nachher Anfall 

20. m. 

8 

7s Stunde nach dem Anfälle untersucht 

2i. in. 

8 

3 Stunden später 2 Anfälle 

21. III. 

5 

1 Stunde nach den Anfällen 

23. III. 

47s 


24. III. 

t 5 



* Kurve 17. 


Überblicken wir die Zusammenstellung und die graphische Darstellung durch 
eine Kurve des Falles 1, so geht hervor, daß bei der Patientin vor dem Anfall 
immer eine Verzögerung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes bis zu 'pathologischen 
Werten zu beobachten ist . 


Fall 7. (F.) 


Datum der 
Untersuchnug 

Gerinnunggleit 
in Minuten 

Decursus morbi 

' Eiweißgehalt 
in % 

5. III. 

5. HI. 

12 

5 Stunden später Anfall 

10,10 

5. III. 

5 

1 / 1 Stunde nach dem Anfalle 

9,03 

8. m. 

7 

8,83 

10. III. 

11. III. 

8 

Anfall 

9,46 

11. III. 

6 

5 Stunden nach dem Anfälle 

9,00 

27. III. 

9 


10,41 

28. m. 

6 


9,56 

30. in. 

30. III. 

8 

2 Stunden später Anfall 

8,92 

30. III. 

5 

7s Stunde nach dem Anfalle 

8,00 

25. IV. 

47s 

9,14 

26. IV. 

57* 


9,35 

27. IV. 

6 


9,90 

28. IV. 


Anfall 

10,41 

28. IV. 

5 

2 Stunden nach dem Anfalle 

Kurve 18. 

8,90 


Der Fall 2 zeigt uns in der Zusammenstellung der Blutgerinnungszeiten vor 
und nach dem Anfalle dasselbe wie Fall 1. Vor dem Anfalle pathologische Werte , 
nach dem Anfalle geht die Verzögerung der Blutgerinnungszeit meist bis zu normalen 
Werten zurück . Vor dem Anfalle finden wir hier am 5. III . einen wohl abnorm 
hohen Wert der Blutgerinnungszeit: 12 Minuten . 

Am 27. III. sehen wir einen Anstieg bis zu dem gewiß hohen Wert 9 Mi n ute n , 
ohne daß ein Anfall folgte, oder auch nur ein klinisches Äquivalent beobachtet 
werden konnte. 


*) Die Numerierung bezieht sich auf die Krankengeschichten auf Seite 18. 






42 


Eigene Untersuchungen. 

Vergleichen wir den Eiweißwert am selben Tage, so ist derselbe ebenfalls 
abnorm hoch, so daß aus diesem ein Anfall erwartet werden könnte. Gerinnungs- 
zeit sowohl als auch der Serumeiweißgehalt sind an diesem Tage wie vor einem 
Anfalle pathologisch verändert. 

Es scheint hier also nur eine epileptische Stoffwechselstörung sich im sero¬ 
logischen Verhalten Luft zu machen (serologisches Äquivalent?). 


Fall 6. (P. M.) 


Datum der 
Untersuchung 

Gerinnungszeit 
in Minuten 

Decursus morbi 

3. III. 

11 

1 8 Stunden später Anfall 

4. IIL 

3 

| 

5. III. 

9 

| 9 Stunden später Anfall 

6. III. 

47s 

10 Stunden nach dem Anfalle 

8. III. 

I 5 

Im £pfall untersucht 

8. III. 

!- 4 

1 Stunde nach dem Anfalle 


Kurve 19. 


Auch Fall 3 lehrt dasselbe wie Fall 1 und 2, nämlich die Verzögerung der 
Blutgerinnung vor dem Anfälle und die Abnahme der Verzögerung nach dem An¬ 
fälle. 

Einmal, am 8. III., gelang es mir i m Anfalle eine Blutgerinnungsbestimmung 
zu machen und es zeigte sich , daß im Anfalle bereits normale Werte zurück¬ 
kehren. 

Fassen wir das Ergebnis dieser 3 Untersuchungsreihen zusammen, so läßt 
sich folgendes feststellen*. 

1. Die Blutgerinnung zeigt bei Epilepsie ein pathologisches Verhalten insofern , 
als im allgemeinen die Blutgerinnung häufig beträchtlich verzögert wird. 

2. Vor Anfällen läßt sich regelmäßig eine Verzögerung der Blutgerinnung 
beobachten , die nach dem Anfalle sofort abnimmt und bis zur Norm zurück - 

v kehren kann. Der Unterschied in der Blutgerinnungszeit vor und nach 
dem Anfalle ist immer in die Augen springend , auch wenn nach dem An¬ 
fälle noch verhältnismäßig hohe Werte bestehen bleiben. 

3. Bei der fortlaufenden Untersuchung der Oerinnungsfähigkeit des Blutes bei 
einem Fall von Epilepsie konnte einmal eine pathologische Verzögerung der 
Blutgerinnung konstatiert werden, ohne daß ein Anfall oder ein klinisches 
Äquivalent eines Anfalles zur Beobachtung gelangt. 

Der Vergleich mit dem Serumeiweißgehalt in diesem Falle lehrt, daß auch 
der Eiweißgehalt so verändert ist , daß ein Anfall zu erwarten gewesen wäre. 
Es scheint in diesem Falle der pathologische Stoffwechselvorgang diese für 
den epileptischen Anfall sonst so charakteristischen Anzeichen hervorgerufen 
zu haben , ohne daß alle übrigen, uns noch unbekannten Bedingungen für den 
Eintritt eines Anfalles oder eines klinischen Äquivalentes gegeben gewesen 
wären; eine Erscheinung, welche man vielleicht als serologisches Äquivalent 
des epileptischen Anfalles bezeichnen könnte. 







Verhalten der Blutgerinnung bei Epilepsie. 


43 

5. Beziehung der Blutgerinnung zum Stoffwechsel. #• 

Ergibt sich nun aus den Vorliegenden Untersuchungen, daß die Blutgerinnung 
bei Epilepsie sich pathologisch verhält, so erübrigt es sich noch, für dieses patho¬ 
logische Verhalten der Blutgerinnung eine Erklärung zu finden. 

Da zur Blutgerinnung Komponenten im Serum notwendig sind, die zum Stoff¬ 
wechsel in immittelbarer Beziehung stehen, vom Organismus durch den Stoff¬ 
wechsel produziert werden, kann auch aus der Störung der Blutgerinnung ge¬ 
schlossen werden, daß im Stoffwechsel des Epileptikers Störungen auftreten. 

Der Stoffwechsel bei Epilepsie ist von verschiedenen Autoren studiert worden 
und es hat sich aus den Arbeiten aller dieser Autoren ergeben, daß der Stoff¬ 
wechsel so wohl in seinen organischen, als auch 
in seinen anorganischen (mineralischen) An¬ 
teilen weitgehende Störungen aufweist. 

Betrachten wir uns zunächst den Ei¬ 
weißstoffwechsel bei Epilepsie, so finden wir 
nach Kauffmann 145 ), daß die Stickstoff¬ 
bilanz — als der Ausdruck des Eiweißstoff¬ 
wechsels bei Epilepsie — folgendes Bild 
liefert: 

In der anfallsfreien Zeit, also im inter¬ 
paroxysmalen Intervall fällt auf, daß Eiranke 
nicht in das Stickstoffgleichgewicht zu bringen 
sind, auch wenn die Stickstoffzufuhr durch 
Diät abnorm erhöht wird. Vor dem Anfalle wird 
regelmäßig eine Retention von Stickstoff be¬ 
obachtet, ohne daß jedoch ein Aufbau von 
Körpereiweiß nachgewiesen werden könnte. 

Entsprechend diesen Befunden Kauff- 
manns kann man im Ham vor dem An¬ 
falle eine Verminderung des Harnstoffes 
[Masoin 146 ), Rivano 147 ), Roncoroni 148 ), 

Teeter 149 ), Vires 150 )] uni der Harnsäure [Krainsky 151 ), Agostini 152 ), 
Ale8si 15S ), Stadelmann 154 )] feststellen. 

Nach dem Anfalle ist der Harnstoff nach den früher genannten Autoren 
vermehrt , ebenso die Harnsäure , welch letzterer Befund auch von Haig 155 ), 
Klein 156 ), Tonnine 157 ), Masoin 51 ) bestätigt wurde. 

Da nim bei Epilepsie vor dem Anfalle Stickstoff reteniert, Eiweiß aber nicht 
aufgebaut wird, andererseits vor dem Anfalle die Endprodukte des Eiweißstoff¬ 
wechsels Harnstoff und Harnsäure, vermindert ausgeschieden werden, kann 
angenommen werden, daß die Produkte des Eiweißstoffwechsels, welche zwischen 
dem hochmolekularen, vom Körper aufzubauenden Eiweiß und den Endpro¬ 
dukten liegen, welche den Organismus verlassen, die sogenannten Eiweißspalt¬ 
produkte retiniert werden. Diese Retention hört nach dem Anfalle sofort auf. 

Es ist also anzunehmen, daß vor dem Anfalle Eiweißspaltpro¬ 
dukte in vermehrtem Maße im Blute der Epileptiker kreisen. 

Aus der Pathologie ist nun bekannt, daß die Blutgerinnung experimentell 
durch intravenöse Einverleibung eines Gemisches von Eiweißspaltprodukten, 







44 


Eigene Untersuchungen. 


wie ee das Pepton darstellt, nicht nur verzögert, sondern praktisch aufgehoben 
werden kann (Peptonvergiftung). 

Haben wir nun früher feststellen können, daß bei Epilepsie vor dem Anfalle 
die N-Retention auf der Anreicherung des Organißmusses mit Eiweißspaltpro¬ 
dukten beruht, so haben wir die Eigenschaft der Veränderung der Blutgerinnung 
beim Epileptiker vor dem Anfalle schon dadurch allein erklärt. 

Bestärkt werden wir in dieser Ansicht noch durch den Vergleich der Blut¬ 
gerinnung beim anaphylaktischen Schock. 

Biedl und Kraus 116 ) konnten als erste beim anaphylaktischen Schock die 
Aufhebung der Blutgerinnung feststellen. Nun wissen wir aus den Untersuchungen 
H. Pfeiffers 11 ®), daß im anaphylaktischen Schock das Serum eine Anreicherung 
von Eiweißbausteinen aufweist, so daß die pathologische Blutgerinnung ohne 
weiteres auf diese Veränderung des Blutes bezogen werden kann. 

Fassen wir also das oben Besprochene zusammen, so ergibt sich, daß 
die Verzögerung der Blutgerinnung vor dem epileptischen An¬ 
falle auf die Veränderung des Blutes d urch Anreicherung mit Eiweiß - 
spaltprodukten zurückzuführen ist. , 

Nach dem Anfalle geht die N-Retention zurück, woraus geschlossen werden 
kann, daß die Eiweißspaltprodukte aus der Blutbahn verschwinden und durch 
den Ham ausgeschieden werden. Der Ham erlangt ja dadurch die von Pfeiffer 
und Albrecht, Loewe u. a. beobachtete Toxizität. Es ist daher nichts anderes 
zu erwarten, als daß die Blutgerinnung durch Beseitigung der gerinnungshem¬ 
menden Eiweißspaltprodukte zur Norm zurückkehrt bzw. beschleunigt wird. 

Wie weit bei der Gerinnungsfähigkeit des Blutes vor und nach dem epilep¬ 
tischen Anfalle auch das Kalzium mitspielt, ist noch nicht spruchreif, da die 
Untersuchungen über den Mineralstoffwechsel bei Epilepsie eine Störung der 
Kalziumbilanz ergab, indem nach dem Anfalle Kalzium vermehrt ausgeschieden 
wird [F4re 169 ), L6pine und Jacquin 1 ® 0 ), Rivano 147 ), Voisin und Oli- 
viero 1 ® 0 ) u. a#]. 

Über den Kalziumgehalt des Blutes vor und nach dem Anfalle ist jedoch 
noch nichts bekannt. 

C. Über den Lipoidgehalt, speziell den Cholesteringehalt im Serum 
bei Epilepsie und seine Bedeutung. 

1. Allgemeines über Lipoide. 

Seit die biologischen Aufgaben der Lipoide erforscht werden und die Bedeu¬ 
tung der Lipoide für alle vitalen Vorgänge im Brennpunkte wissenschaftlicher 
Erkenntnis steht, war man bemüht, den Lipoidstoffwechsel nicht nur unter 
physiologischen, sondern auch unter pathologischen Verhältnissen zu studieren. 

Die Lipoide stellen Körper dar, welche im Zellplasma und in der Zellmembran 
vorhanden sind, und die übrigen Substanzen der Zelle physikalisch-chemisch 
wie mit einer Membran abgrenzen; diese ist halbdurchlässig zu denken und 
durch sie wird die Nahrungsaufnahme der Zelle ermöglicht. Ihre Zerstörung 
hat den Tod der Zelle zur Folge und umgekehrt. 

Aber nicht nur der Transport der Nahrung für die Zelle wird durch die Lipoide 
vermittelt, sondern auch der Auf- und Abbau aller lebenswichtigen organischen 



Uber den Lipoidgehalt im Serum bei Epilepsie. 


45 


Element© wird durch die Lipoide beeinflußt, insofern als durch sie alle fermen¬ 
tativen Vorgänge gehemmt oder gefördert werden. 

Was die Natur der Lipoide betrifft, so seien dieselben zunächst chemisch 
umgrenzt durch die .Definition Ivar Bangs 162 ). 

Lipoide sind solche Verbindungen, welche in den organischen Solventien 
wie Äther, Alkohol, Chloroform und Benzof löslich sind. 

Alles, was man durch solche Lösungsmittel aus Zellen, Organen oder Flüssig¬ 
keiten extrahieren kann, sind Lipoidstoffe, es sei denn, daß die Löslichkeit 
anderer Substanzen in diesen Solventien indirekt durch die Gegenwart gewisser 
chemischer Körper ermöglicht wird. 

Es ist ganz klar, daß diese Definition nicht fordert, daß jeder Lipoidstoff 
in sämtlichen Lösungsmitteln löslich sein muß, und in der Tat kommen auch 
solche Lipoidkörper vor, welche in Benzol, nicht aber in Äther oder Alkohol 
löslich sind. 

Werden die Lipoide auf Grund ihrer Löslichkeit durch die obige Definition 
umgrenzt, so ist natürlich über den chemischen Aufbau dieser Körper nichts 
gesagt, ja, es ist sogar zu erwarten, daß man unter Körpern mit den gleichen 
Löslichkeitsverhältnissen sehr verschiedene Verbindungen finden kann. 

Es ist daher wohl klar, daß die Lipoide in ihrem chemischen Aufbau oft von 
Grund auf verschieden sind und ihrer Konstitution nach ganz verschiedenen 
Gruppen angehören. Über viele, vielleicht die meisten Lipoide fehlen uns noch 
die Kenntnisse über ihren chemischen Aufbau, da die Trennung der einzelnen 
Lipoidkörper voneinander durch die gleichen Löslichkeits Verhältnisse unmöglich ist 
und auch durch die Unbeständigkeit vieler Lipoidkörper die Analyse erschwert wird. 

Die bisher bekannten Lipoide wurden durch Thudiohum in 3 Gruppen 
geteilt, welche gegeneinander scharf charakterisiert sind: 

I. Die phosphor- und stickstoffhaltigen Verbindungen — Phosphatide. 
n. Phosphorfreie — stickstoffhaltige Substanzen — Cerebroside. 

III. Phosphorfreie und stickstoffreie Verbindungen wie Cholesterine, Neutral- 
fett, Fettsäuren u. a. 

Von den Lipoiden aus der ersten Gruppe ist das Lezithin durch seine biolo¬ 
gische Stellung das wichtigste. 

Es soll, wie später noch angeführt werden wird, in einem gewissen Anta¬ 
gonismus zum Cholesterin stehen, indem es auf fermentative Vorgänge einen för¬ 
dernden Einfluß nimmt, während Cholesterin eine Hemmung ausübt. 

Leider ist auch die chemische Konstitution des Lezithins noch nicht ganz 
sicher — man nimmt an, daß es ein glyzerin-phosphorsaures Cholin ist —, da 
es ein äußerst zersetzlicher Körper ist. Ivar Bang bezweifelt überhaupt, daß 
die Reindarstellung des Lezithins gelungen ist. So sind auch quantitative Unter¬ 
suchungen über den Lezithingehalt von Organen, Blut u. a. bisher problematisch 
geblieben. Wir wissen daher über den Lezithinstoffwechsel im Organismus, 
sowie über die Störungen desselben nichts Sicheres. 

Besser studiert ist die dritte Gruppe der Lipoide, welche die Fettsäuren, 
das Neutralfett und das Cholesterin umfaßt. 

Die Fettsäuren kommen teils als Seifen, teils als Verbindungen mit Alko¬ 
holen (Glyzerin, Cholesterin) vor. 



46 


Eigene Untersuchungen. 


2. Cholesterin, chemische Konstitution und Allgemeines. 

Von größter Wichtigkeit und besonderem Interesse von den Lipoidkörpem 
der dritten Gruppe ist das Cholesterin, das im Organismus überall anzutreffen 
ist und durch die Verbindung mit Fettsäuren als Cholesterinfettsäureester für 
den Fettstoffwechsel Bedeutung hat. 

In den letzten Jahren konnte aber auch, wie später noch ausführlich berichtet 
werden wird, der Einflijß des Cholesterins auf fermentative Vorgänge festgestellt 
werden, so daß die biologische Bedeutung des Cholesterins für alle Lebensvorgänge 
der Zelle ins Auge fällt. 

Das Cholesterin ist eine Stickstoff- und phosphorfreie organische Verbindung 
mit einem hydrierten Kohlenstoffring als Kern. 

Während seine Bruttoformel mit C 27 H 46 OH angenommen wird, hat Win¬ 
daus für die Formel folgende Konstitution: 


CH 8 v 

>CH • CH a • CH 2 . C 18 Ho 7 = CH 2 

ch/ 2 /\ 

H 2 C CH* 

\/ 

CHOH 

als wahrscheinlich bezeichnet. 

Diese Formel weist also eine Doppelbindung — eine sekundäre Alkoholgruppe 
— auf, durch welche die Bildung des Säureesters zustande kommt. Die 17 Koh¬ 
lenstoffatome des Zentrums bilden wahrscheinlich ein kompliziertes System 
von Bingen für sich, von denen angenommen wird, daß die-Ringe und deren 
Verbindung Ähnlichkeit mit den im Pflanzenreich so häufig vorkommenden 
Terpenen haben. 

Eine Beziehung mit einer uns bisher bekannten Verbindung im'Tierkörper 
und dem Cholesterin besteht scheinbar nicht, mit Ausnahme der Cholsäure, 
die in ihrer Gruppierung Ähnlichkeit aufweist. Man nimmt für die Cholsäure 
die Konstitutionsformel: 


ch 2 oh n 

CH 2 OH // 


- C 18 H„. • COOH 

/X 


h 2 c ch s 


\/ 

CHOH 


an. 

Goodman 1 ® 3 ) fand auch, daß an und nach Cholsäurefütterung der Chole¬ 
steringehalt der Galle ansteigt. 

Das Cholesterin kristallisiert in Nadeln, die in Alkohol, Äther, Benzol und 
Chloroform löslich sind, unlöslich jedoch im Wasser. Es ist optisch aktiv und hat 
einen Schmelzpunkt von 147 0 C. 

Cholesterinester ist in allen Zellen vorhanden und zwar besonders im Zentral¬ 
nervensystem, in der Galle und im Blut. Während im Blut die roten Blut¬ 
körperchen freies Cholesterin enthalten, findet man im Serum Cholesterin¬ 
fettsäureester. Außerdem findet man Cholesterin in Gallensteinen, in allen 



Über den Lipoidgehalt im Serum bei Epilepsie. 47 

Exsudaten, Blutergüssen und Eiterherden, in atheromatösen Aorten und allen 
Infarkten. 

Adami und Aschoff 164 ) sowie Panzer 166 ) konnten in verfetteten Organen 
eine doppeltbrecbende Substanz nach weisen, die sie als Gholesterinester erkannten. 

Windaus 166 ) fand auch in pathologischen Nieren einen doppeltbrechenden 
Körper und die weitere chemische Untersuchung ergab, daß es sich um Chole¬ 
sterin, gebunden an Palmitinsäure, handelte. 

Kawamura 167 ) hat auf dieser Basis weitergeforscht und mittels Färbemetho¬ 
den und Polarisationsmikroskop Cholesterineater in verfetteten Organen nach¬ 
gewiesen und auf diese Befunde sich stützend, den neuen Begriff der Cholesterin - 
verfettung in die Pathologie eingeführt. 

•Ob der menschliche Organismus imstande ist, sich aus cholesterinfreier 
Nahrung Cholesterin aufzubauen, ist noch sehr fraglich. 

Per os verabreichtes Cholesterin scheint beim Menschen vom Darm aus 
nicht resorbiert werden zu können, zum Unterschied von den Herbivoren wie 
z. B. den Kaninchen, bei denen eine Resorption vom Darmtrpkt sichergestellt ist. 


Da bei Epilepsie und epileptischen Anfällen das Zentralnervensystem 
in schwerste Mitleidenschaft gezogen ist, das Zentralnervensystem aber eine 
Hauptdepotstelle für Lipoide, insbesondere aber für Cholesterin darstellt, ver¬ 
dient der Cholesterinstoffwechsel bei Epilepsie das größte Interesse 

Wie oben schon angedeutet wurde, nimmt das Cholesterin durch sein bio¬ 
logisches Verhalten auch einen Einfluß auf die Fermente und da bei Epilepsie 
im Blute Fermente spezifischen Charakters nachgewiesen wurden, ergab sich die 
Frage, ob mit dem Auftreten von Fermenten im Blute der Epilep¬ 
tiker nicht auch Veränderungen im Cholesteringehalt einhergehen. 
Deshalb unternahm ich es, den Cholesteringehalt des Blutes bei Epilepsie zu 
studieren, um dadurch die bisherigen serologischen Befunde ztf ergänzen. 

Die Zahl der bisher über den Cholesteringehalt bei Epilepsie vorliegenden 
Arbeiten ist sehr dürftig und leiden vor allem an dem Mangel einer exakten und 
. gleichzeitig leicht ausführbaren Methode. 

Flint 168 ) fand im allgemeinen den Cholesteringehalt des Blutes bei Epi¬ 
lepsie vermehrt, was Pighini 169 ) durch quantitative Bestimmungen an Seren 
von Epileptikern, in vielen Fällen von Epilepsie bestätigen konnte, ohne daß 
jedoch eine Beziehung zu den epileptischen Anfällen gefunden werden konnte. 
Es ist also die wichtige Frage offen geblieben: 

Ist der Cholesteringehalt des Epileptikers immer konstant oder 
zeigt er Schwankungen und sind diese Schwankungen in eine Be¬ 
ziehung zu den Anfällen zu bringen? 

8« Methode der Choleeterinbestlmmtmg. 

Um diese Frage zu lösen, galt es, sich einer Methode zu bedienen, welche 
eine genaue quantitative Bestimmung des Cholesterins ermöglicht und, da die 
Bestimmung fortlaufend, an einem Tage mehrmals auszuführen ist, wenig Blut¬ 
mengen erfordert. 



48 


Eigene Untersuchungen. 


Von den exakten Cholesterinbestimmungsmethoden haben heute zwei sich 
einen Vorrang errungen: die Digitoninmethode von Windaus 166 ) und die 
kolorimetrische von Autenrieth und Funk 170 ). 

Das Prinzip der Digitoninmethode nach Windaus beruht darauf, daß freies 
Cholesterin eine schwerlösliche Verbindung mit alkalischem Digitonin eingeht 
und das Digitonincholesterin bildet, während es mit Cholesterinester keine Reak¬ 
tion gibt. Diese Methode dient daher auch zur Trennung des freien Cholesterins 
von Choles terines tem. 

Da jedoch diese Methode verhältnismäßig größere Blutmengen, 50 ccm 
erfordert, zeitraubend ist und außerdem nur in der Hand des chemisch geschulten 
und erfahrenen Untersuchers verläßliche Resultate liefert, eignet sie sich für fort¬ 
laufende Untersuchungen im klinischen Betriebe nicht besonders. 

Viel einfacher und für das klinische Laboratorium geeigneter ist die von 
Autenrieth und Funk 170 ) angegebene kolorimetrische Methode. Sie beruht 
auf der Liebermann-Burchhardschen Farbenreaktion des Cholesterins und 
kolorimetrischen quantitativen Auswertung mittels einer Vergleichsfarbenlösung. 
Da ich mich bei der Untersuchung dieser Methode bediente, sei sie im nachfolgen¬ 
den kurz geschildert: 

Man entnimmt 5—10 com Blut durch Punktion der Vene, läßt das Blut gerinnen, 
zentrifugiert es dann, pipettiert 2 ccm mittels einer genau ausgewogenen Pipette ab 
und gibt sie in ein Erlenmayerkölbchen von 30—50 ccm Inhalt. Hierauf setzt man 
20 ccm einer 25°/ 0 igen Natronlauge hinzu und erwärmt diese Lösung 2 Stunden auf dem 
Wasserbad. 

Durch das Erhitzen erreicht man ein vollständiges Verseifen des im Serum meist an 
Fettsäure gebundenen Cholesterins. Dieses nun freie Cholesterin muß mit Äther oder Chloro¬ 
form aus dem Serum ausgeschüttelt werden. Man schüttelt mit Äther (Äthermethode) aus, 
indem man das Serum-Natronlaugegemisch in einen kleinen Schütteltrichter (Inhalt 100 bis 
150 com) bringt, 50 ccm Äther hinzufügt und 5 Minuten ausgiebig schüttelt. Das Cholesterin 
geht dadurch in den Äther über. Nach dem Schütteln läßt man die Flüssigkeit etwas stehen, 
wodurch sich der Äther vom Serum scheidet. Die beiden Flüssigkeiten trennt man mm durch 
den Sohütteltrichter, den Äther läßt man in einen Kolben ab und das Serum wird abermals 
mit der gleichen Menge Äther ausgeschüttelt. Diese Prozedur wird fünfmal wiederholt und 
der Äther der 5 Fraktionen vereinigt. Hierauf destilliert man den Äther, der das ganze 
Cholesterin des Serums aufgenommen hat, ab, löst den Rückstand in Chloroform und füllt 
mit Chloroform im Meßkolben auf 100 ccm auf. Diese 100 ccm Chloroform enthalten also 
das gesamte Cholesterin der 2 com Serum. Jetzt nimmt man 5 ccm dieser Chloroform- 
Cholesterinlösung, gibt sie in ein 10-ccm-Kölbchen, fügt zuerst 2 ccm Essigsäureanhydrid 
und dann 0,1 ccm konzentrierte Schwefelsäure hinzu, schüttelt, gibt das Kölbohen in ein Becher¬ 
glas mit Wasser von einer Temperatur von 37° und stellt es dann auf 10—15 Minuten in 
einen dunklen Raum (Arbeitssohrank), um es vor Lichteinwirkung zu schützen. Nach diesen 
10—15 Minuten hat sich die Farbreaktion vollzogen, jetzt kann die Flüssigkeit in das kleine 
Glas des Kolorimeters eingefüllt werden und durch Vergleich mit der testierten Farblösung 
das Cholesterin quantitativ bestimmt werden. 

Einfacher, aber nicht ganz so genau, ist die Methode, mit Chloroform auszuschütteln 
(Chloroformmethode). Ich mußte mich dieser wegen Äthermangels bedienen. Das Serum, 
welches mit Natronlauge auf dem Wasserbad 2 Stunden erhitzt worden war, wird mit 20 oem 
Chloroform im Schütteltrichter ausgeschüttelt, das Chloroform durch den Schütteltrichter 
vom Serum getrennt und in einen Kolben eingefüllt. 

Diese Prozedur wird mit je 20 oem Chloroform vier- bis fünfmal wiederholt und das Chloro¬ 
form, das jetzt das gesamte Cholesterin des Serum-Natronlaugegemisches enthält, in einem 
Kolben gesammelt. Jetzt setzt man diesem Chloroform 1—2g Natrium sulfurie sicc zu, worauf 
sich das trübe Chloroform (Wasseremulsion) sofort klärt, und filtriert die Lösung in einen 
100-ccm-Kolben. Der Filter wird mit reinem Chloroform nachgewaschen und der Kolben 



Uber den LipoidgehaLt im Serum bei Epilepsie. 49 

auf 100 ccm aufgeführt. Davon nimmt man 5 ccm und stellt die Reaktion mit Essigsäure - 
anhydrit und konzentrierter Schwefelsäure wie früher an. 

Wacker und Hueck 171 ) haben diese kolorimetrische Methode nach Auten- 
rieth und Funk genau geprüft, mit der Digitoninmethode nach Windaus ver¬ 
glichen und konnten dabei die Genauigkeit der kolorimetrischen Methode fest¬ 
stellen. 

4. Ergebnisse der Cholesterinuntersuchungen und ihre Beziehungen] 
zur Pathologie im allgemeinen. 

Ich habe mit dieser Methode ein großes Material untersucht (ca. 100 Fälle), 
habe an einem Serum wiederholt zwei Versuche angestellt und finden können, 
daß die Methode nicht nur verhältnismäßig einfach sondern auch in ihren 
Resultaten genau ist. 

Die Untersuchungen habe ich meistens mit Serum ausgeführt, da mir ja vor 
allem der Cholesteringehalt des Serums (Cholesterinfettsäureester) zum Vergleich 
geeignet erschien, während ich den Cholesteringehalt der Blutkörperchen (freies 
Cholesterin) imberücksichtigt ließ. 

. Der gesunde Organismus zeigt, unter denselben Verhältnissen untersucht, 
einen ziemlich konstanten Cholesteringehalt im Serum und schwankt nach 
Autenrieth und Funk zwischen 0,14—0,16%, Werte, die ich im allgemeinen 
als etwas zu hoch fand. * 

' Nach meinen Untersuchungen schwankte der Cholesteringehalt des Serums 
zwischen 0,13—0,15%. Vielleicht ist diese Differenz auf den durch die Kriegs¬ 
verhältnisse geänderten Ernährungszustand zurückzuführen; die Untersuchungen 
Autenrieths stammen aus dem Jahre 1913. 

Wichtig ist, daß das Blut womöglich vom nüchternen Patienten (morgens) 
entnommen wird, da die Verdauung (Lipämie) zu hohe Werte ergeben kann. 

Bei den fortlaufenden Untersuchungen bei Epilepsie habe ich mich immer 
daran gehalten und nur dann, wenn es galt, den Cholesteringehalt nach dem An¬ 
fall zu untersuchen, um ihn mit dem Werte vor dem Anfalle zu vergleichen, 
mußte ich davon abgehen. Die Cholesterinwerte nach dem Anfalle sind in diesen 
Fällen daher noch niedriger einzuschätzen. 

Während der Cholesteringehalt des Serums unter physiologischen Verhält¬ 
nissen nur innerhalb sehr enger Grenzen schwankt, kommt es bei geändert 
physiologischen Verhältnissen (Schwangerschaft) sowie bei Erkrankungen des 
Organismus zu recht bedeutenden Schwankungen. 

In der Schwangerschaft nimmt der Cholesteringehalt des Blutserums nach 
M. Hufmann 171 ) allmählich zu, um im letzten Monat sein Maximum zu er¬ 
reichen. Post partum sinkt er innerhalb 8—10 Tagen bis zur Norm ab. 

Bei pathologischen Vorgängen im Organismus ist der Cholesteringehalt 
im Blutserum (Cholesterinspiegel des Blutes) in verschiedener Weise ver¬ 
ändert. 

Während im Fieberzustand unabhängig von der zugrundeliegenden Krankheit 
der Cholesterinspiegel des Blutes meist ein Absinken zeigt [Stepp 17 *)], kommt 
es bei Nierenerkrankungen meist zu einer Vermehrung. Stepp, der sich ein¬ 
gehender mit dem Cholesteringehalt des Blutserums bei Nephritiden beschäftigte, 
kommt zu folgenden Ergebnissen: 


Crinis, Humorale Lebensvorgänge. 


4 



50 


Eigene Untersuchungen. 


Bei akuter Nephritis ist der Cholesteringehalt des Blutserums meist erhöht, 
bei chronisch diffuser Glomerulonephritis in der Hälfte der Fälle. 

Ganz außergewöhnlich hohe Werte sind bei Nephrose zu finden. Bei Er¬ 
krankungen der Leber und der Gallenwege wie Ikterus, Cholämie, ist der Cho¬ 
lesteringehalt des Serums ebenfalls häufig erhöht, was sich ja aus dem Über¬ 
treten von Galle, die ja sehr reich an Cholesterin ist, in die Blutbahn erklären 
läßt [Port 174 ), Stepp 17 *)]. 

Die Untersuchungen Weltmanns 176 ) bei Diabetes mellitus ergaben eine regel¬ 
mäßige Erhöhung des Cholesterinspiegels, welche Befunde von Stepp, Bac- 
meister und Hävers 17 *) bestätigt wurden. Bacmeister und Hävers fanden 
bei Arteriosklerose im beginnenden Stadium eine Erhöhung des Cholesterin¬ 
gehaltes während Stepp bei stark entwickelter Arteriosklerose keine Erhöhung 
mehr feststellen konnte. 

Minie Huf mann 17 *) fand den Cholesterinspiegel im Blut vön Eklamp - 
tischen mitunter sehr erhöht was in Anbetracht der Nierenschädigung bei Eklamp¬ 
sie nach dem früher Erwähnten nicht verwunderlich ist. 

Endlich sei noch der Cholesteringehalt des Blutes bei Tumoren erwähnt, bei 
denen Weltmann 17 *) eine Erniedrigung des Cholesteringehaltes beobachten 
konnte. 


5. Eigene Untersnehnngsergebnisse. . 

Wie schon früher erwähnt, war bei Epilepsie im allgemeinen eine Erhöhung 
des Cholesterinspiegels im Blute gefunden worden, ohne daß jedoch auf eine 
Beziehung zu den Anfällen Rücksicht genommen war. 

Ich untersuchte nun fortlaufend den Cholesteringehalt des Blutserums und 
bemühte mich besonders die Verhältnisse vor und nach dem Anfalle zu berück¬ 
sichtigen. 

In nachfolgender Tabelle sind die Werte des Cholesteringehaltes einer Epi¬ 
leptikerin übersichtlich zusammengestellt. 


Tabelle I. (H. J.) (Fall 5.) 


Datum 

Cholesteringehalt 
des Serums 
in % 

Decunus morbi 

26 . I. 

0,13 


29. I. 

0,13 


15. 11 

0,21 

8 h a. m. Blutentnahme, ll h a. m. Anfall 

l». ii. 

0,15 

1 Stunde naeh dem Anfalle 

20. II. 

0,22 

8 h a. m. Blutentnahme, 10 11 a. m. 4 kurze 
Anfälle 

20. n. 

0,12 

2 Stunden naeh den Anfällen 

3. IIL 

0,23 


18. III. 

0,19 


20. ni. 

0,23 

Blutentnahme im Anfalle 

20. III. 

0,20 

Blutentnahme 6 Stunden später 

21. III. 

0,23 

8 h a. m. Blutentnahme, 3 h p. m. Anfall 

22. III. 

0,19 


23. III. 

0,15 



Kurve 20. 







Über den Lipoidgehalt im Serum bei Epilepsie. 


51 


Die Zusammenstellung dieser Tabelle und Kurve 1 ergibt , daß der Cholesterin- 
geholt des Serums vor dem Anfälle und im Anfalle pathologisch hohe Werte ausweist 9 
um nach dem Anfall wieder abzusinken. 

Am 20. III. konnte der Cholesteringehalt im Anfalle selbst bestimmt werden. 
Die Blutuntersuchung 6 Stunden später ergab einen allerdings nur wenig niedri¬ 
geren Cholesteringehalt. 

Am nächsten Tage sank der Cholesteringehalt nicht nur nicht weiter ab 9 sondern 
stieg wieder zu den Werten des vorhergehenden Tages an. Pünktlich stellte sich wieder 



7 Stunden später ein Anfall ein. In den nächsten anfallsfreien Tagen erst sank der 
Cholesteringehalt allmählich zu normalen Werten ab. 

Die zweite Tabelle betraf ebenfalls eine genuine Epileptikerin, diq in Zeit¬ 
räumen von 3—4 Tagen Anfälle bekam. Nachstehend Tabelle und Kurve. 


Tabelle II. (P. M.) (Fall 6.) 


Datum 

Cholesteringehalt 
des 8erums 
in % 

I 

| Decnrsus morbi 

j 

3. IV. 

0,23 

8 h a. m. Blutentnahme, 6* p. m. Anfall 

3. IV. 

0,16 

1 Stunde nach dem Anfall 

4. IV. 

0,16 ! 


6. IV. 

0,15 

Untersuchung nach dem Anfall 

8. IV. 

0,20 

8* a. m. Blutentnahme, 11* a. m. Anfall 

8. IV. 1 

0,17 

3 Stunden nach dem Anfall 


Kurve 21. 


Durch die Zusammenstellung des Cholesteringehaltes im Serum bei Fall 2 
ergeben sich dieselben Verhältnisse wie bei Fall 1: 

Anstieg bzw. Erhöhung des Cholesteringehaltes 
vor dem Anfälle, Abfall und niedrige (normale) 

Werte nach dem Anfälle. 

Am 6. IV. konnte der Cholesteringehalt nur 
nach dem Anfalle erhoben werden und er zeigte 
da einen normalen Wert. Im Vergleich zu den 
studierten Verhältnissen kann angenommen wer¬ 
den , daß er vor dem Anfalle höher war. 

Ein dritter Fall von genuiner Epilepsie ergab 
nachfolgende Cholesteringehalte: 







52 


Eigene Untersuchungen. 
Tabelle III. (Ph.) (Fall 4.) 


Datum 

Cholesteringehalt 
des Serums 
in % 

Deeursus morbi 

5. III. 

0,21 

j 8 h a. m. Blutentnahme, ll h a. m. Anfall 

5. III. 

0,15 

1 Stunde nach dem Anfalle 

6. III. 

0,10 


11. III. 

0,15 

j Blutentnahme 5 Stunden nach dem Anfalle 

12. III. 

0,11 


15. III. 

0,15 

Blutentnahme nach einer Anfallsseric 


Kurve 22. 


März 



falle an diesen Tagen dasselbe Bild 


Auch der Fall 3 zeigt im großen 
und ganzen die ähnlichen Verhältnisse 
wie Fall 1 und 2. W ir finden am 
5 . III . einen pathologisch hohen Chole¬ 
steringehalt , der nach dem Anfalle gleich 
zur Norm absinkt und am nächsten Tage 
einen subnormalen Wert zeigt. Am 11. III. 
und 15. III. konnte die Blutentnahme 
nur nach dem Anfalle gemacht werden. 
Der Cholesteringehalt zeigt nach dem An 
wie früher, nämlich normale Werte. 


Tabelle IV. (F. A.) (Fall 7.) 


Datum 

Cholesteringehalt 
des Serums 
in % 

l 

Deeursus mobi 

|_ 

12. XI. 

nicht bestimmt 

Anfall 

13. XI. 

0,17 


14. XI. 

0,12 

T 

16. XI. 

0,19 


17. XI. 


Anfall 

17. XI. 

0,10 

5 Stunden nach dem Anfälle 

8. XII. 

0,20 

8 h a. m. Blutentnahme, ll h a. m. Anfall 

8. XII. 

0,18 

1 Stunde nach dem Anfalle 

9. XII. 

0,16 


11. I. 

0,15 



Kurve 23. 



Fall 4 konnte nur einmal unmittelbar 
vor dem' Anfalle untersucht werden und 
da konnte dasselbe Verhalten des Chole¬ 
steringehaltes festgestellt werden wie in den 
früher untersuchten Fällen. Auffallend ist 
hier nur das allmähliche Absinken des 
Cholesteringehaltes nach dem Anfälle am 
8. XII., während 3 Wochen früher , am 


Kurve 23. 

17. XI., sowie in früheren Fällen der Cholesteringehalt rapid absinkt. 



Über den Lipoidgeh&lt im Serum bei Epilepsie. 


53 


Vorläufige Zusammenfassung: 

Überblicken wir das untersuchte Material, so läßt sich der Untersuchung des 
Cholesteringehaltes des Serums bei Epilepsie folgendes entnehmen: 

1. Der Cholesteringehalt des Serums von Epileptikern ist im allgemeinen kein 
konstanter , sondern schwankt zwischen beträchtlichen Werten und zwar wird 
die Grenze der normalen Werte häufig bedeutend nach oben überschritten. 

2. Bei fortlaufender Untersuchung zeigt es sich , daß diese Schwankungen des 
Cholesteringehaltes einen regelmäßigen Typus aufweisen. Der Cholesterin¬ 
gehalt steigt nämlich vor dem Anfalle konstant an , scheint im Anfälle sein 
Maximum zu erreichen , um dann wieder abzusinken und zur Norm zurück- 
zukehren. 

3. Kommt es zu Anfällen hintereinander , so fällt der Cholesteringehalt nach 

dem ersten Anfalle nur wenig ab und bewegt sich in einem Plateau fort bis 
zum letzten Anfalle , dann erst fällt er zur Norm ab. • 

1. In einem Falle konnte eine vorübergehende Erhöhung des Cholesteringehaltes 
beobachtet werden , Fall 1 (3. ///.), ohne daß es zu einem Anfall gekommen 
wäre. Dieses Ansteigen des Cholesterins , das sonst meistens mit dem Anfalle 
parallel zu gehen pflegt , stellt ein Analogon zu den Veränderungen des Ei¬ 
weißgehaltes und der Gerinnungsfähigkeit des Blutes dar , bei denen der An¬ 
stieg bzw. die Gerinnungsverzögerung des Blutes einen Anfall erwarten ließen , 
derselbe jedoch ausblieb. 

Haben wir für ein ähnliches Verhalten des Serumeiweißgehaltes und der 
Gerinnungsfähigkeit den Ausdruck serologisches Äquivalent gebraucht , so 
steht nichts im Wege , für dieses Verhalten des Cholesterins , das sonst regel¬ 
mäßig eine Teilerscheinung im humoralpathologischen Verhalten des Blutes 
vor und wahrend des Anfalles ist , den Ausdruck „serologisches Äquivalent 
zu gebrauchen. 

6. Ursachen der Cholesterlnschwanknngen bei Epilepsie« 

In Beantwortung der Fragestellung Seite 47 kann nun gesagt werden: 

Durch diese Ergebnisse ist bei Epilepsie ein Schwanken des Cholesteringehaltes 
erwiesen. Dieses Ansteigen des Cholesteringehaltes im Serum im Anfalle und 
das Absinken nach dem Anfalle kann wohl mit Recht als eine Störung des Cho¬ 
lesteringleichgewichtes bei Epilepsie bezeichnet werden. 

Da nun das Zentralnervensystem besonders reich an Lipoiden insbesondere 
an Cholesterin ist, ergibt sich die Frage: 

Ist dieses Schwanken des Cholesteringehaltes im Blutserum auf pathologische 
Vorgänge in den Nervenzellen zurückzuführen und kann die Anreicherung des 
Serums mit Cholesterin auf die Verarmung an Cholesterin zurückgeführt werden ? 


Aus den physikalisch-chemischen Eigenschaften der Lipoide in ihren Zell¬ 
strukturen geht hervor, daß nur jene Körper in die Zelle wandern können, die 
lipoidlöslich sind oder eine lipoidlösliche Verbindung eingehen können. Auf diese 
Art und Weise werden lipoidlösliche Körper in die Zelle eindringen können und 



54 


Eigene Untersuchungen. 


wenn sie giftige Wirkung besitzen (Alkohol, Äther, Chloroform), das Leben 
und die Funktionen der Zelle beeinträchtigen (Narkose). Auf dieser Erfahrung 
beruht die Narkosetheorie von Over ton und H. H. Meyer, die in folgenden 
Sätzen kurz zusammengefaßt werden kann: 

1. Alle indifferenten Stoffe, welche für Lipoide löslich sind, müssen auf leben¬ 
diges Protoplasma, sofern sie sich darin verbreiten können, narkotisch 
wirken. 

2. Die narkotische Wirkung muß an den lipoidreichsten Zellen am ersten 
und stärksten hervortreten, in erster Linie also an den Nervenzellen. 

3. Die Wirkungsstärke eines Narkotikums muß von seiner mechanischen 
Affinität zum Wasser abbängen, oder von dem Teilungskoeffizienten, 
der seine Verteilung in einem Gemisch von Wasser und Lipoiden bestimmt. 
Die narkotische Wirkung ist also von der relativen und absoluten Löslich¬ 
keit des Stoffes in Lipoiden abhängig. 

Wird die Zelle von einem lipoidlöslichen Körper umgeben, so wird dieser 
nicht nur in die Zelle ein wandern können, sondern wird auch das Lipoidgleich- 
gewicht in der Zellmembran und in der Zelle stören. Es werden zunächst Lipoide 
aus der Zellmembran in das lipoidlösliche Medium so lange übergehen, bis ein 
Gleichgewichtszustand zwischen der Konzentration der Lipoide in der Zelt¬ 
membran und in dem dieselbe umspülenden Medium gegeben ist. Dann werden 
aber aus dem Protoplasma der Zelle so lange Lipoide in die Membran übergehen, 
bis ein Gleichgewichtszustand Zellinneree—Zellmembran zustande kommt. 
Damit ist der Weg angedeutet, auf welchem die Lipoide die Zelle verlassen. 

So versteht sich, daß M. Huf mann 17 *) in der Narkose den Cholesteringehalt 
des Blutserums erhöht finden konnte. 

Es ist somit anzunehmen, daß in der Narkose Cholesterin durch 
das Verhalten der lipoidlöslichen Körper (Äther, Chloroform) an 
den Zellen (Nervenzellen) auswandert. 

Betrachten wir nun die Verhältnisse bei Epilepsie, so können wir uns 
die Erhöhung des Cholesterinspiegels im Blute auch damit erklären, daß dieses 
Cholesterin aus den Nervenzellen durch Austritt von Zelllipoiden stammt. 

Man kann sich vorstellen, daß durch die uns bekannten veränderten Stoff¬ 
wechselvorgänge vor dem epileptischen Anfalle intermediäre Stoffwechselpro¬ 
dukte toxischer Art den Lipoidbestand der Nervenzellen so schädigen, daß der¬ 
selbe nicht mehr den natürlichen Wall für die Zelle darstellt, sondern Lipoide 
der Zelle jetzt aus wandern müßten. Durch die dadurch auf tretende Störung 
des Lipoidgleichgewichtes der Nervenzelle wird diese in ihren Funktionen ge¬ 
schädigt und unterliegt vielleicht auch dem Untergänge. Damit wäre auch eine 
Brücke zu den pathologisch anatomischen Veränderungen des Epileptiker- 
gehimes geschlagen, die nach Binswanger wohl von dauernden molekularen 
Schädigungen der Nervenzellen ihren Ausgang nehmen. 

In ähnlicher Weise faßt Hart mann die dauernde Zellschädigung bei chro¬ 
nischem Alkoholismus als eine Folge der schließlichen Lipoid Verarmung und damit 
als einen den irreversiblen Eiweißbestand der Zelle bedrohenden und unter 
Umständen zerstörenden Vorgang auf, welche einen Abbau der Funktion be¬ 
gründet. 



Über den Lipoidgehalt im Serum bei Epilepsie. 


55 


Binswanger 178 ) sagt von der epileptischen Hirn Veränderung: Sie kann 
durch anatomische Prozesse greifbarer Art hervorgerufen werden, sie kann ferner 
durch feinere dauernde, molekulare, anatomisch bislang noch nicht erkennbare 
Störungen innerhalb der Nervenzelle bedingt sein und kann endlich in vorüber¬ 
gehenden, ausgleichbaren, durch pathologische Stoffwechselvorgänge innerhalb 
der Nervensubstanz hervorgerufenen Störungen ihren Grund haben. 

So könnten wir also die Erhöhung des Cholesterin(lipoid)gehaltes des Serums 
bei Epilepsie auf pathologische Lipoidstoffwechselvorgänge innerhalb der Nerven¬ 
substanz zurückfilhren. 

7. Einnuß des Cholesterins auf die Fermenttfttigkeit. 

Den Lipoiden kommt aber außer ihren vitalen Funktionen im Stoffwechsel 
der Zelle auch noch eine wichtige Bedeutung im Stoffwechsel des Gesamtorganis¬ 
mus zu, insofern, als die Lipoide sich an allen fermentativen Vorgängen des 
Organismus beteiligen. 

Wir kennen Lipoide als Aktivatoren, das sind Körper, welche Zymogene 
in Enzyme überführen oder die Wirkung eines Enzymes verstärken. Wir kennen 
Lipoide, die Kinasen oder Ko-Enzyme darstellen, das sind wieder Körper, die 
mit Enzymen in Verbindung treten, daß nur diese Verbindung aktiv ist, während 
sowohl das Enzym als die Kinase für sich unwirksam ist. Wir kennen Lipoide, 
die eine Fermentbildung hervorrufen, Lipoide, welche fermentative Prozesse 
zu hemmen vermögen und endlich kennen wir Lipoidstoffe, welche als eigent¬ 
liche Enzyme bezeichnet werden können. 

Da nun unser Stoffwechsel im allgemeinen und das Leben jeder Zelle im be¬ 
sonderen letzten Endes auf fermentativen Vorgängen beruhen, ist es zu erwarten, 
daß wir auch überall im Organismus Lipoide finden werden, welche sich an den 
fermentativen Vorgängen beteiligen. 

Wir haben schon oben feststellen können, daß die Lipoide die Ferment¬ 
tätigkeit beeinflussen können, indem sie die Fermenttätigkeit fördern oder 
hemmen. Der Organismus besitzt also die Fähigkeit, mit Hilfe der Lipoide die 
Fermenttätigkeit zu regulieren. 

Wird das fermentative Getriebe des Organismus dadurch gestört, daß neue 
pathologische Fermente auftauchen, welche den Stoffwechsel so umzusteuem 
imstande sind, daß giftige Stoffwechselprodukte entstehen, so ist anzunehmen, 
daß der Organismus in seinem Reparationsbeetreben eine giftige Produkte er¬ 
zeugende Fermenttätigkeit durch Ausschüttung fermenthemmender Lipoide 
niederzuhalten versuchen wird. 

Bei Epilepsie ist der Stoffwechsel im allgemeinen und im besonderen vor 
dem Anfalle krankhaft verändert und sind giftige Stoffwechselprodukte er¬ 
wiesen. 

Wie schon in dem Kapitel über Blutgerinnung ausgeführt wurde, kann man 
vor dem Anfalle eine Retention von Stickstoff beobachten, ohne daß jedoch 
ein Aufbau von Körpereiweiß nachzuweisen ist. Es ist also anzunehmen, daß 
diese Stickstoffretention auf das „zirkulierende Eiweiß“ zurückzuführen ist. 

Vor dem Anfalle ist auch eine Zunahme der ätherlöslichen Säuren des Harnes, 
des Stickstoffgehaltes, des sauren Ätherextraktes und der Harnsäure beobachtet 
worden. 



56 


Eigene Untersuchungen. 


Alle diese Veränderungen wiesen darauf hin, daß der Stoffwechsel eine tief¬ 
greifende Veränderung erfahren hat, insofern als der Abbau und Aufbau be¬ 
sonders der Eiweißkörper sich pathologisch abwickelt. 

Die Endprodukte des pathologisch ablaufenden Stoffwechsels sind nun für 
den Organismus nicht belanglos, sondern vielfach toxisch. Diese toxisch wir¬ 
kenden Körper werden vor dem Anfalle retiniert (zirkulierendes Eiweiß?) und 
nach dem Anfall im Ham ausgeschieden. 

Pfeiffer und Albrecht 16 ®) haben diese Toxizität nach dem Anfalle durch 
den Tierversuch nachgewiesen. 

Die Produktion giftiger Stoffwechselprodukte vor dem Anfall setzt das Be¬ 
stehen einer pathologischen Fermentbildung voraus. 

Außer dieser geänderten Ferinenttätigkeit im Stoffwechsel treten bei Epi¬ 
lepsie Fermente auf, die durch die Dysfunktion verschiedener Drüsen mobili¬ 
siert werden. Seit Abderhaldens grundlegenden Arbeiten über den Nachweis 
solcher Fermente nennen wir sie Abwehrfermente. 

Abwehrfermente im Sinne Abderhaldens wurden bisher im Epilep¬ 
tikerblut eingestellt gegen Hirnrinde, Schilddrüse, Hoden und Thymus ge¬ 
funden. 

Was die Abwehrfermente betrifft, welche einen Himabbau verursachen, 
so läßt sich darüber nach Binswanger 179 ), dessen Befunde vom Verfasser 
bestätigt werden konnten, folgendes sagen: 

Bei Epilepsie kann im Anfalle und nach einigen Untersuchungen auch knapp 
nach demselben immer ein Himabbau festgeetellt werden. 

Im intervaÜären Stadium unterscheidet man zwei Gruppen, solche 
Epileptiker, die keinen Himabbau aufweisen und Epileptiker, bei 
denen auch im intervallären Stadium ein Himabbau nachgewiesen werden 
kann. 

•Während nach Binswanger die Prognose der ersten Gruppe von Epilep¬ 
tikern nicht ungünstig ist, insofern als eine fortschreitende Demenz nicht beobach¬ 
tet werden kann, kann man die Prognose der zweiten Gruppe als ungünstig 
bezeichnen, da die Erkrankung auch zu einem Abbau der intellektuellen Lei¬ 
stungsfähigkeit führt. 

Bei Epilepsie läßt sich aber außer dem Himabbau auch ein Abbau von 
Schilddrüsen-, Hoden- und Thymuseiweiß [Meyer 180 ), Hippel 181 )] in den mei¬ 
sten Fällen durch den Abderhaldenversuch eiweisen, so daß es den Anschein 
hat, als würde ein System von Drüsen durch die epileptische Konstitution aus 
dem Gleichgewicht gedrängt werden. 

Wie weit diese polyglanduläre Art der Drüsenfunktionsstörung durch die 
epileptische Erkrankung hervorgerufen worden ist oder in derselben die Be¬ 
dingungen zum Entstehen der epileptischen Konstitution liegen, ist heute wohl 
noch nicht spruchreif. 

Das Auftreten von Abwehrfermenten kann im Organismus Reaktionserschei¬ 
nungen zur Folge haben, die sich gegen diese Fermente bzw. gegen ihre Tätig¬ 
keit richten werden. 

Es käme dann zur Bildung von Antifermenten. 

Solche Antifermente sind durch die Untersuchungen Joblings’ 
Petersons und Eggsteins als Lipoidkörper erkannt worden. 



Über den Lipoidgehalt im Serum bei Epilepsie. 


57 


8. Lipoide als „Antifermente“. 

Bekanntlich hat das Serum in frischem Zustand die Fähigkeit, die tryptische 
Verdauung zu hemmen. Wird Kaseinlösung mit der entsprechenden Trypsin¬ 
lösung im Brutschränke bebrütet, so wird nach einiger Zeit das Kasein ver¬ 
daut sein, so daß es durch Reagentien (Essigsäure) nicht mehr ausgefällt werden 
kann. Diese tryptische Verdauung wird aber durch Zusatz von Serum insofern 
gestört, als das Kasein unter denselben Bedingungen nicht mehr verdaut wird, 
sondern trotz Bebrütung im Brutschrank durch Zusatz von Keagentien (Essig¬ 
säure) als unverändertes Kasein ausgefällt. 

Jobling 182 ) beobachtete, daß dieses antitryptische Vermögen (Antiferment) 
des Serums schwindet, wenn das Serum vor dem Versuche mit Chloroform aus¬ 
geschüttelt wird. Es geht also das Antiferment in das Chloroform über. 

War durch die Chloroformlöslichkeit der Lipoidcharakter des Antifermentes 
wahrscheinlich, so ließ man diese Idee zunächst noch fallen, da es nicht gelang, 
das Antitrypsin aus dem Chloroform zu gewinnen und schloß sich der Ansicht 
Rosenthals an, der das Antitrypsin als echtes Ferment bezeichnete. 

' Erst als es Jobling und Petersen 188 ) gelang, durch Verseifung des Chloro¬ 
formextraktes die antitryptische Wirkung des Chloroformextraktes wieder her¬ 
zustellen, wurden die Hemmungskörper der Trypsinverdauung als ungesättigte 
Fettsäuren und deren Lipoidverbindung (Lipoidfettsäureester) erkannt. 

Wird ein Serum mit Äther oder Chloroform extrahiert, so verliert es nicht 
nur sein antitryptisches Verhalten, sondern erlangt außerdem noch eine höchst 
toxische Eigenschaft und zeigt bei parenteraler Einverleibung an dem Tier 
das Bild eines typischen anaphylaktischen Schocks. 

9. Beziehungen der Lipoide zum anaphylaktischen Schock* 

Jobling und Petersen 186 ), die dieses Verhalten von extrahierten Seren 
beobachteten, erklären dies damit, daß durch die Entfernung der ungesättigten 
Fettsäuren und deren Lipoid Verbindungen der fermentative Abbau des paren¬ 
teral eingebrachten Serums begünstigt wird und durch die rasche Zerlegung der 
Eiweißkörper die giftigen Spaltprodukte die Erscheinungen des anaphylak¬ 
tischen Schocks hervorrufen. Dabei kommt es nicht nur zum Abbau der Eiwei߬ 
körper des eingeführten Serums, sondern es wird auch Serumeiweiß des Tieres 
zerlegt. Insbesondere scheint hier das Serumglobulin der labilste Eiweißkörper 
zu sein, der nach Einverleibung einer antifermentfreien Eiweißlösung (Serum) 
durch Bindung der eigenen Antifermente vor dem proteolytischen Abbau nicht 
mehr geschützt werden kann. 

Jobling, Petersen und Eggstein 182 ) fanden damit auch übereinstimmend 
beim akuten anaphylaktischen Schock eine Verminderung des Antifer¬ 
mentes und der Albumosen, wohl aber eine Erhöhung der Serumprotease und 
Lipase und was endlich am wichtigsten ist, eine Zunahme von nicht aus¬ 
fällbarem Stickstoff (Reststickstoff) und Aminosäuren im Serum 
des erkrankten Tieres. 

Damit haben die genannten Autoren, die schon von H. Pfeiffer 16 ) ver¬ 
tretenen Anschauungen über den anaphylaktischen Schock als Eiweißzerf alte- 
toxikose bestätigen können. Biedl und Krauss, nach ihnen Pfeiffer und 
Mita 16b ) konnten zeigen, daß der anaphylaktische Schock und die Erschei- 



58 


Eigene Untersuchungen, 


nungen der Peptonvergiftung nicht nur große Ähnlichkeit aufweieen, sondern 
im serologischen und pathologisch-anatomischen Bild nahe verwandt sind. 

Abderhalden und Pinkussohn 1. c., gleichzeitig und unabhängig davon 
Pfeiffer und Mita haben den Nachweis erbracht, daß bei der Anaphylaxie 
das Antigen der Vorbehandlung (der artfremde Eiweißkörper) in vitro von dem 
Serum der sensibilisierten Tiere abgebaut wird, daß dieser Abbau ein spezifischer 
ist [H. Pfeiffer und S. Mita 16b )] und daß im Zustande völliger Antianaphylaxie 
das proteolytische Vermögen fehlt. 

Haben wir somit gesehen, daß im anaphylaktischen Schock eine Proteose 
und Lipaseerhöhung bei gleichzeitiger Antiferment Verminderung beobachtet 
werden kann, so muß ich kurz auf die neuere Anschauung über den Mechanis¬ 
mus des anaphylaktischen Schocks eingehen. 

Wir haben ja schon früher gesehen, daß Eiweißlösung, deren antitryptisches 
Verhalten durch Äther oder Chloroformextraktion beseitigt worden ist, ohne 
vorhergehende Sensibilisierung die Erscheinungen des anaphylaktischen Schocks 
hervorrufen kann, da durch das Fehlen des Antifermentes der proteolytische 
Abbau der eingebrachten Eiweißlösung und des eigenen Serumeiweißes durch 
die vorhandenen Fermente nicht mehr verhindert werden kann und in dem 
beschleunigten Abbau toxische Spaltprodukte liefert. Beim anaphylaktischen 
Schock spielt sich die Reaktion nach Jobling, Petersen und Eggstein l8Ä ) 
folgendermaßen ab: 

„Die Körperzellen erhalten als Folge der Sensitivation die Eigenschaft, auf 
eine spezifische Injektion sofort mit der Ausscheidung einer (nach den genannten 
Autoren allerdings nicht spezifischen) Protease und Lipase zu reagieren. Zu 
gleicher Zeit finden im Serum als Folge der gewöhnlichen Immunitätsreaktionen 
kolloide Veränderungen statt, wodurch die Dispersität der Serumlipoide eine 
gröbere wird und zur Verminderung ihrer Antifermente führt. Diese zwei Fak¬ 
toren begünstigen proteolytische Vorgänge an jenen Eiweißkörpem, welche sich 
am leichtesten spalten lassen, das sind die des Serums (besonders die Globuline) 
und die schon vorhandenen höheren Spaltprodukte, die Albumosen. 

So erfolgt sofort eine Zerlegung dieser Eiweißkörper über die Peptone bis 
zu den Aminosäuren. 

Die anaphylaktische Reaktion wird daher nicht nur von zellulären Erschei¬ 
nungen, sondern auch von weitgehenden Serumveränderungen begleitet.“ 

Aus dem oben Erwähnten entnehmen wir die Bedeutung der Antifermente 
und damit jener Lipoidkörper, die als Antifermente ihre Wirkung entfalten. 

Haben wir bei der Epilepsie eine Störung im Stoffwechsel und zwar im 
Eiweißauf- und -abbau konstatieren können und gesehen, daß Fermente gegen 
verschiedene Organe im Epileptikerblut mobilisiert werden, so gewinnt das 
Studium des Antifermentes bei Epilepsie größtes Interesse. 

10« Lipoide and Antitrypsin. 

Ich habe im Verein mit H. Pfeiffer* 60 ) bereits vor 6 Jahren das Verhalten 
des Antifermentes bei Epilepsie studiert, wenn auch von anderen Voraus¬ 
setzungen ausgehend. Als Ergebnis der damaligen Untersuchungen konnten 
wir beide feststellen; 

1. Im epileptischen Dämmerzustand ist die antiproteolytische Serum Wirkung 
(Antiferment) wesentlich erhöht; sie erleidet mit der Rückkehr zur 



Über den Lipoidgehalt im Serum bei Epilepsie. 


59 


Norm einen Abfall, bei Verschlimmerung des Krankheit»bildes eine 
Steigerung. 

2. Das hemmende Vermögen der Epileptikerseren ist sehr beträchtlichen, 
dem Normalserum fremden Schwankungen über die normalen Grenzen 
hinaus unterworfen, ohne daß ein Anstieg regelmäßig von Anfällen ge¬ 
folgt zu sein braucht. 

3. Kurz vor und kurz nach dem Anfalle werden — soweit unsere Erfahrungen 
reichen — immer wesentlich erhöhte Werte angetroffen, die im anfalls¬ 
freien Intervall absinken. 

Durch diese Untersuchungen war das Verhalten des antitryptischen Seruni- 
titers bei Epilepsie in groben Umrissen studiert; die Ergebnisse der Unter¬ 
suchung wurden damals jedoch in einem anderen Sinne gedeutet (wir sahen als 
Ursache der antitryptischen Hemmung das Kreisen von Eiweißspaltprodukten 
an). Es zeigt sich nach dem jetzigen Stande unseres Wissens, daß wir mit dem 
Schwanken des antitryptischen Serumtiters ein Schwanken jener Lipoidkörper 
nachgewiesen haben, welche das „Antiferment“ im Serum darstellen. 

Haben wir nun bei Epilepsie das Verhalten eines Lipoides, des Cholesterins, 
genauer studiert, so gewinnt das Studium des Lipoidgeh'altes im Serum des 
Epileptikers ein noch größeres Interesse, wenn es uns gelingt, die Schwankungen 
des Antitrypsingehaltes im Serum mit den Schwankungen des Cholesterins im 
Serum — des derzeit einzig quantitativ bestimmbaren Lipoidkörpers — zu 
vergleichen. 

Obwohl der antitryptische Serumtiter bei Epilepsie von Rosenthal 186 ) und 
von Pfeiffer und de Crinis 161 ) bereits studiert war, unternahm ich es trotz¬ 
dem, das Blutserum von Epileptikern nochmals daraufhin zu untersuchen, um 
mich durch häufige Untersuchungen an einem Patienten über den Verlauf der 
Antitrypsinkurve zu informieren und dieselbe mit dem Verlaufe der Cholesterin* 
kurve zu vergleichen. Aus äußeren Gründen ist mir nur einmal die Möglichkeit 
gegeben gewesen, an einem Patienten den Verlauf beider Kurven gleichzeitig 
zu untersuchen. Bei den übrigen Fällen habe ich entweder nur die Cholesterin¬ 
kurve oder die Antitrypsinkurve allein untersuchen können. Es wird sich in 
diesen Fällen daher nur die Durchschnittskurve beider Werte vergleichen 
lassen. 

In der Methode der Bestimmung des antitryptischen Serumtiters habe ich 
mich der Fould-Grossschen und Rosenthalschen 187 ) Methode eng an¬ 
geschlossen, die sich wie in meiner früheren Arbeit mit Pfeiffer auch hier 
auf das Beste bewährt hat. Im Prinzip beruht sie darauf, daß durch den steigen¬ 
den Zusatz von Trypsinlösung zu der-immer gleich bleibenden Kaseinlösung 
jene Menge einer Trypsinlösung bestimmt wird, welche die Kaseinlösung gerade 
schon verdauen kann. 

Bei Anwesenheit von Normalseren, besonders aber pathologischen Seren, 
wird diese Verdauung gehemmt. Um eine Verdauung zu erreichen, muß eine 
größere Menge Trypsin zugesetzt werden. In der Größe dieses Zusatzes von 
Trypsin haben wir einen Maßstab für die Beurteilung des HemmungsVermögens. 
Im nachfolgenden sei kurz die Methode geschildert: 

Für die Methode ist zunächst notwendig, eine Kasein- und eine Trypeinlöbung von 
bestimmtem Gehalt herzustellen. 



60 


Eigene Untersuchungen. 


1. Bereitung der Kaseinlösung: 1 g Kasein nach Hammarsten der Firma Merk 
— andere Präparate haben sich mir nicht so gut bewährt, da sie sich weniger klar lösen! — 
wird genau abgewogen und in eine Mischung von 85 ccm 0,86 proz. Kochsalzlösung + 15 ccm 
Vio n-Natronlauge eingetragen und unter beständigem, leichten Umschwenken und vor¬ 
sichtigem Erwärmen auf dem Wasserbade bis auf ca. 30—40° C gelöst. Ist das Kasein fein¬ 
gepulvert, so erfolgt die Lösung in 5 Minuten. Nunmehr wird sofort vorsichtig 1 / 10 n-Salz- 
säure bis zum Eintritt des Neutralpunktes gegen Lackmus zugesetzt und die Flüssigkeit 
auf genau 500 ccm mit 0,86 proz., sicher nicht sauer reagierender Kochsalzlösung auf gefüllt, 
der Kolben bis zum Gebrauch kaltgestellt. 

2. Bereitung der Trypsinlösung: Um Gewichtsschwankungen und dadurch Schwan¬ 
kungen im „System“ zu vermeiden, wird das Trypsinum sie cum Merck immer über Chlor¬ 
kalzium auf bewahrt und dem Exsikkator nur zum Abwägen entnommen. 0,1 g davon werden 
genau abgewogen und unter Zusatz von 0,1 ccm normaler Sodalösung in ca. 20 ccm 0,86 proz. 
Kochsalzlösung gelöst, was in kurzer Zeit geschehen ist. Mit derselben Flüssigkeit wild 
sodann die Lösung bis auf das genaue Volumen von 100 ccm aufgefüllt. Es muß empirisch die 
verdauende Kraft des Trypsins ausgewertet, ein bestimmter Teil der Lösung (etwa 5—10 ccm) 
entnommen und durch Kochsalzlösung ersetzt werden, bis ein brauchbares „System“ von 
0,3 ccm erreicht ist. Die gebrauchsfertige Lösung kommt gleichfalls in den Eisschrank. 

Vor dem Gebrauche sollen die Lösungen einige Stunden ablagern, da sich innerhalb 
dieser Zeit noch geringe Verschiebungen in ihrer Wirksamkeit einstellen. Die Lösungen sind 
nicht haltbar und können, in der Kälte aufbewahrt, höchstens 48 Stunden nach ihrer Dar¬ 
stellung verwendet werden. Ich habe sie zu jeder Versuchsserie friseh bereitet. Durch 
die genaue Einhaltung der eben beschriebenen Kautelen konnten wir, wie aus den Tabellen 
sich ergibt, fast immer mit einem System von 0,3 arbeiten, was insbesondere bei wiederholten 
Untersuchungen ein und desselben Patienten Vorteile bietet. 

3. Die Serumgewinnung hat unbedingt am Morgen' vor Verabreichung des Frühstücks 
zu erfolgen, da tagsüber durch die praktisch unkontrollierbare Nahrungszufuhr während der 
Verdauung Schwankungen im Titer sich einstellen, die nicht beweiskräftig sind. Da eine ganze 
Reihe von krankhaften Zuständen, so insbesondere Fieber, maligne Tumoren, Schwangerschaft 
mit Titererhöhung einhergehen, ist es zur Bewertung der Resultate notwendig, über das kör¬ 
perliche Verhalten der Patienten genau bei jeder Blutentnahme orientiert zu sein. Die Patien¬ 
ten wurden immer am Vortage zur Blutentnahme bestimmt. Um 7 Uhr morgens vor dem Früh¬ 
stück wurde aus einer Kubitalvene durch Punktion mit einer weiten Nadel einer Pravazspritze 
das Blut entnommen. Dazu ist es notwendig: 1. die verdauende Kraft der zu jedem einzelnen 
Versuche verwendeten Lösung; 2. die hemmende Wirkung von menschlichem Normalserum 
zu bestimmen (gleichfalls in nüchternem Zustande gewonnen!), und 3. damit die hemmende 
Wirkung der Patientenseren zu vergleichen. Das geschieht in der nachfolgenden Weise: 

Bänkchen I enthält in 12 Röhrehen das System. 

Kaseinlösung 2,0 + 0,86 proz. NaCl 1,1 + 0,86 proz. NaCl 0,5 + Trypsinlösung 0,1 


9t 

2,0 + 

99 

1,0 + 

,, 

„ 0,5 + 

99 

0,2 

99 

2,0 + „ 

99 

0,9 + 

99 

„ 0,5 + 

99 

0,3 

99 

2,0 + ,, 

99 

0,8 + 

99 

,, 0,5 + 

99 

0,4 

99 

2,0 + „ 

99 

0,7 + 

99 

„ 0,5 + 

99 

0,5 

99 

2,0 + 

99 

0,6 + 

99 

„ 0,5 + 

99 

0,6 

99 

2,0 + „ 

99 

0,5 + 

99 

„ 0,5 + 

99 

0,7 

99 

2,0 + „ 

99 

0,4 + 

99 

„ 0,5 + 


0,8 

99 

2,0 + ,, 

99 

0,3 + 

99 

„ 0,5 + 

99 

0,9 

♦ » 

2,0 + „ 

99 

0,2 + 

99 

„ 0,5 + 


1.0 

9% 

2,0 + „ 

9t 

0,1 + 

99 

„ 0,5 + 

»» 

1,1 

99 

2,0 + 

99 

0,0+• 

9t 

„ 0,5 + 

>» 

1.2 


Bänkchen II prüft das normale Serum: die Mengen der Kaseinlösung, der Kochsalz¬ 
lösung, der zweiten Kolonne und der Trypsinlösung der vierten Kolonne sind unverändert. 
Die dritte Kolonne enthält in jedem Röhrchen 0,5 ccm des genau auf das Zwanzigfache ver¬ 
dünnten Normalserums (1,0 Serum + 19,0 Kochsalzlösung). 

Bänkchen III prüft das Patientenserum. Die Mengenverhältnisse sind genau wie bei 
Bänkchen H. Es wird in der dritten Kolonne in jedes Röhrchen 0,5 ccm des genau auf das 
Zwanrigfache verdünnten Patientenserums an Stelle des Normalserums eingefüllt. 











Uber den lipoidgehalt im Serum bei Epilepsie. 


61 


Was die Reihenfolge des Zusatzes anlangt, so kommt in die Röhrohen zuerst die Koch¬ 
salzlösung, dann die Kaseinlösung, dann die Serumverdünnung (oder die 0,5-ccm-Kooh- 
salzlösung in Bänkchen I), zum Schlüsse die Trypsinlösung. Sofort nach diesem Zusatz 
kommt das Bänkchen unter Markierung der Zeit des Zusatzes in den Thermostaten auf 37 °. 
Genauesten» nach 30 Minuten werden die Röhrchen in der Reihenfolge, wie das Trypsin 
zugesetzt wurde, durch einige (2—5) Tropfen essigsauren Alkohols (5 ccm konz. Essigsäure 
+ 50 ccm Wasser -f 45 ccm Alkohol) aus einem Tropffläschchen oder einer Kapillarpipette 
angesäuert, die Säure durch Umkehren der Röhrchen gleichmäßig mit ihrem Inhalt gemischt. 
1 / % Minute nach dem Zusatz der Essigsäure werden die Röhrchen gegen einen dunklen 
Hintergrund daraufhin untersucht, welche von ihnen getrübt und welche vollständig klar 
sind, wobei auch Spuren von Trübungen noch als positive Reaktion genommen werden 
müssen. Die genaue Einhaltung auch dieser Zeit ist unbedingt notwendig, da später un- 
charakteristische Nachtrübüngen auftreten, welche die ursprünglich scharfen Grenzen der 
Reaktion verwischen und so eine Beurteilung erschweren, ja unmöglich machen können. 
Das letzte Röhrchen, welches innerhalb der angegebenen Zeit vollkommen klar bleibt, wird 
bei jedem einzelnen Bänkchen markiert. Ist nun die Grenze der kompletten Verdauung 
(= dem ersten innerhalb 30 Sekunden völlig klarbleibenden Röhrchen) für Bänkchen I 
= 0,3 ccm der Trypsinlösung, für das normale Serum in Bänkchen II = 0,7, in Bänkohen HI 
für das Patientenserum =1,2 com der Trypsinlösung, so entspricht die hemmende Kraft 
des Normalserums = (0,7—0,3) = 0,4 ccm der Trypsinlösung, jener des Patientenserums 
(1,2—0,3) = 0,9 ccm. Diese Ziffern mit 100 multipliziert, geben den sog. „antitryptischen 
Titer“, der für das Normalserum = 40, für das Patientenserum = 90 Einheiten in unserem 
Falle betragen würde. 

. Tabelle I. (Ro.) (Fall 1.) 


Datum 

System 

Hemmung 

Antitryptische 

Einheiten 

Decunus morbi 

17. VI. 

0,3 

1,0 

70 


22. VI. 

0,3 

1,0 

70 


24. VI. 

0,3 

1,3 

100 


25. VI. 

— 


— 

Anfall 

26. VI. 

0,3 

1,0 

70 

' 

28. VT. 

0,3 

0,9 

70 


14. VH. 

0,3 

1,0 

70 


18. VH 

0,3 ! 

1,2 

90 


19. VH. 

— • 

— 

— 

Anfall • 

21. VII. 

0,3 

0,9 

60 


29. VII. 

0,3 

1,2 

90 


10. VIII. 

0,3 

1,2 

90 


11. VIII. 

— 

— 

— 

Anfall 

13. VIII. 

0,3 

1,0 

70 


15. VIII. 

0,3 

0,9 

60 




Kurve 24. 


Während nun unter Beachtung aller Kautelen der normale Wert zwischen 40—60 Ein¬ 
heiten schwankt und in überwiegenden Fällen 50 Einheiten beträgt, müssen wir Werte, 
welohe 60 überschreiten, als pathologisch erhöht ansehen. 











62 


Eigene Untersuchungen. 


Werte mit 60 Einheiten kann man als bereits schwach positiv bezeichnen. 

In der vorstehenden Tabelle habe ich den antitryptischen Serumtiter des vor¬ 
genannten Falles zusammengestellt. 


Tabelle II. (W.) (Fall 3.) 


Datum 

System 

Hemmung 

Antitryptische ! 
Einheiten | 

Decursus morbi 

6. VIII. 

0,3 

u 

80 


11. VIII. 

0,3 

0,8 

50 


14. VIII. 

0,3 

0,9 

60 


17. VIII. 

0,3 

1.1 

80 


18. VIII. 

— 


— j 

Anfall 

18. VIII. 

0,3 

1,0 

70 j 

2 b nach dem Anfalle 

22. VIII. 

0,3 

0,9 

60 ! 


26. VIII. 

0,3 

0,9 

60 


3. IX. 

0,3 | 

1,0 ! 

70 

| 

5. IX. 

— 

— I 

1 

| Anfälle 

6. IX. 

0,3 

0,9 

60 

i 

8. IX. 

0,3 

0,8 | 

50 ! 

i 

I 


Kurve 25. 


Wie aus diesen beiden Tabellen und den dazugehörigen Kurven ersichtlich ist, 
schwankt der antitryptische Serumtiter in diesem Falle von Epilepsie und zwar 

steigt er vor dem Anfalle an, 
erreicht knapp vor dem Anfalle 
oder in demselben seinen Höhe¬ 
punkt, um dann wieder ab¬ 
zusinken. 

Nicht jeder Anstieg des anti¬ 
tryptischen Serumtiters ist von 
einem Anfälle gefolgt. Wirsehen 
in einzelnen Fällen einen hohen 
Antitrypsinwert, ohne daß bei dem Kranken ein Anfall beobachtet werden konnte. 

In der folgenden Tabelle sind gleichzeitig auch die Cholesterinwerte bei einer Unter- 
suchungsreihe an einem Epileptiker zwecks Vergleiches und Übersicht eingetragen. 



Gleichzeitige Antitrypsin- und Cholesterinkurve. 


Tabelle III. (St.) (Fall 2.) 


Datum 

System 

Hemmung 

Antitryptische 

Einheiten 

Cholesterin 
in % 

Decursus morbi 

12. XI. 

0,3 

1.3 

100 

_ 


13. XI. 

— 

— 

— 

— 

Anfall 

13. XI. 

0,3 

1,1 

80 

0,17 

2 Stunden nach dem Anfall 

14. XI. 

0,3 

0,9 

60 

0,12 


16. XI. 

0,3 

1,2 

90 

0,19 


17. XI. 

— 


— 

— 

Anfall 

17. XI. 

0,3 

0,8 

60 

0,10 

5 Stunden nach dem Anfall 

8. XII. 

0,3 

1,1 

80 

0,20 

8 b a. m. Blutentnahme 

11h a. m. Anfall 

8. XII. 

0,3 

1,1 

80 

0,18 

1 Stunde nach dem Anfälle 

9. XII. 

0,3 

1,0 

70 

0,16 


11. I. 

0,3 

0,9 

60 

0,15 



Kurve 26. 















Über den Lipoidgehalt im Berum bei Epilepsie. 


63 


Aue der Tabelle III und der dazu gehörigen Kurve sehen wir die Befunde 
über dae Verhalten des antitryptischen Serumtiters bei Epilepsie in Tabelle I 
und II bestätigt. 

Die gleichzeitige Untersuchung auf Cholesterin zeigt, daß das Schwanken 
des Cholesterins mit dem vom Serumantitrypsin parallel geht. 

Mit dem Anstieg des Cholesterinwertes geht auch ein Anstieg des Antitrip¬ 
sinwertes einher. 

11. Cholesterin ein Ferment hemmendes Lipoid. 

Wie schon oben erwähnt wurde, hat Jobling nachgewiesen, daß das anti- 
tryptische Verhalten des Serums verschwindet, wenn das Serum durch Aus- 


schüttelung von Äther oder Chloroform November Dezember Jt* 

— . - t * _J * fff. 17. A4. £ ff. 

seiner i^ipoiue oerauot wiru. 

Da wir nun den Parallelismus von 90 
Schwankungen des Cholesteringehaltes so 
des Serums mit Schwankungen des 
Antitrypsingehaltes bei Epilepise be¬ 
obachteten, erübrigte es sich noch für 60 
uns, den Versuch Joblings über die 50 
Entfernung des Antitrypsins mit der 4 x 0 


W 


Ar 

fall 







\ 



7 

\ 


An) 





Anti- 

triff* 

\ 

J 

r 

V 








\ 

z 







* 
























Lipoidentfemung nachzuprüfen. ° i * 

Ich stellte daher den Versuch mit an 
Epileptikerseren an, indem ich den 
antitryptischen Serumtiter vor dem 0,10 
Anfall untersuchte, dann das Serum 
mit Äther ausschüttelte und hierauf 

I i 

Tfo/es 

terin 

y 

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; 

X 

~2 

r 

T 







I 

\ 



^5 


















, Kurve 26. 


nochmals das antitryptische Verhalten des ausgeschüttelten Serums prüfte. 
Nachfolgende Zusammenstellung zeigt uns das Ergebnis der Versuche. 


Versuch I. (Pö.) (Fäll 6.) 


Datum 

System 

Hemmung 

Antitrypt. Einheiten 

Anmerkung 

25. VI. 

| 0,3 

u 

80 

26. VL Anfall 


Dasselbe Serum nach Ätherextraktion 
25. VI. | 0,3 | 0,3 | 0 || 


Versuch II. (Fu.) (Fall 7.) 


Datum 

System 

Hemmung 

Antitrypt. Einheiten 

Anmerkung 

25. VI. 

0,3 

1,0 

70 

3 Tage später Anfall 


Dasselbe Serum nach Ätherextraktion 


25. VI. | 0,3 | 0,3 | 0 || 

Diese beiden Befunde bestätigen die Ergebnisse der Untersuchungen Job- 
iings und beweisen, daß mit der Entfernung der Lipoide durch Äther das anti- 
triptisehe Verhalten des Epilepsie-Serams vollkommen verschwindet. 

Während die frischen Seren 70 und 80 antitryptische Einheiten aufwiesen, 
zeigten dieselben Seren nach Ätherextraktion überhaupt keine Hemmung mehr. 

Damit ist wohl schon die Abhängigkeit des antitryptischen Verhaltens vom 
Lipoidgehalt bewiesen. 













64 


Eigene Untersuchungen, 


Da wir im Serum verschiedene Lipoide annehmen können und wir ferner 
wissen, daß Lipoide sich antagonistisch verhalten, indem z. B. die Ferment- 
tätigkeit von einem Lipoid gefördert (aktiviert), von einem anderen gehemmt 
werden kann, fragt es sich, welches Lipoid im Serum die antitryptische Hemmung 
verursacht. 

Es gehört schon zu den allgemein anerkannten Tatsachen, daß von den 
studierten Lipoiden Cholesterin und Lezithin in einen antagonistischen Gegen¬ 
satz zueinander stehen, indem Cholesterin den Ferment hemmenden, Lezithin, 
den Ferment fördernden Lipoidkörper darstellt. 

Auf die Trypsinverdauung, die ja auch eine Fermenttätigkeit voraussetzt, 
übertragen, wäre das Cholesterin ein antitryptischer Körper, während von* 
Lezithin eine Förderung zu erwarten wäre. 

Die Versuche, die ich zur Klärung dieser Frage anstellte, habe ich folgender¬ 
maßen angeordnet: 

Ich habe wie bei der Anordnung des Versuches zum Studium des antitryp- 
tischen Serumtiters zu der gleichen Menge Kasein Steigende Mengen Iproz. 
Trypsinlösung zugesetzt und zu jedem Röhrchen einen Tropfen Cholesterin¬ 
lösung (in Methylalkohol) zugeführt (0,1 g Cholesterin auf 2 ccm Methylalkohol). 

* 

Versuch I. 


Kaseinlösung 2,0 4- 1 Tropfen Cholesterin in CHgOH + 1,1 0 SGproz. NaCl -f 0,1 Trypsin 



2.0 + 1 

*» 

,, 

99 

99 

+ 1,0 „ 

99 

+ 0,2 

99 


2.0 + 1 

*» 

»» 

9> 

99 

+ 1,9 

99 

+ 0,3 

99 


2,0 + 1 

♦ i 

»* 


99 

+ 0,8 

99 

+ 0,4 

99 


2,0 + 1 

99 

99 

*» 

99 

+ 0,7 

** 

+ 0,5 

«L. 


2,0+1 

„ 

99 

»* 

99 

+ 0,6 „ 

99 

+ 0,6 

4 


2,0+1 

»» 

9t 

** 

99 

+ 0,5 

99 

+ 0,7 

» 


2,0 + 1 

** 

99 

99 

99 

+ 0,4 

99 

+ 0,8 



2,o + l 

** 

99 

99 

99 

+ 0,3 „ 

99 

+ 0,9 

j 


2,0 + 1 

•* 

** 

** 

99 

+ 0,2 „ 

99 

+ 1,0 



2,0+1 

99 

99 

99 

99 

+ 0,1 

99 

+ 1.1 



2,0 + 1 

99 

99 

99 

** 

+ 0,0 ,. 

99 

-H,2 

,j 


Diese 12 Röhrchen auf 1 / 1 Stunde in den Brutschrank gebracht, zeigten erst 
eine Verdauung von 10 Röhrchen, bei einem Zusatz von 1,0 Trypsin. 

Da das System (Kontrolle) bei 0,3 ccm Trypsin bereits verdaut war, waren 
also durch den Zusatz von dem Tropfen der Cholesterinlösung 70 antitryptische 
Einheiten in dem Gemisch« 

Der Kontrollversuch wurde mit Methylalkohol allein angestellt: 


Kaseinlösung + 1 Tropfen CHjOH + M 


99 

+ 1 

99 

99 

1,0 

99 

+ 1 

99 

99 

+ 0,9 

99 

+ 1 

99 

99 

+ 0,8 

99 

+ l 

99 

99 

+ 0,7 

99 

+ 1 

99 

99 

+ 0,6 

99 

+ 1 

99 

99 

+ 0,5 

99 

+ 1 

99 

99 

+ 0,4 

99 

+ 1 

99 

99 

+ 0,3 

99 

+ 1 

99 

99 

+ 0,2 

99 

+ 1 

99 

99 

+ 0,1 

99 

+ 1 

99 

99 

+ 0,0 


86proz. Na« + 0.1 Trypsin ) Hemmung 

»> » + 0,3 

» ,» + 0,4 

„ »» + 0,5 

»> * + 0,6 

•» „ + 0,7 

»» 9t 0,8 

» » + 0,9 

» *» + 1*0 

„ *> + 1,1 

,» + 1»2 


Verdauung 






















Über den Lipoidgehalt im Serum bei Epilepsie. 65 

ergab, daß die Verdauung schon im 3. Röhrchen bei einem Zusatz von 0,3 Tryp¬ 
sin eingetreten war, also genau so wie bei dem System. 

Durch den Methylalkohol war also keine Hemmung der Trypsinverdauung 
eingetreten, wohl aber durch die Losung von Cholesterin in Methylalkohol. 
Somit stellt in diesen Versuchen das Cholesterin den Hemmungskörper dar. 

Nun» galt es noch, die Wirkung des Antagonisten von Cholesterin, das Le¬ 
zithin auf seine Wirkung auf die Trypsin Verdauung zu prüfen. 

Der Versuch wurde wie bei der Cholesterinprobe angestellt, nur daß statt 
des Cholesterins, Lezithin (Merck) und zwar 0,5 auf 10 ccm NaCl 0,86%, davon 
jn jedem Röhrchen 0,2 ccm genommen wurde. 


Versuoh II. 


Kasein 2,0 + 0,2 
»» 2,0 -f- 0,2 

3cm 

99 

Lezithin 

99 

4* 1,1 0 86proz.NaCl -f- 0,1 Trypsinlösung | 
+ 1,0 „ ,, + 0,2 „ J 

Hemmung 

>* 

2,0 + 0,2 

99 

99 

+ 0,9 

,» 

„ +0,3 

,, 1 


»» 

2,0 + 0,2 

99 

99 

+ 0,8 

99 

„ +0,4 

99 


*» 

2,0 + 0,2 

99 

99 

+ 0,7 

99 

„ +0,5 

99 



2,0 + 0,2 

99 

99 

+ 0,6 

99 

„ + 0,6 

99 


»» 

» 

2,0 + 0,2 
2,0 + 0 2 

99 

99 

99 

99 

+ 0,5 
+ 0,4 

99 

99 

•> + 0,7 
,, + 0,8 

»» 

99 

Verdauung 

<» 

2,0 + 0,2 

99 

99 

+ 0,3 

99 

„ +0,9 

99 


»> 

2,0 + 0,2 

99 

99 

+ 0,2 

99 

M + 1,0 

99 


*» 

2,0 + 0,2 

99 

*> 

+ 0,1 

99 

„ +1,1 

99 


99 

2,0 + 0,2 

99 

99 

+ 0,0 

99 

n + 1,2 

99 ' 



Diese 12 Röhrchen zeigten nach halbstündigem Verweilen im Brutschrank 
eine Verdauung vom 3. Röhrchen an, also beim Zusatz von 0,3 Trypsin, genau 
wie bei dem System. 

Durch den Lezithingehalt war also keine Förderung der Trypsinverdauung 
eingetreten. 

Aus diesen Versuchen ersehen wir, daß Cholesterin die tryptische Verdauung 
zu hemmen imstande ist, während das Lezithin keinen wesentlichen Einfluß auf 
die tryptische Verdauung nimmt. 

12. Zusammenfassung der Ergebnisse des Studiums des Cholesterinstoffweehsel 

bei Epilepsie. 

Wenn wir somit die Untersuchungen über den Cholesteringehalt des Serums 
von Epileptikern zum Abschluß bringen, so können wir folgende wichtige Tat¬ 
sachen aus dem Untersuchungsmaterial herausgreifen: l 

1. Bei Epilepsie tritt ein Schwanken des Cholesteringehaltes insofern zutage, 
als die Kurve des Cholesteringehaltes eine bedeutende Abweichung von 
der Norm -zeigt und die Grenzen der normalen Werte häufig um ein Be¬ 
trächtliches überschritten werden. 

2. Bei Vergleich der Cholesterinkurve mit den pathologisch-klinischen Vor¬ 
gängen beim epileptischen Anfall läßt sich beobachten, daß der Cholesterin¬ 
gehalt regelmäßig vor dem Anfalle allmählich ansteigt, mit demselben 
sein Maximum erreicht und nach dem Anfall absinkt, um zu normalen 
Werten zurückzukehren. 

3. Mit diesem Verlauf der Cholesterinkurve parallel geht die Kurve des anti- 
tryptischen Serumtiters, insofern als vor dem Anfalle die Hemmungsfähig- 

5 


C r i n i» , Humorale Lebensvorg&uge 








66 


Zusammenfassung der gesamten humoralen Veränderungen. 


keit des Serams für die tryptische Verdauung allmählich zunimmt, im An- 
falle den Höhepunkt erreicht, um nachher wieder abzusinken. 

4. Dieses antitryptische Verhalten des Serums bei Epilepsie vor und nach dem 
Anlalle ist begründet durch das Auftreten von Antifermenten (Hemmungs- 
körpem). 

5. Antifermente des Serums können durch Ausschütteln mit lipoidlösüehen 
Agenzien wie Äther, Chloroform entfernt werden, was zuerst von Jobling 
festgestellt wurde und ich konnte dasselbe Verhalten auch für die Anti¬ 
fermente im Epileptikerblute nachweisen. 

6. War schon aus dem Löslichkeitsverhalten von Antifermenten eine Ver¬ 
wandtschaft mit den Lipoidkörpern sichergestellt, so gelang es Jobling, 
Petersen und Eggstein die alleinige Abhängigkeit des antitrypUsehen Ver¬ 
haltens des Serums vom Gehalt desselben an Verbindungen von ungesättig¬ 
ten Fettsäuren mit Lipoidkörpern zu beweisen. 

7. Die von mir im epileptischeh Anfalle nachgewiesenen Antifermente können 
sowohl in Beziehung zum antitryptischen Verhalten des Serums als auch 
in Hinsicht ihrer Löslichkeitsverhältnisse als Lipoidkörper bezeichnet werden. 

8. Unter den zahlreichen im Blut anwesenden Lipoidkörpem ist das Chole¬ 
sterin ein fermenthemmendes Lipoid, wie dies aus den vorliegenden Unter¬ 
suchungen hervorgeht 

9. Da nun Cholesterin dje Trypsinverdauung hemmt und die Cholesterinkurve 
bei Epilepsie parallel mit der Antitrypsinkurve verläuft, können wir aus 
diesem Zusammenhänge den Beweis erbringen, daß das antitryptische 
Verhalten des Serums bei. Epilepsie mindestens zu einem Teile auf den 
Cholesteringehalt des Serums vor und im epileptischen Anfalle zurück- 
zuföhren ist 


IV. Zusammenfassung der gesamten humoralen 
Veränderungen bei Epilepsie. 

Überblicken wir nun die Ergebnisse der Untersuchungen über die Stoff¬ 
wechselvorgänge bei Epilepsie, so können wir beobachten, daß die pathologischen 
Stoffwechsel Vorgänge sich in den Körpersäften wiederspiegeln. Es sei daher 
an dieser Stelle unternommen, die humoralen Veränderungen bei Epilepsie an 
den einzelnen Körpersäften übersichtlich zusammenzustellen, wobei das früher 
Ausgeführte mit dem in der vorliegenden Arbeit Gefundenen (fett gedruckt) 
vereint werden soll. 

A. Die pathologischen Veränderungen des Harnes bei Epilepsie. 

1. Schwankungen in der Größe der Hammenge und zwar ist die ausgeschie¬ 
dene Hammenge vor dem Anfalle oft sehr klein, erfährt aber nach dem 
Anfalle eine bald stärker, bald schwächer ausgesprochene Zunahme (F6r6 44 ), 
Rohde 40 ), Rabow 69 ) u. a.) 

2. Das spezifische Gewicht des Harnes zeigt keine regelmäßige Veränderung, 
die etwas Charakteristisches für die Epilepsie und den Anfall enthielte. 
(Zitiert nach Allers 88 )). 



Pathologische Veränderungen des Harnes. 


67 


3. Die Azidität dee Harnes ist nach dem Anfalle vermehrt [Be nedice nti 189 )], 
im anfallsfreien Stadium sind die Schwankungen der Aziditätswerte gering. 
Die Ursache dieser Aziditätsänderungen liegt in der vermehrten Aus¬ 
scheidung von Phosphorsäure und Milchsäure. 

4. Die Werte der anorganischen Bestandteile des Harnes erfahren durch 
den Anfall bei Epilepsie beträchtliche Schwankungen, soweit sich dies 
aus den Untersuchungen des Mineralstoffwechsels, die technisch aller¬ 
dings zu den schwierigsten gehören und nur unvollständig vorliegen, 
ergibt. [Kaufmann 89 ), Allers 38 ).] 

a) Vermehrung der Erdphosphate im Harne nach dem Anfalle, und zwar 
hauptsächlich des Kalziums; ebenso wird Magnesium nach dem 
Anfalle in erhöhtem Maße ausgeschieden (F6r6, Bornstein 68 ) u.a.). 

b) Erhöhung der Phosphorsäureausscheidung nach dem Anfalle; diese 
Erhöhung ist nicht nur auf Rechnung der anorganisch, sondern auch 
der organisch gebundenen Phosphorsäure zu setzen (Alessi 158 ), Men¬ 
del 40 ), Rivano 147 ), Rohde 40 ) u. a.). 

c) Vermehrung des Schwefels als Schwefelsäure im Harne und nach den 
Anfällen. [Kaufmann 89 ).] 

Die Schwefelsäure ist sowohl anorganisch als organisch gebunden 
(gepaarte Schwefelsäure) erhöht. [De Buck 46 ), Guidi und Guerri 78 ), 
Kaufmann 89 ).] 

4. Von größter Bedeutung ist die Stickstoffausscheidung im Harne im An¬ 
falle und im Intervallärstadium, weil wir daraus ja auf den Eiweißstoff¬ 
wechsel schließen können. 

a) Ein typisches Ansteigen der Gesamtstickstoffausscheidung mit den 
Anfällen. Die Kurve der Stickstoffausscheidung geht nach den An¬ 
fällen rasch zurück und sinkt dann oft abnorm tief ab, so daß im 
Intervallär- und präparoxysmalen Stadium eine Stickstoffretention 
anzunehmen ist („zirkulierendes Eiweiß“). [Rohde 40 ), Allers 88 ).] 

b) Die Hamstoffausscheidung ist nach neuesten Untersuchungen 
[Rohde 40 )] nicht typisch und wesentlich gestört. 

c) Die Ammoniakausscheidung steigt in und nach dem Anfalle an und 
geht mit der Aziditätsschwankung des Harnes parallel. [Allers 88 )]. 

d) Die Hamsäureausscheidung ist großen Schwankungen unterworfen, wäh¬ 
rend sie in und nachdem Anfalle meistens erhöht ist [Rohde 40 ), A Ile rs 88 ), 
Tinte mann 78 )], scheinen auch schon im präparoxysmalen Stadium die 
Hamsäurewerte anzusteigen. Sicher ist der Purinstoffwechsel als solcher 
als gestört zu bezeichnen. Darauf ist auch das Auftreten von Paraxanthin 
in erhöhten Mengen nach dem Anfalle zurückzuführen [Rachford 48 )]. 

e) In einem analogen Verhältnis wie die Harnsäure steht auch das Krea¬ 
tinin zum Anfalle, das in und nach den Anfällen in erhöhten Mengen 
im Harne erscheint [Kaufmann 89 ), Allers 88 )]. 

f) Schließlich treten im Harne von Epileptikern nach dem Anfalle adialy- 
sable, stickstoffhaltige Körper auf, die peptidartige Substanzen dar¬ 
zustellen scheinen und die Erhöhung des Aminostickstoffes des Harnes 
nach dem Anfalle begründen [Löwe 78 )]. 


5* 



68 


Zusammenfassung der gesamten humoralen Veränderungen. 


g) Die im Anfälle sehr häufiß beobachtete Albuminurie und Zylindrurie 
[Allers 88 )]. 

5. Während die Zuckerausscheidung im Anfalle in letzterer Zeit bestritten 
wird (Lugiato), ist das Auftreten von Azeton und Azetessigsäure nach 
schweren Anfällen, besonders nach einem Status epilepticus, beschrieben 
worden (Hoppe). 

6. Toxizität des Harnes im und nach dem Anfalle, Bourchard und Voisin, 
gemessen an Tierversuchen durch den Temperatursturz [Pfeiffer und 
Albrecht 160 )]. 

B. Die pathologischen Veränderungen des Blutes hei Epilepsie. 

I. Chemisch-biologische Veränderungen. 

1. Das spezifische Gewicht des Blutes ist nur oberflächlich studiert und soll 
nach Dide 46 ) vor den Anfällen herabgesetzt sein. 

2. Die alkalische Reaktion des Blutes erleidet bei Epilepsie einige Schwan¬ 
kungen, die nach Schulz nicht wesentlich, nach Lui 47 ), Lambranzi 48 ), 
Charon und Briche 49 ), Pugh 60 ) nach den Anfällen beträchtlich ver¬ 
mindert sein soll. 

8. Die Viskosität des Blutes erfährt vor den Anfällen eine Zunahme, nach 
den Anfällen eine Abnahme [Brown 68 )]. 

4. Der Reststickstoff ist nach Krainsky 87 ), Rohde 40 ), Allere 88 ) nach den 
Anfällen vermehrt. 

5. Der Restkolilenstoff zeigt ebenfalls nach den Anfällen eine Erhöhung 
(Mancini zitiert nach Allers). 

6. Der Eiweißgehalt des Serums ist bei Epilepsie typisch verändert, indem er 
als Ausdruck des Blutdruckes mit diesem vor dem Anfalle meist jäh ansteigt 
und nach demselben absinkt (neue eigene Befunde). 

7. Der Cholesteringehalt zeigt charakteristische Schwankungen. Vor dem 
Anfalle Erhöhung, nach dem Anfalle rasches Absinken häufig auf subnor¬ 
male Werte (neue eigene Befunde). 

8. Der Antitrypsingehalt steigt vor dem Anfalle an, erreicht mit diesem 
seinen Höhepunkt, um dann wieder abzusinken [Rosenthal 188 ), Pfeiffer 
und de Crinis 160 ).] 

9. Der Cholesteringehalt verhält sich wie der Antitrypsingehalt (eigene Be¬ 
funde). 

10. Die Oerinnung des Blutes ist vor dem Anfalle verzögert. Diese Verzögerung 
hört unmittelbar nach dem Anfalle auf und macht einem normalen Oerin¬ 
nungsverhalten oder sogar einer Beschleunigung nach dem Anfalle Platz 

(neue eigene Befunde). - 

11. Auftreten von Fermenten im Serum eines Epileptikers, die spezifisch 
sind und gegen einzelne Organe — Schilddrüse, Hoden und Hirnrinde — 
eingestellt sind [Fauser 28 ), Meyer 96 ), Hippel 96 ) und eigene Befunde]. 

Außer diesen Abwehrfermenten im Sinne Abderhaldens konnten 
Pighini 68 ) und Juschtschenko 57 ) Nukleasen feststellen, Fermente, 
die Nukleinsäuren abbauen. 



Veränderungen der übrigen Körpersäfte. 


69 


II. Korpuskulare Veränderungen des Blutes [Hartmann-di Gasero 93 ), 
Zimmermann 111 ), Di Gaspero 11 *)]. 

1. Abfall der Gesamtzahl der weißen Blutkörperchen vor dem Anfalle. Ver¬ 
mehrung aller weißen Blutelemente nach dem Anfalle. 

2. Die Lymphozyten für sich allein genommen schwanken, und zwar so, 
daß eine Vermehrung der Lymphozyten, Lymphozytose, mit dem Anfalle 
zusammenfällt. 

3. Die eosinophilen Elemente sind vor und während der Anfälle vermindert, 
nehmen aber nach den Anfällen wieder zu und überschreiten dabei nor¬ 
male Werte. 

4. Die basophilen Elemente zeigen nur bedeutende Schwankungen ohne 
besondere Charakteristik. 

C. Der Liquor cerebrospinalis. 

Der Liquor zeigt bei Epilepsie im Chemismus nichts Charakteristisches, ist 
jedoch aus bisher unbekannten Gründen im Tierversuch giftig [Donath 86 ), 
Dide und Saquepöe 88 ), Pellegrini 90 ) u. a.]. 

D. Veränderungen des Magensaftes. 

Der Magensaft hat postparoxysmal einen erhöhten Säuregehalt und vor 
dem Anfalle eine Säureverminderung (Fehlen von freier Salzsäure). [Zitiert nach 
Allere 88 ).] 

E. Die Veränderungen der übrigen Körpersafte wie Speichel und Schweiß 
sind noch nicht eindeutig erhoben worden. 

Ich habe die wichtigsten Ergebnisse aus den Stoffwechselversuchen und 
humoralen Befunden in den Kurven 27 und 28 des Anhanges dargestellt. 

In der Kurve 27 habe ich das Diagramm von Rohde in noch die Unter¬ 
suchungsergebnisse über den Eiweißgehalt, Gerinnungsfähigkeit und Cholesterin¬ 
gehalt des Blutes als Ideal werte meiner Untersuchungsergebnisse eingetragen. 

In der Kurve 28 habe ich die von Hartmann und di Gaspero im Hand¬ 
buche Lewandowsky V (Epilepsie) versuchte Darstellung der humoralen 
Veränderungen vom Gesichtspunkte der Eiweißzerfallstoxikose komplettiert, 
indem ich zu dem bisher bekannten Verhalten der weißen Blutelemente Harn¬ 
toxizität des antitryptischen Serumtitres noch meine Ergebnisse von Eiwei߬ 
gehalt, Blutgerinnung und Cholesteringehalt des Blutes kurvenmäßig ein¬ 
gezeichnet habe. 


V. Schlußbetrachtungen. 

Wir sehen somit bei Epilepsie tiefgehende Veränderungen im Chemismus 
der KörperBäfte und es drängt sich die Frage auf, in welcher Beziehung diese 
Veränderungen zum epileptischen Anfall stehen. 

Diese Beziehungen der humoralen Veränderungen zum epileptischen Anfall 
kann eine verschiedenartige sein, und es ergeben sich als nächste Fragen,: 

A. Welche dieser Veränderungen in den Körpersäften sind eine 
wesentliche Bedingung des Anfalles? 



70 


Schlußbotrachtungen. 


B. Welche dieser Veränderungen sind akzidenteller Natur und 

C. Welche dieser Veränderungen sind eine.Begleiterscheinung 
der im Anfalle beanspruchten Funktionen? 

A. 

Bei der Sichtung der vorliegenden humoralen Veränderungen des Epilep¬ 
tikers werden wir zunächst alle jene Veränderungen in den Körpersäften Be¬ 
achtung schenken müssen, von denen wir wissen, daß sie geeignet sein könnten, 
im Organismus eine giftigen Substanzen ähnliche Wirkung zu erzeugen. Wir 
haben darauf hingewiesen, daß sich.schon das Serum an und für sich im Tier¬ 
experiment als giftig erweist. Wenn auch der Befund Agostinis und Colo- 
lians sowie auch Cabittos, daß das Blutplasma nach dem Anfalle bei Ka¬ 
ninchen Krämpfe erzeuge, nicht einwandrfei bestätigt werden konnte, so steht 
doch fest, daß die pathologischen Veränderungen am Serum des Epileptikers 
ein so verändertes biologisches Verhalten zur Folge haben, daß daraus ge¬ 
schlossen werden kann, daß toxische Produkte im Serum vorhanden sind. 

Nur so wäre es zu erklären, daß nach Ceni Epileptikerblut in Hühnereiern 
Mißbildungen hervorruft und das Serum eines Epileptikers nach de Buck nach 
Einverleibung duch Injektion bei’einem anderen Epileptiker anfallerregend wirkt. 

Auch bei vorsichtiger Beurteilung solcher biologischen Versuche, die von 
Nachuntersuchem zum Teil bezweifelt werden, sind wir durch die Hamtoxizität, 
die nach dem Anfalte übereinstimmend bestätigt weiden konnte, meiner Meinung 
nach berechtigt vorauszusetzen, daß bei Epilepsie nach dem Anfalle, in den 
Körpersäften toxisch wirkende Produkte enthalten sind die aus dem Blute 
durch die Nieren ausgeschieden werden können (Pfeiffer). 

Über die chemische Konstitution dieser toxisch wirkenden Körper ist aller¬ 
dings nichts Sicheres bekannt. 

Löwe nimmt an, daß diese Körper identisch sind mit jenen adialysablen, 
stickstoffhaltigen Körpern im Harn, die nach Anfällen vermehrt ausgeschieden 
werden, im Tierexperiment anfallerzeugend wirken und sie sind von ihm als 
„Pesotoxine“ bezeichnet worden. 

Wenn wir aber im Blute vor und während des Anfalles ein toxisches Agens an¬ 
nehmen, daß nach dem Anfalle zumTeilim Blute, sicher aber im Harne nachgewieeen 
wurde, so liegt es nahe, auch anzunehmen, daß diese toxischen Körper mit dem Anfall 
insofern in Beziehung stehen, als sie eine Bedingung für den Anfall darstellen können. 

Die Tatsache des Erscheinens von toxischen Körpern im Harne nach dem 
Anfalle berechtigt vorderhand wohl zur Voraussetzung von der Anwesenheit 
ebensolcher vor und während des Anfalles im Blute. Die Tatsache (Pfeiffer 
und Albrecht), daß in Fällen chronisch epileptischer Veränderung die Toxizität 
des Harnes im Intervallärstadium vorhanden bleibt und vor den Anfällen sinkt, 
legt die ungezwungene Deutung nahe, daß die toxischen Produkte im Serum 
vor dem Anfalle aus irgendeinem Grunde retiniert werden und sie es sind, welche 
ine wesentliche Bedingung zur Auslösung so die Schädigung des Zentral¬ 
nervensystems steigern des epileptischen Anfalles darstellen. 

Ist solcherart ein giftig wirkender Körper in der Blutbahn für die Anfälle 
verantwortlich zu machen, so erhebt sich nun die Frage, wie man sich das Ent¬ 
stehen desselben im Oiganismus des Epileptikers vorzustellen hätte. 



Schlußbetrachtungen. 


71 


Hartmann hat wohl als erster auf greifbare Beziehungen endogener 
Vergiftungen des Nervensystems zu anaphylaktischen Zuständen hingewiesen 
und hat auf Grund der damals bekannten humoralpathologischen Verän¬ 
derungen im anaphylaktischen Schock auf die Analogie mit dem epilep¬ 
tischen Anfalle hingewiesen. Die bekannten Toxizitätsschwankungen im Ham, 
die Veränderungen im Blutbild und der antitryptische Serumtiter sowie die 
jetzt gefundenen Analogien in der Gerinnungsfähigkeit des Blutes und im 
Verhalten des Lipoidstoffwechsels vervollkommnen die Stützen für eine solche 
Anschauung. 

Wie Pfeiffer nun für die Anaphylaxie zur Annahme kommt, daß der ana¬ 
phylaktische Schock einem jäh auf tretenden Vergiftungszustand durch Über¬ 
schwemmung mit giftigen Eiweißspaltprodukten gleichzusetzen ist, so sprechen 
die toxischen humoralen Erscheinungen am Organismus nach dem epileptischen 
Anfalle auch hier für eine analoge Annahme. (Hamtoxizität, Toxizität des 
Serums in biologischer Hinsicht, GerinnimgsVerzögerung.) 

Im anaphylaktischen Zustande sind bei dem mit einer Eiweißart sensibili¬ 
siertem Tiere Fermente nachweisbar, die diese Eiweißart auch in vitro abzubauen 
imstande sind. In Analogie dürfen wir die bei Epilepsie vor, während und nach 
dem Anfalle auf tretenden Fermente, die gegen einzelne Körperorgane eingestellt 
sind, als Erscheinungen einer pathologisch vor sich gehenden Innersekretion 
und eines ebensolchen Stoffwechsels auf fassen. 

Für einen pathologisch ablaufenden Stoffwechsel sprechen aber auch die 
Ergebnisse des Gesamtstoffwechsels, besonders im Intervallärstadium. 

Der Gesamtstoffwechsel zeigt nämlich eine Stickstoffretention im Inter¬ 
vallärstadium, ohne daß es zu einem Eiweißansatz und damit zu einer Änderung 
des Gewichtes käme. 

Allers spricht daher von einer Vermehrung des „zirkulierenden Eiweißes“. 
Ob dieses noch hochmolekular ist oder nicht, ist wohl noch nicht zu entscheiden. 
Immerhin ist es auffällig, daß vor dem Anfalle mit der Retention des zirku¬ 
lierenden Eiweißes auch die Gerinnung des Blutes verzögert ist — wie bei der 
Pepton Vergiftung und dem anaphylaktischen Schock. 

Bemerkenswert ist nun der Zusammenhang mit den humoralen Verände¬ 
rungen, die bisher bekannt sind: 

Im intervallären und präparoxysmalen Stadium Stickstoffretention in der 
Form des hypothetischen „zirkulierenden Eiweißes“. Nach dem Anfalle erscheint 
im Ham ein toxischer Körper (Pfeiffer), der nach Löwe durch das adialysable 
stickstoffhaltige Pesotoxin repräsentiert wird. 

Es ist daher die Ansicht vertretbar, daß die N-Retention vor 
dem Anfall eine wesentliche Bedingung des Anfalles darstelle. 

Auch die Deutung der von mir erhobenen Cholesterinbefunde wird von 
dieser Seite betrachtet möglich. 

Nach Jobling, Peterson und Eggstein haben wir uns den anaphylak¬ 
tischen Schock so vorzustellen, daß durch die Behandlung des sensibilisierten 
Tieres eine Veränderung der Dispersität der kolloidalen Lipoide durch Immun¬ 
vorgänge eintritt. Durch diese Veränderung der Dispersität der Lipoide ändert 
sich auch deren Wirksamkeit. Da nun gewisse Lipoide Hemmungskörper für 
die Fermenttätigkeit darstellen, wird durch ihre Ausschaltung die Ferment- 



72 


Schlußbetraohtungen. 


tätigkeit nicht mehr so reguliert und niedergehalten, als es der Stoffwechsel des 
Organismus erfordert, sondern es werden durch die Fermente jene Körper — 
Eiweißkörper — abgebaut, gegen welche die Fermente gerichtet waren. Bei 
diesem Abbau bilden sich giftige Spaltprodukte, die das Bild des anaphylak¬ 
tischen Schockes verursachen. 

Das Cholesterin ist nun, wie ich gefunden habe, ein Lipoidkörper, der die 
Fermenttätigkeit zu hemmen vermag. 

Es darf daher die Vermutung ausgesprochen werden, daß im Sonderfalle der 
Epilepsie der Organismus in seinem Bestreben, die Fermenttätigkeit (die ja 
vor dem Anfalle durch Stoffwechselvorgänge eine Veränderung erfährt), nieder¬ 
zuhalten zur Ausschüttung seines Cholesterindepots in die Blutbahn gezwungen 
ist. Es wäre daher dieses Bestreben des Organismus als ein Selbstschutz zu 
bezeichnen, der manchmal ausreichen wird, um den epileptischen Anfall zu 
verhindern (Serologisches Äquivalent). 

Außer den chemisch noch nicht genauer erfaßbaren, nur durch ihre biologische 
Wirksamkeit erkannten toxischen Produkten einer Stoffwechselstörung beim 
epileptischen Anfalle kommt eine wachsende Bedeutung auch den Schwan¬ 
kungen der Harnsäure, nach Rachford insbesondere des Paraxanthius (eines 
Methyl purins) zu. 

Sie wird als anfallerregend bezeichnet und konnte nach dem Anfalle auch 
in erhöhten Mengen im Harne nach gewiesen werden. 

Auch diese Produkte entstammen dem Eiweißstoffwechsel (der Nukleo- 
proteide) und ist ihre pathologische Vermehrung ein Teilbestand der allgemeinen 
epileptischen Stoffwechselstörung. Es kommt ihnen deshalb eine besondere 
Bedeutung zu weil sie bisher nur bei Epilepsie und Migräne beobachtet wurden. 

Zählen wir die oben angeführten humoralen Veränderungen zu den wesent 
liehen Bedingungen für den Anfall, so lassen sich andere humorale Verände 
rungen auf diese zurückführen. 

Vor allem sind die Gerinnungserscheinungen bei Epilepsie vor dem Anfall 
auf die Anreicherung des Blutes mit hochmolekularen Eiweißspaltprodukten 
(„zirkulierendes Eiweiß“), wie wir das schon oben ausführten, zu beziehen. 

Auch die Steigerung des Antitrypsingehaltee des Blutes ist eine Erscheinung 
welche von der Cholesterinerhöhung vor dem Anfalle abhängig ist, wie ich dies 
auch experimentell verfolgen konnte. 

Nicht zuletzt ist auch die Abnahme der Gesamtzahl der weißen Blutzellen 
ein Symptom für die Überschwemmung des Organismus mit giftigen Eiweiß- 
spaltprodukten, genau so wie beim anaphylaktischen Schock und der Pepton¬ 
vergiftung. 

B. 

Für gewisse andere Erscheinungen im humoralpathologischen Verhalten 
können wir vorläufig annehmen, daß sie akzidenteller Art sind, oder mit dem 
Anfalle in zunächst noch nicht greifbaren, jedenfalls aber nicht in unmittelbar 
ursächlichen Beziehungen steht. 

Hieher gehört vor allem die Erhöhung des Serumeiweißgehaltes vor dem 
Anfall und der Abfall desselben nach dem Anfall. Wie ich zeigen konnte, ist der 
Serumeiweißgehalt vom Blutdrucke abhängig und er steht in einem direkt 
proportionalen Verhältnis zu ihm. 



Schluß Betrachtungen. 


73 


Die typischen Schwankungen des Serumeiweißgehaltes sind daher nichts 
anderes als der Ausdruck der Blutdruckschwankungen bei Epilepsie. 

Daß die Blutdruckveränderungen ihrerseits aber wieder von anderen, bisher 
noch nicht erfaßten Störungen im Organismus hervorgerufen werden, ist wohl 
sicherstehend. 

Ob diese die Blutdruckschwankungen hervorrufenden Störungen im Organis¬ 
mus für die Pathogenese der Anfälle von wesentlicher Bedeutung sind, ist vor¬ 
läufig noch nicht ermittelt worden. Nach den vor dem Anfalle gefundenen 
Blutdruckerhöhungen wäre wohl zu erwarten, daß durch die Blutdrucksteigerung 
auch der Filtrationsdruck der Nieren und damit auch die Harnausscheidung 
vermehrt werden sollte. Wenn daher vor dem Anfalle die Hammenge von 
einzelnen Autoren klein gefunden wurde, so liegt darin ein bemerkenswerter 
Widerspruch, der auf eine Nierenschädigung bei Epilepsie vor und im Anfall 
zurückgeführt werden kann; hat ja auch Allers eine solche für das Zustande¬ 
kommen der paroxysmalen Albuminurie und der Zylindrurie angenommen 
(Säurequellung). 

C. 

Die humoralen Veränderungen, welche endlich als Begleiterscheinung der 
im Anfalle beanspruchten Funktion aufzufassen sind, sind durch die Stoff¬ 
wechselversuche besser geklärt. 

So können wir gewisse Erscheinungen auf die motorische Inanspruchnahme 
des Organismus zurückführen, und zwar vor allem auf die Muskeltätigkeit, und 
die Sauerstoff Verarmung durch die Atmungsbehinderung. Die erhöhte Muskel¬ 
tätigkeit hat einen erhöhten Stickstoffstoffwechsel zur Folge, da durch die 
erhöhte Muskelarbeit im Anfalle Muskeleiweiß zugrunde geht. Daher Steigerung 
der Gesamtstickstoffausfuhr, Vermehrung der Kreatininausscheidung im Ham; 
auf die gesteigerte Muskeltätigkeit im Anfalle ist auch die Erhöhung der Phos¬ 
phorsäure-, Schwefelsäure- und Milchsäurewerte zurückzuführen, wodurch die 
H-Ionenkonzentration (Azidität) im Blute und im Harne eine Steigerung erfährt . 
Dagegen sucht sich der Organismus zu schützen, indem er den Stickstoff der 
Hamstoffbildung entzieht und ihn in Form von Ammoniak an Säuregruppen 
als Salz bindet. Die Ammoniak- und die Ammoniakstickstoff werte, welche den 
Ausdruck der imvollständig verbrannten Eiweißkörper sind, sind auch der 
Grund der Erhöhung des Reststickstoffes nach dem Anfall. 

Haben wir für die Deutung bisher besprochener Veränderungen im Chemis¬ 
mus der Körperflüssigkeiten Anhaltspunkte im Stoffwechsel des Epileptikers 
gefunden, so stehen andere humorale Veränderungen noch zur Diskussion. 

So sei auf die Veränderung des Magensaftes hingewiesen, der vor dem Anfalle 
eine Säureverminderung aufweist, die dann nach dem Anfalle einer Erhöhung 
der Säurewerte Platz macht. Können wir die Säure Vermehrung nach dem An 
fall auf die Aziditätszunahme im Blut zurückführen, so fehlt uns die Erklärung 
für die Säureabnahme vor dem Anfalle. Daß diese Säureabnahme vor dem 
Anfalle dys peptische Verdauungsstörungen zur Folge haben kann, die ihrerseits 
wieder intestinale Intoxikationen hervorrufen können, sei nur andeutungsweise 
erwähnt. 



74 


Schlußbetrachtungen. 


Di© Ansicht Allers, die präparoxysmalen Veränderungen des epileptischen 
Anfalles von den postparoxysmalen grundsätzlich zu trennen, erfährt daher 
durch meine Befunde eine weitere Stütze. 

Es bleibt ein großes Verdienst Allers, die bis «dahin ziemlich regellos fest- 
gestellten Einzeltatsachen des pathologischen Stoffwechsels in klare Beziehungen 
zu den klinischen Erscheinungen gebracht zu haben. Er darf wohl als der erste 
bezeichnet werden, welcher durch die Annahme der Retention des Stickstoffes 
in Form des „zirkulierenden Eiweißes“ im präparoxyBmalen Stadium den Kern¬ 
punkt der Beziehungen zwischen Stoffwechselstörungen und Anfall erfaßt zu haben. 

Wir ersehen aus den Ergebnissen der Stoffwechselchemie und dem Studium 
der humoralen Veränderungen bei Epilepsie, daß die fermentativen Vorgänge 
des Stoffwechsels eine wesentliche Abänderung erfahren haben müssen. 

Es darf nach allem mit größter Wahrscheinlichkeit als feststehend bezeich¬ 
net werden, daß toxische Zwischenprodukte des Eiweißstoffwechsels das Er¬ 
gebnis dieses pathologischen Vorganges sind. 

Mit gleiche^ Sicherheit darf diesen toxischen Produkten die krampferregende 
Wirkung beigKfcessen werden. 

Die fermentativen Stoffwechselvorgänge sind von dem hemmenden oder 
fördernden Einflüsse der Lipoide abhängig. Diese können demnach als deren 
Regulatoren bezeichnet werden. 

Infolge der von mir beim epileptischen Anfalle gefundenen Veränderungen 
des Lipoidstoffwechsels, zunächst des Cholesterins, wird ein neuer Ausgangs¬ 
punkt für die Einleitung des pathologischen Stoffwechselablaufes beim epilep¬ 
tischen Anfalle aufgedeckt. 

Hat die von Hartmann angenommene Analogie des anaphylaktischen Schocks 
mit dem epileptischen Anfalle durch die seitherigen Ergebnisse der Stoffwechsel¬ 
untersuchungen und humoralen Veränderungen noch weitere Stützen erhalten, 
so glaube ich mich auf Grund meiner Ergebnisse in Hinsicht der die Ferment¬ 
wirkung hemmende Leistung des Cholesterins zur Annahme berechtigt, daß auch 
im anaphylaktischen Schock der pathologische Ablauf der Fermentwirkung (Stoff¬ 
wechsel) durch eine Beeinträchtigung der Leistungen von Lipoiden, speziell des 
Cholesterins, eingeleitet wird. 

Die von mir auf Grundlage dieser Tatsachen im Lipoidstoffwechsel begonnenen 
Versuche der Behandlung des epileptischen Anfalles haben bisher außerordent¬ 
lich günstige Erfolge aufzuweisen und bestätigen praktisch die Ergebnisse 
meiner Untersuchungen 1 ). 

*) Wird anderwärts veröffentlicht. H. Pfeiffer hat auf diese meine Versuche schon 
in einem Vorträge (Wien. klin. Wochenschr. 1919, Nr. 52) hingewiesen. 



VI. Kurvenmößige Darstellung der Ergebnisse aus den 
Stoffwechselversuchen und den humoralen Befunden. 




N Ausfuhr in g 
NH t Ausfuhr in g 

H HarnsAureausfuhr ln 0,1 g 
HM Harn menge in 100 cm* 

Körpergewicht ln kg. 

P PhosphorsAure 
T Temperatur 

A AxiditAt in 100 cm* ~ N-Säure 
3 Azidität d. Ätherextrakte in 100 cm* ~ N-Säure 
Ch Cholesterin in 0,1% 

B Eiweißgehalt in % 

O Gerinnung in Minuten 


Karre 27. Stoffwechseldiagr&mm nach Rohde, durch die eigenen Befunde vervollständigt. 

















ilMmärn 



Kurve 28. Kurvenmäßige Darstellung der humoralen 
Veränderungen vor, im und naoh dem Anfalle. 



VII. Literatur. 

Einleitung A. 

1. Zitiert nach H. Pfeiffer, Das Problem der Eiweißanaphylaxie. Fischer, Jena 1910. 

2. Lewis, Joum. of experim. med. 1907. 

3. Flexner, Joum. of experim. med. 1908. 

4. Hericourt und Riohet, Conipt. rend. de la soo. de bioL 1898. 

5. Behring und Kitachima, Berl. klin. Woohenschr. 1901. 

6. Knorr, Habilitationsschrift Marburg 1895. 

7. Salomonson und Madsen, Ann. de l’inst. Pasteur 1897. 

8. v. Pirquet und Schick, Die Serumkrankheit. Leipzig-Wien 1905. 

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10. Wolff - Eisner, Das Heufieber. München, Lehmann 1906. 

11. Weiohard und Pilz, Experimentelle Studien über Eklampsie. Münch, med. Wochen¬ 

schrift 1906. 

12. Rose na n und Anderson, Joum. of the Amer. med. assoc. 62. 1906. 

13. R. Franz, Wien. klin. Wochensohr. 1911, Nr. 51; Arch. f. Gynäkol. 96, Nr. 1. 

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1911. 

15. Zit. nach Friedberger, 1. c. 

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Heft 1. 

b) Pfeiffer und Mita, Zeitschr. f. Immunitätsfor«>ch. 4. 1909; 6, Heft 1 u. 5. 1910. 
o) Pfeiffer und Albrecht, Zeitschr. f. d. ges. Neurol. u. Psych. 9 , Heft 3. 1912. 

d) Pfeiffer und Jarisoh, Zeitschr. f. Immunitätsforsch. 16. 1912. 

e) Pfeiffer, Neue Gesichtspunkte zum Nachweis von Eiweißzerfallstoxikosen. Mitt. 

d. Ver. d. Ärzte in Steierm. 1912, Nr. 8. 

f) Pfeiffer und de Crinis, Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psych. 18, Heft 4. 1913. 

17. Jasch, Münch, med. Wochenschr. 1913. 

18. I. Rosenthal, Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psych. 1910. 

19. Simonelli, Riv. di Pathoiogica nervosa e mentale 1910. 

20. Juschtschenko, Zeitsohr. f. d. ges. Neur. u. Psych. 8. Heft 2. 1911. 

21. R. Franz, Arch. f. Gynäkol. 191^. 

22. Abderhalden und Pinkussohn sowie andere Mitarbeiter zahlreicher Arbeiten in 

der Zeitschr. f. phyoikaL Chemie 1909—1911. 

23. Fauser, Münch, med. Wochenschr. 1913, Nr. 11. 

24. Binswanger, Münch, med. Wochenschr. 1913, Nr. 42. 

25. Wege ner, Münch, med. Wochenschr. 1913, S. 1197; 1914, S. 15. 

26. Kafka, Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psych. 18. 1913; Med. klin. Wochenschr. 1914, 

Nr. 4. 

27. Johannes Fischer, Dtsch. med. Wochenschr. 1913, Nr. 44. 

28. de Crinis, Fermentforschung I, Heft 4. 

29. Jessen, Med. Klin. 9. 1913. 

30. La'mpä, Münch, med. Wochenschr. 61. 1914. 

31. Abderhalden, Fermentforschung 1. 

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44 . Fer6, zit. nach Kraepelin, Psychiatrie 1913. 

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