LbZ
XXX/
54
THE
ßostodl p. Homer Xibrarg
THE GIFT OF
ROSWELL P. FLOWER
FOR THE USE OF
THE N. Y. STATE VETERINARY COLLEGE.
1897
3 1924 053 146 571
(fritier: WotaM lür MeiUe oii Viebzoeht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
JDx.
Vierundfünfzigster Jahrgang (Jahr 1910).
München 1911.
Expedition und Druck von J. Gotteswinter, München.
"Lb 2.
XXxV r*/
Alphabetische Inhalts-Obersicht.
(Die Ziffern zeigen die Seiten an. Bei Originalien ist die Zahl
fett gedruckt.)
Sach-Register.
A.
Abgang studentischer Korps von der Münchener Tierärztlichen
Hochschule 535.
, Abszeß a. d. Brustwand infolge Fremdkörpers bei einem Stier 609.
Achillessehne, Durchtrennung ders. 293; — bei einem Hund 860.
Adipositas, Behandlung der — mit Schilddrüsenpriiparaten 714.
Adrenalin, Berichtigung über die Verwendung von - 348.
Akarusräude 711; — beim Pferd 9.
Aktinomykosis, Behandlung ders. 358, 424; - der Nasengänge 376;
— deB öamenstranges 454; — ein interessanter Fall von — 403.
Alypin 177.
Atnorphus globosus 134 , 192 .
Anämie, bösartige — bei einem Pferde 230; — perniziöse, ist die
Poikilocythose ein Merkmal derselben? 425.
Anteflexio uteri bei einer Stute 417 .
Antiruhr 353.
Antiperiostin contra Cantharidol 382.
Aperitol 579.
Arsacetin 580.
Arsenikvergiftung beim Geflügel 629.
Arsenophenylglyzerin 580.
Arthritis metastatica, Behandlung der mit Jedipin 764.
Arzneimittel 596 , 607 .
Askariden, massenhaftes Vorkommen von 250.
Asthma bronchiale des Pferdes 857.
Asurol 313.
Atrichie beim Kalb 318.
Audienz 238.
Augenanomalie 667.
Augen d. Militärpferde, Beitrag z. Gesundheitszustand der 317.
Augenentzündung, periodische — 377; unheilbare — bei einer tauben
Kuh 605.
Augenheilmittel 115.
Ausstellung für Landwirtschaft in Buenos-Aires 319.
IV
B.
Ballfest des S. C. der Tierärztlichen Hochschule München 71.
Bauchbruch bei einem Pferd 843.
Bauchvertikallage bei einem Pferde 356, 694.
Bauchwandabszeß infolge eines Fremdkörpers 270, 541.
Bauchwunde mit Darmvorfall 386.
Beförderung 750.
Behring'sche Tuberkuloseimpfverfahren etc., weitere Beobach¬
tungen in der Praxis über das — 08.
Belegen der Stuten vor dem 9. Tage 850, 805.
Beschälseuche 511; zur Ätiologie der — 512.
Beugesehnen, Durchschneidung der — 231.
Bienenzucht, Förderung der - durch die preußische Staatsbalm¬
verwaltung 318.
Bierhefe, Einfluß der — auf den Organismus 10; als Futter¬
mittel 714; — in der Therapie 861.
Blasenkarzinom bei einer Kuh 179.
ßlasenlähmung beim Hund infolge verzögerter Geburt 589.
Blasenstein, Entfernung eines — bei einem Pferd 792.
Blasenvorfall 146.
Blinddarm. Invagination des — bei einem Rind 21.
Blutlleckenkrankheit des Rindes 190.
Blutverwandtschaft und Serumreaktion bei Salmoniden 09.
Botryomykose 563.
Brennen mit dem Decherry-Autokauter, Mißerfolge beiin 293.
Brüller t 533.
Brustseuche, Behandlung der — mit Atoxyl 779.
Bücherschau:
Altersbestimmung bei Kälbern etc. von Schulze 017.
Atlas der Anatomie des Pferdes von Schmaltz 55.
Bericht über die Tätigkeit des bakteriol. Instituts zu Halle
pro 1908/09 von Raebiger 300.
Das bayer. Pferdeversicherungsgesetz samt dem Normal¬
statut von Dr. v. Haag 885.
Der Fuß des Pferdes in Rücksicht auf Bau, Verrichtungen.
Hufbeschlag etc. von Lungwitz 530.
Der Lehrmeister im Hufbeschlag von Lungwitz 431.
Deutscher Veterinärkalender von Schmaltz 838.
Die Beurteilungslehre des Rindes von Pusch 553.
Die Diagnostik der anzeigepflichtigen Form der Tuberkulose
von Rautmann 822.
Die Embryotomie d. Brust- u. Beckengürtels von Pflanz 220.
Die Fohlenlähme, ihre Entstehung. Heilung und Verhütung
von Väth 500.
Die staatlichen Maßnahmen zur Hebung der Rindviehzucht
in der Schweiz von Rehsteiner 805.
Die Sterilität der Kühe von Albrechtseu 202.
Die Vererbung der Körperteile und des Geschlechtes von
Müller 446.
Die Zucht eines edlen Pferdes im Großherzogtum Baden von
Hink 367.
Dissertationen 333.
Geburtshilfe beim Rind von De Bruin 085.
Geriehtl. Entscheidungen des 1. Jahrzehnts des Bürgerlichen
Gesetzbuchs über Viehkauf von Stölzle 750.
V
Grundriß der klinischen Diagnostik und der inneren Krank¬
heiten der Haustiere von Malkmus 584.
Handbuch der Milchkunde von Rievel 718.
Handlexikon der tierärztlichen Praxis von Ubele 87.
Haus- und Nutzgeflügelzucht von Baldamus 570.
Jahrbuch für wissenschaftliche und praktische Tierzucht von
der Deutschen Gesellschaft für Ziichtungskunde 703.
Jahresbericht über die Leistungen auf dem Gebiete der
Veterinärmedizin von Ellenberger u. Schütz 36, 854.
Kompendium der angewandten Bakteriologie von Glage 460.
Kompendium der speziellen Chirurgie von Fröhner 668.
Lage d. Eingeweide d. Haustiere etc. von Schneidemühl 366.
Lebensbilder aus der Tierwelt von G. Meerwarth 280.
Lehrbuch der vergleichenden Physiologie von Ellenberger
und Scheunert 399.
Liederbuch für deutsche Tierärzte von Pütz und Koch 351.
Neubildungen der Nasenhöhle und Nasennebenhöhlen des
Pferdes von Kernbach 104.
Physiologie der Menschen und der Säugetiere von Du Bois
Reymond 319.
Ratschläge zur Gesunderhaltung der Pferde und zur Ver¬
hinderung von Pferdeverlusten von Himmelstoß 155.
Respiratorische Stoffwechselforschung und ihre Bedeutung
f. d. Nutztierhaltung u. Tierheilkunde v. Piiehtner 187.
Schaper’s Taschenbuch der Tierärztlichen Hochschulen des
Deutschen Reiches 138, 839.
Schaper’s Taschenbuch für die landwirtschaftliche Tierzucht
für 1910 351.
Uber Blutlinien u. Verwandtschaftszuchten etc. v. Peters 334.
Vademeeum der tierärztlichen Geburtshilfe von Scheibel 855.
Veterinärkalender für das Jahr 1911 von Rautenberg 821.
Versorgung der Städte mit Milch von t'leviseh 123.
Zur Einführung in’s akademische Leben 170.
Zur Sichtbarkeit des Schweinepesterregers von Rüther 300.
Büffelfleisch als Nahrungsmittel, Wert des 729
Büffelkühe, Laktation der — 380.
Bujatrik. ein Stück 673.
C.
Catgut oder unresorbierbares Fadenmaterial 165.
Cervix, Verwachsung der — nach Torsio uteri 250; Rigidität
der — 692; — Verwachsung der — 692.
Cheyne-Stoke’sches Atemphänomen bei einem Pferd 117.
Chirurgisches 422.
Chloroformnarkose beim Schwein 373.
Coenurusblase im verlängerten Mark eines Rindes 844.
Collargolbehandlung bei septischen Erkrankungen 27.
Corps „Vandalia“, 40. Stiftungsfest 481.
Creoliniiniment, Wirkung des — auf Hautparasiten 834.
Cryptorchidie und Hermaphrodismus 184.
1 >.
Danksagung 365 .
Dampf 145; — Beitrag zur Untersuchung auf — 195.
Darm, Neubildung am — 231.
Darmstich mit einer Hohlnadel 409.
VI
Darmverlagerung beim Pferd 5; — zur Therapie der - 409.
Darmverletzungen bei Pferden 573.
Darmvorfall nach der Kastration 490.
Dasselfliege, Bekämpfung der — 150. 165: - Erkrankung infolge
von — 612.
Deckhengst, Erwerbung eines erstklassigen — 51, 102; - für das
bayerische Landgestüt 853.
Demodex folliculorum des Menschen und der Tiere 10.
Deservitenforderung im Konkursverfahren, Anmeldung der tier¬
ärztlichen — 802.
Deutsche Gesellschaft für Züchtungskunde 649.
Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft, Jubiläumsfeier in Berlin 884.
Diastasolin, Beobachtungen über die Wirkung des 49.
Digistrophan und Digistrophandiuretikum 817.
Dissertationen 333, 383, 571.
Distomum felinum, Infektion mit — 295.
Doktortitel, Anerkennung des Schweizer 583.
Doppelmißbildung 356.
Dr. med. dent. 869.
Dr. phil., Führung des in Bern erworbenen 138.
Druse-Impfungen gegen — nach Jeß-Piorkowski 182; — metasta-
tischer Abszeß nach — 813; — Neubildungen in der Bauch¬
höhle nach — 842.
Dünndarm, Inkarzeration des — in einem Biß des Mastdarm-
gekröses 1; — Verschlingung durch ein Lipom 472.
Düten, Sarkom der bei einer Kuh 845.
Dunstkälber 693.
E.
Echinacea angustifolia 28.
Eitrung 13, 70, 104, 186; — eines Tierarztes durch Landwirte 883.
Eihautsack, ödem des — 754.
Eihautwassersucht bei einem Rind 754.
Einfluß der Geschlechtsfunktionen auf den Stoffwechsel 349; der
Bewegung auf die Entwicklung der Organe 744.
Eklampsia puerperalis bei einer Kuh 611; - zur Ätiologie der 879.
Ekzem beim Hunde 7: — Behandlung des - bei Pferden 272:
bei der Kuh 525.
Entropium der obereu Augenlider 81.
Epilepsie, Mitteilung über Verwendung des Kochsalzes bei Be¬
handlung der — 728.
Epitheliom 791.
Epulis myxomatosa beim Rind 149.
Erbrechen beim Pferd 697, 814.
Erkrankung, rätselhafte — 627.
Ernennung 515.
Erratischer Zahn, Entfernung eines beim Pferd 812.
Ersatzpräparate 289.
Eserin, wird altes unwirksam 273.
Euphilin 565.
Eusemin 313.
Euter, Blutung aus dem - 472.
Experiment in Pathologie und Tierzucht, Bedeutung desselben 700.
Extraktor für Geburtshilfe 492.
Extractum Digitalis depuratum 878.
VII
F.
Federnverbildung bei einem Kanarienvogel, liauthornartige 180.
Fibrolysin, über den therapeutischen Wert des — 212.
Fibrome beim Rind, teleangiektatische 8.
Fibrosarkom 793.
Fisteln, Heilung der — durch Palliativoperation 759.
Fleisch, septisches — mit Medikamentengeruch 458; — mit Geruch
nach Fütterung von Rübenschnitzeln 494.
Fleischansatz beim Wiederkäuer, Wirkung des Eiweißes auf — 304.
Fleischbeschau 218; — und praktische Tierärzte 648, 683; — inter¬
essante Befunde bei der 830.
Fleischkonservierung 412.
Fleischsaumentzündung, Behandlung der chronischen - 548.
Fleischteuerung 617.
Fleisch- und Trichinenschauer Deutschlands, Zahl der - 004; —
Landesverband der — 717: — Betrachtungen über den Stand
der — 738, 755, 776.
Folgen der Nichtbeachtung seuchenpolizeilicher Bestimmungen 819.
Fohlenaufzuchtsanstalten in Bayern 442; — in Ritterswörth 495.
Formalinlösung (3 %ige) 764.
Formäthrolpräparate, ein Beitrag zur Wirkung der — 455.
Förster Prof. Dr. t 736.
Fremdkörper, im Schlund 358; — im Maule 440; — ein ver¬
schluckter — 552; — Indigestion infolge — 598: im Herzen
einer Kuh 753.
Fruchtwasser, Infektion des — 626.
Fütterungsrehe 793.
Fütterungsversuche an Milchkühen 429.
Futter, Merkblatt über die Behandlung von verdorbenem 799.
e.
Gallenblase, myxomatöse Entartung der — bei einem Schwein 090.
Galtier, Prof., zum Andenken an — 300.
Gasphlegmone bei einer Kuh 847.
Gebärneurose beim Rind 846.
Gebärparese 7, 272, 472, 815; — über die Ätiologie der 621, 637,
656; — Vererbung der Anlage zur — 877.
Gebärpareseähnliche Erkrankung bei einer Kuh 846.
Geburtshilfe bei Pferden, einige Beobachtungen in der 245, 265;
— bei Kühen 404.
Geburtshindernis, durch Bildungsanomalie des fötalen Rinder¬
darmes veranlaßt 809.
Geburtsrauschbrandähnliche Erkrankung 595.
Geflügelzucht, Propaganda in der — 395.
Gehalts- und Pensionsverhältnisse der Oberamtstierärzte Württem¬
bergs 137, 299.
Gehirnhyperämie, hochgradige bei einem Hunde 208.
Gehirnkapsel, Verletzung der — 130.
Gehirnreizungserscheinungen, einseitige 177.
Gehirnwassersucht, chronische 26.
Gelbe Rüben, Fütterungsversuche mit - 485, 506.
Gelenkrheumatismus 877.
Geloduritkapseln 565.
(Jeneralversammlung des Vereins zur Förderung der Pferdezucht
in Bayern 101; — zur Förderung der Traberzucht in Bayern
VIII
1135; des Tierärztl. Kreisvereins von Niederbayern 589;
- von Unterfranken 602 ; — von Oberfranken 766 ; -- von
Schwaben u. Neuburg 715 ; — von Mittelfranken 497 .
Genickstarre und Genickfisteln 359.
Goschlechtsbeeintlussung in der Rindeizucht, eigenartige 53.
Geschlechtsorgane, Mißbildung an denselben 339 .
Geschlechtsgeruch bei unkastrierten Ziegenböcken 4(30.
(Jeschwulst in der Schilddrüsengegend bei einem Hund, zystoide
— 457.
Glutamin 611.
H.
Haag, Exzellenz von — 735 .
Habilitation 500.
Habilitationsordnung f. d. Tierärztl. Hochschule in München 277.
Haematoma ilei 707 .
I lamoglobinämie des Rindes, Bekämpfung der 185; Schutz¬
impfung gegen 279: - ein schwerer Fall von bei einem
Pferd 522 .
Hämophilie, über die Patliogene.se der angeborenen 698.
Haferwert 11.
Harninfiltration bei einem Ochsen, hochgradige 96.
Harnstein bei einem Ochsen 358 , 667 ; — bei einem Fohlen 695 ;
im linken Harnleiter bei einer Kuh 640.
Hautdesinfektion nach Grossich 99.
Hausrind, düstere Bilder aus dem Leben unseres 395.
Haustiere in Deutsch-Ostafrika, die Verwertung der als Ver¬
kehrsmittel und die Halbmaskatzucht 880.
Hefe als Futtermittel, getrocknete 781.
I lermaphrodisie 563.
Hernia diaphragmatica 709.
Herpes tonsurans 24 , 605 .
Herzklopfen bei einer Kuh, starkes 403.
llerzlähmung nach behobener Uterustorsion 694.
Herzruptur, Tod durch — 292.
H e r z v e r ä n d e r u 11 g e n 148.
Hinken, intermittierendes 843.
Hirnsubstanz, Induration der 209.
Hiiftgelenksentzündung 6; chronische 141: eiterige 490.
Hitzschlag 842.
Iliihnercholerabakterien bei durchseuchten Tieren, über dir» Aus¬
scheidung von virulenten — 662.
Hühnereier, Übertragung von Krankheitserregern durch 8(33.
Ilufknorpel, Exstirpation der verknöcherten — 825 .
Hundestaupe, Serumtherapie bei — 164.
Hygienol 8. 565.
Hyperämie als Heilmittel 329.
Hyperästhesie ( ?) bei einem Pferde 210 .
I .
Ichtiiynat 7.
lmmunisierungs\erfahren nach Kliinmer 874.
Inaiigurationsfeier in Wien 804.
Informationskurs 200.
Intratracheale Injektionen mit dem Spray-Apparat 712.
Ischias hei einem Wagonpferd (>44.
IX
J.
Jahresbericht des Pinzgauer Zuchtverbandes 197; - des Ver¬
bandes für gelbes Frankenvieh, Abteilung Unterfranken. 275.
Jensen, Prof., Ehrung 768.
Jersey-Kühe, Aufnahmebedingungen in das Herdbuch der 198.
Jodipin, zur Wirkung des — 841.
Jodtherapie bei Fohlenlähnie 225.
Johne, Prof., t 853, 867.
Josorptol, über einige Versuche mit — 631; Resultate bei der
Behandlung mit — 848.
Jothion 579.
Jubiläum 398, 532, 568, 701.
K.
Kälberdurchfall 7.
Kälberfütterungsversuche mit Magermilch bei Zusatz von ver¬
zuckerter Stärke 32.
Kälberhusten, gibt es einen ? 580.
Kälberpneumonie, prophylaktische Behandlung der — 234.
Kälberseuchen und -Aufzucht 162.
Kaisergeburtstagsfeier in Berlin und Hannover 122.
Kalbefieber, eine neue Art von — 211: — interessante Fälle von
— 423.
Kamele, Behaarung der — 832.
Karpalbeule beim Rinde, Behandlung der — 828.
Karpalgelenk, chronische Erkrankung des — bei Rindern 557 ; —
Ausmeißelung einer 250 g schweren Knochenmasse aus dem
— 727.
Kartoffelfütterung an Pferde 52, 363.
Kartoffeltrocknungsverfahren „Papka“ mit Eiweißgewinnung 100.
Kastration von Kühen 289; — von Hündinnen 345.
Katarrhalfieber der Rinder, bösartiges — 828.
Kehlkopftuberkulose 579.
Keuchhusten der Hunde 385.
Kieferlähmung, genuine 847.
Kinnbackendrüse, Entzündung und Nekrose der linken 25.
Klauenbein, Eiterung am — 175; — Amputation des - 344.
Klauenzange, eine neue -- 526.
Kniescheibe, Verrenkung der — 862.
Koch Robert t 397.
Körperbewegung, Einfluß der — auf Verdauung und Nährstoff¬
absorption beim Pferde 381.
Körgesetz 30.
Kohlefressen bei einem Hunde 612.
Kohlensäurew'irkung auf die Atmung der Wirbeltiere u. Fische 424.
Kolikbehandlung nach Theorie und Praxis 695.
Kolik infolge Aufnahme von mennigehaltigem Wasser 315; — in¬
folge eines Mastdarmlipoms 829.
Konfiskatengefäß 185, 343.
Koppen, zur Ätiologie und Behandlung des - 289.
Koprostase 144.
Korps, Abgang der — von der Tierärztl. Hochschule München 535.
Kretinismus bei Tieren, über endemischen 131, 148.
Kreuzschwäche 146.
Kronbeinbeuger, Durchschneidung des — 455.
X
Kruppe, starke Verletzung der - 776.
Kiilin-Ifalle t 298
JL.
Lähmung infolge unbekannter Ursache 49; des Angesichts-
nerveu bei eiterigem Katarrhe des äußeren Gehörganges 117.
Laktation ohne Trächtigkeit 145.
Landespferde Versicherungsanstalt 183.
Landesveterinäramt in Preußen 413.
Landes Versicherungsanstalt 235.
Lebensmittelkontrolle, zum Kapitel - 401.
Leberadenome bei Rindern 232, 743.
Leberapoplexie beim Schwein 696.
Leberverletzung beim Pferd 163.
Lecksucht der Kälber 875.
Leukämie des Rindes und ihre Beziehungen zur Tuberkulose, die
--.798.
Leukofermantin 213.
Literatur 571.
Lumbalinjektion, die — 369, 388, 406.
Lungenemphysem beim Rind 576.
Lymphomatöse bei einer Kuh 312.
Lysolaufnahme, starke Schwellung am Korde eines Pferdes nach
-- 812.
M.
Maceratio foeti 693.
Mängelanzeige im Gewährschaftsrecht, die — 653, 726.
Magenfistel bei einer Wachtel 474.
Malignes ödem am Schlauch eines Ochsen 489, 594.
Mastdarmdivertikel 405.
Mastdarmdrehung bei einer Stute 162, 510, 609.
Mastdarmverletzung durch eine Wagendeichsel 387.
Mastdarmvorfall beim Schwein 96.
Mastdarmzerreißung 678.
Mastitis gangraenosa, rasche Entstehung der — 473.
Mastviehausstellung, bayerische 836.
Maul- und Klauenseuche, Maßnahmen gegen die 749: -- am
Schlachthof München 749; — eine ähnliche Erkrankung —
773, 786: — Stand der — 804. 820, 838, 854. 870. 884.
Medizinal- und Veterinärwesen 17.
Melasse, Fütterung mit — 380.
Melkvieh. Futter für - 215.
Metrorrhagie beim Rind — 661.
Milchbestrahlung mit ultraviolettem Licht 270.
Milchhygiene, Kurs in der — 186, 333.
Milchleistung, Feststellung der absoluten 119: - Bestimmungen
über in Bayern 410.
Milchprüfung mittels Guajaktinktur 794.
Milch tuberkulöser Kühe, die Acidität der 137.
Milch, Variabilität der 746.
M ilcli Verdaulichkeit, Herabsetzung der durch zu hohes Er¬
hitzen 101.
Milchviehlialtung, welcher Milchertrag ist für die Rentabilität der
notwendig*' 867.
Milchwirtschaft in Bayern 836.
XI
Militär-V eterinär-Offizierskorps 15.
Militär-Veterinär-Reform 120, 154, 366.
Milzbrand beim Rind 9; — beim Schwein 97; — die Körpertempe¬
ratur bei — 529.
Mißgeburt, eine — 4; — vom Kalb 590.
Mitisol-Wolfrum 611.
Morbus maculosus mit Muskelschwund 147; - bei einem Rind 737:
— nach ilämoglobinämie 843.
Mummifikation der Kopfhaut 761.
Münchener Trabrenn- und Zuchtverein 133.
Muskelrheumatismus 473.
Muskelzerreißung (Tibialis anticus) bei einer Kuh 695.
Myelitis beim Rind, ein Fall von akuter, disseminierter 469.
5f.
Nabelbruch, Therapie ohne operatives Verfahren 597; — Operation
eines — 711.
Nageltrittoperation 175.
Narkose bei künstlich verkleinertem Kreislauf, Erfahrungen mit
der — 131.
Narkotica, Einfluß der — auf die Phagozythen 713.
Nasenbeine, Fraktur der — bei einem Pferd 82.
Nasenbluten der Rennpferde, Behandlung des — mit Adrenalin 627.
Naturforscher- und Ärzte-Versammlung 202, 551.
Neogenpräparate, über 428.
Nervöse Störungen 144.
Nervus facialis, Lähmung des — 845.
Nesselfieber 271.
Netzabszeß bei einer Stute, botryomykotischer — 845.
Neubildungen im vorderen Mediastinalraum eines Pferdes, maligne
- 374; — im Rachen eines Pferdes 831.
Xeurektomie in der Praxis, die — 314.
Xiederbayerische Amtstierärzte, Versammlung der 803.
Xotiz 13.
Xovojodin 565.
O.
Obduktionsbefunde, interessante — 375.
(»bstipation bei einem Hunde infolge verschluckten Fremdkörpers 815.
Ophthalmoreaktion 874; — mit Phymatin 724.
Organe, Einfluß der Bewegung auf Zusammensetzung und Ent¬
wicklung der inneren — 744.
Original-H-Stollen 837.
Osteomalacie des Pferdes 294.
Otorrhoe beim Pferd 146.
Otitis externa 178.
P.
Pantopon 580.
Papillome bei einem Hunde, multiple 29: am Euter einer
Kuh 667.
Paraplegrie beim Dachshund etc. 305, 324, 339; infektüse heim
Pferd 763.
Parasiten der Haut, tierische 729.
Parese der Nachhand vor dem Kalben, galaktogene 8.
XII
Parotitis gangraenosa bei einer Kuli 844.
Perhydrol 118.
Peristaltin 313.
Peritonitis, zur Prophylaxe der postoperativen — 133.
Perubalsam 580.
Petechialfieber — Morbus maculosus beim Pferd 000.
Pfahlwunde 795.
Pferd als Handelsobjekt, das 598, 613, 631, 645, 663, 680.
Pferdebestand in den bayerischen Gestüten 582.
Pferde-Einfuhr in Deutschland 253.
Pferdehandel im Jahre 1909, Englands — 581.
Pferdemarkt in Wels 84, 350: — in München 130.
Pferdemuseum 040.
Pferderennen auf dem St. Moritzer See 33.
Pferdeschutz 33, 70, 102.
Pferde- und Viehversicherung, Änderung des Gesetzes über die
- 394: Rheinische — in Köln 430.
Pferde versicherungs vereine 531.
Pferdezucht 397, 495: — auf der Ausstellung in Buenos-Aires 412;
— in Bayern im Jahre 1909 530, 549.
Pferdezuchtgenossenschaft in Murnau 51.
Pharmazeutische Präparate, Versuche mit einigen 347.
Phlegmone des Ballens infolge Vernagelung 813.
Phosphor im Organismus 379.
Phymatin, Ophthalmoreaktion mit 724.
Plasmase 147, 490, 523, 564.
Plebiszit, ein — 239.
Pleuritis exsudativa, über die Autoserotherapie bei 704.
Poliomyelitis anterior acuta bei Hühnern 50.
Praxis, aus der — 7, 641.
Preisverteilung 137.
Preiszuerkennung 708.
Prinz Ludwig von Bayern 237.
Privatgestüte in Bayern 817.
Professur, — für pathologische Anatomie in München 219; neue
in Dresden 500.
Promotion in Wien 500: — in Berlin 883.
Promotionsordnung, in Zürich 516; — in München 730: in
Preußen 782.
Promotionsrecht für die Tierärztl. Hochschulen 121; - in Bern 122.
155; — in Bayern 216, 850, 366, 430, 445, 646, 666, 716: - in
Stuttgart 869.
Pyometra nach Schwergeburt bei einer Stute 829.
H.
Radiumtherapie 303.
Rangverhältnisse der Ingenieure und Chemiker bei militärisch-
technischen Anstalten 34.
Ranula beim Rind 439.
Räude des Frettchens 511: — der Kamele 500.
Raumschlauch bei einem Ochsen 610.
Rauschbrandkranke Rinder, die Temperatur bei 528.
Reichstierarzneischule Utrec ht, Mitteilungen aus der chirurgischen
Klinik der — 00.
Reichsviehseuchengesetz, Ausführungsgesetz zum 382.
XIII
Rektaltemperatur des Rindes, zugleich ein Beitrag zur Voraus-
bestimmung der Zeit der Geburt, Beobachtungen über die
— 678.
Remontierung der deutschen Armee 169: -- der Schutztruppe in
Deutsch-Südwest-Afrika 881.
Renngewinne 13.
Resorptionsfähigkeit der Haut für ein Caseinpräparat 564: für
Salizylpräparate 850.
Rhaehitis beim Schwein 455.
Rippenbruch und Hämatom bei einer Kuh 606.
Röntgenkinematographische Aufnahmen der Bewegung der inneren
Organe 617.
Rosse, Krampfzustände während der — 845.
Rotkochen des Fleisches 393.
Rotzkrankheit, zur Pathogenese und Diagnose der — 362.
Roux Prof. Dr. W. 473.
Rückenmarkserschütterung beim Pferd 858.
Rückemnarkstuberkulose 171.
Ruptura splenis 708.
S.
Salizylpräparate, Beitrag zur Resorptionsfähigkeit der Haut für
- 849.
Samenstrangfistel, die medikamentöse Behandlung der — 409.
Sapo C'reolini liquidus 441.
Schächten gegen das rituelle — 748.
Scharlachrot 580.
Scheidenblutung bei einer Kuh 312; tödliche nach einer Schwer¬
geburt 612.
Scheidenkatarrh der Rinder, Trachomkörperchen beim 272; Be¬
handlung des — nach Nopitsch 545; nach Mayr 829.
Scheidenzerreißung mit Darmvorfall 422.
Scheuklappenreform in Hamburg 364.
Schlachthof-Verwaltungsbericht, Augsburg 238; - München 634.
Schlachthoftierärzte, Anstellungsverhältnisse der - 430.
Schlacht- und Mastviehausstellung in Frankfurt a. M. 364.
Schlafsucht 160.
Schlapphörner, Beweglichkeit der bei Montafoner Kühen 762.
Schlundkopflähmung 115; — bei einer Stute 178; — bei Kühen
774; endemische — 286.
Schlempemauke 189.
Schneider Stephan t 689.
Schütz, Geheimrat 277; Ehrung des — 331: - Stiftung 186:
Feier 259, 299.
Schulterblatt und seine Lage, das 835.
Schutzimpfungen, Erfahrungen über - 295.
Schweinemästereien 198.
Schweineseuche, Impfstoff nach Krafft, gegen 780.
Schweißekzem der Reitpferde 547.
Schweizer Doktortitel, Anerkennung des - 55.
Sectio caesarea bei Schlachtkühen 8.
Scptifugin. ein Spezifikum 434, 449.
Septikämie, > n > Anschluß an eine Kinnladenent/.iindung 229.
Septoforin 147.
Sind die Kraftfahrzeuge im Stande, die Pferde zu verdrängen und
die tierärztliche Praxis zu gefährden? 43, 57.
XIV
Skierosteinum des Pferdes, zur Kenntnis d. Entwicklung des 30.
Sprunggelenk, Schlagverletzung des — 387.
Stand der Tierseuchen in Bayern 36, 104, 123, 155, 219. 333, 383,
464, 649, 668, 718, 821.
Standesangelegenheiten 85.
Starrkrampf, einiges über — 205.
Starrkrampfähnliche Erkrankung beim Pferd 876.
Stauungspapille, doppelseitige bei einem neugeborenen Fohlen 72 h.
Steinfrucht. Fälle von 593.
Steißlagen beim Rind, Entwicklung der — 575.
Stelzfuß, Behandlung des — bei jungen Pferden 826; bei älteren
Pferden 827.
Sterilisieren der Haut mit Petroleum und Benzin, präoperatives
- 744.
Stiftung 186.
Stirnbeinverletzung beim Pferde 875.
Stoffwechsel, Einfluß der Bewegung auf den - 349.
Stollbeulen, Behandlung der — 521; — mittels elastischer Ligatur
859.
Strahlbeinlähme, chronische 643.
Straubfuß und Hufkrebs 317.
Streptokokkus equi u. andere Streptokokken, vergleichende Unter¬
suchungen über 743.
Strongylus armatus, seltene Lokalisation von 644.
Struma, experimentelle Erzeugung von — 698.
Studentin der Tierheilkunde 515.
Suevo-Salingia 768.
Suprarenin, synthetisches — 347.
Syngainus trachealis bei Gänsen 844.
T.
Tannyl Gehe 565.
Tartarus gegen Spulwürmer 814.
Taubheit bei einem Pferd 346.
Tetanusantitoxin. Erfahrungen bei Verwendung des 814.
Tetanus, spez. Behandlung des — 253; abnorm verlaufene Fälle
von — 404.
Therapogen 178.
Thigenolspiritus bei Rheumatismus 97.
Thilavon 565.
Thrombose der linken Herzkammer, plötzlicher Tod infolgt» von
291.
Tierärzte, die den Staatskonkurs bestanden haben, Verzeichnis
der — 53; Etat der — in der Kammer 84; Besoldung der —
in den Kolonien 87; Zahl der — in Deutschland 445.
Tierärztekammern, badische 34.
Tierärztliche Hochschulen, Rector magnificus in Berlin 13: Petition
des allgemeinen Verbandes in München 13; Frequenz im
Wintersemester 1909/10 71, im Sommerseinester 1910 445,
im Wintersemester 1910/11 8X4; Frequenz in Lemberg 104.
Dresden 169. München 414. 837. - Hannover 430,
W ien 383, — Berlin 869; Ausbau in München 152: Senat in
Dresden 219: Vorlesungsverzeichnis in München 200, 667.
in Hannover 635: Verlegung d. Stuttgarter nach Tübingen
259. 414; Aufhebung der Stuttgarter 4X0. 499, 535, 701,
785; Etat der Münchener im Landtag«» 478. 568; Ein-
weihung der Brüsseler — 551; Kurs in Hannover 552; Stu¬
denten—Konflikte in Wien 786.
Tierärztlicher Stand in Sachsen-Weimar, Fortschritte für den —^5o.
Tierhalter, Haftpflicht des — bei Verletzung des Tierarztes 837.
Tierheilkunde. Studentin der — 500.
Tierheilkundiger 647.
Tierkadaver, Beseitigung von — 820, 853.
Tierseuchen in Südwestafrika, Studium von — 584.
Tierzuehtau8stellung auf dem Oktoberfest 699.
Tierzucht, Etat der — in der Kammer 83.
Tierzuchtinspektoren 152.
Tollwutstation in München 238.
Torsio testiculi bei einem Kryptorchiden 157.
Torsio uteri, Verwachsung der Cervix nach 250; — praecervi-
calis 316; — infolge eines Stoßes bei einer Kuh 421.
Traber, erfolgreiche bayerische — 318.
Tracheaiperkussion, die — 797.
Trächtigkeitsdauer, Schwankungen der nach den Jahreszeiten
567; — bei Stuten 765.
Tränken der Pferde 236.
Training von jungem Vieh 348.
Trepanation beim Rind 73, 89, 109, 125.
Trichinenschau 35, 36, 218, 321, 350, 414.
Trichinen, zur Geschichte derselben etc. 377.
Trockenkartoffel, die Verwendung von 296.
Tsetsekrankheit 441.
Tuberkelbazillen, im strömenden Blute 235; zur Biochemie der —
274; Umwandlung der vom Menschen stammenden in solche
vom Typus bovinus 566.
Tuberkulin-Injektionen bei tuberkulinisierten Rindern426; Schlacht¬
befunde bei mit Bovovaccin geimpften Tieren 721; Heil¬
wirkung des Tuberkulin 879; die diagnostische Bedeutung
der kutanen Tuberkulinreaktion 458.
Tuberkulosan 874.
Tuberkulose 54; Erfolge der Behring’schen Immunisierung gegen
— 181; Mischinfektion bei einem Fohlen 661; — bei Papageien
860.
Tumoren, über Pathogenese und Ätiologie von bösartigen — 779.
Tympanitis beim Pferd 440.
U.
Übertragung von Krankheitserregern durch Hühnereier 863.
Ungt. Casefni Beiersdorf 273.
Universitätsstudium im SommersemesteF 1911 615.
Unterstützungsverein für die Hinterbliebenen bayer. Tierärzte 255.
Uterusamputation bei einer Ziege 9, 629.
Uterusmukosa, Involution und Evolution der - beim Rind 250.
Uterusnekrose 287.
Uterusruptur intra vitam 288, 610; — bei der Embryotomie 693;
— Heilung beim Rind 789; — spontane Ruptur 876.
üterustorsion 678; Herzlähmung nach behobener — 694; — beim
Schwein 742.
Uterusvorfall, Verfahren bei der Reposition des — 422; falsch ein¬
gerichteter — 606.
XVI
V.
Vagina bezw. Cervix Uteri, Verwachsung der 692.
Verblutung, innere infolge eines Fremdkörpers 526; in den Trag¬
sack bei einer Kuh 626; — eines Ebers nach der Kastration
642; — infolge Ruptur der Aorta 827.
Verein Schlesischer Tierärzte 53; — Pfälzer Tierärzte 746.
Vererbung der Haarfarbe bei Pferden 476: einzelner Körper¬
teile 494; — der Erbfehler 513.
Vergiften kleiner Haustiere 346.
Vergiftungen durch: Quecksilber 228; — Tartarus 229: Kunst¬
dünger 229; — gäiende Runkelrübenblätter und schlechte
Kleie 271; — Benzin 272; - Kornrade 273; - weißen Senf
316; — Schimmelpilze 357; — Ol. Therebinth. 393; — Chili¬
salpeter 427, 460; — Herbstzeitlose 454; — Opium 761:
Nikotin 762; — Leuchtgas 775; — Margarine 854: Ätz¬
kalk 878.
Verletzung bei einem Fohlen 813: hochgradige 1 - bei einem Pferd
875.
Vermächtnis 870.
Veronal, ein Ersatzmittel für 147.
Verordnung betr. die Verleihung des Pr. med. vet. in München.
Allerhöchste 462.
Veterinärbeirat in Österreich 279.
Veterinärklinik in Gießen, medizinische - 138.
Veterinär-Offizierskorps 103, 153, 199, 256.
Veterinärrat, deutscher 398, 515. 553, 017. 666. 702, 869.
Veterinärreform 137.
Veterinärsanitätsbericht f. d. bayer. Armee pro 1908 459. 475, 492.
Vieheinfuhr aus Dänemark 240.
Viehseuchengesetz in der Kammer, Ausführungsgesetz zum 444.
Viehzählung in Preußen 551; — in München 706: — in Bayern 802.
Viehzucht und Viehverwertung in Österreich, Förderung der
168. 429.
Vogel Dr., Ministerialrat 735.
Vollmilch durch Magermilch mit oder ohne Surrogate, Ersatz von
- 331.
Volvulus coli, zur Behandlung des 606.
W.
Wanderausstellung der D. L. G. in Hamburg 319.
Weben bei einer Kuh 694.
Weltausstellung in Brüssel 515.
Wirkung geringer Mengen Rauhfutters bei Milcliviehfiitterung 215.
Wurmerkrankung 6.
Wut. stille <S47.
Y.
Yohimbin, Versuche mit 405, 564. 679: neue Indikation für 630.
Yohimvetol, neues vom 329.
Z.
Zähmelkende Kühe, Operation von - 288.
Zahl der Pferde, Esel, Maultiere und -Esel auf der Welt US.
Zahnanomalie hoj einem Ochsen 828.
XVII
Zentralveterinärschule München, das Organisationsedikt für die -
41 , 63 , 79 .
Ziegenzuchtvereinigungen, (iriindung eines Verbandes deutscher
— 31.
Zuchtvieh, teures — 12.
Zuckfuß, ein sonderbarer Fall von — 176.
Zugtiere, Bedecken der — 254.
Zungengrund, Zystenbildung am — 708.
Zungen löffeln beim Rind 330.
Zwerchfellshernie beim Schwein 793.
Zwerchfellsnervenkrampf 815.
XVIII
Alphabetisches Autorenverzeichnis.
(Die fettgedruckten Ziffern bedeuten Originalien.)
A.
Ade 403.
Albreclit 4, 7, 11, 12, 15, 27. 31.
32, 33, 34, 36, 41, 52, 53, 55.
63, 72, 79, 85, 87, 102, 103.
105, 115, 120, 121, 131. 137,
148, 150, 154, 162, 165, 173,
187, 192, 198, 199, 202, 215,
216, 220, 245, 253, 254, 265,
276, 277, 279, 280, 295. 296,
300, 319, 330, 331, 334. 348.
349, 350, 363, 364, 366, 3(57.
381, 395, 397, 399, 424, 429,
431, 442, 443, 446, 455, 460.
462, 464, 473. 476, 480, 485.
494, 500, 505, 513, 527, 532.
535, 536, 545, 549, 553. 564.
567, 568, 570. 582, 583, 584.
662. 668, 685, 698, 701. 703.
714, 718, 729, 735. 736, 744,
746, 750, 764, 765, 768, 780.
781, 805, 817. 821, 826, 837,
838. 839, 854. 863. 865, 867.
879. 881.
Bauer 250, 270.
Bayer-Abensberg 271, 272.
Bayer-Lindau 160, 162.
Bichlmeier 287, 288, 289.
Bittrier 845.
Dr. Biendinger 673.
Böhm-Landsberg 829.
l)r. Böhm-Nürnberg 323, 414.
Braun-Blieskastel 230, 231, 753,
754.
Breß-Schoenenberg 178.
Bretzfel.lt 802.
U.
Deisenhofer 829.
E.
Eichner 846.
Kisoiibarth 521, 522, 523.
Engel-Kaufbeuren 285,640, 641.
Erigiert 455.
F.
Förg 444, 445.
Frank-Kusel 205, 226.
G. 156.
Gangloff 825, 826, 827, 828, 829.
Dr. Gasteiger 803.
Geyer 846.
Göbel-Kegensburg 689, 885.
Goldmann 454.
Gopfert 356.
Giinther-Arnstorf 373, 374, 876.
H.
Haag-Wörth 96, 115.
Haas 292.
Hatzold 357, 358.
Heiß 185, 343, 738, 755, 776.
Hellmuth-Burghaslach 877, 878.
Dr. Hellmuth-Nürnberg 401.
Hock-Kissingen 312.
Hub 610, 611.
Huber-Köfering 609, 610.
Huber-Pfaffenhofen 683.
Dr. Iluß-Bamberg 766.
Huß-Gemünden 602.
Huß-Nandlstatt 497,
J.
Dr. Jakob 10. 43, 57, 100. 123,
138, 305, 324, 339, 698, 710,
714, 728.
.Jöhnk 1, 21, 157, 417, 541, 575.
789.
Junginger 533.
K.
Kränzle 841, 842, 843, 844.
Dr. Kreutzer 434, 449, 621, 637,
656, 874, 875.
XIX
Ii.
Lechle 404, 405, 711.
Lex 563.
Dr. Lichtenstern 99, 133, 105,
274, 347, 348, 369, 388, 406,
471 844.
Lindner 9, 30, 50, 68, 97, 117,
131, 148, 163, 182, 196, 213.
234, 253, 272, 273, 289, 293,
294, 300, 315, 316, 317, 329,
346, 347, 362, 377, 393, 410,
424, 425. 441, 458, 459, 475,
492, 511. 512, 528, 529, 549,
566, 580, 598, 612, 629, 630,
631, 643, 661, 678, 697, 712,
728, 743, 763. 764, 779, 798.
822, 832, 879, 880.
Dr. Luginger 605, 606, 607.
m.
M. 218.
Maier-Sünching 130.
Marggraff-Selb 576, 579.
Markert 385, 386, 387.
Mattem 144, 145, 146, 147.
Mayer-Eichstätt 489, 490.
Mayr-Erlangen 677, 678.
Meidinger 641.
Mennarher 376, 510.
Dr.Wilh. Meyer 598, 613, 631,
645, 663, 680.
Meyer Oskar 10, 12, 53. 69, 71,
101, 118. 169, 170, 184, 197.
238, 275, 291, 351, 377, 394.
481, 495. 499, 589, 590, 593,
634, 699, 836. 837, 839, 855.
Dr. Mießner 471.
Dr. Münicli 812, 813, 814, 815.
Mulzer 147, 208, 236.
Dr. Mnsterle 189.
O.
OJIer 353.
Ottle 525, 526, 647.
Orth 573.
Oskar 737.
Dr. Ott 175, 176, 177.
P.
Lanzer 272, 358.
l’fah 73, 89, 109, 125.
Dr. Pösehel 791, 792, 793.
.... (ju ... . 34.
R.
ß. 648.
Rabus 8, 28, 29, 49. 66, 81, 97.
117, 119, 164, 180, 181, 195,
211, 212. 232, 251, 312, 313,
329, 345, 346, 359, 393, 409,
426, 427, 428, 441, 457, 458.
474, 490. 511, 548, 564, 565,
579, 597, 611, 612. 617, 627.
629, 643. 644, 660, 661, 679,
695, 696, 711, 727, 729, 742.
759, 761, 795, 797, 815, 817.
831, 847, 848, 862, 878.
Reinhardt 563.
Dr. Reißinger 141, 557.
Remmele 876, 877.
Rühm 337.
S.
I Saurer 582.
Schaffer 423.
Scheidt 179.
Dr. Schenkl 439, 440, 692, 693,
694, 695.
Schilffarth 231.
Schiller 847.
Schmidt-Auerbach 96, 626, 627.
Schmitt-Zusmarshausen 594,
595, 596.
Sehricker 472, 473, 721.
Schrüfer 724.
Schwenk 715.
Schwind 422.
Settele 726.
Speiser 857, 858, 859, 860, 861.
Spürer 793.
Staudinger 642.
Dr. Stölzle 653.
V.
Vicari 344.
Voltz 773, 774, 775, 776.
W.
W. 497.
Wagner-Windsbach 24.
Weiß 705, 707, 708. 709.
Wöhner 421, 422.
Wörner 228, 229.
Wucher 358.
Münchener
(früher: Wochenschrift für Tierheillronüe und Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 4. Januar 1910. Nr. 1.
Inlmlt: Originalartikel: Jöhnk: Inkarzeration des Dünn¬
darmes in einem Riß des Mastdarmgekröses. — Prof. Albrecht:
Eine Mißgeburt. — Darmverlagerungen bei Pferden. — Hüft¬
gelenksentzündung. — Trommsdorff: über Wurmerkrankungen.
— Schulimann: Aus der Praxis. — Referate: Deich: Gebär¬
parese. Dr. Zietzschmann : Durchfall der Kälber. Robert: Ekzem
bei Hunden. Kuhn: Ichthynat. Perl: Aus der Praxis für die
Praxis. Schenzle: Akarusräude beim Pferd. Oppermann: Ein
interessanter Milzbrandfall beim Rind. Walzow und Sacharow:
Über den Einfluß der Bierhefe auf den Organismus. Gmeiner:
Demodex folliculoruni des Menschen und der Tiere. — Tier¬
zucht und T i e r h a 11 u n g: Haferwert. Teures Zuchtvieh.
Renngewinne. — Verschiedenes: Ehrung. Rektor magni-
ticus an der Tierärztlichen Hochschule Berlin Notiz. Petitionen
des allgemeinen Verbandes der Tierärztlichen Hochschule an das
Kgl. Bayer. Staatsministerium und an die Kammer der Ab¬
geordneten. Militärveterinärkorps. Medizinal- und Veterinär¬
wesen. — Druckfehlerberichtigung. — Personalien.
Inkarzeration des Dünndarmes in einen Riß des
Mastdarmgekröses.
Von M. Jöhnk, Berne (Oldenburg).
Ein 2jähriger Ochse des G. S. in B. soll auf der Weide
plötzlich an heftiger Kolik erkrankt sein (12. VII. 09).
Etwa 5—6 Stunden nach dem Auftreten der ersten Krank¬
heitserseheinungen konnte ich folgenden Befund erheben :
Gut genährter Ochse des Wesermarschschlages, seit
einem Vierteljahr schon auf der Weide, schlägt hin und
wieder mit den Beinen nach dem Bauche. Er rennt plötz¬
lich einige Schritte vorwärts, um sieh dann rücksichtslos
niederzuwerfen. Das Laufen und Umwerfen erfolgt anfalls¬
weise, in der Zwischenzeit ist das Tier ruhig. Behufs ge¬
nauer Untersuchung wird der Ochse ins Haus gebracht.
2
Im Zirkulations- und Respirationsapparat sind keine Ver¬
änderungen nachzuweisen. Vorgelegtes Futter wird ver-,
schmäht; die Bauchdecken sind nicht gespannt, geringe
Darm- und Pansenbewegungen sind durch Auskultation des
Hinterleibes zu ermitteln. Von Zeit zu Zeit erfolgt Drängen
auf Kot, es werden jedoch nur schleimig-blutige Massen,
aber keine Exkremente abgesetzt. Der Verschluß des Afters
ist infolge Parese seines Sphinkters unvollkommen.
Bei der rektalen Untersuchung ist im Endstück des
Rektums und in der Flexura sigmoidea kein Kot zu finden.
Die Harnblase ist schwach gefüllt, am linken und rechten
Bauchring sind keine Veränderungen nachzuweisen, auch
die Palpation der Dünndärme läßt keine Abweichung von
normalen Verhältnissen erkennen. Dorsal von der in der
Flexura sigmoidea befindlichen untersuchenden Hand ist
ein faustgroßer, rundlicher Tumor zu palpieren, der die¬
selben Bewegungen wie der Mastdarm ausführt. Eine ge¬
nauere Untersuchung des fraglichen Körpers mußte unter¬
bleiben, da ein auf ihn ausgeübter Druck sofortiges Schlagen
und Niederwerfen des Patienten im Gefolge hatte. Bei
einer nochmaligen rektalen Exploration erscheint der Mast¬
darm etwas nach rechts um seine Längsachse gedreht.
Die Deutung des palpierbaren Tumors war mir nicht
ganz klar. Nach dem klinischen Bilde konnte es sich nur
um eine Darmverlagerung handeln, zu der die fragliche
Geschwulst zweifellos in ursächlichem Zusammenhänge
stand. Die differentialdiagnostisch in Betracht kommenden
Leiden: Überwurf und Invagination schloß ich aus, weil
einmal in der Gegend des Leistenringes keine Verände¬
rungen nachzuweisen waren (Überwurf), zum andern fehlte
aber auch die für Invagination charakteristische, längliche,
zylindrische, nahe dem Beckeneingang befindliche Ge¬
schwulst.
Meine Wahrscheinlichkeitsdiagnose lautete: Darm¬
verlagerung unbekannter Ursache. Die vorgeschlagene.
Laparotomie fand sofortige Zustimmung des Besitzers.
Da der Ochse nicht im Stehen zu erhalten war, so
nahm ich die Laparotomie am liegenden Tiere in der rechten
Mankengegend vor. Der oben befindliche Hinterfuß wurde
gut nach hinten gestreckt gehalten, der Bauchschnitt selbst
fand in der Richtung des Muse, transv. abdom. (dorso-
ventral) unter antiseptischen Kautelen statt. Nach Ein¬
führung des rechten Armes in die erölfnete Bauchhöhle
konnte ich ermitteln, daß der rektal palpierbare Tumor
aus einer Dünndarmschlingt' bestand, die von rechts nach
3
links durch das Gekröse des Mastdarmes hindurch ge¬
drungen und eingeklemmt war. Da die im Mesenterium
des Rektums inkarzerierte Schlinge nicht durch die Bauch¬
wunde hervorgezogen werden konnte, so durchbohrte ich
das Gekröse des Mastdarmes dorsal von der Einklemmung
unter drehenden Bewegungen mit einem Finger und er¬
weiterte diese Öffnung allmählich nach dem inkarzerierten
Darme zu. Eine völlige Durchreißung bis auf den Dünn¬
darm gelang mir nicht ordentlich, dennoch hatte die Per¬
foration des Mesenteriums soviel genützt, daß die Repo¬
sition des eingeklemmten Darmes durch geringen Zug bezw.
Druck erfolgen konnte.
Die Bauchwunde heftete ich in drei Etagen in fort¬
laufender Naht. Etwa 12 Stunden post operationem wurde
vom Besitzer erstmalig Absatz dünnflüssigen Kotes beob¬
achtet, einen Tag nach Beendigung der Operation kehrte
dann auch die Freßlust zurück. Am 3. Tage wurde der
Ochse wieder auf die Weide gebracht, am 7. Tage entfernte
ich die Nähte aus der Hautwunde, die bis auf eine bleistift-
starke Öffnung im ventralen Wundwinkel auf erstem Wege
geheilt war. Als ich das Tier nach 4 weiteren Wochen
wiedersah, fand ich es auf der Weide, mit den Hörnern die
Erde aufwerfend; die Hautwunde war geheilt.
Auf welche Weise der im Mastdarmgekröse vorhan¬
dene Spalt, der zur Darmeinklemmung Anlaß gab, entstand,
entzieht sich meiner Kenntnis.
In der Literatur konnte ich nur einen von Schiel (1*)
beschriebenen Fall von Inkarzeration des Dünndarmes in
einem Riß des Dünndarmgekröses finden, der bei einer
5 Jahre alten Kuh unter den Erscheinungen der Darm-
Invagination verlief. Nach der von Schiel in Gemein¬
schaft mit S i e f k e n ausgeführten Laparotomie wurde
die Reposition des Darmes versucht, es erfolgte Darmruptur
und deshalb Resektion des ganzen betroffenen Abschnittes.
Die Kuh starb an Peritonitis.
Vom Überwurf der Ochsen abgesehen, sind innere
Einklemmungen des Darmes beim Rinde nicht allzuhäufig
in der Literatur erwähnt. Ich konnte folgende ermitteln :
K n i 11 (2) und P a r a n t (3) sahen die Abschnürung des
Dünndarmes durch den persistierenden Urachus, Va e t h (4)
eine solche durch die obliterierte Nabel arte rie. Inkarze¬
rationen in einen Netzriß beobachteten Detroye (5),
*) Die in Klammern beigesetzten Ziffern beziehen sieh auf die
am Schlüsse angefögten Literaturangaben.
4
0 s t e r t a g (6) u. K r ä n z 1 e (7). Lucet- (8) u. Bon (9)
wollen eine Einklemmung des Dünndarmes in das Foramen
epiploicum gesehen haben, dagegen soll es sich nach M a -
t h i s (10) in diesen Fällen ebenfalls um eine Inkarzeration
in einen Netzriß gehandelt haben.
Erwähnt seien endlich noch Abschnürungen des
Darmes durch fibröse Wucherungen, die Döderlein (11)
vom Pansen, Ritzer (12) dagegen von der hinteren ven¬
tralen Bauchwand ausgehen sah.
Literatur:
1. Schiel: Berlin. Tierärztl. Wochenßchr, 1906, pag. 610.
2. Knitl: Münch. Tierärztl. Wochenschr., 1909, pag. 497.
3. Parant: Rev. gön. de med. vöt., Bd. VII, 1906, pag. 127.
4. Vaeth: Bad. Tierärztl. Mitteilg., 1885, pag. 124.
5. Detroye: Journ. de möd. vöt., 1887, pag. 88.
6. Ostertag: Repert. f. Tierheilk., 1880, pag. 196.
7. Kränzle: Wochenschr. f. Tierheilk. u. Viehz., 1897, pag. 131.
8 Lucet: Rec. de möd. vöt., 1892, pag. 751.
9. Bon: Rec. de möd. vet, 1893, pag. 145.
10. Mathis: Journ. de med. vdt., 1893, pag. 585.
11. Döderlein: Wochenschr. f. Tierheilk. u. Viehz., 1907. pag. 28.
12. Ritzer: Wochenschr. f. Tierheilk. u. Viehz., 1898, pag. 409.
Eine Mißgeburt
Von Prof. Alb recht, München.
Die in der beigegebenen Abbildung dargestellte Mi߬
bildung wies verschiedene Anomalien auf, wie man sie
wohl nur selten an einem Objekte antrifft.
Das Kalb wurde mit einer normal entwickelten Zwil¬
lingsfrucht geboren und war ausgetragen. Das Gewicht
desselben betrug 30 Pfund.
Am Kopfe zeigten sich 3 Abnormitäten: In der Mitte
der Schädelvorderfläche fehlte ein Teil der knöchernen
Schädeldecke. Die betreffende 6 cm breite und 5 cm lange
fluktuierende Partie (Hydrencephalocele) überragte die
Stirnfläche nur um etwa 2 cm. Nach Durchschneidung
der Haut und der sehr dünnen Dura floß Serum ab, worauf
man auf eine breiige, rotgefärbte Masse stieß, welcher die
makroskopische Struktur der Großgehirnoberfläche vollstän¬
dig mangelte. In beiden Augenhöhlen fehlten die Bulbi;
(Anophthalmie) auch Rudimente derselben waren nicht
vorhanden, desgleichen nicht solche von Augenmuskeln.
Die Orbitae waren z. Z. mit Bindegewebe und einer bräun¬
lich gefärbten, lockeren Fettmasse gefüllt. Die Suche nach
den foram. optic. verlief negativ. Palatoschisis: Die beiden
5
Ränder der Gaumenfortsätze (Gaumenplatten) wiesen zwi¬
schen sich eine Spalte in Breite von 1,5 cm auf. Die un¬
tere Fläche der Gaumenplatten wurde durch den ventralen
Rand der Nasenscheidenwand um 1 cm überragt.
Die Afteröffnung fehlte; es handelte sich aber nicht
um atresia ani im Sinne der Pathologen, jenen Zustand,
bei welchem der Mastdarm getrennt vom Genitalapparate
in der Beckenhöhle blind endiget, sondern imi eine Ver¬
bindung des Mastdarmes mit der Scheide in der hinteren
Abteilung derselben, um anus vestibularis vaginae. Die
Schwanzwirbel und das Kreuzbein fehlten.
Die Mißgeburt zeigte ferner Kontraktur und Anchylose
der Karpal- und Tarsalgelenke. Die 4 Gelenke waren ge¬
beugt, geringgradig verdickt und vollständig unbeweglich;
die nur wenig beweglichen im übrigen normalen Köten-
gelenke der Vordergliedmaßen waren leicht flektiert; die
ebenfalls nur schwer beweglichen normalen Fesselgelenke
der Hinterfüße befanden sich im Zustande niedergradiger
Dorsalflexion. Auffallend war endlich die starke Behaarung
des Körpers. Man konnte diesen Zustand als mäßigen
Grad von Hypertrichose bezeichnen.
Darmverlagernngen bei Pferden.
1. Ein lßjähriges Pferd erkrankte plötzlich abends
unter heftigen Kolikerscheinungen. Der Hinterleib war
6
stark aufgetrieben, die Peristaltik unterdrückt, der Mast¬
darm leer von Kotmassen. Nachdem bei entsprechender Be¬
handlung vorübergehend Besserung erzielt worden war,
traten plötzlich wieder hochgradige Unruheerscheinungen
auf. Gegen 8 Uhr morgens wurde der Puls immer schwächer
und 2 Stunden später verendete das Tier. Bei der Sektion
zeigte sich im Bereiche der vorderen Gekröswurzel im Ge¬
kröse ein 15 cm langer Riß, durch den ein ungefähr arm¬
langes Stück des Hüftdarms getreten war und dadurch ab-
geschniirt wurde.
2. In einem anderen Falle konnte als Todesursache
Abschnürung eines zirka 1 m langen Hüftdarmstiickes durch
das zerrissene Netz festgestellt werden. (Statist. Veterinär-
Sanitätsbericht über die K. Bayer. Armee.)
Httftgelenksentzttndiug.
Ein Pferd war hochgradig an Hüftgelenksentzündung
erkrankt, die jeder Behandlung trotzte. Versuchsweise wurde
nun das Gelenk nach H o f f m a n n mit 12 Punkten ge¬
brannt. In den folgenden 0 Wochen heilten die Brenn¬
punkte vollkommen ab ufid die durch das Brennen verur¬
sachte Reaktion ging zurück. Die Schmerzhaftigkeit am
Gelenk und die Lahmheit verschwanden, so daß Patient ge¬
heilt entlassen werden konnte. (Ibidem.)
Über Wumerkranknngeii.
Von Bezirkstierarzt Troinmsdorff, Freyung.
Spulwürmer verursachten in einem Falle den Tod
eines Pferdes. Das betreffende Tier zeigte kurze Zeit Kolik¬
erscheinungen und verendete unter den Symptomen der
Bauchfellentzündung. In der freien Bauchhöhle fanden .sich
ungefähr 40 Spulwürmer vor, die die Darmwandung durch¬
bohrt hatten, während sich zahlreiche andere im Darme be¬
fanden.
Bei einem Reitpferde, das sehr häufig schwitzte und
ab und zu mit dem Kote Spulwürmer entleerte, gingen nach
Verabreichung von 2g Arsenik ungefähr 200 Exemplare
von Ascaris inegaloeephala ab, und, als nach 8 Tagen die
Dosis wiederholt wurde, nochmal gegen 100 Stück, ln der
Folge mußte während eines halben Jahres noch wiederholt
Tart. stibiat. verabreicht werden, um das Tier gänzlich von
den immer wieder auftretenden Würmern zu befreien. Die
Ursache der Invasion konnte nicht gefunden werden. Merk¬
würdiger Weise blieb ein anderes Reitpferd, das in dem-
7
selben Stalle stand und das nämliche Futter und Wasser er¬
hielt, von Würmern verschont. (Jahresber. bayr. Tierärzte.)
Ans der Praxis.
Yon Bezirkstierarzt Schuhmann, Yilsbiburg.
Der Bierbrauer U. in G. ersuchte mich, ihm ein Mittel
fiir seine Kuh, bei der die Nachgeburt noch nicht abgegangen
sei, zu verabreichen. Ich gab ihm einen Gummischlauch und
Lysol nebst genauer Gebrauchsanweisung. Nachmittags mel¬
dete er mir telephonisch, daß seine Kuh nach dem Einguß
(6 Liter lauwarmes Wasser zu 30 g Lysol) schwer erkrankt
sei und daß das Tier die Medikamente gar nicht abschlucken
wolle. Sofort wurde mir der Irrtum des Tierbesitzers klar,
weshalb ich schleimige Eingüsse als Gegenmittel anordnete.
Trotz der Verwechslung, die man kaum für möglich halten
sollte, konnte die Kuh gerettet werden. Der benützte Gummi¬
schlauch war natürlich durch die Kauwerkzeuge des Tieres
unbrauchbar geworden. (Ibidem.)
Referate.
Deich-Olsnitz: Gebärparese. (Jahresbericht über das
Veterinärwesen im Königreich Sachsen.)
Eine Kuh war an Kalbefieber erkrankt. Da Instru¬
mente zum Einpumpen von Luft nicht vorhanden waren,
wurde die Kuh auf den Rücken gelegt und das Euter
längere Zeit massiert (gewalkt). Nach Umfluß von zwei
Stunden war die Kuh gesund.
Dr. Zietzschmann- Kamenz: Durchfall) der Kälber.
(Ibidem.)
Z. erzielte bei gewöhnlichem Durchfall der Kälber
mit Therapogen gute Erfolge. Die Kälber erhielten drei
stündlich einen Kaffeelöffel voll in einer Tasse Gersten¬
schleim.
Robert- Annaberg: Ekzem bei Hunden. (Ibidem.)
R. verwendete bei akutem, sehr nässenden Ekzem der
Hunde mit ausgezeichnetem Erfolge Wasserstoffsuperoxyd
mit Glyzerin 1 : 3.
Kuhn-Flöha: Ichthynat. (Ibidem.)
K. äußert sich über das Präparat wie folgt: Ichthynat
aus der Fabrik von Heyden ist ein Ersatzmittel für Ich¬
thyol und als solches von gleich guter Wirkung, dabei aber
8
nur halb so teuer als Ichthyol. Die Erfolge der Ekzem¬
behandlung mit Ichthynat waren sehr günstig. A.
Perl: Aus der Praxis für die Praxis. (Tierärztliche
Rundschau, Nr. 43.)
1. Teleangiektatische Fibrome beim Rind.
Eine Kuh blutete an der rechten Halsfläche bald mehr,
bald weniger, zeitweise fast unstillbar aus mehreren lockeren
fleischigen Wucherungen von Linsen- bis Haselnußgröße.
Dieselben fühlten sich derb an, so daß es schien, als ob
sie in die Muskulatur hineinreichten. Alle Heilversuche
(Arzneimittel, Glüheisen, partielle Exstirpation) waren nutz¬
los. Erst eine Radikaloperation — Herausschneiden der
betreffenden Hautstücke in Spindelform — brachte Heilung.
Die mikroskopische Untersuchung eines Hautstückes ergab,
daß die Neubildungen aus Bindegewebe bestanden und sehr
gefäßreich waren (teleangiektatische Fibrome).
2. Galaktogene Parese derNachhand beim
Rind längere Zeit vor dem Kalben. Eine acht¬
jährige Kuh erkrankte vier Wochen vor dem Kalben an
einer akuten Mastitis und zu gleicher Zeit auch unter dem
Bilde der Gebärparese. Sie fing an zu schwanken, konnte
sich nicht mehr auf den Beinen halten und verfiel in Koma.
Da für die Luftinfusion das Drüsengewebe nicht passierbar
war und eine Besserimg deshalb aussichtlos erschien, wurde
das Tier geschlachtet.
Eine 10jährige Weidekuh erkrankte vier Monate vor
dem Kalben nachts an Parese der Nachhand und Versiegen
der Milch bei freiem Bewußtsein. Wiederholte freiwillige
Aufstehversuche vergeblich. Da Einreibungen der Lenden¬
gegend mit 01. Terebinth 50,0, Liq. Ammon, canst. 30,0
erfolglos blieben, wurde nachmittags Luftinfusion ins Euter
appliziert. Abends 10 Uhr stand das Tier auf, doch fiel es
sofort wieder nieder. Erst am anderen Morgen konnte
die Kuh wieder aufstehen, zeigte Appetit und genas in
kurzer Zeit.
Bei derartigen Paresen hat Yerf. mit Luftinfusionen,
oder mit dem faradischen Strom, sowie mit Einreibungen
der Lendengegend sehr befriedigende Erfolge erzielt.
Für diese Erkrankungen schlägt Verf. zum Unterschied
von der eigentlichen Gebärparese die Bezeichnung galak-
togene oder mammogene Parese vor.
3. S e k t i o caesarea bei trächtigen Schlacht¬
kühen. In den meisten Fällen, in welchen eine Kuh bis
längstens vier Wochen vor dem Kalben geschlachtet werden
9
mußte, führte Verf. die Sektio caesarea in unmittelbaren
Anschluß an die Betäubung aus. Die durch die Schnitt¬
öffnung eingeführte Hand sucht den Uterus mit dem Kalbe
auf, ein Stück des Uterus wird nun angeschnitten und
dann das Kalb nach Verbringen in die entsprechende Lage
extrahiert.
4. A’mputation des Uterus bei der Ziege.
In einem Falle wurde mit der elastischen Ligatur (guter
Gummischlauch, wiederholte Touren, Festnähen) ein glatter
günstiger Erfolg erzielt. R a b u s.
Schenzle: Akarusräude beim Pferd. (Deutsche
Tierärztliche Wochenschrift, 1909, Nr. 50.)
Ein Pferd zeigte schon seit Monaten an Kopf und
Hals haarlose Stellen, die allmählich immer größer wurden.
Die weiche, elastische Haut wies nirgends Entzündungs¬
erscheinungen auf, Juckreiz machte sich nicht bemerkbar.
Das Ausfallen der Haare geschah allmählich, so daß zu¬
nächst nur haardünne Flecken auftraten.
Die mikroskopische Untersuchung ergab den über¬
raschenden Befund, daß sich an allen kahlen Stellen Akarus-
milben vorfanden. Die Behandlung nach Ostertag
(Schmierseife, 7°/oiges Karbolglyzerin) schien zunächst von
Erfolg begleitet zu sein, da auf den großen nackten Flächen
allmählich neue Härchen hervortraten. Nach einigen
Wochen fiel jedoch auf, daß nun fast am gänzen Körper
mit Ausnahme der Extremitäten ganz kleine haarlose
Stellen vorhanden waren, auf denen sich ebenfalls Milben
nachweisen ließen. Jetzt wurde das Verfahren nach Gmeiner
angewandt: tägliches Einreiben der erkrankten Partien mit
01. Carvi, Spirit, aa 10,0, Ol. Ricin. 150,0, alle 8 Tage
Baden des ganzen Tieres mit 1 °/o iger Schw r efelleberlösung.
Nach Verlauf von 4 Wochen konnte man schon reichlich
neue Haare zutage treten sehen und ein stetiges Fort¬
schreiten der Heilung feststellen, doch dauerte es noch lange
Zeit, bis die letzten Reste des Leidens verschwunden waren.
Eine Übertragung auf die übrigen Pferde desselben Stalles
war trotz Benützung des gleichen Putzzeuges nicht erfolgt.
Oppermann: Ein interessanter Milzbrandfall beim
Rind. (Deutsche Tierärztliche Wochenschrift, 1909, Nr. 51.)
Eine Kuh zeigte plötzlich rasch zunehmende Schwäche;
in der Annahme, daß es sich um eine Fremdkörperer¬
krankung handle, ließ der Besitzer die Notschlachtung vor¬
nehmen.
10
Auf Grund des Befundes bei der Fleischbeschau konnte
zunächst eine bestimmte Diagnose nicht gestellt werden.
Milz kaum vergrößert, Pulpa braunrot, nicht zerfließlich.
Darmserosa, Brust- und Bauchfell spiegelnd. Fleischlymph-
drüsen sämtlich geschwollen. Unter der Schleimhaut der
Trachea und des Duodenums Blutungspunkte. Serosa des
Labmagens getrübt, Submukosa sulzig geschwollen und
von streifigen Blutergüssen durchzogen. Das Sektionsbild
konnte sehr wohl für eine septische Magendarmerkrankung
sprechen, wie sie beim Rind nicht selten vorkommt. Die
mikroskopische Untersuchung eines Stückchens Milz, Nieren¬
drüse und Labmagenschleimhaut ergab jedoch in allen
3 Proben die Anwesenheit zahlreicher typischer Milzbrand¬
bazillen. L i n d n e r.
W. Walzow und G. Sacharow: Über den Einfluß
der Bierhefe auf den Organismus. (Nach einem Referat
in der Münchner med. Wochenschrift, 1909. Nr. 45.)
Im Institut der allgemeinen Pathologie der Universi¬
tät Moskau stellten die beiden Autoren eine Reihe von Ver¬
suchen an Hunden an, um die Veränderung im Opsonin¬
gehalt des Blutes unter dem Einfluß der Einführung von
Bierhefe in den Organismus klarzulegen. Die Versuche
stimmten alle dahin überein, daß unter der Einwirkung der
Bierhefe stets eine Erhöhung des opsonischen Index zu
konstatieren war. Setzt man den normalen Index = 1,
so wurde er nach fünftägiger Fütterung mit Hefe min¬
destens bis zu 1,407 und im Maximum bis zu 1,930 d. h.
um das 1 1 /s bis 2 fache Streptococcen gegenüber erhöht
und mindestens bis zu 1,586 und im Maximum bis 1,609
d. h. um das D/a fache Staphylokokken gegenüber gesteigert.
Die Widerstandskraft des Organismus Eitererregern gegen¬
über nimmt langsam ab und bleibt noch einige Zeit nach
Aussetzung der Behandlung bestehen. Die Steigerung der
Phagozytose dient als Index für die Erhöhung der Wider¬
standsfähigkeit des Organismus den Infektionserregern
gegenüber. Damit ist die Brauchbarkeit der Bierhefe für
Staphylokokken- und Streptokokkenerkrankungen erwiesen.
Die Hefe ruft — wohl durch ihren Nuclei'ngehalt — eine Iiyper-
leukozytose hervor und steigert den Opsoningehalt, mobilisiert
somit die Schutzkräfte des Organismus. Jako b.
Gmein er: Detnodex folliculorum des Menschen
und der Tiere. (Berl. T. Wochenschrift, 1909, Nr. 39.)
Auf Grund eingehender Untersuchungen über die ver¬
gleichende Pathologie des Demodex der Menschen und Tiere
11
kommt G. zu dem Resultat, daß der Acarusmilbe als solcher
eine pathologische Rolle nicht zufällt, daß sie insbesondere
bei den Tieren als die Ursache der sog. Acarusräude nicht
angesprochen werden darf. Beim Hunde können die Acari
— entgegen der bisherigen Anschauung — nur insoferne
eine mittelbare pathogenetische Rolle für sich beanspruchen,
als ihre Ansiedlung und Fortpflanzung in den Haarbälgen
und Talgdrüsen günstige Bedingungen für die Invasion und
pathogene Wirkung von Spaltpilzen schafft.
Die Acari verursachen ihrerseits nur eine geringfügige
Läsion des Epithels sowie eine Ausweitung und Ausbuch¬
tung der Haarbälge und Talgdrüsen. Erst durch das Hin¬
zutreten von Spaltpilzen und zwar des Staphylococcus pyo¬
gen us albus entsteht die eitrige Folliculitis und Perifolliculitis.
Die Untersuchungen haben einen Weg zur rationellen
Behandlung der Räude ergeben. Das angewandte Arznei¬
mittel muß lediglich die Parasiten töten, ohne die Haut zu
verändern, damit diese nicht durch Läsion der Oberhaut
für eine Staphylococceninfektion empfänglich gemacht wird.
G. läßt die Haare an den erkrankten Stellen abscheeren
und die Tiere in l /*—l°/oiger Schwefelleberlösung baden.
Hierauf werden die affizierten Partien mit einigen Tropfen
einer Lösung bestehend aus: Ol. C’arvi, Spiritus aa 5,0 Ol.
Kicini 75,0 gründlich eingerieben. Die Prozedur soll ge¬
wöhnlich einmal pro die vorgenommen und alle acht Tage
dem Tiere ein 1 / 2 °/o iges Schwefelleberbad gegeben werden.
In einer Gießener Dissertation hat Beck 37 Fälle
l»eschrieben, in welchen durch die Therapie nach Gmeiner
vollständiger Heilung erzielt wurde. Die Behandlung dauerte
durchschnittlich 4—6 Wochen und betraf sowohl die squamöse
als auch die pustulöse Form der Acariasis. Da die meisten
der geheilten Patienten monate- und selbst jahrelang von
Zeit zu Zeit kontrolliert wurden, ohne daß Recidive zur
Beobachtung kam, darf man wohl von dauernder Wirkung
sprechen. Um dies zu erreichen, bedarf es nach Beck
..freilich immer vieler Geduld, vieler Zeit, vielen Fleißes“.
M.
Tierzucht und Tierhaltung.
Haferwert.
Bereits früher wurde über das vorgenannte Futter¬
mittel welches als Ersatzmittel für Hafer dienen soll in die¬
ser Wochenschrift berichtet. Haf e r w o r t besteht aus
einem Gemische von Trockensehnitzolu, Reismehl, Mais-
12
abfall, Abfall von Haber, Roggen, Weizen, Lein, KartofEel-
pulpe; die Mischung soll ferner noch etwas geröstete Cere¬
alien mit etwas Schwefel enthalten. An Reklame für Hafer¬
wert fehlte es nicht und wollte man die Mischung nach
dem Inhalte der Reklameartikel beurteilen, so müßte man
zu dem Schlüsse kommen, daß Haferwert bei der Fütte¬
rung Wunderdinge bewirke. Objektive Beobachtungen von
fachkundiger Seite ergaben aber entgegengesetzte Urteile:
so berichtete Bezirkstierarzt Steffani über durchaus
schlechte Erfahrungen, welche man bei der Fütterung von
Haferwert an Pferde machte. Die betreffenden Pferde
wurden erst wieder leistungsfähig und normal bezüglich
Gesundheit und Ernährungszustand als man statt Hafer¬
wert wieder Hafer fütterte. Es wurden aber auch geradezu
gesundheitsschädliche Wirkungen von Haferwert konstatiert.
Eine diesbezügliche Mitteilung von Veterinärrat Kunze-
Chemnitz im Bericht über das Veterinärwesen im König¬
reich Sachsen lautet: Die hiesige Posthalterei hatte eine
größere Menge von diesem Haferersatzmittel bezogen und
es mit Hafer und Häcksel, etwa zur Hälfte vermischt, ver¬
füttert. Nach etwa vierzehntägiger bis dreiwöchiger Ver¬
abreichung stellte sich eine Anzahl von Erkrankungen
leichter, schwerer und schwerster Art in Form von Magen-
Darmkatarrhen und Koliken ein, welche nach den Angaben
des behandelnden Tierarztes auf die Verabreichung jenes
Futtermittels zurückzuführen waren und auch einige Todes¬
fälle zur Folge hatte.
Durch diese Angaben des behandelnden Tierarztes
kam die Angelegenheit zum Prozeß und im Verlauf der
Verhandlung durch Vernehmung von Sachverständigen —
Tierarzt und Nahrungsmittelchemiker — wurde der Beweis
erbracht, daß das gedachte, aus acht verschiedenen Bestand¬
teilen zusammengesetzte Futtermittel (beziehungsweise einige
Bestandteile desselben) schon vor dem Mischen verdorben
mit Schimmelpilzen und Dauersporen behaftet gewesen war
und daß es infolge dieses Nachweises einmal schon vor
der Ablieferung verdorben und gesundheitsschädlich ge¬
wesen war, auch weiterhin als die Ursache zu jenen Er¬
krankungen und letalen Ausgängen angesehen werden
mußte. A.
Teures Zuchtvieh.
Auf dem Verbandsmarkte der Schweizer Fleckvieh¬
zuchtgenossenschaften zu Ostermundingen war, wie die
Deutsche landwirtschaftliche Tierzucht mitteilt, wohl die
13
interessanteste Kollektion der Simmentaler Bulle „Milano“
mit seinen 14,7—12 Monate alten Söhnen. „Milano“ besitzt
eine wunderbare Vererbungskraft, von den 14 Söhnen wur¬
den 13 zu 2000—5000 Frcs. verkauft, für einen acht Monate
alten wurden vergeblich 6000 Frcs. geboten, für Milano
selbst vergeblich 10000 Frcs. M.
Renngewinne.
Im Laufe des verflossenen Jahres gewannen die Nach¬
kommen des berühmten Hengstes „Ard Patrick“ auf deut¬
schen Flachrennen ungefähr eine 1 /2 Million Mark. Den größten
Beitrag zu dieser Summe, nämlich mehr als 100 000 Mk.
lieferte „Marabou“ in Graditz. Ard Patrick von „St. Florian“
von „St. Simon“ a. d. „Morganette“ von „Springfield“,
1899 geboren, wurde gezüchtet von Mr. Gubbius in Irland.
Die deutsche Gestütsverwaltung erwarb das Tier im Jahre
1903 für das Vollblutgestüt Graditz um die Summe von
420 000 Mk. A.
Verschiedenes.
Ehrung.
Dem Kgl. Oberregierungsrat von Beisswänger,
Mitglied des Medizinalkollegiums in Stuttgart, wurde von
der vereinigten med. Fakultät der Universität Giessen die
Würde eines Dr. med. vet. honoris causa verliehen.
Rektor magnificus an der Tierärztlichen Hochschule Berlin.
Zum Rektor magnificus an der Tierärztlichen Hoch
schule Berlin wurde für die kommende 3 jährige Amtsperiode
der Prof. Dr. med. et. phii. Richard Eberlein, Vorstand
der chirurg. Klinik gewählt.
Notiz. Unter den für den Weihnachtsbedarf in
Rothenburg geschlachteten Schweinen befanden sich zwei
trichinöse. Die Tiere stammen aus der Stallung eines
Rothenburger Schmiedes. Es ist also bereits bei acht
Schweinen aus Rothenburg Trichinose festgestellt worden.
Böhm.
Petitionen des allgemeinen Verbandes der Studierenden
der Tierärztlichen Hochschule München an das Kgl. Bayer.
Staatsministerium und an die Kammer der Abgeordneten.
In Nummer 46 der Wochenschrift wurde mitgeteilt,
daß der allgemeine Verband der Studierenden der Tier¬
ärztlichen Hochschule den Beschluß gefaßt habe, Petitionen
14
an das Kultusministerium und den bayerischen Land¬
tag zu richten, in welchen die unhaltbaren Zustände an
einzelnen Instituten der Hochschule geschildert und um
deren Beseitigung gebeten werde.
Inzwischen sind die Eingaben an die genannten Stellen
eingereicht worden. Der Raum der Wochenschrift erlaubt
nicht, den Inhalt der Petitionen in extenso abzudrucken.
Zudem erscheint dies nicht erforderlich, da deren Inhalt
bereits in der Tagespresse veröffentlicht worden ist.
Der allgemeine Verband der Studierenden schildert
zunächst in eingehender Weise die nach verschiedenen
Richtungen äußerst mangelhaften Verhältnisse am ana¬
tomischen Institute, vor allem die ungenügenden Raum¬
verhältnisse daselbst, so daß die Präparierübungen in voll¬
kommen ungeeigneten licbtarmen Räumen abgehalten werden
müssen, Umstände, die es nur einem Teile der Präparanten
möglich machen, sich die nötigen Kenntnisse und Fertig¬
keiten anzueigen. Zu Allem komme noch, daß der Haupt-
raum zu anatomischen Arbeiten an den Aufbewahrungsort
für anatomische Präparate anstoße. Dieser sei so mangel¬
haft, daß er eine sachgemäße Aufbewahrung und Konser¬
vierung der Präparate nicht gestatte; aus ihm strömen
daher fortwährend Fäulnisgase in den Hauptarbeitsraum,
so daß dieser für die Arbeitenden geradezu gesundheits¬
schädlich werde.
Noch ungünstiger lauten die Darlegungen, welche
das pathologische Institut betreffen. Noch mehr als im
ersten Institute werden bezüglich dieser Abteilung der
Platzmangel und die sanitätswidrigen Verhältnisse sowohl
in den kleinen Arbeitsräumen als insbesondere auch im
Sektionslokale beklagt. Es wird ausgeführt, daß es den
Dozenten unter den herrschenden Verhältnissen unmöglich
ist, den Unterricht in den für die Studenten so wichtigen
Fächern der pathologischen Anatomie, Seuchenlehre mit
Bakteriologie und Serologie wie an anderen tierärztlichen
Hochschulen den neuzeitlichen Anforderungen entsprechend
zu erteilen. Endlich ist in den Ein galten dargelegt, daß
auch das geburtshilfliche Institut bescheidenen Anforde¬
rungen in bezug auf Hygiene und Einrichtungen für den
praktischen Unterricht nicht entspricht.
Im weiteren ersucht der allgemeine Verband um Ein¬
führung der Kollegiengelder, Erlaß eines Hochsclmlstatutes,
Zulassung von Privatdozenten und (iewährung des Promo¬
tionsrechtes.
15
Militärveterinärkorps.
In der Sitzung der bayer. Kammer der Abgeordneten
an 15. Dezember trat der Abgeordnete Prof. Dr. Günther
gelegentlich der Besprechung des Militäretats warm für
die bayer. Militärveterinäre ein und erklärte unter Anderem,
er halte es für angezeigt, daß der Stand der Militärveterinäre,
der außerordentlich Tüchtiges leiste und bisher einigermaßen
eine Aschenbrödelrolle spielen mußte, gehoben werde. Im
Weiterem führte der Abgeordnete folgendes aus:
Wenn ein bayerischer Militär-Veterinär einen Vergleich zieht
zwischen seiner Position und der eines Militärapothekers, einiger
Kategorien der Militärbeamten, der Zeug- und Feuerwerksoffiziere,
wird er einige bittere Gefühle empfinden. Er sehe keinen Grund
ein, warum der Veterinär z. B. dem Militärapotheker gegenüber im
Nachteil sein soll; es läßt sich kaum bestreiten, daß diese beiden
Kategorien ungefähr gleich wichtige Aufgaben zu erfüllen haben.
Ganz besonders schlimm stelle sich die Sache, wenn der Militär¬
tierarzt seine Stellung mit dem in Parallelle bringt, was für Zivil¬
tierärzte gilt. Der Bezirkstierarzt in Zivil werde erreicht im Alter
von 38 —39 Jahren, der Stabsveterinär, im Alter von 40 —45 Jahren.
Der Bezirkstierarzt ist selbständig, beim Stabsveterinär lasse die
Selbständigkeit zu wünschen übrig. Der Bezirkstierarzt stehe in
Klasse 7 auf derselben Stufe wie der Major, der Stabsveterinär
rangiere hinter Hauptleuten und Rittmeistern. Der Bezirkstierarzt
darf nicht nur, sondern soll Praxis ausüben; dem Stabsveterinär ist
dieses nicht verwehrt, es ist ihm das aber in der Regel unmöglich,
weil ihn der Dienst daran hindert. Dazu kommt, was beim Bezirks¬
tierarzt aussteht, daß der Stabsveterinär reit- und felddienstfähig
bleiben muß. Der Kreistierarzt habe den Rang eines Regierungs¬
rates und gehöre in Klasse 6, stehe also mit dem Oberstleutnant auf
gleicher Stufe, der Korpsstabsveterinär aber in 7 hinter dem Major,
so daß er auch hier seinen Zivilkollegen zu beneiden Ursache habe.
Der Vergleich mit den Militärärzten sei auch kein vorteilhafter, ob¬
gleich die Militärveterinäre auf der andern Seite im Ernstfälle allen
Wechselfällen des Krieges wie irgend ein anderer Truppenoffizier
oder Soldat ausgesetzr sind. Für sie gebe es keine Genfer Kon¬
vention, die erfreulicherweise für den Militärarzt bestehe und wenig¬
stens in der großen Mehrzahl der Fälle Leben und Gesundheit unter
den Schutz eines internationalen Gesetzes stellt.
Der Vergleich des Avancements der bayerischen Veteri¬
näre gegenüber solchen in anderen Bundesstaaten fälle auch für die
bayerischen Veterinäre ungünstig aus. Ein lebhafter Wunsch der
beteiligten Kreise gehe dahin, daß noch eine neue Charge der
Oberstabsveterinäre mit Majorsrang eingoführt werde. Der
Stabsveterinär sei der Theorie nach dem Hauptmann oder Ritt¬
meister gleichgestellt, dann komme der Korpsstabsveterinär, der dem
Major gleichgestellt erachtet werde, während er eigentlich den Rang
eines Oberstleutnants haben sollte, und endlich komme noch der
Generalveterinär als Oberst. Diese Lücke sei in anderen Dienst¬
zweigen nicht in dem Grade vorhanden, sie könnte und sollte durch
Schaffen von Oberstabsveterinärstellen mit Majorsrang und die Ver¬
leihung des. Oberstleutnantsrang an die Korpsstabsveterinäre aus¬
geglichen werden.
16
In der Sitzung der Abgeordnetenkammer am 20. De¬
zember kam auch der Abgeordnete L o i b e 1 auf die Militär¬
veterinärreform zu sprechen und erklärte, daß sich unsere
bayer. Militärveterinäre tatsächlich in einer mißlichen Lage
befinden und er möchte das, was der Abgeordnete Günther
in dieser Richtung mitgeteilt habe, unterstreichen und noch
ergänzen. Zu erwähnen sei hiebei, daß die bayer.
Militär veterinäre das Studium auf der Hoch¬
schule aus eigenen Mitteln zu bestreiten haben und
daß ihnen diese Studienjahre nicht in ihre Dienstzeit ein¬
gerechnet worden, was bei den andern Kontingenten der
Fall sei.
Der Militäretat zeige, daß ein Veterinäroffizierkorps er¬
richtet werden solle. In diesem seien Oberstabs veterinär¬
stellen vorgesehen; während nun aber beim Sanitätskorps
die Oberstabsärzte Rang und Gehalt der Majore haben,
sollen beim Veterinärsanitätskorps Stabs- und Oberstabs¬
veterinäre in die gleiche Klasse gestellt werden. Der Unter¬
schied bestehe lediglich darin, daß der Oberstabsveterinär
auf grund längerer Dienstzeit einen etwas höheren Gehalt
beziehe. Für den Korpsstabsveterinär sei Rang und Gehalt
des Majors vorgesehen, während dem Generaloberarzt, des¬
sen Stellung derjenigen des Korpsstabsveterinär entspreche,
Rang und Gehalt eines Oberstleutnant zukomme.
Diese Verhältnisse bekunden eine Anomalie und
Inkonsequenz in der Reform. Er glaube nicht, daß sie
aus Rücksicht auf die Humanärzte bestehe, sondern sie sei
wohl mit Bezug auf Sparsamkeit erfolgt; er sei der Ansicht,
daß Sparsamkeit hier sehr am unrichtigen Platze in An¬
wendung käme. Die Wichtigkeit des Dienstes, welche
den Militärveterinären zukomme, sei eine außerordentliche,
das Material, welches ihnen anvertraut, repräsentiere einen
Wert von vielen Millionen, das Studium und die Bildung,
welche die Militär veterinäre besitzen, rechtfertige vollkom¬
men die Gleichstellung'“ des Veterinärsanitätskorps mit dem
Sanitätskorps.
Es liege im Interesse der Militärververwaltung hier
eine bessernde Hand an die Reform anzulegen und sie
konsequent durchzuführen; er würde es begrüßen, wenn
man im Ministerium wieder eine eigene Referenten¬
stelle schaffen würde, wie eine solche vor 67 Jahren bereits
bestanden habe; sie wäre im Interesse der Beförderung der
Militärveterinäre und im Interesse des Dienstes erforderlich.
Es bestelle von Seiten der Interessenten die Befürchtung,
daß die Militärverwaltung nicht den ganzen Betrag der
17
Quote, welche für die Militärveterinäre im Reichshaushalt
für Bayern ausgeworfen wird, für diesen Zweck verwenden,
sondern Einsparungen auf Kosten der Militärveterinäre
machen könnte; er glaube, daß dieses nicht der Fall sei
und wäre dem Minister dankbar, wenn er seine Auffassung
als die richtige erklären wollte. A.
Medizinal- und Veterinärwesen.
Die deutsche Arzneitaxe 1910 wird im Verlaufe dieses
Monats im Verlage der Weidmannschen Verlagsbuch¬
handlung in Berlin SW. 68, Zimmerstraße 94, erscheinen
und ist im Buchhandel zum Ladenpreise von 1,20 Mk. für
ein in Leinen gebundenes Exemplar zu beziehen.
Drackfehlerberichtignng.
Es ist zu lesen: Seite 751, Zeile 17 von oben der statt die;
Seite 771, Zeile 2 von oben wulstigen statt multiplen; Seite 820,
Zeile 2 von oben Wismutmonotannat statt Wisroutraervotannat ;
Seite 854, Zeile 20 von oben Remontepferd statt Rennpferd; Seite 885’
Zeile 6 von unten Haferspelzen statt Haferspitzen. 1
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Veterinärrat Johann Minden
wurde der Titel „Geheimer Veterinärrat“, den Kreistierärzten
Dr. Behme, Hertel, Jakobi, Kaiser, Sporleder, Tannen-
bring der Titel „Veterinärrat“ verliehen.
Tierarzt Friedrich Meier in Hollfeld (Oberfr.) wurde zum
Distriktstierarzt daselbst und der Tierarzt Al. Geller zum Vor¬
sitzenden des Geflügelzucht und Vogelschutzvereines für Holzkirchen
and Umgebung gewählt.
Niederlassung: Ganter Engelbert, Distriktstierarzt in
Ostrach (Hohenzollern), als solcher nach Schwaigern (Wttbg.),
Bickele Friedrich aus Rindelbech in Gaildorf (Wttbg.).
Approbationen: in Berlin die Herren Hagen Fritz aus
Zossen, Kucke Arthur aus Küstrin und Wald mann Otto aus
Pforzheim, in Dresden die Herren Kronholm Gösta aus Wiborg,
Tscherpe Ludwig aus Chemnitz und Winkler Wilhelm aus
Weidenbach; in Gießen die Herren Blüm Philipp aus Gundheim,
Brücker Karl aus Ilbenstadt, Gründler Ernst aus Neukirchen,
Hagen Hermann aus Strählen, Kühl Klemens aus Meppen, Lasch
Paul aus Köln, Metz Karl aus Gau-Wernheim und Schneeberger
Richard aus Zdar.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Gießen die Tierärzte
Beiz Friedrich aus Stuttgart. Böckh Hans ausEuingen, Dolz Fried¬
rich aus Tuttlingen. Huck Willy aus Wiesbaden, Krug Julius
aas Freiburg, Reichert Gustav aus Hofheim, Schwab Gustav aus
Straßburg, Taschner Hugo aus Schulen; in Leipzig die Tierärzte
Huber Friedrich aus Dresden, Keim Hermann aus Schwarzenberg,
18
Schattke Adolf aus Dresden; in Hern die Tierärzte Balzer Franz
aus Rostock, Dietrich Paul aus Wilmersdorf, Ehrle Fritz aus Hof¬
geismar, Pragon Joseph aus Call, Stolte Franz aus Hörde; in Zürich
Tierarzt Steinbach Kurt aus Thammenheim (Sachsen).
iW Von Band IV der „Vorschriften für das
Veterinärwesen in Bayern“ sind die ersten Nummern
erschienen. "3KB
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20
Münchenei 4
(Mler: Wocbensclinft für TierheiltnndB und YieMnoit).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 11. Januar 1910. Nr. 2.
Inhalt: Originalartikel: Jöhnk: Invagination des Blind¬
darmes beim Rinde. — Wagner: Herpes tonsurans. — Entzün¬
dung und Nekrose der linken Kinnbackendrüse. — Chronische
Gehirnwassersucht. — Referate: Albrecht: Über Collargol-
behandlung bei septischen Erkrankungen. Holterbach: Echinacea
angustifolia. Ein neues Wundmittel und Spezifikum gegen In-
flueuza der Pferde und Blutvergiftung. Hennemann: Multiple
Papillome bei einem Hund. Albrecht: Zur Kenntnis der Ent¬
wicklung der Sklerostomen beim Pferde. — Tierzucht und
Tierhaltung: Gründung eines Reichsverbandes deutscher
Ziegenzuchtvereinigungen e. V. Kälberfütterungsversuche mit
Magermilch, welcher teils Stärke, teils durch Diastasolin ver¬
zuckerte Stärke zugesetzt wurde. Schutz den Pferden. Pferde¬
rennen auf dem St. Moritzer See. Hengstkörung in Oldenburg.
— Verschiedenes: Rangverhältnisse der Ingenieure und
Chemiker bei den militärischen technischen Instituten. Badische
Tierärztekammer. Trichinenschau. Einführung der Trichinen¬
schau in Metz. Viehseuchen-Nachrichten. — Bücherschau.
— Berichtigung. — Personalien.
Invagination des Blinddarmes beim Rinde.
Von M. Jöhnk, Berne (Oldenburg).
Darm-Invaginationen sind im allgemeinen selten; sie
werden beim Rinde noch relativ am hau listen beobachtet.
Der Lieblingssitz der Einschiebung ist nach Oadeac (1*)
und R uchte (2) der Leerdarm am Übergänge ins Jleum.
Die von mir beobachteten Invaginationen befanden sich mit
dieser Ausnahme ebenfalls am Übergange des Jejunums in
das Ileum, worauf ich schon einmal hinwies (3). Einstül¬
pungen des Darmes an anderen Stellen sind beim Rinde
äußerst selten. Eine Invagination des Dünndarmes in das
*) Die in Klammern beigesetzten Ziffern beziehen sieh aut
die am Schlüsse angefügten Literaturangaben.
22
Coecum sahen Cadeac und Perussei (4). Einschie¬
bungen des Colons in sich selbst, wurden von G u i 11 a r d (5)
und S t r e b e 1 (6) gefunden, während der einzige bisher
beim Rinde beobachtete Fall von Invagination des Blind¬
darmes von Cadeac und P e r u s s e 1 [1. c.] beobachtet
wurde.
Im Oktober 1909 hatte ich Gelegenheit, bei einem
7 Monate alten weiblichen Rinde eine Einschiebung des
Blinddarmes in sich selbst und in den Anfangsteil des Colon
zu beobachten. Nach den Angaben des Besitzers H. M. in N.
soll das Tier einen Tag zuvor unter krämpfeartigen Erschei¬
nungen erkrankt sein, seither nichts mehr fressen und blu¬
tige Abgänge aus dem After zeigen. Eine Behandlung wird
nicht gewünscht, da der Wert des — nicht ins Herdbuch
aufgenommenen — Jungrindes nur unerheblich ist.
Ich konnte folgenden Befund erheben: Mäßig ge¬
nährtes weibliches Rind der schwarz-bunten Niederungs¬
rasse, liegt auf der Weide und ist nicht zum Aufstehen zu
bewegen. Die vier Gliedmaßen sind untergeschlagen, der
Kopf wird gestreckt vorausgehalten und auf die Erde ge¬
stützt. Das Haarkleid ist rauh, die Hautoberfiäche und die
Ohren fühlen sich kalt an. Der Blick ist trübe und die Augen
sind in die Orbita eingesunken. Das Flotzmaul ist trocken
und nicht perlend. Der Puls (axillar.) ist unfühlbar, Herz¬
töne sind rein, in der Minute erfolgen 94 Aktionen. In der
Respiration sind Veränderungen nicht nachzuweisen.
Nahrungsaufnahme wird völlig verweigert. Die Bauch¬
decken sind nicht gespannt, Druck erzeugt keine Schmerzen.
Bei Palpation des Pansens entsteht ein „schwappendes“ Ge¬
räusch. Der Schwanz und die Umgebung des Afters sind
mit blutigen, schmutzigen Massen beschmiert. Das auf
Unterbrust, und Bauch liegende Tier wälzt sich auf eine
Seite, streckt alle Viere von sich und drängt unter Stöhnen
heftig auf den Darm. Es erfolgt Abgang einer größeren
Menge blutig-roter, schmutziger Gerinnsel, in denen neben
geronnenen, kleinen Blutklumpen auch fibrinähnliche Ge¬
bilde zu ermitteln sind. Nach Beendigung des Drängens
legt sich das Tier dann wieder auf die Unterbrust. Eine
rektale Untersuchung war der Enge des Darmes wegen un¬
möglich. Die im Mastdarm ermittelte Temperatur betrug
39,2° C.
Auf Grund dieser Erscheinungen konnte ich keine
sichere Diagnose stellen; ich glaubte eine Darmverlagerung
als vermutliche Ursache der Krankheit beschuldigen zu
23
können. Da der Besitzer bei dem geringen Werte des
Rindes zu einer event. längeren Behandlung nicht bereit
war, so wurde Schlachtung beschlossen.
Sektion am 8. X. 09: Bis auf den Darmkanal waren
an den einzelnen Organen keine Veränderungen nachzu¬
weisen. Die Vormägen sind mit dünnbreiigem Inhalte ge¬
füllt, aber ohne pathologische Veränderungen. Einige Dünn¬
darmschlingen sind kontrahiert, andere enthalten dünn¬
flüssigen Inhalt, besonders gegen das Ileuin zu erfolgt eine
Aufweitung des Darmes durch den Kot. Der Dünndarm
selbst weist glatte, spiegelnde Serosa und in Falten gelegte,
mit Schleim bedeckte Mukosa auf. Die Grimmdarmscheibe
läßt außer einer zirka 10 cm langen rötlichen Verfärbung
des Anfangsteiles des Colons bei oberflächlicher Betrach¬
tung keine Veränderungen erkennen; auffällig, ist das
Fehlen des Blinddarmes. Nach näherer Untersuchung finde
ich das Coecum in den Anfangsteil des Colons eingeschoben,
das Gekröse ist in Form eines Stranges mit in die Einstül¬
pung einbezogen. Analwärts ist das konische Endstück des
invaginierten Darmes durch Palpation leicht nachzuweisen,
es befindet sich etwa 10 cm abwärts von der Einmündungs¬
stelle des Ileums und dieses ganz verlegend. Am oralen
Ende der Invagination, am übergange des äußeren in den
inneren Darmzylinder befindet sich eine Vertiefung, in die
ein Finger eingeführt werden kann.
Die oben erwähnte zirka 10 cm lange rötliche Ver¬
färbung des Colons beginnt an der Einmündung des Hiift-
darmes. Das nicht in die Einschiebung einbezogene Stück
des Blinddarmes ist äußerst blaß und hebt sieh scharf von
der Verfärbung ab.
Am konischen Ende des eingeschobenen Darmes wird
das Colon aufgeschnitten, es enthält geronnenes Blut, mit
Schleim und schmutzigem fibrinösem Exsudat vermischt.
Das ganze anale Colon enthält keinen Kot, sondern nur die
erwähnten blutigen Massen. Durch fortschreitenden Druck
auf das kegelförmige Ende des invaginierten Coecums ge¬
lingt es, die Einschiebung zu lösen. Die Serosa des einge¬
stülpten Abschnittes ist leicht injiziert, Blutungen fehlen
jedoch. Die Länge des eingeschobenen Stückes beträgt 29cm :
es wird jetzt auch aufgeschnitten. Die Mukosa ist in Falten
gelegt und durch zahlreiche feinste Blutungen rot verfärbt.
Die Submukosa ist serös-blutig infiltriert und bat deshalb
rötliche Farbe. Die Wandung des Blinddarmes bat eine
Stärke von 1 cm.
24
Tin Colon ist die Schleimhaut soweit geschwollen und
mit Blutungen durchsetzt, als die von außen erkennbare
rote Verfärbung reicht.
Auf der Schleimhaut des Coecums und Colons und
im blutigen Inhalt des Darmes sind zahlreiche männliche
und weibliche Exemplare von Trichocephalus affinis vor¬
handen.
Das Exsudat besteht aus einem Gerüstwerk feinster
Fäden und zahlreichen Kundzellen.
Literatur:
1. Cadeac: Rathol. intern, des anini. dom.. 1896, Bd II, pag. 291.
2. Ru eilte: Repertorium f. Tierheilk., 1847, pag. 122.
3. Jölink: Herl. Tieriirztl. Woelienschr, 1908, pag. 690.
4. Cadeac u Perussei: Observat. iuedites; eit. aus Cadeac:
Rathol. intern., 1896, Bd. II, pag. 281.
5. (Juittard: be progres veter., 1898, pag. 481.
6. Strebei: Journ. de med. vet., 1869. pag. 25.
Herpes tonsnrans.
Von Distriktstierarzt Wagner, Windsbach.
In die mit .‘57 Stück bestellte Jungviehstallung des
Herrn v. B. in Sch. wurde durch ein eingeführtes Miesbaeh-
Simmentaler Kind die Glatzflechte eingeschleppt. Obwohl
man die Krankheit sofort erkannte, war es nicht zu ver¬
hindern, daß fast alle Tiere in verschiedenen Zwischenzeiten
angesteckt wurden. Die Haare der Kinder erschienen an
einigen Stellen gesträubt, glanzlos und brüchig. Nach Aus¬
fallen derselben beobachtete man kahle blecke mit Hach
erhabenen, weißen, grauen oder schmutzig-gelben Korken
von Linsen- bis Talergröße. Bei größerer Ausdehnung des
Leidens, besonders am Halse oder auf der Kruppe, flössen
di< 'so Flecke zu unregelmäßigen kahlen großen Stellen zu¬
sammen. Der Hauptsitz der kleinen Flecken waren der Kopf,
der Schweif, die Milchspiegelgegend und die Beugeßäehe
des Karpalgelenkes, während die kontluierenden Stellen
hauptsächlich am Halse, auf dem Kücken und auf der
Kruppe zu linden waren. Da auch ein sehr starker .Juckreiz
bestand, die Tiere infolge dessen sehr unruhig waren und
viel Futter verschleuderten, gingen fast alle im Ernährungs¬
zustand erheblich zurück.
Zur Behandlung wurden die Rinder zuerst geschoren
und hierauf, um die Borken und Krusten aufzuweichen,
mit Schmierseife gründlich gewaschen. Versuchsweise ge¬
schah die Behandlung mit verschiedenen "Mitteln und zwar
25
fanden 1. das Brandl-Gmeiner’sehe KresoHiniment (Aq. Cre-
solic. Sap. kal. et Spirit, aa), 2. 10 % ige Kreolinsalbe,
3. 10 %ige Kreolinseife (Sapo kal. venal. mit Sapo virid.
kräftig verrieben) und 4. Tinct. jodi 1: 5 Verwendung.
Die Wirksamkeit der angeordneten Medikamente war
folgende: An erste Stelle tritt das Kresolliniment, dann
folgten ziemlich gleichwertig Kreolinseife und Kreolinsalbe
und schließlich die Jodtinktur, deren Anwendung in größeren
Beständen auch schon wegen des hohen Preises nicht ökono¬
misch wäre.
Die Heilung der Tiere erfolgte mit Kresolliniment
durchschnittlich in 4—6 Wochen, mit Kreolinseife und
Kreolinsalbe in 8—10 Wochen und in ungefähr der gleichen
Zeit mit Jodtinktur. Bemerken muß ich jedoch, daß die Kur
äußerst peinlich und exakt durchgeführt und bezüglich der
Quantität der Medikamente nicht gespart wurde.
Mit dieser direkten Behandlung der Tiere ging selbst¬
verständlich eine mehrmalige gründliche Desinfektion der
Stallung mit Kalkmilch und 2 %iger Lysollösung einher.
Nach Verlauf von zirka 6 Monaten konnte die Krankheit
als abgeheilt erklärt werden. Übertragungen auf das Warte¬
personal sind nicht erfolgt.
Entzündung nnd Nekrose der linken Kinnbackendrüse.
Ein ßjähriges Pferd hatte hinter dem linken Unter¬
kieferwinkel eine kleinfaustgroße Geschwulst. Es wurde
Jodvasogen eingerieben und ein feuchtwarmer Wickel an¬
gebracht. Nach einigen Tagen fluktuierte die Geschwulst.
Sie wurde geöffnet, wobei sich dünnflüssiger Eiter von ganz
abscheulichem Gerüche entleerte; schon vorher war bemerkt
worden, daß derselbe Geruch der Maulhöhle des Tieres ent¬
strömte. Beim öffnen des Maules floß Eiter in ziemlicher
Menge ab, der aus der linken Hungerzitze zu kommen
schien. Bei Druck auf die Geschwulst spritzte der Eiter in
großem Bogen aus der Öffnung. Es handelte sich also um
einen Abszeß der Kinnbackendrüse. Die Abszeßhöhle wurde
mit Kreolinlösung, die Maulhöhle mit Essig ausgespritzt.
Am 3. Tage nach der Eröffnung des Abszesses hing aus der
Schnittwunde ein langes Gewebsstüek heraus, das leicht ex¬
trahiert werden konnte und sich als Teil der linken Kinn¬
backendrüse entpuppte. Die Eiterung sistierte bald, sodaß
das Tier nach kurzer Zeit geheilt entlassen werden konnte.
(►Statistischer Veterinär-Sanitätsbcricht über die K. Häver.
Armee.)
26
Chronische Gehirnwassersucht,
Ein 9jähriger Wallach kam mit dem Vorbericht zur
Untersuchung, daß er das Morgenfutter versagt habe und
einmal umgefallen sei; außerdem seien schon seit längerer
Zeit Bewegungsstörungen beobachtet worden und sei das
Pferd schwer zu parieren gewesen.
Der Patient mußte in den Krankenstall förmlich ge¬
schoben werden und zeigte dort die Erscheinungen einer
von Tag zu Tag zunehmenden schweren Gehirndepression,
die nur einmal und zwar am 2. Tage von einem zirka drei¬
stündigen Erregungsstadium unterbrochen wurde. Das Pferd
verendete am 4. Behandlungstage.
Die Therapie bestand in kräftigem Aderlaß, Verabrei¬
chung einer Aloe-Pille (25,0), kalten Umschlägen auf die
Stirne, 2 Morphium-Injektionen ä. 0,4 g und Diät.
Obduktionsbefund: Die harte Hirnhaut ist im
linken Schläfenteile an der dem Knochen zugekehrten Fläche
auf Talergröße sehr stark vaskularisiert und mit etwa 50
stecknadelkopfgroßen nicht abwaschbaren Blutungen ver¬
sehen ; sie war daselbst um das Doppelte ihrer normalen
Stärke verdickt und zeigte 4 quer durcheinander latifende
streitige Narben von 1 cm Breite und 3 cm Länge; sie konnte
an dieser Stelle nur sehr schwer vom Knochen abgezogen
werden; der Knochen selbst fühlte sich hier rauh an. Der¬
jenige Teil der Querscheidewand der harten Hirnhaut, wel¬
cher auf dem linken Lappen des Kleinhirnes gelegen ist,
bildete eine 3 cm lange und 2 cm breite, mehr fleischige
Platte, welche durchwegs um 1 cm verdickt war. Diese
augenfällige Verdickung im Durchmesser der Quer-Scheide-
wand hatte zur Folge, daß durch deren Druck der linke
Seitenlappen des Kleinhirns in seinem vorderen Drittel
deutlich abgeflacht wurde.
Die weiche Hirnhaut, zeigte in ihrer ganzen Ausdeh¬
nung hochrote Farbe und äußerst pralle Füllung der Blut¬
gefäße, sodaß ihr entzündlicher Charakter deutlich wahr¬
genommen werden konnte. Bezüglich der Gehirnwindungen
und Furchen, sowie betreffs der Verteilung der grauen und
weißen Gehirnsubstanz ließ sich eine Veränderung nicht
nachweisen; an Längs- und Horizontalschnitten, welche
durch die Gehirnsubstanz angelegt wurden, fiel die weiche
Konsistenz, sowie der stärkere Glanz und Feuchtigkeitsgrad
auf (Ödem).
In der linken Seitenkammer befand sieh 1U ccm bla߬
rote Flüssigkeit. An der gegen die Großhirnhemisphäre zu
27
gelegenen Seitenwand, sowie neben dem Streifenhügel, zum
geringen Teil auch im Grenzstreifen und im hinteren Eck
neben dem Ammonshorn fanden sich eingesprenkelt in das
Ependym der linken Seitenkammer etwa 80 rote Punkte
von der Größe eines Nadelstiches bis zu der eines Steck¬
nadelkopfes. Diese Punkte stellten kapilläre Blutungen
innerhalb des Ependyms dar und konnten nicht abgewaschen
werden. Dieselben roten Punkte von der gleichen Beschaffen¬
heit und Größe, nur doppelt an der Zahl, traten in der rech¬
ten Seitenkammer zutage und zwar längs der Scheidewand
am Grenzstreifen, in der vorderen Hälfte der gegen die Gro߬
hirnhemisphäre zu gelegenen Seitenwand, sowie neben dem
Streifenhügel, besonders aber im hinteren Ecke neben dem
Ammonshorn, hier teilweise zu Punkten von dreifacher
Größe zusammenfließend. Auch das hintere Drittel des Am-
monsliornes ist mit solchen roten Punkten versehen, wäh¬
rend das linke Ammonshorn frei davon ist. Die Adergeflechte
der Seitenkammern und das mittlere Adergeflecht weisen
schwarz-rote Farbe und sehr starke Injizierung der Ge¬
fäße auf.
Lunge und Nieren befanden sich im Zustand der
Senkungs- bezw. Stauungshyperämie; der Herzmuskel war
grau-gelb, welk und brüchig. (Ibidem.)
Referate.
H. Albrecht - München: Über Collargolbehandlung
bei septischen Erkrankungen. (Münch, mediz. Wochenschr.,
Nr. 51, 1909.)
An der Hand von 45 Fällen aus der H. gynäkologischen
Klinik in München bespricht Yerf. die Wirkung des Collar-
gols bei septischen Erkrankungen, welche mit intravenösen
C'ollargol-Injektionen behandelt wurden. Von Einreibungen
mit TTng.Crede sah A. nie eine Wirkung, dagegen konstatiert
er wiederholt günstige Wirkungen bei rektaler Anwendung
des Collargols; diese waren jedoch nicht genügend eindeutig,
um sie mit ganz einwandfreier Sicherheit als Effekt der
(’ollargolwirkung ansprechen zu dürfen. Dagegen beob¬
achtete der Verf. nach intravenöser Applikation von 1 bis
2 ccm einer 10 %igen Aufschwemmung im Falle positiver
Wirkung eine ganz unzweideutige Reaktion; Vj.—4 Stunden
nach der Injektion trat Schüttelfrost mit Steigerung der
Temperatur ein, dann folgte innerhalb 12 Stunden auf¬
fallende Besserung des Allgemeinbefindens, zeitweise Poly¬
urie. Verf. führt eine Anzahl Einzelfülle auf. Aus den
28
Gesamtbeobachtungen schließt er, daß das Collargol bei
schweren, unter dem Bilde septischer Allgemein-Infektion
verlaufenden Intoxikationen prompte Heilwirkung
entfaltet, daß es dagegen bei der Bekämpfung schwerer
bakterieller Allgemein-]nfektionen und ebenso bei
schweren lokalisierten Eiterungen nutzlos sei. A. hält da¬
für, daß die Wirkung des C’ollargols keine a n t i bakte¬
riell e, sondern nur eine a n t i t o x i s c h e sei. A.
Holterbach: Echinacea angustifolia. Ein neues
Wundmittel und Spezifikum gegen Influenza der Pferde und
Blutvergiftung. (Tierärztl. Rundschau, 15)09, Nr. 47.)
In der September-Nummer der „American Yeterinarv
Review“ 1 berichtet Tierarzt Browning, daß er seit zwölf
Jahren Influenza mit der Echinacea behandelt habe und
daß der Erfolg in allen Fällen ein zufriedenstellender ge¬
wesen sei und bisweilen sogar arrsWunderbare grenzte. Es ist
d a s Heilmittel gegen Blutvergiftung und wirkt gleich vor¬
züglich bei puerperaler Sepsis und Anämie, bei perniziöser
Malaria und septischen Fiebern, hei Drüsen Vereiterungen
und Hautkrankheiten. Die Dosis beträgt bei Pferden H g
des Fluidextraktes alle zwei Stunden. Die physiologische
Wirkung ist nach 1 >r. F i n 1 e y E 1 1 i n g w o o d folgende:
Sämtliche drüsigen Organe scheinen unter dem stimulieren¬
den Einfluß der Droge in erhöhte Tätigkeit zu geraten, die
Magenfunktion bessert sich, der Appetit nimmt zu, das
Futter wird besser verdaut, die Peristaltik lebhafter, die
Absorption und Assimilation steigen und der allgemeine Er¬
nährungszustand hebt sich beträchtlich. Sekretion und Ex¬
kretion werden mächtiger und die Autointoxikation dadurch
unmöglich gemacht. Die Rückbildung pathologischer Ge-
websvorgänge tritt rascher ein als bei irgend einem andern
bekannten Arzneimittel.
Versuche von B r o w n i n g zum Studium der so¬
fortigen Einwirkung auf fieberhafte Zustände, die auf fort¬
gesetzte Aufnahme septischer Bestandteile (Katarrhalfieber,
Puerperalfieber) beruhen, haben zur Genüge bewiesen, daß
der vernichtende Einfluß der Echinacea auf die schädlichen
Keime unmittelbar begann. Innerhalb weniger Stunden sank
die Temperatur um lA—2 Grad.
Und, da Browning dieses Mittel gar so lobt, so
empfiehlt TI olterbach dasselbe allen Kollegen zur Er¬
probung und Veröffentlichung der Resultate
29
Hennemann: Multiple Papillome bei einem Hund.
(Österreich. Monatsschrift für Tierheilkunde, 1909, Nr. 9.)
Ein Hund (1jährige Vorstehhündin) wurde wegen
Räude und warzigen Gebilden eines Teiles der Maulhöhle
der Ober- und Unterlippe der medizinischen Klinik der Tier¬
ärztlichen Hochschule Wien zur Behandlung übergeben. Die
Diagnose lautete auf Sarkoptesräude und Papillomatose.
Während die erstere Krankheit durch die Behandlung ab¬
nahm, breiteten sich die Papillome immer weiter aus und
gingen auf Rachenschleimhaut und Zunge über, deren Ober¬
fläche eine fast ebene warzige Fläche bildeten, an welcher
die einzelnen Kondylomgruppen nur durch tiefe Einschnitte
von einander abgegrenzt waren. Die Augenlider, die Um¬
gebung derselben und die Unterfläche des Unterkiefers
waren ebenfalls von verhornten Papillomen besetzt. An der
Übergangsstelle der äußeren Haut in die Rachenschleimhaut
saßen dicht gedrängt blumenkohlähnliche brombeergroße
Kondylome, die ganze Maulöffnung urnsäumend; ferner
waren die ganze Maulhöhlenschleimhaut, die Zungenober¬
fläche eng besetzt, während am Kehldeckelrand, am Über¬
gang in die Speiseröhre und am Zungengrund ebenfalls Pa¬
pillome nachweisbar waren. Parotis und Submaxillaris ver¬
größert.
Da der Hund trotz riesiger Freßlust wegen der wuchern¬
den Neubildungen in der Maulhöhle nur wenig Futter auf¬
nehmen konnte, traten infolge der ungenügenden Ernährung
Abmagerung und Erscheinungen der Kachexie ein, denen
das Tier schließlich erlag.
Sektionsbefund: Papillomatose der Maul- und
Rachenschleimhaut mit besonders starker Lokalisation an
der Zunge bis zum Kehldeckel; allgemeine Abmagerung
und Anämie; akute Gastritis.
Überimpfungsversuche dieser Papillomatosis auf andere
Tiere (Einreiben der Papillome an ihrer Schnittfläche auf
oberflächlich skarifizierte Hautstellen) verliefen zum Teil
negativ. Während zwei Hähne 4 Monate nach der Impfung
noch keine Veränderungen an den bet reffenden 1 Faul stellen
zeigten, kam es bei einem Hunde nach 2’.ü Monaten an der
Innenfläche des Ohres zu einer starken Hautschuppung und
nach S 1 /? Monaten fand man an der Impfstelle eine linsen¬
große, leicht erhabene, rauhe, stark durchfurchte warzige
Neubildung.
Der Fall ist deswegen erwähnenswert, weil Papilloma¬
tosis in den meisten Fällen gutartig und nicht wie hier letal
verläuft. R a b u s.
30
A 1 b r e c h t: Zur Kenntnis der Entwicklung der
Sklerostomen beim Pferde. (Zeitschrift f. Veterinärkunde,
1909, IV.)
Die Nomenklatur der Sklerostomen hat im Laufe der
Zeit viele Änderungen erfahren, die teilweise zu Irrtümern
Anlaß gaben. Gegenwärtig wird unterschieden zwischen
Strongylus tetracanthus (mit 4 Mundzapfen) und Strongylus
armatus. Letzterer scheidet sich, wenn inan nach Sticker
die zahnartige Bewaffnung der Mundkapsel als Merkmal
benutzt, wieder in 3 Formen : Str.quadridendatus,bidendatus
und edendatus.
Was bisher über die Pallisadenwürmer in den Gekrös-
arterien geschrieben wurde, bezieht sich wohl ausnahmslos
auf Sclerostomum bidendatum. Der Fundort ist für diesen
Parasiten ebenso typisch, wie das retroperitoneale Fettge¬
webe und das Bauchfell für Sei. edendatum.
Verf. fand bei seinen Untersuchungen die Parasiten
in so großer Verbreitung, daß er mit der Behauptung nicht
fehlzugehen glaubt, daß fast jedes Pferd Träger irgend einer
Sclerostomum-Art ist. In vielen Fällen kommen 2 oder 3
Arten beim gleichen Pferde vor.
Untersucht man geschlechtsreife Weibchen, so findet
man den Uterus prall gefüllt mit Eiern, deren Bildungs¬
dotter bereits in Furchung begriffen ist. Die Eier aller
Sklerostomen sind von ovaler bis elliptischer Gestalt und
von einer doppelt konturierten, dünnen und durchsichtigen
Membran umgeben. Man findet sie im Kot immer einzeln,
zerstreut zwischen den Kotteilchen liegend, vor. Von den
runden und mit einer dickeren, mehrschichtigen Hülle ver¬
sehenen Askariden-Eiern sind sie leicht zu unterscheiden.
Im Verlauf von wenigen Tagen sind im Kot keine Eier
mehr, sondern schon die ausgeschlüpften Embryonen, welche
nun als Larven bezeichnet werden. Sie sind 0,5—0,8 mm
lang, haben drehrunde Gestalt und ein langes, fadenförmiges
Schwanzende. Die zunächst sehr zarte Gutieula verdickt
sich etwas und löst sich später allmählich los, wird jedoch
erst nach einigen Monaten vollständig abgestreift. Die
Lebensfähigkeit, der aus ihrer Scheide ausgekrochenen Lar¬
ven ist eine sehr große; Verf. sah sie in gewöhnliehemWasser
ohne besondere Nahrungszufuhr 5 Monate weiterleben.
Die vom Pferde abgesetzten Kotballen bieten die gün¬
stigsten Bedingungen für die erste Entwicklung sämtlicher
Arten; in nicht allzustark der Austrocknung ausgesetzten
Kotballen halten sich die Larven viele Monate lang. Die
I bertragung erfolgt vornehmlich durch Aufnahme von mit
31
Kot verunreinigtem Futter und Wasser; geeignet zur Weiter¬
entwicklung im Tierkörper dürften nur die reifen Larven
sein. Bei gewöhnlicher Entwicklung bilden sich die aufge-
nominenen Larven nach mehreren Häutungen zu Geschlechts¬
tieren imDarm aus; dabei gelangen von hier aus auchLarven
vermittels der Bluthahn in die verschiedensten Organe.
Die Diagnose, daß ein Pferd mit gesell lech tsreifen
Darmskierostomen behaftet ist, ist leicht durch den mikro¬
skopischen Nachweis der Eier zu stellen; man untersucht
etwas Kot unter Wasserzusatz bei 100—150facher Vergröße¬
rung. Zur Stellung einer Spezialdiagnose bezüglich der vor¬
liegenden Art — die Unterschiede der einzelnen Larven-
Arten sind im Original unter Beifügung von Abbildungen
des näheren erörtert — bewahrt man einen Kotballen unter
Schutz vor Austrocknung zunächst 8—14 Tage auf. Dann
übergießt man ihn mit reinem Wasser, bis er vollständig
durchtränkt ist und bis noch etwas Wasser auf dem Boden
des Gefäßes stehen bleibt. Im Laufe einiger Stunden wandern
nun die meisten der im Kot vorhandenen Larven in das
Wasser aus und lassen sich bei günstiger Beleuchtung schon
mit unbewaffnetem Auge als w r inzig kleine Würmchen er¬
kennen, die durch Verwirrung ihrer Schwanzenden oft kleine
Knäuel bilden. Eventuell ist vorsichtiges Abgießen oder
Zentrifugieren der Flüssigkeit notwendig.
Die Sklerostomen stellen beim Pferd in der Kegel
harmlose Parasiten dar. Bei massenhafter Einwanderung
und bei geschwächtem Körper, sowie bei Fohlen können
sie indes zu schweren Krankheitserscheinungen, insbeson¬
dere zu jahrelanger Anämie und Kachexie, führen. Der
therapeutischen Einwirkung sind natürlich nur die Darm-
sklerostomen zugänglich. Verf. empfiehlt hier in erster
Linie die Verabreichung von Ol. Terebinth. 80,0 mit Ol.
Ricin. 500,0. Da die Farbe der Parasiten nicht sehr von
der des Kotes abweicht, ist eine genaue Durchsuchung der
Entleerungen notwendig. Die abgegangenen Würmer sind
am besten durch Verbrennen zu vernichten, da sich inner¬
halb der toten Muttertiere Tausende von Larven entwickeln
können. L i n d n e r.
Tierzucht und Tierhaltung.
Gründung eines Reichsverbandes deutscher Ziegenzucht¬
vereinigungen e. V.
Tn einer Versammlung vom 19. Juni 1909 zu Leipzig
ist dieGründung eines B e i ch sve r b a n d e s d e u 1 s ch e r
32
Z i e g e n z u ch t v e r e i n i g u n g e n e. V. beschlossen wor¬
den, der sich die Förderung der bisher bei uns noch vielfach
darnieder liegenden Ziegenzucht zur Aufgabe gestellt hat.
Der Verband hat seinen Sitz in Eisenach und erstreckt
seine Tätigkeit auf das ganze deutsche Reichsgebiet. Zweck
der Vereinigung ist nach den soeben veröffentlichten Satz¬
ungen der Zusammenschluß der im Deutschen Reiche be¬
stehenden Ziegenzuchtvereinigungen, um durch geeignete
Maßnahmen die deutsche Ziegenzucht zu heben und zu för¬
dern. — Der Vorstand des Vereins setzt sich zur Zeit zu¬
sammen aus dem 1. Vorsitzenden Landestierzuchtinspektor
und Privatdozent Dr. Dettweiler - Rostock und dem
Kgl. Landrat Büchting - Limburg a. L. als 2. Vorsitzen¬
den und Schatzmeister; Geschäftsführer ist der Direktor
der landwirtschaftl. Schule Dr. Müll e r- Dortmund. (L. Z.)
Kälberfütterungsversuche mit Magermilch, welcher teils
Stärke, teils durch Diastasolin verzuckerte Stärke zugesetzt
wurde.
Nach einem Referate in „Mitteilungen der Deutschen
handwirtschaftsgesellschaft“, Nr. 1, 1910, hat Professor Dr.
llitteher an der Versuchsstation und Lehranstalt für
Molkereiwesen zu Kleinhof-Tapian mit einer größeren An¬
zahl Kälber die in der Überschrift angegebenen Versuche
angestellt. Die mit Exaktheit nach jeder Richtung ausge¬
führten Arbeiten, bei welchen nicht allein die verabreichten
Milchmengen, sondern auch deren Trockensubstanz, sowie
das individuelle Verhalten der Versuchstiere bezüglich der
Ausnützung der Nährstoffe Berücksichtigung fand, ergaben,
daß die Erzeugung von 1 Kilo Körpermasse bei der Fütte¬
rung von Magermilch und mit durch Diastasolin verzuckerter
Stärke 64,97 Pfg., bei der Verwendung von Magermilch mit
Stärke 60,41 Pfg. und bei Verabreichung von Milch 95,85 Pfg.
kostete; demnach betrugen die Kosten zur Ilcrvorbringung
eines Kilos Körperzuwachses bei Fütterung von Magermilch
mit Stärke ohne Diastasolin 35,44 Pfg., bei Verwendung
von mit Diastasolin verzuckerter Stärke 30,88 Pfg. weniger
als bei Verabreichung von Milch.
Mit Bezugnahme auf die angeführten Erzeugungs¬
kosten kann man nach H. die Verwendung von Stärke-
Magermilch an Stelle von Milch empfehlen, weil sich damit
die Kosten der Aufzucht wesentlich niedriger stellen und
auch für Mastzwecke wird dieses Verfahren nach 11. zu¬
friedenstellende Resultate ergeben.
Eine Überlegenheit der Verzuckerung der Stärke,
gegenüber der Verabreichung derselben als solche, ergaben
also die Versuche nicht. Daher ist bei Ersatz des Milch¬
fettes durch Stärke zur Fütterung der Kälber nicht unbe¬
dingt notwendig, die Stärke mit Diastasolin zu verzuckern;
indessen hält H. die Verwendung des Diastasolins für zweck¬
mäßig, weil hiebei ein Getränk erhalten wird, welches auch
die jüngsten, nur 3 Tage alten Kälber gerne nehmen. Über¬
haupt scheinen die Kälber die Magermilch mit durch Diasta¬
solin verzuckerter Stärke lieber aufzunehmen als Stärke-
Magermilch ohne Diastasolinzusatz. Der Wert der Ver¬
wendung von Diastasolin beruht weniger darin, dem Orga¬
nismus die Arbeit der Verzuckerung der Stärke zu ersparen,
als in dem Umstande, den Geschmack der Stärke-Mager¬
milch durch Verzuckerung der Stärke zu verbessern, so daß
eine den Kälbern besser mundende Nahrung gewonnen wird.
Schutz den Pferden.
In Nr. 1, 1910, der Zeitschrift „Der Pferdefreund'*
wird mit Recht darauf hingewiesen, wie schwer es oft
Pferden, besonders schwer zieheuden, mitunter wird, auf be¬
eisten Stellen stehende Ladungen anzuziehen und solche über
durch Eis glatt gewordene Stellen auf der Straße fortzu¬
bewegen. Aus humanitären Gründen und zur Verhütung des
Stürzens der Tiere und der dadurch bedingten Verletzungen
sollten die Eigentümer von Geschäften, Wirtschaften etc.,
vor welchen die Fuhrwerke halten, über die beeisten glatten
Stellen, auf welchen die Pferde vor den Häusern stehen,
Asche streuen, die jederzeit im Ofen oder auch in der Küche
zu haben ist; die Kutscher, namentlich die Rollkutscher,
aber sollten stets einen Sack mit Asche oder Kies, wie ihn
die Straßenreinigung benützt, mitführen und von dessen
Inhalte an Straßenstellen, die wegen Beeisung glatt sind
und auf welchen die Pferde mit der Ladung schwer fort-
kommen, aufstreuen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen
liegen sehr im Interesse des Tierschutzes und muß deren
Durchführung gewiß jeder Tierfreund als höchst wünschens¬
wert bezeichnen. A.
Pferderennen auf dem St. Moritzer See.
In St. Moritz finden am 3. und 6. Februar 1910 wieder
Pferderennen statt. Die Rennen zerfallen in Trabfahren
und Skikjöring-Rennen, bei welchen die Galoppferde von
Skifahrern gesteuert werden. Die beiden ITauptrennen bil¬
den das Traber -Der b y v o n St. M o r i t z für Pferde
34
aller Länder ohne Distanzausgleich über 3200 Meter und
mit 3500 Francs Freisen, sowie der Große Preis von
S t. M o r i t z, Skikjöring-Rennen für Pferde aller Länder
über 3000 Meter, ebenfalls mit Preisen im Betrage von
3500 Francs. Am 7. Februar wird eventuell noch ein drittes
Rennen abgehalten. Nennungsschluß ist am 20. Januar. —
Aus Münchener Ställen beabsichtigt Trainer Weidmüller
sich mit „Der Schelm“ oder „Juwel“ an dem Meeting zu be¬
teiligen. (Tagespresse.)
Die II engstkör u n g m i t Z u c h t h e n g s t e -
m arkt in Olde n b urg findet am 4. und 5. Februar 1. J.
statt.
Verschiedenes.
Rangverhältnisse der Ingenieure und Chemiker bei den
militärischen technischen Instituten.
Durch Verordnung vom 20. Dezember 1909 kann von
den Ingenieuren und C li e mikern der technischen
Institute künftig die erste Hälfte — soweit die ihr An¬
gehörenden eine mindestens 12 jährige etatsmäßige Dienst¬
zeit besitzen — für die Verleihung des Titels eines „Ober¬
ingenieurs (Oberchemikers)“ mit dem Range der Klasse IV
der höheren Beamten der Militärverwaltung und der Uniform
des Oberingenieurs bei der Inspektion der Technischen
Institute (Majorsauszeichnung) in Antrag gebracht werden.
Die Ingenieure und Chemiker bei den militärischen
technischen Instituten beziehen bekanntlich nach der neuen
Reichs - Besoldungsvorschrift 3000—7200 Mk. Gehalt, der
von drei zu drei Jahren um je 600 Mk. steigt ; dazu den
Wohnungsgeldzuschuß nach Tarifklasse III (wie Majore,
Rittmeister, Hauptleute, Oberstabs- und Stabsärzte, Stabs¬
veterinäre). Denselben Gehalt und Wohnungsgeldzuschuß
beziehen die Kriegsgerichtsräte, Korpsstabsapotheker, Bau¬
inspektoren, die Intendanturassessoren bezw. Intendanturräte
und die Intendantur- und Bauräte. .. qu .. .
Badische Tierärztekammer.
Nr. 1, 1910, der „Mitteilungen des Vereins badischer
Tierärzte“ enthält einen Bericht über die Tätigkeit der
dischen Tierärztekammern im Jahre 1908.
ha -
Zur Verhandlung kamen neben anderem sieben von
dem Zuchtinspektor II i n k - Freiburg i. B. eingebrachte und
35
begründete Anträge. Aus der Reihe derselben seien die fol¬
genden angeführt:
1. Die Tierärztekammer wird beauftragt, an die Groß-
herzogl. Regierung das Gesuch zu richten, bei einer
etwaigen gesetzlichen Regelung der Milchkontrolle
dafür einzutreten, daß den Tierärzten dabei die ihnen
gebührenden Funktionen übertragen werden. Die letz¬
teren dürften sich u. a. auch auf die Untersuchung der
Marktmilch erstrecken, soweit es sieh nicht um feinere
qualitative und quantitative chemische Untersuchungen
und die Ermittlung von Verfälschungen handelt.
2. Die Tierärztekammer ersucht die Großherzogi. Regie¬
rungen, den badischen Tierärzten das Selbstdispensier¬
recht zu bewilligen bezw. im Bundesrat bei Beratung
des Reichsapothekengesetzes, unter Berücksichtigung
der diesbezüglich von der Kammer bereits gemachten
Abänderungsvorschläge, für die Bewilligung frag¬
lichen Rechtes einzutreten, sowie den Apothekern und
Drogisten die Ausübung der Tierheilkunde auf dem
Wege der arzneilichen Fernbehandlung unter An¬
drohung hoher Strafen zu verbieten.
3. Die Tierärztekammer wünscht im Interesse des Stu¬
diums der Veterinärmedizin und der Förderung der
tierärztlichen Praxis die Erweiterung des tierhygieni¬
schen Instituts zu Freiburg zu einer vollständigen
veterinär-medizinischen Anstalt und die Gründung
einer veterinär-medizinischen Fakultät an der Univer¬
sität Freiburg. Dieser Wunsch ist der Großherzogi.
Regierung zur Kenntnisnahme empfehlend zu über¬
mitteln. Zugleich ist auch der Stadt rat in Freiburg
von dem Beschlüsse mit der Bitte in Kenntnis zu
setzen, seinerseits für die Erfüllung fraglichen Wun¬
sches nach Kräften einzutreten.
Von den 1 Anträgen wurden 0 zum Beschlüsse erhoben.
Die Beschlußfassung zu dem vorstehend sub 3 mitgeteilten
Anfrage wurde noch ausgesetzt. A.
Trichinenschau.
Die in Nr. 51, 1909, dieser „Wochenschrift“ wieder¬
gegebene Anregung zur Einführung der Trichinenschau in
Herzogenaurach hat bereits Erfolg gehabt. Vom Magistrat
wurde der Beschluß gefaßt, die Trichinenschau obligatorisch
einzufiihren. B ü h m.
36
Einführung der Trichinenschau in Metz.
ln Metz ist die obligatorische Fleischbeschau, begin¬
nend vom 1. Januar 1910, eingeführt worden.
Stand der Tierseuchen in Bayern am 31. Dezember 1909.
a) Rot» (Wurm):
Niederbayern: Wegscheid 1 Gmd. (1 Geh.).
b) Maul- und Klaue n s e u c h e :
Mittelfranken: 1 Gmd. (1 Geh.).
c) Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern: 9 Gmd. (9 Gel».); Niederbayern:
6 Gmd. (7 Geh.); Mittelfranken: 4 Gmd. (4 Geh.);
Schwaben: 1 Gmd. (1 Geh.).
Bttcherschan.
Jahresbericht über die Leistungen auf dem Gebiete der
Veterinärmedizin. Von Prof. Dr. Ellenberger und
Prof. I>r. Schütz. 28. Jahrgang (Jahr 1908). Berlin
1909, Verlag von August Hirschwald.
Mit Freude nimmt man den jedes Jahr erscheinenden
Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete der Veterinär¬
medizin zur Hand, in dem Gedanken, Auskunft über alles
Neue zu erhalten, was im Verlaufe eines verflossenen Jahres
auf sämtlichen Gebieten unserer Wissenschaft aufgetaucht
ist. Mit Beruhigung kann sich der Leser sagen: „Dasjenige,
was Zeitschriften irn Verlaufe des verflossenen Jahres
brachten, welche nicht gehalten werden konnten, und das¬
jenige, was beim Studium der zugänglichen Literatur über¬
sehen worden ist, findet man im Auszuge im Jahresberichte;
und in der Tat: 32 Mitarbeiter haben im diesmaligen Jahres¬
berichte wieder Alles, was in sämtlichen Kulturstaaten im
Jahre 1908 für unsere Wissenschaft und Praxis erschienen
ist, wohlgeordnet, leicht verständlich, kurz und bündig zu¬
sammengestellt und es dem Tierärzte leicht gemacht, sich
rasch nicht nur über Gegenstände der Tierheilkunde im
engsten Sinne Auskunft zu erholen, sondern auch über eine
Reihe verwandter Themata, z.B. Versicherungswesen, Milch¬
kunde, Standesangelegenheiten.
Ich kann nur dasjenige, was ich bei der Besprechung
früherer .lahresberichte über diese sagte, wiederholen: „Die
.lahresberichte über die Leistungen auf dem Gebiete der
37
Veterinärmedizin sind nicht nur den vielbeschäftigten Kol¬
legen, welche wegen Zeitmangel die Fachliteratur nur zum
Teil verfolgen können, sondern auch den wissenschaftlich
arbeitenden unentbehrlich.“ A.
Berichtigung.
In Nummer 1 der Wochenschrift soll es auf Seite 13 Zeile 15
von oben lauten „preußische“ statt „deutsche Gestütsverwaltung“.
Personalien.
Auszeichnungen: Verliehen wurde der Titel eines Kgl.
Regierungsrates dem Kgl. Landesinspektor für Tierzucht Dr. At¬
ting er in München; der Titel eines Kgl. Veterinärrates den Kgl.
Bezirkstierärzten Friedrich Engel in Kaiserslautern, Franz Martin
in Passau und Julius Münich in Straubing; der Bayer. Militär¬
verdienstorden mit der Krone dem Kgl. Korpsstabsveterinär v. Wolf
in München; der Titel eines Oberstabsveterinärs den Stabsveterinären
Grüner und Gersheim in München.
Ernennung: Dr. Paul Gehrig in Goslar zum Assistenten
an der Tierärztlichen Hochschule in Dresden (med. Klinik).
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Gießen die Tierärzte
Friedrich Adolphi in Bradkwin, August Dechaut in München,
Uans Falk in Issing (Oberbayern), Gustav Martin in Langen,
Ernst Müller aus Alpirsbach, Richard Wilke aus Guben und Dr.
med. Küster, Privatdozent in Freiburg i. Br.; zu DDr. med. vet.
in Bern: die Tierärzte Alwimus Bolle in Düsseldorf, Christian
Hanken in Lamstadt, Friedrich Loewe in Hamburg, August
Meyerstrasse in Hünnfeld, Erich Schüler in Bonn, Albert
Voßhage in Meschede (Westf.).
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Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 18 Januar IVHü Nr. 3.
Inhalt: Originalartikel: Das Organisationsedikt für die
K. Zentral-Veterinärschule München vom l. Februar 1810. —
Dr. Jakob: Sind die modernen Kraftfahrzeuge imstande, vor¬
nehmlich in Großstädten die Pferde zu verdrängen und die
tierärztliche Praxis dadurch zu gefährden? — Lähmung infolge
unbekannter Ursache — Referate: Westermann: Beobach¬
tungen über die Wirkung von Diastasolin. Wilke: Erschei¬
nungen der Poliomyelitis anterior acuta (spinale Kinderlähmung)
bei Hühnern. — T i e r z u c h t u n d Ti e r h a 11 u n g: Erwerbung
eines erstklassigen Deckhengstes. Gründung einer Pferdezucht-
Genossenschaft in Murnan. Kartoflelfütterung an Pferde. Eine
eigenartige Beeinflussung des Geschlechtes in der Rindviehzucht.
— Verschiedenes: Verzeichnis der Tierärzte, die die Prüf¬
ung bestanden haben. Die Feier des 50jährigen Bestehens des
Vereins Schlesischer Tierärzte. Tuberkulose Anerkennung des
Schweizer Doktortitels. Fortschritte für den Tierärztlichen Stand
in Sachsen-Weimar. — Büch er sc hau. — Personalien.
Das Organisationsedikt ftir die K. Zentral-Veterinär¬
schale München vom 1. Februar 1810.
Mit dem 1. Februar 1910 sind 1U0 Jahre vergangen,‘
seitdem das Edikt, betr. die Reorganisation der damaligen
bayerischen Tierarzneisehule und des Vetcrinärwesens
erlassen wurde.
Mit diesem wichtigen Edikte war der erste günstige
Wendepunkt für die damalige Tierarzneischule und das baye¬
rische Veterinärwesen eingetreten und es ist wohl am Platze,
nach Einfluß voii 10<) Jahren das Edikt in Erinnerung zu
bringen.
Die Gründung der Tierarzneischule erfolgte unter der Regie¬
rung des Kurfürsten Karl Theodor; die Bekanntgabe von deren Er¬
richtung durch höchstes Reskript vom 2(>. März 1790, die Eröffnung
am 1. Mai dieses Jahres *).
Laut Reskript war Zweck der Gründung der Schule: den
eiribrechendon. Seuchen zu steuern, hiedurch die Viehzucht zu
bessern und den Ackerbau zu fördern.
*» Geschichte der Zentraltierarzneischule MQuellen von llahn
und Via» dt, 1900.
42
Der Inhalt des Reskriptes bestimmte, daß die auf dem jetzigen
Territorium der nunmehrigen Hochschule, welches früher zuerst
Eigentum der Jesuiten und später des Malteserordens war, errich¬
tete Schule mit einem öffentlichen Lehrer — als solcher wurde
der Medizinalrat Dr. Will aufgestellt — ihren Anfang nehme.
Die vorhandenen Ökonomiegebäude wurden dem Zwecke der Schule,
adaptiert.
Weiter war verfügt, daß 16 Zöglinge — acht vom Zivil- und
acht vom Militärstande (letztere mußten geschickte Huf- u. Kurier¬
schmiede sein und von den Kavallerie-Regimentern der Schule zu¬
gewiesen werden) — Aufnahme erhalten; außerdem konnten noch
16 Zöglinge ohne Rücksicht auf Stand etc. aufgenommen werden.
Die zuerst genannten Zöglinge wurden unentgeltlich verpflegt, die
zweitangeführten erhielten ebenfalls Verpflegung, hatten aber für
dieselbe monatlich 10 Gulden zu entrichten.
Eine bestimmte Vorbildung der Zöglinge wurde nicht ge¬
fordert, der Lehrkurs auf 3 Jahre festgesetzt.
Die Schule war dem Hofkriegsrate untergeordnet.
Dieser stellte eine Kommission auf, deren Mitglied der Pro¬
fessor der Tierarzneischule war, welchem auch die spezielle Lei¬
tung des Institutes oblag.
Ein Jahr später (1791) wurde eine Hilfskraft in der Person
des Pharmazeuten Xaver Maier aufgestellt, welcher 1792 zum
zw r eiten Professor aufrückte; nach dem im Jahre 1794 erfolgten
Ableben desselben trat an dessen Stelle Dr. Graf, der bis zum
Jahre 1800 fungierte. Außerdem wurde ein Schmiedlehrer, namens
Peter G r o ß, angestellt.
Daß unter diesen primitiven Verhältnissen — Mangel an
Lehrern und spärliche Einrichtung — mit dem ungebildeten Schüler-
material (Dr. Will klagte, daß von den im Jahre 1800 zugegangenen
8 Schülern nur zwei lesen und schreiben konnten) Tierärzte, welche
zur Erfüllung der im Reskripte gestellten Anforderungen befähigt
waren, aus der Schule nicht hervorgehen konnten, bedarf keiner
Begründung.
Diese Tatsache und ferner der trotz der günstigen Aufnahms-
bedingungen geringe Zugang von Zöglingen war dann auch Ver¬
anlassung zum Erlasse eines weiteren Reskriptes vom Jahre 1800
durch den Kurfürsten Max Joseph, welches besonders darauf ab¬
zielte, Landphysici und Wundärzte zum Studium der Tierheilkunde
anzuregen.
Der Inhalt des Reskriptes betraf eine Verbindung der chi¬
rurgischen Schule in München mit der Veterinärschule derart, daß
die Lehrer an der letzteren mit denjenigen der chirurgischen Schule
in Verbindung treten, miteinander über Ort und Zeit der Lehr¬
stunden, über die zu lehrenden Gegenstände etc. sich einigen und
Alle s so (Miiteilen sollten, daß die angehenden Arzte und Wund¬
ärzte, welche die chirurgische Schule besuchen, auch den theore¬
tischen und praktischen Unterricht an der Veterinärschule erhalten
können.
Die ersten Schüler an der Veterinärschule sollen, so lautet
der Inhalt des Reskriptes, die angehenden Arzte und Wundärzte
mmii, welche die chirurgische Schule besuchen, da diese Vorkennt-
nisse haben und für jeden anderen Unterricht empfänglicher sind.
Außerdem sollen aber an der Schule einige F a h n e n s c h in iode
aus den Kavallerie-Regimentern und einige inländische Schmiede -
sühne auf Staatskosten unterrichtet werden. Von diesen wurde
verlangt, daß sie das 18. Lebensjahr zurückgelegt haben, lesen.
schreiben und rechnen können. Die Zahl der Schmiedesöhne soll
iin Ganzen nicht mehr als 18 betragen, so daß jährlich nur 6 auf-
genorainen werden. Die Auswahl der Schmiede oblag dem Vor¬
stande der Schule. Neben diesen 18 Schmiedesöhnen und Regiments-
Fahnenschrnieden konnten die Veterinärschule noch andere Per¬
sonen auf eigene Kosten besuchen. Es sei nun sogleich bemerkt,
daß der im Reskripte ausgesprochene Plan, die Veterinärschule mit
der chirurgischen zu verbinden, nicht in Ausführung kam; er schei¬
terte an dem Widerstreben der Arzte und Wundärzte, sich zu Tier¬
ärzten auszubilden und Tierheilkunde auszuüben.
Gleichzeitig mit obiger Entschließung wurde Dr. med. D i r u f-
Heidelberg zum Prosektor und bald darauf zum Professor ernannt,
schied aber schon wieder 1802 aus dem Verbände der Schule. In
diesem Jahre wurde dann ein Repetitor in der Person eines früheren
Schülers A. Ryss aufgestellt, welcher aber ebenfalls nach einem
Jahre wieder abging. Von 1803 ab war Dr. Schwab Prosektor
und von 1805 an zugleich Repetitor.
Dieser ständige Wechsel der Hilfskräfte und anderes gaben
dem Prof. Will Anlaß zu Klagen und es erging im Jahre 1802 an
das Oberststallmeister-Stabsamt der Auftrag, Erhebungen über die
Mängel an der Veterinärschule anzustellen und Vorschläge zur
Abhilfe zu machen.
Der Oberststallmeister beantragte die Einsetzung einer Kom¬
mission zur Untersuchung.
Nach weiteren Verhandlungen in Bezug auf Leitung und
Oberaufsicht der Schule erging im Jahre 1804 eine Allerhöchste
Entschließung, worin der Regent die Absicht aussprach, bei der
künftigen Reorganisation die Schule unter unmittelbare Leitung
des geheimen Ministerial-Finanz-Departements, dem Oberststall-
meister-Stabsarate zu unterstellen. Im Jahre 1805 erfolgte die in
Aussicht gestellte Unterordnung vorerst in Bezug auf die ökono¬
mische Verwaltung. Dabei blieb es nicht, sondern am 13. Oktober
1809 wurde die Schule nicht nur in ökonomischer Beziehung, son¬
dern auch mit dem Lehr- und übrigen Personal ausschließlich der
Direktion des Oberststallmeisterstabes unterstellt.
Im November 1809 erging dann an den Oberststallmeisterstab
Weisung, ein Gutachten über die Verhältnisse an der Schule mit
Vorschlägen zur Verbesserung zu erstatten, welche sich über die
ganze Organisation und Einrichtung, über die Zahl der aufzuneh¬
menden Zöglinge, der anzustellenden Lehrer zu erstrecken hatte.
Die Berichterstattung erfolgte am 3. Dezember und führte
zum Erlasse des sogenannten o r g a n i s c h e n E d i k t e s v o in
1. Februar 1810. A.
(Schluß folgt.)
Sind die modernen Kraftfahrzeuge imstande, vor¬
nehmlich in Großstädten die Pferde zn verdrängen
nnd die tierärztliche Praxis dadurch zu gefährden?*)
Yon Dr. H. Jakob, München.
Mehr als siebzig Jahre sind verflossen, als sieh in allen
zivilisierten Ländern das Bedürfnis nach einer größeren Be-
*> Nach einein Vortrag, gehalten im Verein Münch. Tienirzt«.
44
sehleunigung des Verkehrs und rascheren Erledigung aller
Arten von Geschäften geltend machte. Die deutlichsten Be¬
weise dafür waren seinerzeit die Eisenbahnen, die einen
großen Teil der auf weniger gut gepflegten Wegen langsam
und schwerfällig ziehenden Lastpferde und gemütlich dahin¬
trabenden Postkutschpferde ersetzten, dann in neuerer Zeit
der Telegraph und das Telephon.
In allen größeren Städten wurden späterhin die sonst
die Trambahnwägen ziehenden Pferde von den elektrischen
Motorwagen abgelöst, hauptsächlich aus dem Grunde, weil
die Geschwindigkeit eine zu geringe war und sich der Ver¬
kehr nicht rasch genug abwickeln konnte.
Mit der vollständigen Elektrisierung der Straßenbahnen
in München, die vom Jahre 1895—1900 dauerte, wurden über
1000 Pferde der schützenden Hand des Tierarztes entzogen,
wenn man zu den Trambahnpferden auch noch die Pferde
der früheren Tramcar hinzurechnet.
Da diese Verkehrsmittel, wie die Eisen- und elektrische
Straßenbahn, jedoch von der Anlage eiserner Schienen, letz¬
tere noch von der elektrischen Oberleitung abhängig und da¬
durch nur an ganz bestimmte Strecken gebunden sind, so ent¬
sprachen auch diese beiden Verkehrsmittel nicht mehr dem
modernen Verkehrsgeiste und dieFolge davon war — von den
Fahrrädern, Motorrädern und den Luftschiffen will ich hier
absehen — vor mehr als einem Jahrzehnt die Einführung
von Kraftfahrzeugen, die ebensowenig wie das Pferdefuhr¬
werk an eiserne Schienenst ränge gebunden sind, auf
den Straßen aber nach allen Himmelsrichtungen mit einer
viel größeren Geschwindigkeit und Ausdauer verkehren
können als dies bislang mit den Pferden möglich war.
So ist dem Pferde, insbesondere dem Luxuspferde und
leichten Wagenpferde, in letzter Zeit auch dem schweren
Arbeitspferde durch den Automobilismus eine böse Konkur¬
renz entstanden, die nicht nur vorübergehender Natur zu
sein scheint, sondern hartnäckig und zielbewußt ihren Posten
immer mehr und mehr auszufüllen versucht.
Vor allem sind es die großen Städte, die infolge ihrer
für das Automobil idealeren Straßenverhältnisse wie ge¬
schaffen für den Automobilverkehr sind, in denen der Auto¬
mobilismus Siege um Siege feiert.
In welchem Grade in Großstädten durch das Automobil
Pferde verdrängt werden können, möchte ich an Hand eines
statistischen Berichtes, den ich der „Automobil-Welt“ 1 )
') Automobil-Welt, JS'r. 60. 1909.
45
entnehme und der die Verhältnisse in Paris betrifft, mit-
teilen.
Jahr
Pferde (Militärpferde nicht
inbegriffen)
Automobile
1900
98 284
618
1901
96 698
1 143
1902
91 976
1 673
1903
90 147
2 374
1904
85 269
3 146
1905
84 249
4 067
1906
83 458
5 058
1907
81 992
6 101
1908
79 460
7 214.
Während im Jahre 1900 die Zahl der Pferde sich auf
98 284 belief, verringerte sich der Bestand in dem Maße, als
das Automobil sich zuverlässiger und praktischer erwies.
Die Ziffern werden noch beredter, wenn man bedenkt, daß
es 1894 in der französischen Hauptstadt nur 87 881 Pferde
gab und daß demnach in den sechs Jahren von 1894—1900,
wo das Automobil im täglichen Leben noch keine besondere
Rolle spielte, ihre Zahl sich jährlich um 2000 vermehrte.
Hätte dieser Zuwachs fortgedauert, so müßte Paris gegen¬
wärtig 110 000 Pferde besitzen, während deren kaum 80 000
vorhanden sind. Das Automobil hat also zur Zeit in Paris
allein schon 30 000 Pferde auf d.em Gewissen.
Auch in anderen Großstädten hat in den letzten Jahren
die Zahl der Kraftfahrzeuge zum lebhaften Bedauern aller
Kollegen, die sich mit der Pferdepraxis beschäftigen und
aus derselben den wohlverdienten Gewinn ziehen, auf Kosten
der Pferde zugenommen und eine ganz beträchtliche Höhe
erreicht. So liefen z. B. in Berlin im Jahre 1906/07 bereits
2 414 Kraftfahrzeuge und diese Zahl wird sicherlich in den
letzten beiden Jahren noch wesentlich gestiegen sein. Eine
ähnlich hohe Zahl von Automobilen weist Wien auf; laut
Statistik der dortigen Polizeidirektion waren im Jahre 1908
2 087 Automobile vorhanden. Nach Erkundigungen hei der
hiesigen Polizeidirektion sind gegenwärtig in München 1200
Automobile in Betrieb. Von 480 Pferdedroschken sind 200
durch Automobildroschken ersetzt worden.
Zu Beginn des Jahres 1907 betrug die Gesamtzahl der
Kraftfahrzeuge im deutschen Reich 36 022 Stück. Diese
Zahl hat in den letzten beiden Jahren, in denen die Auto¬
mobil-Industrie wesentliche Verbesserungen und Vervoll¬
kommnungen ihrer Fabrikate vornahm, ohne Zweifel eine
ganz erhebliche Steigerung erfahren. Man wird nicht zu
weit gehen, wenn man gegenwärtig einen Bestand von rund
50 000 Kraftfahrzeugen, die im Gebrauch sind, im deutschen
Reiche annimmt.
Wenn nach den amtlichen Handelsstatistiken des deut¬
schen Reiches im Jahre 1908 der Import ausländischer Pferde
gegen das Jahr 1907 um 8 Millionen Mark abgenommen hat,
so wird daran nicht nur die allgemeine wirtschaftliche De¬
pression, sondern auch die geringere Nachfrage nach Pfer¬
den infolge Aufblühens der Automobil-Industrie schuld sein.
Rechnet man auf 1 Kraftfahrzeug nur mit der Ver¬
drängung von 2 Pferden, so sind durch dieses moderne Ver¬
kehrsmittel mindestens 100 000 Pferde im deutschen Reiche
weniger vorhanden und der tierärztlichen Behandlung und
Aufsicht entzogen. Der dadurch verursachte Schaden trifft
vor allen Dingen die Praxis ausübenden Tierärzte in großen
Städten und wird deshalb um so unangenehmer empfunden,
als gerade bei der begüterten Klasse der Menschen und in
gut fundierten großen Privatbetrieben das Automobil festen
Fuß zu fassen droht. Wenn man pro Pferd nur einen durch¬
schnittlichen jährlichen Verdienst von 5 Mark annimmt, so
ist das Einkommen der praktischen T i e r -
ä r z te i m g e s a m t e n deu t s c h e n Reiche u m
m i n d e s t e n s V-> Million Mark geschmälert.
Bei einem derzeitigen Bestand von 1200 Kraftfahrzeugen
in München dürfte die jährliche Mindereinnahme aus der
Privat-Praxis im Minimum 12 000 Mark betragen, was sich
auf die einzelnen Pferdepraxis ausübenden Kollegen je nach
ihrer Inanspruchnahme prozentual verteilt.
Selbst der Staat hat ein sehr lebhaftes Interesse an
dem Aufblühen der Automobil-Industrie und fördert dieselbe
nach jeder Richtung. Davon geben zunächst die zahlreichen
staatlichen Motor-Omnibus-Verbindungen auf vielen deut¬
schen Postlinien beredtes Zeugnis; desgleichen ist der aus¬
gedehnte Motorbetrieb der staatlichen Postverwaltungen in
großen Städten zur Beförderung der Brief- und Paketpost
ein sicherer Beweis dafür. Sind nicht allein in den letzten
drei Jahren im hiesigen K. Poststall eine große Anzahl sol¬
cher Brief- und Paketpost-Automobile eingestellt worden,
die eine Verminderung des früheren Pferdebestandes von
100 Pferden um zirka 9t». also mehr als die Hälfte, zur Folge
hatten. Die noch restierenden 70 Pferde bilden sicherlich
auch keinen eisernen Bestand und in absehbarer Zeit wird
wohl diese Anzahl durch Neuanschaffungen von Automobilen
gleichfalls mehr und mehr dezimiert werden, zumal wenn
man bedenkt, daß z. B. erst im vorigen Jahre von dem baye-
47
rischen Abgeordnetenhaus dem Verkehrsministerium ein Be¬
trag von 2% Millionen Mark zur Beschaffung von weiteren
Post-Automobilen zur Verfügung gestellt wurde.
Der Staat gewährt ferner beim Ankauf eines Last-
Automobils eine einmalige finanzielle Unterstützung in der
Höhe von 4000 Mark und eine jährliche Entschädigung von
1000 Mark für Reparaturunkosten solchen Privatpersonen,
welche sich verpflichten, im Mobilmachungsfalle und event.
auch während der Manöver die betreffenden Kraftfahrzeuge
in den Dienst des Heeres, bei welchem das Automobil gleich¬
falls schon nutzbringende und immer größere Verwendung
findet, zu stellen.
In Anbetracht dieser tatsächlichen Verhältnisse drängt
sich nun die Frage auf, ob denn das Kraftfahrzeug wirklich
so viele Vorzüge und zwar dauernde besitzt, daß es das Pferd
voll und ganz zu ersetzen und sogar zu verdrängen vermag ?
Entspricht das Pferd oder mit andern bezeichnenderen Worten
der „Hafermotor“ allen Anforderungen, die auch an einen leb¬
losen guten Motor gestellt werden ? Besitzt der Hafermotor
in erster Linie die Eigenschaft., mit der gewünschten
und notwendigen Geschwindigkeit und Aus¬
dauer zu jeder Zeit, bei jedweder Witte¬
rung und auf jedem Terrain vorwärts zu kommen,
mit anderen Worten: ist er leistungsfähiger als das
Automobil ?
Die Beantwortung der Frage bezüglich der Geschwin¬
digkeit wird immer zugunsten des Automobils ausfallen
müssen. Während die Geschwindigkeit des Automobils stets
dieselbe bleiben kann, nimmt die der Pferde durch die ein¬
tretende Müdigkeit allmählich ab. Wenn es auch Pferde
gibt, die 25 Kilometer in einer Stunde, ja sogar 50 Kilometer
in zwei Stunden hintereinander auf ebenem Terrain zurück¬
legen können, die durchschnittliche Geschwindigkeit über¬
schreitet kaum bei leichten Wagenpferden im Gebrauche
12 Kilometer in der Stunde, bei kräftigen Arbeitspferden,
die an einen gut beladenen Wagen gespannt sind, nicht ein¬
mal 5 Kilometer pro Stunde. Die früheren Trambahnpferde,
die ihren Tagesdienst mit zwei Stunden oft angestrengter
Arbeit erledigt hatten, legten auf einzelnen Linien in dieser
Zeit die immerhin ganz ansehnliche Strecke von 26 Kilo¬
metern zurück. Mit den elektrischen Trambahnen erzielt
man dagegen eine durchschnittliche Stundengeschwindigkeit
von 20 Kilometern.
Was die Ausdauer in der Arbeit betrifft, so sind doch
die Pferde leichteren Schlages zu zählen, welche Tag für
48
Tag <30 Kilometer zuriicklegeu, auch die schweren Arbeits¬
pferde sind selten — eine durchschnittliche Arbeitsleistung
von 10 Stunden und gute Bodenverhältnisse angenommen —,
welche es in dieser Zeit auf eine tägliche Gesamtstrecke von
;35—40 Kilometern bringen. Wenn diese Strecken wirklich
zurückgelegt werden, so müssen schon größere Ruhepausen
eintreten, um nicht das Gebiet der Tierquälerei zu streifen.
Das Automobil erreicht mit Leichtigkeit die drei- bis
vierfache Geschwindigkeit in der gleichen Zeit: zudem ist
seine Ausdauer eine bedeutend größere; sie würde, wenn
nicht der Lenker des Wagens nach einer gewissen Zeit un¬
bedingt der Ruhe bedürftig wäre, kein Benzinaufbrauch
stattfinden würde und der Mechanismus nicht geölt werden
müßte, streng genommen eine fast unbegrenzte sein.
Mit der Leistungsfähigkeit des Pferdes ist es übrigens
nicht so sehr weit her; denn nach mathematischen Berech¬
nungen 2 ) ist dasselbe im Verhältnis llmal schwächer als eine
Taube und um die Hälfte weniger stark als ein Mensch.
Wenn man nämlich die Summe der von jeder dieser Ein¬
heiten hervorgebrachten Kraftäußerungen zusammenzählt,
so wird die gleichwertige Kraftwirkung produziert durch
425 Kilo Pferdegewicht 1 Pferd),
210 Kilo Menschengewicht ( — 2% Menschen),
.‘38 Kilo Taubengewicht (= ca. 150 Tauben).
Vom theoretischen Standpunkt aus ist also der Hafer¬
motor einer der schwächsten Motoren, die es gibt.
Nun besitzt allerdings gerade das Pferd die wertvolle
Eigenschaft, daß seine Kraftäußerung beinahe in mathema¬
tisch richtigem Verhältnis mit der zu leistenden Arbeit steht.
Auf ebenem Terrain entwickelt es z. B. eine Leistungsfähig¬
keit von 50 Kilogrammetern pro Sekunde, beim Anfahren
und Anziehen unter schwierigen Verhältnissen kann es plötz¬
lich 200 Kilogrammeter während einer Sekunde leisten. Da¬
durch ist das Pferd, natürlich bis zu einem gewissen Grade,
zu allen Arbeiten brauchbar. Diese den Muskeln innewoh¬
nende, nicht hoch genug einzuschätzende Eigenschaft fehlt
dem Benzin fast gänzlich. Das Pferd kann demnach die
technische Einheit der Pferdekraft, d. i. 75 Kilogramm in
einer Sekunde einen Meter hoch zu ziehen, bei stärkster An¬
strengung um das Doppelte bis nahezu Dreifache iiber-
t reffen.
Da das Pferd über ein gewisses Maß seiner Kürper-
kriifte hinaus nicht im Dienste verwendet werden kann und
i b.Ilaudry de Saunier; Grundbegriffe des Autoniobilisnius.
49
unbedingt der nötigen täglichen Kühe bedarf, um am näch¬
sten Tage wieder leistungsfähig zu sein, so besitzt das Auto¬
mobil doch den unbestreitbaren weiteren Vorzug, nahezu zu
jeder notwendigen Zeit in den Dienst genommen werden zu
können. Es ist dies für Großbetriebe, z. 13. Großbrauereien,
sehr vorteilhaft, zumal wenn sie in die Lage kommen, auch
außer der üblichen Geschäftszeit ihr Produkt so rasch als
möglich an einen noch dazu recht weit entfernten Ort liefern
zu müssen; aber auch für dringende Hilfeleistungen bei Un¬
glücksfällen, schweren Erkrankungen und Eeuersbrünsten
stellt das Automobil zweifelsohne das idealere Beförderungs¬
mittel dar. (Schluß folgt.)
Lähmung infolge unbekannter Ursache.
Ein 8jäliriges Pferd, wegen einer Fesselwunde 18 Tage
lang außer Dienst gestellt, stürzte nach 20 Minuten Be¬
wegung im Schritt plötzlich unter dem Reiter zusammen.
Von diesem Tage an bis zu dem 14 Tage später erfolgten
Bahntransport in die Garnison wurden an dem Pferde
keinerlei krankhafte Erscheinungen wahrgenommen; das
Tier fand Verwendung im Zugdienst. Beim Einparkieren
mußte das Pferd wegen Widersetzlichkeit in den Wagen
geschoben werden. Tags darauf zeigte es schwankenden
Gang und Schwäche der Nachhand. Eine Verletzung war
nirgends, auch keine Druckempfindlichkeit, zu konstatieren.
Auf Nadelstiche reagierte das Pferd anfangs überall; später
jedoch nahm die Empfindlichkeit unter Zunahme der Kreuz¬
schwäche ab und schließlich reagierte es selbst auf die Ein¬
wirkung des elektrischen Stromes nicht mehr. 5 Wochen
später wurde Patient an einen Metzger verkauft. Bei der
Besichtigung des Kadavers wurde nichts gefunden, was auf
die Ursache des Leidens hätte schließen lassen können.
(Statistischer Veterinär-Sanitätsbericht über die K. Bayer.
Armee.)
Referate.
Weste rmann: Beobachtungen über die Wirkung
von Diastasolin. (Tierärztl. Rundschau, Nr. 51, 1909.)
Diastasolin ist eine dickliche, sehr leicht in Wasser lös¬
liche Flüssigkeit, welche mit den Kohlehydraten der Nah¬
rung in Berührung gebracht, diese verzuckert, also in eine
sofort resorbierbare Form überführt. Da dadurch leichte Ver¬
dauung der Kohlehydrate bewirkt wird, tritt eine Entlastung
der Verdauungsorgane ein, die bei gewissen Krankheits-Zu¬
ständen von großem therapeutischem Werte ist. Verb hat
50
nun auf Grund dieser theoretischen Erwägungen das Mittel
bei folgenden Krankheitszuständen angewandt: bei lnappe-
tenz im Gefolge von Brustseuche (1 Liter Hafermehl mit
2 Liter kaltem Wasser anrühren, 8 Liter kochendes Wasser
zusetzen und nach V 2 Stunde 50,0 Diastasolin hinzugeben),
bei Magendarmkatarrhen der Pferde (die gleiche Mischung),
bei Abmagerungen und Freßunlust nach chronischen Gebär¬
mutterentzündungen, und hat dabei wohl befriedigende Re¬
sultate erzielt. Weiter haben sich Diastasolingaben vorzüg¬
lich bewährt bei der Aufzucht von Kälbern, Fohlen und
Schweinen (Iiiastasolin-Magermilch mit Roggenmehl). —
Bei der Herstellung der Tränke hat man auf folgendes zu
achten: Zunächst rühre man das zur Verwendung kom¬
mende Mehl mit kaltem Wasser zu einem klumpenfreien
Brei an; denselben gieße man langsam in die 8—10 fache
Menge von k o c h e n d e m Wasser oder Magermilch und
rühre dann die ganze Mischung gut um. Bevor man nun
Diastasolin zusetzt, lasse man die Tränke auf GO—65° ab¬
kühlen. Ist dies erfolgt, so wird 5 Prozent vorn Trocken¬
gewicht des zur Verwendung gekommenen Mehle« unter
Umrühren zugesetzt. Vor dem Zugießen zur Tränke löst
man das Diastasolin in ungefähr der doppelten Menge lau¬
warmen Wassers auf. Die Lösung erfolgt sehr leicht und
schnell. 20 Minuten nach Zusatz von Diastasolin ist die
Tränke gebrauchsfertig.
Der Preis des Diastasolin ist 1,20 Mk. pro Kilo.
R a b u s.
Wilke: Erscheinungen der Poliomyelitis anterior
acuta (spinale Kinderlähmung) bei Hühnern. (Deutsch«
Tierarzt!. Woehenschr., 1009, Nr. 47.)
Verf. sah bei einigen Kücken eines Geleges eine eigen¬
artige Rückenmarkserkrankung. In den ersten Wochen der
Erkrankung zeigten die Tiere taumelnden Gang und waren
mitunter stundenlang nicht imstande, sich auf den Beinen
zu halten, sondern lagen hilflos auf der Seite oder ver¬
suchten, sich fliegend fortzubewegen. Bei einem Hähnchen
trat eine Kyphose auf, wobei es die Schwanzfedern schlaff
herabhängen ließ; beide Erscheinungen lassen auf eine Läh¬
mung der Kiiekensf reck er und der Hautmuskulatur schließen.
Fine Sphinkterenliihmung lag in keinem Falle vor. Die Sen¬
sibilität war stets vollständig erhalten, das Sensorium nicht
getrübt. Der Appetit blieb leidlich gut. Ln Verlauf von
8—10 Wochen bildeten sich die Motilitätsstörungen fast
vollständig zurück, so daß nur noch längere Zeit etwas un¬
sicherer Gang und leichtes Ermüden zurückblieb. Nur ein
51
noch ganz junges Kücken verendete nach fünftägiger
K rankheitsdauer.
Hinsichtlich der Ätiologie sind Intoxikationen auszu¬
schließen. Da die Hühner einer fortgesetzten Inzucht ent¬
stammen, ist letztere vielleicht für das Leiden verantwort¬
lich zu machen. Sehr beachtenswert ist aber auch der Um¬
stand, daß fast gleichzeitig mit der Erkrankung der Hühner
in derselben Gegend (Waldeck) mehrere gleichartige Fälle
bei Kindern vorkameu, zumal bei Herrschen der spinalen
Kinderlähmung in Schweden im Jahre 1905 ein Übergreifen
der Epidemie auf Hühner, Hunde und Katzen beobachtet
worden sein soll.
Über das Wesen der Poliomyelitis wird angegeben,
daß es sich um einen von den Gefäßen ausgehenden entzünd¬
lichen Vorgang, nicht um eine primäre Entzündung der
Ganglienzellen handelt. Wie bei disseminierter Myelitis
und multipler Sklerose liegt eine vaskuläre Erkrankung der
grauen Vorderhornsubstanz des Rückenmarks vor. Polio¬
myelitis und disseminierte Myelitis sind auf infektiöser
Basis beobachtet worden. Erreger und Übertragungsweise
sind noch unbekannt. L i n d n e r.
Tierzucht und Tierhaltung.
Erwerbung eines erstklassigen Deckhengstes.
Die bayerische Landgestütsverwaltung hat dem Wunsche
der bayerischen Vollblutzüchter, einen erstklassigen Deck¬
hengst anzuschaffen, dadurch Rechnung getragen, daß sie
um 1200 Kronen einen Sprung des in Herrn B a 11 a z z i’s
Gestüt Napajedl stehenden Hengstes „Gouvernant“ von
Flying Fox—Gouvernante erworben hat und diesen baye¬
rischen Züchtern zum Preise von 1000 Kronen wieder zur
Verfügung stellt. Hievon haben Graf Arco-Zinneberg
für seine Stute „Emma Hart“ und Graf T reube rg für
seine Stute „Tartev“ Gebrauch gemacht. (Tagespresse.)
Gründung einer Pferdezuchtgenossenschaft in Murnau.
InMurnau wurde jüngst eine Pferdezuchtgenossenschaft
gegründet. Das Zuchtziel lautet : „Zucht eines entsprechend
breiten und tiefen Pferdes mit guten, ausgeglichenen Körper¬
formen und freien, räumenden Gängen“. Den Forderungen
dieses Zuchtprogrammes soll durch sachgemäße Zufuhr von
Oldenburger - Blut zu dem vorhandenen starken Pferde-
inaterial entsprochen werden. Der Zweck der Paarung der
einheimischen Pferde mit Oldenburger Pferden gravitiert
nämlich besonders dahin, Gang und Form zu verbessern.
52
Zum ersten Vorsitzenden der Genossenschaft wurde der Be-
zirksamtmann II i ji p c r t -Weilheim, zum zweiten der Vor¬
stand des landwirtschaftlichen Bezirksausschusses Murnau,
Distriktstierarzt Dr. Kreutzer, gewählt.
Kartoffelfütterung an Pferde.
t her diesen Gegenstand bringt der Gutsbesitzer und
Domiinenpäehter We i s h e r m e 1-Schloßau in Nr. 101, 1901),
der „Landwirtschaft!. Presse“ einen Artikel, welchem ich
auszugsweise das Folgende entnehme:
Verf. füttert seinen Pferden seit vielen Jahren ge¬
dämpfte Kartoffeln. Anfangs verabreichte er sie in kleinen
Mengen als Beigabe zu Körnern, später vermehrte er die
Quantität allmählich und seit 3 Jahren füttert er fast aus¬
schließlich an sämtliche Ackerpferde seiner Wirtschaft im
Winter gedämpfte und im Sommer getrocknete Kartoffeln
und Rauhfutter. Sowohl die gedämpften als die ge¬
trockneten Kartoffeln — von diesen bevorzugt er die
Kartoffelllocken - werden in einer Tonne mit Wasser
unter Fmrühren mit einem Mischholz vermischt und
hierauf aus der Tonn«' auf Roggenhäcksel in die Krippe
gegeben. Im Sommer bekommen die Pferde abends
außerdem Griinfutter, Grünwicke, Luzerne, im Winter
Treu: ist reichlich Griinfutter vorhanden, so erhalten die
Pferde solches auch mittags. An vier Pferde werden 50 Kilo
Kartoffeln (das Gewicht im rohen Zustand der Kartoffeln
gerechnet) und wenn nur zur Abendfütterung Nachfutter
gereicht wird, 75 Kilo gefüttert. Die Pferde sind klein,
1.5S bis 1,0(5 hoch (Preußen oder Kreuzungsprodukte, bei
welchen Kaltblut vorherrscht). Die Anzahl der Gespanne
des Verf.. ä 4 Pferde, beträgt 2f5. Das Gelände des Gutes und
der Domäne ist sehr bergig, also schwer zu bearbeiten; der
Boden zum großen Teil bündiger Lehm. Trotzdem W. das
ganze .fahr, außer wenn die Kartoffeln nicht reichen, kein
Kraftfutter füttert, sind seine Pferde, auch bei der schwer¬
sten Arbeit und bei der äußerst schwierigen Herbstbestellung,
in sehr gutem Niihrzustande. auffallend glatt im Haar und
versagen niemals die Arbeit; ferner schwitzen die Pferde
beider Arbeit nicht im geringsten mehr, als bei anderer Füt¬
terung mit Körnern. Koliken kommen selten vor und nehmen
stets einen guten Verlauf. Im vergangenen Jahre hat Verf.
von Mai bis anfangs August Troekenkartoffoln in der Form
von Kartoffelfloeken neben Griinfutter gefüttert: er gab
10 Kilo auf 4 Pferde. W. rechnet den Futterwert von 15 Kilo
Trockenkartoffeln oder 75 Kilo rohen Kartoffeln in ge-
5 3
dämpftem Zustande demjenigen von 20—25 Kilo besten
Körnerschrotes gleich.
Zum Schlüsse bemerkt Verf. noch, daß nach seinen
Beobachtungen mit Kartoffeln gefütterte Pferde Krank¬
heiten, z. B. Druse, Brustseuche, Influenza, leichter über¬
stellen als mit Haber gefütterte. A.
Eine eigenartige Beeinflussung des Geschlechtes in der
Rindviehzucht.
In Nr. 100 der „Illustr. landw. Zeitung“ teilt ein Cmts-
besitzer mit, daß er seit Jahren die Kühe nur mit voll e in
Euter, also vor dem Melken, zum Bullen führen läßt. Diese
einfache Maßnahme hatte den Erfolg, daß bisher 75 Prozent
aller gefallenen Kälber weiblichen Geschlechts waren. M.
Verschiedenes.
Verzeichnis der Tierärzte,
die die Prüfung für den tierärztlichen Staatsdienst im .Jahre
1909 bestanden haben:
l. Bauer Hans, 2. Bruiniinger l)r. Martin, 3. Däuser
Georg, 4. Erliartl Julius, 5. Erhardt llans, 0. Ertl Georg.
7. Greif Karl, 8. Haininersehni idt Wilhelm, 9. Kirner Pius 1
10. Klingler Joseph, 11. Korber Karl, 12. Meßenzehl Karl,
13. Neugebauer Anton, 14. Pöhlmann Theodor, 15. Keiehen-
vallner Joseph, 16. Rieger Mathias, 17. Saalbeek Dr. Andreas,
18. Schaidler Hans, 19. Sehmid Ernst, 20. Schwiibel Dr. Franz,
21. S p i 11 in a n n Theodor, 22. S t r ö £ e n r e u t h e r Konrad, 23. W ä u h-
ter Hermann.
Die Feier des 50 jährigen Bestehens des Vereins
Schlesischer Tierärzte.
Nach einem Berichte in Nr. 1 der Berliner Tierärzt¬
lichen Wochenschrift feierte der Verein Schlesischer Tier¬
ärzte am 23. und 24. Oktober v. Js. das fünfzigjährige
Jubiläum.
Zur Feier wurden ein Familienabend, eine Festsitzung
und ein Festmahl veranstaltet.
Beim Familienabend kam unter Anderem ein von
dem Veterinärrate Ko sc hei verfaßtes Lustspiel „Der
neue Kurs“ zur Aufführung und fand begeisterten Anklang.
Die Festsitzung — es war die 50. Generalversammlung
des Vereins Schlesischer Tierärzte — leitete der Vorsitzende
des Vereins, Professor Dr. Caspar. Derselben wohnten
200 Herren, darunter der Ohrrpräsident der Provinz
Schlesien, Graf Dr. von Zedlitz, der Ucgiemngsprüsidcnt
von Baumbach und eine Reihe amlerer hervorragender
Vertreter staatlicher und städtischer Behörden an.
54
Den Anfang der Sitzung bildete die Festrede des Vor¬
sitzenden, Professor Caspar; sie behandelte die Gründung
des Vereines und alle wichtigeren Vorkommnisse während
seines nun 50jährigen Bestehens. An die Festrede schlossen
sieh eine große Zahl dem Vereine von den verschiedensten
Seiten dargebraehte Beglückwünschungsreden, deren In¬
halt in allseitiger Anerkennung der Tätigkeit und der
Leistungen des Vereines für die Wissenschaft und beson¬
ders für die Hebung des Standes gipfelten und in dem
Wunsche für ferners Gedeihen des Vereines ausklangen.
Nach Beendigung der dem Vereine dargebraehten
Gratulationen hielt der Rektor Magniticus der Berliner Tier¬
ärztlichen Hochschule, Professor I)r. Sch mal tz einen
bedeutungsvollen Festvortrag über das Thema „Privatdo-
zententum und Prolessorenersatz.“ Das der Festsitzung
sich anschließende Festmahl trug einen erhabenen noblen
Charakter. Bei demselben wurden eine Anzahl Toaste aus¬
gebracht. Oberpräsident Graf Z e d 1 i tz betonte hiebei diegroße
Bedeutung der Tierheilkunde für die Landwirtschaft und
versicherte, daß die Staatsregierung und die Provinzialver¬
waltung freudig und gerne zur weiteren 'Förderung der
tierärztlichen Wissenschaft arbeiten werden. Professor Pr.
von Rümpler-Breslau besprach in seiner Toastrede eben¬
falls die wichtigen Beziehungen der Tierheilkunde zur Land¬
wirtschaft, die wissenschaftliche und wirtschaftliche Bedeu¬
tung, welche sie für jedes Kulturvolk erlangt hat und er¬
wähnte ferner, daß der augenblickliche Zustand der Vete¬
rinärwissenschaft nur als Etappe der weiteren Entwicklung
derselben aufgefaßt werden könne; er prophezeit, daß die
Pflege der Veterinärwissenschaft auf Fachschulen nicht
für alle Zeiten als ausreichend gelten werde; es werde in
der Folge auf Anschluß an einen größeren Verband bei
voller Wahrung der »Selbständigkeit der Fachschulen zu
denken sein. Über das „Wie“ sprach sich der Redner
nicht näher aus, stellt dies aber in Aussicht und bemerkt
vorgreifend, daß er mit seiner Andeutung nicht auf die
Universitäten hinzielen wollte. Mit mehreren weitern sinn¬
reichen Toasten schloß die schöne Feier. A.
Tuberkulose.
Dem Professor Dr. K 1 i m m e r. Direktor des hygie¬
nischen Institutes an der Tierärztlichen Hochschule Dresden,
wurde zu weiterer Betätigung seiner Versuche zur Bekämp¬
fung der Tuberkulose, über welche in der „Wochenschrift u
berichtet worden, ein Betrag von 2500 Mark aus der siichsi-
55
sehen Staatskasse zur Verfügung gestellt, außerdem bewil¬
ligte die Direktion des landwirtschaftlichen Kreditvereins
im Königreich Sachsen zu dem besagten Zwecke die Summe
von 1000 Mark.
Anerkennung des Schweizer Doktortitels.
Nach einer Mitteilung der tierärztlichen Rundschau
wurde dem Tierärzte Johann Hildebrand aus Cuxhaven,
welcher in Bern den veterinärmedizinischen Doktorgrad
erworben, von der freien Hansastadt Hamburg die Befugnis
zur Führung des Titels zuerkannt.
Fortschritte für den Tierärztlichen Stand in Sachsen-
Weimar.
Auf den Inhalt, einer Denkschrift des Tierärztlichen
Landesvereins von Sachsen-Weimar hin stellte das Groß-
herzogliche Staatsministerium zu Weimar in Aussicht, daß das
tierärztliche Referat im Bereiche des Ministenums des Innern
einem Tierarzte im Nebenamte übertragen werde. Verfügt
wurde durch die genannte Zentralstelle, daß Tierärzte, welche
sich künftighin zur Ausübung ihres Berufes im Großherzog-
tum niederlassen, die Anzeige von ihrer Niederlassung
nicht mehr dem Amtsphysikus, sondern dem Bezirks-
tierarzte zu erstatten haben.
Bücherschan.
Atlas der Anatomie des Pferdes. Von I)r. med. vet, Rein¬
hold Schmaltz, Professor der Anatomie an der Tier¬
ärztlichen Hochschule zu Berlin. Zweiter Teil: Topo¬
graphische Myologie. Zeichnungen von Professor Bruno
Heraux und Vincent Uwira. Holzschnitte von Gustav
Pleuer, Berlin. Verlag von Richard Schütz, Berlin. Preis
gebunden 30 Mk.
Mit diesem dem deutschen Kronprinzen gewidmeten
Atlas, Produkt einer zehnjährigen Arbeit, hat Professor
Dr. Schmaltz ein Werk geschaffen, welches Seinesgleichen
auf dem Gebiete der Tieranatomie nicht hat. Auf 59 Tafeln
sind nicht nur die Muskeln, wie man nach der Titelbezeich¬
nung schließen könnte, sondern auch die zu den Muskeln
gehörigen sowie andere Gefäße und Nerven, dann Faszien
und Sehnen, ferner die wichtigeren Gelenke* topographisch
dargestellt. Drei Tafeln zeigen vortrefflich den Huf als
Ganzes und in Teile zerlegt. Mehrere große Tafeln geben
lange und große Muskel in ihrer ganzen Ausdehnung be¬
treffs Form, Lage und Beziehung zu anderen Organen im
5t>
Hilde; dergleichen ermöglichen die großen Tafeln (Jcfäßo
und Nerven in Körporabsclmittou auf große Strecken zu
verfolgen.
l)io sämtlichen (largestellten Teilt* sind nicht mit Bueli-
staben od<*r Zittern hezeielmet, sondern direkt durch Linien
mit den Benennungen verhunden, wodurch das Studium
ganz wesentlich erleichtert wird. Hin ausführliches Register
gibt genau an, auf welcher Tafel das heim Studium jeweils
in Betracht kommende Organ zu sehen ist.
In Summa: Das Schmaltzsche Werk gibt eine dem
Bilde der Wirklichkeit vollkommen entsprechende, also ana¬
tomisch in jeder Hinsicht korrekte, künstlerisch meister¬
haft ausgeführte topographische Darstellung der oben ge¬
nannten Teile des Pferdekörpers.
Tierärzten, besonders den viel auf chirurgischem (Je¬
biete tätigen, wird der Atlas höchst willkommen sein; den
Studierenden bietet das einzig schöne und praktisch ange¬
legte Werk ein unübertreffliches Hilfsmittel zum Studium
der topographischen Myologie.
Dem Schöpfer des großartigen Werkes gebührt vollste
Anerkennung und Dankbarkeit der Kollegen! A.
Personalien.
A u s z o i c h n u n gon: Dr. Edelraa n n. Obermedizinalrat,
Professor und Landestierarzt in Dresden die Rittcrinsignion der
1. Klasse des anlialt. Ordens Albrochts des Bären; K o e n i g, Ernst,
Oberveterinär bei der kaiserl. Schutztruppe für Deutsch-Siidwest-
Afrika das Ritterkreuz 2. Klasse des wiirttemb. Friedrichsordens.
A p j) r o b a tion e n; In Gießen die Herren: B a i 1 e r Rudolf
aus Jlechingen, B ra un Johann aus Ilorehheini und K o ppe Kurt
aus Wilhelinshafen; in Hannover: Herr Müller Willy aus Han¬
nover.
P r o m o t i o neu: Zu DDr. ined. vet. in Bern die Tierärzte
B o r in a n n Wilhelm in Taterow, Fleischhauer Theodor in
Sehloehau, Pflanz Julius in Kreuzburg und Servatius Max
in Lahr.
Verein M ün chener Tierärzte (e. V.).
Einladung zur 3Ionatsversainiulung am Donners¬
tag, den 80. Januar 1910 im Restaurant „Herzog Heinrich“
(Speisesaal), Ecke der Landwehr- und Mathildenstraße, Trambahn¬
haltestolle.
Tagesordnung:
1. Herr Bezirkstierarzt I)r. H. Schmidt (WolfVatsliauson):
,.Versicherungswesen und freie Tierarztwahl ".
2. Eingabe der Studierenden um Reorganisation der K. Tierärztlichen
Hochschule an den Landtag.
Druck von J. (.1 o 11 e s w i n u* r , München. - Kommi>sionsvcrlag : M. Ui ege r sehe
Universitiitsbuchhandluny;, München, (hlemisplatz 2.
Münchener
(frMier: Wocbensclirift für TierbeilKund« nnl Vietuncht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 25. Januar 1910. Nr. 4.
Inhalt: Originalartikel: Dr. Jakob: Sind die modernen
Kraftfahrzeuge imstande, vornehmlich in Großstädten die Pferde
zu verdrängen und die tierärztliche Praxis dadurch zu gefähr¬
den? (Schluß.) — Das Organisationsedikt für die K. Zentral-
Veterinärschule München vom l. Februar 1810. (Fortsetzung.) —
Referate: Schimmel: Mitteilungen aus der chirurgischen
Klinik der Reichs-Tierarzneischule in Utrecht. Eber: Weitere
Beobachtungen über das Behring’sche Tuberkulose-Schutzimpf¬
verfahren und über Tauruman-Impfungen in der Praxis. —
Tierzucht und Tierhaltung: Über Blutsverwandtschaft
und Serumreaktion bei Salmoniden etc. Pferdeschutz. — Ver¬
schiedenes: Ehrung. Ballfest des S. C. der Tierärztlichen
Hochschule in München. Frequenz der Tierärztlichen Hoch¬
schulen im Wintersemester 1909/10. — Personalien.
Sind die modernen Kraftfahrzeuge imstande, vor¬
nehmlich in Großstädten die Pferde zn verdrängen
nnd die tierärztliche Praxis dadurch zu gefährden?*)
Von Dr. H. Jakob, München.
(Schluß.)
Was nun die Gebrauchstüchtigkeit des Pferdes und
des Automobils bei ungünstigen Witterungsverhältnissen
aubelangt, so beeinträchtigen bekanntlich erfahrungsgemäß
alle einigermaßen schlechten und längere Zeit anhaltenden
Witterungsverhältnisse die Leistungsfähigkeit sowohl des
Pferdes als auch des Automobils. So ist z. B. ein heftiger
Gegenwind imstande, bei beiden Motoren eine Verringerung
der Leistungsfähigkeit herbeizuführen. Ausgiebige Scbnee-
*) Nach einem Vortrag, gehalten im Verein Miineli. Tierärzte.
58
fälle können jeden Verkehr nicht allein auf der Straße, son¬
dern auch auf dem Schienenstrang für kurze oder längere
Zeit lahmlegen. Bei schwachem Schneefall und noch nicht
gefrorenem Boden dürften sich Pferd und Automobil be¬
züglich ihrer Leistungsfähigkeit so ziemlich die Wage halten.
Bei stärkerem Schneefall ist jedoch das Vorwärtskommen
des Pferdes im großen und ganzen leichter möglich als das
des Automobils.
Ungünstige Terrainverhältnisse, z. B. viel gebirgiges,
holperiges Gelände mit schlechtem, steinigen Untergrund
und weniger gut gepflegten Straßen, eignen sich viel eher
für das Pferd als das Automobil. Allerdings möchte ich hier
bemerken, daß selbst auf schlechten und ungepflegten Wegen
das Automobil sich ganz gut fortzubringen weiß. Ich möchte
dabei auf einen schon ziemlich regen und sich steigernden
Automobilverkehr in der Prärie Nordamerikas, einer nichts
weniger als mit guten Straßen versehenen weiten Grasfläche,
aufmerksam machen. Ferner haben Versuche mit dem Last-
Automobil für militärische Zwecke in Preußen in diesem
Jahre unter anderem ergeben, daß z. B. ein mit 3 Tonnen
(60 Zentner) beladener Wagen, der von fünf Pferden ge¬
zogen worden und in dem Gelände bis an die Achsen einge¬
sunken w'ar, so daß die Pferde ihn nicht mehr fortbringen
konnten, von einem Last-Automobil mit 30 Pferdestärken
mit Leichtigkeit weiterbefördert wurde. Es hat eben das
Automobil den kolossalen Vorteil, daß in einem Fahrzeug
gleich eine große Summe von Pferdekräften untergebracht
werden kann.
Wohnt nun dem Hafermotor die weitere von einem
Motor zu fordernde Eigenschaft g r o ß e r Widerstands¬
fähigkeit inne? Besitzt das Pferd vor dem Automobil
den Vorzug, leichter und länger äußeren Einflüssen zu
trotzen ?
Die Vergleiche fallen hier eher zugunsten des Auto¬
mobils, eines leblosen mechanischen Verkehrsmittels, als zu¬
gunsten des Pferdes aus. Denn starke Beschädigungen des
Automobils und Störungen schwereren Grades des Auto¬
mobil-Mechanismus, die eine langwierige und teuere Repa¬
ratur erheischen, kommen heutzutage — vernünftiges
Fahren, ein gutes Fabrikat und eine regelmäßige, sach¬
gemäße Pflege des Fahrzeuges vorausgesetzt — in weit ge¬
ringerem Grade zur Beobachtung als dies noch vor einigen
Jahren der Fall war, zu einer Zeit als die Automobil-
Industrie erst aufzublühen begann und Fabrikate ganz
minderwertiger Qualität auf den Markt kamen.
59
Wenn auch das Pferd bei richtiger Pflege und guter
Fütterung als ziemlich ( widerstandsfähig angesehen werden
muß, gegen ein großes Heer oft tödlicher Krankheiten ist
es trotz der modernsten therapeutischen Maßnahmen doch
nicht gefeit. Am Automobil sind eben auch im Gegensatz
zum Pferde alle Teile zu ersetzen.
Ein Motor soll ferner im Betriebe sicher und voll¬
ständig ungefährlich sein. Was die Betriebssicher¬
heit und Ungefährlichkeit zunächst des Hafermotors anbe¬
langt, so vergeht doch eigentlich in der Großstadt kaum ein
Tag, an dem nicht irgend ein größeres oder kleineres Un¬
glück durch ein Pferdefuhrwerk verursacht wurde, sei es,
»laß die Pferde scheuten und durchgingen, sei es, daß aus
Unachtsamkeit der Kutscher ein Zusammenstoß, insbeson¬
dere mit der elektrischen Trambahn, stattgefunden hat. Die
Fälle gar nicht zu zählen, in denen die Pferde auf dem für
sie weniger geeigneten, vor allem glatten Asphaltboden
stürzten, wie wir es in der Winterszeit und bei Tau- und
Regenwetter täglich dutzendemale hier erleben können,
trotzdem die Pferde mit den modernsten Beschlägen ver¬
sehen sind. Das Asphaltpflaster ist eben meiner Ansicht nach
für Pferde die ungünstigste Pflasterart, wenn sie auch beim
Publikum und zwar nicht mit Unrecht wegen des geringen
Lärmes, den der Fuhrwerksverkehr auf diesem Pflaster ver¬
ursacht, äußerst beliebt ist und deshalb in Großstädten immer
mehr und mehr an Ausdehnung gewinnt.
Das Automobil fordert gewiß auch zahlreiche'Opfer
und liefert sogenannte „schädigende Ereignisse“ in Hülle
und Fülle, insbesondere in Großstädten. Aus einem statisti¬
schen Bericht des Jahrganges 1906/07 ist zu entnehmen,
daß bei einem Bestand von 36 022 Kraftfahrzeugen in Deutsch¬
land 4 864 „schädigende Ereignisse“ vorkamen, was einem
Prozentsatz von 13,5 entspricht.
Auf Berlin allein kommen bei einem damaligen Be¬
stände von 2414 Kraftfahrzeugen 2174 dieser schädigenden
Ereignisse; das sind fast 50 Proz. aller überhaupt im Reiche
durch das Automobil vorgekommenen Unfälle. Für die üb¬
rigen 33 608 Kraftwagen bleiben 2 690 Unfälle, was 8 Proz.
ausmacht. Auf Großstädte entfallen 3427Unfälle, auf Städte
his zu 100000 Einwohnern 368, auf Dorfstraßen 357 und auf
Landstraßen und Chausseen 712.
Die Unfälle waren weniger durch Fehler in der Ma¬
schinerie, sondern durch Fehler des Fahrers, wie durch zu
schnelles, ungeschicktes Fahren oder Nichtanhalten, insbe¬
sondere jedoch durch Fehler des Publikums, das sich an das
60
moderne Fahrzeug noch nicht zu gewöhnen scheint und un¬
achtsam und sorglos auf den Fahrwegen dahinbummelt, zu¬
letzt durch die allgemeinen Verkehrsverhältnisse, die zur
Zeit noch nicht so geordnet sind, wie es im Zeitalter des
Automobils, wenn ich den Ausdruck gebrauchen darf, not¬
wendig wäre. Dazu möchte ich noch bemerken, daß Auto¬
mobil-Unfälle, wenn sie auch nur geringfügiger Natur sind,
ähnlich wie leichte Eisenbahn-Unfälle, zur Zeit noch ganze
Spalten in einem Teil der Tagespresse ausfüllen, während
selbst bei den schwersten Unfällen durch das Pferdefuhr¬
werk nur mit einigen Worten die Tatsache ohne weiteren
Kommentar beschrieben ist.
Durch das Automobil erhöhen sich übrigens auch die
Unfälle bei Tieren, insbesondere bei Hunden in großen
Städten, was wohl eine öftere Inanspruchnahme der tier¬
ärztlichen Hilfe zur Folge hat, aber viele frühere Hunde¬
besitzer abhält, sich wieder einen Hund anzuschaffen.
Abgesehen von dem Scheuen und Durchgehen der Pferde
— der Charakter der mechanischen Motore neigt glücklicher
Weise eher zum Stehenbleiben als zum Durchgehen, und
wenn letzteres der Fall sein sollte, mit der Schließung des
Zufuhrhahnes oder der Einstellung der Zündung bringt der
Fahrer das Automobil fast gleich in Ruhe — lassen noch
Untugenden, wie z. B. das Ausschlagen und Beißen, den
Hafermotor als gefährlich gelten. Dazu kommt noch, daß
Infektionskrankheiten, wie Rotz und Milzbrand, auf den
Menschen übertragen werden können und deshalb die ganze
Strenge des Gesetzes zu ihrer Bekämpfung erfordern. Durch
diese unnachsichtige, jedoch berechtigte Härte des Gesetzes
wird oft ein Pferdebetrieb für kürzere oder längere Zeit
lahmgelegt. In neuerer Zeit erfordert die Bekämpfung der
Influenza der Pferde gleichfalls eine mehrwöchentliche Kon-
tumazierung und Außerbetriebstellung der mit dieser In¬
fektionskrankheit behafteten Tiere: mit der Anschaffung
eines Automobils sind mit einem Schlage diese von den ehe¬
maligen Pferdebesitzern sehr unangenehm empfundenen und
sie oft schwer schädigenden gesetzlichen Bestimmungen um¬
gangen, vielleicht nicht zum größten Leidwesen der mit amt¬
lichen Funktionen betrauten Tierärzte.
Bevor ich noch auf die Rentabilitätsfrage — zweifel¬
los die wichtigste, wenigstens für eine bestimmte Art von
Kraftfahrzeugen — eingehe, möchte ich noch kurz vom
hygienischen Standpunkt und dem Gesichts¬
punkte der Reinlichkeit aus einen kleinen Ver¬
gleich zwischen dem Hafermotor und dem Benzin- u. Elektro¬
motor ziehen.
61
Hygienisch am einwandfreiesten ist unbedingt das
Elektromobil, denn der elektrische Strom ist geruchlos.
Wenn sich auch die Geruchsnerven, speziell derjenigen
Menschen, die viel mit Pferden umgehen, mit der Zeit mehr
oder minder an den von den Exkrementen der Pferde stam¬
menden Geruch, sicherlich nicht ein Duft von Rosen und
Vergißmeinnicht, gewöhnt haben, die Ausdünstungen uud
Ammoniakentwicklungen in einem nicht gut gelüfteten,
schlecht gehaltenen und noch dazu mit zahlreichen Pferden
besetzten Stall können oft geradezu gesundheitsschädigend
wirken. Gewiß ist auch der Geruch der Auspuffgase des
Automobils, der sich übrigens durch entsprechende Vorrich¬
tungen auf ein Minimum reduzieren läßt, ein äußerst lästiger ;
ich glaube jedoch, daß derselbe als bakterienfreier Mineral¬
ölgeruch in hygienischer Beziehung weniger zu verdammen
ist als der von den Pferde-Exkrementen stammende. Dabei
ist zu berücksichtigen, daß beim Pferdefuhrwerk der Lenker
des Wagens und die Insassen den vom Pferde stammenden
Geruch aus erster Quelle erhalten, während beim Automobil
nur das in dessen Nähe befindliche Publikum von dem oft
lästigen Geruch gequält wird.
Endlich gewinnen die Städte mit elektrischem und
Automobilbetrieb doch in ganz erhöhtem Maße an Reinlich¬
keit, wenn die Fahrbahnen nicht mehr Schritt für Schritt
mit Pferdekot, der allerdings — vor allem, wenn viel un¬
verdaute Haberkörner darin enthalten sind — ein Manna
für die Spatzen ist, bedeckt wird. Bei vielen Passanten be¬
lebter oder weniger verkehrsreicher Straßen gerät z. B. auch
das ästhetische Empfinden bei dem Anblick zweier harnender
kräftiger Brauerhengste, ganz abgesehen von der Verunrei¬
nigung der Straßen, die diese Prozedur zur Folge hat. in
eine mehr oder minder heftige Rebellion.
Unbestritten wird die Gesundheit am schwersten ge¬
schädigt durch die kolossale S t a u b e n t w i c k e 1 u n g.
welche durch ein rasch fahrendes Kraftfahrzeug bei trocke¬
nem Wetter hervorgerufen wird. Dabei werden wiederum
viel weniger der Fahrer und die Insassen des Automobils,
sondern vor allen Dingen das Publikum in weit höherem
Maße belästigt. In neuester Zeit rückt man jedoch der Be¬
kämpfung der Staubplage auf den Staatsstraßen, insbeson¬
dere in der Nähe von Villenorten, in Bädern und in Gro߬
städten mehr als sonst auf den Leib und hofft in dem Teer-
Makadam ein wenn auch etwas teures Mittel gefunden zu
haben, um den gesundheitsschädlichen Staub, der natürlich
auch bei starkem Wind uud trockenem Wetter auftritt.
62
wenn nicht ganz zu bekämpfen, so doch auf ein bescheidenes
Maß zu reduzieren.
Nun zum Schlüsse die Rentabilität!
Dieselbe kommt bei Luxus-Automobilen, den Fahr¬
zeugen der begüterten Klasse von Menschen, nicht in Frage.
Anders liegen dieVerhältnisse schon bei den Motordroschken,
die der Personenbeförderung in der Stadt dienen. Wenn auch
die Kosten der Unterhaltung ziemlich bedeutende sind und
die Benützung der Fahrzeuge naturgemäß nicht jeden Tag
gleich stark ist, im großen und ganzen kommen die meisten
Motordroschkenbesitzer, die mit einer täglichen Ausgabe
von zirka 25 Mark ihre reinen Unkosten einschließlich des
Lohnes für zwei Chauffeure, d. i. je 2 Mark pro Tag und
10 Prozent von den täglichen Einnahmen bestreiten, ganz
gut auf ihre Rechnung, was ja unter anderem durch die An¬
schaffung immer neuer Fahrzeuge bewiesen wird. Auch die
Motor-Omnibus-Betriebe zählen im allgemeinen zu den ren-
tierlichen Unternehmen, soweit sich dies aus den Jahres¬
abschlüssen entnehmen läßt.
Die größte Rolle spielt, die Rentabilität bei den Motor-
Lastwagen. Da jedoch die Rentabilitätsziffern infolge meist
noch unzulänglicher und nicht ganz einwandfreier Berech¬
nungen kolossale Schwankungen aufweisen — nach der einen
Herechnung würde sich der Automobilbetrieb z. B. um 35 fh
Pfennig pro Kilometer teurer stellen wie der Pferdebetrieb,
nach der anderen würde der Betrieb mit Motor-Lastwagen
pro Tonnenkilometer, d. i. der Beförderung von 20 Zentnern
Nutzlast einen Kilometer weit, um 12—15 Pfennige billiger
kommen als beim Pferdebetrieb etc. —, so läßt sich bis jetzt,
zumal die Motor-Lastwagen-Fabrikation noch ziemlich jung
ist, kein sicheres Bild über die Rentabilität gewinnen. So¬
viel hat jedoch die bisherige Erfahrung im Lastwagenbetrieb
ergeben, daß der Motor-Lastwagen, der allerdings zirka 0
und mehr Pferde zu ersetzen vermag, für bestimmte Fälle
des Warentranspörtes, z. B. bei zu kurzen Entfernungen, zu
häufigem Anhalten, unvollständiger Belastung, ungünstigen
Bodenverhältnissen und zu dichtem Verkehr, teuerer ist als
das Pferdegespann, in vielen Fällen aber wesentlich billiger
arbeitet und eine bedeutend größere Rentabilität als der
Pferdebetrieb, bei dem man mit entsprechend großen Stal¬
lungen undFutteraufbewahrungsräumen und einem größeren
Personal rechnen muß, gewährleistet.
Wenn der Betrieb mit hohen, die Leistungsfähigkeit
des gewöhnlichen Pferdegespannes iibert reifenden Transport¬
leistungen zu rechnen hat und damit eine volle Ausnützung
63
des Motorwagens ermöglicht, wenn gute und feste Fahrwegc
vorhanden sind, so wird zweifellos durch die Einführung des
Motor-Lastwagens eine wesentlich günstigere Rentabilität
des Transportbetriebes dem Pferdefuhrwerk gegenüber er¬
zielt werden. Diese Voraussetzungen treffen, leider möchte
ich sagen, für eine Reihe industrieller Großbetriebe, vor¬
nehmlich in Großstädten, zu, während für zahlreiche klei¬
nere Betriebe, insbesondere auf dem Lande und in kleinen
Städten sich das Pferdefuhrwerk vorläufig noch als die ge¬
eignetere und rationellere Form des Lasttransportes er¬
weisen wird.
Nachdem ich nun in kurzen Zügen das Pro und Contra
für den Motor- und Pferdebetrieb angeführt und die Gründe
aufgezählt habe, warum in unserer modernen Zeit der Auto¬
mobilismus, dem — abgesehen von der höchsten Aristokratie
— unter Anderen auch Tierärzte huldigen, schon in den
wenigen Jahren seines Bestehens sehr in Blüte steht, so ist
es, entgegen der Ansicht des Herrn Kollegen S t ö d t e r 3 ),
meine feste Überzeugung — ich wünschte, ich wäre zu
pessimistisch —, daß der Automobilismus nicht
eine vorübergehende Modesache ist, son¬
dern daß er immer mehr und mehr, vor allem
in Großstädten, allerdings bis zu einer gewissen Grenze,
festen Fuß faßt und die Pferde zu ver¬
drängen und dadurch die Pferde-Praxis
wesentlich zu gefährden vermag.
Das Organisationsedikt für die K. Zentral-Veterlnär-
schnle München vom 1. Februar 1810.
(Fortsetzung statt Schluß.)
Unter der Regierung des Königs Maximilian Joseph
erschien das organische Edikt, datiert Paris, 1. Februar 1810,
das Veterinärwesen und die Errichtung einer Zentral¬
veterinärschule betreffend, welches die völlige Umgestaltung
der bisherigen Münchner Veterinärschule und die Regelung
des bayerischen Veterinärwesens zum Ziele hatte.
Das Edikt bezeichnet als Leitmotive zu dessen Erlaß: Hebung
der Viehzucht, Heilung der gewöhnlichen Viehkrankheiten und
Verhütung von Seuchen zum Besten der Untertanen, des Handels
und der Armee.
Der Inhalt des Ediktes, dessen wörtliche Wiedergabe der
Kaum der „Wochenschrift“ nicht erlaubt, zerfällt in 4 Abschnitte:
Der I. Abschnitt behandelt B e s t i in in u n g, V e rhült-
ii i s s e und Zweck der Zentral -Veterinär sc hule
s ) Berl. Tierärztl. Wochenschr., Nr. 40, p. 742, 1909.
64
und besagt zunächst, daß an Stelle der bisherigen Tierarzneischule
eine Zentral -V eterinärschule errichtet werde, die un¬
mittelbar unter den geheimen Ministerien und zwar in Bezug auf
das Wissenschaftliche und Polizeiliche unter demjenigen des Innern
und in Hinsicht auf das ökonomische unter dem der Finanzen
stehen soll.
Damit die Professoren sich ausschließlich dem Lehrfache
widmen können, soll ein Ökonom aufgestellt werden und zur Auf¬
rechterhaltung der inneren Ordnung ein Präfekt in der Person
eines gedienten Kavallerie-Offiziers. Professoren, Zöglinge, Öko¬
nom, Präfekt und Dienstpersonal stehen unter einem Chef, zu wel¬
chem der Oberststallmeister ernannt wird. Die Schule soll eine
Ausdehnung insoweit erhalten, daß jeder Gerichtsbezirk mit wenig¬
stens einem Tierarzte und das Militär mit der nötigen Anzahl
Pferdeärzte versehen w r erden kann.
Abschnitt II führt den Titel: Professoren und L e li r -
personal, Lehrplan und Attribute der Zentral-
V eterinärschule.
Es werden 3 Professoren und 1 Schmiedlehrer angestellt. Die
Ernennung geschieht durch Seine Majestät auf Vorschlag des Mini¬
steriums. Dabei wird in Anregung gebracht, daß sich die Profes¬
soren der Anatomie, Pharmacie und der Schmiedlehrer von Zeit zu
Zeit Gehilfen aus den Eleven auswählen. Zur Direktion des Unter¬
richtes wird einer der Professoren bestimmt. Die Anzahl der zu
dozierenden Fächer beträgt 14.
Zur Förderung des theoretischen und insbesondere des prak¬
tischen Unterrichtes ist Vorsorge zu treffen, daß die Schule fol¬
gende Attribute erhalte: a) ein anatomisches Theater, dem zur Dis-
sektion und zu Versuchen die nötige Anzahl von Tieren zu Gebote
stehen, b) eine anatomische u. pathologische Präparatensammlung,
c) einen botanischen Garten, d) ein pharmazeutisches Laboratorium
und eine Apotheke, e) eine Bücher- und Instrumentensammlung,
f) ein Tierspital und eine Hufbeschlagschmiede.
Titel III lautet: Klassen der Hörer, Au s w a h 1 d e r
Veterinär -Eleven und ihre A u f n a h m e, D a u e r d e s
Unterrichtes, Prüfungen, Zeugnisse und Abso-
1 u t ö r i u m.
Der erste Paragraph dieses Abschnittes enthält die Erklärung,
daß das Veterinärwesen als höhere Heilkunst- und Polizeianstalt
den Gerichtsärzten Vorbehalten bleibt, die sich im Bedarfsfälle, so¬
wie die Gerichts- und Polizeistellen auf Veranlassung der Ärzte
zur Ausführung der Polizeimaßregeln bei Epizootien der in der
Schule auszubildenden Tierärzte und Kursehmiede zu bedienen
haben.
Die Hörer der Schule teilen sich in 3 Klassen: a) Ärzte, welche
sich zur Anstellung als Gerichtsärzte qualifizieren wollen, 1. Klasse:
h) die sich zu eigentlichen Tierärzten bildenden Eleven, 2. Klasse:
c) die Huf- oder Kursehmiede, 3. Klasse. Die Hörer der 1. Klasse,
absolvierte Ärzte, haben an der Zentral-Veterinärschule einen Kur¬
sus derjenigen Fächer zu hören, welche an den Universitäten nicht
genügend und vollständig gegeben werden können, wozu vorzugs¬
weise Zootomie, Oporationslelire, Seuchenlehre. die Praxis im Tier-
spitale gehören.
Kür die Hörer der 2. Klasse, die auszubildenden Tierärzte,
zugleich Gehilfen der (Jerichtsiirzto bei der Behandlung von Epi-
zootien werden als Aufnahmsbediiiguiigen festgesetzt:
65
a) zurückgelegtes 17. und nicht überschrittenes 24. Lebensjahr,
fehlerfreier, starker Körperbau, vollkommene Sinnesorgane
und gute Sittenzeugnisse;
b) als Vorbildung: Zurücklegung der Unter- und Oberprimär¬
schulen und von der Secundärschule die Realklasse.
Das bisherige Verfahren, nur gelernte Schmiede, Schmiede¬
söhne oder Personen aufzunehmen, welchen die Übernahme einer
eigenen Schmiede offen war, wurde also aufgegeben.
Die erste Auswahl der zu Tierärzten auszubildenden Per¬
sonen nach den vorstehenden Normen steht den Gerichtsärzten zu.
Eine zweite, die eigentliche Auswahl, findet an der Schule statt,
an welcher sich die von den Gerichtsärzten ausgewählten Schüler
im Oktober des jeweiligen Jahres zu stellen haben. Daselbst ist
dann von sämtlichen Professoren noch eine Art Konkursprüfung
aus den Vorbereitungswissenschaften vorzunehmen, worauf unter
Beachtung der angegebenen Normen die Auswahl zu erfolgen hat.
Die Zahl der aufzunehmenden Eleven wurde im Ganzen auf 60 fest¬
gesetzt, wobei man davon ausging, daß jedes Jahr Vs absolvieren
und abgehen, welche durch 20 Aufzunehmende ersetzt werden.
In diese Zahl waren die vom Militär zur Schule beorderten
Personen nicht inbegriffen. Die Eleven — und zwar, wenn je mög¬
lich, alle — sollen in einem einzurichtenden Lokale an der Schule
wohnen. Arme und durch vorzügliche Eigenschaften Qualifizierte
sollen mit allem Erforderlichen unentgeltlich verpflegt werden.
Weniger Arme bezahlen die Hälfte der Unterhaltungskosten im
Betrage von 12 Gulden monatlich; der Rest der Eleven hat den
ganzen Betrag zu bezahlen. Ein Drittteil der Eleven soll ganz und
ein Drittteil halb frei unterhalten werden. Die ganz oder halb frei
aufgenommenen Eleven müssen sich durch Revers verpflichten für
üen Fall der Auswanderung die für sie aus Staatsmitteln verwen¬
deten Kosten zu refundieren.
Jeder Lehrer hat über den von ihm behandelten Gegenstand
jede Woche eine Privatprüfung abzuhalten. Nach Beendigung von
je 2 Semestern findet eine öffentliche Prüfung unter Beisein des
Oherststallmeisters, sämtlicher Professoren, der Kreismedizinalräte
und eines Ministerialkommissärs statt.
Die Eleven, welche den 3jährigen Kurs durchgemacht, haben
sieh einer mündlichen und schriftlichen Finalprüfung zu unterziehen
und erhalten, wenn sie die Prüfung bestanden, ein mit dem Siegel
der Schule versehenes, von dem Chef und den Professoren unter¬
schriebenes Absolutorialzeugnis.
Dieser Prüfung haben sich auch die vor dem Erlasse des
Ediktes von der Schule abgegangenen Tierärzte noch zu unter¬
ziehen. wenn sie angestellt werden wollen.
Die zu Unterrichtenden der 3. Klasse an der Zentral-Vete-
rinärschule waren, wie schon angegeben, die Beschlag- oder Kur-
Schmiede. Diese Kategorie anbetreffend, ordnete das Edikt an, daß
jeder Schmied, welcher den Hufbeschlag als Meister ausüben oder
einer Beschlagbrücke vorstehen wolle, an der Zentral-Veterinär-
schule eine Prüfung abzulegen habe. Wer sich hiezu nicht be¬
fähigt erachtete, hatte an der Schule Unterricht zu nehmen. Ver¬
gütung fiir den Unterricht brauchte nicht geleistet zu werden. Die
Unterrichtszeit konnte in die Wanderjahre eingerechnet werden.
Jeden Monat hatte nach dem Edikt unter Beisein des Chefs
eine Konferenz der Professoren stattzufinden, bei welcher Ange¬
legenheiten der Schule beraten und allenfalls Vorschläge zu machen
66
f
waren. Ein Hauptbericht mußte dem Regenten jedes Jahr nach Be¬
endigung der Prüfungen vorgelegt werden. tSchluß folge".i
Referate.
Schimmel: Mitteilungen aus der chirurgischen
Klinik der Reichs-Tierarzneischule in Utrecht. (Österreich.
Monatsschrift für Tierheilkunde, 1901), Nr. 10.)
T. Fraktur des rechten Os i n c i s i v u m
hei einem Pferde.
Eine 2)^jährige Stute wurde wegen einer Fraktur am
Maule in Behandlung gegeben.
Die Untersuchung lieferte folgendes Resultat: Außer-
1 ich erschien die Oberlippe an der rechten Seite etwas auf¬
gezogen. Aus dem Maule floß blutiger Schleim. In der Me-
dian-Linie waren die Ossa incisiva auseinandergewichen, wo¬
durch die Gingiva eingerissen war. Linker innerer Zahn
nach vorne gestellt. Rechter Processus maxillaris am Inter-
alveolarrand einer Seite hinter dem Eckzahn frakturiert.
Der frakturierte Teil des Schneidezahnbeines nach oben und
außen gewichen, die Lippe zur Seite drängend. Gingiva am
Interalveolarrand gequetscht, geschwollen und hyperämisch.
Palatum durum angeschwollen mit einer Schälwunde.
Therapie: Am niedergelegten Pferde Wundreinigung
und Reposition des seitwärts ausgewichenen Teiles durch
kräftiges Beugen. Zur Erhaltung des frakturierten Stückes
in seiner Lage Fixation der Zähne dieses Teiles mittelst
Kupferdrahtnaht an diejenigen des linken Os incisivum.
Um dem Kupferdraht eine feste Lage geben zu können,
wurden die Eckzähne und die labiale Fläche der übrigen
Zähne mit einer dreieckigen Feile mit Rinnen versehen.
I >urch diese Naht wurde zugleich der linke innere Zahn re-
poniert. Die Schälwundc im harten Gaumen wurde mit Seide
genäht. Hierauf wurde das Pferd umgekehrt in den Stand
gestellt und der Kopf beiderseits an den Türpfosten fixiert,
um Stoßen und Reiben zu verhindern. Tägliches Ausspritzen
des Maules mit 3 r /c iger Alaunlösung. Das Futter bestand
anfangs aus Milch und Eiern, später aus Hafer, feingeschnit¬
tenem Heu, Gras und schwarzem Brot. Durch diese Behand¬
lung heilten die Wunden sehr rasch, auch verschwanden die
Anschwellungen von Gingiva und Palatum in kurzer Zeit.
Da die Drahtnaht nach einiger Zeit lose wurde, wurde die¬
selbe durch eine neue ersetzt. Der frakturierte Teil heilte
vollständig; von Kallusbildung war wenig zu sehen. Die
zweite Naht wurde nach 10 Tagen entfernt. Dauer der
67
ganzen Behandlung bis zur Entlassung aus der Klinik:
1 Monat.
II. Habituelle Luxation der Patella,
geheilt durch die Operation nach Bassi.
Ein 31 / 2 jähriger Wallach zeigte hauptsächlich beim
Wenden im Stall und beim Rückwärtsgehen, hie und da auch
im Schritt, am rechten Hinterfuß Luxation der Patella nach
obeu, gefolgt von den charakteristischen, plötzlich auftreten¬
den Hyperflexionserscheinungen, welche im folgenden Mo¬
ment schnell wieder verschwanden.
Therapie: Verbringen des Patienten in den Notstall,
Rasieren und Desinfektion des Operationsfeldes und sub¬
kutanes Durchschneiden des medialen rechten Patellarbandes
von innen nach außen. Verschluß der Wunde mit Jodoform¬
gaze und Kollodium. — Heilung.
III. Operative Behandlung k o n d y 1 o m a -
loser M a u k e.
Eine 8jährige Fuchsstute zeigte die Erscheinungen
einer chronischen Dermatitis infolge Mauke an den beiden
Hinterfüßen. Hier waren Kutis und Subkutis oberhalb des
Kötengelenkes bis an den Kronrand des Hufes stark ver¬
dickt und verhärtet. Haut hyperämiseli, uneben, mit einer
Menge gestielter, haselnußgroßer, blutreicher Wucherungen.
Haare größtenteils verschwunden; die noch gebliebenen
waren verdickt und standen aufrecht. Absonderung eines
klebrigen, stinkenden Sekretes auf der Oberfläche.
Da nur das Wegschneiden der kranken Haut bis in die
kapillarschichte einen Heilerfolg erwarten ließ, wurde das
Pferd zu diesem Zwecke abgeworfen, chloroformiert und
an beiden Hinterfüßen am Schienbein die Esmarch’sche
Schlinge angelegt. Nach gründlicher Reinigung Entfernen
einer t/o—1 cm dicken Schichte mit dem Skalpell. Zur Ver¬
hütung starker Blutungen Anlage von stark komprimieren¬
denden Sublimatverbänden. Nach Abnahme der ersten Ver¬
bände nach 2 Tagen war die Hyperämie fast verschwunden,
die Sekretion geringer und die Haut viel weicher. Zum
desodorisieren der Wund fläche wurden später die operierten
Stellen mit Ungt. Aegypticum eingerieben, wodurch eine
gleichmäßige, feste Kruste entstand. Als dieselbe nach einer
Woche abfiel, zeigte sich die darunter liegende Haut geheilt.
Sekretion und Hyperämie waren ganz verschwunden, die
Haare wuchsen schnell nach und nach zirka fiinfwüehent-
lieher Behandlung wurde Patient als geheilt entlassen.
(Schluß folgt.) R a b u s.
68
Eber: Weitere Beobachtungen über das Behring’sche
Tuberkulose - Schutzimpf verfahren und über Tauruman-
Impfungen in der Praxis. (Deutsche Tierärztl.Wochensclir.,
1909, Nr. 49.)
Verf. hat bereits im Jahre 1907 auf Gruud von Ver¬
suchen, die in einem Zeitraum von 3 Jahren auf 8 Gütern
mit verschiedenen wirtschaftlichen Verhältnissen und im
Veterinär-Institut der Universität Leipzig durchgeführt wor¬
den waren, die Auffassung vertreten, daß durch das Beh-
ring’sche Verfahren ein ausreichender Schutz gegen die na¬
türliche Tuberkuloseansteckung nicht verliehen werde. Seit¬
dem wurde eine Anzahl der geimpften Rinder einer erneuten
Tuberkulinprobe unterzogen; auch kamen manche zur
Schlachtung.
Bezüglich der Tuberkulinreaktion hat die Erfahrung
ergeben, daß der positive Ausfall einer mindestens % Jahre
nach der letzten Schutzimpfung ausgeführten Probe mit der
gleichen Sicherheit für das Vorliegen einer tuberkulösen
Herderkrankung spricht wie bei nicht schutzgeimpftenTieren,
während der negative Ausfall nicht ohne weiteres als Beweis
der Tuberkulosefreiheit angesehen werden darf.
Von insgesamt 90, bis 5(4 Jahre alten, vorschrifts¬
mäßig immunisierten Rindern, bei denen mindestens 1 Jahr
seit Ausführung der letzten Schutzimpfung verflossen war,
reagierten nur 52,2 Proz. auf Tuberkulin und zwar von den
jüngeren Jahrgängen 40—45 Proz., von denen im Alter von
—5t/o Jahren aber 68,8 Proz.
55 Rinder wurden einer zweimaligen Tuberkulinprobe
unterworfen, wobei bei der ersten 30,9 Proz., bei der zAveiten
(2 Jahre später vorgenommenen) alter bereits 58,2 Proz.
reagierten. Legt man der vergleichenden Betrachtung nur
die 38 bei der ersten Probe nicht reagierenden Tiere zu¬
grunde, so ergibt sich, daß von diesen 2 Jahre später bereit*
42,1 Proz. reagierten.
Aus diesen Feststellungen geht unzweifelhaft hervor,
daß die Bovovaccination ohne wesentlichen Einfluß auf die
ja stets Hand in Hand mit zunehmendem Alter und erhöhter
wirtschaftlicher Ausnutzung steigende Tuberkuloseverseu¬
chung geblieben ist. Auf einzelnen Gütern konnte allerdings
ein bescheidener Rückgang der Verseuchung verzeichnet
werden. Es waren dies jedoch nur solche, auf denen neben
der Schutzimpfung noch andere prophylaktisch-hygienische
Maßnahmen in Anwendung kamen; hiebei stand Umfang
und sachgemäße Durchführung der letzteren in direktem
Verhältnis zum Grade der erzielten Besserung.
69
Durch Obduktion bezw. Schlachtung konnten in einem
Zeitraum von 5 Jahren nunmehr 36 nach Behring immu¬
nisierte Rinder untersucht werden. Von diesen waren 44,4
Prozent tuberkulös und zwar fand sich generalisierte Tuber¬
kulose Tmal, Lungen- und Brustfelltuberkulose 4mal, Bron¬
chial- und Mediastinaldr.üsentuberkulose Brual, Mesenterial -
drüsen- bezw. Bauchfelltuberkulose je lmal.
Bei sorgfältigster Ausschaltung aller der Fälle, in
denen auch nur der geringste Verdacht besteht, daß bereits
zur Zeit der Vornahme der Schutzimpfung t uberkulöse Herd¬
erkrankungen vorhanden waren, verbleiben noch insgesamt,
4 Fälle, in denen ein Versagen der Immunisierung einwand¬
frei auch durch die Sektion bestätigt worden ist, und 2 Fälle,
in denen die allerdings erst im Alter von 8 Monaten ausge¬
führte Schutzimpfung die auf Tuberkulin nicht reagierenden
Tiere vor einer schweren Tuberkulose-Infektion nicht be¬
wahrt hat.
Taurumau-Impfungen — möglichst frühzeitige, ein¬
malige intravenöse Injektion virulenter Menschen-Tuberkel-
bazillen — wurden seit 1906 auf 4 Gütern an 48 Kälbern
vorgenommeu, von denen 2 im Anschluß an die Impfung
starben. Die verhältnismäßig kleine Anzahl der Versuche
gestattet noch kein abschließendes Urteil. Immerhin gebt
aus dem Umstand, daß bereits einige geimpfte Tiere auf
Tuberkulin positiv reagierten und daß 1 vor der Impfung
nicht reagierendes Rind sich bei der 11 Monate danach vor¬
genommenen Schlachtung mit generalisierter Tuberkulose
behaftet erwies, doch hervor, daß auch dieser Impfstoff einen
ausreichenden Schutz gegen die natürliche Tuberkulose¬
ansteckung nicht unbedingt verleiht.
Seit 1908 wendet Prof. Eber auch die Heymans'sche
Schilfsäckchenmethode und das Dresdener Schutzimpfver¬
fahren in der Praxis an; über die Ergebnisse kann natürlich
erst später berichtet werden. L i n d n e r.
Tierzucht und Tierhaltung.
Über Blutsverwandtschaft und Serumreaktion
bei Salmoniden etc.
berichtet Eugen Neresheimer-Wien in Band II der von
Professor Dr. Bruno Hofer herausgegebenen Berichte aus
der Kgl. biologischen Versuchsstation in München. Durch
V errvendung der bekannten serologischen Methode zur Fest¬
stellung der Blutsverwandschaft versuchte N. eine solche
der Salmoniden untereinander, sowie zwischen Salmoniden
und anderen Fischarten nachzuweisen. Zur Untersuchung
70
kamen Bach-, Regenbogen- und Seeforelle, Lachs, Huchen,
Saibling, Barsch, Bachsaibling, Äsche, Peipusseemaränen,
Karpfen, Schleie, Barbe, Döbel, Rotauge, Forellenbarsch,
Hecht, Wels und Aal. Das Serum dieser 19 Sorten wurde
in Uhlenhut’schen Röhrchen aufgestellt und demselben je
10 Tropfen des betreffenden Antiserums beigegeben. Nach
48 Stunden zeigten volle Reaktion Bach- und Seeforelle
und Lachs, starke Reaktion Bach- und Seesaibling, mäßige
Reaktion Huchen, mittlere Reaktion Regenbogenforelle,
schwäche Reaktion Asche und Maräne, sehr schwache
Reaktion der Hecht. Bei den übrigen war das Versuchs¬
ergebnis negativ. Hierdurch ist die Blutverwandschaft der
Salmoniden unter einander erwiesen. Das auffallendste
und merkwürdigste Resultat bleibt jedenfalls der Umstand,
daß die Regenbogenforelle so weit von den übrigen Trutta-
Arten abrückt, trotzdem sie in dem bisher maßgebendsten
Merkmale, der Bildung des Voiners sich eng an die ein¬
heimischen Forellenarten anschließt. Interessant ist auch
die Tatsache, daß unter allen Süßwasserfischen nur der
Hecht Verwandschaftsbeziehungen zu den Salmoniden zeigt,
(Illustr. landw. Zeitung, Nr. 104, 1909.) M.
Pferdeschutz.
Ein Alttierhaus.
Nach dem Vorbilde der Altmännerhäuser ist in dem
Schlosse Bel-Ain bei Paris ein Alttierhaus eröffnet worden.
In demselben sollen alt und schwach gewordene Tiere ihr
Dasein bei entsprechender Fütterung und Pflege in Ruhe
beschließen. (Der Pferdefreund, Nr. 1, 1910.)
Einrichtung eines s t ä d t is c he n Pf e rd e-
sch lach thofes in B e r 1 i n.
In Berlin wird ein städtischer Pferdeschlachthof er¬
richtet. Bis jetzt fanden die Pferdeschlachtungen daselbst
in rund 70 Roßschlächtereien statt. Die Roßschlächter be¬
grüßen die Einrichtung eines gemeinsamen Pferdeschlacht¬
hofes sehr und erwarten, daß durch dieselbe das dem Konsum
von Pferdefleisch entgegengebrachte Vorurteil allmählich
verschwinden wird. (Ibidem.)
Verschiedenes.
Ehrung.
Dem I\. Bezirkstierarzt a. P. Seiber t in Pirmasens
wurde auf Grund einstimmigen Beschlusses des Stadtrates
71
von Pirmasens der wärmste Pank der Stadtverwaltung; für
sein langjähriges, ersprießliches Wirken als Fleischbeschauer
mittelst Schreiben des Bürgermeisteramtes zum Ausdrucke
gebracht.
Ballfest des S.C. der Tierärztlichen Hochschule in München.
In den Festräumen des Hotels „Bayerischer Hof“ in
München fand am 17. Januar 1910 der Ball der im S. (’. ver¬
einigten Korps „Vandalia“ und „ Normannia “ statt, der
sich wie auch in den Vorjahren eines starken Besuches aus
allen Gesellschaftskreisen Münchens erfreute. Unter den
Erschienenen bemerkten wir Ministerialrat v. P r a c* h e r,
Polizeidirektor v. d. Heydte, Oberregierungsrat Pr. Vogel,
Vertreter des Professoren-Kollegiums der Tierärztl. Hoch¬
schule, an ihrer Spitze Hofrat Pr. A 1 b r e c h t, sowie die
Professoren Pr. Stoß, Pr. Mayr und Pr. Moser, ferner
Hofstabsveterinär Wille, zahlreiche Offiziere und Militär¬
veterinäre. Pie Polonaise eröffnete der Senior des Korps
„Xormannia“, cand. jur. Kallenbach, mit Frln. II e u -
t h e r, der Tochter des K. Gestütsdirektors Reuther —
A. H. „Vandalia“; ihnen schlossen sich zirka 90 Paare an.
Während des Rundganges wurden den Damen prächtige
Rosen überreicht. Nach dem ersten Walzer erschien Seine
Königliche Hoheit Prinz Ludwig mit seinem Adju¬
tanten, Herrn Baron von H o f e n f e 1 s, im Saale. Seine
Königliche Hoheit ließ sich verschiedene Herren vorstellen
und unterhielt sich während der 1 •/.ständigen Anwesenheit
in der bekannten leutseligen Weise mit seiner Umgebung. Pie
Jugend huldigte unterdessen dem Tanzvergnügen, das gegen
11 Uhr durch ein vorzügliches Souper angenehm unter¬
brochen wurde. Nach demselben trat wieder der Tanz in
seine Rechte, und erst in früher Morgenstunde trennte man
sich mit dem Bewußtsein, ein schönes und insbesondere für
die Veranstalter äußerst repräsentativ verlaufenes Fest ver¬
lebt zu haben. M.
Frequenz der Tierärztlichen Hochschulen im Winter¬
semester 1909/10.
Pie „Berliner Tierärztliche Wochenschrift“ äußert in
Nr. 2. 1910, die Meinung, daß unter den 50 Studierenden,
welche an der Tierärztlichen Hochschule München in das
I. Semester eingetreten sind, solche von anderen hoben
Schulen inbegriffen seien, da eine so hohe rein tierärztliche
Frequenz mit derjenigen der übrigen Semester nicht liarmo-
72
nieren würde. Diese Vermutung ist nicht zutreffend. Die
50 in das I. Semester eingetretenen Studenten sind aus¬
schließlich Studierende der Tierheilkunde, welche das Stu¬
dium beginnen. Der Zugang ist dahier bei Anfang des
Wintersemesters deswegen ein weitaus höherer als im
Sommersemester, weil bei uns das Studienjahr mit dem
W intersemester und nicht, wie an manchen anderen
Tierärztlichen Hochschulen, im S o m m e r s e in e s t e r be¬
ginnt. Im übrigen ist der Zugang bedeutend zurückge¬
gangen. Bei Beginn des Wintersemesters 1908/09 betrug
die Zahl der an der hiesigen Tierärztlichen Hochschule
in das I. Semester Eingetretenen 78, also um 28 mehr als
in diesem Jahre. A.
Personalien.
Ernennungen: Ludwig Georg, Assistent an der tier¬
ärztlichen Hochschule in Hannover zum Repetitor daselbst; Ta n g
Dr. Richard zum Assistenten daselbst; Zeller Dr., Assistent am
(iesundheitsamt in Züllichow, zum wissenschaftlichen Hilfsarbeiter
beim Kaiserlichen Gesundheitsamt in Berlin.
Approbationen: In München die Herren: B a y r 1 e Karl
aus Uirschbrunn und Kiefer Anton aus Herrieden.
Promotion: Zum Dr. med. vet. in Bern: die Tierärzte
H eigenlech ner Joseph in Holzkirchen und Loewe Artur
in Hamburg.
Bels:sirLn.trria,cii“CLr^gr-
Am 1. April nächsthin ist dahier die Stelle des
Sclilaclithof-Direktors,
womit der Genuß einer Dienstwohnung verbunden ist, zu besetzen.
Die Anstellung erfolgt zunächst für die Dauer eines Probe-
dienstjahres und auf gegenseitige dreimonatliche Kündigung. Nach
Ablauf des Provisoriums kann definitive Regelung der Anstellungs¬
verhältnisse erfolgen.
Für die Gewährung von Ruhegehalt und Hinterbliebenen-
Yersorgung sind die Satzungen der städtischen Pensionsanstalt
maßgebend.
Privatpraxis ist nicht gestattet.
Bewerber, welche bereits in der Leitung größerer Schlachthof-
Anlagen tätig gewesen, wollen ihre Meldungen nebst Lebenslauf.
Nachweis der Befähigung zum beamteten Tierarzte, sowie sonstigen
Zeugnissen über seitherige Tätigkeit und einem amtsärztlichen
Gesundheits-Zeugnisse unter Angabe der (iohaltsanspriiehe bis
längstens 10. Februar lfd. Jrs. beim unterfertigten Biirgernieister-
amte einreichen.
L u d w i g s h a f e n am Rhein, den 15. Januar 1010.
Das Bürgermeisteramt.
Dr in k von I (i o 11 e s w i n 1 1 » r , München. — Kommiss onsverla^ : M. Kiejccrsche
CniversiUUshnehhiimlluiitf, München, Orlennsplatz 2
Münchener
((rüber: Wochenschrift (ür Tierheilfcnnüe und Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
heran »gegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 1. Februar 1910. Nr. 5.
Inhalt: 0 r i g i n a I a r t i k e I: Pfab: Trepanation beim Rinde. —
Das Organisationsedikt für die Kgl. Zentral - Veterinärschule
München vom l. Februar 1810. (Schluß.) — Referat: Schim¬
mel: Mitteilungen aus der chirurgischen Klinik der Reichs-
Tierarzneischule in Utrecht. (Schluß.) — Verschiedenes:
Etat für Tierzucht in der bayerischen Kammer der Abgeord¬
neten. Etat der Tierärzte in der bayerischen Kammer der
Abgeordneten. Pferdemarkt in Wels. Standesangelegenheiten.
Besoldung der Tierärzte in den deutschen Kolonien. — Bücher¬
schau. — Personalien.
Trepanation beim Rinde.
Von Distriktstierarzt A. Pfab, Rottalmünster.
Einleitung.
Unter Trepanation versteht man beim Rinde die opera¬
tive Öffnung der Sehädeldecke durch Wegnahme der Schädel-
knoehen in beliebiger Form und Größe.
Die Trepanation ist eine uralte Operation. Schon in
der Steinzeit wurde, wie Schädelfunde beweisen, die Trepa¬
nation an Menschen mit Erfolg ausgeführt. Es geschah dies
wohl mit Steinmessern, mit denen auch, heute noch die in der
Steinzeit lebenden Bewohner der Südsee-(Tahiti-l’omatu-)
Inseln diese Operation bei Gehirnverletzungen und gegen
gewisse Krankheiten vornehmen.
Hippokrates beschreibt die Trepanation als etwas
längst bekanntes. Schon damals waren Trepaukronen im
Gebrauch. Ein Trepanationsbesteck damaliger Zeit be¬
stand aus:
74
T. Radiereisen [SvOrrjg),
II. dem hohlen und gezähnten Bohrer {nqimv xagaxTog,
TQV/tUl’OY, TQV/hjtljQIOV ),
III. dem Periorationstropan [igvrcavov),
IV. Sonden.
Was lag näher, als daß bei so weit vorgeschrittener
Technik diese Operation auch bei Tieren versucht wurde Ü
Mußte doch die Drehkrankheit der Wiederkäuer geradezu
gelockt haben, den Krankheitskeim im Gehirn zu suchen.
Allerdings linden wir aus dem ganzen Altertum keine Nach¬
richt über eine Trepanation bei Tieren. Auch aus den spä¬
teren Zeiten wird nichts erwähnt. Zum erstenmal beschrieben
wird die Operation erst im Jahre 1658 von W i p f e r als
„Dippelbohren“ und wurde damals wie auch heute noch von
Kurpfuschern mit dem Holzbohrer ausgeführt. Um die da¬
malige Zeit muß aber die Trepanation schon etwas einge¬
bürgert gewesen sein. Sonst fände sich für selbe kein so gut
deutscher Terminus technicus.
Im 19. Jahrhundert erst hören wir häufiger von der
Operation. Zunächst lenkte die Drehkrankheit der Schafe
das Augenmerk des neugeschaffenen tierärztlichen Standes
auf sich (Doubenton 1795, Dupuy 1817 etc.). Erst
wesentlich später kamen Nachrichten über die Trepanation
des Kinderschädels (Malliet 1836, Sigg 1846 und be¬
reits 1850 Merkt).
Hering berichtet in seiner „Pathologie u. Therapie“
(1869), daß die Troicarierung der Schafe mit geringem
Nutzen häufig, beim Rind dagegen Krankheit und Operation
selten seien. „R e 1 p h habe an Kälbern und zweijährigen
Kalbinnnen mit nicht besonders günstigem Erfolge operiert
(Vet. 1846).“ „Einen Bauern sah dieser mit einem Taschen¬
messer, einer Ahle und einem Federkiel die Blase aus dem
Schädel nehmen. Empiriker sollen durch Klopfen mit einem
hölzernen Hammer den Sitz der Blase auffinden und daselbst
trepanieren. Sie bedienen sich dabei eines Trepans.“
Die Operation scheint also damals von den Tierärzten
noch nicht besonders gepflegt worden zu sein. In den folgen¬
den Jahrzehnten wurde scheinbar die Trepanation fleißiger
ausgeführt, bis sie in den 80 er und der ersten Hälfte der
90 er Jahre eiuzuschlafen schien. Der Hauptgrund hiefür
mag darin gelegen sein, daß ihr um diese Zeit die Mehrzahl
der Chirurgen den Stab brachen (M öller, Hahn etc.).
In Niederbayern wurde die Operation besonders von
K e s 11 - Griesbach hauptsächlich in den 70er Jahren, M a r-
t i n - Passau und M ü n i c h - Straubing in vielen Fällen mit
75
Erfolg betätigt. Jedoch hat nur der Letztere über seine Er¬
fahrungen etwas publiziert (Wochenschr. f. Tierheilkunde
u. Viehzucht, 1895). Erst 1894 kam wieder frisches Leben
in diese wichtige Operation durch eine sehr lehrreiche und
ausführliche Arbeit von Prof. Albrecht (Monatsschr. f.
Tierheilkunde, 1894). 1895 erschien M ü n i c h’s erwähnter
Artikel. 1896 sorgte Merkt durch seinen Vortrag auf der
Generalversammlung des Kreisvereins für Schwaben und
Keuburg durch dessen Publikation in der „Wochenschrift
für Tierheilkunde und Viehzucht“ für weitere Aufklärung
und Aneiferung. Diese 3 Arbeiten muß man als den Grund¬
stock der neuzeitlichen Coenurus-Literatur bezeichnen.
Als sehr beachtenswert möchte ich auch den Aufsatz
von D i e m (Wochenschr.f.Tierheilkunde u.Viehzucht, 1906,
Nrn. 45 u. 46) anführen.
Entstehungsgeschichte.
Hering glaubte 1849 noch die Ursache der Dreh¬
krankheit in „Hitze, Erhitzung im Stalle, beim Treiben,
nachheriger Erkältung, starker und besonders ungleicher
Fütterung, vielleicht auch dem Genuß spezifisch wirkender
Pflanzen, z. B. der Zeitlose, des Feldknoblauchs etc.“ suchen
zu müssen. Daß der Gehirnblasen wurm (Coenurus cerebral is)
durch die Einwanderung der Amme oder Finne des Hunde¬
bandwurms (Taenia coenurus) entsteht, wies Küchen¬
meister 1853 experimentell nach.
Die Proglottiden kommen irgendwie mit dem Futter
in den Magen der Wirte. Dort entwickeln sich aus den Eiern
Embryonen. Diese durchbohren die Magenwandung und ein¬
zelne derselben gelangen auf ihrer Wanderung durch das
Foramen lacerum in’s Gehirn oder Bückenmark, wo allein
sie die ihnen zum Weiterwachstum günstigen Bedingungen
finden. Ich nehme diese Art der Invasion in’s Gehirn und
nicht die der Verschleppung durch die Blutbahn an, weil
man in der Begel bei sehr jungen Tieren, bei denen also die
Dura noch weich, eineVielzahl vonAmmen im Gehirn findet,
w r ährend bei älteren Tieren die Einzahl in den Blasen vor¬
herrscht, entsprechend dem größeren Widerstand, den die
kräftigeren Meningen dem wandernden Embryo in den Weg
legen. Die Einwanderung der Embryonen durch die Gehirn¬
häute gibt sich bei dem für mein Beobaehtimgsgcbict fast
allein in Frage kommenden Fleckvieh, wie auch D i e m an¬
führt, häufig durch Erscheinungen der Meningitis zu er¬
kennen. Meiner Ansicht nach ist dies dann der Fall, wenn
mehrere bis viele Embryonen die Meningen zu gleicher Zeit
76
durchbohren und so einen intensiven Reiz ausüben. Ich sah
derartige Meningitiden besonders häufig bei Kälbern im
Alter von 2—3 Monaten. Die Tiere zeigen meist Manege¬
bewegungen oder Pendeln des Kopfes bei stark eingenom¬
mener Psyche. In 2 Ställen sah ich die Vernichtung je eines
ganzen Jahrganges, einmal 8 und einmal 12 Tiere auf diese
Weise. Kaum abgespähnt erkrankten die Kälber an heftiger
Meningitis und.wurden meist sofort geschlachtet. In einigen
Wochen war der ganze Bestand vernichtet. In mehreren
Fällen hatte ich Gelegenheit, die Gehirnsektion vorzu¬
nehmen. Hiebei zeigten sich schmale, blutige Streifen in
den Gehirnhäuten und an der Außenfläche des Gehirns meist
an der Basis. Der mit Haken bewaffnete Embryo saß am
zentralen Ende.
Wurde in diesem Stadium nicht geschlachtet, so ver¬
zogen sich gewöhnlich unter Anwendung von Kälte die Ge¬
hirnreizungserscheinungen auf die Dauer von 3—4, ja 6 Mo¬
naten. Dann traten Symptome der Drehkrankheit auf. Ich
habe 3 derartige Jungrinder operiert (Fall 13, 40 und 40).
Stets waren mehrere Blasen vorhanden. Gehirnsektionen in
diesem Entwicklungsalter ergaben mehrere bis viele, einmal
(iO Blasen, variierend von Erbsen- bis Haselnußgröße. Bei
älteren Tieren ist das Auftreten der ersten Symptome häufig
nicht synchron mit der Einwanderung, sondern stellt die
Reaktion der Gehirnsubstanz auf den allmählich stärker
werdenden Druck der Blase dar. Mehrere Fälle aus meiner
Statistik (Nrn. 2, 23, 42, 47, 49, 52, 55 und 59) zeigten nur
bis 2 Wochen Zwischenzeit von dem Auftreten der ersten
Erscheinungen bis zur Operation; und doch w r ar in den
meisten Fällen die Stirnhöhle bereits verschwunden und in
jedem Falle eine große Blase (80—200 g) vorhanden, deren
Fntstehen sicherlich nicht in so kurzer Zeit möglich ge¬
wesen wäre. Bei anderen Patienten dagegen vergingen von
der Zeit der ersten Beobachtung einer Funktionsanomalie
des Gehirns bis zur Operation viele Monate, ja in einem Falle
(Nr. 34) mehr als ein Jahr. Es ist eben auch dieser Krank¬
heit gegenüber eine große individuelle Verschiedenheit der
einzelnen Tiere bemerkbar.
F riudberger und F r ö h n e r geben an, nach 14
bis 19 Tagen sei die Blase hirse- bis hanfsamengroß, nach
20—42 Tagen erbsengroß: diese Beobachtung möchte ich
ausdrücklich bestätigen. Wenn aber die gleichen Autoren
schreiben, nach 2—3 Monaten sei mit Tauben- bis Hühnerei-
Größe die organische Entwicklung der Quesse vollendet, so
scheint mir nicht nur die letzte Entwicklungssphäre kurz
77
bemessen, sondern auch die Maximalgröße zu gering ange¬
geben. Ich habe nicht selten Blasen von 200 ccm und mehr
Inhalt gemessen.
Während die Blase zu diesen Höchstmaßen der Ent¬
wicklung gelangt, wird der intrakraniale Druck ein derartig
hoher, daß die Tabula interna erst gegen die Stirnhöhle zu
ausgebuchtet wird und so diese verdrängt. Im weiteren Ver¬
laufe dieses pathologischen Prozesses wird die Tabula interna
eingeschmolzen; teilweise atrophiert auch durch den Druck
die Tabula externa. In einem einzigen Falle (Nr. 36) war
auch diese in der Medianlinie vollkommen geschwunden, so
daß nach dem Entfernen des Periostes die Blase durch¬
schimmerte. Die Dura mater war, wie in allen anderen
Fällen so auch hier, erhalten.
Über die Diagnose mich zu verbreiten halte ich
für unnötig, da hierüber alles Wissenswerte durch M ö 11 e r,
II o f f m a n n etc. gebracht ist.
Wichtiger dagegen ist das Kapitel der Auswahl
der Tiere zur Operation.
Merkt sagt hierüber:
,,1. Man versuche dieOperation nur bei mageren und außer¬
dem ziemlichen Nutzen in Aussicht stellenden Tieren,
2. bei solchen Tieren, die noch sehr gut fressen und keine
außerordentlichen Kopfschmerzen zeigen,
3. nur bei solchen Tieren, welche beim Freilaufen stets
in kleinem Kreise nach derselben Seite drehen, niemals
nach der entgegengesetzten Richtung gehen oder mit
ziemlich erhobenem Kopfe in gerader Richtung tau¬
melnd tappen,
4. nur bei solchen Tieren, bei denen der Sitz der Blase
genau festgestellt werden kann und diese Tatsache mit
der Richtung, nach welcher das Tier dreht, überein¬
stimmt.
Ziffer 2 und 3 sind hier die wichtigsten/ 1
Ich möchte Ziffer 4 als die mit Abstand wichtigste
nennen, denn Hauptmoment ist und bleibt bei der Prognose
die Perkussion; alles andere sind nur mehr oder minder
wertvolle Hilfen.
Punkt 1 wird bei dem heutigen hohen Zuchtwert vieler
Tiere auch gut genährte mit einschließen müssen, bei denen
Zucht- und Fleischwert eben in keinem Verhältnis stehen.
Punkt 2 kann ich nicht akzeptieren, weil mindestens
die Hälfte der von mir operierten Tiere schlecht fraßen,
ohne daß deswegen eine ungünstige Prognose sich bestätigt
hätte.
78
Punkt 3 muß sich im Werte ebenfalls vor 4 beugen;
ich habe manche Tiere operiert, die vollkommen die Merk¬
male sub 3 trugen, dagegen mittelmäßige oder schlechte
Perkussion zeigten. Immer saß die Blase tief, meist un¬
erreichbar. Umgekehrt habe ich mit weit günstigerem Re¬
sultat Tiere operiert, die kein Drehen, aber einwandfreie
Perkussion zeigten; hier saß die Blase, wo sie der Klang
anzeigte.
Zur Perkussion habe ich mir von II a u p t n e r eigens
einen Hatnmer anfertigen lassen; er hat ungefähr die
Schwere eines Dengelhammers. Der Hammerkörper selbst
verjüngt sich seitlich gegen die Aufschlagfläche zu auf einer
Hälfte, die andere ist abgestumpft. Der ganze Metallteil ist
vernickelt, der Stiel ist aus Ebenholz. Mir hat zwar der von
Merkt empfohlene Dengelhammer wertvolle Dienste ge¬
leistet ; doch habe ich ihn sofort verlassen, als ich bei einer
derartigen Perkussion einen Arzt als Zuschauer hatte. Ich
fühlte mich von meinem historischen Werkzeug sehr be¬
drückt. Der von mir konstruierte Hammer hat den Vorteil,
daß er bei erheblicher Schwere auf einem verhältnismäßig
kleinen Platz aufschlägt und daher die Auffindung der atro¬
phischen Knochenstelle wesentlich erleichtert; in seiner
schmucken Ausführung ist er wirklich ein modernes Instru¬
ment, das auch als Hufuntersuchungshammer gute Dienste
leistet.
Die Perkussion nehme ich wie M e r k t zu Beginn der
Untersuchung vor und zwar im Freien - bei geschorener
Stirne.
Als „einwandfreier Perkussionsschall“ kommt nur ein¬
gedämpft leerer Ton in Betracht, wie Merkt sagt, „als ob
man auf ein Tuch klopfe“. Nur dieser Ton bürgt dafür, daß
die Stirnhöhle verschwunden und die Tabula interna, wenn
nicht eingeschmolzen, wenigstens der Tabula externa an¬
liegt. Geringgradigerer Klangunterschied, etwa gedämpft
tympanitischer Ton, deutet nur an, daß die Stirnhöhle an
dieser Stelle weniger tief, also die Tabula interna etwas
gegen die Tabula externa vorgerückt ist.
Nach der Perkussion lasse ich den Patienten in einem
umzäunten Raum frei gehen. Etwa herabhängende Kette
oder Strick ist aufzubinden. Eine Person treibt, nach. An¬
genommen, die Perkussion war einwandfrei. Macht nun das
Tier einen Kreis, womöglich einen kleinen, dann werden die
Aussichten günstige sein. Taumelt das Tier nach vorwärts,
ist es auch gut. Tn beiden Fällen ist sofortige Operation
empfehlenswert. Zeigt es noch genügenden Orientierungs-
79
sinn, so hat man die Wahl, ob inan die Operation vornehmen
oder noch etwas zuwarten will. Ungünstig ist auch dieses
Prognostikon nicht. Stürzt aber der Patient öfters bei er¬
hobenem Kopfe ganz oder nur im Hinterteile, so lasse man
die Operation auf alle Fälle. Denn mag auch gegen die
Stirne eine noch so große Blase vorgedrungen sein, es sitzt
sicher auch eine am verlängerten Mark und richtet nach der
Operation Malheur an.
Wenig Geübte mögen daher nur Tiere mit einwand¬
freier Perkussion trepanieren; sie werden ein günstiges
Trepanationsfeld finden und Liebe zur Trepanation ge¬
winnen. Warnen möchte ich dagegen Kollegen, die nicht
bereits über volle Sicherheit in der Technik verfügen, Tiere
ohne positive Perkussion zu operieren. Fs ist in solchen
Fällen ratsam, abzuwärten, ob nicht eine Einschmelzung der
Stirnhöhle in den nächsten Wochen ein tritt; man empfehle
dem Besitzer „die Blase reifen zu lassen“ (Di ein). Ohne
positive Perkussion nehme ich die Operation nur vor, wenn
der Besitzer selbst sie eindringlich verlangt, lasse aber dann
stets nur die Möglichkeit eines Erfolges offen. Nur wenig
Tiere sind bei diesem ungünstigen Prognostikon zu reiten,
selbst wenn sie einen noch so schönen Kreis gehen (Nr. 14).
(Fortsetzung folgt.)
Das Organlsationsedikt für die K. Zentral-Veterinär-
schule München vom 1. Febrnar 1810.
(Schluß.)
Der Abschnitt IV des Ediktes betrifft die ökonomische
und polizeiliche Einrichtung der Zentral -Vete¬
rinärschule und ordnet an, daß die Exigenzsumme auf den
Etat des Oberststallmeisterstabes genommen, bestimmt das Rech¬
nungswesen und handelt von der Aufstellung eines Präfekten,
dessen Pflichten und Befugnissen.
Der Titel des Schluß-Abschnittes heißt: Obliegenheiten
und Rechte der Tierärzte, ihr e l] m o I u m e n t e, T a x e
für ihre Verrichtungen, Instruktion, Verhältnis
zu den Gerichtsärzten, zu den Polizei- und Ge¬
richtsstellen.
Nach den Bestimmungen dieses Abschnittes sollen die appro¬
bierten Tierärzte in die Gerichtsbezirke Bayerns verteilt werden.
Vor dem Antritte ihrer Funktion haben sie der ihnen Vorgesetzten
Gerichts- oder Polizeistelle, sowie dem Gerichtsarzte das Absolu-
toriurn vorzuzeigen und den Weisungen und Aufträgen dieser
Stellen jederzeit nachzukommen. Es steht ihnen das Recht zu.
Tierkrankheiten zu behandeln und sie werden von der Obrigkeit
gegen Beeinträchtigung durch Pfuscher geschützt: sie sind die
Beschaumänner, wenn bei Krankheiten oder Gebrechen von Tieren
die Zuträglichkeit des Fleisches derselben zum Genüsse für den
Menschen in Frage kommt; bei Streitigkeiten müssen sie zuerst
80
gehört werden. In weiterer Instanz gehen dergleichen Gegen¬
stände, insoferne sie wissenschaftliche Entscheidung erfordern, an
die Gerichtsärzte bezw. Kreisinedizinalräte, welche bei verwickel¬
ten Fällen ein Gutachten der Zontral-Veterinnrschule erheben.
Durch die Tierärzte sollen auch die zukünftigen Anordnungen hin¬
sichtlich des Landboschähvesens in's Werk gesetzt werden. Die
Behandlung kranker Menschen ist den Tierärzten bei empfindlicher
Bestrafung und Entziehung der Rechte verboten.
Die Remuneration der Tierärzte für ihre Leistungen betreffend
wird eine Taxordn-ng erlassen, für ihre Arbeiten bei Kpizooten
erhalten sie Tagesdiäten, auch soll für sie ein Beitrag von den Ge¬
meinden des Geriehtsbezirkes ihres Wirkungskreises ermittelt und
ausbezahlt werden.
Wenn zur Besorgung einer großen Anzahl seuclienkranker
Tiere der Tierarzt eines Gerichtsbezirkes nicht ausreicht, so sind
zur Mitbehandlung die nüchstwohncndcn Tierärzte oder auch ge¬
prüfte Hufschmiede der betreffenden Gegend zu verwenden, und
wenn auch diese nicht genügen würden/ so können einige Eleven
oder ein Professor der Zentral-Veterinärscliule abgeordnet werden.
Es liegt im Wirkungskreise der Gerichtsärzte, die Ersuche
einer abgebrochenen Seuche aufzusuchen, Anzeige an das General-
kommissariat und an die Zentral-Veterinärscliule zu machen, den
Heilplan und die Polizeimaßregeln zu entwarfen und sich zur Aus¬
führung derselben der Tierärzte zu bedienen, die Tätigkeit der¬
selben zu überwachen, deren Fleiß und Geschicklichkeit in den
Berichten zu würdigen.
Nach dem Inhalte der vorstehend im Auszüge mitge¬
teilten Bestimmungen des sogenannten organischen Ediktes
wurde am 1. Februar 1810, also vor 100 Jahren, die im
Jahre 1790 gegründete Tierarzneisclmle völlig u m ge¬
staltet, man könnte sagen : n e u g e s r li a f f e n
Wie angeführt, bestand vom Jahre 1790—91 das Lehrpersonal
der Tierarzneischule (Veterinärschule) nur aus einem Professor; von
da ab wurde ein zweiter Professor und ein Schmiedlehrer aufgestellt.
Diese Hilfskräfte wechselten beständig und vom Jahre 1805 ist in
der Geschichte der Münchener Vetorinärse.liule von einem zweiten
Professor nichts mehr erwähnt, sondern die Hilfskraft führte den
Titel Prosektor und Repetitor. Der erste Professor Dr. W i 11 war
zugleich Mitglied der medizinischen Universitätsfakultät, behandeln¬
der Arzt und Landestierarzt und hatte als solcher beim Herrschen
von Seuchen oft längere Zeit von der Schule abwesend zu sein. Das
Dienstpersonal an der Schule bestand aus einem Unteroffizier als
Elevenaufseher, einem Hausknechte und einer Hausmeisterin. Die
Vorbildung der Zöglinge anhetroffend, wurde erst in dem Reskripte
vom Jahre 1800 gefordert, daß dies*» des Lesens und Schreibens
kundig sein müssen. Trotzdem, und obgleich die Eleven an der
Schule freie Verpflegung genossen, war der Zugang von solchen ein
sehr geringer. Höchst mangelhaft in Bezug auf Wissen und Können
waren unter diesem Verhältnissen natürlich auch die von der Schule
abgegangenen Tierärzte». Die geringen Leistungen dieser Tierärzte
veranlaßen denn auch die oben mitgeteilten verschiedenen Ver¬
handlungen und Versuche, Besserung zu erzielen. Zu den letzteren
gehörte insbesondere auch der Versuch, die Yeterinärschule mit der
chirurgischen Schuh» zu verbinden und Wundärzte etc. zu Tierärzten
auszubilden. Das Endergebnis der eingangs angeführten Verband-
81
lungen, welches im organischen Edikte zum Ausdrucke und dann
zur Ausführung gelangte, war ein glückliches.
Die wesentlichsten Punkte der Reorganisation, der
jetzt Zentral-Veterinärschule genannten Anstalt, zusammen-
gefaßt, lauteten: Aufstellung von 3 Professoren, Beibehal¬
tung cles Schmiedelehrers, Entlastung des dirigierenden
Professors durch Aufstellung eines eigenen Ökonomen. Die
Vermehrung der Lehrattribute und Vervollkommnung der
vorhandenen Attribute, Erweiterung des Unterrichtes, die
Bestimmung, daß die Aufnahme der Eleven nicht mehr an
die Erlernung des Hufschmiedgewerbes, wohl aber an den
Nachweis einer b e s t i m m t e n Vo r b i 1 d u n g gebunden
sei; endlich Vermehrung des Dienstpersonals.
Die Bestimmungen des Ediktes brachten den aus der Schule
hervorg*\gangenen Tierärzten auch Einiges zur Sicherung ihrer Exi¬
stenz. Wie mitgeteilt, wurde ihnen ein bestimmter Wirkungskreis mit
der Befugnis Tierkrankheiten zu behandeln, zugewiesen und bewerk¬
stelligt, daß sie von den Gemeinden der jeweiligen Gerichtsbe/.irke
Susfentationsbeiträge ausbezahlt erhielten; es wurde ihnen Schutz
vor Pfuschern gewährt. Ferner bestimmte das Edikt, daß die Tier¬
ärzte in erster Linie als Besohaumänner herangezogen werden sollen,
wenn es sich um die Frage handle, ob Fleisch von Tieren für den
menschlichen Genuß tauglich sei oder nicht, außerdem erklärte das
Edikt, daß durch die Tierärzte die künftigen Anordnungen hin¬
sichtlich des Landbeschälwesens in Kraft gesetzt werden sollen,
endlich wurden die Tierärzte als Organe zur Bekämpfung der
Seuchen bestimmt.
Man darf wohl sagen, daß mit den letzten 3 An¬
ordnungen des Ediktes das staatliche Veterinärwesen
in Bayern seinen Anfang nahm. Dieser war allerdings, soweit
es sich um die Bekämpfung von Seuchen handelte, für die Tierärzte
kein idealer, da ihnen hiebei nur die Rolle von Gehilfen der
Gerichtsärzte zugewiesen wurde."
Sicherlich ist abe r d er 1. F e b r u a r d e s
Jahres 1810 als der erste w i c h t i g e günstige
We n d e pu n k t de r E n t wicklnng der bayeri¬
schen tierärztli c h e n B i 1 d u n g s s t ä 11 e, ferner
als erste Eta pp e des staatlichen bayeri-
s c h e n V eterinärw e s e n s z u b e z e i c h n e n und
es war daher gewiß angezeigt, an das 100jährige Jubiläum
des Erlasses des organischen Ediktes zu erinnern. A.
Referat.
Schimmel: Mitteilungen aus der chirurgischen
Klinik der Reichs-Tierarzneischule in Utrecht. (Österreich.
Monatsschrift für Tierheilkunde, 1909, Nr. 10.) [Schluß.]
IV. Entropium der o h e r e n A u g e n 1 i d c r
mit d i f f u s e r b i 1 a t e r a 1 e r K e r a t i ti s be i e i n c m
P f e r d e.
82
Die Untersuchung eines schon länger mit einem Augen¬
leiden behafteten 7jährigen Ponyhengstes ergab folgendes:
Die oberen Augenlider waren so stark nach innen gerichtet,
daß die Zilien des linken oberen Augenlides zum Teil, die¬
jenigen des rechten ganz unsichtbar waren. Die Zilien und
auch die Lidränder scheuerten deshalb immer über die Cor¬
nea, diese fortwährend stark reizend, wodurch heftiges
Tränen, große Lichtscheu und chronische Keratitis ent¬
stand. Die Cornea war blauweiß verfärbt mit punkt¬
förmigen Substanzverlusten an vielen Stellen. Conjunktiva,
Sklera, Palpebra ebenfalls beiderseits stark chronisch ent¬
zündet; Absonderung eines mukopurulenten Produktes, das
in den inneren Augenwinkeln zu festen Krusten eintrock¬
nete. Visus stark gestört. Auch die unteren Augenlider
waren in der Nähe der lateralen Augenwinkel geringgradig
entropioniert. Fortwährendes Blinzeln; Lichtscheue bei
stark einfallendem Lichte.
Therapie: Rasieren der Haare am oberen linken Augen¬
lid, Reinigung, Desinfektion und Anästhesierung desselben
durch Injektion einer 5%igen Alypinlösung. Ausschneiden
eines halbmondförmigen Teiles der Haut und Nähen der so
entstandenen Wundränder mit steriler Seide (Knopfnaht).
Nach der Operation wurde Patient in einen Laufstand
gestellt. Anlegen einer Augenmaske oder Verbandes wegen
Kopfscheue unmöglich. Auch mußten deshalb nach 3 Tagen
die Instillationen einer l%igen Atropinlösung in die beiden
Augen, um eine Pellucidität der Cornea herzustellen, einge¬
stellt werden.
Nach 14 Tagen konnten die Nähte bereits entfernt
werden; Entropium vollständig, Photophobie nahezu ver¬
schwunden. Keratitis bedeutend besser.
Hierauf wurde am rechten Auge die gleiche Entro¬
pium-Operation mit ebenfalls günstigem Erfolge ausgeführt.
Vollständige Heilung nach kaum monatlicher Be¬
handlung.
V. K o m p 1 i z i e rte Fraktur der Nasen-
b e i n e b ei eine m P f e r d e.
Eine 3jährige Stute war durchgegangen, gegen eint*
Mauer gerannt und hatte sich bei dieser Gelegenheit eine
schwere Kopfverletzung zugezogen.
Untersuchungsbefund: Auf dem Nasenrücken V-för¬
mige Hautwunde mit herabhängendem Hautlappen, wodurch
eine dreieckige Fläche des knöchernen Nasendaches bloßlag.
Ein Teil davon war des Periostes beraubt. Nasenbeine frak-
turiert, rechts von der Medianlinie nach innen gedrückt. Die
83
Impression dehnte sich soweit nach unten aus, daß die Haut
von der knöchernen Unterlage losgetrennt und ein taschen¬
förmiger Raum entstanden war. Besonders in der Bewegung
dyspnoisches Geräusch; Ausfluß von wenig blutiger Flüssig¬
keit aus beiden Nasenlöchern.
Therapie: Im Notstalle Abrasieren der Haare in der
Nähe der Wunde; Reinigung und Desinfektion derselben
mit lVooiger Sol- Sublimat. Nach Entfernen eines Knochen¬
splitters wurde durch die auf diese Weise entstandene Öff¬
nung versucht, die Knochenstücke aufzuheben, was aber
mißlang. Anlage eines 4 cm langen Längsschnittes am un¬
teren Ende des Hautlappens, wodurch nun die Impression
der frakturierten Nasenbeine mittelst einer gebogenen
Schere bequem aufgehoben wurde. Entfernen eines Teiles
des linken und rechten Nasenbeines, wodurch der breite
obere Rand des Septums in einer Ausbreitung von einigen
Zentimetern bloßlag, während an beiden Seiten die oberen
Conchae sichtbar waren. Umschlagen des Hautlappens nach
oben und Vereinigung der Wundränder durch Knopfnähte.
Tägliches Ausspritzen der Wunde mit l°/ 00 iger Sol. Subli¬
mat., wobei ein Teil der in die Öffnung im Nasenbein ein¬
geführten Flüssigkeit durch das rechte Nasenloch heraus¬
kam. Trotzdem aus Wunde und Nasenlöchern eine große
Menge Eiter abfloß und ein nekrotisiertes Hautstück ent¬
fernt werden mußte, trat nach dreiwöchentlicher Behand¬
lung Heilung ein. R a b u s.
Verschiedenes.
Etat für Tierzucht in der bayerischen Kammer der Ab¬
geordneten.
Vom Regierungstische wurde beantragt, der Landtag
wolle sich damit einverstanden erklären, daß diejenigen Tier¬
zucht-Inspektoren, welche nach Dienstalter und Qualifikation
vor der Anstellung zum Bezirkstierarzt stehen, zu Bezirks¬
tierärzten außer dem Status in etatsmäßiger Eigenschaft er¬
nannt und ihre Pensionen auf die Staatskasse übernommen
werden. Während der Zeit ihrer Verwendung als Tierzucht-
Inspektor soll der Gehalt aus der Staatskasse ruhen. Dieser
Antrag bezweckt, tüchtige Tierzucht-Inspektoren der Hebung
der Tierzucht zu erhalten. — Im Etat ist der Posten für
Hebung der Tierzucht überhaupt gegenüber dem letzten
Etat um 20 000 Mk. gekürzt (von 500 000 auf 480 000 Mk.),
was mit der mißlichen Finanzlage begründet wird. Der Refe¬
rent beantragt, die Position in der alten Höhe mit 500 000
Mark einzusetzen. In der vorigen Session war dieser Posten
84
voii 430 000 auf 500 00 Mk. erhöht worden. Die Kedner aller
Parteien sprachen sich für die Wiedereinsetzung von 500 000
Mark aus. — Gegen den Regierungsantrag, betreffend die
Zucht-Inspektoren, erheben sich formelle Bedenken, da
das Beamtengesetz ein „Ruhen“ des Gehalts eines etats-
mäßigen Beamten nicht kennt. Zwecks Behebung dieser
Schwierigkeiten wird der Antrag vorläufig zu rück gestellt,
um ihn eventuell im Plenum wieder einzubringen. — Ein
Abgeordneter will auch praktische Landwirte als Zucht-
Inspektoren zugelassen wissen, wie die jetzigen Zucht-In¬
spektoren mit tierärztlicher Vorbildung. (Tagespresse.)
Etat der Tierärzte in der bayerischen Kammer der Ab¬
geordneten.
Bei der Beratung des Etats der Tierärzte in der Kam¬
mer der Abgeordneten gab der Posten „Reisekosten“ mit
102 000 Mk. Veranlassung zu einer längeren Debatte. Der
Minister bezeichnet diese Summe als hinter dem tatsäch¬
lichen Bedarf noch zurückbleibend *). — In Zugang kommt
ein bisher nicht mitgezählter Bezirkstierarzt bei der Polizei¬
direktion, dessen Gehalt nach wie vor auf Hundegebühren¬
fonds verrechnet wird. Dieser Bezirkstierarzt wird jedoch
nach dem neuen Hundesteuergesetz ab 1. Januar 1911 vor¬
aussichtlich entbehrlich. — Der Staatszuschuß an den Unter¬
stützungsverein für die Hinterbliebenen bayerischer Tier¬
ärzte gibt Veranlassung zur wiederholten Aufrollung der
Frage einer Zentralisierung der verschiedenen TJnter-
stützungsvereine. — Der Etat mit 787 310 Mk. wird ge¬
nehmigt. (Tagespresse.)
Pferdemarkt ln Wels.
Der diesjährige erste Pferdemarkt der Stadt Wels in
Ober-Österreich wird am Donnerstag den 10. Feb¬
ruar in den Vormittagsstunden abgehalten werden. Der
Auftrieb ist ein ganz bedeutender, da regelmäßig über 1000
Pferde besserer Gattung und besonders schweren Schlages,
als Pinzgauer, Kärntner, aber auch böhmischer und unga¬
rischer Rasse zu Markte gelangen; auch ist die Beteiligung
der Käufer stets eine sehr rege.
*) Die fraglichen Kosten wurden bisher aus dein Etatsansatz
„Auf Vorkehrungen gegen Epidemien und Viehseuchen“ gedeckt
und werden diesmal gesondert angefordert.
8d
Standesangelegenheiten.
Nr. 1 und 2, 1910, der „Berliner Tierärztlichen Wochen¬
schrift“ bringen Mitteilungen über bedauerliche Vorkomm¬
nisse, betr. Kollegialität und die Wahrung der Standes¬
interessen seitens einzelner Tierärzte. Unter dem Titel „Berner
Doktoren“ berichtet Tierarzt Dr. N i colaus-Glogau in
Nr. 1 über einen in der viel gelesenen „Deutschen Tages¬
zeitung“ aus tierärztlichen Kreisen veröffentlichten Schmäh¬
artikel, welche sich mit der Promotion von Tierärzten an
der Universität Bern befaßt. Die Berner tierärztliche Fa¬
kultät nennt der betreffende Einsender des Artikels „Doktor¬
fabrik“, welche Tierärzte promoviert, die es nur bis zum
Einjährigen- oder Primanerzeugnis gebracht haben, er be¬
zeichnet es als erfreulich, daß die deutschen Regierungen
die Führung dieses im Auslande erworbenen Titels nicht
gestatten. Die deutschen Universitäten würden, so sagt er,
den Ast absägen, auf dem sie sitzen, wenn sie diesen Doktor¬
titel mit dem in Deutschland erworbenen gleichstellen wollten.
Dr. Nicolaus brandmarkt den bewußte Unwahrheiten
auftischenden Artikel, dessen Verfertigung, die unedle
neidische Gesinnung besonders noch dadurch markiert,
daß die Publikation gerade in eine Zeit fällt, zu welcher
das Promotionsrecht der tierärztlichen Hochschulen einen
Gegenstand der Verhandlungen der deutschen Regierungen
bildet. Tatsächlich kann die verwerfliche Tendenz des
Artikelschreibers nur die sein, durch öffentliche Herab¬
würdigung des Berner Doktortitels dessen Anerkennung in
Deutschland zu hintertreiben.
Professor Dr. Schmaltz weist in Nr. 2 der „Deutschen
Tierärztlichen Wochenschrift“ die Unrichtigkeiten nach,
auf deren Grundlage der Verfasser die Schlüsse in seiner
Schmähschrift konstruiert hat und äußert sich zum Schluß:
..Wie man auch den Artikel betrachtet, es bleibt nichts
übrig, als ein Angriff aus dem Hinterhalte, der einer
hämischen, frivolen Gesinnung entspricht.“ Dieser
Charakteristik muß jeder objektiv denkende und urteilende
Kollege beistimmen. Professor Dr. Schmaltz hat der
Deutschen Tageszeitung Antwort auf das Pamphlet zugehen
lassen, in welcher die Unrichtigkeiten, die der Einsender
der Schmähschrift in derselben auftischt, gekennzeichnet,
der gegen die Berner Fakultät gemachte Vorwurf widerlegt
und dargelegt ist, daß die Bedingungen, unter welchen in
Bern der veterinärmedizinische Doktorgrad erworben wird,
denjenigen gleich sind, welche auch in Deutschland an die
Erwerbung der Doktorwürde gestellt werden.
Nr. 2, 1910, der „BerlinerTierärztlichen Wochenschrift“
enthält noch eine weitere die Außerachtlassung der Kolle¬
gialität bekundende Mitteilung von Professor Pr. Schmaltz,
laut welcher ein Tierarzt einen Kollegen aus Mecklenburg
dem Staatsanwalt zur Anzeige brachte, weil dieser den in
Bern rite erworbenen veterinärmedizinischen Doktortitel
ohne Befugnis führe. Diesen seinen Schritt brachte der
erstgenannte Tierarzt in einem Schreiben der Tierärzteschaft
Mecklenburgs zur Kenntnis und motivierte sein Vorgehen
mit der merkwürdigen Angabe, er habe die Anzeige des¬
wegen erstattet, weil er sich nicht denken könne, daß sich
sein Kollege contra legem Doktor nenne; um hier Klarheit
zu erlangen, sei von ihm als der beste Weg erachtet worden,
den Spruch der Gerichte zu provozieren.
Das Verfahren des in Rede stellenden Tierarztes er¬
fuhr selbstverständlich im Vereine der mecklenburgischen
Tierärzte Mißbilligung und wurde der tierärztlichen Fach¬
presse zur Beurteilung übergeben. Professor Dr. Schmaltz
erklärt in dem angezogenen Artikel, daß er sich dem Urteile
der mecklenburgischen Tierärzte vollkommen anschließe.
Dem Ankläger sei weder Legitimation noch Berechtigung
zugekommen, einen Kollegen, welcher in der Schweiz
promoviert habe, zu denunzieren und müsse sich der
Kläger den Vorwurf, eine Standespflicht verletzt zu haben,
gefallen lassen. Wenn derselbe in dem Glauben gewesen,
der Berner Doktor begehe mit der Führung des Titels ein
Unrecht, oder etwas (lern Stande nicht Würdiges, so wäre
der Weg angezeigt gewesen, sich an den tierärztlichen
Landesverein zu wenden. Dieser Beurteilung ist nichts
beizufügen.
Die beiden Vorkommnisse, besonders das erste, sind
dazu angetan, das Ansehen des tierärztlichen Standes, zu
dessen Hebung sich jeder Tierarzt als verpflichtet erachtet
halten muß, schwer zu schädigen. Das Heraustreten mit
solchen, der Kollegialität hohnsprechenden Auswüchsen un¬
edler Gesinnung in die Öffentlichkeit ist um so bedauer¬
licher und verwerflicher, als wir, wie Kollege Nicolaus ganz
richtig sagt, gerade jetzt vor für unsere Standesverhältnisse
einschneidenden Entscheidungen (Promotionsrecht, Ve-
terinäroffizierskorps) stehen. Das Standesbewußtsein, das
Standesinteresse und die Kollegialität erheischen gebieterisch,
Angelegenheiten, die der Ehre des tierärztlichen Standes
und derjenigen des Einzelnen innerhall» desselben Nachteile
bringen könnten, als streng innere zu betrachten und dem¬
gemäß zu behandeln. Wege hierzu sind Einholung des
87
Urteiles anderer Kollegen oder Überweisung zur Beurteilung
an die zuständigen tierärztlichen Vereine. A.
Besoldung der Tierärzte in den deutschen Kolonien.
Nach dem Reichstage zugegangenen Anträgen soll
der Gehalt der Kolonialtierärzte künftighin 3300—6000 Mk.
betragen; dazu kommt eine Zulage von 3600 Mk., so daß sich
dann die Gesamteinnahme auf 6900—9600 Mk. stellt; weiter
werden Alterszulagen von je 400 Mk. nach 9, 12 und 15
Dienstjahren gewährt. Die höchste Einnahme beträgt dann
10 800 Mk. Bisher betrug der Gehalt der Tierärzte in den
Kolonien 3300—5400 Mk. und 3600 Mk. Kolonialzulage,
also im Ganzen 6900—9000 Mk.
Bttcherschan.
Handlexikon der tierärztlichen Praxis. Von Dr. med. vet.
Gustav U e b e 1 e, ordentlicher Professor für Pharma¬
kologie und Therapie, Vorstand der Klinik für kleine
Haustiere und des Institutes für Hufkunde an der Kgl.
'tierärztlichen Hochschule, außerordentliches Mitglied des
Kgl. Württ. Medizinalkollegiums in Stuttgart. Mit zwei
Orientierungstafeln. Ulm 1910. Verlag von Ebner.
Preis 10 Mk.
Verfasser hat den Inhalt des Werkes in folgende Abschnitte
gegliedert: 1 Heilmittelgruppe, nach Indikationen alphabetisch zu-
sainniengestellt; 2. alphabetisches Heilmittelverzeichnis; 3. Diagnose
und Therapie der wichtigsten Krankheitszuständo; 4. Rezepten-
sammluitg.
Im Abschnitte 1 bespricht der Verfasser die Art der Wirkung
der Heilmittel der betreffenden Gruppe, die Indikationen, die Mittel
zur Erfüllung der Indikationen, sowie deren Kontraindikationen; in
Abschnit 2 werden die einzelnen Heilmittel nach Zusammensetzung,
physikalischem Charakter und Wirkung behandelt und im 3. Ab¬
schnitte wird zuerst die Diagnose der wichtigsten Krankheiten, dann
die Prophylaxe und Therapie derselben erörtert. Dem Inhalt dieser
3 Abschnitte, besonders aber demjenigen der Abschnitte 1 und 3 des
Werkes werden Tierärzte und Studenten das meiste Interesse ent¬
gegenbringen. Verf. hat im I. Abschnitte die Wirkung der einzelnen
Heilrnittelgruppen nicht lediglich trocken aufgeführt, sondern diese
ist unter strikter Berücksichtigung der Physiologie und allgemeinen
Pathologie besprochen. Im 3. Abschnitte findet der Leser Diagnose
und Therapie der einzelnen Krankheiten, trotz der Kürze, deren
sich der Verfasser befließ, recht gründlich dargestellt. In Bezug
auf die Diagnose hat sich Verfasser wiederum nicht auf die An¬
führung der einzelnen Symptome beschränkt, sondern beschäftigt
sich hier auch mit den kausalen Momenten und ihre Beziehungen
zu den Symptomen, so daß schon aus dem jeweiligen Absätze
.Diagnose“ auf die Prophylaxe, welche Verfasser in je einem be¬
sonderen Absätze behandelt, geschlossen werden kann.
88
Diese Abteilung des Buches gibt dem Tierarzte die Möglichkeit,
sich in Zweifelsfallen mühelos und rasch die nötigen Anhaltspunkte
zur Diagnosestellung und zum therapeut. Wirken zu erholen und er
wird, vorausgesetzt, daß ihm der erforderliche Fond von Kenntnissen
über Diagnostik im allgemeinen und allgemeine Therapie zu Gebote
steht, selten benötigt sein, sich noch in Werken über spezielle
Pathologie und Therapie Rat zu suchen. Tierärzte, welche in die
Apotheke rezeptieren, finden in dem Werke eine Sammlung von
945 nach Organ- und Indikationsgruppen geordneten Rezeptformeln
mit Augabe der Preise für die zubereiteten Arzneien. Ein genaues
Gesamtregister erleichtert den Gebrauch des jedem Kollegen nicht
nur zur Verwendung für die Praxis, sondern auch zum Studium
höchst empfehlenswerten Lexikons. A.
Personalien.
Auszeichnung: Dem Kgl. Professor an der Tierärztlichen
Hochschule in Hannover, Fr ick Hermann, wurde der Preuß. Rote
Adlerorden IV. Klasse verliehen.
Er n eiln unge n: K no 11 Gust. in Wangen (Alg.) zum Distrikts¬
tierarzt daselbst: Dr. Walter, Assistent in Nordhausen zum Assi¬
stenten an der Tierärztlichen Hochschule in Dresden. Dr. Zeh aus
Mainbernheim zum Assistenten der Landwirtsehaftskammer in Halle.
Approbationen: in München die Herren Danner Alfons
aus Pillkofen (Ndby.) und Sehiestl Otto aus Preising.
Promotion: Zum Dr. med. vet. in Bern Tierarzt Otto Preuß
in Kottbus.
Gestorben: 8 e li w i n gh a m ui er Nikolaus, Kgl. Oberstabs¬
veterinär in Saargemünd (1878).
ZBel^SLr^rLtrnLa.ctLU.rLg:-
Am 1 . April nächsthin ist dahier die Stelle des
Sclilaclithot-IMrektors,
womit der Genuß einer Dienstwohnung verbunden ist, zu besetzen.
Die Anstellung erfolgt zunächst für die Dauer eines Probe¬
dienstjahres und auf gegenseitige dreimonatliche Kündigung. Nach
Ablauf des Provisoriums kann definitive Regelung der Anstellungs-
Verhältnisse erfolgen.
Für die Gewährung von Ruhegehalt und llinterbliebenen-
Versorguug sind die Satzungen der städtischen Pensionsanstalt
maßgebend.
Privatpraxis ist nicht gestattet.
Bewerber, welche bereits in der Leitung größerer Schlaehthof-
Anlagcn tätig gewesen, wollen ihre Meldungen nebst Lebenslauf,
Nachweis der Befähigung zum beamteten Tierärzte, sowie sonstigen
Zeugnissen über seitherige Tätigkeit und einem amtsärztlichen
Gesundheits-Zeugnisse unter Angabe der Gehnltsanspniche bis
längstens 10. Februar lfd. Jrs. beim unterfertigten Bürgermeister-
amte einreichen.
Ludwigshafen am Rhein, den 15. Januar 1010.
Das Bürgermeisteramt.
Oruck von J. Gotteswinter, München. — Kommissionsverlag: M. K i ege r sehe
Universitfttsbuehhandhing, München. OdeoiiHplatz ‘2.
Münchener
(frMier: WocHenscHrilt für Tierheilkunle und Viebzncbt).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jalirg. München, den 8. Februar 1910. Nr. 6.
Inhalt: Originalartikel: Pfab: Trepanation beim Rinde.
(Fortsetzung.) — Schmitt: Hochgradige Harninfiltration bei
einem Ochsen. — Haag: Mastdarmvorfall bei Schweinen. —
Referate: Worbs: Aus der Praxis. Damm^nn und Freese:
Der Milzbrand beim Schweine. Bogdan: Modifizierung der
Hautdesinfektion des Operationsfeldes nach Grossich. — Tier¬
zucht und Tierhaltung: Kartoffeltrockenverfahren „Pap-
ka“ mit Eiweißgewinnung. Herabsetzung der Verdaulichkeit
der Milch durch zu hohes Erhitzen. Generalversammlung des
Vereins zur Förderung der Pferdezucht in Bayern (e. V.).
Ankauf von Deckhengsten. Pferdeschutz. — Verschie¬
denes: Das Veterinär-Offizierskorps. Ehrung. Frequenz der
Tierärztlichen Hochschule Lemberg. Viehseuchen-Nachrichten.
— Böcherschau. — Personalien.
Trepanation beim Rinde.
Von Distriktstierarzt A. Pfab, Rottalmünster.
(Fortsetzung.)
An Instrumenten verwende ich: 1. Schüdel-Per-
kussiönshammer, 2. Injektionsspritze, 3. Sicherheits-Rasier¬
messer, 4. geballtes Bistouri, 5. Nadeln und Ramie-Zwirn,
fi. Periostschaber, 7. Arterienklemme (Unterbindungs-Pin¬
zette), 8. zwei Trepankronen (2 und 2 1 /o cm Durchmesser),
!>. Knoehenschraube, 10. Knochenmeißel, 11. kurzen, starken,
scharfen Löffel, 12. Kornzange, 13. Dura mater-Messerchen,
14. 100 Gramm-Spritze; alles natürlich steril.
90
Außerdem sind 6—10 Liter abgekochtes, körperwarmes
Wasser bereit, genügend Therapogen und 1 Ampulle 1: 15
Novocain. Die Operation nehme ich an möglichst staub¬
freiem Platze vor. Kann ieh den Standplatz des Tieres be¬
nützen, tue ich es; doch ist es nicht allzuoft möglich, da —
zumal in der Winterszeit — die Lichtverhältnisse im Stalle
nicht besonders günstig sind. Im Sommer operiere ich am
liebsten im Freien, im Winter muß der Futtergang des
Stalles oder die Tenne als Operationsraum dienen.
Das Tier erhält eine knapp sitzende Strickhalfter. Die
Vorder- und Hinterfüße werden mit je einem dünnen Seile
an den Metakarpalien bezw. -tarsalien mit zwei Achtertouren
umschlungen; das Strick-Ende geht zwischen den Beinen
durch. Zwei Mann versorgen den Kopf. Unter langsamem
Zug gleitet nun das Tier sachte zu Boden. Das Ende des
Vorderfußseiles wird nun über den Touren zwischen den
Hinterfüßen durchgezogen und umgekehrt. Die beiden
Enden werden gut zusammengedreht und entweder von zwei
Mann gehalten oder an einem Ringe, Balken etc. festge¬
bunden. Mir ist diese Niederlegungsmethode bei Rindvieh
die liebste, weil man die Tiere ruhig zu Boden bringen kann
und keinen Fessel- oder sonstigen Wurfzeug benötigt. Liegt
das Tier, so kniet je ein Gehilfe zu Seiten des Kopfes, eine
Hand am Horngrund, eine im Halfter. Ein gut gebundener
dicker Strohbund kommt unter Hals und Kopf (Merkt).
Der Kopf ist nun leicht nach vorne geneigt, berührt aber
nicht mit der Nase den Boden; ist letzteres der Fall, so
sprühen die Tiere bei heftiger Exspiration von der Reini¬
gung und Operation ablaufende Flüssigkeit über Operateur
und Operationsfeld. Ein dritter Gehilfe sitzt, rittlings auf
der Schulter und drängt, mit den Händen die Hornansätze
umfassend, den Kopf nach vorwärts. Ein Mann sucht am
Schweife dem Zug an den Füßen das Gleichgewicht zu
halten. Der Operateur kniet vor dem Kopf des Patienten.
Nunmehr erfolgt gründliche Reinigung des geschorenen
Oberkopfes mit warmem Wasser und Seife. Hat man nicht
schon bei der Perkussion die Operationsstelle durch einen
kleinen Hautschnitt markiert, so perkutiere man jetzt noch
einmal und mache sich eine Marke. Die Operationsstelle
etwas tiefer zu wählen als die Perkussion ergibt, wie D i e m
empfiehlt, widerrate ich, da gerade bei einem Aufsägen der
Nasenhöhle bei der Exspiration nicht selten ein Spray von
Blut und Nasenschleim das Operationsfeld verunreinigt.
Nach erfolgter gründlicher Desinfektion der ganzen Stirne
inklusiveHornwulst injiziere ich je nach Größe des Patienten
91
0,5—lg Novocain, gelöst in 10—15 g Aq., im Umkreis der
ausgewählten Stelle. In der ganzen Literatur sucht nur der
einzige M ü n i eh durch Beträufeln des Periostes mit Cocain
dem Tiere den Schmerz zu erleichtern. Albrecht. ver¬
suchte die Chloroformnarkose, gab sie jedoch wieder auf.
Bei dem heutigen Stand der Lokalanästhesie halte ich
deren Anwendung bei jeder Trepanation für eine Pflicht des
Tierarztes und ich bin fest überzeugt, daß, wer einmal bei
Anästhesie trepaniert hat, diese Methode nicht mehr aufgibt.
Erst nach der Instillation des Novocains rasiere ich das
Operationsfeld. Währenddessen kann das Mittel zur Wir¬
kung kommen und ich brauche auf diese nicht eigens zu
warten.
Nochmalige Desinfektion und nun zur eigentlichen
Operation. Den Schnitt lege ich V-förmig an, nicht
zu klein, jeden Schenkel mindestens 6 cm lang. Der Haut¬
lappen wird zurückpräpariert und mit einer Naht auf den
Stirnwulst geheftet; hier ist er gut und bequem versorgt.
Periost wird zurückgeschabt und entfernt, doch lege ich
auf letzteres kein besonderes Gewicht. Ich habe in vielen
Fällen das Periost auch erhalten. Irgend einen Unterschied
in der Wundheilung habe ich hiebei nicht gefunden. —
Spritzende Gefäße unterbinde man. Jedoch braucht man
nicht zu ängstlich hiebei zu sein und etwa Vi Stunde oder
noch länger zu warten, bis auf der Operationsstelle kein
Tropfen Blut mehr auf tritt. Es entsteht aus ein paar Blut¬
tropfen kein Schaden, wie aus dem Weiteren hervorgeht.
Beim Ansetzen des Trepans achte man darauf, daß man
genau die beabsichtigte Stelle treffe. Zum Entfernen der
Knochenplatte verwende ich den gewöhnlichen Handtrepan
mit einem Durchmesser von 21/2 cm. Während des Aus¬
bohrens stützt sich die linke Hand fest auf den Nasenrücken
des Tieres. Man hat hiedurch einen sicheren Halt und be¬
freit die operierende Hand von dem Gewicht des Körpers.
So habe ich noch stets verhindert, daß bei unerwartet frühem
Durchschneiden des Knochens der Trepan in’s Gehirn ein¬
drang. Trepan und Knochenwunde reinige man mehrmals
von Knochenspähnen, am besten mit Watte. Den Dorn
schiebe man erst zurück, wenn er ein zum Ansetzen der
Knochenschraube genügendes Loch gebohrt hat. Nach einiger
Zeit versuche man, ob man mit der Knochenschraube die
Platte unter wiegenden Bewegungen heben kann. Doch
hüte man sich, zuviel Kraft anzuwenden, weil sonst das Loch
im Knochen sich zu stark erweitert und die Schraube ferner
92
keinen Halt mehr findet. Während des Durchsägens der
Knochenplatte verrät der Patient keinen Schmerz, jedoch
tritt dieser sofort ein, so bald die Sägezähne die Auskleidung
der Stirnhöhle oder die Gehirnhäute berühren. Ist dies der
Fall, so suche man abermals die Knochenplatte mit der
Schraube, event. unter Mithilfe eines Meißels, auszubrechen.
Gelingt dies nicht, so säge man mit dem Trepan auf der
starren Seite weiter, jedoch mit größter Vorsicht, damit man
die Meningen nicht verletze. Ärgerlichen Aufenthalt können
Knochenspangen der Stirnhöhle bieten. Leicht tritt dieser
Fall ein, wenn man die vorgewölbte Tabula interna seitlich
oder zu tief trifft. Langsames Ausbohren bei etwas seitlich
angesetztem Trepan führt auch hier zum Ziele. Ist die
Knochenplatte entfernt, so drängt sich im günstigen Falle
das Gehirn kugelförmig vor.
Man lasse sich nun nicht verführen, sogleich die Dura
zu öffnen, sondern sorge 1. für eine frische körperwarme
Desinfektionsflüssigkeit, 2. entferne man am besten mit
scharfem Löffel und Kornzange alle prominenten Knochen¬
teile, Spitzen, Reste der Tabula interna etc.
Ist dieTabula interna nicht vollkommen eingeschmolzen,
so liegt sie manchmal als dünne Lamelle der Dura auf und
ist mit der Kornzange leicht auszubrechen.
Ist die Stirnhöhle noch erhalten, was stets der Fall ist,
wenn die Perkussion nicht einwandfrei war, so entferne man
die T. interna mit der kleinereu Trepankrone. Für das Auf-
meißeln bin ich aus dem Grunde nicht eingenommen, weil
dazu meist eine größere Öffming des Stirnknochens, als
meine 2,5 cm-Trepankrone ergibt, nötig ist. Das Entfernen
der T. interna mittels Trepans ist mir noch stets gelungen,
natürlich muß man der Knochenwölbung entsprechend even¬
tuell etwas schief ansetzen und zum Ausheben die Knochen¬
schraube und Ivornzange sehr vorsichtig gebrauchen.
Ist die Schädelöffnung sorgfältigst von Knochenspitzen
und -spähnen etc. gereinigt, so mache man sich erst an die
Öffnung der Dura mater. Iliezu benütze ich ein eigenes In¬
strument. Ich möchte es Dura - Messerchen nennen. Das¬
selbe hat folgende Gestalt (siehe Figur) :
Der Teil a b hat oben eine Schneide, unten ist er
stumpf, die Spitze sehr scharf. Die Klinge nicht stärker als
eine große Heftnadel nach de Hagedorn. Hauptner
stellt es her. Ein eigenes Instrument zur Öffnung der Dura
mir zu verschaffen, wurde ich dadurch veranlaßt, daß die
Öffnung mit einem spitzen Bistouri in allen Fällen, in denen
das Gehirn nicht bis an den äußeren Knochenrand vordringt,
seine Schwierigkeiten bietet. Man muß die Klinge steil
halten und verletzt dabei nicht selten die gefäßführende
Pia mater. Bei oberflächlicher Lage kann auch die Blase
selbst angestochen werden. Diese Eventualitäten sind mit
dem Dura - Messerchen zu vermeiden. Die Biegung der
Klinge gestattet selbst bei ziemlicher Entfernung zwischen
Deckknochen und Dura diese in der Wagrechten anzu-
schneiden. Da es außerdem klein und handlich ist,
kann es ohne Mühe jedem Trepanationsbesteck einverleibt
werden.
Ist die Dura durchschnitten, so wölbt sich, wenn auf
dieser Gehirnseite eine größere Blase vorhanden, das Gehirn
auf alle Fälle vor. Wölbt es sich nicht vor, so kann man
als bestimmt annehmen, daß in dieser Hemisphäre überhaupt
keine Blase oder diese nur klein und in den hintersten Par¬
tien des Gehirns gelegen ist. Will man nicht sein Glück auf
der anderen Seite versuchen, was ich aber empfehle, so kann
inan die Operation ohne Skrupel abbrechen. Als ein sehr
ungünstiges Omen fasse ich auch das Abfließen von etwas
Flüssigkeit aus dem Subduralraum bei der Eröffnung der
Dura auf. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß in solchen
Fällen immer eine Vielzahl von Blasen vorhanden war.
Von solchen Zwischenfällen abgesehen, lasse ich nach
der kreuzweisen Durchschneidung der Dura den Strohbund
entfernen und den Kopf des Tieres senkrecht, also auf das
Flotzmaul und zwar auf ein am Boden ausgebreitete's Leinen¬
tuch stellen. Liegt die Blase oberflächlich, so dringt sie jetzt
aus der Öffnung. Man ziehe nicht, zu früh an derselben,
sondern lasse sie durch ihr eigenes Gewicht so weit, als mög¬
lich austreten. Platzt die Blase, was meist vorkommt, so
fasse man sofort zu und entbinde sie mit leichtem Zuge.
Beim Platzen der Blase entleert sich ein Teil der Flüssig¬
keit. sprudelnd aus der Öffnung. Meist wird auch ein Teil
in’s Gehirn zurückfließen. Dringt die Blase nicht vor, so ist
das Aufsuchen derselben im Gehirn nötig. Davon, daß dies
richtig geschieht, hängt großenteils der Erfolg der Ope¬
ration ab.
1
F'
95
4 .
96
Hochgradige Harninfiltratlon bei einem Ochsen.
Von Distriktstierarzt Schmitt, Auerbach.
Ein Ochse hatte eine Entzündung der Vorhaut, die
sich durch eine längliche, schmerzhafte Anschwellung vom
Vorhaut-Ende bis zum Hodensacke bemerkbar machte; der
Harnabsatz war nicht behindert. Durch Einreibungen, ver¬
bunden mit feuchtwarmen Umschlägen, wurde die Schwel¬
lung weich. Es entleerte sich nach innen eine größere Menge
von Eiter und jaucheähnlicher Flüssigkeit. Ein abgestor¬
benes Hautstück verlegte die Ausflußöffnung der Vorhaut.
Der Harn bahnte sich deshalb im Unterhautzellgewebe einen
Weg zwischen den Hinterschenkeln hindurch an der linken
Bauch- und Brustwand entlang. Diese Infiltration endigte
zwischen den Vorderfüßen in einer rundlichen, kegelkugel¬
großen Anschwellung. An 9 Stellen wurden Einschnitte ge¬
macht, aus denen sich der Harn ergoß. Aus den Inzisionen
hing nach einiger Zeit abgestorbenes Unterhautzellgewebe,
das einen hochgradigen Gestank verbreitete. Die Behand¬
lung desTieres dauerte 3Monate, bis es als geheilt bezeichnet
werden konnte.
Bemerkt sei, daß während der ganzen Krankheitsdauer
die Temperatur nur an einem einzigen Tage fieberhaft (40,5)
erhöht war, dagegen die Freßlust zeitweise zu wünschen
übrig ließ. (Jahresberichte bayer. Tierärzte.)
Hastdarmvorfall bei Schweinen.
Von Distriktstierarzt Haag, Wörth.
Bei 5 hochträchtigen Schweinen hatte ich Gelegenheit.
Prolapsus recti festzustellen. In den meisten Fällen bestand
außerdem noch Blasenuberfiillung und hochgradige Ver¬
stopfung, weshalb die Behandlung sich zuerst gegen diese
letzteren Leiden richtete. Mit einem Katheter entleerte ich
die Blase (in einem Falle wurden zirka 8 Liter Urin ent¬
leert), reponierte darauf den Darm, was durch Emporziehen¬
lassen der Hinterfüße derTiere wesentlich erleichtert wurde,
und führte dann ein Mastdarmpessar nach Bebele ein.
Das Instrument wurde durch Nähte in seiner Lage fest ge¬
halten. Tags darauf entfernte ich es und machte ein aus¬
giebiges Klystier mit lauwarmem Therapogenwasser, wobei
sich aufgestauter Kot in großen Massen entleerte. — Die
Tiere erholten sich rasch wieder; ein Schwein brachte am
l äge nach der Beposition 15 gesunde Ferkel zur Welt.
Tage nach der Beposition 15 gesunde Ferkel zur Welt.
(Ibidem.)
97
Referate.
Worbs: Aus der Praxis. (Tierärztl. Zentralblatt,
1909, Nr. 30.)
Verf. bestätigt die gute Wirkung des von Wohl-
in u t h empfohlenen Thigenolspiritus bei Rheu¬
matismen, macht aber noch weiter darauf aufmerksam,
daß derselbe bei nervösen Affektionen von nicht
zu unterschätzender Bedeutung sei. So erzielte Autor bei
der Behandlung von Facialislähmung bei einem Pferde, bei
aktiver Gehirnhyperämie bei einem Pferde und Rinde, bei
einem Tobsuchtsanfall bei einem Schweine und Nachhand¬
lähmungen bei Hunden überraschend schnelle Heilerfolge.
Folgende Zusammensetzung ist empfehlenswert: Spirit,
c-amph. 140,0, Thigenol 10,0, Acid. salicyl. 5,0.
R a b u s.
D a m m a n n und Freese: Der Milzbrand beim
Schweine. (Deutsche Tierärztl. Wochenschr., 1909, Nr. 38.)
Der früher von einigen Autoren vertretene Stand¬
punkt, daß Milzbrand beim Schweine überhaupt nicht vor¬
komme, ist nunmehr einwandfrei mehrfach widerlegt. In
den letzten Jahren haben sich die Mitteilungen über den
Schweinemilzbrand so gehäuft, daß die Erkrankung nicht
einmal mehr als große Seltenheit bezeichnet werden kann.
Nach der Feststellung der Autoren, die die Krankheit seit.
Jahren studiert haben, tritt sie in zwei Hauptformen, näm¬
lich als Rachen- und Darmmilzbrand auf, die ihrerseits
wieder vom pathologisch-anatomischen Gesichtspunkt aus
in je drei Variationen eingeteilt werden können.
I. Rachenmilzbrand, a) Gewöhnliche Form:
Neben den Veränderungen am Pharynx beobachtet man
auch die für Milzbrand sonst charakteristischen Merkmale:
akuten hyperämischen Milztumor, teerartige Beschaffenheit
des Blutes, Petechien, Trübung und Schwellung der großen
Körperparenchyme. Verlauf meist akut. — b) Außer den
Veränderungen am Pharynx treten eigenartige Knoten in
der Milz auf; diese ist im übrigen von normaler Beschaffen¬
heit oder höchstens leicht hyperplastisch geschwollen. Auch
das Blut zeigt keine wesentlichen Abweichungen von der
Norm. — c) Es finden sich nur Pharynxveränderungen. (Bei
b und c Krankheitsdauer meist etwas länger.
Die Anthraxbräune erstreckt sich auf die ganze Rachen-
und vielfach auch auf die hinteren Partien der Maulschleim¬
haut. Oft besteht Mandeldiphtherie. Die retropharyngealen
98
Lymphdrüsen sind bei akutem Verlauf stark geschwollen,
sehr feucht und auf der Schnittfläche dunkel- oder braunrot
verfärbt; bei mehr chronischem Verlauf zeigen sie auch noch
Nekroseerscheinungen, besitzen jedoch immer noch einen ge¬
wissen Feuchtigkeitsgehalt.
Bei Form a sind die Bazillen, wenn der Kadaver nicht
sehr faul ist, ohne besondere Schwierigkeit in Milz oder Blut
bakterioskopisch zu ermitteln, wenn sie sich auch beim
Schwein gewöhnlich nicht in so großen Mengen vorfinden
wie beim Rind. Bei Form b führt allein die Untersuchung
eines Ausstriches aus den retropharyngealen Lymphdrüsen
oder aus den Milzkarbunkeln zu einem sicheren Ergebnis,
während die der eigentlichen Milzpulpa und des Blutes unter
Umständen kein Resultat ergibt. Die Karbunkel sitzen als
linsen- bis haselnußgroße Knoten von schwarzroter bis grauer
Farbe im Milzgewebe, sind von derberer Konsistenz als
dieses, grenzen sich von der Umgebung deutlich ab und sind
auf der Schnittfläche verhältnismäßig trocken; sie stellen
das Produkt einer zirkumskripten, hämorrhagischen Ent¬
zündung dar, an die sich Nekrose angeschlossen hat. Bei
Form c eignen sich nur die geschwollenen retropharyngealen
Lymphdrüsen zum Nachweis der Bazillen.
An den bei b und c gefertigten Präparaten fällt neben
der ungewöhnlich großen Zahl der vorhandenen Milzbrand¬
bazillen vielfach auch ein eigentümliches Aussehen auf, das
sich von dem der Erreger des Rinderinilzbrandes unter¬
scheidet. Man findet nämlich neben Bazillen von gewöhn¬
licher Form auch solche von eminenter, über das ganze Ge¬
sichtsfeld hinziehender Länge, mit stark ausgeprägten Kap¬
seln, dagegen schwacherFärbbarkeit des eigentlichen Leibes;
es handelt sich hier um eine Degenerationserscheinung. Die
Milzkai'bunkel und retropharyngealen Lymphdrüsen ent¬
halten hochvirulente Bazillen in großer Menge.
II. Darmmilzbran d. Pharynx und Umgebung
sind vollständig frei von Veränderungen, so daß man an¬
nehmen muß. daß der Erreger vom Darm aus in den Körper
gelangt ist.
a) Es besteht, ähnlich der beim Rind gewöhnlich vor¬
kommenden Form, ausgesprochene Milzbrandseptikämie mit
akutem hyperämiscliem Milztumor, teerartiger Besehaflen-
heit des Blutes etc. — b) Neben mehr oder weniger stark
ausgeprägten Veränderungen am Darm und den zugehörigen
Lymphdrüsen kann man nur die Karbunkeln in der sonst
normal aussehenden oder höchstens hyperplastisch geschwol-
99
lenen Milz nachweisen. Form b verläuft etwas chronischer
als a. — c) Eine dritte Form mit ausschließlicher Verände¬
rung des Darmes bei normaler Milz- und Blutbeschaffenheit
wie denkbar, ist jedoch noch nicht bekannt.
Bei Darmmilzbrand des Schweines ist der Dickdarm
unverändert, die Dünndarmentzündung oft nur gering und
nur auf einzelne Teile beschränkt. Man sieht fast aus¬
schließlich lediglich Schwellung und Rötung der Darm¬
schleimhaut und nur sehr selten eine ausgesprochen hämor¬
rhagische oder bei längerer Krankheitsdauer eine hämor¬
rhagisch-diphtherische Entzündung. Die Darmdrüsen zeigen
die gleichen Veränderungen wie die Retropharyngealdrüsen;
es sind stets nur die Lymphdrüsen im Bezirk des erkrankten
Dünndarmabschnittes erheblich ergriffen.
Bei Form a sind die Bazillen wieder leicht in Milz
und Blut nachzuweisen, bei Form b in den Milzkarbunkeln
oder auch wohl in einer der veränderten Darmlymphdrüsen.
IH. AndereFormen. Zschokke hat einen Fall
von Hautmilzbrand beschrieben, während die Verf. einmal
Lungenmilzbrand beobachteten. Es fanden sich hier außer
schlechter Blutgerinnung, Ansammlung von Flüssigkeit in
den Pleurasäcken und einem Entzündungsherd in der Lunge
keine Abweichungen; insbesondere waren Milz und Pha¬
rynx ohne Veränderung. In dem erkrankten Lungenherde
waren bakterioskopisch und kulturell zahlreiche Milzbrand¬
bazillen nachzuweisen, während sie in den Ausstrichen aus
Milz und Blut mikroskopisch nicht ermittelt werden konnten.
L i n d n e r.
AladärBogdän: Modifizierung der Hautdesinfek¬
tion des Operationsfeldes nach Grossich. (Zentralblatt für
Chirurgie, Nr. 3, 1910.)
Da die Seifenwaschung des Operationsfeldes die nacli-
lierige Desinfektion mit Jodtinktur beeinträchtigt, ersetzt
Verf. diese durch mehrmaliges 1—2 Minuten dauerndes Ab¬
reiben mit Jodbenzin. Sodann wird das Operationsfeld mit
Jodtinktur bepinselt, nachdem diese in eine künstlich er¬
zeugte Ilautdelle gegossen wurde; die Haut soll einige Mi¬
nuten mit der Jodtinktur feucht gehalten werden, damit das
Desinfizienz in die Poren gut eindringen kann und auch die
Alkoholwirkung zur Geltung kommt. Bei 800 Operationen
bediente sich der Verf. dieser Methode mit dem vorzüg¬
lichsten Erfolge. L i e h t c n s t e r n.
luo
Tierzucht und Tierhaltung.
Kartoffeltrockenverfahren „Papka“ mit Eiweißgewinnung.
Die Überführung der Kartoffel in eine haltbare und
preiswerte Dauerware ist vom volkswirtschaftlichen Stand¬
punkt aus äußerst wichtig. Von der Gesamtkartoffelernte
des Jahres 1908 wurden nach Dr. Kehrend rund 465 Mil¬
lionen Doppelzentner verbraucht und zwar 130 Millionen
für menschliche Nahrung, 15 Millionen in der Stärke-Indu¬
strie, 190 Millionen zur Verfütteruug, 55 Millionen zur
Saat, 25 Millionen in der Spiritus-Industrie, während der
Rest, d. h. 50 Millionen Doppelzentner, durch Fäulnis, Frost
u. s. w. verloren ging. Dieses verloren gehende Quantum,
das einem Nationalwert von zirka 120 Millionen Mark ent¬
spricht, ließe sich durch geeignete technische Verfahren er¬
halten und würde dann, als Futtermittel verwendet, die bis
heute noch sehr hohe Einfuhr fremder Futtermittel (300
Millionen Mark) wesentlich reduzieren.
Die bis heute bekannten Kartoffeltrocknungsverfahren
unterscheiden in der Hauptsache zwei Arten der Trocknung,
nämlich die mit direkten Feuergasen und die indirekteTrock-
nung durch künstliche Wärme (Dampf etc.). Beiden Sy¬
stemen haften aber noch Mängel an; denn während das letz¬
tere, die sogenannten Kartoffelflocken liefernde System, ins¬
besondere in wirtschaftlicher Beziehung verbesserungsbe¬
dürftig ist, besitzt das die Kartoffelschnitzel liefernde erste
Verfahren hauptsächlich den Fehler, ein bezüglich seiner
Beschaffenheit und Verwendung als Futtermittel ungeeig¬
netes Produkt zu liefern.
Beide Übelstände beseitigt das auf Grund langer
Versuche als bewährt erwiesene Kartoffeltrockenverfahren
,,Papka“, welches auf dem Prinzip beruht, zunächst durch
Vakuum und Pressen der Kartoffel Wasser zu entziehen
und das Produkt durch künstliche Wärme zu trocknen. Aus
dem Feuchtwasser wird dabei außerdem noch Fflweiß ge¬
wonnen. Mit diesem Verfahren erzielt man ein wohlriechen¬
des, an Geschmack und Geruch dem frischen Brot etwas
ähnelndes, körniges Material, das entweder direkt zur Ver¬
bitterung gelangen kann oder zum Aufbewahren und fin¬
den Versandt zu Platten beliebiger Form gepreßt wird. Die
Analyse der gepreßten und ungepreßten Trockenkartoffeln
ergibt folgende Zusammenstellung; Wasser 11,50%, Fett
0,31 %, Rohprotein 3,73 % (davon 2,21 % Eiweiß), Asche
2,0(5%, Rohfaser 1,71 %, stickstoffreie Extraktstoffe 80,69% .
Das Preßgut wird zum Verfüttern zerkleinert, was leicht mit
der Hand gemacht werden kann, und je nach der Tierart mit
101
anderem Futter gemischt und angefeuchtet bezw. aufge¬
weicht. Die Fütterung mit diesen Trockenkartoffeln hat
bis jetzt sehr gute Resultate ergeben. (Aus: Teehn. Rund¬
schau, Nr. 45, 1909.) Jakob.
Herabsetzung der Verdaulichkeit der Milch durch zu hohes
Erhitzen.
Der japanische Forscher K i d a stellte Untersuchungen
über die Veränderung der Eiweißverdaulichkeit und des
Lezithingehaltes der Milch beim Erwärmen auf verschiedene
Temperaturen an und fand hiebei folgendes: Bei nicht er¬
wärmter Milch betrug die Menge des verdauten Eiweißes
78,0 %, beim Erwärmen auf 80° 06,7 %, beim Erwärmen
auf 90° 59,0 % und beim Erwärmen auf 100° 50,4 c /c. Die
Verdaulichkeit des Proteins nimmt also mit zunehmender
Erhitzung ständig ab.
Da Untersuchungen ergeben haben, daß Verdauungs¬
und Ernährungsstörungen bei Säuglingen, die ausschlie߬
lich mit sterilisierter Milch ernährt wurden, zum Teil auf
die durch das Erhitzen der Milch bedingte Abnahme im
Lezithingehalt zurückzuführen seien, hat K. diese Abnahme
näher bestimmt. Bei Erwärmung der Milch auf 80 0 nahm
der Lezithingehalt um 11,39 %, bei Erwärmung auf 100 0
um 21,22 % und beim Erwärmen über 100 0 um 22,17 0 ab.
Aus den Tabellen geht hervor, daß eine geringe Erwärmung
den ursprünglichen Lezithingehalt nur wenig vermindert,
daß dieser aber bis auf drei Viertel der ursprünglichen
Menge herabsinkt, wenn die Temperatur höher als 80° ge¬
nommen wird. (Aus: Mitteilungen d. Deutschen Landwirt¬
schafts-Gesellschaft, 1909, Stück 44.) M.
Generalversammlung des Vereins zur Förderung der Pferde¬
zucht in Bayern (e.V.).
Im großen Saale des Bayer. Landwirtschaftsrates fand
vor kurzem die Generalversammlung des Vereins zur Förde¬
rung der Pferdezucht unter dem Vorsitze des Präsidenten,
Grafen Max v. D r e c h s e 1, statt. Nach dem Jahres¬
berichte kann der Verein auf gute Ergebnisse der
Vereinstätigkeit zurückblicken. Der 2 7. M ii nchenc r
Pferdemarkt lieferte ein günstiges Resultat. Zu ge¬
führt wurden 1353 Pferde, hiervon 970 bayerische Pferde.
Das Geschäft auf dem Markte war so rege, daß fast sämt¬
liche Pferde verkauft werden konnten; 1190 wechselten den
Besitzer, hierunter 830 bayerische Pferde. Der Gesamt¬
umsatz betrug 1 530 000 Mark. Zur Prämiierung der bayc-
102
rischen Pferde wurden insgesamt 8 Hengste und 95 Stuten
vorgeführt und 4 Hengste und 54 Stuten prämiiert. An
Geldpreisen kamen für bayerische Pferde 9 315 Mark und
für Pferde aller Länder 5 050 Mark zur Verteilung. Die
Qualität des vorgeführten Materiales war sehr gut. Die
FohlenaufzuchtsanataltRitterswörth weist
einen Bestand von 158 Fohlen auf. Von diesen gehören dem
Verein 137 Stück und Privaten 21 Stück; die Sommerweide
Karlshof wurde am 10. Mai mit 64 Fohlen des Vereins
bezogen, welche bis Ende September auf der Weide ver¬
blieben. Der Durchschnittspreis für ein Vereinsfohlen be¬
trug 242 Mark. Der Remontean.kauf nahm einen
außerordentlich befriedigenden Verlauf. Es wurden im
ganzen 44 Vereins- und 10 Privatpferde vorgestellt und 41
Vereins- und 6 Privatpferde angekauft. Der Durchschnitts¬
preis betrug 982,4 Mark. Die Fohlenaufzuchts¬
anstalt Gammerhof weist einen Bestand von 65
Fohlen auf. Von diesen gehören dem Vereine 58 Stück
und Privaten 7 Stück. Die Weiden wurden am 1. Iuni be¬
zogen und am 23. September verlassen. Zum ersten Male
wurden am 5. April am Gammerhof aufgezogene Zucht¬
stuten an Züchter abgegeben. Es waren dies 14 dreijährige
Stuten, die gegen Revers zu einem Durchschnittspreise von
725 Mark an ebensoviele Züchter gingen. Die Rechnung
d e s Ve r e i n s schließt mit 157 765 Mark 27 Pfg. Ein¬
nahmen und 139 883 Mark 13 Pfg. Ausgaben. Dem Vereins¬
vorstand wurde Decharge erteilt. Der Etat pro 19 10
bilanziert mit 147 000 Mark in Einnahmen und Ausgaben;
er wurde genehmigt.
Ankauf von Deckhengsten.
Für das bayerische Landgestüt wurden jüngst in Ost¬
friesland durch den Landstallmeister Frhrn. v. Mähen
34 Deckhengste angekauft.
Pferdeschutz.
Gesetz gegen das Kupieren der Pferde
in Massachusetts.
Der Union-Staat Massachusetts in Nordamerika ver¬
bietet in seinem Strafgesetzbuche schon seit Jahren das Ku¬
pieren der Pferde. § 72 des Gesetzes lautet : Wer zum Zwecke
des Schwanzstutzens den Schwanzknochen eines Pferdes ab¬
schneidet, oder wer dieses veranlaßt, oder wissentlich auf
«lern Grundstück erlaubt, dessen Eigentümer, Pächter oder
Beniitzer er ist. oder wer bei solchem Beschneiden behilflich
103
oder anwesend ist, wird mit Gefängnis bestraft nicht über
1 Jahr oder mit einer Geldstrafe nicht unter 100 und nicht
über 300 Dollars. Wird auf dem Grundstück oder unter der
Aufsicht oder Obhut einer Person ein Pferd mit einem der¬
artig beschnittenen Schwanz, dessen ungeheilte Wunde von
solchem Schneiden herrührt, angetroffen, so soll diese Tat¬
sache als Augenscheinbeweis einer Zuwiderhandlung gegen
die vorstehende Bestimmung gelten. (Der Pferdefreund,
Nr. 21, 1909.) A.
Verschiedenes.
Das Veterinär-Offizierskorps.
Am 1. Februar verhandelte im Reichstage die Budget-
Kommission unter anderem auch über das Veterinär-Offi¬
zierskorps. Ganz und gar unerwartet wurde von mehreren
Seiten Bedenken gegen die Schaffung eines Veterinär-Offi¬
zierskorps geäußert. Zunächst wurde auf die Mehrbelastung
des Militär-Etats,welche dieUmwandlung veranlasse, und die
eine halbe Million betrage, hingewiesen. Der Korreferent
glaubt ferner, daß die Veterinär-Offiziere seitens der andern
Offiziere doch nicht als ebenbürtige Offiziere angesehen
werden; auch befürchtet er Reibungen zwischen beiden,
man solle — so erklärt er — den Stand auf andere Weise
heben etc. Ein Mitglied der Reichspartei schließt sich den
Ausführungen des Korreferenten an und fügt noch bei, daß
es die Konsequenzen fürchte; andere Stände würden auch
kommen. In ähnlicher Weise spricht sich ein nationallibe¬
rales Mitglied der Kommission aus, während ein anderer
Nationalliberaler die Umwandlung warm befürwortet und
die Meinung kundgibt, es könne die Veterinärreform auch aus
defn Grunde nicht mehr abgelehnt werden, weil hei allen
Anfragen über diesen Punkt im Reichstage nie ein Wider¬
spruch aufgetaucht sei. Ähnlich äußert sich ein konserva¬
tives Mitglied der Kommission. Der Kriegsminister, sowie
der bayerische Militärbevollmächtigte sprechen sich für die
Bildung des Veterinär-Offizierskorps aus. Die Abstimmung
über die Frage wird bis zum Schlüsse der Verhandlungen
über den Militär-Etat ausgesetzt.
Die Ablehnung der nunmehr bis in's Einzelne ausge¬
reiften Veterinärreform würde, eine gewaltige Enttäuschung
nicht nur bei den Militärtierärzten, sondern bei allen deut¬
schen Tierärzten hervorrufen. Hoffen wir, daß dem nicht so
werde und daß insbesondere auch bayerische Reichstags-
Abgeordnete für die Sache eintreten! A.
104
Ehrung.
Zum zwölften Male w i e d e r g c w ä li 1 t.
Als Vorsitzender des Kriegervereins ehemaliger
Kameraden der Großherzogi. Hessischen (25.) Division
wurde der Herausgeber der ,,Tierärztl. Rundschau“, Kol¬
lege Dr. S c h ä f e r - Friedenau, zum 12. Male wieder¬
gewählt.
Frequenz der Tierärztlichen Hochschule Lemberg.
Für das Wintersemester 1909/10 sind an der Tierärzt¬
lichen Hochschule Lemberg 114 Studierende immatrikuliert.
Dazu kommen 23 Examens-Kandidaten. (Tierärztl. Rund¬
schau.)
Stand der Tierseuchen in Bayern am 15. Januar 1910.
Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern: 8 Gmd. (8 Geh.); Niederbayern:
12 Gmd. (12 Geh.); Mittelfranken: 3 Gmd. (3 Geh.);
Schwaben: 2 Gmd. (2 Geh.).
Bttcherschan.
Neubildungen der Nasenhöhle und der Nasennebenhöhlen
des Pferdes. Von Dr. Kurt Kärnbach, Professor
an der K. Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. Mit 11
Tafeln und 4 Abbildungen im Text. Berlin 1909, Ver¬
lagsbuchhandlung von R. Schütz. Preis brosch. 10 JL
geb. 11 c M 50
Auf 209 Seiten behandelt Verfasser die Neubildungen der
Nasenhöhlen und deren Nebenhöhlen in folgenden Abschnitten:
1. Statistisches, 2. die gutartigen Neubildungen der Nasenhöhle, (echte
Naseupolypen, polypoide Wucherungen der Nasenschleiinhaut, das
Angiom, das Lipom, das Osteom und Echondrom), 3. die bösartigen
Neubildungen der Nasenhöhle, 4. die gutartigen Neubildungen der
Nebenhöhlen der Nase (Polypen, Osteome), 5 die bösartigen Neu¬
bildungen der Nebenhöhlen der Nase.
Zur Ausführung der Arbeit stand dem Verfasser reiches Ma¬
terial aus der von ihm geleiteten Poliklinik an der tierärztl. Hoch¬
schule Berlin, ferner aus der chirurg. Klinik dieser Hochschule und
aus der Berliner Zentralroßschlächterei zur Verfügung. Dazu hat
K. das Verwendbare in der Literatur und besonders die Kasuistik
eingehend verwertet.
Auf dieser Grundlage behandelt Verf. die Neubildungen im
Einzelnen nach Vorkommnis, Entstehung, anatom. Einrichtung, den
klinischen Erscheinungen, den differentialdiagnostischen Merkmalen;
daran schließt sich die Therapie.
In den Lehrbüchern der Chirurgie und pathologischen Ana¬
tomie sind die Neubildungen in den Kopfhöhlen sehr gewürdigt; der
Kaum dieser Werke läßt aber nicht zu, diesen Gegenstand in roono-
graphistischer Weise darzulegen. Bei der Wichtigkeit, welchen
105
gerade die Neubildungen in den Nasenhöhlen und deren Neben¬
höhlen in Bezug auf ihre Entstehung, die Diagnose, dann dif¬
ferentialdiagnostisch und insbesondere auch betreffs der Therapie
speziell für die Chirurgie, gerichtliche und polizeiliche Tierheilkunde
haben, muß die gründliche Arbeit des Verf., die der Wissenschaft
und Praxis in gleicher Weise Rechnung trägt und die vorhandenen
Lücken auf den angeführten Gebieten beseitigt, von den Faeh-
genossen höchlichst begrüßt werden.
Das Buch wird Nutzen schaffen und insbesondere dem Prak¬
tiker, bei den in der Praxis oft schwierig zu diagnostizierenden und
behandelnden Erkrankungen der Kopfhöhlen ein wertvoller, zu¬
verlässiger Ratgeher sein. A.
Personalien.
Ernennungen: Der Assistent an der Tierärztlichen Hoch¬
schule in München, August Randerath wurde zum Kgl. Kreis¬
wanderlehrer für Hufbeschlag in etatsmäßiger Eigenschaft ernannt;
Tierarzt Eysser Heinrich in Ipsheim zum Stadttierarzt in Nieder¬
stetten.
Niederlassung: Wichera Albert aus München in Eggen-
felden (Niederbayern).
Verzogen: Kreiner Friedrich von Sulzbach als Assistent
nach Neustadt a. H.
Approbationen: in Dresden die Herren Busch Richard
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Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
lierftusgeseben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 15. Februar 1910. Nr. 7.
Inhalt: O r i g i ii a l a r t i k e I: Pfab : Trepanation beim Kinde.
(Fortsetzung.) — Haag: Schlundlähmung. — Referate: Dr.
Freitag: Einige neuere für den Menschen angegebene Augenheil*
mittel. Wolffer: Das Cheyne-Stockes’sche Atmungs-Phänomen
bei einem Pferde. Pohl: Durch eiterigen Katarrh des äußeren
Gehörganges entstandene einseitige Lähmung des Angesichts¬
nerven. Kettner: Perhydrol. — Tierzucht und Tierhal¬
tung: Die Zahl der Pferde, Maultiere bezw. Maulesel und Esel
auf der Welt. Die Feststellung der absoluten Milchleistung. —
V erschiedenes: Die Militärveterinärreform. Das Promo¬
tionsrecht für die Tierärztlichen Hochschulen. Kaisergeburts¬
tagfeier an der Tierärztlichen Hochschule Berlin. Kaisergeburts¬
tagfeier an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Promo¬
tionen an der veterinär-medizinischen Fakultät der Universität
Bern. Viehseuchen-Nachrichten. — ßücherscha u. — Per¬
sonalien.
Trepanation beim Rinde.
Von Distriktstierarzt A. Pfab, Kottalmünster.
(Fortsetzung.)
Das Gehirn ist weder ein Noli nie tangere, noch darf
in demselben mit Instrumenten herumgestochert (B r a u n)
oder gar dasselbe auf gut Glück mit schneidendem Instru¬
mente durchtrennt werden (Hoff mann). Der richtige
Weg liegt auch hier in der Mitte. Das beste Instrument zum
tastenden stumpfen Durchtrennen von Weichteilen war
wohl stets und wird es auch bleiben, der Finger. Es wundert
mich direkt, daß in der ganzen Literatur nur ein Fall, zu
finden ist, in dem der Operateur zum Aufsuchen der Blase
110
mit dem Finger sich in’s Gehirn wagt (Dütsch)**. Ich habe
nur die ersten drei Male mich bemüht, mit einer Draht¬
schlinge die Gehirnsubstanz zu zerteilen. Dann habe ich
diese Methode verlassen. Freilich will ich nicht leugnen, daß
in Merkt’s geübter Meisterhand die Drahtschlinge ein gutes
Instrument sein mag; die meisten anderen werden sich mit
dem Finger leichter zu helfen wissen. Nach Die m’s Artikel
probierte ich auch in verschiedenen Fällen die empfohlene
Hirnmassage. Ich hatte jedoch niemals damit Glück, halte
dies auch bei einiger Tiefenlage der Blase nicht für möglich.
Seit 1904 übe ich folgendes Verfahren: Wenn die Blase nicht
freiwillig erscheint, gehe ich mit dem wohldesinfizierten
Zeigefinger unter leichtem Druck — nicht bohrend — in das
Gehirn ein. Der vordringende Finger fühlt gewöhnlich einen
auffallend großen Druck im Gehirn. Nach mehr oder minder
weitem Vordringen tritt an der Fingerspitze das Gefühl auf,
als ob man im leeren Raum sei. Dies ist das Zeichen, daß
man die Blase erreicht hat. Nun ziehe man den Finger lang¬
sam zurück und man wird zu seiner Freude die Blase dem
Finger folgen sehen, die nun, wie oben beschrieben, ent¬
bunden wird. War die Blase nur klein (unter Hühnerei¬
größe), so kann man nochmals in die gleiche Hemisphäre
eingehen oder auch die andere Seite trepanieren. Die Aus¬
sichten sind jedoch fast immer schlechte, üble Folgen des
Eindringens in’s Gehirn entstehen nicht, wenn man die
Anatomie in Betracht zieht und den Gehirnstamm mit In¬
sulten verschont. Es empfiehlt sich daher, mit dem Finger
möglichst wagrecht vorzugehen; man scheue sich aber nicht,
wenn nötig, den Finger in seiner ganzen Länge einzuführen.
Hat die Blase das Gehirn verlassen, so sauge ich die
noch zurückgebliebene Flüssigkeit mit der Spritze ab; hiezu
empfiehlt sich, eine solche zu wählen, welche leicht des¬
infizierbar ist und mindestens 100 g Inhalt faßt. Das Mund¬
stück sei rundlich und zirka 6 cm lang. Ich benütze eine
100 Gramm-Standard-Spritze von Evens <fc Pistor-Kassel.
Sie ist vollkommen aus Metall, daher leicht keimfrei zu
halten. Macht man sich die kleine Mühe, die abgesaugte
Flüssigkeit in ein Glasgefäß zu spritzen, so wird man er¬
staunt sein über die Beimengungen; Seolices, kleine verkäste
Eiterpartikelchen, kleinste Gehirnteile etc. zeigen uns an,
daß das Aussaugen keine überflüssige Handlung war. Nun-
*) A1 b r e c h t untersucht nach Entbindung der Blase die
Höhle mit dem Finger nach fluktuierenden Stellen, um so eventuell
eine zweite Blase aufzufinden.
111
mehr spüle man den Hohlraum im Gehirn mit einer 3 bis
5 prozentigen körperwarmen Therapogenlösung ergiebig aus.
Auf keinen Fall darf hiebei ein nennenswerter Druck ange¬
wendet werden. Es sei mehr ein Ausrieseln als ein Aus¬
spritzen. Die Spülflüssigkeit wird wieder abgesaugt und so
Berieseln und Absaugen 4—5 mal wiederholt. Ist ein ver¬
käster Eiterstock im Hohlraum gelegen, so wird er bei dieser
Behandlung sicherlich abgeschwemmt und sein Sitz gründ¬
lich gereinigt. Ich habe mehrmals solche Gebilde, eines von
der Größe einer Haselnuß, ausgeschwemmt, ohne daß irgend¬
welche Komplikationen bei der Heilung sich ergeben hätten.
Sicher von gleicher Wichtigkeit ist die Ausspülung bei Blu¬
tungen, sei es der Pia, sei es der Gehirnsubstanz selbst.
Eine langandauernde Berieselung mit der empfohlenen Lö¬
sung wird die Blutung stets zum Stehen bringen. Geduld
ist allerdings erforderlich. Ich habe in einigen Fällen (Num¬
mern 8, 50, 58) —% Stunden ausgespült. Der Erfolg war
in allen Fällen ein eklatanter. Die Blutung stand voll¬
kommen. Der größte Teil der Coagula konnte abgeschwemmt
werden und es trat überall dauernde Heilung ein. Das Aus¬
spülen halte ich für eine der allerwichtigsten Maßnahmen
der ganzen Trepanation und sollte man selbe nie unterlassen.
Jedenfalls wird ein großer Prozentsatz von Tieren gerettet,
welche man sonst wegen Meningitis schlachten lassen muß,
speziell bei Vorhandensein von Käsestöcken oder Blutungen.
Sagt doch Merkt „sogar ganz geringe Blutungen sind in
der Hegel tö<yich“. Anfangs verwendete ich leichteste Liq.
Cresol.-Lösung, dann 2t/2 Proz. Aq. borica, seit 1907 ver¬
wende ich Therapogen als Spülmittel, weil es die Eigenart
des Präparates gestattet, ziemlich starke Konzentrationen
anzuwenden, welche dann auch eine bedeutende blutstillende
Wirkung entfalten.
Wie sehr ein richtiges Ausspülen geeignet ist, die Ver¬
luste durch Meningitis herabzusetzen, dürfte mit ziemlicher
Klarheit aus meiner Statistik hervorgehen. In den ersten
7 Fällen wurde nicht ausgespült, von da ab in jedem Falle.
Verlust ohne Ausspülen unter 7 Stück 2 an Meningitis,
also 29 Proz., Verlust mit Ausspülen unter 51 Stück 1 an
Meningitis, also 2 Proz. Bedingung des Erfolges ist natürlich
kunstgerechte Ausführung der Gehirnspülung. Hiezu ist not¬
wendig, daß man abgekochtes, körperwarmes Wasser zur
Lösung verwendet, kein Druck beim Spülen ausgeübt und
durch das Spritzenmundstück keine Verletzung des Gehirnes
verursacht wird.
112
Nach dem Ausspülen sehe man nochmal die Schädel¬
wunde genau nach, ob kein loser Gehirnteil sich vor die
Höhlung legt. Derartige Teile kleben in der Wunde und
verhindern den Abfluß des Wundsekretes; man entferne sie
daher kurzerhand durch Abquetschen mit dem Finger am
Knochenrand. Nachteil entsteht hieraus keiner, eine event.
kleine Blutung stille man durch Spülen.
Nunmehr reinige ich nochmals die ganze Wunde, be¬
sonders die Unterseite des Hautlappens, bringe diesen in
seine ursprüngliche Lage und hefte ihn mit einer Naht an
der Spitze au, eine zweite Naht setze ich auf die Seite des
Lappens, auf welcher die Knochenwunde dem Hautrande zu¬
nächst liegt. Dann lege ich eine mit Therapogenlösung ge¬
tränkte Wattelage doppelt von den Augenbögen bis zu den
Hornzapfen. Zwischen den beiden Wattelagen lasse ich eine
Schnur durch- und beiderseits von oben her um die Hörner
gehen und knüpfe sie auf der Stirne. Hierüber kommt in
der gleichen Weise ein zusammengelegtes reines Handtuch.
Einen Schaden hat in meinen Fällen der Verband nie ge¬
bracht. Dabei schützt er die Wunde gut. .letzt wird das Tier
bei möglichster Vermeidung jeden Geräusches entfesselt.
Zwei Mann bleiben als Wache bei ihm, um es bei etwaigen
Auf steh versuchen zu unterstützen. Das Tier darf sich er¬
heben, so bald es Lust dazu verrät. Aber zum Apfstehen
animiert darf es nicht werden. Ich habe viele Fälle erlebt,
in denen sich der Fatient unmittelbar nach dem Entfesseln
aufsetzte und vollkommen freie Psyche zeigte. 17 Tiere er¬
hoben sich bald darauf und zwar innerhalb je einer halben
Stunde. Fs ist kein Unterschied in der Ausheilung, ob ein
Tier sich bald erhebt oder längere Zeit liegen bleibt. Ich sah
die gleich gute Heilung bei Tieren, die sofort nach der Ope¬
ration aufstanden, und bei solchen, die lange — bis zu 3b
Stunden — auf dem Operationsplatz lagen.
Statistik über die operierten Tiere.
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115
Schlundlähmimg.
Von Distriktstierarzt Haag, Wörth.
Die Erkrankung betraf 2 Kühe und bewirkte, daß die
Tiere 8 Tage lang kein Futter aufnehmen bezw. abschlucken
konnten; dabei bestand fortwährender Speichelfluß. Durch
Applikation heißer Wickel um den Hals, verbunden mit rei¬
zenden Einreibungen, konnte die Lähmung innerhalb vier¬
zehn Tagen zum Verschwinden gebracht werden. Die Tiere
erholten sich wieder vollständig. Ursache der Erkrankung
dürfte vielleicht die Verfütterung von angefaulten Kar¬
toffeln und Rüben gewesen sein. (Jahresber. bayer. Tierärzte.)
Referate.
Dr. Gustav Freitag: Einige neuere für den
Menschen angegebene Augenheilmittel. Bericht für
Tierärzte. (Sonderabdruck aus dem Archiv für ver¬
gleichende Ophthalmologie, Bd. I, H. 7.)
Verf., Herausgeber der neu erschienenen, vorstehend
genannten Zeitschrift, auf die ich die Herren Kollegen hie-
mit aufmerksam mache, drückt den Wunsch aus, es möchte
in dem Archiv für vergleichende Ophthalmologie ein reger
\Ieinung8- und Erfahrungsaustausch zwischen den Kollegen
der Tier-Augenheilkunde stattfinden.
Zuerst weist Verf. im Inhalt des Separatabdruckes auf
die Schwierigkeit länger auszuführender Wärmeapplikation
bei der Augentherapie hin, da Termophore oder Breie ver¬
hältnismäßig bald erkalten und einen raschen Wechsel er¬
fordern, welcher sich namentlich hei Tieren umständlich ge¬
staltet. Diesem Übelstande kann in Stallungen mit elek¬
trischer Leitung (Kliniken etc.) mit Anwendung der elek¬
trischen Wärmeplatte nach Schlösser begegnet werden;
sie besteht aus zwei mit Stoff überzogenen Asbestplatten
von ovaler Form, wie sie zur Bedeckung der Augengegend
zweckmäßig ist. Zwischen den Platten befindet sich ein ge¬
wundener Draht, welcher sich in einen mit jedem Steck¬
kontakt zu verbindenden doppelten Leitungsdraht fortsetzt.
In den Verlauf der Schnur ist eine auswechselbare Glüh¬
birne eingeschaltet, durch deren verschiedene Kerzenstärke
die Wärme innerhalb zweckmäßiger Grenzen (von 40° auf¬
wärts) reguliert werden kann. Durch Unterlagen von Watte
kann man noch weiter regulieren. Für die Dauer der An¬
wendung braucht die Platte nur ein einziges Mal aufgelegt
zu werden. Zur Kontrolle des Auges ist lediglich zeitweises
Verschieben der Platte notwendig. Die Befestigung der
116
Platte kann mittels drei oder vier an derselben angebrachten
Bändern an der Halfter etc. erzielt werden; außerdem ist
angezeigt, den Patienten (Pferden) eine Halfter mit Schutz¬
gitter anzulegen.
Bezüglich Anwendung der B i e r’schen Saug- und
Stauungshyperämie liegen in der Tier-Augenheilkunde ge¬
nügende Erfahrungen zu deren Beurteilung nicht vor. Verf.
ist überzeugt, daß Halsstauung kaum je schädlich sein würde,
Saugung sich aber bei entzündlichen Prozessen, Abszessen
u. s. w. empfehlen würde, „weniger aus Gründen geringerer
Schmerzhaftigkeit gegenüber der Inzision bezw. Expression,
als wegen der bei wertvollen Tieren (Luxuspferden,Hunden)
bei dem blutigen Verfahren zu befürchtenden Entstellung
durch Narbenbildung.
Die Lichttherapie, besonders die Uviol-Lichtbehand-
lung, hat in der Human-Ophthalmologie vielfach mit Erfolg
Anwendung gefunden, so bei Ulcus rodens, Lupus, Ektro-
pium, Skleritis, Hornhauttrübungen, namentlich bei Ulcus
corneae serpens. Ob die Lichttherapie in der Tier-Augenheil¬
kunde mit Rücksicht auf das teuere Instrumentarium und
die zuweilen längere Dauer der Behandlung eine weiter¬
gehende Verwendung linden wird, läßt Verf. dahingestellt.
Von der großen Zahl neuerer Medikamente nennt Fr.
die Blenno-Lenizetsalbe; sie besteht aus Euvaselin und Lenizet,
einem essigsauren Tonerde-Präparat. Beim Menschen hat
sich die Salbe besonders gegen die Augengonorrhoe bewährt.
Das Fett der Salbe bildet eine Schutzdecke für die Horn¬
haut,das Lenizet koaguliert dasSekret und beschränkt dessen
Absonderung. Man streicht zuerst 10 %ige, später 5 %ige
Salbe in die Lidspalte. Mit Fr. ist. anzunehmen, daß sich die
Anwendung der Salbe bei Tieren, wenn auch nicht gegen
Augengonorrhoe, welche bei diesen nicht vorkommt, so doch
gegen stark sezernierende, die Hornhaut bedrohenden Binde¬
haut-Entzündungen empfehlen dürfte.
Die Serumtherapie kommt auch in der Augenheilkunde
zur Anwendung. Das Pneumokokkenserum brachte bei Ul¬
cus serpens corneae Nutzen. Ferner wurden bei infektiösen
Prozessen des Auges durch Benützung des Roux’schen Bipli-
iherie-Serums von Darier, bei der Verwendung des Beh-
ring’schcn von Mayweg und bei Anwendung des Deutseh-
mann’schen Hefe-Serums von H i p p e 1 Erfolge konstatiert.
Über günstige Erfolge mit Behring’sehein Diphtherie-
Sckuui bei beginnender Panophthalmitis, bei schwerer tran-
malischer Iridozyklitis und bei Kopf - Erysipel berichte)
M a y vv eg; S e h e u e r m a u n sah Erfolge nach Anwen-
117
duug dieses Serums bei eiteriger Iritis und Ulcus serpens.
Fr. ist der Ansicht, daß die periodische Augenentzündung
der Pferde ein Objekt zu Versuchen mit Seris wäre. Dieser
Meinung pflichtet der Referent bei. A.
Wölffer: Das Cheyne-Stockes’sche Atmungs-Phä-
nomen bei einem Pferde. (Tierärztliche Rundschau, 1910,
Nr. 1.)
Ein Kutschpferd erkrankte plötzlich ohne nachweis¬
bare Ursache an akuter Gehirnhautentzündung. Reim
llerausführen aiis dem Stalle traten anfänglich nur kurz¬
dauernde Schwindelanfälle auf, die aber gegen Abend stärker
wurden, verbunden mit Rückwärtsdrängen und Zusammen¬
stürzen. Das Pferd konnte sich jedoch nach Aderlaß etc.
wieder erheben. Am nächsten Morgen Auftreten starker
Depressionserscheinungen, gesenkte Kopfhaltung, Aussetzen
des Kauens und Erweiterung der Pupille. Am Nachmittag
abermaliges Zusammenstürzen. Kein Fieber; 30 Pulsschläge;
Atmung (rasch) 20—40 Atemzüge, wobei das Phänomen des
Aussetzens der Atmung zu beobachten war. 40 Sekunden
lag das Tier wie leblos da, dann erfolgten in 20 Sekunden
20 Atemzüge. In den nächsten Minuten atmete es 40—50mal
pro Minute; dann erfolgte nach 5 Minuten Zwischenzeit
wieder ein Aussetzen von 30—40 Sekunden. Später wurde
der Zwischenraum noch kürzer. Schlachtung des Tieres.
Obduktionsbefund: Verdickung der harten
Hirnhaut; ödem der Pia mater und des Gehirns: verruköse
Entzündung des Ependyms und ('holesleafome an den Ader¬
geflechten. Rahn s.
Pohl: Durch eiterigen Katarrh des äußeren Gehör¬
ganges entstandene einseitige Lähmung des Angesichts¬
nerven. (Zeitschr. f. Veterinärkunde, 1909, XI.)
Hei einem Pferd war die rechte Oberlippe stark nach
links verzogen und der rechte Augapfel durch das schlaff
herabhängende obere Augenlid vollkommen bedeckt. Pal¬
pation der Ohrdrüsengegend löste heftige Schmerzen ans.
S Tage später machte sich nach einer inzwischen vorge-
nominenen scharfen Einreibung Ausfluß von rahmartigem
Fiter aus dem rechten Ohr bemerkbar. Di«* Behandlung be¬
stand nun in täglichen Ausspritzungen des Gehörganges
mit lauwarmem Eichenrindentee. Heilung nach 4 Wochen:
<*s war nunmehr nur noch die Oberlippe ein wenig verzogen.
118
Kettner: Perhydrol. (Zeitschr. f. Veterinärkunde.
1909, XI.)
Eine mit Sublimat, Lysol und essigsaurer Tonerde be¬
handelte Sprunggelenkswunde zeigte keine Heiltendenz. Es
machte sich dagegen auf Einspritzungen von 3 proz. Per-
hydrollösung hin rasche Besserung bemerkbar.
L i n d n e r.
Tierzucht und Tierhaltung.
Die Zahl der Pferde, Maultiere bezw. Maulesel und Esel
auf der Welt.
Nach dem Jahrbuch 1908 des Ackerbauministeriuins
der Vereinigten Staaten Nordamerikas besaß im Berichts¬
jahre Europa die meisten Pferde, nämlich 43 536 225 Stück,
Amerika 37 400 525, Asien 11 630 302, Australien 2 232 408
und Afrika 885 113 Stück; somit waren im ganzen auf der
Erde 95 711 573 Pferde vorhanden. Von den einzelnen
Staaten weist Rußland die meisten Pferde, nämlich 30 729165
Stück, davon in Europa rund 20 935 000 Stück, dann folgt
Deutschland mit 4 345 043, Österreich-Ungarn mit 4 264 561,
Frankreich mit 3 094 698 und Großbritannien und Irland
mit 2 151 371 Pferden. Am wenigsten von allen Erdteilen
hat Afrika Pferde, da hier fast jede Weidegelegenheit fehlt,
große Strecken Wüstenland sind und verheerende Infek¬
tionskrankheiten unter den Pferden herrschen. Dagegen
besitzt Afrika viele Esel und Maultiere, deren Gesamtzahl
auf zirka 855 000 Stück geschätzt wird. — Was die Zahl der
Maultiere bezw. Maulesel anlangt, so steht hier Nordamerika
mit zirka 4 656 000 Stück an der Spitze der Staaten. In Süd¬
amerika finden sich rund 865 800, in Europa 1 617 000, in
Asien nur 56 200, in Afrika 296 300 und in Australien bloß
1 900 Stück. Es werden somit auf der ganzen Welt rund
7 500 000 Maulesel bezw. Maultiere vorhanden sein. Unter
den europäischen Staaten wird in Spanien am meisten Maul¬
tierzucht getrieben; hier dürften rund 900 000 vorhanden
sein. Auch in Frankreich und in Italien sind viele Maultiere
zu finden, dagegen wenig in Deutschland (zirka 1000 Stück).
— I )er Eselbestand der Erde soll zirka 8 520 000 Stück be-
tragen. Unter den europäischen Ländern hat Italien die
meisten Esel, nämlich 849 000 Stück, nur um 105 000 Stück
weniger als Pferde; dann folgt. Spanien und Frankreich.
Wenn man Pferde, Maultiere und Esel zusammenzählt,
so erhält man 111 320 000 Stück dieser den Menschen dienst¬
baren Einhufer.
119
Selbstverständlich stellen diese Zahlen keine genauen
Angaben dar, da nur in wenigen Kulturstaaten eingehende
Zählungen der Haustiere stattfinden. Immerhin gestatten
sie aber einen ungefähren Überblick über die Zahl der vor¬
handenen zahmen Einhuferarten in den einzelnen Welt¬
teilen und Staaten. (Illustr. landwirtschaftl. Zeitung, 1910,
Nr. 6.) M.
Die Feststellung der absoluten Milchleistung.
In der Oktober-Sitzung nahm der Sonderausschuß für
Kinderleistungsprüfungen auf Grund der eingehenden Be¬
richte der Herren ökonomierat Jürgens- Hohenkirchen,
Landwirtschaftsinspektor K e i s e r -Wiesbaden und Profes¬
sor Dr. Vicht- Hameln, die sich mit der Frage nach der
zweckmäßigsten Art der Feststellung der absoluten Milch¬
leistung beschäftigten, folgende Leitsätze an:
1. Die Leistungsprüfungen, die bisher in Deutschland
durchgeführt wurden, haben sich als ein ungemein wert¬
volles Mittel erwiesen, um den Tierhaltern die erforderlichen
Aufschlüsse über den wirtschaftlichen Wert der Einzeltiere
der Wirtschaft und die dadurch bedingte Rentabilität des
gesamten Viehbestandes zu geben.
2. Die Leistungsprüfungen sind aber auch in besonderer
Weise geeignet, die systematische Tierzucht zu fördern, wenn
die erforderlichen Feststellungen überall einwandfrei durch¬
geführt werden und wenn die Prüfungen nicht als Selbst¬
zweck, sondern nur als Hilfsmittel neben der genauen Be¬
obachtung aller anderen Zuchtfaktoren (Konstitution, Ge¬
sundheit, Fruchtbarkeit etc.) in Betracht gezogen werden.
3. Als eine der fundamentalsten Grundlagen der Tier¬
zucht ist die Leistungsprüfung ferner ganz besonders ge¬
eignet, eine Reihe wichtiger Fragen der Tierzucht und Tier¬
haltung auf den verschiedensten Gebieten zu klären und da¬
bei besonders Rücksicht auf die landwirtschaftliche Praxis
zu nehmen.
4. Die Art der Durchführung der Leistungsprüfungen
ist in den einzelnen Gebieten durch die bestehenden ört¬
lichen, sehr verschiedenartigen Verhältnisse gegeben und
läßt sich nicht generalisieren. Daneben aber erscheint es
zu einer weiteren Festigung der wissenschaftlichen Grund¬
lagen der Zuchtlehre, sowie der diesbezüglich zu erwarten¬
den Literatur und zur Erreichung gleichartiger fl rundlagen
bei der Förderung der Tierzucht, geboten, daß bei denjenigen
Feststellungen, von welchen das Ergebnis in der Hauptsache
abhängt und die bei allen Leistungsprüfungen so wie so ähn-
120
lieh gemacht werden müssen, eine Verabredung bezüglich
der jeweilig zu befolgenden Übung getroffen wird. (Mit¬
teilungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, 1910,
Stück 3 und 4.) Tierzuchtinspektor R a b u s.
Verschiedenes.
Die Militärveterinärreform.
Brachten auch die letzten Nachrichten über das Schick¬
sal der die Neuorganisation des Militärveterinärwesens
betreffenden Vorlage nach den Verhandlungen in der Budget¬
kommission Überraschung und Enttäuschung, so waren sie
doch keineswegs ganz entmutigend.
Man konnte in dem Bewußtsein, daß viele Abgeord¬
nete für die Angelegenheit sind und mit Rücksicht auf die
umfassenden Darlegungen des Kriegsministers, nach welcher
die Bildung eines Veterinäroffizierskorps im Interesse
des Dienstes nicht nur zweckmäßig, sondern notwendig
sei, nicht daran glauben, daß die Vorlage in der Budget¬
konimission und später im Plenum des Reichstages einfach
abgewiesen werde, zumal, als Abgeordnete informiert waren,
daß die Stellung der Veterinäre, wie sie die Vorlage für
die deutsche Armee verlangt, in anderen europäischen
Staaten längst besteht und sich b ewährt ha t. In der
englischen Armee sind die Veterinäre schon seit dem Jahre
1797 Offiziere, in der französischen seit dem Jahre 1884.
Was sich aber für die englische und französische Armee
und wir wollen weiter gehen, für die belgische, nieder¬
ländische, italienische, spanische, griecliische etc.*) bewährt
hat, ist doch’ gewiß für die hervorragende deutsche höchst
wünschenswert. Es war daher als sehr wahrscheinlich zu
erachten, daß für diese schließlich in Bezug auf das Veterinär¬
wesen nicht Rückständigkeit votiert werden wird.
Und nun sind die Würfel gefallen. Die Tagespresse
bringt die hocherfreuliche Kunde, daß die Budgetkommission
die Bildung eines V e t e r i n ä r o f f i z i e r s k o r p s
mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der
Sozial d e m o k r a t <* n a n g e n o m m e n h a b e.
Die Genehmigung der Reform und damit die Hebung
der dienstlichen und sozialen Stellung der Militärkollegen,
zu welchen wir diesen herzliehst gratulieren, bedeutet einen
gewichtigen Markstein, einen Eckstein in der Entwicklung
*) Dr. Goldbeck: Das Militürvetorinärweson aller Kultur-
staaten.
der tierärztlichen Standesverhältnisse im Allgemeinen. Dank
allen, welche für die Sache tätig waren! A.
Das Promotionsrecht für die Tierärztlichen Hochschulen.
Nr. 6, 1910, der „Deutschen Tierärztl. Wochenschrift'“
enthält eine Mitteilung von Prof. Dr. M a 1 k in u s, nach
welcher der preußische Landwirtschaftsminister v. A r m i n
auf die Anfrage eines Abgeordneten über den Stand der
Promotionsangelegenheit der Tierärzte die erfreuliche Ant¬
wort erteilte, die seitens des Ministeriums für Landwirt¬
schaft mit dem Kultusministerium gepflogenen Verhand¬
lungen seien zu einem befriedigenden Abschlüsse
gelangt; es seien aber noch Verhandlungen mit den außer¬
preußischen Staaten, die auch Tierärztliche Hochschulen
haben, zu pflegen, um eine Gleichmäßigkeit zu erzielen. Der
Wortlaut dieser ministeriellen Erklärung berechtigt zu dem
Schlüsse, daß den Tierärztlichen Hochschulen das Pro¬
motionsrecht als selbst ä n d i g e s, also ohne Mitwirkung
der Universitäten verliehen wird *).
Prof. Malkmus ist, ausgehend von den besprochenen
sicher zur Tatsache werdenden Verhältnissen, der Ansicht,
daß sich die Promotionsordnung an den Tierärztlichen Hoch¬
schulen im Prinzip an diejenige der Universität Gießen an¬
schließen müsse, speziell aber bezüglich des Titels, so daß
derselbe laute: „Dr. med. vet.“. Veranlassung zu dieser For¬
derung gibt M. die Möglichkeit, daß die Universitäten wie
damals als den Technischen Hochschulen das Promotions¬
recht verliehen wurde, zu bewirken versuchen werden, daß
der tierärztliche Doktortitel sich recht auffällig von den¬
jenigen unterscheide, welche von den Universitäten ver¬
liehen werden, den Tierärztlichen Hochschulen, einen — wie
sich M. ausdrückt — verstümmelten Doktortitel zuzu¬
schieben, vielleicht den Titel „Viehdoktor“. Mit Recht be¬
tont er, daß gegen diese Art der Verleihung des Promotions-
rechtes von Seite der Hochschulen und der deutschen Tier¬
ärzte Protest erhoben werden müßte.
Im weiteren ist M. der Ansicht, daß die Hochschulen
den berechtigten Wunsch der Tierärzte,
fl i e Zulassung zur Promotion auch den¬
jenigen Tierärzten zu ermöglichen, die
*) In der Tagespresse ist zu lesen, daß der preuß. Minister die
Bedenken, den Tierärztlichen Hochschulen das Promotionsrecht zu
verleihen, aufgegeben habe. Die Bedenken waren darauf gegründet,
daß unter Umständen auch andere Fachschulen das Promotions¬
recht beanspruchen könnten.
122
nicht im Besitze der Maturität sind, unter¬
stützen sollten. Die Befugnis, zu promovieren, wäre
den Tierärzten etwa auf eine Zeitdauer von #—o Jahren
zuzugestehen. — Der Meinung des Prof. M a 1 k m u s kann
nur beigestimmt werden. A.
Kaisergeburtstagfeier an der Tierärztlichen Hochschule
Berlin.
Bei der diesmaligen Feier des Geburtstages Seiner
Majestät des Kaisers an der Berliner Tierärztlichen Hoch¬
schule fand auch der Antritt der Führung des Rektorates
durch den neuen Rektor Prof. Dr. E b e r 1 e i n statt. Hie¬
bei erstattete der bisherige Rektor, Prof. Dr. S c h m a 1 t. z,
ausführlichen Bericht über die wichtigsten Vorkommnisse
während der verflossenen dreijährigen Amtsperiode und
übergab dann das Rektorat an seinen Nachfolger. Nach
Übernahme desselben hielt der nunmehrige Rektor, Profes¬
sor Eberlein, eine Ansprache, welche sich auf die mit
dem Amte verbundenen Aufgaben, die Rechte und Pflichten
bezog; an die Ansprache schloß sich die Antritts- und Fest¬
rede. Diese hatte zum Thema : „Aufgaben der Tierärztlichen
Hochschule Berlin in Unterricht und Forschung“.
Kaisergeburtstagfeier an der Tierärztlichen Hochschule
Hannover.
An der Tierärztlichen Hochschule Hannover wurde
der Geburtstag Seiner Majestät des Kaisers in der Aula der
Hochschule wiederum feierlich begangen. Die Festrede
hielt der Geheime Regierungsrat Prof. Dr. T e r e g. Das Thema
lautete: „über die Entwicklung der Elektrophysiologie“.
Promotionen an der veterinär-medizinischen Fakultät der
Universität Bern.
Nach einer der „Wochenschrift “ zugekommenen Mit¬
teilung hat die veterinär-medizinische Fakultät der Univer¬
sität Bern an die schweizerische Unterrichtsdirektion das
Gesuch gerichtet, in das Reglement zur Erlangung der vete¬
rinär-medizinischen Doktorwürde die Bestimmung aufzu-
nehrnen, daß in der Folge die Zulassung zur Promotion von
der Vorlage des schweizerischen Maturitätszeugnisses bezw.
des Reifezeugnisses des Heimatlandes des Kandidaten ab¬
hängig zu machen sei.
123
Stand der Tiersenctaen in Bayern am 3L Januar 1910.
Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern: 6 Gmd. (8 Geh.); Niederbayern:
18 Gmd. (20 Geh.); Mittelfranken: 4 Gmd. (4 Geh.);
Unterfranken: 1 Gmd. (1 Geh.); Schwaben: 9 Gmd.
(9 Geh.).
Bticberschau.
Die Versorgung der Städte mit Milch. Von Dr. A. Clevisch,
städt. Tierarzt und Leiter der Säuglingsmilchanstalt der
Stadt Köln. Hannover 1909, Verlagsbuchhandlung von
M . und H. Schaper. Preis geh. 3 dl.
Verf. liefert in der % Seiten umfassenden Abhandlung einen
sehr schätzenswerten Beitrag zur Lösung des schwierigen Problems
der Versorgung großer Städte mit Kuhmilch. Wenn vom Verf in
erster Linie auf Grund größtenteils selbstgesammelten statistischen
Materiales die Verhältnisse in Cöln geschildert und eingehend be¬
schrieben sind, so hat er es doch auch verstanden, eine größere
Reihe von Beobachtungen und Erfahrungen in dieser Arbeit nieder¬
zulegen, die für diese wichtige Frage der Milchversorgung von
Städten und Gemeinden von so allgemeinem Interesse sind,
daß das kleine, mit großem Fleiße geschaffene Werk in der Biblio¬
thek des Tierarztes, der ja häufig in die Lage kommt, bezüglich der
Milchversorgung von Städten etc. gutachtlich sich äußern zu müssen,
nicht fehlen sollte. Jakob.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Professor Dr. Reinh. Sc h maltz
wurde der Charakter als Geheimer Regierungsrat verliehen. Dr.
Ströse August, Regierungsrat, Mitglied des Kaiserlichen Gesund¬
heitsamtes erhielt den Preußischen Roten Adlerorden IV. Klasse.
Ernennungen: Düll Adam, städt. Bezirkstierarzt und
Schlachthofverwalter in Würzburg zum Schlachthofdirektor; Pro¬
fessor Schimmel in Utrecht zum Direktor der Tierarzneischule
daselbst; Eckardt Julius, Veterinärrat, Kreistierarzt in Neuß
(Rheinprovinz) zum kom. Departementstierarzt in Erfurt (Provinz
Sachsen); Weber Gustav aus Jerzyce zum Assistenten am Kaiser
Wilhelmsinstitut in Bromberg.
Wohnsitz-Ver Änderungen: Beer Friedrich von
Schwabmünchen als Vertreter nach Seefeld (Ammersee); Dr. Eh i n -
ger, städt. Tierarzt in Stuttgart nach Neuulm.
Approbationen: in Hannover: die Herren Büche Karl
aus Blasiwald und Ny man Theodor aus Urdiale (Finnland); in
München die Herren Brixner Ludwig aus Aign (Oberbayern),
Renner Waldemar aus Neunburg (Oberpfalz) und Sorg Kurt
aus Schweinfurt.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Gießen: die Tierärzte
Meier Friedrich in Hollfeld, Wind Karl in Hannover; in Zürich:
die Tierärzte Liebrecht Kurt in Zörbig und Pöschmann Georg
in Neukirchen; in Bern: Tierarzt Heller Bernhard in Willich.
infektiösen Scheidenkatarrh
hat sich nach den zahlreichen Erfahrungen von
über 100 Tierärzten, die das Präparat begutachtet
haben, das „ßissulin“ als geruchloses, einfach und
bequem anzuwendendes Heilmittel vorzüglich bewährt.
Lieferung nur an Tierärzte oder in deren
Auftrag.
Alleiniger Fabrikant:
H. Trommsdorflf, ehern. Fabrik, Aachen Hl.
Münchener 4
(früher: Wochenschrift für Tierheilkunde und Yiehzncht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 22 Februar 1910. Nr. 8.
Inhalt: Originalartikel: Pfab: Trepanation beim Rinde.
(Schluß.) — Maier: Verletzung der Gehirnkapsel. — Referate:
Hörmann: Erfahrungen mit Narkosen mit künstlich verkleinertem
Kreislauf. Dexler: Uber endemischen Kretinismus bei Tieren.
Hoehne: Zur Prophylaxe der postoperativen Peritonitis. —
Tierzucht und Tierhaltung: Münchener Trabrenn-
und Zuchtverein. Generalversammlung des Vereins zur Förde¬
rung der Traberzucht in Bayern. Münchener Pferdemarkt 1910.
Die Azididät der Milch tuberkulöser Kühe. Preisverteilung. —
Verschiedenes: Veterinärreform. Die Gehalts- und Pen-
sionsfrage der Oberamtstierärzte in Württemberg. Medizinische
Veterinärklinik an der Universität Gießen. Führung des in
Bern erworbenen Titels „Dr. philos. k . — B ü cherscha u. —
Personalien.
Trepanation beim Rinde.
Von Distriktstierarzt A. Pfab, Rottalmünster.
(Schluß.)
Erhebt sich das Tier, so ist es Aufgabe der Wärter,
dasselbe zunächst zu unterstützen. Wurde nicht am Stand¬
platz operiert, so wird der Patient behutsam mehrmals einige
Schritte bewegt und erst nach einiger Zeit der Weg zum
Stalle angetreten. Hier wird das Tier an der Striekhalfter,
welche es schon hei der Operation trug, beiderseits kurz am
Barren angebunden. 24 Stunden bleibt Wache hei dem Tiere.
Die Anbindemethode Merk t’s kann trotz ihrer Vorzüge
bei den hiesigen Stallverhältnissen, meist Zementhoden, nicht
angewendet werden. Was die Nachbehandlung anlangt, so
126
hat hierüber jeder Autor seine eigene Ansicht, auch ich.
Ich besuche den Patienten am Tage nach der Operation,
reinige die Wunde durch vollkommenes Aufweichen der ver¬
klebten lliinder mit Therapogenlösung und Watte und lerne
den Besitzer zur Vornahme der gleichen Manipulation an.
Hierauf wird neue Watte und ein frisches Handtuch aufge¬
legt, wie nach der Operation. Der Verbandwechsel samt der
Wundreinigung wird nun vom Besitzer täglich vorgenommen.
Nach 8 Tagen entferne ich die Nähte und nochmals den
Wundschorf. Die Gefahrzeit für eine Meningitis oder Ex¬
sudat-Stauung ist nun vorüber. Der Verbandwechsel wird
vom Besitzer bis zur Verheilung der Hautwunde täglich vor¬
genommen. Der Knochendefekt ersetzt sich je nach dem
Alter der Tiere in 5—8 Wochen.
Um die ganze Wundbehandlung dem Besitzer zu über¬
lassen oder gar diesen den Lappen aufheben und darunter
mit warmem Wasser reinigen zu lassen, habe ich nicht das
genügende Vertrauen zur Asepsis rusticana. Meine Me¬
thode der Wundbehandlung hat den Vorteil, daß der Patient
unter der Kontrolle des Operateurs bleibt. Es kann dabei
manche einsetzende Komplikation des Heilverlaufes zur
rechten Zeit erkannt und dann noch behoben werden. Zeigt
der Patient ernste Störung der Nahrungsaufnahme, trübt
sich die Psyche wieder stark, treten epileptiforme Anfälle
oder starkes Drängen nach der Seite auf, so ist der Haut¬
lappen aufzuheben und die Schädelwunde frisch zu öffnen.
Ich mache dies ebenfalls mit dem Zeigefinger. Man wird
meist finden, daß die Schädelwunde durch Fibringerinnsel,
seltener durch einen'vorgedrängten Gehirnteil verschlossen
und dahinter Exsudat gestaut ist. Tst. dieses abgetlossen, ver¬
lieren sich die Beizerscheinungen wieder. Fall 43 habe ich
auf diese Weise dreimal geöffnet und das Tier heilte aus.
Ist kein Exsudat vorhanden, so sind gewöhnlich noch weitere
Blasen im Gehirn. Dann ist Schlachtung das Richtigste.
Von Fall 10 und 20 konnte ich nach 2 resp. 1 Jahr
die Gehirnsektion machen. Es war auffallend, daß der ganze
einstige Ilohlraum im Gehirnschädel wieder mit Hirn-Sub¬
stanz ausgefüllt war. Der Deekknoehcn war etwas weniger
glatt, als normal, sonst aber gut ersetzt und stark. Zur Bil¬
dung einer Stirnhöhle an der Operationsstelle war es natür¬
lich nicht mehr gekommen.
Wie die beigefügte Statistik ergibt, habe ich bei 58
Tieren die Trepanation ausgeführt. Hievon heilten dauernd
34, also nahe an 50 Proz. Dabei ist zu bedenken, daß ich
anfangs hohe Verluste hatte. Meine Technik mußte ich selbst
127
mir erst bilden. Hatte ich doch nie eine Trepanation von
einem Andern ausführen sehen. Die Patienten Nrn. 30, 31,
32, 38, 39, 42 wurden alle ohne positive Perkussion, nur auf
besonderes Drängen der Besitzer operiert. Da sie ausnahms-
losVerluste ergaben, drückten sie mit auf die Erfolgprozente.
Von den Operierten waren der Basse nach: 44 Stück
reines Fleckvieh, 13 Stück Fleckviehkreuzungen mit starker
Hinneigung zu diesem, 1 Algäuer und 1 Pinzgauer.
Wenn trotz des starken Vorwiegens von Fleckvieh
unter Einrechnung oben erwähnter ungünstiger Momente
sich 59 Proz. dauernde Heilung erzielen ließen, so ist damit
sowohl Imminger’s als auch Brau n’s Warnung vor
der Operation am Fleckvieh hinfällig. Zuzugeben ist frei¬
lich, daß eine sehr große Anzahl der Coenurusblasen bei
meinen Patienten ihren Sitz in der ITirnsubstanz selbst
hatten. Jedoch glaube ich bewiesen zu haben, daß dies bei
Beobachtung meiner Technik kein schweres Hemmnis der
Operation bedeutet. Daß die von B r a u n so sehr gefürch¬
teten mörteligen, krümmeligen Massen, Käsestöcke habe ich
sie genannt, die Ausheilung vereiteln können, bezweifle ich
nicht. Ich hoffe aber, gezeigt zu haben, wie man durch Aus¬
spülen dieser Gefahr begegnen kann. Warum gerade beim
Fleckvieh häufiger als beim Braunvieh mehrere Blasen vor¬
handen sein sollen, weiß ich nicht. Dies hängt doch sicher¬
lich -weniger von der Basse als von der Menge der aufge¬
nommenen Proglottiden und dem Alter der Erkrankten ah.
Nach dem Ausgeführten dürfte kein Zweifel sein, daß
im Kampf gegen die Coenurus-Krankheit beim Binde neben
der Bekämpfung der Taenia coenurus die Trepanation auch
in Gegenden mit reiner Fleckviehzucht ein empfehlenswertes
Hilfsmittel darbietet. Mag die Operation am Braunvieh
leichter und noch aussichtsreicher sein, nrn so besser für die
Kollegen solcher Zuchtgebiete.
Wollten aber wir, mit den Waffen der A- und Anti¬
sepsis ausgestattet, uns vor Operationen scheuen, die unsere
Vorfahren ohne diese Hilfsmittel mit Geschick und Erfolg
auszuführen wußten, so wäre das ein Eüekwärtskriechen,
statt ein Vorwärtsschreiten!
Literatur:
1. Hering: Pathologie und Therapie, 1849,
2. Ti Hinan n’s Lehrbuch der speziellen Chirurgie.
3. Tillmann’s und v. Langen heck’s Archiv für kl. Chirur¬
gie, XXVm über prähistorische Chirurgie.
4. Friedbergerund Fröhner: Spezielle Pathologie und
Therapie, I. Band.
Statistik über die operierten Tiere.
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) Der Bhiseninhalt ist in fast allen Füllen gemessen oder gewogen.
130
5. (i ott es winter: VVochensclir. f. Tierheilkd. u. Viehzucht,
1894, Nr. 8(3, p. 378.
(3. Aibrecht: Monatssehr. f. Tierheilkd., 1894.
7. Miin ich: Wochenschr. f. Tierheilkd. u. Viehzucht, 1895.
Nr. 33, p. 314 ff.
8. Merkt: Ibidem. 1896, Nr. 30 und 31.
9. Vollrath: Ibidem, 1905, Nr. 50, p. 791.
10. Braun: Ibidem, 1906, Nr. 23 u. 24, p. 441 ff.
11. Diem: Ibidem, 1906, Nr. 45 u. 46, p 881 ff.
12. Probst: Ibidem, 1907, Nr. 8, p. 73 ff.
13. Zimmermann: Ibidem, 1907, p. 11, p. 201.
14. Duetsch: Ibidem, 1907, Nr. 28, p. 543.
15. Berliner Tierarzt!. Wochenschrift, 1907, Nr. 22, p. 439.
Verletzung der Gehlrnkapsel.
Von prakt. Tierarzt Maier, Süncliing.
Ein halbjähriges Fohlen, das sieh nachts losgemaeht
hatte, erhielt von eitlem Pferde einen Hufschlag auf den
Hinterkopf, wodurch es betäubt wurde. Nach einiger Zeit
erhob es sieh und blieb regungslos mit gestrecktem Halse
vor dem Barren stehen, mit der Brust an diesen gelehnt.
Die Untersuchung ergab, daß der Griff des Eisens den
oberen Teil der Squama ossis occipitis weggesprengt und
die Trümmer unter der darüber liegenden Muskelschicht
kaudalwärts gegen den Atlas zu geschoben hatte.
Da infolge der großen Empfindlichkeit des Tieres
gegen Druck ein Ausspritzen der Wunde nicht möglich war
und ich auch bei operativem Eingreifen eine Gehirnläsion
befürchten mußte, beschränkte ich mich auf wiederholte
Desinfektion der Wunde durch einfaches Übergießen mit
Kreolinwasser und legte seitlich eine Drainage ein.
Nach zwei Tagen war die Psyche freier und das Fohlen
nahm etwas Futter zu sich. Die Behandlung blieb die gleiche,
doch trat in der Folge starke Eiterung auf. Die Brücke über
dem defekten Teil der Gehirnkapsel nahm allmählich an
Festigkeit zu, so daß ich 10 Wochen nach dem Unfall die
Knochensplitter zum gi'ößten Teile entfernen konnte. Plötz¬
lich stürzte das Fohlen besinnungslos zu Boden, als ich den
am tiefsten sitzenden und größten Splitter herausziehen
wollte. Wah rschcinlieh war beim Droben der Pinzette ein
zu starker Druck auf die noch nicht besonders widerstands¬
fähige Knochenplatte ausgeübt worden. Das Fohlen erholte
sich rasch wieder. Zwölf Tage später gelang die Entfernung
des Knochenstückes ohne jeden Zwischenfall. Der Defekt
batte sieb mit einer barten vollständig gleichmäßigen
Knoehcnplatte gosehlo>son. Mit der bald eintretenden völ¬
ligen Heilung verschwand auch die gestreckte Kopfhaltung
des Tieres.
131
Referate.
Hör mann: Erfahrungen mit Narkosen mit künst¬
lich verkleinertem Kreislauf. (Münch. Mediz. Wochenschr.,
1909, S. 2157.)
Verf. ist der Ansicht, daß unter allen Vorschlägen, die
mit den einfachsten Mitteln eine Verbesserung der Inha¬
lations-Narkose zum Zwecke haben, die von lv lapp in An¬
wendung gebrachte Narkose bei künstlich verkleinertem
Kreislauf eine besondere Aufmerksamkeit verdient. Man
bewirkt die Verkleinerung des Kreislaufes in der Weise,
daß man das Blut in den unteren Extremitäten in dem Maße
abschnürt, daß der Kreislauf mit Blutleerbinden nach K s -
march fast völlig aufgehoben wird.
H. konstatierte bei 50 nach dieser Methode ausge¬
führten Narkosen einen viel geringeren Chloroformver¬
brauch; dieser betrug nur die Hälfte der sonst erforder¬
lichen Menge, und der Verbrauch an Äther stellte sich um
1 / 3 geringer. Die Binden wurden sofort nach Sistierung
der Narkose gelöst und man konnte sehen, daß die meisten
Narkotisierten alsbald nach dem Einströmen des abge¬
schnürten Blutes aus der Narkose erwachten. Ungefähr
die Hälfte der Patienten erwachte nach 5 Minuten, die
übrigen nach 10—20 Minuten und nur 4 schliefen noch
V*> Stunde. Bei den Kontroll-Narkosen ohne Abschnürung
erfolgte das Erwachen in der Regel nach t/o Stunde; einige
Patienten schliefen : )4—2 Stunden nach der Narkose und
nur ganz selten trat rasches Erwachen ein.
Nun kommt nach dem Verf. noch ein weiterer wich¬
tiger Vorteil des besprochenen Verfahrens in Betracht;
dieser besteht darin, daß das stark kohlensäurehaltige, ab¬
gesperrt gewesene Blut für das durch übermäßigen Chloro¬
formverbrauch allenfalls gelähmte Atemzentrum ein mächtig
reizendes Autotransfusiohsmittel darstellt, welches in Fällen
von Atemstillstand im Momente zur Verfügung steht, ferner
ist durch dieVerdünnung des Chloroformgehaltes des Körper¬
blutes durch die Blutmenge aus der abgeschnürten Extremi¬
tät eine günstige Wirkung zu erwarten.
Als Kontra-Indikationen gegen die Anwendung der
Methode bezeichnet Verf. Varikositäten an den unteren
Cliedmaßen und Arteriosklerose. A.
D e x 1 e r: Über endemischen Kretinismus bei Tieren.
(Berl. Tierärztl. Wochenschr., 1909, Nr. 21—24.)
Während noch bis vor kurzem in der Tierheilkunde
der Kretinismus von verschiedenen Erkrankungen des
132
Knochensystems so wenig unterschieden wurde, daß die
Frage berechtigt war, ob es bei Tieren überhaupt echten
Kretinismus gibt, sind neuerdings einige Fälle bei Hunden
und einer beim Schakal näher untersucht und beschrieben
worden, die eine Bejahung rechtfertigen.
Prof. D e x 1 e r unterzieht die einschlägigen Mittei¬
lungen, die in der Hauptsache von Prof, von Wagner
stammen, der anläßlich seiner Untersuchungen über den
endemischen Kretinismus des Menschen in Obersteiermark
auch den kretinischen Hunden sein Augenmerk zuwandte,
einer kritischen Würdigung und beschreibt auf das Ein¬
gehendste das psychische Verhalten und die anatomischen
Anomalien bei 2 aus Steiermark stammenden Hundekretins,
die er selbst längere Zeit beobachtete.
In allen für echten Kretinismus anzusprechenden
Fällen wurde zunächst der anamnestischen Hauptforderung
der Herkunft aus Gegenden, in denen die Krankheit ende¬
misch ist, Genüge geleistet. Keiner dürfte als kongenital
angesehen werden, weil zurZeit der Geburt merkliche Unter¬
schiede in Gestalt und Gebaren den Geschwistern gegenüber
nicht vorhanden waren; das krankmachende Agens setzte
vielmehr überall erst in einer sehr frühen Entwieklungs-
epoehe des extrauterinen Lebens ein.
Tn allen Fällen bestand ferner auch das am meisten
auffallende Kennzeichen des Kretinismus, das Zurückbleiben
des Längenwachstums von Kopf, Rumpf und Extremitäten.
Gelenksverdickungen fehlen, Röhrenknochen normal ge¬
streckt. Die durch den Skelettbau bestimmte Habitus-Ände¬
rung erfährt durch die Hypertrophie der Weichteile des
Kopfes und die Struma noch eine verschärfte Ausprägung.
Der dicke, kurze Schädel, der starke, meist kropfige Hals,
die breite und tiefe Brust, die plumpen Arme und die dicke,
namentlich an Kopf und Hals gleichsam zu große Haut er¬
zeugen ein Vorderteil, das zu dem schmächtigen Hinterteil
schlecht paßt. Der Bauch ist häutig meteoritisch aufge¬
trieben, der Schweif dick und kurz, das Becken schmal und
meist abschüssig.
Die Vergrößerung der Thyreoidea erreicht in der Regel
nur einen mäßigen Grad, so daß sie, da sehr viele normale
Hunde auch mit Kröpfen behaftet sind, differential-diagno¬
stisch nicht in’s Gewicht fällt. Die infolge der gestörten
Schilddrüsen funktion auftretende myxomatöse Degeneration
der Halshaut war in einem Fall noch nicht zur Entwicklung
gelangt.
133
Gelegentlich kommen auch noch andere anatomische
Anomalien zur Beobachtung, wie Stellungsfehler der Augen,
stärker ausgeprägte Asymetrien des Körperbaues, Kleinheit
des äußeren Genitales, schlecht entwickelte Muskulatur,
Anomalien der Behaarung. Lindne r.
(Schluß folgt.)
Hoehne: Zur Prophylaxe der postoperativen Peri¬
tonitis. (Münch. Mediz. Wochenschr., Kr. 49, 1909.)
Grimm erreichte durch intraperitoneale Öl-Injek¬
tionen bei Kaninchen eine wesentliche Verringerung oder
gar Aufhebung der Bakterienresorption aus der Bauchhöhle
und erklärte dieses Phänomen damit, daß eine bakterien¬
dichte Ölverlegung der aus dem Peritoneal-Kavum abführen¬
den Lymphwege stattfinde.
Um die Frage nach der Richtigkeit einer Fettembolie
zu lösen, unternahm Hoehne Versuche mit intraperito-
nealen Kampheröl-Injektionen und konnte bei den getöteten
Versuchstieren anatomisch nachweisbare Schädigungen, spe¬
ziell im Bereiche des Lungenkreislaufes, nicht erkennen.
Nachdem so die Unschädlichkeit dieses Eingriffes nachge¬
wiesen war, stand noch die Frage offen, ob so vorbehandelte
Tiere eine intraperitoneale Bakterieninfektion leichter über¬
stehen. Bei gleichzeitiger intraperitonealer Injektion von
Kamj)heröl und von virulenten Bakterien erfolgt die Bak-
terien-Resorption bei geölten und nicht geölten Tieren gleich
rasch. Wird jedoch die Öl-Injektion der Bakterien-Injektion
längere Zeit (mindestens 20—24 Stunden) vorausgeschickt,
so ist, tatsächlich die Bakterien-Resorption aufgehoben oder
nur ganz minimal; das auf diese aseptische Weise erzielte
peritoneale Exsudat hat einen bedeutenden Gebalt von bak¬
teriziden und bak'teriolytischen Substanzen. Der praktische
Wert dieser Versuche besteht darin, daß man bei Kranken,
bei denen infolge septischer Prozesse oder anderer Neben¬
umstände eine sterile Bauchoperation in Frage gestellt ist,
durch vorausgehende intraperitoneale Kampheröl-Injektionen
(10—30 ccm, 10 %ige Kampheröl-Injektion 4—1 Tag ante
operationem) die Gefahr einer bakteriellen Peritonitis sehr
verringern kann. Lichte n s t e r n.
Tierzucht und Tierhaltung.
Münchener Trabrenn- und Zuchtverein.
Der „Münchener Trabrenn- und Zuehtverein (e. V.)“
hielt vor kurzem unter Leitung des Vorstandes Distrikts-
134
tierarzt Settel e-Pasing die o r d e » 1 1 i eh eGeneral-
versa in m lung ab. Dem J ahresberieht ist zu ent¬
nehmen, daß das abgelaufene Vereinsjahr abermals als ein
günstiges bezeichnet werden darf. Der Mitglieder¬
stand zählte am Schlüsse des Jahres zwei Ehrenmitglieder
— Prinz Alfons und Prinz Franz —, 57 ordentliche und
1374 außerordentliche Mitglieder. Es wurden im Jahre 1909
vier Meetings (Frühjahrs-, Sommer-, September- u. Herbst-
Meeting) abgehalten; die Anzahl der Renntage wurde von
15 auf 17 erhöht, um den Ställen reichlichere Arbeit für
ihre Pferde und besonders den Züchtern weitgehendere
Chancen zu eröffnen. An den 17 Renntagen wurden 102
Rennen, darunter das 500. Rennen, gelaufen. Da die 17
Renntage im Jahre 1909 vom Ministerium des Innern nur
ausnahmsweise genehmigt, worden sind und für die Folge
nur eine Genehmigung von 15 Renntagen mit Totalisator¬
betrieb als Maximum in Aussicht gestellt wurde, ist der
Verein gezwungen, seine nächstjährigen Veranstaltungen
auf 15 Renntage zu beschränken. Im Jahre 1909 wurden
dem Verein folgende Subventionen zugewendet: 4000
Mark Staatspreis von der K. Landgestütsverwaltung, 2000
Mark vom Magistrat der K. Haupt- und Residenzstadt
München, 3000 Mark von der Technischen Kommission für
Trabrennen in Berlin. Von den abgehaltenen 102 Rennen
waren 20 Rennen ausschließlich den bayerischen Pferden
reserviert, während die übrigen 82 Rennen denselben eben¬
falls offen waren und ihnen gegenüber den anderen konkur¬
rierenden Pferden sogar Erleichterungen boten, so daß von
den zur Auszahlung gelangten Preisen von 162 830 Mark
allein 106 240 Mark von bayerischen Pferden gewonnen
werden konnten. Für siegende bayerische Pferde wurden
43 Züchterprämien im Betrage von 1710 Mark aufgeweudet,
außerdem ein Ehrenpreis dem Züchter des Siegers im baye¬
rischen Züchterrennen gegeben. Zur Distanzfahrt
W i e n—B e r 1 i n wurde vom Verein ein wertvoller Ehren¬
preis gespendet, der von Frlirn. v. Senfft-Pilsach-
Rudolstadt gewonnen wurde. Auf dem Gebiete der Zuch t
kann in diesem Jahre ein erfreulicher Aufschwung kon¬
statiert werden, der vor allem in den bei den Leistungs-
priitungen erzielten guten Rekords zwei- und dreijähriger
Pferde zum Ausdruck kam. Der vom Landgestüt vor kurzem
betätigte Ankauf des Deckhengstes Reserve»“, 5jähriger
ungarischer Rapphengst von Deck Miller aus der Alice L.,
bisher im Besitze des Gestütes Shurova, dürfte für die baye¬
rische Traherzueht von hoher Bedeutung sein. Tn der Deck-
135
Station Zarudorf waren im Jahre 1909 vom K. Landgestüt
Erding wiederum die Traberhengste „Vyceoff“ und „Nord¬
stern I“ aufgestellt, denen 44 Stuten zugeführt wurden, und
zwar 5 dem ersteren, 39 dem letzteren Hengste. Von den
auf tfcer Deckstation Zamdorf 1909 gedeckten Stuten wurden
13 Produkte in die Geburtsregister der Technischen Kom¬
mission für Trabrennen in Berlin eingetragen. Für das
bayerische Zuchtrennen 1911 wurden 34 und für den Mün¬
chener Traberpreis 1911 43 Unterschriften abgegeben. Es
starteten im Jahre 1909 134 Pferde gegen 152 im Jahre
1908. Als Sieger gingen hervor bayerische Pferde in 60,
deutsche in 14, österreichisch-ungarische in 9, internationale
in 11, Zweispänner in 3 Rennen. Der Umsatz am Totalisator
stieg im Jahre 1909 auf 1 333 965 Mark, wofür an das Rent¬
amt 111 163 Mark 70 Pfg. an Steuern abzuführen waren.
(Tagespresse.)
Generalversammlung des Vereins zur Förderung der Traber¬
zucht in Bayern.
Mitte vorigen Monats fand in Pfarrkirchen die 16.
Generalversammlung des „Vereins zurFörderung der Traber-
zueht in Bayern“ statt. Der erste Vorsitzende, Herr Bezirks¬
tierarzt Horn, eröffnete die Versammlung und führte aus,
daß der Verein innerhalb der 15 Jahre seines Bestehens stets
seinem Grundprinzip getreu geblieben ist: der Züchtung
eines leistungsfähigen, gut gängigen Gebrauchspferdes.
Dank der Unterstützung der K. Staatsregierung und der
K. Landesgestütsverwaltung, die teils in Zuschüssen, teils
in der Aufstellung erstklassiger Traberhengste bestand, war
die Durchführung dieses Grundsatzes möglich. Die züch¬
terischen Erfolge innerhalb dieser 15 Jahre waren äußerst
günstig, wenn sich der Verein auch fernerhin das Wohl¬
wollen dieser hohen Stellen erhalten könne;, so lasse sich mit
froher Hoffnung in die Zukunft blicken. Pie Rennen des
verflossenen Vereinsjahres wurden genau nach den ent¬
worfenen Propositionen durchgeführt und trugen daher
durchwegs züchterischen, nicht sportlichen Charakter. An
diesem Grundsatz müsse festgehalten werden, unbeschadet
der Tendenz der in neuerer Zeit entstandenen vielen Renn¬
vereine, die rein für den Sport zugeschnitten seien, nur
örtlichen Interessen und ausschließlich der Geldmacherei
dienen. Das hohe Interesse, welches unsere Bevölkerung
den züchterischen Rennen entgegenbringe, beweise
der außerordentliche Besuch derselben trotz der ungünstigen
Witterungsverhältnisse des verflossenen Jahres. Pen Glanz-
136
punkt bildete auch im Jahre 1909 wieder das Große Zucht¬
rennen, welchem Seine Königliche Hoheit der Prinz-Regent
in bekannter Huld wieder einen prachtvollen Pokal gestiftet
hat. An Geldpreisen kamen 26 330 Mark, sowie 6 wertvolle
Ehrengaben zur Verteilung. Dabei sei auch des Geschenkes
zu gedenken, das der Präsident des Vereins zur Hebung der
Pferdezucht in Bayern, Herr Graf Drechsel, gelegent¬
lich seines Besuches zu den Rennen gab. Seit Bestehen des
Vereins kamen im ganzen 287 000 Mark an Preisen zur Ver¬
teilung. Durch kluge Finanzwirtschaft war der Verein auch
in der Lage, neben Deckung der laufenden Ausgaben, Ab¬
schreibungen und Admassierungen die Rennpreise von Jahr
zu Jahr zu erhöhen. Die Anstalt wurde durch Errichtung
von 6 neuen Box erweitert. Die Frequenz der Anstalt war
im abgelaufenen Jahre sehr gut. Es befanden sich während
des Sommers 94 Stück teils zu Zuchtzwecken, teils zum Trai¬
ning, während des Winters 40 Stück dortselbst. 29 Fohlen
wurden in der Anstalt geboren. Der Gesundheitszustand
sämtlicher Tiere war sehr gut. Innerhalb 3 Monaten wurden
132 Stuten gedeckt. Im bayerischen Trabergrundbuch sind
alle von Pfarrkirchen stammenden Fohlen registriert. Die
von den hier aufgestellten Traberherigsten stammenden
Pferde haben bis jetzt 216 950 Mark an Geldpreisen ver¬
dient, um 13 000 Mark wieder mehr gegen das Vorjahr.
Mit der Aufforderung, an den bisherigen Grundsätzen fest¬
zuhalten, schloß der Herr Vorsitzende seinen ausführlichen
Jahresbericht. Die Jahresrechnung schließt mit
84 450 Mark 41 Pfg. Einnahmen und 78 893 Mark 89 Pfg.
Ausgaben, somit mit einem Aktivrest von 5556 Mark 52 Pfg.
Der Etat für das Jahr 1910 bilanziert mit 81 000
Mark Einnahmen und Ausgaben. Es erfolgte nun die Fest¬
setzung der Renntage, der Propositionen und Preise. Mit
Rücksicht auf besondere Verhältnisse des heurigen Jahres
werden statt der bisherigen 4 Rennen nur 3 abgehalten, da¬
gegen die Preise des 4. Rennens auf die übrigen 3 verteilt,
so daß diese mit höheren Preisen dotiert sind.
Münchener Pferdemarkt 1910.
Der vom ,,Verein zur Förderung der Pferdezucht in
Bayern“ alljährlich in München veranstaltete Markt für
Luxus-, Zucht- und Arbeitspferde mit Verlosung und Prä¬
miierung findet in diesem Jahre am 14. und 15. April statt.
Zur Prämiierung sind 14 310 Mark an Geldpreisen ausge¬
setzt; zur Verlosung kommen 5 vollständige Equipagen, da-
137
runter 1 Viererzug, 46 Pferde und 4000 Mark Geldgewinne
im Gesamtwert von 100 000 Mark. Für unverkauft ge¬
bliebene Pferde ist frachtfreie Rückbeförderung auf den
K. Staatsbahnen bewilligt.
Die Azididät der Milch tuberkulöser Kühe.
M onvoisin teilte der französischen Aeademie des
Sciences in Paris mit, daß die Azidität der Milch tuberku¬
löser Kühe unmittelbar nach dem Melken viel geringer ist
als die Azidität der Milch gesunder Kühe; nach ihm sollte
daher jede Milch, die unmittelbar nach dem Melken Unter¬
azidität zeigt, als unzulässig für die Säuglingsernährung be¬
zeichnet werden. M. behauptet, daß selbst dann, wenn die
bakteriologische Untersuchung noch keine Tuberkulose er¬
kennen lasse, gleichwohl aus der Unterazidität auf Infek¬
tion des Euters durch Koch’sche Bazillen zu schließen sei.
(Therapeut. Monatsberichte, I. Heft, 1910.) A.
Preisverteilung.
Der „Ziegenzuchtverein Dortmund“ hatte ein Preis¬
ausschreiben zur Bearbeitung des Themas „D ie Ziegen¬
krankheit en und deren Verhütung“ erlassen.
Die Arbeiten sollten nur 13—14 auf Konzept-Papier ge¬
schriebene Seiten umfassen. Das Preisrichterkollegium hat
die Preise wie folgt verteilt: I. Preis und 60 Mk. erhielt
die Arbeit mit dem Motto „Wissen ist Macht“, Verfasser:
Stadttierarzt Dr. W. N i c 1 a u s in Glogau a. O.; II. Preis
und 50 Mk. erhielt die Arbeit mit dem Motto „Delta“, Ver¬
fasser : Distriktstierarzt C. G. Dommerhold in Ryko-
veerarzts Hengelo (Niederlande); III. Preis und 20 Mk. er¬
hielt die Arbeit mit dem Motto „Hygiene“, Verfasser: Tier¬
arzt M u 1 z e r in Nürnberg.
Verschiedenes.
Veterinärreform.
Die V o r 1 a g e über die Militärveterinär-
reform wurde vom Reichstage in zweiter Le¬
sung mit großer Stimmenmehrheit ange¬
nommen.
Die Gehalts- und Pensionsfrage der Oberamtstierärzte
in Württemberg.
Der Bericht über die ordentliche Mitgliederversamm¬
lung des Tierärztl. Landesvereins in Württemberg (Deutsche
138
Tierärztl. Wochenschrift, Nr. 4, 1910) bringt neben verschie¬
denem anderen die Mitteilung, daß der württembergische
Staatsminister, Dr. v. P i s ch e k, gelegentlich einer Audienz
erklärte, er beabsichtige noch in diesem Jahre den Gesetz¬
entwurf bezüglich der Ärzte an die Kammer zu bringen und
im unmittelbaren Anschluß daran den Entwurf eines Ge¬
setzes, betreffend die Regelung der Gehalts - und
Pen sions Verhältnisse der Oberamtstier¬
ärzte. Ein Ministerialbeamter sprach sich dafür aus: der
Oberamtstierarzt müsse vollständig unabhängig von der
Privatpraxis sein; angezeigt wäre aber aus den zur Zeit
zu kleinen Bezirken größere zu bilden; es werde sich dieses
besonders notwendig erweisen, wenn das Tuberkulose-Til¬
gungsverfahren eingeführt sei; im übrigen müsse die Rege¬
lung der Anstellungsverhältnisse der Oberamtstierärzte mit
dem Inkrafttreten des neuen Reichsviehseuchengesetzes er¬
folgen. (Der pensionsfähige Gehalt der württembergischen
Oberamtstierärzte beträgt gegenwärtig 1300 Mark, dazu
kommen 100 Mk. nicht pensionsfähiger Gehalt und ein
Wohnungsgeldzuschuß von 140—200 Mark.)
Medizinische Veterinärklinik an der Universität Gießen.
Der Neubau der internen Veterinärklinik an der Uni¬
versität Gießen ist nunmehr vollendet. Nach Fertigstellung
der inneren Einrichtung, spätestens Ende des Sommer-
Semesters werden die neuen Räume bezogen werden.
Führung des in Bern erworbenen Titels „Dr. philos.“.
Dem Schlachthofdirektor Becker in Hanau wurde
seitens des preußischen Kultusministeriums die Erlaubnis
zur Führung des an der Universität Bern erworbenen Titels
„Dr. philos.“ erteilt. B. arbeitete zwei Semester an der ge¬
nannten Universität und lieferte eine vorzügliche Disser¬
tation.
Zum Dekan an der veterinär-medizinischen Fakultät
der Universität Zürich wurde für die nächste Amtsperiode
(Beginn: Sommer-Semester 1910) Professor Biirgi ge¬
wählt.
Bücherschan.
Schaper’s Taschenbuch der Tierärztlichen Hochschulen des
Deutschen Reiches. IX. Jahrgang, 1909—1910. Mit den
139
Porträts der Herren Geh. Reg.-Rat Prof. Pr. S <• h ü t z -
Berlin und Prof. Pr. R i e v e 1 - Hannover. Herausge¬
geben von M. und H. Schaper, Verlagsbuchhandlung in
Hannover.
Dieses Taschenbuch gibt Aufschluß über die akademischen
Vereinigungen an den Tierärztlichen Hochschulen, die Erwerbung
der Approbation als Tierarzt, die Promotionsordnungen von Gießen,
Leipzig, Dresden, Bern und Zürich, die Aufnahmebedingungen, Vor¬
lesungsverzeichnisse, Bibliotheken, akademische Verbindungen au
sämtlichen deutschen Tierärztlichen Hochschulen mit Einschluß der
veterinärmedizinischen Fakultät der Universität zu Gießen; ferner
enthält das Büchlein noch Mitteilungen über den preußischen Be-
amten-Verein und ein ausführliches Verzeichnis veterinärmedizi¬
nischer Werke. Das Taschenbuch kann allen Studierenden bestens
empfohlen werden. Jakob.
Personalien.
Auszeichnungen: Dr. Csokor, Hofrat, em. Professor an
der Tierärztlichen Hochschule in Wien den Titel ordentlicher Uni¬
versitätsprofessor, Dr. Schindelka Hugo, Professor an der Tier¬
ärztlichen Hochschule in Wien den Titel Kais. Hofrat, Dr. Struska
Johann, Professor an der Tierärztlichen Hochschule in Wien den
Orden der Eisernen Krone III. Klasse.
Ernennungen: Kreistierarzt Dr. Müller, Assistent am
Institut für Hygiene und Bakteriologie in Straßburg zum Abteilungs-
yorsteher des Hygienischen Instituts der Tierärztlichen Hochschule
in Berlin mit Lehrauftrag für Fleischbeschau und Milchhygiene. Dr.
Fe Iber Wilhelm, Assistent an der Tierärztlichen Hochschule in
Dresden zum städt. Tierarzt in Stettin. Dr. Jauss August, Unter-
veterinär im 3. Chev.-Regt. in Dieuze zum Oberveterinär.
Wohnsitzveränderung: Zinsmeister Otto in Stüli-
lingen (Baden) als bezirkstierärztlicher Assistent nach Pforzheim.
Approbationen: in München die Herren Löffler Albert
aus Zangberg, Münzhuber Ignaz aus Manching, Rauch Rupert
aus Altötting und Rudolph Rudolf aus Behlingen; in Hannover
Herr Gnorz Erich aus Hannover.
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Da hm Kurt in Bernkastel und Kollmeyer Friedrich in Osnabrück.
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Einladung zur Monatsvergammlung am Donners¬
tag, den £4. .Februar 1910 im Restaurant „Herzog Hein¬
rich“ (Speisesaal), Ecke der Landwehr- und Mathildenstraße, Tram¬
bahnhaltestelle.
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(früier: Wochenschrift für Tierltiimii nsd TUkndt).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 1. März 1910. Nr. 9.
Inhalt: Originalartikel: Dr. Reissinger: Chronische Hüft-
lahmheit beim Pferd. — Mattem: Aus der Praxis. — Mulzer:
Arzneimittel. — Referate: Steinitz: Über ein Ersatzmittel
für Yeronal. Dexler: Über endemischen Kretinismus bei Tieren.
(Schluß.) Wyßmann: Ein Fall von Epulis myxomatosa beim
Rind. — Tierzucht und Tierhaltung: Bekämpfung
der Dasselfliege. Tierzuchtinspektoren. — Verschiedenes:
Tierärztliche Hochschule München. Veterinär - Offizierskorps.
Die Militär-Veterinärreform in der Plenarsitzung des Reichs¬
tags. Promotionen in Bern. Viehseuchen - Nachrichten. —
Bücherschau. — Personalien.
Chronische Httltlahmheit beim Pferd.
Von Distriktstierarzt Dr. Reissinger, Amorbach.
Im Sommer vorigen Jahres wurde mir ein Sjähriges
Pferd aus Baden vorgestellt mit dein Vorbericht, daß das¬
selbe seit etwa 8 Monaten am rechten Hinterfuß lahm gehe
und schon verschiedentlich tierärztlich untersucht und be¬
handelt worden sei.
Das Pferd sei 5 Tage, nachdem es in den Besitz des
Eigentümers gekommen war, im Stalle ausgerutscht, auf
die rechte Seite gefallen und wieder aufgesprungen. Vom
nächsten Tag ab sei das Pferd bereits lahm gegangen. Die
Behandlung habe in Einreibungen von Kainpherspiritus
und Umschlägen mit Lehmessigbrei auf die Hüftgegend
bestanden; in letzter Zeit sei das Pferd immer zu leichter
Arbeit verwendet worden.
142
Untersuchungsbefund: Das Tier lahmt, im
Schritt, noch mehr im Trab, die Extremität wird nicht flek¬
tiert, sie bleibt so starr als wenn sie hölzern wäre. Krepi¬
tationsgeräusche sind nicht wahrzunehmen. In der Hüft¬
gelenksgegend besteht Anschwellung, die Huf t rnusku-
1 a t u r zeigt bedeutende Atrophie und aus einer
in der Nähe des Gelenks befindlichen pfenniggroßen Wunde
fließt etwas gelblich-weißer geruchloser Eiter. —
Ich legte das Pferd, da im Stehen wenig zu machen
war, vorsichtig auf die linke Seite und versuchte die Wunde
nach Tiefe, Richtung, Verzweigung und Inhalt näher zu
prüfen. Mit der Sonde bekam ich wenig Aufschlüsse und
erweiterte deswegen die Wundpforte, drang dann mit dem
Finger ein; die Richtung ging gerade auf das Hüftgelenk
zu und am Ende des untersuchenden Fingers war ein kleiner
Hohlraum wahrzunehmen. Beim Irrigieren kamen einige
linsen- und erbsengroße weiße Bröckelchen zum Vorschein,
die sich zwischen den Fingern zerdrücken ließen und als
osteophytische Neubildungen angesprochen
wurden.
Ich machte nun etwa 15 cm unterhalb der ersten Öff¬
nung eine zweite, stellte die Verbindung her, legte ein ge-
143
fenstertes Gummirohr ein und irrigierte ausgiebig mit
großen Mengen desinfizierender Flüssigkeit.
Die Prognose mußte in anbetraeht der langen Dauer
der Lahmheit und der bedeutenden Muskelatrophie un¬
günstig lauten.
Die weitere Behandlung, die vom Besitzer viele Wochen
fortgesetzt wurde, bestand in täglichen desinfizierenden Irri¬
gationen und Eingießen von Jodoformäther in den Wund¬
kanal. Da der Zustand sich nicht besserte, ließ der Besitzer
das Pferd töten und übermittelte mir das obere Ende des
Femur.
Der pathologische Befund ist interessant:
An Stelle des Trochanter sitzt hutförmig neben dem
Gelenkskopf eine kindskopfgroße, einem Waschschwamm
ähnliche osteophytische Neubildung, welche die merkwür¬
digsten Figuren, Brücken und Löcher aufweist; die Wuche¬
rung überragt den Femurkopf um zirka 10 cm und umgibt
ringförmig unterhalb des Trochanter das obere Femurende.
(Fig. lau. b.)
Der Femurkopf ist an seiner Oberfläche von seichten
Rissen durchzogen. (Fig. I b.)
144
Ob die Gelenkpfanne an dem Prozeß beteiligt war,
vermag ich nicht anzugeben, da ich trotz nachträglicher Be¬
mühungen den entsprechenden Beckenteil leider nicht er¬
halten konnte; doch war auch wahrscheinlich sie in Mit¬
leidenschaft gezogen.
Es handelte sich im vorliegenden Fall um eine chro¬
nische Coxitis mit partiellen Störungen
des Knorpelüberzugs am Femurkopf und
um osteophytische periartikuläre Knochen¬
neubildungen (Coxitis ulcerosa purulenta).
Die Ursache hiezu war eine durch den Sturz bedingte
schwere Quetschung mit Distorsion bezw. inkomplette Lu¬
xation.
Eine Heilung bezw. operative Beseitigung des Leidens
war unter den obwaltenden Verhältnissen unmöglich.
Ans der Praxis.
Von Bezirkstierarzt Mattem, Rockenhausen.
Koprostase und subkutane Zellgewebs¬
entzündung.
Ein Tjähriges Arbeitspferd erkrankte infolge Ver¬
stopfung unter ziemlich heftigen Kolikerscheinungen. Trotz
entsprechender Behandlung erschien erst am 4. Tage Kot,
worauf dieünruheerscheinungen nachließen. Durch heftiges
Anschlägen beim Fallenlassen in dem etwas engen Stande
veranlaßt, entstand am Widerrist eine etwa fünf markstück-
große Hautnekrose, sowie eine äußerst umfangreiche eiterig-
jauchige Zellgewebsentzündung rechts und links vom Wider¬
rist, sowie an den Brustwandungen. Beiderseits wurden
zahlreiche Öffnungen zur Entleerung des Sekretes angelegt.
Die anfänglich drohende allgemeine Sepsis trat nicht ein,
der Heilungsprozeß verlief unter desinfizierender Behand¬
lung normal.
Nervöse Störungen.
Ein 12jähriges Wagen- und Ackerpferd zeigte ein
schreckhaftes aufgeregtes Wesen sowohl im Stalle wie wäh¬
rend der Arbeit und schüttelte fast unaufhörlich mit dem
Kopfe. Krankhafte Veränderungen am Kopfe und insbe¬
sondere in oder an den Ohren konnten nicht konstatiert
werden. Das Tier erhielt einige Zeit Natr. bromat. in wässe¬
riger Lösung verabreicht, worauf bald wieder normale Ver¬
hältnisse eintraten. —
14b
Ein Mutterschwein erkrankte nach dem Abspähnen
der Ferkel an heftigen Krämpfen und Zuckungen des ganzen
Körpers und war kaum im Stande, sich zu erheben und
einige Schritte zu machen. Auch hier führte Natr. bromat.
Heilung herbei.
Dampf.
Drei Pferde eines Stalles erkrankten nach Verfütte-
rung von mit Schimmelpilzen befallenem Kleeheu an mittel¬
hochgradigen Erscheinungen des Dampfes. Sistieryng der
Heufütterung und Gaben von Liq. Kal. arsenic. brachten
nach einigen Wochen Genesung.
Herzveränderungen.
Eine 6jährige Kuh zeigte während einiger Tage ver¬
minderten Appetit; an der Vorder- und Unterbrust, sowie
am Triele war eine sehr umfangreiche, ödematöse Schwel¬
lung aufgetreten. Die Herztöne waren fast unhörbar, der
Puls klein und frequent. Da Pericarditis traumatica ver¬
mutet wurde, fand alsbald die Schlachtung des Tieres statt.
Hiebei erwies sich das Perikard völlig intakt, das Herz etwas
hypertrophisch, die Trikuspidalklappen waren zu einem
schwammartigen, zottigen Gebilde verändert, das an der
einen Klappe die Größe eines Hühnereies erreichte. —
Ein etwa % jähriges Jungrind sollte zu Fuß nach einem
3 Kilometer entfernten Dorfe verbracht werden. Unterwegs
blieb es des öfteren stehen und stürzte, nachdem es etwa
1 Kilometer zurückgelegt hatte, plötzlich zusammen, worauf
der Treiber sofort den Halsschnitt vornahm. Nach der Aus¬
schlachtung zeigte sich das Herz ungemein hypertrophisch,
es hatte die Größe eines Ochsenherzens. Der Herzmuskel
war sehr derb und fest. Sonstige Veränderungen wurden
nicht gefunden.
Eintritt von Laktation ohne T r ä c li t i g k t- i t.
Von einem Viehbesitzer wurde mir ein ganz eigentüm¬
liches Verhalten einer Kuh mitgeteilt. Diese, sie wurde für
trächtig gehalten, ließ etwa 6 Wochen vor der erwarteten
Geburt sehr rasch in der Milchsekretion nach und stand
schließlich trocken. Die Trächtigkeitsdauer lief ab, die Kuh
benahm sich wie eine tragende. Eines Tages trat Milch-
sekretion ein, welche sich allmählich steigerte, und das Tier
gab, ohne gekalbt zu haben, wieder 18 Liter Milch pro Tag.
146
Kreuzßchwäche.
Ein Pferd war beim Ziehen einer schweren Last auf
eine Anhöhe ausgeglitten und zusainmengestürzt. Es erhob
sich wieder, zeigte zwar sofort etwas gespreizten Gang an
den Hinterbeinen, zog aber seine Last noch 10 Kilometer
weit nach Hause. Das Ziehen fiel ihm in der Folge etwas
schwer, die auffallendsten Erscheinungen jedoch konnte
man im Stalle und auf der Beschlagbrücke beobachten.
Veranlaßte man das Tier zum Seitwärtstreten, so schob es
die gespreizten Hinterbeine weit nach vorwärts, ebenso
stellte es die Vorderbeine und bewegte sich mühsam und
mit deutlichen Zeichen der Angst und des Schmerzes seit¬
wärts, wobei man alle Augenblicke befürchten mußte, es
werde zu Boden stürzen. Ganz ähnlich erging es beim Be¬
schlagen. Die Stellung, die es beim Aufheben eines Fußes
einnahm, war geradezu grotesk. Während der Bewegung
sah man an dem Tiere nichts Besonderes, nur ging es etwas
langsam und konnte nur mäßige Lasten fortbewegen. Trotz
guter Futteraufnahme trat ziemlich starke Abmagerung ein.
Der Zustand bestand, ohne sich zu bessern, etwa % Jahre,
worauf das Pferd wegen fortschreitender Abmagerung und
erheblich beschränkter Gebrauchsfähigkeit an den Metzger
verkauft wurde.
0 t o r r hoe bei m Pfer d.
Bei einem Pferde beobachtete ich einen Fall von beider¬
seitiger Otorrhoe mit ziemlich starkem Ausfluß. Aus¬
waschungen mit Borwasser und Einstreuen von Tannoforin
führten rasch zu Heilung.
B 1 a s e n v o r f a 1 1.
Eine 4jährige Kuh kam zum zweitenmale zum Kalben.
Die Geburt verlief normal, ebenso der Abgang der Nach¬
geburt; es zeigte sieh aber nach Aussage des Besitzers zur
Zeit des Blasensprunges ein kugelförmiges Gebilde von
dunkelroter Farbe und über Mannsfaustgröße zwischen den
Schamlippen, was für einen Scheidenvorfall gehalten wurde.
Deshalb legte man eine Bandage um. Das Tier äußerte fort¬
während, auch nach dem Abgang der Nachgeburt, heftige
Kolikerscheinungen. Erst am nächsten Tage, etwa 18 Stunden
post partum, wurde ich gerufen und konstatierte, daß die
nunmehr schwarzrot und ödematös gewordene in der Scheide
sichtbare Blase die durch die Harnröhre vorgefallene Harn¬
blase war. Nach ziemlicher Anstrengung gelang es, sie zu
reponieren, wobei ich fast mit drei Fingern durch die er-
147
weiterte Harnröhre eingehen konnte. Die Blase blieb zwar
in ihrer Lage, das Tier zeigte aber ein so schlechtes Allge
raeinbefinden, daß es notgeschlachtet werden mußte. Die
Fleischbeschau ergab akute Peritonitis. Ich glaube, daß die
Kuh bei früherer Hilfeleistung gerettet worden wäre.
Morbus maculosus mit Muskelschwund.
Ein älteres, sehr edles Pferd war an Petechialfieber
erkrankt. Es wurde mit intravenösen Kollargoliujektionen
behandelt und genas. In der Folge stellte sich aber starker
Muskelschwund am linken Hinte,rschenkel, verbunden mit
hochgradiger Lahmheit, ein. Trotz mehrwöchiger Behand¬
lung änderte sich der Zustand nicht, weshalb das Pferd
schließlich zu Schlachtzwecken nach auswärts verkauft
wurde.
Arzneimittel.
Von Tierarzt Mulzer, Nürnberg.
1. Plasmase bei Erkrankung der Leber. Ein Pferd
magerte allmählich ab, versagte lange Zeit das Futter und
hatte langes struppiges Haar. Die sichtbaren Schleimhäute
zeigten eine gelbe Verfärbung. Nach einmaliger subkutaner
Injektion von 15 ccm Plasmase und gleichzeitiger Verab¬
reichung von Sal. Carol. factit; 400,0, Pulv. Rad. Rhei 50,0
(auf jedes Futter 1 Eßlöffel voll) besserte sich nicht nur zu¬
sehends der Appetit, sondern innerhalb 12 bis 14 Tagen
hatte das Pferd auch seine Körperfülle wie vorher, so daß
es wieder in den Dienst gestellt werden konnte. Seit fünf
Monaten ist kein Rezidiv eingetreten.
2. Septoform bei verschiedenen Hautkrankheiten.
S. eignet sich hinsichtlich seiner heilenden Wirkung und
auch billigen Preises (da es meist verdünnt anzuwenden ist)
sehr gut zur Behandlung von mit Juckreiz und Haarausfall
einhergehenden Hautkrankheiten, so besonders von Alo¬
pecia areata. Auch zur Behandlung parasitärer Hautkrank¬
heiten leistet S. als Desinfektionsmittel vorzügliche Dienste.
Am besten läßt man S. mit der 5—10 fachen Menge Wasser
verdünnen und damit dann die erkrankten Stellen täglich
2—3 mal einreiben.
Referate.
Steinltz: Über ein Ersatzmittel für Veronal. (Mün¬
chener Mediz. Wochenschr., Nr. 3, 1909.)
St. empfiehlt als Ersatzmittel für Veronal das Mono-
uatriumsalz der Diaethylorbitursäure. Das Präparat wird
148
von der Chemischen Fabrik S c h e r i n g - Berlin in Tab¬
letten- und Pulverform in den Handel gebracht. Es löst
sich leicht in Wasser von 20° C. im Verhältnis von 1: 5 gegen¬
über demVeronal mit einem Löslichkeitsverhältnis von 1: 45.
Infolge seiner leichten Löslichkeit soll das Präparat nach St.
schneller und sicherer wirken als Veronal. Den langsamen
Eintritt der Wirkung des Veronals, sowie die oft un¬
erwünschte Nachwirkung desselben führt St. auf dessen
schwere Löslichkeit zurück. Ludwig Ebstein bestätigt
diese Vorzüge des „Medinal“ genannten Mittels gegenüber
dem Veronal. Beim Menschen kommen Dosen des erstge¬
nannten Präparates von 0,5 g per os, per rectum und sub¬
kutan zur Anwendung. Es wird dessen Benützung als Schlaf¬
mittel, sowie zur Linderung stenokardischer und asthmati¬
scher Zustände besonders deswegen empfohlen, weil es keine
unangenehmen Nach- und Nebenwirkungen ausübt. A.
D e x 1 e r: Über endemischen Kretinismus bei Tieren.
(Berl. Tierärztl. Wochensehr., 1909, Nr. 21—24.) [Schluß.]
Hinsichtlich der physiologischen Funktionen fällt vor
allem das langsame Fortschreiten des Wachstums auf; in
manchen Fällen mögen hiezu neben der verringerten Schild¬
drüsentätigkeit auch die häufigen Darmstörungen beitragen.
Fast alle kretinischen Hunde nähren sich schlecht; manche
lernen erst nach Monaten ordentlich fressen.
Die psychischen Abnormitäten kennzeichnen sich im
allgemeinen als stark ausgeprägte Apathie. Die Reizperzep¬
tion ist oft gut erhalten, doch besteht ein solcher Mangel
an Gefühlsbetonung, daß es zu weitgehender Gleichgültig¬
keit gegen vieles, aber nicht alles kommt. Ein Stimmungs¬
wechsel mangelt fast ganz. Die geringe Affektivität, die
Stimmungslosigkeit und Gleichgültigkeit bei mehr oder
weniger erhaltener Sinnesperzeption bilden die hervor¬
stechendsten Merkmale. Weil die Aufmerksamkeit nur
schwer zu fesseln ist, bleiben auch Merkfähigkeit und Asso¬
ziationen bedeutend zurück; sie sind ungemein langsam,
mangelhaft und das ganze Gebaren der Tiere wird dadurch
stumpf, schläfrig und träge.
Eine wichtige Erscheinung ist die, daß eine Korrek¬
tion des Körperwachstums und auch des allgemeinen Ver¬
haltens bei längerer Fütterung mit Thyreoidintabletten er¬
zielt wird; v. Wagner konnte hiedurch aus einem Hund,
den er einen Ausbund von Stumpfsinn nennt, einen brauch¬
baren, sehr anhänglichen Stubengenossen machen.
149
Stellt man den psychischen Defektzustand bei Kre¬
tinismus den sonst bei Hunden beobachteten Verblödungs¬
zuständen gegenüber — nach experimenteller Entrindung,
nach chronischer Staupe-Encephalitis, bei Hirntumoren —,
so fallen wohl einige Differenzpunkte auf. Der so sehr her¬
vorstechende apathische Zug bei mehr oder weniger erhal¬
tener Instinktbetätigung und den darauf beruhenden ele¬
mentaren Assoziationen, sowie der Erfolg nach Thyreoidin-
fütterung sind in erster Linie als typisch für Kretinismus
anzusprechen. Da wir aber zur Zeit die symptomatischen
Verblödungszustände und andere, äußerlich ähnliche Pro¬
zesse beim Hund noch zu wenig kennen, werden wir die
psychischen Anomalien wenigstens vorläufig noch im Zu¬
sammenhang mit den somatischen und unter Berücksich¬
tigung der Herkunft des Patienten in Erwägung zu ziehen
haben, ehe wir die Diagnose „Kretinismus“ stellen.
L i n d n e r.
Wyßmann: Ein Pall von Epulis myxomatosa beim
Rind. (Schweizer Archiv für Tierheilkunde, 1909, Nr. 3.)
Die vom Zahnfleisch und den Zahnalveolen ausgehen¬
den verschiedenartigen Tumoren werden Epulis genannt.
Dieselben sind beim Rinde meistens aktinomykotischer Na¬
tur, doch kommen — wenn auch selten — bei dieser Tier¬
art anderweitige Tumoren vor, wie nachstehender Fall be¬
weisen dürfte:
Ein 2l4jähriges Simmentaler Rind zeigte nach Aus¬
sage des Besitzers ganz plötzlich eine von dem Zahnfleisch
der linken Zahnschaufel (J 1) ausgehende starke Blutung,
die nicht gestillt werden konnte, weshalb das Tier nach
12 Stunden wegen Hinfälligkeit und Dyspnoe geschlachtet
werden mußte. Bei der Schlachtung floß nur wenig Blut.
Sektion durch Verfasser: Sämtliche Eingeweide
normal; am Unterkiefer Vorhandensein einer auf der ven¬
tralen Seite der linken Schaufelzange (J1) befindlichen,
über das Zahnfleisch vorstehenden, kleinhaselnußgroßen,
rundlichen, fleischartigen, hämorrhagischen, an der Ober¬
fläche nekrotisch-ulzerierenden Geschwulst von fein kaver¬
nösem Aussehen. Dieselbe entsprang aus der Zahnalveole
des etwas gelockerten Schneidezahnes, so daß derselbe auf
der ventralen und lateralen Seite in seiner ganzen Länge
von rötlichem, weichem Tumorgewebe umfaßt war. Die
.Masse haftete dem normalen Schneidezahn ziemlich fest an
und war peripheriewärts durch eine 1 mm dicke, weißliche
und derbe Membran scharf abgegrenzt.
150
Mikroskopisch fand man neben schlanken Spindel¬
zellen und elastischen Faserzügen viele rundliche und ver¬
ästelte Bindegewebszellen.
Nach Mitteilung des Herrn Prof. Dr. Guillebeau
handelt es sich um ein vom Alveolarperiost ausgehendes
Myxom.
Nach Mazeration des Unterkiefers fand man in der
Lippenfläche des linken Kieferastes eine 3 cm breite und
3 cm lange Höhle als den einstigen Sitz des Tumors.
Resume: Myxome, die sonst allgemein zu den gut¬
artigen Geschwülsten zählen, können ausnahmsweise einmal
durch Blutungsgefahr verhängnisvoll werden. Die eigent¬
liche Veranlassung zur Blutung bleibt hier dunkel. Rabus,
Tierzucht und Tierhaltung.
Bekämpfung der Dasselfliege.
In Nr. 50, 1909, der „Wochenschrift“ wurde berichtet,
daß im Großherzogtum Oldenburg die Absicht bestehe, zur
Bekämpfung der Dasselplage durch Ministerialverfügung
Zwangsabdasselung anzuordnen. In diesem Jahre soll vom
Zentralvereiu der deutschen Lederindustrie die Einberufung
einer Konferenz in Aussicht genommen sein, welche sich mit
Beseitigung der von der Dasselfliege ausgehenden Schädi¬
gungen befassen w r ird.
Das 5. Heft der „Zeitschrift für Fleisch- und Milch¬
hygiene“ bringt eine Mitteilung von Niels Villemoes
in Skiaerum Melle, laut welcher man im Meiereibezirk
Skiaerum Meile bei Yemb (Jütland) seit dem Jahre 1900
fleißig an der Vernichtung der Dasselfliege arbeitet und hie¬
bei bedeutende Erfolge erzielte. Nach V. nimmt in Däne¬
mark das Interesse für die Vernichtung der Dasselfliege
stetig zu; ein Bezirk nach dem andern beginnt mit der
systematischen Bekämpfung der Larven. Verf. glaubt, daß
es bald gelänge, das Vorkommen der Dasselfliege auf ein
geringes Maß zu beschränken, wenn der Kampf gegen dieses
lästige Insekt allseitig aufgenommen wei’den würde. Diese
Ansicht deckt sich mit dem auf diesen Punkt bezüglichen
Inhalt eines vom Kaiser!. Gesundheitsamte ausgegebenen
Merkblattes (Dasselfliegen-Merkblatt) ; in demselben heißt
es: „Nur durch ein geschlossenes energisches Vorgehen aller
Viehbesitzer einer Gegend zur Bekämpfung der Dasselfliege
ist ein Erfolg zu erzielen. Darum empfiehlt es sich, daß Ver¬
einigungen von Viehbesitzern, Gemeinden oder Kreisen die
Angelegenheit in die Hand nehmen, geeignete Personen als
Abdassler anstellen, diese von Tierärzten unterweisen lassen
151
und die richtige Durchführung des Abdasselns durch alljähr¬
lich im Frühjahre stattfindende „Dasselschauen“ sichern.“
Da das hier angeführte Merkblatt nicht in den Händen
aller Kollegen sein dürfte, bringe ich nachstehend Mehrere»
über dessen Inhalt im Auszuge und flechte einige Zusätze ein :
Das Merkblatt verbreitet sich zunächst über die Natur¬
geschichte der Dasselfliege. In Bezug auf diesen Gegenstand
sei das Folgende angeführt: Die Fliegen legen die Eier auf
die Haut. Vor noch nicht langer Zeit wurde gelehrt, daß die
Larven, welche aus den von den Weibchen auf die Haut ge¬
legten Eiern hervorgehen, diese in ihrer ganzen Dicke durch¬
bohren, in dieSubkutis gelangen, sich daselbst während einer
Dauer von 9 Monaten unter Hervorrufung von Entzündung,
Eiterung bezw. der sogenannten Dasselbeulen zur Reife ent¬
wickeln etc.
Es hat sich nun herausgestellt, daß diese Annahme
falsch war. Die aus den Eiern kommenden Larven durch¬
bohren die Haut nicht, gelangen nicht auf diesem, sondern
auf einem ganz anderen Wege in das Unterhautbindegewebe.
Die Sache verhält sich nach Heinrichsen, Koor-
waan, Schneidemühl u. A. w T ie folgt: Die aus den
Eiern ausgeschlüpften Larven werden von den Rindern mit
der Zunge abgeleckt, zumTeil indem sie sich selbst, zumTeil
indem sie sich gegenseitig belecken, kommen in die Maul¬
höhle, von da aus in den Schlund bezw. in den Darm, wan¬
dern von diesen Organen aus meistens in den Rückenmarks¬
kanal und gelangen schließlich in dasUnterhautbindegewebe,
woselbst sie dann während ihrer weiteren Entwicklung die
umschriebenen Beulen von Wallnuß- bis Hühnereigröße, die
Dasselbeulen verursachen. Der Weg, den die Larven nehmen,
führt also nicht von außen durch die Haut, sondern vom
Innern des Körpers in die Subkutis.
Die Schädigung, welche die Dasselfliegen veranlassen,
ist eine mehrseitige: sie beunruhigen die Tiere, halten sie
vom Fressen ab und beeinträchtigen durch beides die Milch¬
ergiebigkeit ; wenn sie in größerer Anzahl vorhanden sind,
können durch den Schmerz etc., welchen sie durch ihre
Weiterentwicklung in der Haut verursachen, Störungen des
Allgemeinbefindens, Rückgang der Ernährung eintreten.
Bei zahlreichem Vorkommen verursachen die Dassellarven
ferner eine mehr oder weniger bedeutende Wertverminde¬
rung des Fleisches; es entstehen nämlich in der Umgebung
der Beulen wässerige, gallertartige oder blutig-eiterige Er¬
güsse, welche die Entfernung von mitunter umfangreichen
Fleischteilen erforderlich macht; der meiste Schaden aber
152
entsteht an der Haut. Das aus dieser hergestellte Leder
weist an den Stellen, wo die Larven ihren Sitz haben und
schließlich aus der Haut austreten, Löcher auf. Das Aus¬
treten findet aber gerade an jenen Hautpartien statt, welche
das wertvollste Leder liefern, nämlich am Rücken, der Lende
und am Kreuze. Der von den Schmarotzern veranlaßt«
Schaden wird im Durchschnitt für jede Haut auf 3 Mark
angeschlagen. A.
(Schluß folgt.)
Tierzuchtinspektoren.
In der bayerischen Kammer der Abgeordneten wurde
bei der Beratung des Etats für Landwirtschaft beim Kapitel
„Hebung der Tierzucht“ den Leistungen der Tierzucht¬
inspektoren warme Anerkennung gezollt und in Anregung
gebracht, die Stellung derselben in einer die Bedeutung
ihrer Tätigkeit zur Hebung der Tierzucht entsprechenden
Weise zu gestalten. Hiebeiwurde seitens eines Abgeordneten
der Wunsch zum Ausdrucke gebracht, es sollten auch tüch¬
tige Landwirte zu Tierzuchtinspektoren herangezogen wer¬
den können, wo die Verhältnisse dieses verlangen.
Verschiedenes.
Tierärztliche Hochschule München.
Seit Langem hat das K. B. Staatsministerium des
Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten den Ausbau
der Tierärztlichen Hochschule in Aussicht genommen. Ver¬
schiedene Umstände verzögerten die projektierten Ma߬
nahmen. Nunmehr sind wichtige Teile derselben zum Aus¬
trage gekommen.
Seine Königliche Hoheit der Prinzregent haben ge¬
nehmigt, daß die Satzungen der Tierärztlichen Hochschule
nach dem Vorbilde der Universität und Technischen Hoch¬
schule umgestaltet und daß dabei zunächst Kollegiengelder
und Zulassung von Privatdozenten an der Hochschule zur
Einführung gelangen.
Die Verleihung des von der Hochschule erbetenen
Promotionsrechtes ist vorläufig aus dem Grunde zurückge¬
stellt, weil noch Verhandlungen über den Gleichlaut des
von deutschen Tierärztlichen Hochschulen zur Verleihung
kommenden Doktortitels in Schwebe sind.
Dem neuen Gnadenakt Seiner Königlichen Hoheit und
dem Wohlwollen der hohen Staatsregierung wird von der
Hochschule und gewiß nicht weniger aus dem Kreise der
bayerischen Kollegen der innigste Dank entgegengebracht.
153
V eierinär-Off Izierskorps.
Der Bericht über die Sitzung der Kommission für den
Reichshaushalts-Etat vom 9. Februar 1910 in obigem Be¬
treffe lautet wörtlich:
Der Vorsitzende, Freiherr v. Gamp-Massaune n,
schlägt vor, über die Frage der Bildung eines Veterinär¬
korps abzustimmen.
Korreferent Abgeordneter Erzberger: Auf die
Frage, ob man ein Offizierkorps schaffen wolle oder nicht,
wolle er nicht eingehen. Er wolle nur auf einige Konse¬
quenzen hinweisen. Es frage sich, wie man die Veterinäre
bezüglich der Rationen und des Pferdegeldes stellen solle.
Er schlage vor, ihnen Dienstpferde wie bisher zu stellen.
Redner bemängelt weiter, daß an der Spitze des Veterinär¬
wesens ein Oberst stehe, und tritt dafür ein, an die Stelle
dieses Offiziers einen Veterinär zu setzen. Auch die Be¬
setzung der Stellen bei den Lehrschmieden mit Kavallerie-
Offizieren könne nicht beibehalten werden. Es erscheine ihm
auch fraglich, ob den Remonte-Ankaufskommissionen in Zu¬
kunft noch Leutnants anzugehören brauchen. Er bitte die
Heeresverwaltung, sich über die angeführten Punkte zu
äußern.
Bevollmächtigter zum Bundesrat Oberst Wandel:
Für die Veterinäre seien Rationen nur für die Stabsveteri¬
näre und die Korpsstabsveterinäre angefordert, nicht auch
für die unteren Chargen. Um den älteren Veterinären die
Reitfähigkeit zu erhalten, sei die Forderung eingestellt. Er
bitte um Bewilligung auch mit Rücksicht darauf, daß die
Stellung von Pferden für die einzelnen Truppen außer¬
ordentlich schwierig sei. Bezüglich der Besetzung der In¬
spekteur-Stelle teilt. Redner mit, daß die Heeresverwaltung
beabsichtige, später einen Veterinär an die Spitze zu stellen,
falls sich keine besonderen Schwierigkeiten ergeben. Von
einer Änderung bei den Lehrschmieden bitte er zunächst
abzusehen, die Heeresverwaltung müsse erst abwarten, wie
die jetzige Einrichtung sich bewähre. Was die Zusammen¬
setzung der Remontekommissionen anlange, bei denen die
Abordnung von Leutnants beanstandet sei, so werde die
Heeresverwaltung auch hier prüfen, wieweit eine Vermin¬
derung der Zahl der Offiziere angängig sei.
Korreferent Abgeordneter Erzberger hält die Be¬
setzung der Lehrschmiede mit Offizieren nicht für notwendig
und beantragt deren Streichung.
Bevollmächtigter zum Bundesrat, Kriegsminister,
General der Infanterie v. Heeringen: Durch Annahme
des Antrages würde der Heeresverwaltung eine Fessel an-
154
gelegt, die für den Dienst von außerordentlichem Nachteile
werden könnte. Die Umwandlung des Veterinärkorps bedeute
eine Organisationsänderung, die bei ihrer Eigenart und
ihrem Umfange nicht mit einem Schlage und in allen ihren
Folgen sich vollziehen würde. Man denke doch an die all¬
mähliche, durch viele Jahre fortgeschrittene Entwicklung
des Sanitäts-Offizierkorps auf den jetzigen Stand dieser Or¬
ganisation; auch da sei nicht alles mit einemal gemacht
worden. Man warte doch ein Jahr ab, dann könne die Heeres¬
verwaltung auf Grund von Erfahrungen sich zu solchen Vor¬
schlägen äußern. Ohne solche Erfahrungen einschneidende
Änderungen vorzunehmen, entspreche nicht den dienstlichen
Interessen, und diese wolle man doch allseitig fördern.
Korreferent Abgeordneter Erzberger bittet, daß
die Erklärung des Kriegsministers dem Protokoll beigefügt
werde und zieht seinen Antrag zurück. —
Hierauf wird das Veterinär-Offizierkorps bewilligt.
Die Militär-Veterinär reform in der Plenarsitzung des
Reichstags.
Bei der Verhandlung über die Veterinärreform im
Reichstage am 10. Februar, bei welcher — wie bereits be¬
richtet — die Vorlage über die Militär-Veterinärreform mit
außergewöhnlicher Stimmenmehrheit zur Annahme gelangte,
sprachen die Abgeordneten von Eier n, Dr. Osann, von
L i e b e r t und Dr. S o m m e r zur Vorlage und für dieselbe.
Am eingehendsten vertrat der Abgeordnete Sommer nicht
nur das Prinzipielle der Reform, sondern auch alle jene
Punkte, welche zur vollkommenen Ausgestaltung derselben
zur Durchführung hätten gelangen sollen. So äußerte er
den Wunsch, es möchte die Direktion der Militär-Veterinär-
Akademie einem Veterinär-Offizier übertragen werden;
außerdem regt er an, die Korpsstabsveterinäre den General¬
oberärzten des Sanitätskorps gleichzustellen und einer An¬
zahl der Stabsveterinäre, etwa der Hälfte derselben, die
Kompetenzen der Stabsoffiziere zu verleihen; er vertrat also
die Forderungen, welche die bayerischen Abgeordneten
Dr. Günther und Loibl mit so beredten Worten in
der bayerischen Kammer der Abgeordneten zum Ausdrucke
gebracht hatten. Sommer wünschte ferner, daß den Vete¬
rinär-Offizieren Feldbinde und Schärpe verliehen werde und
daß sie Pferderationen erhalten. S. kam auch auf die mit¬
unter unerquicklichen Verhältnisse zu sprechen, welchen die
Veterinäre an den Militärfohlenhöfen ausgesetzt sind, und
macht Vorschläge zur llemedur.
155
Bedauerlicherweise ist die Reform bezüglich dieser
von dem Abgeordneten Sommer angeregten und wohl¬
motivierten Wünsche im Rückstände geblieben. Wie die
Dinge stehen, darf man aber mit Zuversicht erwarten, daß
dieser Rückstand nur ein temporärer sein und daß die wei¬
tere Entwicklung des Veterinär-Offizierskorps denselben
Gang gehen wird, wie diejenige des Militär-Sanitätskorps.
Möge dieser Gang eine recht kurze Zeit iu Anspruch
nehmen! A.
Promotionen in Bern.
Auf Grund der in der politischen Presse über die Er¬
werbung des veterinär-medizinischen Doktortitels in Bern
erhobenen abfälligen Kritiken hat die schweizerische Unter-
richts-Direktipn eine Untersuchung angeordnet. Diese lie¬
ferte das Ergebnis, daß die Promotionen an der
genannten Fakultät nach jeder Richtung
vorschriftsmäßig erfolgten. Das Resultat der
gepflogenen Erhebungen wird dem preußischen Kultus¬
ministerium mitgeteilt werden.
Stand der Tierseuchen in Bayern am 15. Februar 1910.
a) Maul- und Klauenseuohe:
Schwaben: 1 Gmd. (1 Geh.).
b) Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayeru: 8 Gmd. (12 Geh.); Niederbayern;
19 Gmd. (21 Geh.); Oberpfalz: 1 Gmd. (1 Geh.); Mittel¬
franken: 1 Gmd. (1 Geh.); Unterfranken: 1 Gmd.
(1 Geh.); Schwaben: 4 Gmd. (4 Geh.).
Bttcherschan.
Ratschläge zur Gesunderhaltung der Pferde und zur Ver¬
meidung von Pferdeverlusten für die Mitglieder von
Pferdeversicherungsvereinen. Herausgegeben auf Veran¬
lassung der K. B. Versicherungskammer von Ludwig
Himmelstoß, K. Bezirkstierarzt in Dachau. Druck
und Verlag von J. Gotteswinter, München, Theatiner¬
straße 18.
Es ist zunächst des wichtigen Einflusses von Luft, Wasser und
Stall gedacht; nahezu die Hälfte des Büchleins beschäftigt sich mit
Futtermitteln und Fütterung; der übrige Teil handelt von der Pflege
der Haut, der Gliedmaßen und der Hufe, von einigen öfters zur
Beobachtung kommenden inneren Krankheiten und Seuchen und
von der trächtigen Stute. An den Schluß ist eine sehr berechtigte
Warnung vor Viehpulvern und Geheimmitteln gestellt.
156
Der als Amtstierarzt und erfahrener Praktiker allseits geschätzte
Yerf. hat es verstanden, in knapper und klarer Sprache den Stotf
zu bewältigen und ihn dem Pferdebesitzer verständlich zu machen.
Das 64 Seiten starke, um den billigen Preis von 30 Pfennig aus dem
Verlage von J. G o 11 e s w i n t e r - München erhältliche Büchlein
erfüllt den angekündigten Zweck vollständig und wird sich unter
den Pferdebesitzern wie gewiß auch unter Tierärzten viele Freunde
erwerben. G.
Personalien.
t
A u s z e i c h n u n g: Dr. Sticker Anton, Oberassistenzarzt
an der Chirurgischen Universitätsklinik in Berlin erhielt den Titel
Professor.
Ernennungen: Oller Alois, prakt. Tierarzt in Holz¬
kirchen zum Oberveterinär d. R.; Dr. Frei Walter, Assistent in
Pretoria zum wissenschaftlichen Hilfsarbeiter am Physiologischen
Institut der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin; Fritsch Philipp
aus München zum Tierzuchtinspektorassistent in Traunstein.
Niederlassung: J. Alefeld als praktischer Tierarzt in
Eschenau bei Nürnberg.
Wohnsitz-Veränderungen: Lehn e'r Thomas aus
Oberviechtach als Vertreter nach Wiesentheid (Unterfranken);
Löffler Albert aus Zangberg als Vertreter nach Weißenhorn
(Schwaben).
Approbationen: in München die Herren H o f m a n n
Karl aus Wollmetshofen, Patsch eff Wasil aus Werbitza (Bul¬
garien) und Wen off Russi aus Araplar (Bulgarien).
&
Der ansteckende
Scheidenkatarrh
wird in kurzer Zeit durch das geruchlose „Bissulin“
geheilt. Anwendung einfach und bequem. Weit
über 100 Gutachten von Tierärzten bezeugen die
vorzügliche Wirkung.
Lieferung nur an Tierärzte oder in deren
Auftrag.
Alleiniger Fabrikant:
H. Trommsdorff, chem. Fabrik, Aachen 31.
Druck von J. Gottes Winter, München. — Kommissionsverlag. M. Ri ege r sehe
Universitätsbuchhandlung, München. Odeonsplatz 2.
Münchener
(früher: Wochenschrift für Tierheilkunde und Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 8. März 1910. Nr. 10.
Inhalt: O r i g i n a 1 a r t i k e I: Jöhnk: Torsio testiculi bei Kryp-
torchiden (Eber und Stier). — Bayer: Aus der Praxis. —
Referate: Bahr: Kälberseuchen und Kälberaufzucht. HofF-
mann: Leberverletzung bei einem Pferd. Ublacker: Die Serum¬
therapie der Hundestaupe. Madlener: Catgut oder unresorbier-
bares Fadenmaterial? — Tierzucht und Tierhaltung:
Bekämpfung der Dasselfliege. (Schluß.) Förderung der Vieh¬
zucht und Viehverwertung in Österreich. — Verschiedenes:
Tierärztliche Hochschule Dresden. Die Remontierung der deut¬
schen Armee im Jahre 1909. — Bücherschau. — Per¬
sonalien.
Torsio testiculi bei Kryptorchiden (Eber und Stier).
Von M. Jöhnk, Berne (Oldenburg).
Der Hausmann J. B. in Fünfhausen wünschte Kastra¬
tion zweier, je etwa 75 kg schwerer Eber (Kryptorchiden)
um bei späterem Verkauf keine Unannehmlichkeiten zu
haben. Die Laparotomie fand nach den Regeln der Anti¬
sepsis in der rechten Flankengegend statt. Die in der Bauch¬
höhle befindlichen Testikel wurden hervorgezogen und nach
Unterbindung des Samenstranges abgesetzt.
Bei einem Eber fand ich den rechten Hoden erheblich
vergrößert und schwarz-rot verfärbt, die Tunica vaginalis
propria war leicht getrübt und mit feinem Fibrinbelag ver¬
sehen. Hoden einschließlich Nebenhoden hatten die Größe
eines Kinderkopfes. Der Samenstrang war ebenfalls schwarz¬
rot verfärbt und eine kurze Strecke oberhalb des Hodens zu
einem Strange zusammengedreht. Die Drehung war eine
mehrfache und um die Längsachse des Samenstranges er¬
folgt. Oberhalb der Torsion hatte derFunieulus spcrmaticus
158
normalen Umfang und Aussehen, während er unterhalb die
vorerwähnte Schwellung und Verfärbung auf wies. Nach
Unterbindung der zusammengedrehten Stelle setzte ich den
Hoden ab. Der linke Testikel wies keine Veränderungen
auf. Die Bauchwunde wurde in Etagen vernäht und heilte
auf erstem Wege.
Auf dem Durchschnitt wiesen Hoden und Nebenhoden
schwarz - rote Verfärlmng auf infolge ausgedehnter Durch¬
setzung mit Blutungen; die Struktur der Organe war dabei
noch deutlich zu erkennen. Durch die Drehung um die
Längsachse des Samenstranges wurde hämorrhagische In¬
filtration der unterhalb der Torsion gelegenen Teile erzeugt.
Wenige Monate später (November 1909) fand ich eine
ähnliche Veränderung eines Hodens bei einem ca. D/g Jahre
alten Stier, der während des Weideganges lebhafte Ge¬
schlechtsäußerungen durch Auf springen auf weibliche Tiere
bekundet hatte.
Bezüglich der Ausführung der Kastration von Kryp-
torchiden sei folgendes erwähnt: Durch vorherige Unter¬
suchung überzeuge ich mich, daß es sich nicht um verirrte
Testikel handelt (Innenfläche der Oberschenkel, Nähe des
Schlauches). Durch 24stiindiges Hungern wird der Stier
vorbereitet, dann erfolgt die Laparotomie am liegendenTiere
in der linken oberen Flankengegend. Die Ausführung
des Bauchschnittes auf der linken Seite ist vorteilhafter,
weil hier keine Behinderung durch Dünndarmschlingen er¬
folgt. Andererseits ist Hungernlassen unbedingt nötig, da
der prall gefüllte Wanst die Aufsuchung bezw. das Hervor¬
ziehen der Testikel verhindern kann. Die Schnittrichtung
erfolgt dorsoventral, parallel dem Verlauf des Muse, trans-
vers. abdom. Die Laparotomiewunde wird in 3 Etagen ver¬
schlossen. Ein besonderer Hinweis auf gehörige Asepsis
dürfte sich erübrigen.
Nach Eröffnung der Bauchhöhle wurde der linke Ho¬
den kaudal vom dorsalen Pansenblindsack aufgefunden.
Beim Versuch, ihn hervorzuziehen, riß der Samenstrang
zu meinem größten Erstaunen ab, trotzdem die angewandte
Zugkraft ganz außerordentlich gering war. Aus dem in der
Bauchhöhle verbliebenen Stumpfe des Samenstranges er¬
folgte keine Blutung. Der am Testikel sitzende liest des
Stieles war zu einem streichholzdicken Strange zusammen-
gedreht.
Da die Auffindung des rechten Hodens nicht gelang,
so tastete ich an dem leicht erkennbaren Samenstrange ent¬
lang und ermittelte den Teslikel an der Harnblase und mit
15Ö
ihr verwachsen. Durch vorsichtiges Zupfen und Stoßen mit
den Fingern löste ich den sehr kleinen Hoden aus seiner
Verwachsung mit der Blase und versuchte ihn durch die
Laparotomiewunde hervorzuziehen. Wegen der Kürze des
Hodengekröses gelang dies jedoch nicht. Unter Spannung
des Samenstranges fixierte ich nun den Testikel mit der
linken Hand, führte dann eine geschlossene Schere mit der
rechten Hand in die Bauchhöhle ein und setzte den Hoden
ab. Bei Ausführung des Scherenschnittes trug ich Sorge,
daß andere Organe nicht verletzt wurden. Eine Unterbin¬
dung des Samenstranges erschien nicht erforderlich, da eine
etwa auf tretende Blutung bei der geringen Größe des Ho¬
dens ohne Bedeutung sein mußte.
Die Untersuchung der Testikel ergab folgenden Be¬
fund: Linker Hoden und Nebenhoden mit einander vex*-
wachsen, Gewicht 41 g, der Hoden ist schmutzig-grau ge¬
färbt, trübe und trocken, läßt auf dem Durchschnitt noch
die Struktur erkennen. Der Nebenhoden ist grau-rot ge¬
färbt, feucht und glänzend. Der Samenstrang ist, wie schon
erwähnt, fest zu einem Strange zusammengedreht. — Am
2,5 g schweren rechten Hoden ist der Nebenhoden nur
undeutlich abgesetzt. Der gelblich-weiß gefärbte Testikel
läßt auf dem Durchschnitt eine Kapsel erkennen, die mit
schmierigem, bröckeligem Inhalt angefüllt ist.
Zur näheren Untersuchung sandte ich beide Hoden an
das pathologische Institut der Tierärztlichen Hochschule in
Hannover. Herr Prof. Dr. II i e v e 1, dem ich auch an dieser
Stelle meinen Dank aussprechen möchte, teilte mir mit, daß
der größere Hoden histologisch das Bild der reinen Nekrose
zeige, wie sie nach Unterbindung von Ernährungsgefäßen
aufzutreten pflege; dabei sei das Gewebe zum Teil noch als
solches erkennbar. Der kleinere Hoden lasse normales
Hodenparenchym nicht mehr erkennen, er bestände nur aus
reichlichem Bindegewebe.
Während im I. Falle durch die Drehung um die Längs¬
achse des Samenstranges hämorrhagische Infiltration des
Testikels erzeugt wurde, kam es im Falle II zur völligen
Nekrose des Organs, so daß es nur einer sehr geringen
äußeren Einwirkung bedurfte, um eine Trennung des
Samenstranges zu bewirken. Vermutlich würde die Tren¬
nung atich ohne Operation nach kurzer Zeit erfolgt sein.
Die Drehung des Stranges dürfte somit e i n e Ursache für
die Entstehung frei in der Bauchhöhle befindlicher Hoden
bilden. Als wahrscheinliche Ursache für das Abreißen der
retinierten Testikel vom Stiel sieht K i t t ( Pathol. Anatom.
160
1906, Bd. II, pag. 554) eine Verschiebung durch die Bauch¬
eingeweide an. Über die Veranlassung der Torsion konnte
ich keinen Aufschluß erlangen, vielleicht äußert sich einer
der Herren Kollegen dazu.
Ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt Bayer, Abenaherg.
I. Über Schlafsucht.
(Seuchenhafte Gehirn- und Bückenmarkshautentzüudung.)
In einer äußerst beängstigenden Weise trat im dies¬
seitigen Distrikte Mitte des Frühjahrs und im Laufe des
Sommers, vereinzelt auch im Herbste 1908, die Schlafsucht
(subakute Gehirnentzündung) unter den Pferden auf. Im
ganzen kamen 17 Fälle zur Behandlung, von welchen 15 =
88 % einen tödlichen Verlauf nahmen (1907: von 8 Fällen
6 letal).
Die von der Krankheit ergriffenen Tiere waren ver¬
schiedenen Alters, von % bis zu 15 Jahren, die Mehrzahl
jedoch war 4 bis 6 Jahre alt. Auftreten, Erscheinungen und
Verlauf waren mannigfacher Art. So ereigneten sich in
einem Gehöfte 3, in zwei anderen je 2 Fälle, während die
übrigen sporadisch auftraten. — Teil gebe nachstehend eine
kurze Beschreibung des wiederholt in je einer Stallung auf¬
getretenen Leidens:
Fälle I. Eine Mutterstute, die vor 3 Wochen ge¬
fohlt hatte, erkrankte nach kurzer Bewegung plötzlich an
leichter Kolik mit Fieber (39,5 °) und Depressionserschei¬
nungen, die stündlich deutlicher hervortraten: Taumeln,
schwankender Gang und anfangs leichtes, später sich stei¬
gerndes Knirschen mit den Zähnen bei starker Depression.
Einige Stunden später treten bei einem anderen Pferd des
gleichen Stalles, abgesehen von Kolik, dieselben Erschei¬
nungen auf; allerdings nicht in so stark ausgeprägter Weise.
Alsbald erhielt nun jedes der Pferde therapeutisch Sublimat
0,1—0,15 zu 10—15 Wasser intravenös. Das 1. Pferd war Tags
darauf zu Boden gestürzt und unfiihig.sich wieder zu erheben.
Völlig apathisch verendete es nach 15ständiger Krankheits¬
dauer. Das 2. Pferd erhielt am zweiten Krankheitstage noch¬
mals eine intravenöse Sublimat-Injektion und dazu Jodkali
in's Trinkwasser, ebenso am dritten Tage, ohne daß eine
Änderung im Befinden des Patienten eintrat. Da der Be¬
sitzer einen Pfuscher beizog, wurde die Behandlung am
vierten l äge, an welchem neuerdings in dieser Stallung ein
Pferd erkrankte, aufgegeben. (Der Pfuscher zog jo ein
161
starkes Haarseil über Stirne, Hals und Vorderbrust, rieb
den ganzen Tierkörper mit Essig ein und goß dem Pferde
eine Flüssigkeit, vermutlich Wasser, in die Ohren mit dem
Bemerken, daß nach einiger Zeit braunes Wasser heraus¬
laufen müsse!!) Beide Pferde gingen nach 2 Tagen ein.
Fälle II. Das betreffende Pferd war angeblich seit
2 Tagen traurig und versagte das Futter. Der Besitzer ver¬
mutete Druse und bezog von einem Pfuscher ein sogen.
Kehlpulver. Da sich der Zustand des Tieres verschlimmerte,
wurde ich beigezogen. Das Tferd zeigt bei der Untersuchung
trauriges, stumpfsinniges Benehmen, gesenkte Kopfhaltung,
Taumeln, fad - süßlichen Geruch aus dem Maule, Zähne¬
knirschen, wulstartige Spannung der Halsmuskulatur, tau¬
melnden Gang, 39,3 0 Temperatur. Am nächsten Morgen
injizierte ich Sublimat. Die Erscheinungen hatten sich
unterdessen verschlimmert. Bei meiner Ankunft am 3. Tage
lag das Pferd, das Tags vorher gegen Abend niedergestürzt
war, und konnte sich nicht mehr erheben; es verendete nach
fünftägiger Krankheitsdauer.
6 Wochen später traten im gleichen Stalle bei einem
Pferde nachts plötzlich hochgradige Erregungserscheinungen
im Wechsel mit Depressionssymptomen auf, nachdem das
Tier noch nachmittags zur Arbeit verwendet worden war.
Zirka 4 Stunden später war bereits Exitus letalis einge¬
treten.
Fälle III. Ein Pferd vermochte sich bei der Morgen¬
fütterung mit den Hinterbeinen nicht mehr zu erheben.
Außer völliger Bewegungs- und Empfindungslosigkeit des
Hinterteils förderte die Untersuchung nur mäßige Störung
der sensoriellen Funktionen zuTage; dieTemperatur betrug
39,1°. Da ich Coffein, natr. salicyl. zur Verfügung hatte, in¬
jizierte ich davon 10 Gramm und verordnete spirituöse Ein¬
reibungen auf Lenden und Kreuz. Am nächsten Morgen
lag das Pferd tot im Stalle. Einige Monate später er¬
krankte ein anderes Pferd unter Kolikerscheinungen, an
welche sich die Symptome der Schlafsucht anschlossen. Die
Mastdarmtemperatur betrug 39,8°. Therapie: Sublimat-In¬
jektion und Jodkali wie oben. Am 2. Tag leichte Besserung,
ebenso am 3. Tag nach jeweiliger Sublimat-Injektion; am
4. Tag schlagaufallähnlicher Tod. —
Die übrigen tödlichen Erkrankungen zeigten fast alle
das gleiche Bild der Schlafsucht (Mattigkeit, Stumpfsinn,
schläfriges Benehmen, Schwanken, Taumeln, zuweilen
Kiederstürzen, Fieber, charakteristisches Zähneknirschen).
Der Tod trat jeweils nach 2, 3, 5, 0, 12 oder 14 Tagen ein.
162
Von den zwei geheilten Fällen verlief der eine unter
den hauptsächlichen Erscheinungen der Gehirnkongestion
mit hochgradiger Aufregung; Depressionssymptome waren
weniger ausgeprägt. Behandlung: Zweimalige Injektion
von 0,08 Arecolin und Sal. Carol. fact. in großen Gaben.
Der andere sich als typische Schlafkrankheit erweisende
Fall ging nach 14 Tagen bei Behandlung mit Sublimat und
Jodkali in vollständige Heilung über.
Die fast in allen Fällen eingeleitete Sublimattherapie
hat sich leider nicht so bewährt, wie ich mit Bezug auf den
Inhalt einzelner Berichte erwartete. Selten wurde über¬
haupt eine Veränderung des Krankheitsbildes hervorge¬
rufen und nur einmal Heilung erzielt. Da ich auch ohne
Sublimat spontane Heilung der Schlafsucht beobachtet habe,
halte ich fiir fraglich, ob die oben angeführte Heilung auf
die Behandlung mit Sublimat zurückzuführen war. Nach¬
dem der K. Bezirkstierarzt Diera mit dem Sublimat so aus¬
nehmend günstige Erfolge erzielt hat, mag vielleicht die
Annahme gerechtfertigt erscheinen, daß in den von ihm be¬
richteten Fällen die von den hiesigen verschiedenen örtlichen
Verhältnisse und die damit vielleicht in Verbindung stellen¬
den verschiedenen Ursachen, ferner der Grad des Leidens
eine Bolle spielten.
II. M a s t d a r m dreh u n g bei ei n er Stuf e.
Eine hochträchtige Stute erkrankte plötzlich unter
großen Schiherzensäußerungen an Kolik. Der Hinterleib
war stark aufgetrieben, das Tier drängte unaufhörlich gegen
den Mastdarm und zwar so heftig, daß einige Stunden nach
Eintritt der Krankheit ein zirka 20 cm langes Stück des
Kektums vorgefallen war. Der explorierende Arm konnte
kaum bis zum Ellenbogen eingeführt werden, ein trichter¬
förmiger Verschluß des Darmes machte jedes weitere Vor¬
dringen unmöglich. Trotz .Massage, Infusionen in den Mast¬
darm, Wälzen etc. konnte eine Änderung des Zustandes nicht
erzielt werden. Nach Verlauf von zirka 17 Stunden ging
das Pferd ein.
Referate.
Bahr: Kälberseuchen und Kälberaufzucht. (Zeitsehr.
d. Landwirtschaftskammer f. d. Provinz Westpreußen, 1000,
Nr. 51.)
Verf. bespricht zuerst die hygienischen Maßnahmen
zur Verhinderung von Kälberseuchen und empfiehlt hiebei
in erster Linie die Behandlung des Nabelstranges mit Alko-
163
hol, Anlegung einer mit Alkohol getränkten Walte und
Befestigung derselben mittelst einer Gummihülse nach
Pfeiffer (Referat in der „Wochenschr. f. Tierheilkunde
u. Viehzucht 1907). Die Behandlung des Muttertieres
vor und bei der Geburt und des geborenen Kalbes geschieht
nach den bekannten Vorschriften von Pols.
Trotz Durchführung dieser vorsorglichen Maßnahmen
kann die Kälberruhr in einer Anzahl von Fällen, wie Verf.
glaubt, wohl dadurch bedingt sein, daß die Kälber schon im
Mutterleibe infiziert waren.
Hiegegen hat sich in der Provinz Westpreußen die
Impfung der Muttertiere mit Kälberruhrbazillenextrakt
(G ans) gut bewährt. Die Impfung geschieht das erste Mal
ü Wochen vor dem Kalben mit 10 ccm Kälberruhrextrakt
und nach weiteren 10 Tagen mit 20 ccm des Extraktes.
Über die Ergebnisse der Impfung von Kälberrulir-
serum in der Provinz Westpreußen liegen günstige Gut¬
achten von Tierärzten und Landwirten vor; endlich be¬
richtet Verf. über die Schutzimpfung der Kälber in West¬
preußen gegen die infektiöse Kälberpneumonie mit dem
Pneumoniebazillenextrakt (Gans). Diese Schutzimpfung
hat sich fast überall sehr gut bewährt und infolgedessen
großen Anklang gefunden. Verf. hebt übrigens hervor, daß
man auf einen Erfolg im allgemeinen nur rechnen darf,
wenn die Impfung alsbald nach der Geburt vorgenommen
wird, öfters gelang es auch, mittelst der Heillymphe an
septischer Pneumonie bereits erkrankte Tiere zu retten.
A.
Hoffmann: Leberverletzung bei einem Pferd.
(Berl. Tierärztl. Wochenschr., 1909, Nr. 42.)
Verf. wurde zu einem Pferd gerufen, das in Schweiß
gebadet und hochgradig aufgeregt war; es zitterte am
ganzen Körper und ließ rhythmisch etwa jede Sekunde
einen eigenartig schluchzenden Ton hören. Puls 100, Tem¬
peratur, Lungen- und Darmgeräusche normal. Der Kutscher
gestand, dem Tier Fußtritte gegen den Bauch versetzt zu
haben, weil es ihn beißen wollte. Spuren der Tritte waren
nicht mehr zu sehen.
In den nächsten Tagen war Patient sehr matt und
niedergeschlagen, der Durst war immer sehr groß, doch er¬
folgte keine Futteraufnahme. Der entleerte Kot war schlie߬
lich nichts als schmutziges, sehr übelriechendes Wasser, das
einige wenige Futterteilchen enthielt. Puls bei normaler
164
Temperatur stets sehr schlecht. Gang gespannt und äußerst
mühsam.
Ein inzwischen noch zugezogener Kollege glaubte mit
einer Vergiftung rechnen zu sollen, nachdem er bei Unter¬
suchung des Futters einige verdorbene und gefrorene Mohr¬
rüben gefunden hatte. Tatsächlich wurde dann hierauf und
endlich noch auf Hufrehe behandelt.
Am 7. Tag trat der Tod ein. Von Magendarmentzün¬
dung fand sich nicht die geringste Spur. Alle Organe waren
unverändert mit Ausnahme der Leber. Diese wies eine etwa
handtellerbreite Fläche von grau-weißlicher Farbe auf. Das
Parenchym war hier gänzlich verschwunden; auf leichten
Fingerdruek entstand eine dünnbreiige Masse. Die übrigen
Leberteile hatten bei blutleerer Schnittfläche ein gelb¬
schmutziges Aussehen. Lindner.
Üblacker: Die Serumtherapie der Hundestaupe.
(Tierärztl. Rundschau, 1910, Nr. 3.)
Verfasser erzielte mit der Anwendung des von der
Deutschen Schutz- und Heilserum-Gesellschaft Berlin her¬
gestellten Hundestaupeserum Dr. Piorkowski in einer großen
Anzahl von Fällen intestinaler, pektoraler und nervöser
Staupe in 80—90 c /o geradezu glänzende Erfolge und keine
einzige üble Nebenwirkung.
a) Anwendung des Staupeserum als Schutzserum
in der Dosis von 5 ccm bei Hunden der kleinen Rassen, in
der Dosis von 10 ccm bei Hunden der mittleren und großen
Rassen in einem Alter von 8—10 Wochen. Nach 3—6 Mo¬
naten hat unbedingt eine zweite Injektion von 10 ccm des
Serum zu erfolgen. Vor der Serum-Injektion lasse man die
jungen Hunde eine Spulwurmkur durchmachen, da wieder¬
holt die Beobachtung gemacht wurde, daß Hunde, die mit
einer großen Anzahl von Spulwürmern behaftet waren, In¬
toxikationen zeigten.
b) Als Heilseru m hat sich das Staupeserum bei
gastrischer Staupe mit Gastroenteritis, bei pektoraler Staupe
mit Laryngitis, Bronchitis und katarrhalischer Pneumonie,
bei nervöser Staupe mit heftigen Zuckungen im Bereiche
der Kau-, Nacken- und Extremitätenmuskulatur sowie Pa¬
rese und Paralyse der Nachhand sehr gut bewährt. Dosen
von 10—20—30 ccm sind öfters notwendig.
Manchmal läßt aber die Behandlung mit Heilserum
deshalb im Stiche, weil entweder die Applikation viel zu
spät erfolgte oder weil es sich gar nicht um Staupe ge¬
handelt hat. Bekanntlich verlaufen bei Hunden im jugend-
165
liehen Alter viele Erkrankungen unter «lein seheinbaren
Bilde der Staupe, so z. B. Stomatitis mit Zahnfraisen, manehe
Magen- und Darmkatarrhe, Entzündungen der oberen und
tieferen Luftwege, verschiedene Wurmleiden mit ihren ner¬
vösen Begleiterscheinungen, Stuttgarter llundeseuehe eie.
R a b u s.
M. Madlener: Catgut oder unresorbierbares Faden¬
material? (Zentralblatt für Chirurgie, Nr. 1 , 1910.)
Die Beantwortung dieser Frage hangt sehr davon ab,
ob Catgut einwandsfrei steril dargestellt werden kann. —
K u h n tritt neuerdings für die keimfreie Herstellung des
Catgut ein, immerhin ist aber „ein Hammeldarm ein sehr
verdächtiges Objekt“. Obwohl unresorbierbares Fadenmate¬
rial vollständig steril geliefert werden kann, haben viele
Chirurgen einen Horror vor diesem Material, da in vielen
Fällen langer Rekonvaleszenz ein versenkter Zwirnfaden
nach dem andern allmählich herauseitert. Diesem Übel kann
man abhelfen,wenn man zwei Forderungen, die von Kocher
aufgestellt sind, erfüllt: 1. nur antiseptisch imprägnierten
und 2. möglichst kleinkalibrigen Faden zu gebrauchen, da
nur ein sehr feiner Fremdkörper anstandslos einheilt. M a d-
lener benützt bei seinen Operationen vornehmlich Subli-
mat-Rarninzwirn, ein aus indischer Nesselfaser gewonnenes
Nähmaterial von außerordentlicher Zugfestigkeit; bei 757
Operationen kam nur Sublimatzwirn in Anwendung, da¬
runter bei 124 Radikaloperationen des Leisteubruchs; auch
bei infizierten Wunden verwendet M. Sublimat-Raminzwirn
mit bestem Erfolg. Her Raminzwirn gestattet eine bessere
Bemessung der aufzuwendenden Zugkraft, außerdem braucht
man keine Quellung zu befürchten. M. verwendet Catgut
dann, wenn er Fremdkörperbildung um den nichtresorbier-
ten Faden befürchtet oder seine eventuelle Entfernung aus
Hohlorganen Schwierigkeiten bereitet.
L i c h t e u s l e r n.
Tierzucht and Tierhaitang.
Bekämpfung der Dasselfliege.
(»Schluß.)
Was nun die Bekämpfung der Dasselfliegen bet rillt,
so wurde prophylaktisch empfohlen, die Haut der Weide¬
tiere während der Schwärmezeit (Juni bis September) mit
einer den Bremsen unangenehmen Flüssigkeit entlang des
Rücken* zu bestreichen, um dadurch zu bewirken, daß sie
sieh auf der Haut nicht niederlassen. Man bezeichnet« als
geeignet zu diesem Zwecke Kreolin, Karbolsäure. Oleum
Lauri, Oleum Petrae, Asa foetida, dann eine Abkochung
von Wallnußblättern in Essig etc.; ferner wurde angeraten,
die Weidetiere zur Zeit des Austrittes der Larven aus der
Haut früh bis ungefähr um 10 Uhr im Stalle zu lassen, weil
die Larven hauptsächlich während der Morgenstunden ihre
Wohnstätten in der Haut verlassen und im Stalle zugrunde
gehen; endlich wird eine gute Hautpflege angeregt, beson¬
ders eingehende Behandlung der Haut mit einer Bürste,
um die auf den Haaren der letzteren befindlichen Eier zu
beseitigen.
Um die Bremsen von der Haut abzuhalten, habe ich
vor Jahren einige Versuche angestellt; sie bestanden darin,
daß ich Ökonomen veranlaßt«, am Rücken und Kreuz, dann
an der Schulter und Brust verdünntes Kreolin aufzutragen;
später empfahl ich, verdünnte rohe Karbolsäure zu ver¬
wenden. Die Beobachtung zeigte, daß durch dieses Ver¬
fahren das Entfernthalten der Bremsen von der Haut nur
in geringem Grade erzielt wurde; anders verhielt es sich,
als Einreibungen von verdünntem Ol. cornu cervi in
Anwendung kamen. Die Landwirte und ich selbst beob¬
achteten, daß die Tiere nach Anwendung dieses Mittels
durch die Bremsen sehr wenig beunruhigt wurden, beson¬
ders wenn es täglich benützt wurde. Die Verwendung des
stinkenden Hirschhornöles hatte allerdings auch ihre Kehr¬
seite: die Haare an den bestrichenen Stellen wurden braun,
was bei Tieren mit heller Haarfarbe sehr unschön aussah,
der unangenehme Geruch des Hirschhornöles übertrug sich
nach dem Einreiben des Viehes auf die Stall-Luft, brachte
den Tieren aber nicht den mindesten Nachteil, und das
Wartepersonal gewöhnte sich alsbald an den üblen Geruch.
Man kann diesem Präventivverfahren einigen Wert
nicht absprechen und ich darf soviel behaupten, daß man
mittels Anstreichen der Körperoberfläche mit Hirschhornöl
an den angegebenen Stellen die Rinderbremse von der Haut
der Tiere in bedeutendem Grade abzuhalten vermochte,
selbst wenn das Anstreichen nicht jeden Tag, sondern nur
jeden 2. Tag geschah. Die Tiere wurden während des Weiden*
wenig beunruhigt und bei konsequenter Durchführung des
Verfahrens konnte man die Entstehung der Beulen auf ein
äußerst geringes Maß beschränken. Mit Verwendung von
lv r e o 1 i n oder K a r b o 1 s ii u r e war das Gleiche nicht
zu erzielen.
167
I hiß durch Aust reichen der Haut weder mit Ol. corim
cervi noch, mit einem der andern obengenannten Medika¬
mente irgend ein Einfluß auf die in der Subkutis befind-
lichen Larven ausgeübt werden kann, braucht nicht bemerkt
zu werden.
Was die anderen erwähnten Vorbeugungsinittel be¬
trifft, so muß einer sorgfältigen Hautpflege das Wort ge¬
redet werden; es wird durch eine solche möglich sein auf
den Haaren befindliche Eier abzustreifen, dagegen läßt sich
die weiter empfohlene prophylaktische Maßnahme, die Tiere
morgens längere Zeit im Stalle zu behalten, praktisch kaum
durchführen.
Aus dem Gesagten erhellt, daß eine erfolgreiche Be¬
kämpfung der Dasselfliege nur durch die eingangs ange¬
führte durch das Kaiser!. Gesundheitsamt angeregte Me¬
thode möglich ist.
Über die Art der Ausführung des Abdassel ns enthält
das mehrerwähnte Merkblatt des Kaiserl. Gesundheitsamtes
die nachstehende Anweisung:
1. Der richtige Zeitpunkt für das A b -
il a s s e 1 n ist dann eingetreten, wenn di e
Schmarotzer noch nicht so w eit entwickelt
sind, daß sie aus den Hautbeulen auszu-
schlüpfen vermögen, die natürliche kleine
Hautöffnung an der überwiegenden Mehr¬
zahl der 1) a s s e 1 b e u 1 e n jedoch bereits v o r -
h a n d e.n i s t und die Lar v e n a u s g e d r ü ek t oder
mit einemgeeigneten lnstrume n t e e r r e i c h t
werden können. Demnach muß das Abdasseln von
Ende April bis Anfang Mai besorgt werden, als« kurz
bevor der Weidegang begin n t. Es ist streng
d a r a u f zu achten, daß die de n S fall v e r -
lassenden Rinder von allen e r reic hbaren
Dassellarven befreit sind. Bei Vieh, welches
den Sommer über im Stall verbleibt, ist das Abdasseln nicht
erforderlich.
2. Das Ab d a s s e 1 n geschieht z w e c k ui ii ß i g
in folgender Weise: Die in den größeren Beulen
steckenden Larven versuche man mit den hingen» auszu¬
drücken. Wenn dies wegen ungenügender Entwicklung der
Schmarotzer nicht gelingt, so empfiehlt es sich, eine Steck¬
nadel, in die kleine Hautöffnung der Dasselheule einzuführen
und die Larve, deren schwarzes Hinter-Ende meist dicht
hinter der Öffnung zu sehen ist, anzustechen, so daß ihr
168
Körper-Inhalt austließt. Durch kräftigen Druck mit den
Fingern suche man nun die Beule zu entleeren. Die nicht
entfernbaren angestochenen Larven sterben ab und eitern
allmählich heraus. Schädigungen der Gesundheit des Viehs
sind dadurch nicht zu befürchten. Zum Anstechen und
gleichzeitigen Hervorziehen der Larven kann man sich
einer mit kleinen Widerhaken versehenen Nadel, etwa nach
Art der Iläckelnadeln, bedienen; auch erweist sich zur Ent¬
fernung der angestochenen oder unverletzten Larven die
Verwendung einer kleinen Greifzange oft als zweckmäßig.
Die richtige Benutzung solcher Hilfsmittel setzt aber größere
Geschicklichkeit voraus. Die Entfernung der Dassellarven
durch Anschneiden der Beulen sollte nur vom Tierärzte vor¬
genommen werden.
Während des Weideganges muß in Zwischenräumen
von höchstens 14 Tagen eine Untersuchung des Viehs vor¬
genommen werden. Hierbei sind auch die später zur Ent¬
wicklung gelangten Larven in der beschriebenen Weise un¬
schädlich zu machen. Wo auf den Weiden oder in deren
Nähe Ställe oder Stände zum Einstellen des Viehs vor¬
handen sind, empfiehlt es sich, die Abdasselung darin vor¬
zunehmen. A.
Förderung der Viehzucht und Viehverwertung in Öster¬
reich.
Mit Gesetz vom 30. Dezember 1909 wird in Österreich
zur Bildung eines Fonds zur Förderung der Viehzucht und
Viehverwertung in den Jahren 1910 bis einschließlich 191S
aus Staatsmitteln ein Betrag von je 6 Millionen Kronen
ausgesetzt. Die zu demselben Zwecke im ordentlichen Etat
des Ackerbauministeriums eingestellten Beträge kommen
hiebei nicht in Betracht. Aus dem Fond ist jährlich der
Betrag von 1 Million, zur Förderung der Vieh Verwertung,
insbesondere auch zur Förderung der Schlachtviehverwer¬
tung in Verbindung mit der Fleischversorgung der Städte,
des Viehexportes, der Errichtung von Schlacht-, Zucht- und
Nutzviehmärkten, sowie der Förderung der Verwertung von
Vieh Produkten zuzuwenden.
Ein Betrag von 5 Millionen Kronen hat zur Förderung
der Viehzucht und Hebung des Viehstandes in Verwendung
zu kommen.
Die in einem Jahre nicht verwendeten Beträge bleiben
dem Fond erhalten und sind bis zu ihrer Verwendung frucht¬
bringend anzulegcn. (Tierärztl. Zentralblatt. Nr. 4, 1910.)
169
Verschiedenes.
Tierärztliche Hochschule Dresden.
Die Titularprofessoren der Tierärztlichen Hochschule
Dresden DDr. Naumann und S c h e u n c r t wurden zu
außerordentlichen Professoren an der genannten Hoch¬
schule befördert.
Die Remontierung der deutschen Armee im Jahre 1909.
Nach maßgebendem Urteile, schreibt Generalmajor z. 1).
Zobel in Nr. 9 der „Illustr. Landw. Zeitung“, ist die Re¬
montierung 1909 sehr gut ausgefallen, d. h. die Remonten
waren sorgfältig eingekauft und zeigten bereits nach den
ersten Monaten der Einstellung in die Depots treffliche Ent¬
wicklung.
Preußen deckte seinen Bedarf im eigenen Lande.
Von den 23 964 vorgeführten Pferden kamen 10880 = 46 ( '/c
zum Ankauf. Der Durchschnittspreis war 1065 Mk. (20 Mk.
höher als im Vorjahre).
In Bayern wurden 612 Remonten vorgestellt und
350 Stück = 57 % angekauft. Ihrem Ursprungsort nach
kamen 116 von Gestüten, 183 von Aufzuchtsanstalten, 48
von kleinen Besitzern und 3 von Händlern. 84 Tiere stam¬
men von Vollblutvätern ab. Außerdem kaufte die Kom¬
mission in Ostpreußen von 939 vorgeführten 791 = 84 c /r
und in Holstein von 291 vorgestellten 248 = 86 c /c. Dazu
kommen noch 120 volljährige Artilleriepferde (von Ham¬
burger Händlern) und 80 Pferde für die Maschinengewehr¬
kompagnien (28 aus Bayern, 58 aus Holstein). Die Preise
der Tiere sind gegen das Vorjahr nicht unerheblich ge¬
stiegen. Sie betrugen durchschnittlich: für 3jährige Re¬
monten bis 1000 Mk., für Artilleriepferde zirka 1300 Mk.
und für Pferde der Maschinengewehrkompagnien 1430 Mk.
Die sächsischen Remonte n stammen teils aus
dem eigenen Lande, teils aus Ost- und Westpreußen, Han¬
nover, Holstein und Posen. Im ganzen wurden 1423 minder¬
jährige Remonten vorgestellt und 970 = 76 % zu einem
Durchschnittspreis von 1037 Mk. angekauft. Von den 636
vorgeführten volljährigen Pferden gelangten 510 — 86 ( /<
zürn Ankauf. Unter diesen befanden sich auch kaltblütige
Pferde, die durchschnittlich 1350 Mk. kosteten, während für
volljährige Warmblüter 1135 Mk. verlangt wurden.
Die württembergische Ko m m i s s i o n über¬
wies demRemontedepot Breithülen von 413 ihr vorgestellten
Pferden 252 = 61 c /c (179 Stück aus Norddeutschland, 73
170
aus Württemberg). Dazu kamen noch 255 volljährige Re-
monten aus preußischen Depots. Der Durchschnittspreis
betrug 1069 Mk. —
Demnach gelangten 1909 im ganzen deutschen Reich
27 278 Remonten zur Vorstellung und 14 047 zum Ankauf.
Die gesamte Kavallerie ist mit wenigen Ausnahmen
mit ostpreußischen und hannoverschen Pferden beritten,
desgleichen in Preußen die Feld^Artillerie bespannt, wozu
noch ein Teil Holsteiner und Oldenburger, sowie Ostfriesen
kommen. In Bayern, Sachsen und Württemberg finden sich
bei der Feld-Artillerie außer Pferden der betreffenden
Staaten viele Holsteiner. Die Fuß-Artillerie ist in Preußen
und Sachsen mit Rheinländern bezw. Schleswigern, in
Bayern zum Teil mit Schleswigern, zum Teil mit schweren
Kreuzungsprodukten aus Pinzgauern und Oldenburgern be¬
spannt. • M.
Bücherschaii.
Zur Einführung in das akademische Leben. Herausgegeben
vom Präsidium der freien Studentenschaft der K. Tier¬
ärztlichen Hochschule zu Berlin.
Die 48 Seiten starke Broschüre enthält bemerkens¬
werte Aufsätze über die akademische Freiheit, die Duell¬
frage, studentischen Ehrenschutz, Selbsterziehung, sexuelle
Frage, freie Studentenschaft etc. Sie will dem jungen Stu¬
denten, insbesondere dem in’s erste Semester tretenden, ein
Führer und Berater in allen Angelegenheiten, besonders
auch bei der Immatrikulation und Wohnungssuche in Berlin
sein. — Das Schriftchen vertritt die Interessen der freien
Studentenschaft; doch bietet es auch für Nichtangehörige
derselben Interessantes. M.
Personalien.
Ernennungen: Dr. O s c h in a n n Franz aus Hammel bürg
zum Assistenten an der Tierärztlichen Hochschule in München, Iustitut
für Hufkunde; Volkmar Fritz aus München zum Assistenten am
Veterinär-Institut in Gießen (med. Klinik); Frank Georg in Ah-
bach (Ndby.) zum Distriktstierarzt dortselbst: zu Oberveterinären
die Unterveterinäre: II e r z e r Franz in Dillingen , K 1 i ngle r
Joseph in Nürnberg, Krämer Job. in Regensburg: zu Oberveteri¬
nären d. R. die Unterveterinüre: Dietz Artur in Frankfurt a. M..
Dolch Rudolf in Schweinflirt. Falken ha eh Jos. in Burgbrohl.
II eiseier Georg in Greifenberg a. A., Heek mann Michael in
Wörth a. I , II e I I m u t h Hermann in Ihirghaßlach, J äge r Otto in
Mindelheim, Karl Hans in Miesbach. K irner Pius in Lechhausen,
K I i n g e Emil in Leipzig. K ö I I i s c h Peter in Nürnberg. L i n d n o r
Florian in Xeukirehen hl Dl, M e n n e 1 Eugen in München, Dr.
171
Ott Xaver in Unterthingau, Oeller Alois in Holzkirchen, Dr.
P ö s c h e 1 Karl in Volkach, P a i n t n e r Anton in Mengkofen, Dr.
Poppe Kurt in Berlin, R e gl e r Georg in Landshut, Schnei¬
der Alfred in Siegen, Dr. Spann Joseph in Kempten, Sporer
Karl in Eichstätt und Zettl August in Wolfratshausen.
Versetzungen: Die Oberveterinäre Grießmeyer Karl
von München nach Neu-Ulm, Lang Franz von Würzburg zum
Remontedepot Fürstenfeldbruck und Rau Joseph vom 18. Feld-
artillerie-Rgt. zum 1. Cbev.-Rgt. in Nürnberg.
Approbationen: in Berlin die Herren Breuer Rein-
hold aus Fürstl.-Langenau, D i k o f f Grosen aus Ortschi und Tabor
Hans aus Wehnig-Mohnau; in Dresden Herr Reichel Kurt aus
Callnberg; in Gießen die Herren R u pp er t Fritz aus Wiesbaden
und Schüttle Fritz aus Mötzingen; in Hannover die Herren
Ha ge na Hermann aus Buterhausen, Rheder Thies aus Deich¬
reihe, Van gen Embret Nilsen aus Tönset (Norw.) und Wahn-
h o f f Ferd. aus Rulle.
Promotion: Zum Dr. med. vet. in Bern Tierarzt Häring
Otto in Helbra.
An der K. Tierärztlichen Hochschule in Manchen
beginnt das Sommer-Semester 1910 am 15. April.
Inskription vom 15.—£3. April; Anfang der Vorlesungen:
£5. April 1910.
Lehrplan, Prüfungsvorschriften und Jahresbericht können gegen
Einsendung von 90 Pfennig durch das Sekretariat der Hochschule
bezogen, die Satzungen aber erst später verabfolgt werden.
München, den 2. März 1910'.
K. Tierärztliche Hochschule.
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Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 15 März 1910. Nr. 1L
Inhalt: Originalartikel: Prof. Albrecht: Amorphus glo-
bosus. — Dr. Ott: Mitteilungen aus der Praxis. — Breß:
Schlundkopflähmung bei einer Stute. — Scheidt: Aus der
Praxis. — Referate: Hennemann: Über eine hauthornähn-
liehe Verbildung der Federn bei einem Kanarienvogel. Saaß:
Beobachtungen über den Erfolg der v. Behring’schen Immuni¬
sierungs-Impfungen gegen Tuberkulose bei Rindern und über
die daraus geschöpften Erfahrungen bezüglich der Dauer einer
Immunität. Otto: Impfungen gegen Druse mit Serum und Ex¬
trakt nach Jeß-Piorkowski — Tierzucht und Tierhal¬
tung: Landes - Pferdeversicherungsanstalt. Cryptorchidie et
hermaphrodisme externe chez plusiers descendants d’un meme
cheval entier. — Verschiedenes: Konfiskaten-Gefäß. Be¬
kämpfung der Hämoglobinurie des Rindes. Kursus für Milch¬
hygiene. Schütz-Stiftung. Stiftung. Ehrung. — Bücher¬
schau. — Personalien.
Amorphus globosus.
Von Prof. Albrecht, München.
Vor kurzem wurde mir ein Amorphus globosus beim
Rinde zugesandt.
G u r 11 *) hat eine Anzahl Fälle dieser Art beobachtet.
10 dieser Mißbildungen wurden als Zwillinge, 1 als Drilling
beim Rinde und 1 allein von einer Ziege geboren. Bei der
Mehrzahl derselben fehlten alle Eingeweide. Eine der Mi߬
bildungen wies eine kleine Milz und einen einfachen Sack
auf, in dessen Schleimhaut aber alle Abteilungen des Wiede r-
käuerinagens erkennbar waren; statt des Schlundes war ein
in der Milz blind endigender Kanal vorhanden; die Schlund¬
rinne präsentierte sich deutlich, dagegen fehlte der Pförtner:
der vorhandene Darm war am Anfangs- und Endteil ge¬
schlossen.
Über tierische Mißgeburten, 1877.
174
Kitt 2 ) sagt von dieser Mißbildung: „Sie repräsen¬
tiert als untergegangene Keimblase oder zerstörte Embryo¬
nal-Anlage einen kugeligen, eiförmigen, abgeplatteten Klum¬
pen, der nur aus behaarter Haut, Fett und lockerem Binde¬
gewebe besteht, allenfalls Knochen und Knorpelstückchen
enthält, sackartig geformt ist und einen rudimentären Nabel¬
strang mit Arterie und Vene an sich hängen hat.“
Birnbaum 3 ), Verfasser eines Werkes über Mi߬
bildungen und kongenitale Erkrankungen des menschlichen
Fötus, behandelt diese Mißgeburten unter dem Kapitel
„Acardiacus, Acardius“. Er schreibt über dieselben im all¬
gemeinen : „Sie sind selten. Die Mißbildung findet sich
immer bei von einander getrennten Zwillingen, die inner¬
halb eines gemeinsamen Chorion liegen, also bei homologen,
eineiigen Zwillingen und gemeinsamer Flazenta. Der eine
dieser Zwillinge ist in der Regel durchaus wohlgebildet. In
der Mehrzahl der Fälle wird zuerst der normal gebildete
Zwilling geboren.“
Das Letztere wurde auch bei Tieren beobachtet. Über
die Entwicklung der Mißbildungen äußert Prof.. B i r n -
bäum: „Die Mißbildung kommt durch die ausgedehnten
breiten Anastomosen des Gefäßsystems der beiden Früchte
zustande; der Blutdruck überwiegt in dem Gefäßsystem des
einen der Zwillinge derart, daß das Herz dieses kräftigeren
Zwillings die Blutzirkulation allein übernimmt und die Rich¬
tung des Blutstromes in dem anderen, schwächeren, sich um¬
kehrt, das arterielle Blut also zentripetal (zum Acardiacus
verlaufend) in den Nabelarterien strömt. Dabei kommt es
zu einer mehr oder minder vollständigen Verödung des
Herzens, der Lungen, des Rumpfes etc. Der mißgebildete
Zwilling wird also von dem normal entwickelten weiter er¬
nährt.“
Kitt (1. c.) sagt unter Hinweis auf die Beobachtungen
von Claudius über die Entwicklung der in Rede stehen¬
den Monstra: „Wenn von Zwillingen die Allantois des einen
Embryos etwas früher auswächst als bei dem anderen, so
breitet sie sich uneingeschränkt und rapid auf der Innen¬
fläche des gemeinsamen Prochorions aus, so daß die Allantois
des anderen Zwillings nur mehr beschränkten oder gar
keinen Platz findet, damit wenig oder gar keinen Kontakt
2 ) Klinik der Mißbildungen. Kitt: Lehrbuch der patholog.
Anatomie der Haustiere, 1905.
3 ) Klinik der Mißbildungen und kongenitalen Erkrankungen
des Fötus.
175
mit der Uterusschleimhaut gewinnt und sieh der Innenfläche
des bereits entwickelten Chorions anlagert. Beide Chorions
verwachsen miteinander und es entstehen Gefäßanastomosen.
Der Fötus, dessen Allantois später auftritt, steht ganz oder
teilweise außer Verkehr mit der mütterlichen Plazenta, seine
Ernährung wird beeinträchtigt und er stirbt daher ab oder
entwickelt sich nur beschränkt.“
Birnbaum gibt der eingangs „Amorphus globosus“
bezeichneten Mißgeburt die Namen Acardiaeus amorphus
und beschreibt die beim Menschen vorkommende wie folgt:
„Sie stellt einen meist runden, oft faustgroßen, von der Haut
überzogenen Klumpen dar, an welchen sich eine Nabel¬
schnur mit häufig velamentöser Insertion und mit. nur einer
Nabelarterie ansetzt ; in seltenen Fällen sind die Extremi¬
täten durch kleine Höcker angedeutet; auf dem Durch¬
schnitte des manchmal behaarten Klumpens kann man neben
Bindegewebe und Fett makro- oder doch mikroskopisch Ru¬
dimente von Organen nachweisen.“ (Schluß folgt.)
Mitteilungen ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt Dr. Ott, Unterthingau.
1. Starke Eiterung am Klauenbein.
Eine sehr lebhafte Kuh hatte sich auf der Berg-Vieh¬
weide die Spitze des lateralen Klauenbeines am rechten
Hinterfuße abgesprengt und ging seit 14 Tagen hochgradig
lahm. Erst als Futteraufnähme und Milchsekretion sistierten
und der Fuß nicht mehr belastet werden konnte, wurde tier¬
ärztliche Hilfe in Anspruch genommen. Einige Kreolin¬
bäder und feuchtwarme Umschläge schafften Besserung und
übersieht über das Krankheitsfeld. Am 3. Tage nahm ich
am niedergelegten Tiere unter Lokalanästhesie mit Alypin
einen Teil der Zehenwand und Sohle nebst den Weichteilen
weg und löste zwei abgeeiterte Stückchen des Klauenbeines
mit der Sequesterzange. Die Wunde wurde mit Verbänden
und Lugol’seher’ Lösung weiterbehandelt. Nach 8 Tagen
konnte das Tier mit einem Klauenschuh versehen auf die
Weide getrieben werden. Bis zur vollständigen Heilung
vergingen noch 3 Wochen.
2. Nagel tritt. Operation bei e incr h o c h -
trächtigen K u h.
Infolge eines Nageltrittes in der Richtung gegen das
Strahlbein belastete eine Kuh den linken Hinterfuß nicht
m
mehr. Freilegen und Auskratzen der Wunde, verbunden
mit Kreolinbädern, brachte wohl Besserung des Allgemein¬
befindens, nicht aber Wundheilung, weshalb die Amputation
der Klaue nach Dr. Pfeiffer vorgenommen wurde. Da
sich der Eiter innerhalb der Sehnenscheiden schon über den
Sägequerschnitt gestaut hatte, machte die Vernarbung des
Stumpfes größere Schwierigkeiten, doch konnte die Kuh
bereits 14 Tage nach der Operation auf die Weide gebracht
und nach weiteren 4 Wochen als geheilt aus der Behandlung
entlassen werden.
Da viele Tierbesitzer das Abwerfen oder Nieder¬
schnüren hochträchtiger Kühe wegen eventueller Frühge¬
burt fürchten, möchte ich hier noch anführen, daß obige
Kuh, obwohl sie viermal — allerdings sehr vorsichtig —
niedergeschnürt worden war, am fünften Tage nach der
Operation ein gesundes, ausgetragenes Kalb gebar, nach¬
dem Tags zuvor die normale Trächtigkeitsdauer abge¬
laufen war.
3. Ein sonderbarer Fall von Zuckfuß.
Wegen Lahmheit kam ein Kutschenpferd, das vor
einiger Zeit einen angeblich tiefgehenden Kronentritt er¬
halten hatte, der aber nicht weiter beachtet worden war,
zur Behandlung. Die Verletzung befand sich im mittleren
Zehenteil des rechten Hinterfußes und sezernierte grau-
schwärzlichen Eiter in geringer Menge. Nach Einleitung
der üblichen Behandlung (Abschwächen des Horues mit
Freilegen der Wunde, desinfizierende Bäder etc.) trat lang¬
same Besserung ein; die Lahmheit war nur mehr im Trabe
zu erkennen, auch die Eitersekretion hatte aufgehört. Einige
Tage später zeigte das Pferd neben erhöhter Schmerzhaftig¬
keit an der Zehenwand beim Vorführen die typischen Be¬
wegungen des sogen. Hahnentrittes. Es beugte bei jedem
Schritt das Bein plötzlich stark und zog es schnell in die
Höhe. Die durch die Widerspenstigkeit des Tieres er¬
schwerte eingehende Untersuchung ergab auch jetzt nur
Kinpfindlichkeit in der Umgebung der Läsion. Es mußte
also angenommen werden, daß die bei der Bewegung des
Fußes zustande kommende Lageveränderung der gemein¬
schaftlichen Strecksehne dem Pferde plötzlich Schmerzen
bereite und es veranlasse, dieselbe möglichst zu entspannen.
Ob nun die Strecksehne selbst oder die Huf- bezw. Fleisch-
bliittchcn im Bereiche dieser Sehne afi'iziert waren, das sollte
die Operation erschließen.
177
Am niedergelegten Tier wurde im Bereich der Schmerz¬
haftigkeit ein halbmondförmiges Hornstück freigelegt und
abgezogen. Darunter zeigte sich nun eine über haselnu߬
große, dattelförmige derb-feste Neubildung, die durch eine
kleine Brücke mit dem Horn produzierenden Teil der Krone,
den Papillen, in Zusammenhang gestanden hatte. Am Kron-
bein war eine deutlich fühlbare Druckusur in Form einer
Delle aufgetreten. Die eigentümliche Vorwärtsbewegung
des Fußes verschwand und die nach den Regeln der Chirurgie
behandelte Wunde heilte per primam, so daß das Pferd schon
nach 16 Tagen den gewohnten Dienst wieder leisten konnte.
4. Ein Fall von einseitiger Gehirnreiz¬
erscheinung.
Eine 7 Jahre alte nichtträchtige Milchkuh erkrankte
angeblich plötzlich an Kolik, nachdem sie einige Stunden
vorher ihr Frühfutter normal aufgenommen hatte, das aus
den letzten Überresten des Heustockes und ganz neu ein-
gebrachtern Kleeheu bestand. Bei meiner Ankunft nach
1 Stunde hatte sich das Krankheitsbild dahin geändert, daß
die Kuh in der Hinterhand schwankte. Der Blick war stupid,
manchmal ängstlich, Atmung, Temperatur, Pulsfrequenz
und Pulsstärke zeigten keine Abweichung von der Norm.
Die Rumination sistierte vollständig. Im Freien wollte
das Tier mehrmals unter starkem Muskelzittern zusammen¬
sinken, es ging im Kreise nach der linken Seite und hielt
auch den Kopf während des Fressens nach links, holte sich
aber doch durch entsprechende, langsame, freiwillige Hals¬
wendung nach rechts jedesmal das dorthin gelegte Futter.
Durch Eisbeutel, Chloralhydrat per anum und ein Ru-
minatorium, das zur Entfernung einer etwaigen Futterschäd¬
lichkeit und zur Ableitung des Blutdruckes auf den Darm
dienen sollte, war die Kuh nach 6 Stunden vollständig her¬
gestellt.
Man muß daran denken, daß in diesem Falle Toxine
aus dem Traktus in den Kreislauf gelangt sein könnten;
anfangs lag die Vermutung einer Coenurusinvasion in das
Gehirn nahe.
5. Heil m i 11 e 1.
Zur Lokalanästhesie möchte ich 3 %iges A 1 y p i n,
dem bei Operationen pro 2 ccm ein Tropfen Paranephrin
zugesetzt wird, nicht mehr missen.
Therapogen habe ich bei Erkrankungen der Ge¬
burtswege und im täglichen Gebrauch schätzen gelernt. Bei
sehr schmerzhaften Euterentzündungen infundiere ich bis
250 g einer 0,5 %igen Lösung lauwarm in das Euter und
konnte in den meisten Fällen das betreffende Viertel retten,
wenn auch die Milchergiebigkeit stets eine herabgesetzte
blieb. Das von Wolf rum angebotene Ersatzpräparat „Miti-
sol“ wurde durch verschiedene Versuche als nicht gleich¬
wertig erkannt.
Bei Otitis externa der Hunde hatte ich überraschende
Erfolge durch Vorbehandlung und Reinigung der Ohren
mit einer 2 %igen Höllensteinlösung nebst jedes¬
maliger Einstäubung von Dymal. Selbst schwere, vorher
oft wochenlang anderwärts erfolglos behandelteFälle heilten
in zirka 10 Tagen ab.
Schlundkopflähnmiig bei einer Stute.
Von Distriktstierarzt Breß, Schöneberg.
Eine 11 Jahre alte braune Mutterstute des mittel-
schweren Arbeitsschlages, die 6 Wochen vorher gefohlt hatte
und bei guter Milchergiebigkeit seit etwa 3 Wochen zu land¬
wirtschaftlichen Arbeiten verwendet wurde, wodurch sie in
ihrem Ernährungszustand ziemlich stark herunterkam, fuhr
beim Trinken von etwas kaltem Wasser mit dem Kopfe
plötzlich zurück, hustete und war von dem Momente an
nicht mehr imstande, flüssige oder feste Nahrung abzu¬
schlucken. Merkwürdigerweise war die Stute beim letzten
Fohlen zwei Jahre vorher und zwar damals 10 Wochen nach
der Geburt ebenso plötzlich und in ganz ähnlicher Weise er¬
krankt. Während sie jedoch damals noch flüssige Nahrung
zu sich nehmen konnte und bei einer Dauer von fast vier
Monaten bis zur völligen Heilung die Krankheitsanfälle
1—2 Tage lang anhielten, um dann Perioden von mehreren
Tagen Platz zu machen, in denen das Pferd wieder feste
Nahrung zu sich nehmen konnte, dauerte der vorgenannte
Zustand diesmal in gleicher Intensität bis zum Verenden
des Tieres nach 7 Tagen.
Die Temperatur war stets normal, anfänglich auch
Puls und Atmung. Zwei Tage nach Beginn der Erkrankung
wurde eine subkutane Injektion von Arecolin. hydrobrom.
0,4 vorgenommen, worauf, etwa 4 Stunden lang. Speicheln
und Husten erfolgte und nachher eine Art nervöser Zwerch-
t'ellskrämpfe auftrat, indem bei jedem Atemzug ein Schluch¬
zen erfolgte und zwar 75 mal in der Minute bei 60 Puls¬
schlägen. Zirka 5 Stunden später hörten auch diese Er-
179
seheinungen auf, jedoch konnte man noch etwa l 1 /*» Tage
lang eine dem Pulse synchrone hörbare Erschütterung des
Körpers (sogen, abdominelle Pulsation) wahrnehmen.
Bei der Sektion konnte ich außer einem 2 mm breiten
ringförmigen Defekt des Epithels an der Schleimhaut direkt
am Übergang des Schlundkopfes in den Schlund nichts Ab¬
normes feststellen. Man dürfte deshalb vielleicht in der An¬
nahme nicht irre gehen, daß es sich um eine „mit, dem Säuge-
geschäft in ursächlichem Zusammenhänge stehende Neurose
gehandelt hat.
Ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt Scheidt, Hermersberg.
1. Blasenkarzinom bei einer Kuh.
Eine Kuh setzte seit 2 Jahren zeitweise leicht blutigen
Harn ab. Allmählich nahm der Blutgehalt des Urins immer
mehr zu, bis schließlich sogar größere und kleinere Blut¬
klumpen abgesetzt wurden. Eine Untersuchung der Nieren
ergab nichts Abnormes; die Vorhof- und Scheidenschleim¬
haut war leicht gerötet, in der Blase ließ sich aber eine feste
Masse fühlen. Das Tier w r urde geschlachtet. Bei der einige
Tage später vorgenommenen Fleischbeschau zeigte sich im
Innern der Blase ein über faustgroßes Karzinom, das ge-
schwürig zerfallen war und wie Froschlaich aussah.
2. Kälberpneumonie.
In einem Stalle, in dem sich 6 Kälber befanden, kam
durch Zukauf ein weiteres hinzu, das gleich vom Anfang an
hustete und im Ernährungszustand bald zurückging. Nach
zirka 6 Tagen waren alle anderen Kälber ebenfalls unter
den Erscheinungen der Pneumonie erkrankt, die kleineren
mehr, die größeren weniger. Ich impfte nun sämtliche Tiere
mit dem „Serum gegen septische Pneumonie der Kälber 14
von der Deutschen Schutz- und Heilserum-Genossenschaft
in Berlin mit dem Erfolge, daß alle Impflinge in einigen
Tagen genasen und sich weiterhin gut entwickelten.
3. Kückenmarks tuberkulöse.
Ein zirka 1 Mi jähriges Rind zeigte eines Morgens
Lähmungserscheinungen, hauptsächlich in der Hinterhand.
Es hatte sich Nachts losgemacht und man nahm an, daß es
gefallen sei und sich dabei eine Zerrung oder Quetschung
des Rückenmarks zugezogen habe; eine bestimmte schmerz¬
hafte Stelle ließ sich jedoch nicht nachweisen. Da keine
180
Besserung eintrat, wurde das Tier, das im Nährzustande ab-
genommen hatte, nach 6 Wochen geschlachtet. Außer Rücken¬
markstuberkulose in Brombeerenform fand sich Serosen-
tuberkulose auf dem Brust-, Zwerch- und Bauchfell vor.
Referate.
Hennemann: Uber eine hauthornähnliche Ver¬
bildung der Federn bei einem Kanarienvogel. (Österreich.
Monatsschrift für Tierheilkunde, 1909, Nr. 9.)
Ein 8 Jahre alter Kanarienvogel zeigte am linken
Flügel in der Gegend des Oberarmbeingelenkes eine zirka
12 mm lange und 25 mm breite zylindrische Neubildung, die
mit der Haut verbunden und nach vorn und außen gerichtet
war. Die Oberfläche des seidenglänzenden, w r eißlich-gelben.
derben Gebildes war der Länge nach deutlich gefasert und
durch drei das Gebilde ringförmig umfassende Rinnen in
vier gleiche Abschnitte geteilt. Das Ende war geringgradig
zerfasert. Beim Durchschneiden des im Innern recht bröcke¬
ligen weißlichen Gebildes sah man einige gelbliche Stellen,
die anfänglich für tuberkulöser Natur gehalten wurden,
was aber die bakteriologische Untersuchung nicht be¬
stätigte. Die Neubildung war nur lose mit der Haut ver¬
bunden und wies an der Verbindungsstelle eine ziemlich
tiefe taschenartige Vertiefung auf, die einen zapfenartigen
Vorsprung der Neubildung in sich aufnahm. Die Ausklei¬
dung derselben zeigte das Epithel der Federbälge, von dem
aus kleine stachelförmige Fortsätze in den Boden der Neu¬
bildung hineinragten. Korium mäßig verdickt; Subkutis
stark verdickt mit weiten Blutgefäßen und kleinzelliger In¬
filtration. Die Neubildung ist sehr schwer schneidbar. Sie
ging an der Basis unvermittelt in den zapfenartigen Vor¬
sprung über. Die ganze Masse besteht aus Gebilden, die
einer sich entwickelnden Feder entsprechen. Von den breiten,
unregelmäßig entwickelten Papillen gingen sehr zell reiche
Kiele mit eingelagertem gelbem Pigment aus. Ferner konnte
man weiter oben eine beiderseits vom Schaft abgehende
Strahlung bemerken, die dem Federbart entsprach. Alle
diese einzelnen Gebilde waren außen von einer struktur¬
losen Membran umgeben, während im Innern keine Ver¬
bindung zwischen den einzelnen federartigen Gebilden be¬
stand. Alle entsprangen gemeinsam in der schon oben er¬
wähnten llauttasehe.
Gegenüber den anderen bei Vögeln beobachteten C'or-
nua cutanea unterscheidet sich obiges Gebilde durch Fol¬
gendes: Die beobachtete Neubildung besteht aus rudimen-
181
tären Federn, während da» sonst beim Geflügel beobachtete
Hauthorn aus lebenden und teilweise verhornten Epithel¬
zellen besteht.
In unserem Falle zeigt das Stratum Malpighi nur
eine geringe Veränderung, während es sonst stark hyper-
plasiert ist.
Saafi: Beobachtungen über den Erfolg der v. Beh-
ring’schen Immunisierungs-Impfungen gegen Tuberkulose
bei Rindern und über die daraus geschöpften Erfahrungen
bezüglich der Dauer einer Immunität. (Tierärztl. Zentral¬
blatt, 1909, Nrn. 33—36.)
Zur Erprobung der v. Behring’schen Rinder-Immuni-
sierungs-Methode gegen Tuberkulose wurde vom k. k. öster¬
reichischen Ministerium des Innern und k. k. Ackerbau-
ministerium im Jahre 1903 eine Kommission zusammenge¬
stellt, die in Niederösterreich in verschiedenen Stallungen
die Tuberkulose-Immunisierungs-lmpfungen an 162 Tieren
probierten und welcher Kommission auch Yerf. angehörte.
Auf Grund dieser Versuche und der Ergebnisse von nach-
herigen Tuberkulinproben bei 143 vorschriftsmäßig schutz¬
geimpften Rindern stellte S a a ß folgende Schlußfolge¬
rungen auf:
1. Das v. Behring’sche Impfverfahren kann von jedem
Tierarzte leicht ausgeführt werden und bietet hei Beobach¬
tung der gewöhnlichen Vorsichtsmaßregeln für den Impf¬
tierarzt keine nennenswerten Gefahren.
2. Die Einverleibung des Bovovaccius wird von den
Impflingen in den meisten Fällen anstandslos vertragen;
bei einem größeren Teil der Tiere jedoch wird durch die
Bovovac-cination eine ziemlich bedeutende Störung des All¬
gemeinbefindens hervorgerufen, welche oft zu einer länger
wirkenden schädlichen Beeinflussung der Gesundheit und
der Nutzungseigenschaften (Wachstum) führt.
3. Durch die Bovovaceination kann bei einzelnen Tieren
selbst eine künstlicheTuberkulose-Infektion bewirkt werden.
4. Die Impfungen können bei den Impflingen eine be¬
schränkt andauernde größere Widerstandsfähigkeit gegen
k ii nstliche Infektionen mit Tuberkulose-Virus hervor-
rufen.
5. Sie bieten keinen andauernden Schutz gegen natür¬
liche Infektionen mit Tuberkulose.
(>. Die Schutzimpfungen sind in bisher von Tuberkulose
unverseucht gebliebenen Rinderbeständen wegen der Mög¬
lichkeit einer künstlichen Ilervorrnfung der Tuberkulose
bei den Impflingen nicht zu empfehlen.
182
7. Zur Bekämpfung der Rindertuberkulose genügt das
v. Behring'sche Schutzimpfungsverfahren allein nicht und
ist bei versuchsweiser Anwendung desselben unbedingt auch
die Mitberücksichtigung von prophylaktisch - hygienischen
Maßnahmen (Bang’sche Tuberkulose-Bekämpfungsmethode)
notwendig. R a b u s.
Otto: Impfungen gegen Druse mit Serum und Ex¬
trakt nach Jeß-Piorkowski. (Berl. Tierärztl. Wochenschr.,
1909, Nr. 50.)
Verf. hat in l 1 /^ Jahren 124 Pferde mit Druse-Serum
und 694 mit Druse-Extrakt behandelt. Ersteres wurde wegen
des hohen Preises fast nur in den Fällen angewendet, in
denen bedrohlichere Erscheinungen, wie Schwellung der
retropharyngealen und subparotidealen Lymphdrüsen auf¬
traten. Lagen bereits Abszedierungen vor, so ließ sich keine
augenfällige Wirkung erkennen. Andernfalls kam es da¬
gegen in etwa 40 Prozent der Fälle zu Rückgang der Schwel¬
lung und der Atembeschwerden innerhalb 2—3 Tagen. In
einem Bestand bewährte sich die Kombination von Serum
und Extrakt.
In der Hauptsache, gelangte der billigere Extrakt zur
Anwendung,.dem eine geringe Heilwirkung, aber eine ganz
bedeutende Schutzwirkung innewohnt, die etwa 4—5 Tage
nach der Impfung beginnt und mindestens 8 Monate lang
anhält. Wenn z. B. die Absatzfohlen im Stall an Druse er¬
krankt sind und man die älteren Fohlen auf der Weide eine
Woche vor der Aufstallung impft, so erkranken diese nicht,
auch wenn sie später nur durch eine Sproßenwand von den
erkrankten.Tieren getrennt sind, wie Verf. in 20—30 Fällen
beobachten konnte.
14 Fälle von Petechialfieber, die mit Druse-Serum be¬
handelt wurden, sind sämtlich geheilt. Die Einspritzung er¬
folgte stets am 1. oder 2. Krankheitstage. Tn 3 Fällen war
eine einmalige, in 1 Fall eine zweimalige Wiederholung
nötig.
Weiter hat sich das Druse-Serum bewährt, wenn nach
Brustseuche Sehnenscheidenentzündungen auftraten und da¬
bei die Sehnenseheidenil iissigkeit Streptokokken enthält.
Nach Injektion von dreimal 3 Dosen zu 10 ccm des Druse-
Streptokokken-Serums in Zwischenräumen von 3 Tagen hat
Verf. in 25 Fällen innerhalb 14 Tagen Verschwinden der
Lahmheit bei nur 1 Mißerfolg gesehen. Lind n e r,
183
Tierzucht nnd Tierhaltung.
Landes-Pferdeversicherungsanstalt.
Unter dem Vorsitze des Präsidenten der Kgl. Ver¬
sicherungskammer, Exzellenz Dr. von Haag, hat am
28* Februar 1. J. der Landesausschuß für die bayerische
Pferdeversicherungsanstalt seine Sitzung abgehalten.
Der Vorsitzende, Präsident Dr. von Haag, eröft'nete
die Versammlung mit folgender Ansprache:
„Die bayerische Landes-Pferdeversieherungsanstalt ist
nunmehr in ihr zehntes Geschäftsjahr eingetreten. Auch
der Abschluß des neunten Geschäftsjahres hat sich befrie¬
digend gestaltet.
Die Pferdeversicherung umfaßt schon 477 Vereine
mit 80 811 Pferden nnd einer Versicherungssumme von
55 440 090 Mk. und hat bis jetzt 25 977 Schadensfälle mit
einer Entschädigung von 9 939 134 Mk. geregelt. Sie nimmt
dem gesamten Versicherungsstande nach die erste Stelle
unter den Versicherungseinrichtungen in Deutschland ein,
die sich ausschließlich mit Pferdeversicherung befassen, und
umfaßt schon 21,41 Proz. des vorhandenen Pferdebestandes.
Der durchschnittliche Beitrag betrug im abgelaufenen
Jahre 2,68 Proz. der beitragspflichtigen Versicherungs¬
summe. Es wird Aufgabe der Verwaltung der Landes¬
anstalt und der Veieinsausschiisse sein, mit/ allen Mitteln
auf Minderung der Beiträge hinzuwirken. Zu diesem Zwecke
müssen die Vereinsausschüsse schon bei der Aufnahme von
Pferden Vorsicht walten lassen. Auch viele Schadensfälle
könnten bei richtiger Haltung und Fütterung der Pferde
vermieden werden. Anleitung hiezu gibt die auf Veran¬
lassung der Kgl. Versicherungskammer von dem K. Bezirks¬
tierarzt Himmel stoß verfaßte und in allen Vereinen
verbreitete Schrift „Ratschläge zur Gesunderhaltung der
Pferde und zur Vermeidung von Pferdeverlusten“, die der
Beachtung der Vereinsausschüsse nochmals besonders em¬
pfohlen wird.
Als erfreuliche Tatsache darf besonders hervorgehoben
werden, daß die Anstalt jetzt schon eine Reihe von vorzüg¬
lich verwalteten Vereinen in Stadt und Land besitzt, denen
es gelungen ist, durch vorsichtige Geschäftsbehandlung den
Beitragssatz günstig zu beeinflussen. Auf diesen nimmt all¬
mählich der Reservefonds einen günstigen Einfluß, der schon
auf nahezu 400 000 Mk. angewachsen ist und seine Zinsen
für die Entschädigungen zu verwenden hat.
184
Die Anstaltsverwaltung wurde durch alle staatlichen
Verwaltungsorgane, durch die Gemeindebehörden, dann
durch die Herren Tierärzte und Landwirtschaftslehrer in
dankenswerter Weise unterstützt. Auch der Förderung aller
Anstaltsgeschäfte durch die K. Verkehrsanstalten und durch
die K. Bank, von welcher die Kassengeschäfte der Anstalt
besorgt werden, möchte dankbar zu gedenken sein.
Dem Landesausschusse werden mehrere inzwischen
aufgetauchte grundsätzliche Fragen, namentlich bezüglich
der Entschädigung der relativen Untauglichkeit und bezüg¬
lich der Verwertung abzuschaffender Pferde zur Äußerung
unterbreitet werden.
Außerdem wird der Ausschuß um seine Zustimmung
zu dem nach den vorjährigen Beschlüssen umgearbeiteten
Normalstatut ersucht.“ —
Oberregierungsrat Burkhardt berichtete: „Die
Pferdeversicherung ist in Stadt und Land gleichmäßig gut
eingeführt; die Vereine zählen schon 34 991 Mitglieder.
Im Jahre 1908/09 ereigneten sich 4148 Schäden = 5,13 Proz.
der versicherten Pferde; sie wurden mit 1 071440 Mk. ent¬
schädigt. An Zuschüssen des Staates sind 100 000 Mk. ver¬
einnahmt worden. Im ganzen haben bisher die Mitglieder
in der Entschädigung um 537 947 Mk. über den Beitrag
dafür erhalten. Mit Einrechnung des Erlöses aus der Ver¬
wertung getöteter Pferde von 4398 877 Mk. stellt sich der
Vorteil, welcher aus der Anteilnahme an der Pferdeversiche¬
rung den Versicherten zugegangen ist, auf 1 236 824 Mk.“ —
In den Debatten fanden die Angelegenheiten der
Pferdeversicherung, insbesondere der Antrag auf Abände¬
rung von Bestimmungen des Normalstatuts eingehende Be¬
sprechung.
Cryptorchidie et hermaphrodisme externe chez plusiers
descendants d’un mente cheval entier.
E. Lienanx untersuchte ein 2jähriges Fohlen, dessen
äußere Genitalien denjenigen einer Stute glichen: die Hoden
fehlten, in der Inguinalgegend befanden sich 2 Milchdrüsen,
unterhalb des Afters war eine Art Scheide, in der man einen
rudimentären Penis bemerkte. Das Fohlen hatte im allge¬
meinen ein ruhiges Temperament, jedoch bei Annäherung
an Stuten zeigte es Hengstmanieren. Bei der von L. vor-
gonommenen Kastration fanden sich die Hoden in den
Leistenkanälen.— Der Vater des Fohlens hatte einen kleinen
und dünnen Penis, sowie eine wenig entwickelte und nach
185
rückwärts geschlagene Vorhaut. Seine Nachkommen zeigten
folgende Mißbildungen: Fohlen Nr. 1: Penis und Vorhaut
gut entwickelt, jedoch nach rückwärts verlagert, ein normal
entwickeltes Euter, die Hoden im Leistenkanal. Fohlen
Nr. 2: Der rudimentäre Penis ist nach rückwärts gerichtet,
gut entwickelte Zitzen, die Hoden sind im Leistenkanale.
Fohlen Nr. 3: Penis und Vorhaut rudimentär und nach
rückwärts verlagert, rudimentäre Zitzen, Kryptorchismus.
(E. Lienanx in Annal. de med. vet., Januar 1910.) M.
Verschiedenes.
Konfiskaten-Gefäß.
Durch die in den verschiedenen Regierungsbezirken
geltenden Vorschriften über Schlächtereien und Nahrungs
mittelkontrolle wird angeordnet, daß die gelegentlich der
Fleischbeschau beschlagnahmten Teile in sicheren Behält¬
nissen so aufbewahrt sein müssen, daß eine Verwendung als
Nahrungsmittel ausgeschlossen erscheint. Diese Behälter
müssen allen sanitäts-polizeilichen Anforderungen ent¬
sprechen, absolut wasserdicht sein, dicht schließen, um mit
Lysollösung etc. gefüllt werden zu können, ferner rostschutz¬
sicheren Anstrich haben und sollen nicht teuer sein. (Die in
Schlachthöfen üblichen kleinsten solchen Gefäße kosten
50—70 Mk., sind also für kleine Metzgereien auf dem Lande
zu teuer.)
Ich habe ein solches Gefäß mit Sicherheitsverschluß
und zwangsläufige Verschlußführung angegeben (D. R. M.).
Dasselbe wird in autogenem Schweißverfahreu hergestellt,
ist also fugenlos, hat flachgerundeten Boden mit Schutzleiste
gegen Durchscheuern und ist in grauer Platinfarbe ge¬
strichen. Das Gefäß ist durch.ein am Öffnungshebel ein-
hängbares Vorhängsehloß versperrbar, zu welchem der
Fleischbeschauer, dessen »Stellvertreter und der Wasen¬
meister den Schlüssel hat. Dasselbe faßt eine komplette
Innerei eines Stückes Großvieh bei geleerten Baucheinge-
weiden. Um demselben möglichst allgemeine Einführung
zu verschaffen, wurde der Preis so billig als nur möglich
niedergeschraubt (16 Mk. 50 Pfg.) und das Herstellungs¬
recht der Eisenwarenfabrik Mitterer & Söhne in Straubing
übertragen, woher dasselbe zu beziehen ist. II e i ß.
Bekämpfung der Hämoglobinurie des Rindes.
Die Schutzimpfung gegen das Weiderot der Rinder hat
sich bewährt. Der Impfstoff wird auch in diesem Jahre vom
m
Gesundheitsamte der pommerschen Landwirtschaftskammer
in Züllchow-Stettin (Direktor: Dr. F. Schmitt) herge¬
stellt tind abgegeben.
Kursus für Milchhygiene.
Wie im Vorjahre, so findet auch in diesem Jahre in
Düsseldorf ein Kursus in der Milchhygiene für Tierärzte
statt. Der Kursus dauert vom 4.—9. Juli und wird von
Prof. Dr. Sch loßmann geleitet.
Schütz-Stiftung.
Infolge eines von einem Komitee an alle deutschen
Tierärzte ergangenen Aufrufes sind für die Schütz-
Stiftung bisher erfreulicherweise 11000 Mk. gezeichnet
worden. Eine Quittung über die einzelnen Beträge wird
später veröffentlicht werden. Die Herren Kollegen, welche
bisher noch nicht gezeichnet bezw. versehentlich eine Auf¬
forderung nicht erhalten haben, werden gebeten, einen Bei¬
trag bis spätestens 1. April an den Unterzeichneten ein¬
zusenden.
Die festlichen Veranstaltungen anläßlich des 50jährigen
Berufsjubiläums des Herrn Geheimrat Schütz werden
mit Rücksicht auf die Osterferien erst am 29. und 30. April
stattfinden, während derTag des Jubiläums auf den 16. April
trifft. Nähere Mitteilungen erfolgen später.
Breslau X, Matthiasplatz 21, den 6. März 1910.
I tu Aufträge des Komitees:
Prof. Dr. M. Casper.
Stiftung.
Geheimrat Dr. Elleriberger, Rektor der Tierärzt¬
lichen Hochschule Dresden, hat der Hochschule aus Anlaß
der Bildung eines Veterinär-Offizierskorps für die deutsche
Armee und der der Dresdener Hochschule jüngst gewordenen
Rektoratsverfassung 5000 Mk. für eine neue Stiftung, resp.
zur Erhöhung der an der Hochschule bereits bestehenden
Stiftungen, schenkungsweise zugewendet.
Ehrung.
Der Rektor der Tierärztlichen Hochschule Berlin,
Prof. Dr. E b e r 1 e i n, erhielt von Sr.Exzellenz dem Reichs¬
kanzler Einladung zu einer Abendunterhaltung im Reichs¬
kanzler-Palais.
18 t
Bttcherschau.
Aus dem Physiolog. Institute der Kgl., Landwirtschaftlichen Hoch¬
schule Berlin. (Vorstand: Geheiuirat Prof. Dr. Zun tz.)
Respiratorische Stoffwechselforschung und ihre Bedeutung
für Nutztierhaltung und Tierheilkunde. Mit einem Bei¬
trag zur Kenntnis des Lungengaswechsels beim Rinde.
Von Dr. P a s c h t n e r, Assistent atn tierphysiologischen
Institute. Mit 4 Tafeln. Berlin 1909, Verlagsbuchhand¬
lung von R. Schötz. Preis 2 <M-.
Verf. behandelt nach einer historischen Einleitung über
die allmähliche Entwicklung der Kenntnisse über den At¬
mungs-Prozeß im 1. Abschnitte der Arbeit die Methodik
zum Studium der Atmungsvorgänge und schließt daran Er¬
örterungen über die volkswirtschaftliche Bedeutung der
Respirationsforschung und deren Wichtigkeit für die Tier¬
heilkunde. Im 2. Abschnitte bespricht Verf. die von ihm
angestellten Versuche und deren Ergebnisse. Die letzteren,
sie beziehen sich hauptsächlich auf das Rind, liefern wich¬
tige Anhaltspunkte zur Bemessung des Stoff- und Euergie-
umsatzes und damit Grundlagen zur Nutzwertfestsetzung
verschiedener Futtermittel bezw. der Bestimmung des Geld¬
wertes der Futtermittel im Verhältnis zu ihrer Leistung.
Die anregend geschriebene Broschüre deren Inhalt als
wissenschaftlich einwandfrei und für die Praxis bedeutsam
bezeichnet werden muß, verdient Anerkennung und Ver¬
breitung. A.
Personalien.
Wohnsitzveränderungen: Burger Joseph von Speyer
als bezirkstierärztlicher Assistent nach Dachau (Oberbayern); Wald¬
mann Otto von Pforzheim als Assistent nach Trebbin.
Niederlassung: Eisele Otto, Schlachthoftierarzt in Bremen
in Stuttgart-Ostheim.
Approbationen: in Berlin die Herren Glas Johannes aus
Bischofsburg, Kästner Johann aus Lyck, Naumann Erich aus
Marienwerder, Schlemmer Kurt aus Gröbzig und Wolff Edwin
aus Körlin; in Dresden die Herren Find eisen Gotthold aus Dres¬
den, Frenzei Hermann aus St. Michaelis und Meyer Emil aus
Dresden.
Promotionen: Zu DDr. med. vet.: in Leipzig die Tierärzte
Brücklmayer Franz in Zörbig (Pr. Sa ), Ho 11 atz Artur in Michel¬
au, Lanzl Friedrich in Dillingen, Seitz Gustav in Karlsruhe, Sem¬
per Artur in Leipzig; in Gießen die Tierärzte Erhardt Hans in
Nürnberg und Fischer Walter in Gießen; in Bern die Tierärzte
Greggers Klaus in Apolda, Thiro Robert in Lafferde; in Zürich
die Tierärzte Beier Johann in Mainz und Möllmann Heinrich
in Hannover.
Ruhestandsversetzung: Feist Gg., Geh. Regierungsrat,
Landestierarzt in Straßburg (Elsaß).
188
UMklk
Gegen
infektiösen Scheidenkatarrh
hat sich nach den Gutachten von über 100 Tier¬
ärzten „Bissu 1 in“ glänzend bewährt. Anwendung
einfach und billig, Wirkung schnell.
Lieferung nur an Tierärzte oder in deren
Auftrag.
Alleiniger Fabrikant:
H. Trommsdorff, chem. Fabrik, Aachen 31.
Tannismut
Billiges und äußerst wirksames Mittel zur Bekämpfung von
Durchfällen jeder Art.
Vereinigt Wismut- und Tanninwirkung.
Dosis für Pferde und Kühe 15—?0g, für Hunde 2—6 g.
Collargol
Zur intravenösen Injektion bei septischen Erkrankungen.
Auch zur Wundbehandlung.
Proben und Literatur kostenfrei.
Chemische Fabrik von Heyden, Radebeul-Dresden.
Druck von J. (5otteswinter, München. — Kommissionsverlag: M. Riegersche
rniversitiilsluieliluindlung. München, Odeonsplatz 2.
Münchener
Tierärztliche Wochenschrift
(früher: Wochenschrift für Tierheiltude und Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 22. März 1910. Nr. 12.
Inhalt: Originu lartikel: Dr. Musterle: Schlempemauke. —
Prof. Albrecht: Amorphus globosus. (Schluß.) — Referate:
Fischer und Gallia: Ein Beitrag zur Untersuchung auf Dampf.
Zehl: Die Blutfleckenkrankheit des Rindes. — Tierzucht
und Tierhaltung: Jahresbericht des Verbandes für Rein¬
zucht des Pinzgauer Rindes in Oberbayern pro 1909. Schweine¬
mästereien. Bedingungen zur Aufnahme der Rinder in das
Herdebuch der Insel Jersey. — Verschiedenes: Veterinär-
offizierskorps. Informationskurs. Verzeichnis der Vorlesungen
und Übungen an der Kgl. Tierärztlichen Hochschule München
im Sommer-Semester 1910. 82. Versammlung deutscher Natur¬
forscher und Ärzte in Königsberg i. Pr. 1910. — Bücher¬
schau. — Druckfehlerberichtigung. — Personalien.
Schlempemanke.
Von Distriktstierarzt Dr. Musterle, Göllheim.
Das häufige Auftreten der Mauke in den Stallungen
der Mitglieder einer Genossenschaftsbrennerei veranlaßte
mich, die Ursache der Erkrankung, die Schlempe, unter¬
suchen zu lassen, um vielleicht so einen Weg finden zu
können, das Übel zu bekämpfen oder einzudämmen. Es wur¬
den daher 3 Schlempeproben an das Brennereitechnische In¬
stitut für Bayern (Vorstand : Ürof. I)r. B ü c h e 1 e r), Aka¬
demie Weihenstephan, eingesandt und zur 1. Probe Schlempe
direkt aus dem Mofitejus, zur 2. Probe Schlempe verdünnt
und zur 3. Probe Schlempe mit Rauhfutter gemischt nach
12stündigem Stehenlassen verwendet.
Zur Fütterung wurde nämlich bisher die verdünnte
Schlempe mit Rauhfutter gemischt und nach ungefähr
12stiindigem Stehen verabreicht, weil man mit Recht an-
190
nahm, daß nach dieser Zeit Verbrennungen der Tiere nicht
mehr Vorkommen können.
Ich lasse hier nun die Untersuchungsbefunde des Herrn
Prof. B ü c h e 1 e r folgen, da ich annehme, daß sie manches
Interessante bieten. Gleich im Voraus will ich bemerken,
daß mir bekannt ist, daß die Ansichten über das Wesen der
Schlempemauke noch sehr geteilt sind und man geneigt
ist, sie als ein toxisches Exanthem zu bezeichnen, hervor¬
gerufen durch einen schon in der Kartoffelpflanze ent¬
haltenen giftigen’ Stoff. Die Säuerung der Schlempe soll
sogar für die Entstehung der Krankheit ohne Belang sein.
Aber in dem beschriebenen Falle haben die für die Fütte¬
rung der Schlempe angegebenen Vorsichtsmaßregeln ge¬
zeigt, daß auch darauf viel ankommt, auf welche Art und
Weise die Schlempe verfüttert wird.
Prof. Bücheier teilte mir mit: „Die Untersuchung
der von Ihnen eingesandten Proben ergab folgendes Re-
sultat:
Nr. 12830. Schlempe aus dem M o n t e j u s. Die
ursprüngliche Schlempe aus dem Montejus war bei einem
Alkoholgehalt von 0,0 Vol.-Proz. und einem Säuregehalt von
0,35° reichlich mit Hefezellen, weniger initBakterien durch¬
setzt. Doch befanden sich die beiden nicht mehr in lebens¬
fähigem Zustande.
Nr. 12831. S ch 1 e m p e verdünnt zur Abgabe.
Die verdünnte Schlempe zeigte einen Säuregehalt von 0,3 0
bei 0,0 Vol.-Proz. Alkohol. Hefe und Bakterien waren auch
hier abgetötet.
Nr. 12832. Sehlem p e m i t R a u h f u t t e r, n a ch
12s t ii n d i g e m Stehen vor der F ii t t e r u n g. Das
Gemisch mit Rauhfutter hat eine Säuerung von 1,45 0 auf¬
gewiesen, zeigte leblose Hefezellen, sowie eine Unmenge
gut entwickelter lebender Bakterien, hauptsächlich Milch¬
säurestäbchen.
Aus vorstehenden Notizen ergibt sich, daß die Funk¬
tion des Destillierapparates eine gute ist: die Schlempe ist
alkoholfrei.
Der Säuregehalt der Schlempe aus dem Montejus und
in verdünntem Zustande ist außerordentlich niedrig und der
günstige Habitus dieser beiden Schlempeproben gibt mir
eine Gewähr, daß die Schlempe als solche das Auftreten der
beklagenswerten Störung in Ihrem Viehstalle nun und
nimmer hat verschulden können.
Itagegen betrachte ich die mit Rauhfutter versetzte
Schlempe nach 12stiindigem Stehen mit außerordentlichem
191
Mißtrauen. Die betreffende Probe kam in starker Gärung
begriffen hier an. Der Säuregehalt betrug bereits 1,45
der Geschmack der Schlempe war ein häßlicher, geradezu
abscheulicher im Vergleich zu dem milden, angenehmen Ge¬
schmack der beiden anderen Proben. Das mikroskopische
Bild endlich zeigte eine Unmenge in üppigster Entwicklung
befindlicher Spaltpilze.
Hier glaube ich die Ursache für die auf tretende Er¬
krankung der Tiere nachgewiesen zu haben.
Wenn man Schlempe über Rauhfutter gießt und das
Gemisch stundenlang bis zur Verfütterung stehen läßt, ist
die Gefahr, daß sich säurebildende Mikroorganismen an¬
siedeln und lebhaft entwickeln,‘unter allen Umständen vor¬
handen. Man wird diese Gefahr dadurch vermindern, daß
man das Rauhfutter mit siedend heißer Schlempe anbrüht,
um dadurch die am Rauhfutter haftenden Mikroorganismen
unschädlich zu machen. Verstreicht aber eine längere Frist,
ehe das angebrühte Rauhfutter verfüttert wird und geht
während dieser Zeit die Temperatur des Brühfutters unter
45° oder gar 40° R. herunter, so sollte nach meinem Erachten
ein solches Futter vor seiner Verfütterung noch einmal
auf gedämpft werden, um dadurch die Spaltpilze unschädlich
zu machen.
Ich bin der Überzeugung, daß die Erkrankung in Ihrem
Viehstalle aufhören wird, so bald, was Konservierung der
Schlempe anbelangt, obige Punkte eingehalten werden.“ —
Der Ökonom R. in B. machte nun zuerst den Versuch,
die Schlempe mit Rauhfutter gemischt bei einer Temperatur
von über 45° R. zu füttern; die andern Mitglieder wagten
aus Furcht vor Verbrennungen ihrer Tiere nicht, das Früh¬
futter so heiß zu verabreichen, obwohl es ihnen einleuchtete,
daß bei dieser Temperatur eine Entwicklung der Spaltpilze
hintangehalten werde. Verbrennungen kamen aber nicht
vor; denn die Tiere gehen nicht eher an das Futter, als es
die Temperatur von zirka 50—55 0 R. hat. Zum Beweise
hiefür habe ich selbst siedend heiße Schlempe in die
Krippe schütten lassen und konnte feststellen, daß kein Tier
der ganzen Stallreihe an die Schlempe gegangen ist. Die
Kühe haben das Futtermittel wohl beschnuppert, es fiel
aber keiner ein, sich das Maul verbrennen zu lassen. Die
Futteraufnahme fand erst statt, als sich die Schlempe ge¬
nügend abgekühlt hatte. Verbrennungen kommen nur dann
vor, wenn in das Brühfutter größere Rübenstücke geworfen
werden; diese kühlen sich dann im Innern nicht ab, sondern
bleiben hier siedend heiß.Wenn nun die Außentemperatur den
192
Tieren entsprechend erscheint, werden derartige heißeRiiben-
schnitzel nach Rinderart einfach gierig hinuntergeschluckt.
Seitdem die Schlempefütterung bei der oben ange¬
gebenen Temperatur stattfindet, was nun seit 2 Jahren ge¬
schieht, ist tatsächlich die Mauke nur mehr selten und auch
dann nur in geringen Graden in den erwähnten Stallungen
aufgetreten.
Amorphus globosns.
Von Prof“. Al brecht, München.
(Schluß.)
Ich gebe nachstehend eine kurze Beschreibung des
mir durch den Herrn Kollegen S c h a f f e r - Dietmannsried
übermittelten Amorphus globosns (Gurlt), Acardiacus amor¬
phus (Birnbaum) :
Hie Mißgeburt ging nach der Geburt eines gesunden
und normal entwickelten Kalbes gleichzeitig mit den Ei¬
häuten ab. Sie stellt eine mannskopfgroße, kugelige,
10 Pfund schwere Masse von glatter Oberfläche dar, die
nahezu vollständig feine, graue, gekräuselte Haare trägt.
Auf der einen Seite sind einige zirka 1 A cm tiefe Rinneu
193
sichtbar; außerdem finden sich an der Monstrosität zwei
aufrecht stehende Zipfel, die auf ihrer äußeren Seite dichte
ungekräuselte Behaarung aufweisen. Während die innere
Seite des rechten Zipfels aus haarloser, von einigen Falten
durchzogener Haut besteht, ähnelt die innere Seite des
rechten Zipfels einer Ohrmuschel, deren Rand durch Ober¬
haut, auf der Haare nicht sichtbar sind, gebildet wird, und
deren Inneres eine von zahlreichen Falten und Furchen
durchzogene, weichknorpelige Masse ist. Eine sichtbare
Verbindung mit dem Innern des Monstrums besteht hier
nicht.
Auf der Mitte der anderen Seite des Gebildes siebt
man einen zirka bohnengroßen, haarlosen, ovalen Fleck, der
einer Narbe nicht unähnlich ist. Ihm gleicht ein am oberen
Rande befindlicher, der die Form eines mit der Spitze nach
abwärts gekehrten Dreieckes hat.
Zwischen den beiden ohrähnlichen Fortsätzen befindet
sich eine zirka dreimarkstückgroße Öffnung, aus welcher
ein ungefähr zweifingerdickes, nabelstrangähnliches Gebilde
von 7,5 cm Länge hervorgeht. An seinem unteren Ende ver¬
breitert es sich und teilt sich in drei Äste, an deren Ende
sieh Darmschlingen befinden. Dieselben sind von hochroter
Farbe und weisen ein deutliches Gekröse auf. Die beiden
äußeren Teile sind mehrfach gewundene Darmsehlingen, die
auf beiden Seiten blind endigen. Das mittlere Stück ist mit
einem Sack vergleichbar; es trägt auf der Außenseite einige
Furchen.
Die ganze Darmscheibe ist von einer dünnen serösen
Haut überzogen (zur besseren Sichtbarmachung wurde sie
wegpräpariert und nur der den erwähnten Strang über¬
ziehende Teil stehen gelassen).
Beim Durchtasten der Mißgeburt läßt sich im oberen
Ende des nabelstrangähnlichen Gebildes ein harter, knochen-
ähnlicher Körper und in den Darmschlingen eine harte Masse
durchfühlen.
Die Sektion der Monstrosität ließ erkennen, daß eine
zirka 1,5 cm dicke, mit Haaren besetzte Cutis die hauptsäch¬
lich aus Bindegewebsfasern bestehende, homogene, beim
Durchschneiden knirschende Grundsubstanz umhüllte. In
derselben finden sich Blutgefäße, sowie vereinzelte, zirka
erbsengroße Lymphdrüsen, jedoch keine festen Bestandteile.
Die oben beschriebene, zwischen den Fortsätzen be¬
findliche Öffnung stellt einen blind endigenden, runden
Hohlraum dar, der von einer Serosa ausgekleidet ist. Die¬
selbe geht auf den Strang (Nabelstrang 0 über, dessen
194
Grundsubstanz gallertig und embryonalem Gewebe ähnlich
ist. Einzelne ihn durchziehende Bindegewebszüge enthalten
Blutgefäße, von welchen besonders eine Arterie stärker ent¬
wickelt ist. Eine makroskopisch sichtbare Verbindung dieser
Blutgefäße mit den Darmteilen bezw. dem kugeligen Teil
der Mißgeburt konnte nicht gefunden werden. Die Gefäße
wurden in ihrem Verlaufe immer dünner und verloren sich
in dem sie umgebenden Gewebe.
Der im oberen Teile des Nabelstranges befindliche feste
Körper stellt eine zirka *4 cm dicke Knochenplatte von drei¬
eckiger Form (4 cm Länge und 3 bezw. 3,5 cm Seitenlänge)
dar. Sie hat die Gestalt eines Darmbeines und trägt an
einem Eck, das eventuell als hinterer Darmbeinwinkel zu
bezeichnen wäre, eine bohnengroße, kugelige, sich hart an¬
fühlende Masse. Dieselbe zeigt auf dem Durchschnitt keine
besondere Struktur; sie ist von roter Farbe und einem caver-
nÖsen Körper nicht unähnlich. Die mikroskopische Unter¬
suchung ließ das Vorhandensein zahlreicher Gefäße und
vereinzelter Muskelfasern erkennen, ein Befund, der die An¬
nahme, es handle sich hier um einen rudimentären Schwell¬
körper, erhärten kann.
Die Darmschlingen sind nach der Ansicht des Herrn
Kollegen Dr. S t o ß, dem ich die genauere Untersuchung
des Baues derselben verdanke, Teile des Duodenums. Nor¬
mal entwickelte Dünndarmzotten, deren Gefäße im unge¬
färbten Präparat wie injiziert aussehen, sind unter dem
Mikroskop deutlich zu erkennen.
Die sehr blutgefäßreichen Darmpartien enthalten eine
braungelbe, wachsartige Masse von eigenartigem, dem Anal¬
drüsensekret ähnlichem Gerüche. Mikroskopisch sieht man
Fettröpfehen und Epithelien neben scholligen ungeformten
Klumpen von deutlich gelber Farbe. —
Vor einiger Zeit berichtete Distriktstierarzt Kränzle-
Mering 4 ) über einen Amorphus, def in Bezug auf Größe
und Beschaffenheit der Oberfläche, Mangel an Adnexen etc.
von dein beschriebenen abwich: Eine Kuh warf ein wohl-
gebildetes Kalb und nach einiger Zeit einen formlosen
Klumpen im Gewichte von 30 Pfund mit fleischähnlicher
Oberfläche. Das pathologisch-anatomische Institut der Mün¬
chener Tierärztlichen Hochschule bezeichnet© das Gebilde
als einen aus Haut und der Hauptsache nach aus Fettgewebe
bestehenden Amorphus.
4 ) Wochenschrift für Tierheilkunde u. Viehzucht, 1907.
195
Referate.
Fischer und Gallia: Hin Beitrag zur Unter¬
suchung auf Dampf. (Tierärztl. Zentralblatt, 1910, Nr. 1.)
Auf Grund von Untersuchungen, die die beiden Ver¬
fasser auf dem Gestüte des Gutsbesitzers F ranz G r a f
Seilern in Gr. Lukow an 1% bis 2 Jahre alten Weide¬
pferden (Hengsten und Stuten) und an 3 Jahre und darüber
alten, eingebaferten Pferden (Deckhengsten und Mutter¬
stuten) vorgenommen hatten, kamen dieselben zu folgenden
Resultaten:
1. Bei Weidepferden zeigten Junghengste in der Regel
eine um mindestens 0,6 0 niedrigere Körperwärme als Jung¬
stuten. Auch die Atmungsfrequenz ist bei den Hengsten
im allgemeinen eine geringere als bei den Stuten.
2. Die Zahl der Pulsschläge ist bei Junghengsten höher
als bei Jungstuten, ferner ist die Pulswelle stärker an die
Arterienwand anschlagend, infolgedessen der Puls voller
und kräftiger.
3. Im analogen Verhältnisse steigern sich während
und nach der Bewegung Körpertemperatur und Atmen,
während im verkehrten Verhältnisse die Pulszahl bei den
Hengsten während der Bewegung im Vergleich zu jener
bei den Jungstuten zurückbleibt.
4. Die Temperatur der Weidepferde stieg während der
Vostündigen Trabbewegung bezw. nach derselben um 1" und
ging während der Schrittbewegung nach 15—30 Minuten
zur Norm zurück.
5. Eine mit 38,9° angegebene Temperatur ist für die
Beurteilung des Leidens „Dampf“ nichtssagend, weil — wie
durch zahlreiche Messungen erwiesen — die Temperatur
von 38,9 0 in den meisten Fällen bei Jungpferden kaum die
Norm übersteigt, wenn auch zugegeben werden muß, daß
bei Vorhandensein von Dämpfigkeit Anhalten' einer höheren
Körpertemperatur über die Norm nach der Bewegung ver¬
kommt.
6. Bei Pferden, bei welchen Schweißausbruch eintrat,
war die Körper-Innentemperatur gewöhnlich bis um 0,7 bis
1,5 ° und darüber gestiegen, die Atmung auf’s doppelte ver¬
mehrt, während die Pulszahl oft nicht von der Norm abwicli.
7. Die Atmung der im Trabe bewegten Tiere erfolgte
mit deutlich sichtbarem Flankenschlage und entsprechender
Bewegung der Nasenflügel in gleichmäßigen Intervallen
ohne jedwede Anstrengung bei der In- und Exspiration.
Als Begleiterscheinung trat vereinzelt Schweißausbruch, nie
Husten auf.
196
8. Puls der meisten Tiere war vor der Bewegung kräf¬
tig, rhythmisch in gespannter Gefäßwandung, nach der Be¬
wegung Pulsschläge nicht oder nur wenig vermehrt, ohne
wesentliche Änderung seiner Qualität.
9. Allgemeinbefinden nach der Bewegung bei allen
Tieren ein gutes, ohne Spuren von Müdigkeit, jedoch mit
gutem Appetit. R a b u s.
Zehl: Die Blutfleckenkrankheit des Rindes. (Berl.
Tierärztl. Wochenschr., 1909, Nr. 39.)
Das Vorkommen des typischen Morbus maculosus beim
Rind konnte erst Ende der achtziger bezw. anfangs der
neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts einwandfrei fest¬
gestellt werden. Im Gegensatz zum Pferd entsteht er beim
Rind in den weitaus meisten Fällen primär; sekundär wurde
die Krankheit nur vereinzelt im Anschluß an Gebärmutter-
und Eutererkrankungen beobachtet und Verf. sah sie bei
einer Kuh in Verbindung mit echtem Gelenkrheumatismus
auftreten.
Man kann drei Formen der Infektion unterscheiden:
1. durch den Erreger der Primärinfektion; 2. ist anzu¬
nehmen, daß in allen Fällen, in denen die Blutfleckenkrank¬
heit als Stallseuche in Erscheinung tritt, der Infektionsstoff
dem Tiere mit dem Futter oder Getränk zugeführt wird:
3. lassen sich die sporadischen Krankheitsfälle nur so deuten,
daß unter gewissen Bedingungen — vielleicht durch Ent¬
stehen einer Indigestion, weil die Anfangssymptome des
idiopathischen Morbus maculosus hiefür sprechen — Darm¬
bakterien Toxine bilden, welche die Kapillaren schädigen.
Die Stellung einer Diagnose ist im Anfangsstadium
der idiopathischen Erkrankung unmöglich; sie kann erst
erfolgen beim Erscheinen der Petechien und Anschwellungen.
Zunächst besteht nur Indigestion bei unveränderter Höhe
des Pulses und der Temperatur. Nach 24—48 Stunden er¬
scheinen Petechien auf der Nasenschleimhaut, seltener auch
auf der Maul- und Scheidenschleimhaut. Die Konjunktiven
schwellen an und sind dunkel rot gefärbt. An verschiedenen
Körpergegenden treten Ödeme auf. Oft besteht starke Nei¬
gung zum Belecken des Körpers. Unter Steigerung der
Temperatur und Verschlechterung des Pulses kommt es nun
zu allgemeiner Schwäche, blutig-schleimigem Nasenausfluß,
röchelndem Atmen und Husten.
Meist geht die Krankheit innerhalb 4—7 Tagen mit
Tod aus. Kommt es dagegen zu Heilung, so erstreckt sich
der Verlauf über mehrere Wochen, während deren immer
197
wieder Rezidiven erscheinen, oft, nachdem das Tier 8 Tage
und länger anscheinend schon völlig wiederhergestellt war.
Die Sektion bietet das Bild einer Septikämie mit Blu¬
tungen in fast allen Organen. Im Magen und Darm be¬
schränken sich die Hämorrhagien, so weit nicht eine Ver¬
blutung in letzteren stattgefunden hat, auf die Serosa und
Muskularis, während sich auf der Schleimhaut nur ganz ver¬
einzelt Ekchymosen zeigen.
Die Behandlung ist ziemlich aussichtslos; beim Rind
hat sich kein einziges der innerlich oder subkutan gegebenen
Mittel als auch nur einigermaßen wirksam erwiesen.
L i n d n e r.
Tierzucht and Tierhaltung.
Jahresbericht des Verbandes für Reinzucht des Pinzgauer
Rindes in Oberbayern pro 1909.
[Auszug aus dem Berichte.]
Auch im Berichtsjahre hat der Verband und das Zucht¬
gebiet des Pinzgauer Rindes wieder eine Ausdehnung er¬
fahren : 10 Ortsvereine wurden neugegründet und 226 Land¬
wirte traten dem Verband als Mitglieder bei. Die Gesamt-
mitgliederzahl betrug am Jahresschluß in 6 Zuchtgenossen¬
schaften 1565, denen 3788 Herdebuchtiere gehören. — Neben
verschiedenen Bezirkstierschauen u. Jungviehprämiierungen
beteiligte sich der Verband insbesonders bei der Rinder¬
ausstellung beim Zentral-Landwirtschaftsfest und an der
II. bayerischen Mastviehausstellung, beide Male mit sehr
gutem Erfolge. Auf dem Zentral-Landwirtschaftsfest, bei
dem der Verband 4 Ehrenpreise, 12 erste, 16 zweite und 7
dritte Preise zuerkannt erhielt, hat er von allen Verbänden,
die dort vertreten waren, das beste Prämiierungsresultat er¬
zielt. Von den zur Mastviehausstellung gebrachten Tieren
gehörten 61 % dem Pinzgauer Schlag an. Sie zeichneten
sich insbesondere durch Größe und Gewicht aus, vor allem
in den Klassen der Ochsen, Kühe und Kalbinnen, bei denen
jeweils die größten bezw. schwersten Tiere Pinzgauer waren.
Der in engster Verbindung mit der Viehzucht stehen¬
den Alp- und Weidewirtschaft wurde seitens des Verbandes
größte Beachtung geschenkt und versucht, die Alp- und
Weidewirtschaft durch Bildung von Genossenschaften zu
fördern. 338 Stück Großvieh, sowie 38 Ziegen waren in
diesem Jahre auf den Genossenschaftsalpen, deren gesamte
Weideflächen 213,058 Hektar umfassen, aufgetrieben.
Auf der neuen Bullenaufzuchtstation „Wartberg “
konnten mit den dort aufgestellten Tieren recht günstige
198
Erfolge erzielt werden. Die Probe-Wägungen haben bei
Kälbern eine Durchschnittszunahme von 2,1 Pfund pro Tag
und bei über 1 Jahr alten Stieren eine solche von 2,2 Pfund
(gegen 1,1 Pfund im Jahre 1908) ergeben. Die Station war
zu Beginn des Jahres mit 9 Stieren bestellt, angekauft wur¬
den 41 Stiere, verkauft 39, so daß am Jahresschluß ein Be¬
stand von 11 Tieren verblieb. Auch die in Wartberg auf-
gestellten Ziegen entwickelten sich vorzüglich und erhielten
auf der Ausstellung in Haßloch 3 Ehrenpreise und 4 erste
Preise.
Sehr rege war der Absatz von Zucht- und Nutzvieh,
insbesondere von Jungvieh nach Norddeutschland, deren
Verkauf die Geschäftsstelle des Verbandes vermittelte.
Das vergangene Jahr hat bewiesen, daß das Interesse
für die Verbandsbestrebungen ein sehr reges ist und daß
insbesondere die Züchter des Verbandsbezirkes an der Zucht,
des Pinzgauer Kindes festhalten werden. M.
Schweinemästereien.
In K ö t z t i n g wurde auf Anteile zu je (500 Mark eine
Genossenschaftsmästerei zur Mast von Schweinen gegründet.
Vorläufig sollen 60 Schweine gemästet werden. Mastdauer
4 Monate. Die technische Leitung soll, vorbehaltlich mini¬
sterieller Genehmigung, dem Gründer der Genossenschaft.
K. Bezirkstierarzt Rücker übertragen werden.
Am Viehhofe in Karlsruhe werden seit längerem
Schweine mit Abfällen aus städtischen Betrieben gemästet
und die gemästeten Tiere verkauft. Tn der Folge sollen
diese geschlachtet und das Fleisch an das Publikum abge¬
geben werden.
Bedingungen zur Aufnahme der Rinder in das Herdebuch
der Insel Jersey.
Tn das Herdebuch der Insel Jersey werden nur Tiere
aufgenommen, die vorher geprüft wurden; das Pedigree,
auch wenn es noch so vorzüglich lautet, ist für sich nicht
maßgebend. Einzelne wichtige Aufnahmsbedingungen heißen :
Eine Kalbin kann, auch wenn sie von Herdebuch-Eltern ab¬
stammt, in das Herdebuch erst dann aufgenommen werden,
wenn sie ein Kalb gebracht hat. Man will mit dieser Vor¬
schrift die Leistung des bei reifenden Tieres als Milchnerin
kennen lernen und die Aufnahme schlechter Milchnerinnen
verhüten ; ferner muß jeder zur Aufnahme in das llerdebuch
beantragte Stier zur Musterung mit. seiner Mutter vorge-
199
führt werden. Vorzüge der letzteren können dann allenfalls
hei der Prüfung in Betracht gezogen werden. .Jedes zur
Aufnahme begutachtete Tier wird zum Einträge in das
Herdebuch qualifiziert. Die Qualifikation lautet : commend
= empfohlen, oder highly eommended = hochempfohlen.
(Adametz in Österreich. Molkerei-Zeitung, Nr. 4, 1910.)
A.
Verschiedenes.
V eter inäroff izierskorps.
In der Plenarsitzung der bayerischen Kammer der Ab¬
geordneten am 11. März, in welcher die Beratung eines Nach¬
trages zumEtat. der Militärverwaltung auf der Tagesordnung
stand, nahm der Abgeordnete Dr. G ü n t h e r, der schon so
vielfach und erst jüngst wieder (Münch. Tierärztl. Wochen¬
schrift, Nr. 1, 1910) für die Interessen der Tierärzte einge-
tieten ist, und dem wir daher zu großem Dank verpflichtet
sind, das Wort und gab seiner Freude darüber Ausdruck,
daß die Wünsche der Militärveterinäre wenigstens
bis zu einem gewissen Grade erfüllt werden. „Allerdings*',
so fährt der Abgeordnete weiter, „bleiben noch eine Anzahl
von Wünschen des Veterinäroffizierskorps unerfüllt, was ja
dem Kriegsministerium selbst am besten bekannt ist. Einer
dieser Wünsche ist die Gewährung der M a j o r s - K o m -
I> e t e n z e n, und es wäre sehr wünschenswert, wenn eine
Ergänzung des Standes des Veterinäroffizierskorps in dem
angedeuteten Sinn erfolgen würde. Ein zweiter Wunsch,
der allerdings schwerer erfüllbar ist, ist die Aufstellung
eines besonderen Referenten im K r i e g s m i ni¬
ste r i u m für diese Angelegenheit. Man ist in den Kreisen
der Militärveterinäre der Meinung, daß es dem betreffenden
Referenten an Beschäftigung nicht fehlen und daß der ganze
Stand des Korps dadurch gehoben würde. Vielleicht könnte
mit der Zeit doch auch dieser Wunsch erfüllt werden.“ —
Der Kriegsminister, Freiherr von Horn, bemerkte auf
die Anregung des Abgeordneten Dr. Günther, daß sich
die Militärveterinärreform (Schaffung des Vetcrinäroffizi<,*rs-
korps) ganz der preußischen anschließen werde. Den Wunsch
des Abgeordneten Dr. Günther auf S eh a f f u n g ei n e r
Spitze des V e t e r i n ä r - O f f i z i e r s k o r p s im
Kriegsministerium wolle er s i ch a d n o tarn
nehmen; er fürchte aber, daß die Wünsche vorerst —
man stehe am Anfänge der Organisation — nicht berück¬
sichtigt werden können; in einem späteren Zeitraum werde
die Frage wieder zur Behandlung kommen. A.
200
Informationskurs.
ln der Zeit vom 29. März mit 9. April findet in München
ein Informationskurs für Amtstierärzte mit folgendem
Arbeitsplan statt:
1. Vortragende, Vertragsgegenstände, Vor¬
trags- und Übungslokale:
1. Dr. Kitt, o. Professor: Ausgewählte Kapitel aus
der Seuchenkunde, Bakteriologie und Serumtherapie mit
Demonstrationen und praktischen Übungen. — Im Mikro-
skopier-Saale des pathologisch-bakteriologischen Instituts
und im Hör-Saale des Instituts für Huf künde der K. Tier¬
ärztlichen Hochschule.
2. Dr. Mayr, o. Professor der K. Tierärztl. Hoch¬
schule: Chirurgische Demonstrationen. — In der chirurgi¬
schen Klinik der K. Tierärztl. Hochschule.
3. Dr. Mose r, a. o. Professor der K. Tierärztl. Hoch¬
schule: Hufkraukheiten und Hufbeschlag mit Demonstra¬
tionen. — Im Institut für Hufkunde der K. Tierärztl. Hoch¬
schule.
4. M ö 11 e r, Obertierarzt des Schlacht- u. Viehhofes :
Demonstrationen aus der Fleischbeschau. — Im städtischen
Schlachthofe.
5. Schneider, städt. Bezirks- und Obertierarzt und
Dr. Ernst, städt. Amtstierarzt: Untersuchung von Milch,
Fleischwaren und dergleichen. — Im tierärztlichen Bureau,
Sendlingerstraße 64.
6. Dr. Vogel, Oberregierungsrat: Besprechung ein¬
zelner Gebiete der amtstierärztlichen Geschäftsführung, der
Veterinärpolizei und der Tierzucht. — Im Hör-Saal Nr. 1
(Klinik-Mittelbau) der K. Tierärztl. Hochschule.
II. S t u n d e n e i
n t e i 1
ung
1.
Tag,
Dienstag, den 29. März :
Punkt
8-
10:
Df. \
°ge 1,
a
V
10—11 :}
3— 5 :J
| Dr.
Kitt.
2.
Tag,
Mittwoch, den 30. März :
»
8—
-10:
Dr. Voge 1,
10—
3—
11:1
- 5:j
Dr.
Kitt.
3.
Tag,
Donnerstag den 30. März:
V
8-
-10:
Dr. ^
r ogel,
»
n
10—
3—
11 :\
5:J
Dr.
Kitt.
4.
Tag,
Freitag den 1. Agril:
8—
10:
Dr. V
ogel,
10—
3—
Dr.
Kitt.
Tag,
Samstag den 2. April:
u
V
M
8—
3—
11:1
- 5:j
► Dr.
Kitt.
201
6. Tag,
Montag den 4.
April:
Punkt
n
8—11:'
3— 5 :J
| Dr. Kitt.
7. Tag,
Dienstag den 5. April:
8—10:
Dr. Mayr,
2— 5:
Dr. Moser.
8. Tag,
Mittwoch den 6. April:
8—10:
Dr. Mayr,
ii
2— 5:
Dr. Mose r.
9. Tag,
Donnerstag den 7. April:
»
8—11:
M ö 11 e r,
n
3— 5:
Schneider
und Dr. Ernst.
10. Tag,
Freitag den 8.
April:
w
8—11:]
[Schneider
»
3— 5:J
I und
Dr. Ernst.
11. Tag,
Samstag, den 9. April:
n
8—11:1
Schneider
n
2— 4 :j
und
Dr. Ernst.
Innerhalb der einzelnen Vor- und Nachmittage bleibt
die Wahl anderer Stunden den Vortragenden im Benehmen
mit den Kursteilnehmern Vorbehalten.
gez. Dr. Vogel.
Verzeichnis der Vorlesungen und Übungen
an der
Königlich Tierärztlichen Hochschnle München
im Sommer-Semester 1910.
Beginn: 15. April; Inskription: 15. bis 23. April.
Giesenhagen: Systematische Botanik, 4 Std. u. botan. Ex¬
kursionen; Pharmakognosie, 1 Std. — Hofer: Allgem. Zoologie
und Naturgeschichte der Wirbeltiere, 4 Std.; Fischkrankheiten,
1 Std.; Fischerei-Exkursionen. — E bert: Physik II, 4 Std. — Lip p:
Organische Chemie, 5 Std. — Stoß: Anatomie und Histologie II,
3 Std.; Embryologie, 1 Std.; Mikroskopische Uebungen, je 4 Std.;
histolog.-embryologische Arbeiten für Geübtere, nach Uebereinkunft.
— E. Voit: Physiologie I, 4*/* Std.; Physiologische Chemie, 1 Std.;
Diätetik, 3 Std.; Physiologisches Laboratorium für Geübtere, nach
Uebereinkunft. — Krummacher: Milch und Milchuntersuchung,
1 Std. — Brandt: Arzneimittellehre und Toxikologie I, 3 Std.;
Chemische Uebungen I, je 3 Std.; Pharmazeutische Uebungen I,
gruppenweise; Pharmakologisches Laboratorium für Geübtere, nach
Uebereinkunft- — Zur Zeit Kitt stellv.: Allgemeine Patho¬
logie mit allgem. pathol. Anatomie, 4 Std.; Seuchenlehre, 8 Std.;
Pathol.-mikroskop. Uebungen und Sektionen, je 2 Std.; Bakteriolog.
Laboratorium für Geübtere, nach Uebereinkunft. — Al brecht:
Spezielle Tierzuchtlehre, einschließlich Geflügelzucht, 6 Std.; Geburts¬
hilfe, 4 Std.; Embryotomische Uebungen, 2 Std. — Schlampp:
Spezielle Pathologie und Therapie II, 3 Std.; Allgemeine Therapie,
2 Std.; Klinische Propädeutik, je 2 Std.; Medizin. Klinik, je 6 Std.;
Ophtlialmolog. Kurs II, 1 Std.; Arbeiten in den Laboratorien der
medizin. Klinik für Geübtere, nach Uebereinkunft. — Mayr: All¬
gemeine Chirurgie und Operationslehre, 6 Std.; Operations-Uebungen,
202
6 Std.; Chirurgische Klinik je 6 Std., Geschichte der Tierheilkunde,
1 Std.; von Vaerst: Gerichtl. Tierazneikunde, 3 Std.; Ambula¬
torische Klinik, Untersuchung von Tieren in Sachen der Mängel¬
gewähr. — Moser: Beschirrungslehre, 1 Std.; Uebungen am Hufe,
je 4 Std.; Übungen für Geübtere im Institute für Hufkunde nach
Uebereinkunft.
Satzungen, Lehrplan, Prüfungsvorschriften und Jahresbericht
können gegen Einsendung von 90 Pfennig durch das Sekretariat
bezogen werden.
82. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte
in Königsberg i. Pr. 1910.
Die 82. Versammlung der Naturforscher uud Ärzte
findet vom Sonntag den 18. bis Sonnabend den 24. Sep¬
tember in Königsberg in Preußen statt. Die Veterinärmedizin
ist in einer Abteilung vertreten. Der Herr Einführende,
Veterinärrat Dr. Wehrdorf, erteilt über Anmeldungen
und Vorbereitungen von Vorträgen bereitwilligst Auskunft.
Bttcherschan.
Die Sterilität der Kühe. Von Tierarzt J. Albrechtsen
in Aakirkeby. Deutsch von Tierarzt Holzmann in
Großainmensleben. Mit 21 Abbildungen. Verlag von
R. Schütz, Berlin 1910. Preis 3 Mk.
Verf. behandelt auf 96 Druckseiten die Arten der Un¬
fruchtbarkeit, deren Verbreitung in wirtschaftlicher Bedeu¬
tung, die Diagnose und Differential-Diagnose der Trächtigkeit,
die ansteckenden Scheidenkatarrhe, die speziellen Ursachen
der Sterilität, die Behandlung derselben, das Ergebnis der
letzteren u. a. Wie der Inhalt der Broschüre zeigt, stehen
dem Verf. reiche Erfahrungen über die Unfruchtbarkeit
des Rindes zu geböte, sowohl in Bezug auf die Entstehung
derselben als hinsichtlich der Behandlung. Nach beiden
Seiten, besonders aber nach der letzteren, enthält seine Ar¬
beit neue Gesichtspunkte, die für dio Prophylaxis und
Therapie der Sterilität volle Würdigung verdienen, zu Be¬
obachtungen, und, die Therapie anbelangend, zu Versuchen
im Sinne des Verfassers auffordern. A.
Druckfehlerberichtigung.
Auf Seite 187 der vorigen Nummer der Wochenschrift Zeile 7
von oben soll es heißen: „Dr. Paeehtnor“ statt „Dr. Paschtner“.
Personalien.
Auszeichnungen: Prof. Dr. vonPflugh, Privatdozent an
der Tierärztlichen Hochschule in Dresden wurde von Sr Majestät
dem Kaiser zum Ehrenritter des Ordens St. Johannis vom Spital zu
203
Jerusalem ernannt. Hofstabsveterinär Wille in München erhielt
Titel und Rang eines Kgl. Yeterinärrates.
Ernennung: Dr. Boden, Assistent an der Tierärztlichen
Hochschule in Dresden zum Kais. Regierungstierarzt in Swakopmund
(Deutsch-Süd westafrika).
Wohnsitz Veränderungen: Behr Friedrich von München
als Vertreter nach Straubing, Holterbach Heinrich in Offenburg
als techn. Mitarbeiter an dem Institut für Seuchenbekämpfung in
Frankfurt a. M
Approbationen: in Dresden die Herren: Brenner Richard
aus Mehlteuer, Kliem Max aus Sorau, Merzdorf Emil aus Stro-
eken. Schild Wächter Joh. aus Bernsfeld und Stauffer Christian
aus Mantsala (Finnland); in Gießen: Herr Faistel Kurt aus Plauen;
in Hannover: die Herren Bennewitz Willi, aus Doversen, Dencker
Erich aus Hohenwarthe, Eggers Joh aus Suderau, Holthöfer W.
aus Raddestorf und Si eck mann Erich aus Blomberg; in München:
die Herren Berger Karl aus Kietersfelden, Förster Franz aus
Mühldorf und Krieger Rudolf aus Simbach a. Inn.
Promotionen: Zu I)I)r. med. vet. in Gießen: die Tierärzte
Bocksteger Gerhard in Kempen, Butta Alfred in Heidelberg,
Hagen Hermann in Gießen, Lasch Paul in Gießen, Meßenzehl
Karl in Aschaffenburg-Dahm, Mühleck Jul. in Gießen, Suckrow
Frdr. in Bonn, Zirker Otto in Hammelburg; in Leipzig: die Tier¬
ärzte Franke Hermann in Bunzlau, Illing Paul in Dresden, Mar¬
tin Frd. in Dresden, Schwabe Felix in Zwickau, Uhlmann Paul
in Cranzahl; in Bern bezw. Zürich: die Tierärzte Fra uzen Joh.
in Haaren und Gottschalk Artur in Dresden.
Ruhestands-V ersetzung: Oberstabs - V eterinärr A ugust.
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Geruchloses, leicht und klar lösliches Desinfektionsmittel
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Merkurialismus hervor.
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Abszessen, Metritis, Pauaritien, Scheidenrißwunden,
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204
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empfiehlt alle Drogen und Chemikalien für die Veterinärpraxis,
insbesondere:
Arecolin, Atropin, Cocain, Eserin, Morphin, Pilocarpin,
Podophyllin, Strychnin, Veratrin, Blei-, Jod-, Queck¬
silber-, Wismuthverbindungen etc., ferner Tuberkulin
und Bovotnberkulol für diagnostische Zwecke,
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Münchener
(früer: Wochenschrift für Tierheilkunde und Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 29. März 1910. Nr. 13.
Inhalt: Originalartikel: Frank: Einiges über Starrkrampf.
— Mulzer: Hochgradige Gehirnhyperämie mit Hyperästhesie und
Konvulsionen bei einem Hunde. — Induration der Hirnsub¬
stanz. — Hyperästhesie (?) bei einem Pferde. — Referate:
Eloire: Über eine neue Form des Kalbefiebers. Zedek: Über
den therapeutischen Wert des Fibrolysin. Leukofermantin.
— Tierzucht und Tierhaltung: Wirkung geringer
Mengen Rauhfutters und die Entbehrlichkeit desselben bei der
Fütterung des Melkviehes. — Verschiedenes: Promotions¬
recht. Fleischbeschau. Obligatorische Trichinenschau in Bayern.
Vertretung der Professur für pathologische Anatomie etc. an
der Tierärztlichen Hochschule München. Senat der Tierärzt¬
lichen Hochschule Dresden. Viehseuchen-Nachrichten. Ver¬
zeichnis der Vorlesungen und Übungen an der Kgl. Tierärzt¬
lichen Hochschule München im Sommer - Semester 1910. —
Bücherschau. — Personalien.
Einiges über Starrkrampf.
Von Bezirkstierarzt Frank, Kusel.
Abgesehen von einer größeren Zahl in früheren .Jahren
beobachteten und zum Teil auch mit mehr oder weniger
Glück behandelten Starrkrampferkrankungen in ihren ver¬
schiedenen Formen sind in den letzten Jahren noch einige
hinzugekommen, welche vielleicht eines allgemeineren Inter¬
esses würdig sind. Von den hiebei besonders iu’s Auge ge¬
faßten 7 Fällen betreffen 6 Pferde und 1 einen G/hjährigen
Stier. Bei letzterem trat die Genesung spontan nach zirka
6 Wochen ein, während in 2 von den ersteren infolge des
höchst akuten Verlaufes schon nach 48 Stunden ein töd¬
licher Ausgang erfolgte. Die übrigen 4 sind genesen.
Die Behandlung bestand bei allen diesen Pferden im
allgemeinen in der Applikation von täglich bis zu 100 g
206
Chloralhydrat, das in heißer Milch gelöst per rectum in¬
fundiert wurde. Außerdem wurden noch alle 1—2 Tage
sich wiederholende subkutane Injektionen von 50—70 g
25 %igen Jodipins vorgenommen, das in der Regel mit
25—30 %igem Aeth. sulf. leichtflüssiger gemacht war. Die
Mischung wurde, abgesehen von einer vorübergehenden
Aufregung kurz nach der Applikation, stets gut ertragen,
doch traten bei einem der Pferde nachträglich mehrfach
umfangreichere Hautabszesse ein, die im übrigen rasch
wieder abheilten. Diese glaube ich auf eine Infektion der
Einstichstellen durch die ständige Reibung an den Riemen
und Gurten des Hängeapparates zurückführen zu sollen.
Schon lange vor den Veröffentlichungen D i f f i n e’s
über seine Erfolge mit Jodipin-Injektionen hatte ich durch
lokale Behandlung der Infektionsstelle eine Hinderung
der Giftproduktion und der Weiterverbreitung durch die
Ly mph- und Nervenbahnen beabsichtigt, indem ich rings
um den Wundherd, insbesondere zentripetal, oberflächliche
und tiefgehende Injektionen von 5—10 %igem Jodvasogen,
Collargol u. s. w. anbrachte. Der Erfolg war indessen kein
in die Augen springender. In weiterem Verfolg dieser Ab¬
sicht war eben zu erwägen, daß die Tetanusbazillen nur bei
einer bestimmten Reife und wahrscheinlich nur in Gegen¬
wart von anderen Spaltpilzen (auch Saprophyten) Tetauus-
toxine (Tetanin, Spasmin u. s. w.) entwickeln, daß diese
weder Alkaloide noch labile Eiweißstoft'e oder N-haltige
tlmsetzungsprodukte der Bakterien und deren Nährboden,
sondern lediglich ziemlich haltbare Kohlenwasserstoffver-
bindungen darstellen, die in ihrer Gesamtheit eine starke
negative chemotaktische Wirkung ausüben.
Nach meinen Beobachtungen bleibt entgegen den
Wahrnehmungen bei Impf Starrkrampf die Krampfwirkung
des Giftes in klinischen Fällen auch anfangs nicht nur auf
die Umgebung des verletzten Teiles beschränkt, das Virus
wird vielmehr von da fortgeführt und in den zunächst ge¬
legenen Zentralorganen verankert, wobei nicht einseitige,
sondern gleichzeitige Muskelkrämpfe auch bei der ent¬
sprechenden Gegenseite ausgelöst werden. Einige Nerven-
zentren mit Ausbreitungsgebieten, so besonders jene des
Üculomotorius, Trochlearis, Facialis, sodann des Trigeminus
scheinen für das Gift besonders empfänglich zu sein, wäh¬
rend die Zungenmuskeln (N. hypoglossus) und die Kau¬
muskeln des öfteren von der Starre befreil bleiben. Nie¬
mals aber habe ich eine nur auf eine Seite beschränkte
Gift Wirkung beobachten können.
207
Mit Rücksicht auf diese Wahrnehmungen und die bis¬
herigen Ansichten über das Wesen dieser Krankheit wieder¬
holte ich nur bei einem infolge Nageltrittes erkrankten Pferde
den Versuch, die Giftzuführbahnen vermittelst subkutaner
25 %iger Jodipin-Injektionen in der Nähe der Nerven,
Blut- und Lymphgefäße zu unterbrechen, indem ich beider¬
seits vom Schienbein Einspritzungen applizierte. Dem Jo-
dipin waren 20 % Aeth. sulf. und 1 c /o Karbolsäure zuge¬
setzt. Nach der alsbald eintretenden Unruhe zu schließen,
scheint ein Teil hievon in die Sehnenscheiden gelangt zu
sein. Die folgenden Entzündungserscheinungen verliefen
unter lebhaften Schmerzensäußerungen und starker Schwel¬
lung, doch trat schon 48 Stunden nach der Injektion eine
sehr wesentliche Besserung ein, so daß die hinteren Extremi¬
täten zur Betätigung einiger Untugenden ziemlich aus¬
giebig wieder Verwendung fanden. Nach 5 Tagen war
Patient außer aller Gefahr; die lokalen Erscheinungen
gingen allmählich zurück und nur an der Stichstelle blieb
eine lokale beulenartige Verdickung zurück, welche den
nach zirka 10 Tagen auf genommenen Dienst nicht beein¬
flußte und sich allmählich zurückbildete.
Bei einem weiteren, sehr schwer erkrankten Pferde
mußte, da sich die Ursprungsstelle nicht ermitteln ließ, von
dieser lokalen Umwallung der Giftquelle abgesehen werden.
Die übrige Behandlung war die bereits geschilderte und
führte trotz mancherlei Zwischenfällen nach 10 Tagen zu
einer sichtlichen Besserung und nach 6 Wochen zur Ge¬
nesung. Die an den Injektionsstellen mehrfach auf getre¬
tenen kalten Hautabszesse heilten bald ab, waren also trotz
ihres zuweilen ziemlich bedeutenden Umfanges gutartiger
Natur.
Ein mittelschweres Händler-Pferd wurde infolge einer
durch Koppelstricke veranlaßten beträchtlichen Haut-Ab¬
schürfung an der Schweifwurzel oberhalb des Afters vom
Starrkrampf befallen. Die sämtlichen Muskelpartien mit
Ausnahme der Zunge und Kiefermuskeln lagen bereits in
ziemlich hochgradiger Starre, die Maulsperre hingegen war
nur mäßig, so daß die Futter- und Getränkeaufnahme ver¬
hältnismäßig gut von statten ging. Außer der mitgeteilten
inneren Behandlungsweise wurden auch hier behufs Ver¬
legung der Giftabfuhrbahnen mehrmalige subkutane Injek¬
tionen oberhalb des Afters und der Wunde mit durch Äther
verdünntem Jodipin, dem noch außerdem behufs Erzielung
einer kräftigen positiven Chemotaxis den an sich negativen
Toxinen gegenüber l%iges Ol. terebinth. zugesetzt war, vor-
208
genommen. Es bildete sich allerdings an der Injektions¬
stelle ein ziemlich tiefgehender Abszeß, eine etwa rasch ein¬
setzende erhebliche Besserung könnte aber nur in dem an¬
fänglichen Stillstand und der allmählichen Abnahme der
Krampferscheinungen gefunden werden. Bei der den Te¬
tanustoxinen eigentümlichen, spät einsetzenden und lange
anhaltenden Giftwirkung konnte übrigens auch ein rascher
Nachlaß der letzteren ohnedies nicht erwartet werden, nach¬
dem bereits der ganze Tierkörper mit den Toxinen geschwän¬
gert war. Ob die Krankheit auch ohne diese lokale Behand¬
lung nicht den gleichen Verlauf gezeigt hätte, lasse ich dahin¬
gestellt, zumal während derselben drusenähnliche Erschei¬
nungen in den inneren und äußeren Luftwegen von einem
vorübergehenden Nasenfluß begleitet auf traten, die ebenso¬
wohl auf einen akuten Jodismus als auf sonstige Krankheits¬
erreger zurückgeführt w r erden können. Auf ersterem scheint
wohl die günstige Wirkung des Jodipins bei gewissen Atmungs¬
beschwerden hauptsächlich zu beruhen. Daß er tatsächlich
bei jungen Pferden vorkommt, werde ich späterhin noch
darzutun Gelegenheit nehmen. Auch dieser Patient ist also
nach mancherlei Zwischenfällen genesen.
Wieviel die Behandlung bei diesen 4 günstig ver¬
laufenen Fällen überhaupt beigetragen hat und welcher
Anteil der allgemeinen Jodzufuhr einerseits, und der lokalen
Hemmung der Toxinabfuhr bezw. Paralysierung der Toxine
und Aufzehrung der verschiedenen Bakterien durch Phago¬
zytose zukommt, das zu prüfen wäre ein dankbarer Stoff
zu den Vorarbeiten unserer zukünftigen Doktoranden.
Wenn also aus dem Berichteten sichere Schlußfolge¬
rungen nicht gezogen werden dürfen, so wird doch durch
die geschilderten Fälle wiederum die Zahl der bereits be¬
kannten vermehrt, so daß mit der Zeit immer mehr Klarheit
gewonnen werden kann.
Im übrigen sind die subkutanen Einspritzungen bei
dem letztgenannten Pferde ohne nachteilige lokale Folgen
geblieben und nur an einer Stelle, an welcher terpentinöl-
haltiges Jodipin appliziert war, bildete sich ein unbedeu¬
tender Eiterherd.
Hochgradige Gehlrnhyperämie mit Hyperästhesie und
Konvulsionen bei einem Hunde.
Von Tierarzt Mulzer, Nürnberg.
An Weihnachten wurde ich zu einem Hund (öjähriger
Spaniel) gerufen. Der Eigentümer gab mir die folgende
Anamnese: „Ich ging mit dem Hund um die Stadt spazieren.
209
Das Tier bekundete große Freude, tummelte sich in den An¬
lagen, sprang zwischen Sträuchern hindurch, als es ganz
plötzlich unter heftigem Schreien und Quieksen um mich
herumtaumelte und einigemale hinfiel. Ich habe den Hund
dann sofort heimgetragen. Ich glaube, er hat sich in dem
Gesträuch etwas eingetreten.“
Untersuchungsbefund: Der Hund ist sehr
unruhig, ängstlich, aufgeregt und läßt sich unter ständigem
Aufschreien — so daß die Leute vor dem Hause zusaminen-
laufen — kaum anfassen. Die sofortige Untersuchung der
vier Extremitäten ergibt außer einer kleinen Verletzung an
einem Zehenglied, das nur wenig blutet, nichts wesentliches,
so daß ich damit die durch heftiges Aufschreien und Heulen
vorgetäuschten Schmerzensäußerungen nicht in Einklang
bringen konnte. Der Hund zeigte ferner krampfhafte Kau¬
bewegungen, Neigung zum Beißen seines Herrn, speichelte
und suchte zu entweichen. Ich ließ nun das Tier frei. Kaum
freigelassen, läuft es mehrere Schritte, macht in einer Ecke
Halt, kauert zusammen, schreit ab und zu und stiert uns
mit großer Pupille an. Plötzlich hüpft es blitzschnell in die
Höhe, taumelt ein paar Schritte, läuft einmal im Kreise
herum, flüchtet in eine Ecke und zeigt konvulsivische Zuck¬
ungen am Kopfe.
Therapie: Ich ließ den Hund in einen abgegrenzten
Raum bringen, der mit vielen Decken ausgekleidet war, um
bei einem neuerdings auftretenden Anfall ernsteren Ver¬
letzungen vorzubeugen. Ferner verordnete ich: Kal. bro-
mat. 5,0, Ammon. 2,0, Sirup. Rub. Id. 10,0, Aq. ad 100,0;
zweistündlich % Eßlöffel!
Da ich gegen Abend zufällig Kenntnis erhielt, daß
vor meinem Eintreffen eine Tochter des Hundebesitzers
heftig gebissen wurde, und ich mich selbst von dem aggres¬
siven Vorgehen seitens des Hundes überzeugte, wurde in
mir der Gedanke an Wutverdacht wachgerufen. Bei meinem
nächsten Besuch aber konnte ich — mir zur Beruhigung
und zur größten Freude des Besitzers — feststellen, daß der
Hund, wie man sich auszudrücken pflegt: wieder „kern¬
gesund“ war.
Bisher ist kein weiterer Anfall aufgetreten: ebenso
hat der Hund nach Aussage seines Herrn vorher an einer
ähnlichen Krankheit nicht gelitten.
Induration der Hirnsubstanz.
Ein Pferd ging mit der Anamnese zu, daß es seit
einiger Zeit schlecht bezw. gar nichts fresse, beim Reiten
Mattigkeit zeige, sich im Stall zweimal überschlagen und
hiebei den Kopf heftig an die Standsäule gestoßen habe.
Bei der Untersuchung des in sehr schlechtem Nährzustand
befindlichen Tieres fanden sich Puls, Temperatur und At¬
mung normal. Im Laufstand hielt es den Kopf stets tief ge¬
senkt, wobei es am Boden suchte. Der Blick war stier, das
Ohrenspiel unphysiologisch und wechselvoll. Oft ging das
Tier längere Zeit im Kreis herum und zwar ausschließlich
nach rechts, wobei es häufig an den Wänden des Stalles an¬
stieß, ohne sich dessen bewußt zu werden; auch trat es sich
bei diesen Bewegungen öfters auf die Kronen. Auf Ein¬
greifen in die Ohren und Betreten des Kronrandes reagierte
es sofort. Futter wurde nur in sehr kleinen Quantitäten
aufgenommen; hiebei öffnete das Pferd kaum das Maul und
stampfte mit den Füßen. Bei Nacht zeigte Patient öfters
Unruheerscheinungen und starken Schweißausbruch, was
vermutlich auf stattgehabte Erregungszustände infolge ein¬
getretener Geräusche zurückgeführt werden dürfte.
Diese Erscheinungen verschlimmerten sich von Tag
zu Tag; das Pferd stürzte oft plötzlich zusammen und drohte
zuletzt bei jeder Berührung des Kopfes sich zu überschlagen.
Dabei kam es infolge der mangelhaften Futter auf nähme im
Nährzustande stark herunter. In Anbetracht der durch diese
Zustände bedingten Aussichtslosigkeit auf Wiederherstellung
des Tieres wurde die Tötung beantragt.
Die Obduktion ergab eine geringe Menge blutig-seröser
Flüssigkeit in den Gehirnkammern, sowie eine derbe gummi¬
ähnliche Konsistenz der Gehirn- und Rückenmarksubstanz
in allen Teilen. Es handelte sich wohl um eine zuerst lang¬
sam, später allmählich fortschreitende Induration der Ge¬
hirnsubstanz, die voraussichtlich in kurzer Zeit den Tod des
Tieres zur Folge gehabt hätte. (Statist. Veterinär-Sanitäts-
bericht über die bayer. Armee.)
Hyperästhesie (?) bei einem Pferde.
Ein 12jährige8, sehr temperamentvolles Pferd fing
kurze Zeit nach einem lstündigen Ritt stark zu zittern an.
Beim Vorführen zeigte es eine unsichere, tappende Be¬
wegung, wobei Hals lind Kopf eigentümlich seitwärts
wackelten; in der Hinterhand knickte das Tier mehrmals
zusammen; fernerwar das Pferd sehr aufgeregt, zeigte ängst¬
lichen Blick und vermehrte Atmung. Temp. 37,9, Puls 70,
Atmung 25. Im Laufe des Tages bemerkte man noch einige
stoßende, den ganzen Körper erschütternde Bewegungen des
Rumpfes, die besonders stark hervortraten, wenn Rücken
211
oder Lende mit der Hand berührt wurden. Am nächsten
Tage bestand nur noch diese Hyperästhesie und am 3. Tage
waren wieder alle Krankheitserscheinungen verschwunden.
Eine medikamentöse Behandlung wurde nicht eingeleitet.
(Ibidem.)
Referate.
El oi re: Über eine neue Form des Kalbefiebers.
(Österreich. Monatsschrift für Tierheilkunde, 1909, Nr. 9.)
Verf. beobachtete bei einer Kuh, die 5 Monate vorher
gekalbt hatte, Kalbefieber, das eine gewisse Ähnlichkeit mit
der Eisenbahnkrankheit aufzuweisen hatte.
Ein Besitzer erhielt am 18. August 1908 einen Trans¬
port trächtiger und milchender Normander Kühe, die auf
eine zirka 3 Kilometer entfernte Weide getrieben wurden.
3 Tage später erkrankte eine Kuh, stürzte zusammen und
konnte sich nicht wieder erheben.
Am 22. August 1908 untersuchte Verf. die Kuh und
fand folgendes: Das Tier liegt aufgetrieben mit rechtsseiti¬
gem Dekubitus auf der Weide; Kopf wackelt wie eine ge¬
brochene Sprungfeder am Widerrist; es hat das Bestreben,
den Kopf auf die linke Seite zu stützen; 38,5° Temperatur;
leichte Verstopfung; Euter leer, schlaff und welk, trotzdem
Patient an den Tagen vorher Milch gegeben hat. Da alle
Anstrengungen, das Tier auf die Beine zu bringen, erfolglos
waren, mußte man es trotz des schlechten Wetters auf der
Weide liegen lassen.
Diagnose: Kalbefieber.
Therapie: Luftinfusion in’s Euter; Abwaschen
und Desinfektion des ganzen Euters; ölklystiere und rek¬
tale Irrigation mit kaltem Wasser; Einschütten von einigen
Litern heißen Bieres.
An den folgenden Tagen war der Zustand des Patienten
wenig verändert, wenn auch der Kopf besser getragen wird,
spontan Exkremente ausgestoßen werden und der Meteoris¬
mus verschwunden ist. Da das Unwetter (Kegen u. Sturm)
anhielt, wurde das Tier auf einen Karren geladen, in den
Stall gebracht, abgetrocknet und erwärmt. Auch blieb die
Temperatur normal und nahm das Tier etwas warmen
Kleienbrei und trockenen Klee zu sich, jedoch erheben
konnte es sich immer noch nicht.
Da die Appetitlosigkeit anhielt und auch der Kopf
seine auf die linke Schulter geneigte Lage beibehielt, wurde
am 25. August eine abermalige Luftinfusion in’s Euter
appliziert. Am 26. August wurde nun eine Lösung von
212
0,05 Veratrin. et Strychnin, sulfuric. verabreicht und in das
vollständig milchleere Euter eine Injektion von warmem
Wasser, das 8,5 Meersalz auf den Liter enthielt, gemacht.
Das Tier nahm die dargebotene Tränke, sowie trockenes
Kleeheu und geringe Mengen Stroh auf und machte am
nächsten Tage (27. August) Aufstehversuche, die jedoch
noch mißlangen. Der Kopf wird nun schon besser ge¬
tragen, Appetit ziemlich gut, Meteorismus vollständig ver¬
schwunden. Fortsetzen der Behandlung wie am 26. August,
daneben 3mal tägliche Gaben von 0,05 Veratrin. und Strych¬
nin. sulfuric. in lauem Bier. Gegen Mittag des 28. August
spazierte die Kuh nun allein im Stalle herum und fraß alles
auf, was sie erreichen konnte. Diese Besserung hielt an
und die Behandlung beschränkte sich in der Folgezeit nur
auf mehrmaliges Massieren und sorgfältiges Entleeren des
Euters. Mit dem Wiederauftreten des Appetits stellte
sich auch wieder die Milchabsonderung ein und am 7. Sep¬
tember konnte das Tier geheilt auf die Weide zurück¬
transportiert werden, wo es täglich 12 Liter Milch gab.
R e s u m e: Das plötzliche Ausbleiben der Milch ist
die einzige entscheidende Ursache des Kalbefiebers. In
obigem Falle ist die Einblasung von Luft nicht die Ur¬
sache der Heilung gewesen, sondern dieselbe ist einzig und
allein den wiederholten Auswaschungen der milchführen¬
den Wege, den fortgesetzten Massagen und dem Entfernen
der geronnenen Milchsekrete zuzuschreiben. In allen vom
Verf. beobachteten Kalbefieberfällen "war nie die geringste
Temperatursteigerung vorhanden, ein Beweis dafür, daß
auch keine Infektion der Milchdrüse vorhanden ist. Ver¬
fasser benützt bei der Diagnose in allen zweifelhaften
Fällen von Kalbefieber stets das Thermometer als richtiges,
nie versagendes Hilfsmittel; denn wenn die Quecksilber¬
säule steigt und das Normale überschreitet, so ist Diagnose
,,Kalbefieber“ stets auszuschließen.
Zedek: Über den therapeutischen Wert des Fibro-
lysin. (Tierärztl. Zentralblatt, 1909, Nr. 30.)
Ein ßjähriges Wagenpferd, das an einer Gleichbein¬
bandentzündung vorne links mit hochgradigem Lahmgehen
erkrankt war und bei welchem alle Mittel — Kälte, feucht-
warme Bandagierungen, Dermasan, Blister — nur vorüber¬
gehende Heilung erzielten, wurde durch Gebrauch von
Fibrolvsin wieder vollständig hergestellt.
Es wurden dem Tiere drei ganze Ampullen ä 11,5
Fibrolysin an der linken resp. rechten Halsseite innerhalb
213
5 Tagen injiziert; daneben wurde die krankhafte Partie am
Fuße, die stark geschwollen, höher temperiert und schmerz¬
haft war, 3mal täglich eine Viertelstunde unter Anwendung
von Schmierseife massiert, ferner wurde das Pferd hoch
aufgebunden, nicht bewegt und auf ^ Ration Hafer ge¬
stellt. Am 6. Tage der Behandlung war die Geschwulst
vollständig verschwunden und von Lahmheit war sowohl
im Schritt als im Trab keine Spur mehr zu sehen. Rezidiven
traten nicht auf.
Ebenso günstige Erfolge erzielte Verf. bei der Behand¬
lung eines schweren Ackerpferdes, das sich infolge Aus¬
schlagens gegen die Wagenstange eine Quetschung der Sehnen
und Beinhaut am linken hinteren Schienbein oberhalb des
Fesselgelenkes zugezogen hatte. Bedeutende Anschwellung,
große Schmerzhaftigkeit, höhere Temperatur und bedeu¬
tende Funktionsstörung. Nach dreimonatlicher Behandlung
durch den Besitzer selbst wurde Verf. konsultiert, der so¬
fort 3 Ampullen Fibrolysin am 1., 3. und 6. Tage am Hals
injizierte und Massage verordnete, worauf nach kurzer Zeit
ebenfalls vollständige Wiederherstellung eintrat.
ßesume: Das Mittel ist überall dort zu versuchen,-
wo Erweichungsprozesse und Resorption der erweichten
und verflüssigten Bestandteile angestrebt wird, wo früher
Widerstandsfähigkeit und Elastizität erreicht werden will,
wo weitere Einkerbungen, Einschnürungen, Schrumpfungen
verhütet werden, wo ältere Infiltrate, schwartenförmige
Auflagerungen zur Aufsaugung gelangen sollen. Solche
Versuche wären durchzuführen bei frischen Anchylosen,
frischen Exostosen, Sklerosierungen der verschiedenen
Gewebe, Kontrakturen, Strikturen, Stenosen, Drüsen¬
tumoren, Lymphknoten und Sarkomen, Adhäsionen, Ver¬
wachsungen von Eingeweiden oder serösen Häuten unter¬
einander, bei Herzanomalien narbiger Natur, bei Trübungen
der Kornea, Synechien, Exsudationen, Präsudationen da¬
selbst und Chorioditiden. R a b u s.
Leukofermantin. (K r a n i c h in Berl. Tierärztlliehe
Wochenschrift, 1909, Nr. 43, und Zeitschr. f. Veterinär¬
kunde, 1909, XI; Siegesmund in Zeitschr. f. Veterinär¬
kunde, 1909, XI.)
Die eiterige Gewebseinschmelzung wird hervorgerufen
durch ein eiweißlösendes Ferment, das beim Zerfall der ge¬
lapptkernigen Leukozyten frei wird. Gegen dieses Leuko¬
zytenferment sucht sich nun der Körper durch Bildung
214
eines Antiferments zu wehren, das den weiteren Eiwei߬
abbau verhindert.
Das Antiferment läßt sich aus dem Blutserum und
dem Transsudat der serösen Häute gewinnen. Merkwürdiger
Weise zeigt das Serum unserer Haustiere eine viel geringere
Ilemmungskraft als menschliches Serum. Trotzdem ist die
fabrikmäßige Herstellung eines hochwertigen tierischen
Antifermentserums gelungen. Es wurde von Jochmann
und Kantorowicz experimentell festgestellt, daß wie¬
derholte Fermentzufuhr bei Tieren eine reaktive Steigerung
des Antifermentgehaltes im Serum hervorruft. Unabhängig
davon wurde durch systematische Immunisierung von Pfer¬
den gegenüber dem Eiterferment durch E. Merck- Darm¬
stadt ein tierisches Antifermentserum gewonnen, dessen
Hemmungskraft derjenigen des menschlichen Blutserums
entspricht. Da hiebei die Beschaffung ausreichender Eiter¬
mengen auf Schwierigkeiten stieß und da ferner das sep¬
tische Eitermaterial zur Herstellung eines für den mensch¬
lichen Gebrauch bestimmten Serums immerhin Bedenken
hervorrief, wurde schließlich die Immunisierung mit dem
dem Eiterferment in seiner Wirkung durchaus ähnlichen
Pankreasferment, dem Trypsin vorgenommen. Das dann
weiter gewonnene antifermentreiche Serum wird als „Leuko-
fermantin - Merck“ steril in den Handel gebracht und zwar
in flüssiger und in Pulverform.
Vor kurzem von Müller und P r i s e r in die Human¬
medizin eingeführt, hat die physiologische Wundbehandlung
mit Antifermentserum dort bereits die besten Erfolge ge¬
zeitigt. Die Autoren stimmen in ihrem Urteil darin überein,
daß eine Verringerung, wenn nicht gänzliche Sistierung der
Eiterung, Bildung frischer Granulationen und Verkürzung
der Ileilungsdauer in allen Fällen zu beobachten ist. Als
ungeeignet für diese Art der Behandlung werden nur
Knocheneiterungen erklärt. Der Eiterherd wird mit Koch¬
salzlösung ausgespült, worauf man das Leukofermantin in
alle Höhlungen der Wunde bringt und einen Verband
anlegt.
Die oben angeführten Verfasser teilen einige Fälle
aus der Veterinärpraxis mit, in denen das Mittel sieh sehr
gut bewährt hat, so bei zwei schweren Vorderfußwurzel¬
wunden, bei Sommerwunden, bei Naekenbandnekrose usw.
Bei dem noch ziemlich hohen Preis des Präparates dürfte
seine allgemeinere Anwendung zunächst nur dann zu em¬
pfehlen sein, wenn andere Mittel im Stich lassen oder Eiter¬
senkung zu befürchten steht. L i n d n e r.
215
Tierzucht und Tierhaltung.
Wirkung geringer Mengen Rauhfutters und die Entbehrlich¬
keit desselben bei der Fütterung des Melkviehes.
Bekanntlich ist zur richtigen Ernährung besonders der
Pflanzenfresser ein gewisses Volumen der gereichten Futter¬
ration erforderlich. Erhalten die Tiere hauptsächlich wenig
Volumen aufweisende Futtermittel, so nehmen die zur Sätti¬
gung resp. zur Erreichung bestimmter Nutzungszwecke ge¬
nügenden Futtermöngen einen zu kleinen Raum ein; die
Verdauungsvorgänge und damit auch die Ernährung leiden
infolge der zu geringen Ausfüllung des Verdauungskanales.
Als Füllmasse eignen sich besonders die Rauhfuttermittel.
Nach einer Mitteilung der „Österreich. Molkerei-
Zeitung“, Nr. 4,1910, hat Davenport vor einigen Jahren
den Versuch gemacht, Kälber ohne Rauhfutter aufzuziehen.
Ein Kalb erhielt an Stelle des Heues Mais und Haferkörner;
4 Monate lang gedieh es, zeigte aber eine solche Gier nach
massigem Futter, daß es ihm vorgelegte Hobelspäne fraß.
Im 5. Monat traten Verdauungsstörungen ein und das Kalb
mußte geschlachtet werden. Die Gelenke waren steif und
die Muskeln mehr oder weniger starr und plump. Fettansatz
hatte nicht stattgefunden. Ein zweites Kalb wurde vom
sechsten Tage an 7 Monate lang ausschließlich mit Mager¬
milch ernährt. Während der ersten Monate entwickelte sich
das Tier gut; im Laufe der letzten traten aber die gleichen
Erscheinungen ein, wie bei dem mit Körnerfutter ernährten
Kalbe. Nachdem bei dem Kalbe schließlich Steifigkeit in
dem Grade eingetreten war, daß es kaum mehr aufzustehen
vermochte, erhielt das Tier Heu und Stroh. Kurze Zeit nach
Aufnahme von Rauhfutter trat Wiederkauen ein, das Kalb
erholte sich bei weiterer Verabreichung von Heu und Stroh
alsbald und gedieh wie ein von Jugend auf normal ernährtes.
Kälber, mit welchen die gleichen Versuche angestellt
wurden, zeigten ein den vorgenannten ähnliches Verhalten;
es war also nicht möglich, Kälber ohne Rauhfutter aufzu¬
ziehen.
Das Ergebnis dieser Versuche gab Dr. Mülle r-Halle
Veranlassung zu Untersuchungen über die Frage, wie weit,
man bei der Fütterung ausgewachsener Rinder mit der
Rauhfuttergabe herabgehen kann, und ob es angehe, solche
Rinder eine gewisse Zeit ohne Rauhfutter zu ernähren,
ohne daß Gesundheit und Leistungsfähigkeit Schaden
nehmen. Es hat sich hiebei herausgestellt, daß man bei der
Fütterung des Melkviehes die Rauhfuttergabe ohne Nach¬
teil viel mehr reduzieren darf als bisher angenommen wurde.
216
M. stellte mit zwei Kühen, einer Angler- und einer
Oldenburger-Kuh, Verbuche an. Die Tiere erhielten in der
Ration Rüben-Kraftfutter und als Rauhfutter zuerst Roggen¬
stroh und später Heu. Das Ergebnis der Versuche lautet:
1. Man kann bei der Fütterung von Milchkühen die Rauh¬
futtergabe unbedenklich auf 1*4 Kilo pro 500 Kilo Gewicht
herabsetzen; man kann die Tiere sogar kürzere Zeit ganz
ohne Rauhfutter ernähren, ohne daß die Gesundheit der¬
selben Schaden nimmt; 2. auch die Milchmenge wird bei
einer solchen Fütterung nicht verringert; 3. der prozentige
Fettgehalt der Milch zeigt eine geringe Abnahme; 4. die
Verdauung leidet bei dieser Fütterung nicht, sondern er¬
weist sich im wesentlichen, wie bei Verabreichung von
5 Kilo Stroh auf 500 Kilo Lebendgewicht. (Nach Verminde¬
rung der Rauhfuttermenge in der Ration bekundeten die
Kühe eine unvollkommene Sättigung, waren anfangs un¬
ruhig und zu der Zeit, zu welcher ihnen das Rauhfutter
ganz entzogen wurde, sistierte das Wiederkauen fast ganz;
Krankheitssymptome traten aber nicht auf.) 5. Das Heu
erwies sich bei den Versuchen als spezifisch gutes Milch¬
futter, die von den Tieren sezernierte Milchmenge erfuhr
eine Steigerung, die prozentige Fettmenge steigerte sich
im Vergleich zu den Perioden, während welchen Stroh ver¬
abreicht wurde, nicht; die Produktionskosten stellten sich
bei Heufütterung niedriger als bei Strohfütterung, (öster¬
reichische Molkerei-Zeitung, 1910, Nr. 4.) A.
Verschiedenes.
Promotionsrecht.
Wie bekannt, besteht von Seite der zuständigen Bundes¬
regierungen die Geneigtheit, den deutschen Tierärztlichen
Hochschulen das Promotionsrecht zu verleihen.
Nun soll aber in Erfüllung eines Wunsches der Uni¬
versitäten beabsichtigt werden, den Tierärztlichen Hoch¬
schulen wohl die Erlaubnis zu erteilen, den akademischen
Grad „Doctor veterinarius“ oder einen anderen Titel, nicht
aber den Titel „Dr. med. vet.“ zu verleihen.
Man darf annehmen, und es wurde in der Fachpresse
auch ausgesprochen, daß die eventuelle Durchführung dieser
Absicht den Wünschen sämtlicher deutschen Tierärzte und
der beteiligten deutschen Tierärztlichen Hochschulen —
Dresden und Gießen besitzen bereits das Recht, den Titel
„Dr. med. vet.“ zu verleihen — zuwiderlaufen würde.
Das Professorenkollegium der Tierärztlichen Hoch¬
schule Hannover ist einstimmig der Auffassung, daß ein
217
Promotionsrecht, welches irgend eine Änderung des Titels
„Dr. med. vet.“ enthalte, unannehmbar und gegenstandslos
sei; diese Auffassung wurde auch dem Vorgesetzten preuß.
Ministerium zur Kenntnis gebracht.
Das Lehrerkollegium der Münchener Tierärztlichen
Hochschule spricht sich ebenfalls einstimmig dahin aus, es
sei unbedingt daran festzuhalten, daß den Tierärztlichen
Hochschulen bei der in Aussicht stehenden Verleihung des
Promotionsrechtes die Befugnis erteilt werde, den Titel
„Dr. med. vet.“ zu verleihen. Zur Erlangung dieser Be¬
fugnis wurden Schritte getan.
Die vereinigte medizinische Fakultät der Universität
Gießen und die Dresdener Tierärztliche Hochschule würden
sicher auf das Recht, die akademische Würde „Dr. med. vet.“
zu verleihen, nicht verzichten, wenn eine diesbezügliche Zu¬
mutung an sie herantreten würde. Dieser Umstand hätte
aber, wenn die Absicht zur Ausführung käme, den anderen
deutschen Hochschulen die Befugnis, den Titel „Dr. med.
vet.“ zu erteilen, nicht zu gewähren, die Folge, daß die
meisten oder alle Doktoranden in Gießen bezw. Dresden
promovieren und sich nicht einen verstümmelten Titel an
einer der anderen Hochschulen erwerben würden. Damit
wäre das Promotionsrecht für die anderen Tierärztlichen
Hochschulen mehr oder weniger bedeutungslos gemacht.
Ferner kommt in Betracht, daß auch die ausländischen
Hochschulen, welche das Recht haben, Tierärzte zu promo¬
vieren, die veterinär-medizinischen Fakultäten in Bern und
Zürich, dann die Tierärztl. Hochschulen Wien und Budapest,
den Titel „Dr. med. vet.“ verleihen. Da nun weder Gründe
der Zweckmäßigkeit noch auch — und viel weniger —
Gründe der Notwendigkeit vorliegen, verschiedene sich
auf die gleiche Wissenschaft beziehende Doktortitel in An¬
wendung zu bringen, so ist absolut nicht einzusehen, warum
dieses gleichwohl geschehen sollte.
Die Verleihung verschieden lautender Doktortitel,
z. B. des Titels „Dr. vet.“ seitens 4 deutscher Hochschulen
gegenüber 2 anderen deutschen Hochschulen und 4 aus¬
ländischen Tierärztlichen Hochschulen, welche den Titel
„Dr. med. vet.“ verleihen, müßte als unmotivierbare, un¬
angebrachte Zersplitterung eine höchst ungünstige Kritik
bei anderen akademischen Behörden und im Publikum er¬
fahren. Mit Rücksicht auf das Vorstehende muß man fast
für unglaublich erachten, daß die angebliche eingangs an¬
geführte Absicht ausgeführt werde. A.
218
Fleischbeschau.
[Offene Korespondenz.]
Anfrage: Wie ist das Fleisch eines infolge eines Un¬
falles (Genick-Halswirbelbruches) umgestandenen 3jährigen
Zuchtstieres zu bewerten, bei welchem die Blutentziehung
noch notdürftig nach zirka 10—15 Minuten vorgenommen
worden war und wobei sich bei der sofortigen Entweidung
resp. Ausschlachtung an den inneren Organen sonst keine
weiteren krankhaften Zustände zeigten ?
W., den 20. März 1910. F.
Antwort: Das Fleisch eines Tieres, dessen Tod
durch äußere Einwirkung, wie Schädel- oder Halswirbel¬
bruch, Erschießen in Notfällen usw., ohne vorherige Krank¬
heit plötzlich eintrat, ist sanitätspolizeilich anders zu beur¬
teilen als das Fleisch eines wegen schwerer innerer Er¬
krankung notgeschlachteten oder eines natürlichen Todes
(infolge einer Krankheit) gestorbenen Tieres. [§ 2 Ziff. 1
der Ausführungs-Bestimmungen A.]
In der Regel wird solches Fleisch, wenn das Tier un¬
unmittelbar nach dem Tode ausgeweidet wurde, nach § 40
Ziff. 6 der Ausf.-Best. A „wegen unvollkommenen Ausblu¬
tens“ als erheblich im Nahrungs- und Genußwerte herab¬
gesetzt (minderwertig) zu erklären sein, soferne nicht Ver¬
änderungen vorliegen, welche eine Behandlung desselben
nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 33 und 34 erforder¬
lich machen.
Grundbedingung für dessen Tauglichkeit zum Genüsse
für Menschen bleibt indes, daß das betreffende Tier unmittel¬
bar nach dem Tode ausgeweidet wurde. [§§ 29 u. 33 Ziff. II
der Ausf.-Best. A.]
Es empfiehlt sich überdies in solchen Fällen die
Beschaffenheit der Muskulatur in Bezug auf Konsistenz
(Muskelstarre), Farbe und Geruch bei der Beurteilung be¬
sonders in Betracht zu ziehen.
[Siehe auch Ausführungs-Bestimmungen C Ziff. 38 und
Ministerial-Entscliließung von 11. Nov. 1905 Nr. 23195.]
M., den 23. März 1910. M.
Obligatorische Trichinenschau in Bayern.
In der Sitzung der bayerischen Abgeordnetenkammer
am 14. März trat der Abgeordnete Dr. Günther für die
219
baldige Einführung der obligatorischen Trichinenschau ein.
Er schilderte auf dem Boden der so dankenswerten Er¬
hebungen und Veröffentlichungen des Herrn Amtstierarztes
Dr. Böhm in Nürnberg das Vorkommen der Trichinose
in Bayern und die Schädigungen an Gesundheit und Leben
einer Anzahl Personen, welche trichinöses Schweinefleisch
verzehrt hatten. Der Minister des Innern, von Brett¬
reich, erklärte, das Ministerium habe die Einführung
der obligatorischen Trichinenschau für
gewerbliches Schlachten neuerdings in
Erwägunggezogen.
Vertretung der Professur für pathologische Anatomie etc.
an der Tierärztlichen Hochschule München.
Die Vertretung der Professur für allgemeine Patho¬
logie, pathologische Anatomie und Seuehenlehre, dann die
Leitung der Seuchenversuchstation an der Tierärztlichen
Hochschule München wurde auf die Dauer der beiden
nächsten Semester dem Professor a. D. Dr. Th. Kitt über¬
tragen.
Senat der Tierärztlichen Hochschule Dresden.
In den Senat der Tierärztlichen Hochschule Dresden
sind vom Professorenkollegium der Hochschule für die
Amtsperiode 1910/11 gewählt und vom Ministerium be¬
stätigt worden die Professoren DDr. Müller, Röder
und Schmidt.
Stand dar Tierseuchen in Bayern am 15. März 1910.
Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern: 17 Gmd. (23 Geh.); Niederbayern:
16 Gmd. (19 Geh.); Oberfranken: 1 Gmd. (1 Geh.).
Verzeichnis der Vorlesungen und Übungen
an der
Königlich Tierärztlichen Hochschule Hannover
im Sommer-Semester 1910. Beginn: 15. April 1910.
Dr. Dammann: Seuchenlehre and Veterinärpolizei; Bak¬
teriologie; Bakteriologische Uebungen. — Dr. Kaiser: Geburtshilfe;
Ambulatorische Klinik; Uebungen in der Beurteilung der Tiere. —
Tereg: Physiologie 1; Physiologische Chemie; Geschichte der
Tierheilkunde. — Dr. Arnold: Organische Chemie; Uebungen im
chemischen Laboratorium. — Boether: Allgemeine Anatomie,
Osteologie und Syndesmologie; Embryologie; Histologie; Histologische
220
Uebungen. — Dr. Malkmus: Gerichtliche Tierheilkunde; Uebungen
im Anfertigen von schriftlichen Gutachten uud Berichten j Unter¬
suchungsmethoden; Propädeutische Klinik und Spitalklinik für
größere Haustiere (Medizinische Klinik). — Fr ick: Allgemeine
Chirurgie: Operationslehre; Ophthalmoskopische Uebungen; Propä¬
deutische Klinik und Spitalklinik für größere Haustiere (Chirur¬
gische Klinik); Uebungen am Hufe; Diagnostik der äußeren Krank¬
heiten. — Dr. Rievel: Allgemeine Pathologie und allgemeine
pathologische Anatomie; Pathologisch-anatomische und pathologisch¬
histologische Uebungen: Obduktionen und pathologisch-anatomische
Demonstrationen. — Dr. Künnemann: Allgemeine Therapie;
Rezeptierkunde; Toxikologie; Spitalklinik für kleinere Haustiere. —
Koch: Fleischbeschau-Kurse auf dem Schlachthofe zu Hannover. —
Dr. Behrens: Botanik; Botanische Exkursionen; Pharmazeutische
Uebungen.
Bücherschau.
Die Embryotomie des Brust- und Beckengürtels. Von
Dr. Julius Pflanz, K. Kreis- und Grenztierarzt in
Kreuzburg. Verlag von R. Schütz. Berlin 1910. Preis
3 4.
Der auf dem Gebiete der Geburtshilfe sehr erfahrene,
durch die Erfindung mehrerer geburtshilflicher Instrumente
in tierärztlichen Kreisen allenthalben bekannte Autor be¬
handelt in der vorgenannten 46 Druckseiten umfassenden
Broschüre die beiden obengenannten wichtigsten Kapitel der
Embryotomie. Im 1. Abschnitte gibt Verf. beachtenswerte
Anweisungen über die Ausrüstung des Geburtshelfers und
die Vorbereitungen für die Geburt; im 2. Abschnitte be¬
spricht er unter kritischer Beleuchtung vom Standpunkte
des Praktikers aus das Instrumentarium und im 3. u. 4. Ab¬
schnitte die Verkleinerung des Brust- und Beckengürtels.
Unter Darlegung der hiebei ausgeführten verschiedenen Ver¬
fahren teilt Verf. seine eigenen Erfahrungen mit, deren Be¬
achtung gute Erfolge bringen wird. — Die Arbeit kann sehr
empfohlen werden. A.
Personalien.
Auszeichnungen: Dr. K1 e11 Richard, Professor an des
Tierärztlichen Hochschule in Stuttgart das Ritterkreuz I. Klasse der
Württembergisehen Friedrichs-Ordens; Dr. Keller Karl, Privat¬
dozent an der Tierärztlichen Hochschule in Wien den Titel und
Charakter als a. o. Professor.
Ernennungen: Bongert Jakob, stellv. Obertierarzt für
Berlin zum Abteilungsvorsteher für Nahrungsmittelhygiene an der
Tierärztlichen Hochschule in Berlin; Lehmeyer Bernhard aus
Forchheim zum Distriktstierarzt in Rohr (Niederbayern).
A p p r o 1) a t i o non: in Berlin die Herren: II i in m e 1 Leo¬
pold aus Bauerwitz, Lenzen Heinrich aus Inden, Löffler Hein-
221
rieh aus Darmstadt, Meyer Otto aus Wanzleben, Saar Ernst
aus Neustettin, Tarnowski Otto aus Königsberg und Wey¬
gold Heinrich aus Mors.
Promotionen: Zu DDr. ined. vet.: in Gießen die Tierärzte
B a i 1 e r Rudolf in Gießen, Bub Max in Stuttgart, Jansse n Aug.
in Ostercappeln, K u s c h el Max in Berlin, R i e d n e r Heinrich aus
Nürnberg, Veit Rudolf in Berlin, Waldmann Otto in Trebbin;
in Bern die Tierärzte Levens Hermann in Goch, Löwe Hubert
in Hamburg und Taubert Franz in Eisleben.
Todesfälle: Jäger h über Joseph in Garmisch (1901),
Schaflitzel Jakob in Mittelstetten bei Schwabmünchen (1908).
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(frther: Wocbensclirift für Tlerbeilbinde Md Viebzncht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
heraußgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 5. April 1910. Nr. 14.
Inhalt: Originalartikel: Frank: Jodtberapie bei Fohlen¬
lähme. — Wörner: Kurze Mitteilungen aus der Praxis. —
Braun: Aus der Praxis. — Schilffarth: Neubildung am Darm. —
Referate: Wyßmann: Über Leber-Adenome bei Rindern.
Evers: Prophylaktische und medikamentöse Behandlung der
Kälberpneumonie. Broll: Vorkommen und Nachweis von Tu¬
berkelbazillen im strömenden Blut lungentuberkulöser Rinder. —
Tierzucht undTierhaltung: Landes-Viehversiclierungs-
anstalt. Das Tränken der Pferde. — Verschiedenes: Prinz
Ludwig von Bayern. Audienz bei Seiner Königlichen Hoheit dem
Prinzregenten. Tollwutstation in München. Bericht über die
Verwaltung des städt. Schlacht- und Viehhofes zu Augsburg.
Ein Plebiszit. Vieheinluhr aus Dänemark nach Deutschland. —
Berichtigung. — Personalien.
Jodtherapie bei Fohlenlähme.
Von Bezirkstierarzt Frank, Kusel.
Während man das Jod gegen die Anschwellung der
Gelenke, Knochen und Sehnen bei der Fohlenlähme schon
längst zur Anwendung brachte, hat man erst in neuerer Zeit
teils durch innerliche Verabreichung von Jodkali an die
Stuten, teils durch direkte Jodkaligaben an die Fohlen der
Lähme vorzubeugen oder Heilung zu erzielen gesucht. Die
hiebei erzielten Erfolge sind keineswegs so durchschlagend,
daß diese Therapie allgemeinere Verbreitung gefunden
hätte. Auch meine hiemit gemachten Erfahrungen bezüg¬
lich des Jodkaliums — als Heilmittel den Stuten verab¬
reicht — erschienen mir für weitere Versuche nicht ein¬
ladend genug und so habe ich vom Jahre 190(5 bis 1909 ab
durch direkte Jodzufuhr in Form von Jodinin innerlich mul ,
'”•? U
äußerlich, dieser so heimtückischen Krankheit zu begegnen
gesucht. Im ganzen kamen innerhalb dieser Zeit 7 typische
Fälle von Fohlenlähme zur Beobachtung, bei welchen die
Behandlung versuchsweise eingeleitet wurde. Hievon schei¬
den 2 Fälle aus, welche bei ihrer hochgradigen Entwicklung
wegen des aussichtslosen Erfolges der teueren Jodipin-
behandlung nicht unterzogen wurden. Das erste der mit
Erfolg behandelten Fohlen zeigte seit etwa 2—3 Tagen die
ersten Erscheinungen der Fohlenlähme in Form starker An¬
schwellungen verschiedener Gelenke. Es wurde täglich drei¬
mal 1 Kaffeelöffel 25 %iges Jodipin per os verabreicht und auf
dieGeschwulst eine Mischung von 25%igem Jodipin, dem ein
Viertel Ol. terebinth. zugesetzt war, appliziert. Der Erfolg
war ein überraschender, denn nach 4 Tagen war das Fohlen
genesen. Wenn auch der zweite Fall schon (um etwa
5—6 Tage) weit hochgradiger vorgeschritten war, so wurde
durch obige Behandlung innerhalb 3 Wochen dauernde Hei¬
lung erzielt, indem Anschwellungen nicht mehr auftraten
und die vorhandenen allmählich zurückgingen. Gleichzeitig
erhielt auch die Stute täglich dreimal 1 Eßlöffel 25 %iges
Jodipin verabreicht, um eine möglichst rasche Anreicherung
von Jodeiweiß und Jodfetten im Fohlenkörper zu erzielen.
Irgend welche störenden Nachwirkungen haben sich hiebei
nicht bemerkbar gemacht. Anders hingegen gestaltete sich
der Verlauf bei dem dritten mit dieser Lähme seit zirka
2—3 Tagen behafteten Saugfohlen. Die Anschwellungen er¬
schienen zuerst am Hüft- und Ellenbogengelenk ziemlich
stark, an je einem Fessel- und Sprunggelenk weniger stark.
Natürlich mußte der Patient von der ungeschickten Mutter
getreten worden sein. Die Behandlung war die gleiche wie
oben. Nach 2—3 Tagen auffälliger Rückgang der Auf¬
treibungen und größere Beweglichkeit und Munterkeit;
Appetitstörungen unwesentlich. Etwa 5—6 Tage nach der
Behandlung stellten sich bei dem Fohlen dem menschlichen
Schlucksen ähnliche Krampfbewegungen ein, welche nach
dem Aussetzen der Jodgaben an Mutter und Kind innerhalb
30—48 Stunden wieder verschwanden. Irgend eine katarrha¬
lische sichtbare Affektion der Schleimhäute des Darmes und
der Luftwege ließ sich nicht wahrnehmen. Ob diese Zwerch¬
fel lkrämpfe als Erscheinungen eines akuten Jodismus zu
deuten seien, ließ ich damals dahingestellt. Nachdem mit
der innerlichen Jodipinzufuhr, wie bemerkt, auch diese Zu¬
fälle sistierten. besserte sich das Beiinden des Fohlens sicht¬
lich täglich mehr und wurde dasselbe später um hohen Preis
verkauft.
221
In dem gleichen Gehöfte erkrankte 1908/09 aufs neue
ein Fohlen an Fohlenlähme. Der von dem ängstlichen Be¬
sitzer alsbald eingeholte Rat lief auf die geschilderte Be¬
handlung hinaus. Das Leiden trat gleich anfangs sehr heftig
und abwechselnd an fast allen Gelenken auf, so daß das all¬
gemeine Befinden und der Nährzustand sichtlich zurückging.
Doch schon nach 2 Tagen trat eine wesentliche Wendung
zum Besseren ein, die so standhielt, daß nach 14 Tagen
wenigstens die Gefahr für das Leben vorüber zu sein schien.
Allerdings gingen einzelne Knochen- und Gelenkauftrei¬
bungen trotz intensiver äußerer Behandlung nur langsam
zurück. Nunmehr hörte man bei dem Tierchen ein öfteres
Pustern durch die Nase, das allmählich in einen anfangs
kurzen und trockenen Husten sich umwandelte, der später¬
hin zu einem kräftigen und lockeren sieh ausbildete. Bald
stellte sich auch leicht schleimiger, später etwas konsisten¬
terer Nasenfluß mit leichter Rötung der Respirations¬
schleimhäute ein, so daß das Bild eines Luftwegekatarrhes
ziemlich vollkommen erschien. Nach Aufhebung der inner¬
lichen und äußerlichen Jodipinbehandlung gingen die Be¬
gleiterscheinungen wieder langsam zurück, so daß das All¬
gemeinbefinden durchwegs befriedigte, doch war inzwischen
bemerkt worden, daß die genannten Erscheinungen mit jedei
neuen Jodzufuhr gesteigert wurden. Entgegen meinem Rate
hatte nun der Besitzer nach anscheinend nahezu abgeschlos-
sener Heilung angeblich behufs Blutreinigung Abführmittel
mit dem Erfolge verabreicht, daß alsbald die Anschwellungen
sogar an vorher nicht ergriffen gewesenen Körperstellen, so¬
wie ausgebildete hochgradige Rezidive sich einstellten, die
anfangs von einem recht intensiven Durchfall begleitet, das
Allgemeinbefinden sehr herabsetzten. Durch die trotz aller
Bedenken wiederholt eingeleitete Behandlung mit Jodipin
wurde auch dieser Rückfall mit Erfolg bekämpft, so zwar,
daß, obwohl gleichgroße Gaben verabreicht, diesmal nur ein
Jodkatarrh ausgelöst wurde, der von Husten und Ausfluß
begleitet das Allgemeinbefinden etwas herabsetzte, aber nach
Einstellung der innerlichen Jodverabreichung sich bald
wieder verloren hat.
Der Säugling erholte sich rasch wieder und blieb dessen
Nährzustand im allgemeinen immer ein sehr guter, während
sein Wachstum allerdings dem Anschein nach etwas zu¬
rückblieb. Im Alter von 4 Monaten wurde das Fohlen um
einen hohen Preis an den Händler abgesetzt.
Bei einem inzwischen ebenfalls an Fohlenlähme er¬
krankten 2—3 Tage alten Fohlen traten an den hinteren
228
Fesselgelenken die charakteristischen Gelenk- u. Epiphysen¬
anschwellungen ein. Die von meinem Assistenten, Herrn
Dr. R o t h a r, alsbald ordinierten Jodipingaben — täglich
dreimal einen kleinen Kaffeelöffel — bewirkten einen Rück¬
gang der Gelenkanschwellungen innerhalb 4 Tagen, ohne
daß Nebenerscheinungen sich bemerkbar machten.
Schlußfolgerungen:
Das Ergebnis meiner in den bezeichneten Fällen ge¬
machten Erfahrungen resümiere ich dahin:
1. daß in den mit Jodipin innerlich und äußerlich be¬
handelten 5 Fällen von Fohlenlähme sämtliche ein¬
wandfrei in Genesung übergingen;
2. daß auch Jodipin in fortgesetzten größeren Dosen ent¬
gegen den bisherigen Erfahrungen besonders bei Saug¬
fohlen einen akuten Jodipismus zu erzeugen vermag;
3. daß dieser Jodipismus aber beim Nachlaß der inner¬
lichen Jodzufuhr alsbald wieder in Abnahme und zum
Verschwinden kommt;
4. daß derselbe aber bei neuerlichen Gaben wiederholt
auftreten kann; ferner
5. daß Jodipin selbst in ziemlich hochgradigen Fällen
anscheinend als ein spezifisches Heilmittel gegen
Fohlenlähme sich gezeigt hat, durch das
6. das Allgemeinbefinden trotz des Jodipismus nicht
wesentlich beeinflußt wird, wenn die Verabreichung
rechtzeitig unterbrochen wird.
Karze Mitteilungen aas der Praxis.
Von Bezirkstierarzt Wörner, Miltenberg.
Quecksilbervergiftung.
Zur Desinfektion und zum Verbände einer Stichwunde
eines Pferdes wurde Sublimatlösung verwendet. Nach drei
Tagen traf ich den Patienten unter den ausgesprochenen
Erscheinungen der Quecksilbervergiftung. Das Pferd zeigte
starkes Speicheln, Geschwüre am Zahnfleisch, Blutungen
daselbst, profuse Diarrhoe bei blutigem und faulig riechen¬
dem Kote, Husten, Hautakne und starken Kollaps etc. Da
eine Wiederherstellung ausgeschlossen erschien, wurde zur
Tötung geraten. Das Tier hatte eine bereitgestellte Sub¬
limatlösung, zu der es infolge der Unachtsamkeit des Wär¬
ters, der die Giftigkeit des Mittels kannte, gelangen konnte,
getrunken.
229
Tartarusvergiftung.
Einem mit Darmwürmern behafteten unter den Sym¬
ptomen eines Darmkatarrhes stark heruntergekommenen
Pferde war Brechweinstein verabreicht worden. Zirka 36
Stunden nach Aufnahme des Mittels ging das sich traurig
und eingenommen zeigende Pferd unter Unruheerschei¬
nungen zugrunde. Die von mir vorgenommene Sektion er¬
gab eine dunkle Verfärbung der Zungenschleimhaut und
eine starke Rötung der Rachenhöhle, der Schlundschleim¬
haut und des Magens; letzterer war stark erweitert und
lufthaltig. Die Schleimhaut des Grimmdarraes zeigte sich
besonders an der Beckenflexur streifig entzündet. In den
Herzhohlräumen fand sich schwarzes schlecht, geronnenes
Blut. Der Tartarus war dem kranken Tiere ungenügend ge¬
löst und in zu wenig Wasser verabreicht worden, wodurch
der letale Ausgang herbeigeführt wurde.
Durch Kunstdünger veranlaßte Entzün¬
dungssymptome bei Schafen.
An einer zur Untersuchung zugeführten Schafherde
fiel zunächst auf, daß zirka ein Fünftel aller Tiere die Nase
ungewöhnlich hoch hob und mit derselben fortwährend
zuckte. Auf letzterer zeigten sich bei näherer Untersuchung
ein oder mehrere schwärzliche Schorfe, nach deren Ent¬
fernung sich Eiter entleerte, während die Wundränder stark
ausgezackt erschienen. Die Maulhöhlenschleimhaut und die
Klauenspalte waren intakt. Der Schäfer hatte beim Behüten
größerer Flächen seine Schafe über Felder zu bringen, auf
welchen Kunstdünger ausgestreut war. Von diesem hatten
sich beim Weiden während des Treibens kleine Mengen an
das untere Kopfende angelegt und die Entzündung ver¬
ursacht.
Septikämie im Anschluß an Kinnladen¬
entzündung.
Ein kräftiger Bulle versagte plötzlich jegliche Futter¬
aufnahme. Bei der Untersuchung fiel mir sofort eine hand¬
große Schwellung des linken Unterkiefers und der Parotis-
gegend auf. Aus der Maulhöhle floß zäher Schleim; beim
Herausziehen der Zunge entleerte sich zirka i/> Liter einer
höchst übelriechenden chokoladefarbigen Flüssigkeit.
Behandlung: Die Maulhöhle wurde mit Alaun¬
lösung ausgespritzt und die geschwollene Partie mit Engt.
Crede unter Applikation von feuchtwarmen Umschlägen he-
230
handelt. Nach 24 Stunden hatte sich die Geschwulst über
die linke Kopfseite, am Halse und am Triele ausgebreitet.
Wiederkauen und Futteraufnahme nicht vorhanden. Das
Bewußtsein des Tieres war stark eingenommen, Innenwärme
aber nicht gesteigert.. Gegen Mitternacht ging der Bulle
unter kurzem Todeskampfe ein. Die Sektion ergab folgen¬
den Befund: Die Knochenhaut der äußeren Kinnlade ist
messerrückenstark verdickt und von der Unterlage nur
schwer ablösbar. Auf der KinnladenoberHäche sind schwarze
Punkte sichtbar. Die umliegenden Drüsen sind stark ver¬
größert, die oberen Halsdrüsen zeigen mißfarbiges graues
Aussehen und lassen beim Durchschneiden eine bräunliche
höchst übelriechende Flüssigkeit ausdriieken. Das Unter-
hautzellgewebe längs des Trieles und der linken Halsseite
ist schiefergrau verfärbt; die umliegenden Halsmuskeln
sind mit gelb-sulzigen Auflagerungen bedeckt. Sämtliche
Körperlymphdriisen zeigen septikämische Erscheinungen.
Die hier vorliegende jauchige Blutvergiftung hatte
von der Kinnladenentzündung, über deren Entstehungs¬
möglichkeit Sicheres nicht eruiert werden konnte, ihren
Ursprung genommen.
Ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt Braun, Blieskastel.
1. Bösartige Anämie bei Pferden.
Von 10 Pferden, die ich wegen besagter Krankheit in
Behandlung bekam, verendeten 4, die übrigen wurden wegen
Aussichtslosigkeit einer Behandlung getötet. In sämtlichen
Fällen waren die Erscheinungen fast übereinstimmend. Die
Anamnese lautete gewöhnlich, daß die Tiere sehr matt seien,
bei der Arbeit leicht schwitzen, ungern auf stehen, den Kopf
im Stalle sehr tief halten und wechselnden Appetit zeigen.
Bei der Untersuchung fand ich 4—0jährige Pferde
vor, die sich in guter Kondition befanden, jedoch hoch¬
gradige Mattigkeit, Senken des Kopfes und trüben Blick
zeigten. Die Conjunctiva selerae war schmutzig-gelb ver¬
färbt, die Temperatur schwankte zwischen 39,5 und 41,0° C.
und die Zahl der Puls- und Herzschläge, je nach der Fieber¬
höhe, zwischen 50 und 120 pro Minute. Eine Organverände¬
rung konnte nicht gefunden werden.
Die Durchführung eines in Bezug auf Ernährung,
Aufenthalt und Bewegung rationellen Kegimes und die
innerliche Verabreichung von Aeetanilid, später Liq. Kal.
arsenicos. und Kal. jodat. neben Spiritus im Trinkwasser
brachten keine Besserung.
231
Gegen das Ende der Krankheit, die sich bei den ver¬
endeten Tieren 2—3 Monate hinzog, magerten die Tiere ab,
es traten Stauungsödeme am Unterbauche und Schlauch auf,
die sichtbaren Schleimhäute wurden blaß, die Pulsfrequenz
betrug 80—100 Schläge pro Minute, die Temperatur stieg
auf 41,0° C.
In zwei Fällen färbte sich der Harn rot und konnte
nur unter starken Schmerzen abgesetzt werden.
Die Sektion ergab als Hauptveränderung eine wässe¬
rige Beschaffenheit des Blutes, das nicht geronnen war.
Regelmäßig zeigte sich der Herzmuskel fettig degeneriert.
Leber, Milz und Nieren waren mehr oder weniger stark
geschwollen; letztere wiesen Hämorrhagien auf.
2. Durchschneidung der Beugesehnen.
Einem 5jährigen Rappwallachen schweren Schlages
wurde beim Heimfahren von den Zähnen einer Mähmaschine
am linken Hinterfuße die Kronbeinbeugesehne vollständig
und von der Hufbeinbeugesehne der mediale Teil durch¬
schnitten; ebenso war die mediale Zwischenmittelfußarterie
durchtrennt.
Nachdem die Blutung durch Druckverband gestillt
war, wurde ein feuchter Sublimatverband angelegt. Die
Wunde heilte unter Anwendung weiterer antiseptischer
Verbände per primam. Nach 3 Wochen suchte das Pferd
den Fuß zu belasten, trat aber noch viel zu stark durch,
weshalb es mit einem sogen. Schenkeleisen beschlagen
wurde. Da das Tier aber den rechten Fuß allmählich immer
mehr zu schonen suchte und mit dem linken zu stark durch¬
trat, ließ ich an dem Eisen noch aufstrebende Schenkel an¬
bringen, die an der Stelle, an der sie dem Fesselgelenke an-
lagen, mit Watte gepolstert und mit Binden fixiert wurden.
Von da ab belastete das Pferd den Fuß ganz gut. Nach
8 Wochen erfolgte die Abnahme des Eisens. Die Senkung
des Kötengelenkes beim Fußen hatte sich ganz bedeutend
vermindert. Allmählich verschwand das Durchtreten mehr
und mehr, so daß das Tier nach weiteren 14 Tagen, ohne
Lahmheit zu zeigen, ging.
Neubildung am Darm.
Von Kgl. Bezirkstierarzt Schilffarth, Ochsenflirt.
Ein zirka löjähriges Pferd erkrankte angeblich unter
kolikartigen Erscheinungen und verendete nach 3 ständiger
Krankheitsdauer.
232
Bei der Sektion fand sich ungefähr im Mittelstück
des Hüftdarmes eine ringförmige, das Darmlumen bis auf
eine markstückgroße Öffnung abschließende Neubildung mit
ulzerierter Oberfläche und anscheinend karzinomatösem
Charakter. Unmittelbar vor derselben war der stark er¬
weiterte Darmteil gangränös und wies hier eine Durch¬
bruchstelle auf, in deren Gefolge eine rasch tödlich ver¬
laufene Perforationsperitonitis auf getreten war. (Jahres¬
berichte bayer. Tierärzte.)
Referate.
Wyßmann: Über Leberadenome bei Rindern. (Schweiz.
Archiv für Tierheilkunde, 1909, Heft 1.)
Nachdem unsere gegenwärtigen Kenntnisse über Leber¬
adenome noch recht lückenhaft sind, erachtet es Verf. für
angezeigt, nachstehende zwei Fälle näher zu beschreiben:
I. Bei der Fleischbeschau einer stark abgemagerten
9jährigen Simmentaler Kuh, die angeblich mehrere Wochen
an Durchfall gelitten hatte und tierärztlicherseits für tuber¬
kulös gehalten wurde, fand man in der stark vergrößerten
Leber einen eigenartigen, mannskopfgroßen Tumor, der an¬
fänglich den Eindruck eines Karzinoms machte. Gewicht
der Leber 32 Pfund. Auf der Eingeweidefläche des rechten
Lappens befand sich der vom übrigen Lebergewebe scharf ab¬
gesetzte, teilweise mit dem Pankreas verwachsene, rundliche,
grau-weiße Tumor. Auf dem Durchschnitte sah man groß-
lappiges, weißliches, zum Teil grünliches, im Zentrum nekro¬
tisches Gewebe von weicher, leicht schneidbarer Konsistenz.
Gefäße an vielen Stellen sehr weit; Gallenblase durch den
Tumor nach rückwärts verschoben; in mehreren stark er¬
weiterten Gallengängen des linken Lappens Vorhandensein
einer trüben, schmierigen Masse und einiger Distomen. Die
Untersuchung des Präparates am veterinär-pathologischen
Institut Bern (Prof. Dr. Guillebeau) ergab, daß der
Tumor aus Driisenepithelien besteht, die von den Leber¬
zellen her rühren und daß derselbe als Adenom mit Gallen¬
sekretion zu deuten sei.
II. Ein Landwirt konsultierte anfangs Januar Verf.
wegen einer Kuh, die er im November gekauft hatte. Das
Tier, das sich anfänglich in mittelmäßigem Ernährungs¬
zustand befunden, stets aber gut gefressen und 10 Liter
Milch pro Tag gegeben hatte, ging nach Beginn der Winter¬
fütterung in der Milchleistung stark zurück (bis 2 Liter
pro Tag) und magerte trotz vorzüglichen Appetits nach und
nach immer mehr ab. Nach der Anamnese wurde Husten
233
nie wahrgenommen, sondern nur „Schwäche im Kreuz“ und
Mühe beim Aufstehen. —
Resultat der ersten Untersuchung völlig negativ;
anders aber Resultat einer nochmaligen Untersuchung nach
15 Tagen: Lederbündige, den Rippen anliegende Haut; kalte
Ohren und Hörner; trockenes Flotzmaul; Magen- u. Darm¬
peristaltik stark herabgesetzt, zeitweise ganz aufgehoben;
38,1° Temperatur, 44—48 Pulse, 14 Atemzüge; bei starker
Perkussion der Lebergegend auffällige, starke Schmerz¬
empfindung ohne Nachweis einer Lebervergrößerung.
Diagnose: Leberaffektion unbestimmter Natur mit
Ausschluß von Tuberkulose. Rat zur Schlachtung.
Obduktionsbefund: Veränderungen zeigten
sich nur an Leber und Milz. Letztere war groß und blut¬
reich. Leber wog 12 Pfund, zeigte normale Konsistenz und
dunkelbraune Farbe. Ungefähr in der Mitte der Zwerch¬
fellsfläche Vorhandensein einer rundlichen, vom Leberge¬
webe scharf abgesetzten, 8—10cm im Durchmesser betragen¬
den, gelblich-rötlichen Hervorwölbung, in deren Mitte eine
rundliche, schalenförmige Einsenkung sich befand. Die
glatte Oberfläche des Tumors war von einer feinen Kapsel
überzogen und zeigte in der zentralen und mittleren Zone
eine gelb-grüne Farbe mit feinen, dunkelroten, ästigen Ge¬
fäß-Injektionen, während die äußere Zone sehr zart violett
und stellenweise weißlich-bläulich war. Gewebe war von
feiner Konsistenz und erschien infolge der von der zentralen
Zone radiär ausstrahlenden seichten Furchen undeutlich
segmentiert. Beim Durchschneiden sah man gelb-braunes,
stark glänzendes, deutlich gelapptes, stellenweise einen Stich
in’s Grünliche zeigendes und von vielen Hohlräumen durch¬
setztes Gewebe. Rundliche, sattgelbe Felder wechselten mit
hellgelb gefärbten Stellen ab. Das wenig Blutgefäße zei¬
gende Gewebe hatte einen weichen, fast matschigen Cha¬
rakter.
Diagnose: Adenoma hepatis flavum.
Mikroskopischer Befund der mit Hämato-
xylin-Eosin gefärbten Schnittpräparate:
Fall I: Die Leberzellen resp. Leherepithelien waren
stellenweise zu parallelen Längszügen angeordnet. Kerne
enthielten mehrere Kernkörperchen. Zellgrenzen ver¬
schwommen. An anderen Stellen Anordnung der Leber-
epithelien sehr unregelmäßig; dazwischen vereinzelte Binde-
gewebszüge und weite Gefäße.
Fall II: Unregelmäßige Anordnung des Lebergewebes;
Leberparenchym völlig zerrissen und zu regellosen Zell-
234
gruppen und Haufen vereinigt. Zellgrenzen meist ver¬
wischt.
Eesume: In beiden Fällen waren die Adenome An¬
laß zu klinisch deutlich wahrnehmbaren krankhaften Stö¬
rungen mit schleichendem Charakter.
Ferner war beiden Fällen gemeinsam die gleichzeitig
bestehende geringgradige Distomatose der Leber, die bei
Adenombildung von fast allen Autoren beobachtet wurde.
R a b u s.
E v e r s: Prophylaktische und medikamentöse Be¬
handlung der Kalberpneumonie. (Berl. Tierärztl. Wochen¬
schrift, 1909, Nr. 51.)
Die Kälberpneumonie kommt genau wie die chronische
Schweineseuche in alten, trockenen, warmen und zugfreien
Stallungen nicht vor, ist dagegen ständiger Gast in den
anderen Stallungen, die anscheinend den Forderungen der
Hygiene viel mehr entsprechen. Tatsächlich schädigen sie
aber, weil in ihnen fast stets Zugluft herrscht und weil sie
infolge der vielen Fenster und Ventilationsvorrichtungen
und des häufigen Durchspülens mit Wasser oder Desinfek¬
tionsmitteln häufig feucht und kalt sind, insbesondere den
jugendlichen Organismus und rauben ihm so seine natür¬
liche Widerstandsfähigkeit gegen Infektionserreger.
Die beste Prophylaxe der Kälberruhr besteht darin,
daß man den Tieren einen trockenen, warmen und zugfreien
Stall gibt. Bei der Serumbehandlung hat Verf. gerade in
den letzten Jahren viele Mißerfolge gehabt und zwar sowohl
bei Schutz- wie bei Heilimpfung. Besonders im Beginne der
Krankheit konnte er aber überraschende Resultate erzielen
durch Einspritzung von 10 g Ol. Terebinth. rectificat. unter
die Haut der Vorderbrust. 24 Stunden nach der Injektion
soll eine starke Schwellung eintreten, die nur ausnahms¬
weise abszediert und in 8—14 Tagen bis auf einen walnu߬
großen Knoten verschwindet. Mit dem Einsetzen der Schwel¬
lung geht eine bedeutende Besserung des Allgemeinbefindens
einher. Bleibt die Schwellung aus oder ist sie nur gering,
so muß die Prognose zweifelhaft lauten und eventuell eine
Wiederholung der Einspritzung vorgenommen werden.
Die Injektion des Ol. Terebinth. hat nichts anderes
zur Folge als das Legen des früher hochgeschätzten Fon-
tanells. E v e r s hat mit der Terpentinöl-Einspritzung auch
bei der Brustseuche der Pferde — hier entsteht neben großer
Schwellung fast stets ein großer Abszeß — vorzügliche Er-
235
folge erzielt; die Prognose ließ sich stets günstig stellen,
wenn starke Schwellung und Eiterung eintrat.
Br oll: Vorkommen und Nachweis von Tuberkel¬
bazillen im strömenden Blut lungentuberkulöser Rinder.
(Berl. Tierärztl. Wochensehr., 1909, Nr. 49.)
Verf. entnahm zwei Kühen mit beginnender, offener
Lungentuberkulose, die bei täglich vorgenommenen Tempe¬
raturmessungen niemals Fieber gezeigt hatten, sehr guten
Appetit hatten, in gutem Nährzustand sich befanden und
während der Untersuchungszeit sogar an Gewicht zuge¬
nommen hatten, so daß das Vorhandensein von akuter Mi¬
liartuberkulose nicht wohl anzunehmen war, mehrmals Blut
und untersuchte dies nach besonderen Methoden auf das
Vorkommen von Tuberkelbazillen. Solche wurden nun in
an 5 verschiedenen Tagen aus dem Blut von Kuh I angefer¬
tigten Präparaten jedesmal und in ebensoviel aus dem Blut
von Kuh II hergestellten zweimal gefunden. Da einzelne
Bakterien in Leukozyten eingeschlossen zu sein schienen,
hat es den Anschein, als ob der Übertritt der Bazillen in's
Blut durch Phagozyten vermittelt wird.
Der Nachweis von Tuberkelbazillen im strömenden
Blut bei Abwesenheit von Fieber und von miliaren Knöt¬
chen ist für die Fleischbeschau insoferne von Interesse, als
dann auch in diesem Falle beim Vorhandensein tuberkulöser
Organerkrankungen ein Übertreten der Bazillen in’s Blut
und ihr Vorkommen im ganzen Tierkörper angenommen
werden müßte. Lind n e r.
Tierzucht und Tierhaltung.
Landes-Viehversicherungsanstalt.
Unter dem Vorsitze des Präsidenten der Kgl. Ver¬
sicherungskammer, Exzellenz Pr. von Haag, hat am
14. ds. Mts. der Landesausschuß für die Bayerische Vieh¬
versicherungsanstalt seine Sitzung abgehalten.
Der Vorsitzende, Präsident Dr. v o n II a a g, berichtet
das Folgende:
„Die Bayerische Landes-Viehversicherungsanstalt setzt
sich zusammen aus 1689 Ortsviehversicherungsvereinen mil
einem versicherten Viehwert von 85 426 (590 Mk. Die Landes¬
anstalt hat bisher 122 064 Schadensfälle mit einer Entschä¬
digung von 19 953 343 Mk. reguliert. Die Versicherten
haben in der Entschädigung um 1 251 701 Mk. mehr er¬
halten, als ihr Beitrag dafür ausmacht. Die Schäden be¬
trugen im letzten Jahre 3,81 Prozent der versicherten Tiere.
236
Bei den großen Anforderungen, welche die Aufbringung
der Entschädigungen an die Anstalt stellt, mußte im Jahre
1908/09 ein durchschnittlicher Beitrag von 1,79 Prozent der
beitragspflichtigen Versicherungssumme erhoben werden.
Der Durchschnittssatz des Beitrages in den ersten 13
Geschäftsjahren war 1,34 Prozent der Versicherungssumme.
Es wäre zu wünschen, daß es dem Zusammenwirken der
Landesanstalt mit den Vereinsausschüssen gelingen möchte,
durch Vermeidung von Viehverlusten und durch bessere
Verwertung des Fleisches bei den Notschlachtungen dem
Beitragsdurchschnittssatze von 1,34 Prozent wieder näher zu
kommen. In den landwirtschaftlichen Kreisen macht sich
eine Bewegung zu Gunsten des Weideganges bemerklich;
diese Bewegung ist nach Kräften zu fördern. Viele Vieh¬
verluste hätten vermieden werden können, wenn den Tieren
Bewegung im Freien vergönnt gewesen wäre.
Die Viehversicherung gehört ohne Zweifel zu den
schwierigsten Versicherungszweigen und verlangt sorgfäl¬
tigste Pflege, weil es sich um die Wohlfahrt zahlreicher
wirtschaftlicher Existenzen handelt, die bei der Vieh Ver¬
sicherung Schutz suchen.“
Oberregierungsrat Burkhardt besprach die beson¬
deren Vorkommnisse in der Viehversicherung und die Ge¬
schäftsergebnisse :
„Wie in der Zahl der Ortsvereine, so ist auch in der
Beteiligung der Viehbesitzer eine namhafte Zunahme zu
verzeichnen; den Vereinen gehören 85 117 Mitglieder mit.
329774 Tieren an. Im Jahre 1908/09 wurden 12 550 Schäden
mit 2 400 673 Mk. entschädigt, aus der Verwertung der Tiere
760 524 Mk. erlöst, dann 1 540 871 Mk. an Beiträgen er¬
hoben. Die Ortsvereine haben sohin im letzten Jahre in der
Entschädigung um 99 278 Mk. über den Beitrag dafür er¬
halten. Aus der Staatskasse wurden 125 000 Mk. zuge¬
schossen. Der Reservefonds ist gestiegen auf 474 518 Mk.;
seine Zinsen wirken mit zur Ermäßigung des Beitrages.“
In den Debatten fanden die Angelegenheiten der Vieh¬
versicherung, insbesondere der Antrag auf Abänderung von
Bestimmungen des Normalstatuts eingehende Besprechung.
Das Tränken der Pferde.
Um festzustellen, ob vor, nach oder zwischen dem
Füttern getränkt werden soll, wurden Versuche angestellt,
worüber die „Deutsche Landwirtschaftliche Zeitung“ be¬
richtet. Bei den Versuchen erfolgte das Tränken: 1. un-
237
mittelbar vor dem Füttern, 2. unmittelbar nach demselben,
3. während der Mahlzeit und zwar zwischen Körner- und
Rauhfutter, wobei abwechslungsweise das Wasser nach dem
Rauhfutter bezw. Körnerfutter gereicht wurde. Von vorne-
herein sei bemerkt, daß jede Tränkart dem Pferde
gleich gut bekömmlich, jede Veränderung
derselben aber dem Pferde nicht ganz gleich giltig
ist. Es sind manche Umstände zu berücksichtigen. So wird
man z. B. nach einer lange dauernden Körperbewegung, wo¬
bei ein erheblicher Wasserverlust stattfindet, vor dem Füt¬
tern erst tränken müssen, da die Tiere erst normal fressen,
wenn sie ihren Durst gelöscht haben. Die Versuche lehrten,
daß die Freßlust jedesmal einige Tage eine geringere war,
wenn man vom Nachtränken zum Vortränken überging.
Jede andere Änderung hatte keinen Einfluß ausgeübt. —
Tange nimmt an, daß das Vortränken ein gewisses Sätti¬
gungsgefühl verursacht, an das sich das Pferd erst gewöhnen
muß. Es spielt also auch hier die Macht der Gewohnheit
eine Rolle. Die einmal gewählte Tränkart soll man eben
beibehalten! Das hastige Einnehmen großer Wassermengen
nach dem Füttern schwemmt einen Futterteil noch unver¬
daut wieder vom Magen in den Darm. Sonst wird die Futter¬
ausnützung durch die Art des Tränkens nicht beeinträchtigt.
(Deutsche Landwirtschaft!. Zeitung.) M u 1 z e r.
Verschiedenes.
Prinz Ludwig von Bayern
haben in der Finanzausschußsitzung der Reichsratskammer
Ende März d. Js. Stellung genommen zum Veterinär¬
offizierkorps und die Tatsache mit Freuden begrüßt,
daß in Zukunft die Militärveterinäre ebenso den Offiziers¬
rang erhalten sollen, wie ihn die Militärärzte seit 1872
besitzen, da sie jetzt eine ähnliche Vorbildung aufweisen
müßten wie die letzteren, nämlich den erfolgreichen Besuch
einer Mittelschule und der einschlägigen Hochschule; hie¬
durch würde jedenfalls dieser wichtige Stand wesentlich
gehoben zum Vorteile der Armee. —
Diese trefflichen Worte, welche mit goldenen Lettern
in der Geschichte der Tierärzte zu verzeichnen sind, werden
freudigen Widerhall finden in den deutschen Landen ; sie
gewähren einen hoffnungsfrohen Ausblick in die künftige
Entwickelung des jungen Offizierskorps; sie rufen nicht
minder das Gefühl der wieder erlangten Sicherheit und der
untertänigsten herzlichsten Dankbarkeit unter den Tierärzten
238
Deutschlands hervor als wie seinerzeit das glückliche
Eintreten desselben erlauchten Sprossen aus dem edlen
Geschlechte der Wittelsbacher, für die Einfülirung der
Maturität.
Wir erinnern uns dabei wieder lebhaft an die Tagung
des Deutschen Veterinärrates zu München 1902, welcher
durch die Anwesenheit Sr. K. H. des Prinzen Ludwig
von Bayern und durch Höclistdessen überwältigende Rede
das besondere Gepräge und hoher Glanz verliehen wurde.
Audienz bei Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzregenten.
Seine Königliche Hoheit der Prinzregent empfingen
am 29. März eine Deputation des Lehrkörpers der Tierärzt¬
lichen Hochschule München, bestehend aus den Professoren
DDr. Albrecht und Vo i t in Audienz. Die Deputation
erstattete Seiner Königlichen Hoheit den Dank der Hoch¬
schule für Verleihung akademischer Rechte. Nach der
Audienz wurden die beiden Professoren zur Tafel zuge¬
zogen.
Tollwutstation in München.
In der bayerischen Kammer der Abgeordneten regte
der Abgeordnete Klimmer und in der Reichsratskammer
der Reichsrat Freiherr von Soden die Errichtung einer
Tollwutstation in München an. Das in den letzten Jahren,
besonders 1907 und 1909, ziemlich verbreitete Vorkommen
der Tollwut in Bayern gab zu diesen Anregungen Veran¬
lassung. Der Minister von Brettreich erklärte, daß
die Errichtung eines solchen Institutes schon erwogen
worden sei. Die Schaffung eines solchen könne jedoch vor¬
läufig mit Rücksicht auf die hohen Kosten, welche erwachsen
würden, vorerst nicht in Aussicht gestellt werden. Wahr¬
scheinlich werde in absehbarer Zeit in München ein t ier-
hygienisches Institut (Seuchenversuehstation) er¬
richtet werden und komme dann auch die in Anregung
gebrachte Einrichtung zur Beachtung.
Bericht über die Verwaltung des städt. Schlacht- und Vieh¬
hofes zu Augsburg.
Im Jahre 1908 wurden im ganzen 83 876 Tiere (gegen
SU 254 im Vorjahre) geschlachtet, nämlich: 13 441 Stück
Großvieh, 24 023 Kälber, 40 301 Schweine und Ferkel, 5 503
Schafe, Lämmer, Ziegen und Kitze, sowie 308 Pferde. Dazu
kommen noch 1 702 auswärts geschlachtete und eingeführte
239
Tiere, so daß sich eine Gesamtzahl von 85 578 Schlachttieren
gegen 71 558 des Vorjahres ergibt. Interessant ist die auf¬
fallende Abnahme der Pferdeschlachtungen. Während diese
bis zum Jahre 1902 in ständiger Zunahme begriffen waren
und ,in diesem Jahre 735 Stück betrugen, ist in den letzten
Jahren eine kontinuierliche Abnahme zu verzeichnen, die im
Berichtsjahre mehr als die Hälfte der Höchstziffer von 1908
ausmacht.
15 971 der geschlachteten Tiere = 19,04 % zeigten
bei der Beschau Erkrankungszustände; 140 Stück = 0,88 c /b
der beanstandeten und 0,17 % der überhaupt geschlachteten
Tiere wurden untauglich erklärt und zur Vernichtung be¬
stimmt.
Der Fleischkonsum betrug im Berichtsjahre 77,51 kg
pro Kopf; er ist um 2,67 kg pro Kopf gegen das Vorjahr
gestiegen. —
In einem Anhang ist der Tuberkulose und den Finnen¬
funden bei den Schlachttieren noch besonders Erwähnung
getan. Aus den Tabellen ist zu ersehen, daß die Tuberkulose-
Prozentsätze pro 1908 fast keinen Unterschied 1907 gegen¬
über zeigen. Nur bei den Kälbern ist eine Steigerung von
0,67 auf 0,80 % zu verzeichnen. — 13 Großviehstücke =
0,1 c /o und außerdem 14 Kälber wurden mit Rinderfinnen
behaftet vorgefunden. Die seit dem Inkrafttreten des Fleisch¬
beschaugesetzes aufgestellte Statistik ergibt einen ständigen
Rückgang der Finnenfunde. Von den finnigen Tieren war
der größte Teil (77 %) mehrfinnig. M.
Ein Plebiszit.
In norddeutschen Zeitungen (Berliner Tagblatt, Ber¬
liner Neueste Nachrichten etc.) war in letzter Zeit zu lesen,
daß die Mehrzahl der Militärveterinäre die Errichtung eines
Veterinäroffizierskorps nicht wünsche. Um völlige Klarheit
in dieser Sache zu schaffen, hat Geheimrat Dr. Schmaltz
eine Abstimmung der Militärveterinäre in der Weise ver¬
anstaltet, daß er an sämtliche aktive Militärveterinäre die
schriftliche Anfrage richtete, ob sie für oder gegen das
Veterinäroffizierskorps seien. Es wurde von ihm ersucht,
die Antworten schleunigst auf eine der Zuschrift beige¬
gebene Postkarte zu erteilen.— Da nämlich die dritte Lesung
des Etats, dessen Annahme bekanntlich endgiltig erfolgt ist,
unmittelbar bevorstand, hätte das Ergebnis der eingeleiteten
Abstimmung allenfalls noch Verwendung finden können.
Dieses war nun das Folgende: Von den 688 Militärveteri¬
nären, welche die Rangliste aufweist, sprachen sich 6 3 7,
240
also etwas mehr als 90Prozent, bedingungs¬
los für das Veterinär-Offizierskorps aus.
Professor Dr. Schmaltz sagt angesichts dieses Resul¬
tates mit Recht: Die Behauptung, der größte
oder auch nur ein größerer Teil der Mili¬
tär-Veterinäre seien innerlich Gegner des
Veterinär-Offizierskorps, widerspricht
direkt den tatsächlichen Verhältnissen.
(Berl. Tierärztl. Wochenschr., Nr. 12, 1910.)
Vieheinfuhr aus Dänemark nach Deutschland.
Nach Mitteilung der Tageszeitungen ergaben die Tuber¬
kulin-Impfungen, welche im Verlaufe der vergangenen
Woche an zur Einfuhr nach Deutschland bestimmtem däni¬
schem Vieh in Schleswig-Holstein vorgenommen wurden,
sehr ungünstige Resultate. Von den nach Kiel gebrachten
Rindern reagierten 25 Prozent auf die Tuberkulin-Impfung,
in Apenrade 89 von 180 und in Altona 118 von 358 Rindern.
Eine von Berlin entsandte Kommission hat diese Angaben
bestätigt gefunden. Infolge der verschärften Kontrolle ver¬
weigern die Versicherungsgesellschaften den finanziellen Er¬
satz für das als tuberkulös bezeichnete Rindvieh, so daß
die dänischen Exporteure den Ve rsand nach
Deutschland eingestellt haben. Der Vorgang
hat in Kopenhagen das größte Aufsehen erregt und der
Direktor des dortigen tierärztlichen Gesundheitsamtes, Pro¬
fessor Lang, äußerte die Meinung, die Entsendung der
deutschen Kommission habe einen gewissen politischen
Charakter. Das Vorgehen gegen das dänische Vieh scheine
ihm etwas gesucht. Ferner bemühte er sich, die Ergebnisse
der deutschen Tuberkulin-Impfungen als unzuverlässig hin¬
zustellen. _
Berichtigung.
Der Preis der Broschüre von Dr. Pflanz über Erabryotomie
beträgt nicht 3 Mark, wie in Nummer 13 der Wochenschrift an¬
gegeben, sondern 1 Mk. 20 Pfg.
Personalien.
Auszeichnungen: Hofrat Dr. Gustav von Vaerst,
o. Professor an der Kgl. Tierärztlichen Hochschule in München wurde
in erblicher Weise der Adelsmatrikel einverleibt.
Niederlassung: Schweiger Rudolf aus Lam in Am¬
berg.
Approbationen: in Hannover die Herren: von der
F ö h r Fritz aus Quedlinburg, Hansen August aus Maasbüllhof,
Kellner Joseph aus Grafenwiesen, K e 111 e r Julius aus Benning-
Hofen, Kutschbach Richard aus Biebiach, Lüth Fritz aus
Bochholt, Müller Hermann aus Hösseringen. Ohlenbusch Her¬
mann aus Hengslage, Schwedesky Paul aus Falkenhagen und
Welling Wilhelm aus Paderborn.
Promotion: Zum Dr. phil. in Rostock Tierarzt Preßler
Kurt in Schwerin.
K. Staatsministerinm des Innen.
Be3sa,rLrLt32CLSLc3n.-u.r^gr-
Die Prüfung für den tierärztlichen Staatsdienst betr.
Die Prüfung nach Ziff. X der Kgl. Verordnung vom 21. De¬
zember 1908 (Ges. u. V.O. Bl. S. 1141) für das Jahr 1910 beginnt
Montag, den 3. Oktober.
Gesuche um Zulassung sind mit dem tierärztlichen Appro¬
bationsschein in Urschrift oder in amtlich beglaubigter Abschrift
bis zum 1. Juni beim Kgl- Staatsministerium des Innern ein¬
zureichen.
München, den 11. März 1910.
I. A.: Ministerialrat Heule.
i
^ 4k«
nach Beendigung meiner Praktikantenzeit am
■y Schlachthofe Augsburg, suche ich bezahlte
Praktikantenstelle bei vielbeschäftigtem Bezirkstierarzte. Ge¬
fällige Offerten erbittet:
Tierarzt Karl Bayrle, z. Zt. Augsburg, Schlachthof.
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Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 12. April 1910. Nr. 15.
Inhalt: Original-Artikel: Prof. Albrecht: Einige Beob¬
achtungen in der Geburtshilfe bei Pferden. — Bauer: Massen¬
haftes Vorkommen von Askariden. Verwachsung der Cervix
nach Torsio uteri. — Referate: Holty: Untersuchungen über
die Evolution und Involution der Uterusmukosa vom Rind.
Rickmann: Beitrag zur spezifischen Behandlung des Tetanus. —
Tierzucht und Tierhaltung: Die Pferde-Einfuhr nach
Deutschland. Bedecken der Zugtiere. — Verschiedenes:
Unterstützungsverein für die Hinterbliebenen bayerischer Tier¬
ärzte (V. a. G.) in München. Veterinär-Offiizierskorps. Ver¬
legung der württembergisclien Tierärztlichen Hochschule nach
Tübingen. Schütz-Feier. Einladung zur Schütz-Feier. — Per¬
sonalien.
Einige Beobachtungen in der Geburtshilfe bei
Pferden.
Von Prof. Albrecht, München.
Die Berichtigungen von Vertikal- und Querlagen bei
Pferdegeburten, sowohl der Rücken- als Bauch-Verlikal-
und Querlagen ist in der Regel mit großen Schwierigkeiten
verknüpft, besonders bei verschleppten Geburten.
Von den genannten Lagen macht dem Geburtshelfer
öfters die Bauch-Vertikallage, Vertikallage mit vorderer
Stellung, bei welcher die Vorhand des Fötus und die Hinter¬
beine mehr oder weniger weit in das mütterliche Beeken
eingetreten sind, die sogenannte hundesitzige Lage nach
Harm s 1 ), zu schäften. Die Riicken-Vertikallage, Vertikal-
l ) Harms: Tierärztl. Geburtshilfe, II. Teil, S. 480.
246
läge mit hinterer Stellung, kommt bei Pferden äußerst
selten vor.
Zur Behebung der erstgenannten Lage handelt es sieh
um Herstellung der Kopf- oder Beckenendlage; daran
schließt sich die Entwicklung des Jungen in der einen oder
anderen dieser Normallagen. Im ersten Falle ist Aufgabe
des Geburtshelfers Zurüekschieben der Hinterbeine, im
zweiten Zurückbeförderung der Vorhand des Fötus. Als
weitere Behandlungsarten der Bauch-Vertikallage sind be¬
kannt geworden: Verfahren von C a n u, Dietrich und
G i e r e r, ferner eine Methode von 0 b i c h und Donna-
r i e i x.
Ich hatte wiederholt bei Vertikallage von Pferde-
Föten, bei welchen Vorhand und Hinterbeine weit in die
Geburtswege eingetreten waren, Geburtshilfe zu leisten und
bemühte mich hiebei zuerst jedesmal schulgemäß zu ver¬
fahren, d. h. durch Zurückschieben der Vorhand mit und
ohne Krücke 2 ) die Beckenendlage, oder umgekehrt, durch
Zurückbefördern der Hinterbeine die Kopfendlage zu ge¬
winnen. Weder das eine noch das andere war mir möglich;
aber auch das von Canu 3 ) empfohlene Herausziehen der
Frucht, Halbierung derselben und Zurückschieben des
Stumpfes behufs Herstellung der Beckenendlage gelingt
nicht in jedem Falle. Tapken 4 ) entwickelte zweimal
ein in der hundesitzigen Lage befindliches Fohlen nach der
Methode von Canu. Ich habe das Verfahren in einem
Falle ebenfalls in Anwendung gebracht, konnte aber die
Frucht trotz Benützung einer Zugkraft von 3 starken Per¬
sonen nur bis zur Mitte des Halses hinter die Scham
bringen. Eine größere Zugkraft in Anwendung zu bringen
hielt ich nicht für angezeigt. Vorerst bin ich überhaupt der
Ansicht, daß es in den meisten Fällen, bei welchen die
Hinterbeine eines stärkeren Pferde-Fötus weit in das Becken
eingedrungen sind, schwer fallen wird, die Frucht genügend
weit herauszuziehen, um die Halbierung auszuführeu.
*) Die Anwendung der Krücke muß bei Stutengeburten mit
der größten Vorsicht geschehen; bei jüngeren, sehr unruhigen, stark
drängenden Stuten rnit der Krücke eine bedeutendere Verschiebung
erzielen zu wollen, getraute ich mir bis beute nicht. \ iellcieht ist
der Itepositor von Kaiser, Seohausen, eine Art Krücke, welche sich
an der Ansatzstelle am Fötus fixieren läßt, ein guter Ersatz für die
Krücke. Nach von mir am Phantom gemachten Versuchen dürfte
dieses der Fall sein.
*) Kec. de möd. vet., 1837, S. 444.
4 ) Monatshefte für prakt. Tierheilkunde. XVIII. Bd., S. 160.
Bei dem angegebenen Mißerfolge hatte die geschehene
Arbeit immerhin ihr Gutes. Die Auslösung der weit aus¬
gezogenen Vorderbeine, die nunmehr mit dem von mir und
Lindhorst geübten Verfahren mittelst der Kettensäge
ausgeführt wurde, war leicht, und selbstverständlich ebenso
die nachherige Abtrennung des ausgezogenen Halses und
Kopfes. Nun gelang unschwer die Zurückschiebung des
Stumpfes des Fötus. Halbierung war also nicht erforderlich.
Die Methode von D i e t r i c h 5 ) besteht darin, die Ex¬
enteration der Eingeweide der Frucht vorzunehmen, dann
in die Bauchhöhlenwand, den Hintergliedmaßen des Fötus
zu, je eine Öffnung zu schneiden und von dieser aus die
Hinterfüße zurückzuschieben oder, wenn dieses unmöglich,
dieselben in die Bauchhöhle des Jungen zu ziehen und nun
die Frucht zu entwickeln.
G i e r e r 6 ) ist es in einem Falle gelungen, nach dem
Verfahren von Dietrich die Lage der Hinterschenkel
zu korrigieren. Ich habe die Haltungsberichtigung der Hinter¬
beine nach Dietrich nicht versucht. In den von mir be¬
obachteten Fällen hätte sicher weder das eine noch das andere
der beiden Verfahren zum Ziele geführt. Beide sind jeden¬
falls kompliziert und man darf annehmen, daß, wenn nach
geschehener Exenteration das Zurückschieben der Hinter¬
beine mit der Hand durch in die Bauchwandung gemachte
Öffnungen möglich ist, dieses ebensogut durch die außerhalb
der Bauchwand der Frucht tätige Hand geschehen kann;
theoretisch muß man sogar schließen, daß die Arbeit an den
Hinterbeinen in schiefer Richtung von der Bauchhöhle der
Frucht aus beschwerlicher und im Effekt weniger zweck¬
entsprechend ist, als die Tätigkeit der Hand in gerader Rich¬
tung unter dem Leibe des Fohlens oder zur Seite desselben.
Wenn die Hinterbeine soweit in das Becken getreten
sind, daß sie nicht zurückgeschoben werden können, ist nach
meinen Beobachtungen das zweckmäßigste Verfahren, die
beiden Vorderbeine auszulösen, daran allenfalls die Ab¬
trennung des Kopfes mit einem Teile des Halses zu
schließen. Wenn ich sage „allenfalls“, so will ich damit an¬
deuten, daß es mir gelang, den Fötus ohne vorherige Ent¬
fernung des Kopfes zurückzuschieben. Im übrigen läßt sich
der Kopf mit der vorderen Abteilung des Halses nach Aus¬
lösung der Vordergliedmaßen zur Abtrennung unschwer
*) Cit. nach Frank-Go ring-Al brecht: Tierärztliche
Geburtshilfe, S. 447.
6 ) Cit. nach Harms: Geburtshilfe II. Teil, S. 489.
248
hinter die Scham bringen. Ich brauche nicht zu sagen, daß
die Entfernung des Kopfes mit der Säge auch intravaginal
geschehen könnte. Vielleicht würde zum Zurückschieben
des Vorderteiles der Frucht ausnahmsweise genügen, die
Vorderbeine im Karpalgelenke mit der Säge abzuschneiden
und daran noch die intra- oder extravaginale Beseitigung
des Kopfes bezw. Halses anzuschließen. Es steht mir be¬
züglich dieses Punktes eine Erfahrung nicht zu Gebote; von
einem Kollegen wurde mir aber mitgeteilt, daß er bei der
Bauch-Vertikallage eines Fohlens die Vorhand desselben
zurückzuschieben vermochte, nachdem er die Vorderbeine
in den Kniegelenken abgetrennt hatte.
Beim Zurückschieben der Vorhand der Frucht, gleich-
giltig auf welche Weise sie vorher behandelt wurde, ist nun
so zu verfahren, daß man während des Zurückschiebens an
den in Schlingen genommenen Hinterbeinen anziehen läßt.
Mittelst dieses Verfahrens wird die Zurückbeförderung der
Vorhand des Fohlens außerordentlich erleichtert. Angezeigt
ist vor Beginn der Prozedur eine größere Menge warmen
Wassers in den Uterus zu infundieren.
Die Entwicklung der nunmehr in der unteren Stellung
der Beckenendlage befindlichen Frucht ist nicht schwierig.
Selten wird erforderlich sein, die Stellung zu korrigieren.
Ich konnte die Fohlen jedesmal in der unteren Stellung
ausziehen lassen. Würden Hindernisse auf treten, so wäre
Aufgabe, die obere Stellung des Fötus, die normale Becken¬
endlage zu erzeugen, eine im allgemeinen keineswegs
schwere geburtshilfliche Leistung.
Es sei nun noch des Verfahrens von 0 b i c h 7 ) bezw.
Donnarieix 8 ) gedacht.
Bei Stuten mit geräumigen Becken, deren Fohlen im
Verhältnis zum Beckenraum nicht sehr groß sind, dürfte
man ohne Embryotomie nach der von Fr a n ck und S. C y r
empfohlenen Methode von O b i ch 7 ) resp. Donnariei x 8 )
zurecht kommen.
Das Verfahren gipfelt darin, daß man zunächst die
Hinterbeine in Schlingen bringt und an diesen anzieht, da¬
mit sie im Backbeingelenke stark gebeugt, im Knie- und
Sprunggelenke gestreckt werden; alsdann wird auch an den
Vorderfüßen gezogen, so daß nunmehr Zug an allen vier
Beinen erfolgt.
7 ) Cit. nach Frank-Göring- Alb recht: Tierärztliche
Geburtshilfe, S. 446.
8 ) Citiert nach S. Cyr et Viole t: Trait6 d’ Obstetrique
vetörinaire, pag. 638.
249
Donnarieix exenterierte vor Beginn des Zuges
behufs Raumgewinnung die Brust- und Bauchhöhle des
Fötus. Die Möglichkeit der Entwicklung der Frucht nach
dem Verfahren von O b i c h und Donnarieix gründet
sich auf das Folgende: Wird zur Entwicklung eines in der
hundesitzigen Lage (Bauch-Vertikallage) befindlichen Foh¬
lens an den Vorderbeinen und am Kopfe allein gezogen,
so stellt sich der Hinterschenkel mehr oder weniger steil
und spreizt sich am Becken ein; dazu kommt dann Ver¬
engerung der Hinterknie- und Sprunggelenkswinkel, welche
hemmend wirken kann.
Werden aber nach der Methode von Ob ich etc. zu¬
erst die Hinterbeine möglichst weit in das Becken gezogen;
so hat dieses eine starke Beugung der Backbeingelenke und
Erweiterung der Knie- und Sprunggelenkswinkel zur Folge
und die Beine liegen dann dem Rumpfe gestreckt an; damit
wird der Tiefendurchmesser des Hinterleibes verkürzt und
der Durchgang der Frucht durch das mütterliche Becken
bei nunmehr gleichzeitigem Zuge an Vorder- und Hinter¬
beinen sehr erleichtert, so daß die Frucht bei dieser Haltung
der Hinterfüße (Hüftbeugehaltung) in der Kopfendlage
geboren werden kann.
Ich habe die Obich’sche Methode in einem Falle versucht;
es blieb jedoch beimVersuche, nachdem die Anwendung einer
Zugkraft von 4 Personen nicht zum Ziele führte. Die oben
angegebenen Voraussetzungen zum Gelingen (geräumiges
Becken etc.) waren eben nicht vorhanden. Vielleicht wäre
es doch möglich gewesen, den Fötus nach Verstärkung des
Zuges durch die Kraft von einer oder zwei Personen zu ent¬
wickeln; ich hielt es jedoch nicht für angebracht, den Ver¬
such zu forcieren und wandte mich zu dem Verfahren,
welches mich bisher nicht im Stiche gelassen hatte, nämlich
zum Auslösen beider Vorderbeine. Wenn ich nun auch im
angeführten Falle mit der Methode von Obi eh nicht
reüssierte, so halte ich sie doch für rationell und werde sie
gegebenen Falles wieder in Anwendung bringen. Ich hin
der Meinung, daß sie in jedem Falle zunächst versucht
werden sollte, wenn das Fohlen lebt, ein Vorkommnis,
welches tierärztliche Geburtshelfer bei der besprochenen
Vertikallage allerdings äußerst selten beobachten werden.
In den mir zur Hilfeleistung überwiesenen Fällen waren
die Fohlen jedesmal schon stundenlang tot.
(Schluß folgt.)
250
Massenhaftes Vorkommen von Askariden.
Yon Distriktstierarzt Bauer, Dettelbach.
Ein stark abgemagertes Pferd war an Grimmdarm¬
verlagerung zu Grunde gegangen. Bei der Sektion fanden
sieh als Nebenbefund 5 Pfund Askariden im Dünndarm,
was der Grund zu der trotz bester Fütterung erfolgten
starken Abmagerung gewesen sein dürfte. (Jahresberichte
bayer. Tierärzte.)
Verwachsung der Cervix nach Torsio nteri.
Von demselben.
Eine Kuh, bei der im Vorjahre wegen Tragsackdrehung
Geburtshilfe geleistet worden war — die Lösung der Tor¬
sion und die Entwicklung des Kalbes hatte sich sehr schwie¬
rig gestaltet —, w r ar wieder trächtig geworden und stellte
sich im 6. Monat der Tragezeit zum Abortus an. Die Unter¬
suchung ergab eine vollständige narbige Verwachsung des
Muttermundes. Nach operativer Eröffnung wurde der Fötus
mit Leichtigkeit entwickelt. Die Kuh war nach 14 Tagen
geheilt. (Ibidem.)
Referate.
H o 11 y: Untersuchungen über die Evolution und In¬
volution der Uterusmukosa vom Rind. (Schweizer Archiv
für Tierheilkunde, 1908, Heft 6.)
Auf Grund sehr eingehender Versuche kommt Verf.
zu folgenden Resultaten:
I. Juveniler U t er u s: Die Mukosa ist hier, von
innen nach außen folgend, aufgebaut: aus Stratum epithe¬
liale, Stratum subepitheliale sive cellulare, Stratum reti-
culare, Stratum fibrilläre, Museularis mucosae und Stratum
vasculare. Charakteristisch für den Karunkelbezirk sind
das erweiterte Stratum vasculare, womit eine Schwächung
der Museularis mucosae verbunden ist, <1 ie viel bedeutenden»
Zahl und Größe der Blutgefäße und der an der Innenfläche
der Mukosa vorhandene, drüsenfreie, sanduhrförmige, mehr
oder weniger senkrecht aufsteigende Abschnitt, der Ka-
runkelstiel genannt. Der juvenile Karunkcl besteht aus
einer Verdickung bezw. Verstärkung des Stratum cellulare.
Die Ausiiihrungsgiinge der Drüsen steigen im Karunkel¬
bezirk senkrecht und wenig gewunden, im Karunkelzwisehen-
bezirk in schiefer Richtung, sowie unter sich parallel zur
Oberfläche. Sie sind weiter als die Drüsenschläuche. Der
eigentliche Karunkcl enthält keine Drüsentubuli. Die Ge-
251
fäße verlaufen im Karunkelbezirk senkrecht zur Karunkel-
innenfläehe.
II. Gravider Ute.rus: liier hat man vor allem
Veränderungen, die an den Drüsen unter dem Einfluß der
Fnicht vor sich gehen. Die Drüsenwucherungen in der Tiefe
der Propria mucosa sind für bestehende Gravidität charak¬
teristisch. Ihr Hauptmerkmal besteht darin, daß sich in der
Lichtung der Tubuli Epithelerhebungen bilden, die meist
mit schmaler Basis von der Wand entspringen, oft ziemlich
hoch sind und häufig an ihrem freien Ende verbreitert, et¬
was abgeplattet erscheinen. Am Querschnitt einer solchen
Drüse hat daher die Lichtung eine bliitenförmige Gestalt.
Die Tubuli haben einschichtiges oder aber auch mehrschich¬
tiges Epithel. Die Enden und Fundusteile der Tubuli sehen
auf dem Querschnitt wie traubenartige Gebilde aus. Bei
starker Ausdehnung dieser Drüsenwucherungen ist die ganze
tiefe Schicht in ein lockeres Maschenwerk, bestehend aus
sehr feinen gefäßhaltigen Bindegewebszügen, umgewandelt.
Die gewundenen Schläuche der Uterindrüsen verlaufen nun¬
mehr in den verschiedensten Richtungen; Tubuli sind be¬
deutend weiter geworden. Die sanduhrförmige, drüsenfreie
Zone geht verloren, da sich in dem Proprialabschnitt zu¬
nächst der Muscularis mucosae auch Drüsentubuli vorfinden.
Der Karunkel des trächtigen Rinderuterus entsteht
durch eine intensiv einsetzende Wucherung bezw. Vermeh¬
rung der den juvenilen Karunkel aufbauenden Elemente;
infolge aktiven Eingreifens der fötalen Plazenta entstellt
eine mannigfaltige Krypten- und Zottenbildung durch die
Elemente des Stratum cellulare et epitheliale. Damit geht
eine Einschränkung des juvenilen Karunkelbezirkos, ver¬
bunden mit einer Lockerung seiner Elemente einher. Der
vorgebildete Karunkel, das verdichtete Stratum subepithe¬
liale des Karunkelbezirkes, in Verbindung mit dem anliegen¬
den Epithel, bildet das Zellreservoir des wuchernden Ka-
runkels. Im Karunkel sind keine Muskelzellen. Der Ka-
runkelstiel gehört der Propria mucosa und speziell dem
Stratum fibrilläre an. Weiter ist der starke Gefäßreichtum,
besonders des Karunkelbezirkes der Mukosa, auffallend.
HI. Puerperaler Uterus; Mit dem Aufhören
der Blutzirkulation in der Placenta materna und foetalis,
dem Zeitpunkte der Loslösung der Secundinae, bildet sich
die Uterusmukosa mit den Karunkeln zurück. Der Karunkel
erfährt in seiner ganzen Ausdehnung eine an dessen Peri¬
pherie einsetzende fettige Degeneration. Balken und Krypten
verschwinden. Placenta materna geht in eine kompakte.
252
strukturlose Zelltrümmermasse über, die zwischen dem 10.
bis 14. Tage post partum ganz verschwindet resp. einen
wesentlichen Bestandteil der aus Uterusepithelien, Leuko¬
zyten und Fetttröpfchen bestehenden Lochien bildet. Ka-
runkelstiel wird kürzer, dicker und verliert sich ganz. 14
Tage nach der Geburt findet man in beiden Hörnern nur
Karunkeln mit breiter Basis auf der Mukosa-Innenfläche
sitzen. An seiner Oberfläche bildet sich das Stratum cellu¬
lare sive subepitheliale durch intensive Zellvermehrung zum
kappenförmigen, melonenartig über die Mukosa hervor¬
ragenden, puerperalen Karunkel aus. Derselbe zeigt an
seiner Oberfläche eine wesentliche Veränderung — nämlich
die anfänglich rötlich-gelb und marmoriert, später mehr
dunkel-gelblich-braun aussehenden Karunkelnarben. Die¬
selben haben ihre Entstehung in den Blutextravasaten an
der peripheren Randzone des Karunkels resp. der Basis des
rückgebildeten Karunkels und der daran anschließenden
Pigmentbildungen. Diese Narben, die im puerperalen Uterus
nach Rückbildung des Karunkels stets vorhanden sind, lassen
sich auch im unträchtigen Horne in etwas abgeblaßter Form
nach weisen. Diese typische Verfärbung unterscheidet den
puerperalen Karbunkel von dem mehr w r eißlich aussehenden
juvenilen hinlänglich. Für eine Geburt bilden also die zahl¬
reichen Hämatoidinablagerungen stets ein konstantes Zeichen.
Daneben bilden eigentümliche Veränderungen an den Uterus¬
gefäßen weiters ein untrügliches Zeichen einer stattgehabten
Geburt. Ein großer Teil der Blutgefäße in allen Schichten
der Uteruswand obliteriert post partum durch Wucherungen
der Intima, während ein anderer Teil hierdurch nur sehr
verengert wird, aber fortbesteht. Dieser Obliterationsprozeß
findet sich hauptsächlich und am vorgeschrittensten in der
Ausdehnung des puerperalen Karunkels, deutlich auch in
den äußeren Schichten, dem Stratum vasculare. Diese puer¬
peralen Vorgänge an den Gefäßen erreichen mit der vierten
Woche post partum ihren Höhepunkt. Auch das Drüsen¬
system der Uterusmukosa macht bedeutende regressive Ver¬
änderungen durch. Die Regeneration beginnt in der Mus-
cularis mucosae zunächst gelegenen Schläuchen nach innen
fortschreitend. Der größte Teil des Drüsen- und Uterus¬
epithels degeneriert durch Amylose, Verfettung und Kary-
ol.vse, während der Rest sich durch mitotische Teilung ver¬
mehrt und als neues Epithel die Drüsenräume, sowie die
Iterus-Tnnenfliichc auskleidet. Diese neuen Tubuli sind
kleiner, verlaufen mehr in gestreckter Richtung und ihr
Epithel ist bedeutend niedriger. Die Regeneration der
Drüsenschläuche, welcher Vorgang mehr oder weniger die
253
Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Form und Richtung
bedeutet, erreicht in der vierten bis fünften Woche post
partum ihr Ende.
TV. Makroskopische Erscheinungen an
einemUterus bovis post partum: Uterus länger,
schwererund voluminöser, seine Wandungen rigider. Hörner
behalten dauernd eine geringere Konvexität, ihre Wandungen
sind stärker. An Querschnitten beobachtet man das ver¬
stärkte Stratum vasculare. Ligamenta lata stärker ausge¬
bildet. Innenfläche der Mukosa bis gegen die 3. Woche post
partum von einer grau-rötlichen Detritusmasse bedeckt;
später erhält die Mukosa-Innenfläche eine schmutzig-grau¬
rötliche 1 mm in die Tiefe reichende Verfärbung. Die inten¬
siver verfärbten Karunkeln erheben sich napfförmig über
die Mukosa-Innenfläche. Auftreten der oben beschriebenen
Narben. Die Involution wickelt sich bei robusten jüngeren
Tieren schneller ab als bei schwächeren älteren. Die Regene¬
ration ist in der Regel schon in der dritten und vierten
Woche, sicher nach Verlauf von sechs Wochen, vollendet,
wofür auch die Fälle sprechen, wo schon mit sechs Wochen
post partum eine neue Konzeption eingetreten ist.
R a b u s.
Rickmann: Beitrag zur spezifischen Behandlung
des Tetanus. (Berl. Tierärztl. Wochenschr., 1909, Nr. 44.)
Sehr wahrscheinlich wurden bisher für die Heilung
des Tetanus viel zu geringe Serumdosen in Anwendung ge¬
bracht. Neuerdings mitgeteilte Fälle zeigen, daß selbst hoch¬
gradiger allgemeiner Tetanus durch Injektion hoher Serum¬
dosen (100—200 ccm) geheilt werden kann. Dies wird auch
durch die Erfolge in der Humanmedizin (lumbale Injektion)
und durch einen vom Verf. beschriebenen Fall von Tetanus
partialis bewiesen. Sehr schöne Erfolge hat die Schutz¬
impfung gegen Tetanus aufzuweisen.
Eine Schutzdosis (4 ccm = 20 A.-E.) kostet bei direk¬
tem Bezug von den Höchster Farbwerken 2,50 Mk., beim
Bezug durch die Wirtschaftsgenossenschaft deutscher Tier¬
ärzte in Posen aber nur 1,85 Mk. Die Preise der Heildosis
(20 ccm = 100 A.-E.) stellen sich auf 10 bezw. 7 Mk.
L i n d u c r.
Tierzucht und Tierhaltung.
Die Pferde-Einfuhr nach Deutschland.
Veterinärrat Mieckley bringt in Nr. 1 , 1910, der
„Zeitschrift für Gestütkunde“ auf Grundlage der Handels-
254
Statistik eine Mitteilung über die Pferde-Einfuhr nach
Deutschland im Jahre 1908. Diese stellt sich nach dem Be¬
richte auf 119 000 Stück im Werte von fast 85 Millionen
Mark. —
Im weiteren teilt M. mit: An Arbeitspferden wurden
eingeführt 43 000 mit 18 Millionen Mark, au schweren
Pferden 48 500 mit 52 Millionen Mark. Der Durchschnitts¬
preis für das leichte Arbeitspferd stellte sich auf 440 Mark,
der des schweren auf 1070 Mark. Beteiligt sind an dieser
Lieferung:
Rußland.mit 30 225 Pferden,
(leichter Schlag)
Niederlande . . .
.... „ 9 024
Österreich-Ungarn
.... „ 2 523
Dänemark ....
. . . . „ 467
Belgien.
. . . . „ 343
Der Rest verteilt sich auf England und Frankreich.
Für die schweren Schläge steht an der Spitze:
Belgien mit fast 20 000 Pferden im Werte von 25 Mil¬
lionen Mark,
Dänemark.mit 16 309 Pferden,
Frankreich.„ 5 847 „
Österreich.„ 3 369 „
Rußland.,, 2 051 „
Niederlande.„ 664 „
England.. 125 „
Zuchthengste wurden 267 eingeführt im Durchschnitts¬
wert von 4 080 Mark, davon über die Hälfte aus Belgien.
An Kutsch-, Reit- und Rennpferden sind eingeführt
5 562 Stück mit 7*4 Millionen Mark, davon entfallen auf
Österreich-Ungarn. 2 946 Stück,
England. 1 227 „
16 888 Pferde im Werte bis zu 300 Mark, wovon sämt¬
liche bis auf 600 Stück von Rußland stammen, kamen zur
Einfuhr; Fohlen dagegen 4 480 Stück für 1% Millionen
Mark.
Bedecken der Zugtiere.
Zugtieren, welche länger im Freien stehen müssen,
werden meistens Schutzdecken übergebreitet. So lange diese
Decken trocken sind, ist diese Fürsorge nur zu empfehlen.
Werden die Decken aber naß oder nur halbfeucht, dann
wärmen sie nicht mehr, sondern entziehen noch Wärme und.
255
können Erkältungen mit ihren Folgen veranlassen. Es wäre
deshalb sehr zu empfehlen, daß die Fuhrwerksbesitzer sich
für je ein Pferd zwei Decken anschaffen, damit immer ge¬
wechselt und die nassen Decken wieder gut durchtrocknet
werden können, ehe sie wieder in Gebrauch genommen
werden. (Tierfreund.) A.
- /+?
Verschiedenes. jg ^ c
Unterstützungsverein für die Hinterbliebenen bayerisch«!
Tierärzte (V. a. G.) in München.
Die gemäß § 35 Absatz 3 der Vereinssatzungen a
lieh vorzunehmende Revision des Kassen- und Rechnungs¬
wesens, sowie des Vermögensstandes obengenannten Vereins
erfolgte am 22. März 1. Jrs. durch den Vorsitzenden des
Aufsichtsrates Stabsveterinär a. D. Büchner im Beisein
des Vereinsdirektors Bezirkstierarzt Dr. Nopitsch und
des Kassiers Stabsveterinär Dr. S i g 1.
Nach Öffnung des unter dreifachem Verschlüsse stehen¬
den Wertbehälters wurden die vorhandenen Wertpapiere
einzeln vorgezählt und als Bestand 445 Stücke an bayer.
Staatsobligationen, Pfandbriefen der Bayer. Hypotheken-
und Wechselbank und der Süddeutschen Bodenkreditbank
im Gesamtnennwerte zu 915 700 Mark konstatiert. Die
Wertpapiere sind als Eigentum des Vereins umgeschrieben
und entsprechen in ihrer Qualität den Vorschriften des § 9
der Vereinssatzungen, auch waren die dazu gehörigen Zins-
Coupons und Talons vollzählig vorhanden.
In dem Kassenschrank des Vereins, der im Kassen¬
lokale der Tierärztlichen Hochschule aufgestellt ist, fand
sich ein Barbestand von 1 849 Mark 99 Pfennig.
Demnach betrug das Gesamtvermögen des Vereins
917 549 Mark 99 Pfennig.
Zur Feststellung dieses Vermögensstandes nahm der
Vorsitzende des Aufsichtsrates die Revision der vorgelegten
Rechnung und der Kassenbücher für 1909, sowie der bis
zum heutigen Tage geführten Kassenbücher für 1910 vor
und überzeugte sich, daß die Vorgefundenen Bestände an
Wertpapieren und an Bargeld mit den Ausweisen der Rech¬
nung für 1909 und der Kassenbücher für 1910 vollständig
übereinstimmen. Der verfügbare Aktivrest wird nunmehr
mit den fälligen Kapitalzinsen verzinslich angelegt.
Die Rechnung für das Jahr 1909, die der nächsten
Generalversammlung zur Einsichtnahme und Erinnerungs¬
abgabe und hierauf der K. Regierung von Oberbayern zur
256
Revision vorgelegt werden wird, liegt in der Wohnung des
Vereinsdirektors, Giselastraße 13, zur Einsichtnahme auf.
Die Vorjahrsrechnung hat die Revision ohne Beanstandung
passiert.
Die Herren Vereinsmitglieder wollen
ihre Beiträge nur unter folgender Adresse
einsenden: „An die Kasse des tierärztlichen
Unterstützungs-Vereins für die Hinter¬
bliebenen bayerischer Tierärzte, München,
Veterinärstraße 6.“
Büchner, Stabsveterinär a. D.
Dr. Nopit sch, K. Bezirkstierarzt. Dr. Sigl, Stabsveterinär.
V eterinäroff izierskorps.
Seine Königliche Hoheit Prinz Luitpold haben
verfügt, daß das Veterinärpersonal der Armee vom 1. April
1910 ab nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen in ein
Veterinäroffizierskorps umgewandelt wird:
1 .
2 .
3 .
Die Dienstgradeinteilung des Veterinär-Offizierskorps ist folgende:
Korpsstabsveterinäre — Majorsrang, Gebührnisse wie für Ober¬
stabsärzte, 1 Ration —.
Ist der technische Vorstand der Militär-Lehrschmiede ein
Korpsstabsveterinär, dem der Oberstleutnantsrang verliehen
ist, so empfängt er eine pensionsfähige Stellenzulage von 1150.H
Oberstabsveterinäre — Rang der charakterisierten 1 Gebührnisse
Majore —, I wie für Stabs-
Stabsveterinäre — Rang der Hauptleute (Ritt- I ärzte,
meister) —, f 1 Ration,
Oberveterinäre — Rang der Oberleutnants —,
Veterinäre — Rang der Leutnants —,
Sämtliche Veterinäroffiziere haben Anspruc
Stellung eines Burschen.
Gebührnisse
( wie für Ober-
’ und Assistenz¬
ärzte.
i auf die Ge-
Sämtliclie Veterinärbeamte des aktiven Dienststandes werden
hiemit zu Veterinäroffizieren des entsprechenden Dienstgrades
ernannt.
Diejenigen Veterinäroffiziere, denen schon als Beamte der
Titel „Oberstabsveterinär“ mit dem Range der V. Klasse der
höheren Beamten der Militärverwaltung verliehen worden ist,
führen diesen Titel weiter und erhalten den Rang der charak¬
terisierten Majore.
Die für Offiziere geltenden Gesetze, Verordnungen und Be¬
stimmungen finden, soweit nicht anders verfügt wird, auf die
Yeterinäroffiziere Anwendung.
Betreffs der dienstlichen Unterstellung der Veterinäroffiziere
und deren dienstlichen Tätigkeit gelten bis zur Herausgabe einer
neuen Militär-Veterinärordnung sinngemäß die bisherigen Be¬
stimmungen für die Militärveterinärbeamten.
257
4. Zur Verehelichung bedürfen die Veterinäroffiziere der Aller¬
höchsten Genehmigung. Für das hiebei nachzuweisende außer¬
dienstliche Einkommen gelten die Bestimmungen wie für Sanitäts¬
offiziere.
5. Veterinäroffiziere und Unterveterinäre tragen die in der Anlage
beschriebene Uniform.
6. Wegen der Ernennung von geeigneten und bereiten Veterinär¬
beamten des Beurlaubtenstandes zu Veterinäroffizieren des ent¬
sprechenden Dienstgrades und der Beförderung von geeigneten
Unterveterinären des Beurlaubtenstandes zu Veterinären bleibt
Verfügung Vorbehalten.
7. Eine Ernennung von Unterveterinären zu Veterinärbeamten und
ein Autrücken von Veterinärbeamten in höhere Dienstgradstellen
findet auch im Beurlaubtenstande nicht mehr statt.
8. Die zur Überführung in das Veterinär-Offizierskorps des Be¬
urlaubtenstandes geeigneten und bereiten Veterinärbeamten
unterliegen der Wahl zum Veterinäroffizier nicht. Künftig ist die
Wahl zum Veterinäroffizier jedoch Vorbed ingung der Beförderung.
Nähere Bestimmungen enthält die neue Militär-Veterinärordnung.
9. Die Etatsstellen für 76 Veterinärbeamte bei den Truppen und
Anstalten fallen fort.
10. Der Etat erhöht sich um
4 Korpsstabsveterinäre (3 bei den Generalkommandos und 1
bei der Militär-Lehrschmiede),
40 Oberstabs- oder Stabsveterinäre (18 bei der Kavallerie, 1*) bei
der Militär-Reitschule, 12 bei der Feldartillerie, 3 beim Train,
1 bei der Militär-Lehrschmiede und 5 bei den Remorite-Depots) 3
40 Oberveterinäre oder Veterinäre (18 bei der Kavallerie, 1 bei
der Militär-Reitschule, 13 bei der Feldartillerie, 2 bei der
Fußartillerie, 3 beim Train, 1 bei der Militär-Lehrschmiede
und 2 bei den Remonte-Depots).
Für die Verteilung der Veterinäre sind nicht die einzelnen
Etatszahlen maßgebend; die Überweisung der Veterinäroffiziere
an die verschiedenen Dienststellen erfolgt vielmehr innerhalb
der etatmäßigen Gesamtzahl nach dem jeweiligen Bedarf.
11. Für Veterinäroffiziere und Unterveterinäre des Friedensstandes
und des Beurlaubtenstandes wird ein eigener Unterstützungsfonds
gebildet. Nähere Bestimmung bleibt Vorbehalten.
12. An Stipendien werden jährlich für drei Stabsveterinäre je 250dt
gewährt.
13. Unterveterinären, die vom 1. April 1910 ab in den aktiven Dienst
übertreten, kann für jedes Jahr ihrer Studienzeit (bis zu 4 Jahren)
der Betrag von 360dt als Studienkostenentschädigung genehmigt
werden, wenn sie sich verflichten, 4 Jahre im aktiven Stande
zu dienen. Nähere Bestimmungen enthält die neue Militär¬
veterinärordnung.
Diese Allerhöchste Verfügung wird mit nachstehenden Vollzugs-
bestimmungen bekanntgegeben.
Vollzugsbestimmungen.
a) Die neue Militärveterinärordnung wird voraussichtlich im Mai
1910 zur Ausgabe gelangen.
b) Proben des Abzeichens für die Epauletten und Achselstücke
werden vom Kriegsministerium ausgegeben.
*) Kann bei entsprechendem IHemdaltcr zum Korpsstabsveterinilr befördert
werden.
258
c) Das Besoldungsdienstalter der Veterinäroffizierc wird vom Kriegs¬
ministerium festgesetzt.
Sämtliche Veterinäroffiziere vom Stabsveterinär aufwärts sind
rations- und pferdegeldberechtigt. Die regimentierten Veterinär¬
offiziere beziehen den Rationssatz ihres Truppenteils; die übrigen
erhalten Rationen nach Satz IV.
d) Den in das Veterinär-Offizierskorps übergeführten Oberveterinären
wird der Mehrbetrag des bisher bezogenen höheren Beamten¬
gehalts und des Wohnungsgeldzuschusses nach Tarifklasse V bis
zum Aufrücken in ein höheres Diensteinkommen über den Etat
gewährt.
e) Für die Einweisung der Veterinäroffiziere vom Oberstabsveterinär
abwärts in die Besoldungsklassen wird vorbehaltlich einer ander¬
weitigen Regelung zunächst bestimmt:
1. Die Oberstabs-und Stabsveterinäre beziehen als Veterinär¬
offiziere den bis 31. März 1910 als Beamte zuständigen
Gehaltssatz von 5100 — 4600—4000— 3400 .M vorläufig un¬
verändert weiter; die vom April 1910 ab beförderten Stabs¬
veterinäre beziehen das Mindestgehalt von 3400 ^t.
2. Die Oberveterinäre — ausschließlich der vom April 1910
ab hiezu Beförderten — beziehen bis auf weiteres ein etats¬
mäßiges Dienstgradsgehalt von 2400 M und den etwaigen
Mehrbetrag des bisher bezogenenen Beamtengehalts über
den Etat.
3. Die vom April 1910 ab beförderten Veterinäre und Ober-
veterinäre beziehen bis auf weiteres sämtlich das Mindest¬
gehalt von 1700 M.
f) Mit Wahrnehmung offener Veterinäroffizierstellen beauftragte
Unterveterinäre beziehen aus dem ersparten Gehalt als Selbst¬
mieter 1700 .M», als Kasernenquartierinhaber 1535 M Gehalt jährlich.
Im übrigen erhalten Unterveterinäre in offenen Oberveterinär¬
oder Veterinärstellon aus diesen eine Löhnung von 745 M 20
neben dom Servis A 4a des Tarifs, freier Verpflegung und
Kleidergeld von 126 M jährlich.
g) Stellenzulagen für Mitwahrnehmung der Stellen fehlender usw.
Veterinäroffiziere sind beim Kriogsministerium zu beantragen.
h) Die zu den Fortbildungskursen kommandierten Veterinäroffiziere
beziehen die vorschriftsmäßigen Reisekosten und Tagegelder.
Sämtliche Kosten für diese Kurse — einschließlich für Hin- und
Rückreise der Teilnehmer — werden beim Kapitel 21 verrechnet.
i) Die Reisegebührnisse, Umzugskosten und Mietsentschädigungen
aus Anlaß der Versetzungen, die im ursächlichen Zusammen¬
hänge mit der Bildung des Veterinär-Offizierskorps verfügt
werden, sind beim Kriegsministerium zum 1 März 1911 anzu¬
fordern. Die in Betracht kommenden Versetzungen werden
vom Kriegsministerium als solche besonders bezeichnet werden.
Anlage,
Uniform der Veterinäroffiziere*) and Unterveterinäre.
1. Für Veterinäroffiziere wird die Uniform der bisherigen Veterinär¬
beamten mit folgenden x^nderungen beibehalten:
*) Auf clio YelerinürolViziere linden die AuzuK.sl>estimmungen für Sanitäts-
oili ziere (vgl. O. 15kl. V.) Anwendung.
259
Waffenrock: Kragen und Ärmelaufschläge mit Litzen-
Stickerei wie für Sanitätsoffiziere; Epauletthalter mit hell¬
blauen Seidenfäden durchzogen und mit karmoisinrotem Tuch
gefüttert; Knöpfe vergoldet.
Überrock: Knöpfe vergoldet.
Mantel: Kragen nach innen von dunkelblauem Tuch; Knöpfe
vergoldet.
Epauletten: Glatte vergoldete Halbmonde mit Feldern und
Unterfutter von karmoisinrotem Tuch; als Abzeichen eine
Sachlange aus vergoldetem Metall; als Dienstgradabzeichen
Sterne; Schiebertresse mit hellblauen Seidenfaden durchzogen.
Veterinäroffiziere mit Stabsoffiziersrang silberne Fransen.
Achselstücke: Für Veterinäroffiziere mit Stabsoffiziersrang
wie für Sanitätsoffiziere mit Stabsoffiziersrang; für die übrigen
Veterinäroffiziere wie für Hauptleute (Rittmeister) und
Leutnants, Unterfutter aus karmoisinrotem Tuch; Abzeichen
wie bei den Epauletten.
Helm: Wappen usw. vergoldet; gewölbte Schuppenketten.
Portepee: Silber mit hellblauer Seide.
Säbelkoppel: Mit silbernem Tressenbesatz, hellblauseidenem
Längsstreifen in der Mitte und versilberten Metallteilen.
2. Für Unterveterinäre bleibt die Uniform bis auf folgende Ab¬
weichungen unverändert:
Waffenrockund Überrock: Schulterklappen aus karmoisin¬
rotem Tuch; auf den Schulterklappen Abzeichen wie für
Veterinäroffiziere und Einfassungstresse mit hellblauen Seiden¬
fäden durchzogen; Knöpfe vergoldet.
Mantel: wie für Veterinäroffiziere; Schulterklappen mit Ab¬
zeichen wie am Waffenrock; Knöpfe vergoldet.
Helm: wie für berittene Truppen mit gelben Beschlag und
Offizierskokarden.
Säbelkoppel: wie für Veterinäroffiziere.
Ein Tischgeld von 72 A jährlich wird gewährt für die
unverheirateten Oberärzte und Assistenzärzte und für die
unverheirateten Oberveterinäre und Veterinäre mit Wirkung
vom l. April 1910 ab.
Verlegung der württembergischen Tierärztlichen Hochschule
nach Tübingen.
Die Denkschrift der württembergischen Regierung,
betreffend die Verlegung der Tierärztlichen Hochschule von
Stuttgart nach'Tübingen, wurde jüngst in der Finanz-Kom¬
mission des württembergischen Landtags beraten. Die
Kommission kam aber zu keinem endgiltigen Beschluß,
sondern es wurde die Regierung um weitere Erhebungen
in dieser Sache ersucht. Diese dürfte daher in nächster /y
noch nicht zum Austrage kommen.
Schütz-Feier.
Die Festlichkeiten anläßlich des 50j ährige.. Be¬
ruf sj u b i lä u m s des Herrn Geheimrat Professor Dr. S c h ü t z ,
finden am 29. und 30. April in Berlin mit folgendem Pro¬
gramm statt:
260
Freitag , den 29. April Mittage 12 Uhr Festakt in der Aula der
Tierärztlichen Hochschule. Hierzu ergehen später Ein¬
ladungen seitens Sr. Magnifizenz, des Herrn Rektors.
Nachmittags 6 Uhr Festmahl (Preis des trockenen Gedeckes ,
einschliesslich der Unkosten Mk 10.—). Anmeldungen hier
zu werden bis spätestens 15. April an den Unterzeich¬
neten erbeten.
Sonn bend, den 30. April Abends 8 Uhr Studentischer Festkommers
im Zoologischen Garten.
Die näheren Mitteilungen erfolgen später.
ln Aufträge des Fest-Komitees:
Professor Dr. Caspar,
Breslau X, Matthiasplatz 17.
Der Ausschuß der Studierenden an der
Königlichen Tierärztlichen Hochschule
und der Ausschuß der Studierenden an der
Königlichen Militär-Veterinär-Akademie
geben sich die Ehre, die Herren Kollegen, Verehrer und ehemaligen
Schüler des Herrn Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Schütz zu ihrem an¬
läßlich der
Feier des 50 Jährigen Bernfsjnbiläums
des Herrn Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Schütz
am Sonnabend, den 30. April d. J. Abends 8 Uhr c. t. im Restaurant
..Zoologischer Garten“ (Zugang bis 11 Uhr Kurfürstendannn,
Zufahrt Lichtenstein-Allee) stattfindenden
geziemend einzuladen.
Berlin NW. 6, Luisenstr. 56, im April 1910.
Der Ausschuß der Studierenden
an der
Kgl, Tierärztlichen Hochschule
I. A.:
Arthur Müller, Ferieuprisids.
Der Ausschuß der Studierenden
an der
Kgl. Militär-Veterittär-Akademie
I. A.:
Rodolt Nuieu, Prätide.
Personalien.
Auszeichnung: Dem Korpsstabsveterinär v. Wolf in
München wurde der Rang als Oberstleutnant verliehen.
lieförderungen: Zum Korpsstabsveterinär der Oberstabs¬
veterinär Wirsing an der Militärreitschuh 4 ; zum Oberstabsveterinär
der »Stabsveterinär Dr. Vogt des 2. Schweren Reiter-Regt ; zu
Stabsveterinären die Oberveterinäre Dr. Backmund im 2. Train-
Bataillon, Br on old vom 6. Chev.-Regt. im 3. Train-Bat., Costa
im 2. Schweren Reiter-Regt., Dorn im 4. Chev.-Regt., Göbel im
1. Chev.-Regt, Jäger im 1. Train-Bat., Lang vom 2. Feld-Art-Regt,
am Remontedepot Fürstenfeldbruck, Dr. Maier, Assistent an der
Militär Lehrschmiede, Dr. Meyer im 1. Schweren Reiter-Regt.,
Meyer vom 2. Uhuien-Regt. zum 5. Chev.-Rcg und Dr. Lippe!
261
im 3. Feld-Art.-Regt. Zu Unterveterinären des Friedensstandes die
Unterveterinäre d. R. Gebhardt im 4., Gau der im 9., Hock
im 11., Lang im 5. Feld-Art-Reg., Lanzl im 2., Mulzer im
I. Schweren Reiter-Regt., Schleich im 6. und Zeh et er im
7. Chev.-Regt.
Wohnsitzveränderungen: Versetzt wurden die Ober¬
veterinäre Dick vom 3. Chev.-Regt. zum Remontedepot Benedikt¬
beuren, Dörfler vom 9. Feld-Art.-Regt. zum 2. Train-Bat., Lindner
vom 7. Chev.-Regt. zum Remontedepot Fürstenfeldbruck, Reisender
vom 1. Schweren-Reiter-Regt. zum 1. Train-Bat., Schmid vom
II. Feld-Art.-Reg. zum 2. Fuß-Art.-Reg., Dr. Stark vom 4. Feld-
Art.-Regt. zur Militärreitschule, Wildhagen vom 5. Feld-Art.-Regt.
zum 3. Chev.-Regt.
Ernennung: Seiderer Georg städt. Bezirktstierarzt in
Rosenheim zum Schlachthofdirektor dortselbst.
Niederlassungen: Atzinger Anton aus Landau a. I. in
Hermsdorf (Schics.), HammerSchmidt Willi, aus Regensburg in
Königshofen (Ufr)., Dr. Schwäbel Frz. aus Dillingen in Ermers-
hausen (B. A. Hofheim).
Approbationen: In Dresden die Herren H e m m a n n
Georg aus Schönau und Lang Viktor aus Falkenstein; in Stutt¬
gart Herr Theurer aus Berni.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Bern: die Tierärzte
Knolle Heinrich in Löhne, Marsch all Otto in Dresden, Neu¬
mann Max in Wartenburg, Preller Alfred in Frankfurt a. M.
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liül (tlZil; stenz oder Vertretung, Gefl. Offerten
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Inhalt : Original-Artikel: Prof. Albrecht: Einige Beob¬
achtungen in der Geburtshilfe bei Pferden. (Schluß.) — Bauer:
Abszeß an der Bauchwand infolge Fremdkörpers. — Bayer:
Nesselfieber. Erkrankungen infolge des Genusses von verdorbenem
Futter. Gebärparese. — Pantzer: Behandlung des Ekzems. — Re¬
ferate: Guhrauer: Benzinvergiftung bei einem Hunde. Blaha:
Ansteckender Scheidenkatarrh der Rinder und Trachomkörper¬
chen bezw. Prowazek’sche Körpör bei demselben. Holterbach:
Aus der Praxis. Deyke: Zur Biochemie der Tuberkelbazillen. —
Tierzucht und Tierhaltung: Jahresbericht des Zucht¬
verbandes für gelbes Frankenvieh, Abteilung Unterfranken, pro
1909. Bestrahlung der Milch mit ultraviolettem Licht. — Ver¬
schiedenes: Geheimrat Professor Dr. Schütz. Habilitations-
Ordnung für die Kgl. Tierärztliche Hochschule München. Tagung
des Veterinärbeirates in Österreich. Schutzimpfung gegen die
Hämoglobinurie der Rinder. — Bücherschau. — Druck¬
fehlerberichtigung. — Personalien.
Einige Beobachtungen in der Geburtshilfe bei
Pferden.
Von Prof. Albrecht, München.
(Schluß.)
Was mich besonders veranlaßt bei der nach meiner
Ansicht bei der hundesitzigen Lage der Fohlen unter den
angegebenen Voraussetzungen sehr praktikablen und em¬
pfehlenswerten Methode länger zu verweilen, ist der Um¬
stand, daß ich in meiner geburtshilflichen Praxis zwei Fälle
von Querlagen beobachtete, bei welchen nach Herstellung
der Beckenendlage bei der darauffolgenden Extraktion der
Föten die in die Beckenhöhle eingetretenen Vorderbeine ein
Geburtshindernis darstellten, zu dessen Beseitigung im Prin-
zipe ebenso verfahren wurde, wie von O b i c h und 1 > o n -
narieix bei der hundesitzigen Lage der Fohlen.
266
Ich gebe nachstehend eine kurze Beschreibung dieser*
gewiß selten auftretenden Geburtsschwierigkeiten.
F a 11 I. Es handelte sich um eine Querlage des Foh¬
lens mit hinterer Stellung (Rückenquerlage) bei einer acht¬
jährigen Pinzgauer Stute, III. Para. Die Frucht war schon
stundenlang tot, das Fruchtwasser abgeflossen. Bekanntlich
ist bei Querlagen angezeigt, zur Hilfeleistung, wenn je mög¬
lich, zunächst eine Beckenendlage und nicht eine Kopf¬
endlage aus dem Grunde zu erzeugen, um sich mit der oft
äußerst mühevollen Berichtigung der unregelmäßigen Hal¬
tung des Halses und Kopfes des Fohlens, welche nach Um¬
wandlung der Querlagen in die Kopfendlage öfters vor¬
handen sind, nicht befassen zu müssen.
Nach Raumschaffung im Tragsacke durch Infusion
großer Mengen Wassers, die übrigens wegen starken Drän¬
gens der Stute nur unvollkommen erzielt werden konnte,
vermochte man nach Fesselung, Hochlagerung des Hinter¬
teiles des Tieres — die Stute war nämlich nur auf Augen¬
blicke stehend zu erhalten — die oben gelagerte Gliedmaße
am Sprunggelenke beizuziehen und zu strecken; das gleiche
gelang mit dem untern Hinterfuße, aber erst, nachdem die
Stute auf die andere Seite gelegt und damit dieser Fuß
besser zugänglich gemacht worden war.
Die Umlagerung der Stute auf die entgegengesetzte
Seite erwies sich als äußerst zweckmäßig, ohne deren Aus¬
führung wäre es mir nicht gelungen, den unten gelagerten
Hinterfuß zu strecken und in das Becken einzuführen. Die
Streckung der Gelenke geschah nach vorhergegangener
stärkster Beugung derselben, wie bei der Korrektur der vor¬
getretenen Sprunggelenkshaltung. Nachdem nun die Her¬
stellung der Beckenendlage geglückt war, wurden die Hinter¬
gliedmaßen in Schlingen genommen und an diesen ange¬
zogen. Die bei Beginn des Zuges noch vorhanden gewesene
Seitenstellung war zum Teil schon während der Haltungs¬
berichtigung der Hinterbeine beseitigt; sie verschwand voll¬
ständig ohne weitere Maßnahmen im Momente des Eintrittes
des fötalen Beckens in das mütterliche (Akkommodation).
Nachdem die Hintergliedmaßen und der kaudale Teil des
Beckens der Frucht bereits ausgetreten waren, stockte die
Geburt plötzlich und bei der Suche nach der Ursache der
Sistierung des Geburtsvorganges zeigte sich, daß die beiden
Vorderbeine in das mütterliche Becken eingetreten und am
Knie- und wahrscheinlich auch am Buggelenk gestaut
waren. Bei dem starken Drängen der Stute konnte ich
267
dieses durch die manuelle Untersuchung nicht mit Sicher¬
heit feststellen.
Es wurde nun selbstverständlich der Versuch gemacht,
die Vorderbeine zurückzuschieben, hiebei jedoch konstatiert,
daß dieses Verfahren, auch wenn es zum Ziele führte, bei den
hochgradigen Wehen der Stute große Schwierigkeiten be¬
reiten würde. Auf der andern Seite glaubte ich annehmen
zu dürfen, daß das Becken der Stute genügend Raum zum
Durchgänge der, wenn auch relativ großen Frucht bei unter¬
geschlagenen Vorderbeinen biete, sobald die unter dem
Leibe befindlichen Vorderfüße in den Gelenken dem Rumpfe
gestreckt anliegen. Ich ließ daher an den Fesseln der
Gliedmaßen Stränge anlegen und den einen Vorderfuß so
weit als möglich in das Becken ziehen; nachdem dieses be¬
werkstelligt war, wurde mit der anderen Gliedmaße ebenso
verfahren. Nunmehr ließ ich, nachdem die Innenfläche der
Beckenhöhle durch Infusion von öl schlüpfrig gemacht
worden, an jedem der vorliegenden Hinterfüße und jedem
der unter dem Leibe befindlichen Vorderfüße je eine Person
langsam anziehen, zuerst abwechselnd in schiefer Richtung
(schiefer Zug) und als der Fötus dem Zuge folgte, stetig
in der Richtung der Beckenachse, wodurch es unschwer ge¬
lang, das Fohlen ohne Schaden für die Stute zu entwickeln.
Fall II: Er betraf eine siebenjährige Normänner-
Stute, II. Para, die nicht gebären konnte.
Die ersten Unruheerscheinungen, die Symptome der
Eröffnungswehen, waren nach Angabe des Besitzers abends
8 Uhr, Abfluß einer kleinen Menge Fruchtwassers ohne aus¬
gesprochenes Drängen um 11 Uhr nachts erfolgt; außer
wiederholtem Niederlegen und Wiederauf stehen, wobei im
Liegen jeweils größere Mengen Fruchtwassers abgingen,
zeigte die Stute bis morgens 3 Uhr des nächsten Tages nichts
auffälliges; erst jetzt fing sie an, erfolglos zu drängen.
Morgens 6 Uhr wurde ich gerufen; eingetretener Hinder¬
nisse wegen konnte die Geburtshilfe aber erst um 11 Uhr
mittags stattfinden.
Die Untersuchung ergab Querlage einer toten Frucht
in vorderer Stellung (Bauchquerlage); die Beine waren in
das Becken nicht eingetreten.
Nach Infusion von warmem Wasser zum Ersätze des
fast gänzlich abgegangenen Fruchtwassers war es nicht be¬
sonders schwer, jedenfalls viel w r eniger schwierig als im
ersten Falle, und zwar ohne daß die Vorhand zurückge¬
schoben worden, die beiden Hintergliedmaßen des Fohlens
268
im liegenden Zustande der Stute in das mütterliche Becken
zu bekommen.
Wie im vorigen Falle kamen beide in Schlingen und
darauf erfolgte Zug. Nachdem die Schenkel des Fohlens
fast ausgetreten waren, stockte die Geburt und bei der
Untersuchung zur Eruierung der Ursache, welche zunächst
in zu bedeutender Querausdrehung der Darrabeinpartie ver¬
mutet wurde, fand sich, daß die beiden Vorderfüße unter
dem Leibe des Fötus gelagert waren. Versuche, dieselben
zurückzuschieben, waren wie im ersten Falle fruchtlos, zu¬
mal.die Stute unter starkem Stöhnen heftig drängte. Er¬
wähnt sei übrigens, daß der Versuch, die Vorderbeine zurück¬
zuschieben, keineswegs mit großer Energie und Nachhaltig¬
keit zur Ausführung kam, da ich der Ansicht war, in der
gleichen Weise wie im ersten Falle zum Ziele zu gelangen.
Wie damals legte man Stränge an die Fessel der Beine, ließ
zuerst an dem einen und hierauf am andern Fuß anziehen
und als die Vordergliedmaßen gestreckt unter der Frucht
lagen, geschah die Vollendung der Geburt nach vorherge¬
gangener Sch lüpf rigmachung der Beckenhöhlen wände, durch
zuerst schiefen und hierauf geraden Zug an den vier Glied¬
maßen. In diesem Falle war ein Kraftaufwand von 6 Per¬
sonen erforderlich; aber auch diese Geburt brachte der Stute
keine Nachteile. —
Es wäre nun die Frage zu beantworten, wie gelangten
die Vorderfüße unter dem Leibe der Föten in das mütter¬
liche Becken? Ich habe keine befriedigende Erklärung da¬
für. Jedenfalls w-aren die Beine schon vor dem Eintritte
der Hinter- bezw. Mittelhand der Fohlen in das Stuten¬
becken gestreckt, an den Leib der Frucht mehr oder weniger
stramm angedrückt. Angenommen, es hätte in diesem Sta¬
dium der Geburt noch die intrauterine Beugehaltung der
Vorderfüße bestanden, so hätten bei den Wehen die Fu߬
enden am Pekten anstemmen müssen und wären oralwärts
des Muttertieres geführt worden.
Davon ausgehend, daß die Tragsackkontraktionen peri¬
staltische, von der Hornspitze kaudalwärts des Muttertieres
verlaufende sind, kann man vermuten, daß während hoch¬
gradiger Wehen die in den Knieen gebeugten Vorderbeine
an den Leib angedrückt werden und beim Vorhandensein
eines geräumigen mütterlichen Beckens in dieses eintreten.
Wahrscheinlich wird diese Haltung (»Schulterbeugehaltung)
noch durch Mangel an Fruchtwasser begünstigt. In den be¬
sprochenen Fällen war der größte Teil des Fruchtwassers
und das vor Beginn der Hilfeleistung in den Tragsack in-
269
fundierte Wasser infolge der hochgradigen Wehen abge¬
gangen. Nun ist wohl anzunehmen, daß die Schulterbeuge¬
haltung, nachdem sie im Tragsacke einmal hergestellt, nur
bei toten Fohlen bleibt, nicht aber bei lebenden. Ich halte
es für unwahrscheinlich, daß derlei Geburtsfälle bei leben¬
den Früchten, deren Beinhaltung im Uterus nicht stabil ist,
sondern sich aus innerem Antrieb (Reflexe) ändern kann
und ändert, Vorkommen.
Die mitgeteilten Beobachtungen sollen darauf auf¬
merksam machen, daß man nach der Überführung von Quer¬
lagen in Beckenendlagen vor Beginn des Zuges untersuchen
sollte, ob nicht auch die Vorderfüße oder ein Vorderfuß am
Eingang in das mütterliche Becken oder bereits in dem¬
selben sich befinden; wenn dieses der Fall, so wären die Beine
zurückzuschieben. Leider habe ich in beiden Fällen diese
Vorsicht nicht geübt. Wird der Eintritt der Vorderbeine
in das mütterliche Becken während des Zuges nach Stockung
des Geburtsvorganges der Frucht wahrgenommen, so ist zu¬
nächst der Versuch zu machen, die Beine zurückzuschieben.
Gelingt dieses nicht und darf man annehmen, daß die Frucht
bei erlaubtem Zuge das mütterliche Becken auch in der
Schulterbeugehaltung passieren kann, so ist der Fötus in
der von mir ausgeführteri Weise zu entwickeln. Sollte das
geschilderte Verhalten bei einer lebenden Frucht Vorkommen
— es dürfte dies aus den angeführten Gründen, wenn über¬
haupt, so doch ganz selten der Fall sein —, so müßte der
Versuch natürlich der als letztes Mittel zu erachtenden
Embryotomie unbedingt vorangehen.
Diese betreffend, würde es sich in erster Linie darum
handeln, von der leicht zugänglichen Bauchhöhle aus diese
und die Brusthöhle zu exenterieren und jetzt, nachdem der
Brustkorb nachgiebiger geworden, dürfte es leichter möglich
sein, die Vorderbeine zurückzuschieben oder den Fötus nach
dem von mir ausgeführten Verfahren zu entwickeln.
Würde die Exenteration nicht ausreichend sein, wäre
es aber nun möglich, das Fohlen so weit hinter die Scham
zu ziehen, daß die ausgezogene Partie in der Lendengegend
abgetrennt werden könnte, so sollte dies geschehen. Die
einfachste, weitere Maßnahme bestünde jetzt darin, den
Stumpf zurückzuschieben, die Kopfendlage herzustellen und
das Fohlen zu entwickeln. Man hätte aber bei dieser
Prozedur daran zu denken, daß dann die Berichtigung der
etwa, man darf sagen, wahrscheinlich vorhandenen unregel¬
mäßigen Haltung des Kopfes und Halses der Frucht große
Schwierigkeit machen könnte.
270
Ein weiteres Verfahren wäre das folgende: Man könnte
nach geschehener Abtrennung den Versuch machen, eine
Vordergliedmaße nach der von mir und Lind hörst 9 )
zur Verkleinerung des Brustgürtels bei in der Beckenend¬
lage befindlichen Kälbern geübte Methode mittels der
Kettensäge auszulösen. Ich verhehle mir allerdings nicht,
daß in solchen Fällen die Anbringung und Fixierung der
Säge bei Fohlen stark drängender, unruhiger Stuten un¬
gleich schwieriger sein möchte, als bei Kälbern. Man darf
auch für möglich halten, eine oder beide bei der Beckenlage
unter den Leib geschlagenen Vorderfüße nach geschehener
Halbierung der Frucht nach der Methode von Franck aus¬
zulösen; daß dieses Verfahren am Phantom unschwer aus¬
führbar ist, davon habe ich mich bei den Übungen mit
Studierenden häufig überzeugt.
Wäre die Auslösung von Vorderbeinen nicht durch¬
führbar, so könnte allenfalls die von Wdiesen 10 ) zur Ver¬
kleinerung des Brustgürtels praktizierte Methode zum Ziele
führen. Man bahnt sich mittels des Spatels entlang der
Seitenwand des Brustkorbes submuskular einen Weg zur
ersten Rippe, bringt durch denselben den langen scharfen
Haken vor die erste Rippe, wendet hierauf die Schneide des
Hakens nach der Rippe und durchreißt mittels Zug an der
Handhabe des Hakens diese und die folgenden Rippen.
Im Bedarfsfälle verfährt man auch an der anderen Seite
des Brustkorbes in dieser Weise; damit würde der Brust¬
korb in hohem Grade zusammendrückbar und ich glaube
nicht, daß jetzt noch ein bedeutenderes Hindernis bestünde,
die Beine zurückzuschieben oder das Fohlen durch Zug an
den Vorder- und Hinterbeinen auszuziehen.
Die vorstehenden embryotomischen Erörterungen sind
rein theoretische Erwägungen; ich hatte weder das eine
noch das andere der besprochenen Verfahren bei Becken¬
endlagen der Fohlen mit zu umfangreichem Brustgürtel
in Anwendung zu bringen. Sie dürften aber vielleicht ge¬
gebenen Falles in Betracht kommen.
Abszeß an der Banchwand infolge Fremdkörpers.
Yon Distriktstierarzt Bauer, Dettelbaeh.
Eine Kuh, die vor einiger Zeit an Indigestion erkrankt
war, zeigte eine täglich an Umfang zunehmende, feste,
schmerzhafte Geschwulst an der linken unteren Bauch-
a ) L i n d h o r s t: Dissertation 1906, S. 62.
10 ) Monatshefte für prakt. Tierheilkunde 1902, S. 419.
271
wand. Nach 8 Tagen wurde die Schwellung geöffnet und
aus der Abszeßhöhle eine Stecknadel entfernt. Die vorher¬
gegangene Indigestion war demnach durch diesen Fremd¬
körper verursacht worden. Das Tier genas vollständig.
(Jahresber. bayer. Tierärzte.)
Nesselfieber.
Yon Distriktstierarzt Bayer, Abensberg.
In einer Ortschaft kamen 5 Fälle von Nesselfieber vor.
Die erkrankten Rinder versagten plötzlich das Futter und
schwollen am Kopf (besonders in der Nasen- und Augen¬
gegend) ganz unförmlich an, wobei sich die Schwellung
zuweilen über den ganzen Hals erstreckte. Dazu starkes
Tränen und Zittern über den ganzen Körper. Atmung be¬
schleunigt und erschwert, geschieht unter lautem, hörbarem
Röcheln und Rohren und verleiht der Erkrankung einen
geradezu beängstigenden Charakter. Der Kotabsatz war
verzögert, die Milchsekretion aufgehoben. Diese Erschei¬
nungen waren nach 6—8 Stunden, längstens nach 1 Tage,
ohne besondere Behandlung wieder verschwunden. (Ibidem.)
Erkrankungen infolge des Genusses von verdorbenem
Futter.
Von demselben.
In einem Stalle konnte ich 5 Fälle von Indigestion be¬
obachten, die nach Verfütterung vermutlich verschimmelter
oder in Gärung übergegangener Runkelrübenblätter ein¬
traten. Auffallend waren dabei der stürmische Verlauf und
die Krankheitssymptome: leichtes Speicheln, allgemeines
Muskelzittern, Röcheln und weit vernehmbares Stöhnen,
mäßige Auftreibung und vollständige Untätigkeit des Pan¬
sens, träge Kotentleerung. Nach Gabe von Ruminantien
und Entziehung des Futters trat meist schon nach 1 Tage
Heilung ein.
Bei 2 halbjährigen Jungrindern trat nach mehrtägiger
Verfütterung von Kleie folgendes ein: Speicheln und
Schäumen, leichter Trismus, geringgradige Lähmung der
Zunge, Stöhnen, Pansenlähmung, Schwanken in der Nach¬
hand und häufiges Liegen infolge allgemeiner Mattigkeit,
übelriechender, mäßiger Durchfall. Nach Entziehung der
sich verdorben erweisenden Kleie und Gaben von Tanno-
form und Salizylsäure trat nach 8 Tagen Genesung ein.
(Ibidem.)
272
"TP
Gebärparese.
Yon demselben.
Bei zwei sehr gut genährten Kühen, die bereits fiinf-
bezw. achtmal gekalbt hatten, zeigten sich die bekannten
Erscheinungen der Gebärparese noch 20 bezw. 36 Stunden
post partum. Sie verschwanden nach Behandlung des Euters
mit Jodkali-Infusionen in Verbindung mit Luftinfiltration
und Massage innerhalb 6 bezw. 10 Stunden wieder voll¬
ständig. (Ibidem.)
Behandlung des Ekzems.
Von Distriktstierarzt Pantzer, Kipfenberg.
Als ein vorzügliches Heilmittel gegen Ekzeme hat
sich in wiederholten Fällen 2%iges Py oktanin-Vasoliment-
Bengen bewährt. Speziell Pferdemauke konnte damit rasch
und gründlich zur Abheilung gebracht werden'. (Ibidem.)
Referate.
Guhrauer: Benzinvergiftung bei einem Hunde.
(Zeitschr. f. Veterinärkunde, 1909, XI.)
Ein Terrier wurde in der Absicht, ihn gründlich zu
reinigen, mit Benzin gewaschen mit der Folge, daß das Tier
alsbald bewußtlos umsank und bedrohliche Herzschwäche
zeigte. Es wurde zunächst schwarzer Kaffee mit Kognak
eingeflößt und eine Kampheröleinspritzuug gemacht, worauf
die schwere Bewußtlosigkeit nachließ und die Gliedmaßen
wieder bewegt wurden. Nachdem nach 2 Stunden noch ein¬
mal Kaffee mit Kognak gegeben worden war, versuchte
Patient bereits, aufzustehen. Am nächsten Tag erholte er
sich vollkommen.
B 1 a h a: Ansteckender Scheidenkatarrh der Rinder
und Trachomkörperchen bezw. Prowazek’sche Körper bei
demselben. (Berl. Tierärztl. Wochenschr., 1909, Nr. 48.)
Seit dem Jahre 1907 erschienen mehrere Veröffent¬
lichungen, nach denen bei Trachom, der egyptischen Augen¬
krankheit des Menschen, eigenartige Gebilde im Sekret und
Epithel der Konjunktiva gefunden wurden, deren Natur
noch ebenso unklar ist wie die der Negri’schen Körperchen
bei Wut oder die der Guarnari’schen Körperchen bei den
Blattern; wahrscheinlich handelt es sich um Protozoen. Eis
sind Zelleinschlüsse, die gehäuft im Protoplasma liegen,
etwa Yi Mikra groß sind und bei Giemsafärbung sich als
scharf umschriebene, rote Körnchen darstellen; die Zelle
273
antwortet auf ihre Gegenwart mit Hyperplasie von Plastin
und Nuklearsubstanz.
Im Hinblick darauf, daß Trachom und die Colpitis
granulosa infectiosa bovum mehrfache Ähnlichkeiten auf¬
weisen, nahm Bl. bei letzterer Krankheit Untersuchungen
über das Vorkommen der betreffenden Gebilde vor. Tat¬
sächlich fand er die charakteristischen Körperchen bald
zahlreicher, bald spärlicher, teils als Zelleinschlüsse, teils
auch frei in großen Massen in jedem der bisher untersuchten
Fälle. — Die Technik der Untersuchung ist in der Abhand¬
lung, die auch instruktive Abbildungen enthält, näher an¬
gegeben.
Holterbach: Aus der Praxis. (Berl. Tierärztl.
Wochenschrift, 1909, Nr. 44.)
1. A k u J; e Kornradevergiftung bei einem
Kalb. Ein 8 Wochen altes, vorzüglich entwickeltes Kalb
■ hatte Roggen erhalten, dem sehr viel Rade beigemengt war.
Es besteht große Körperschwäche, Polyurie, Rötung der
Schleimhäute und eigenartige Haltung des Kopfes; das Tier
liegt auf der Seitenbrustwand und läßt sich in jede andere
Lage bringen, ohne daß der Versuch gemacht wird, diese zu
ändern. Wird es aufgestellt, so trägt es den Kopf tief und
läßt ihn bei jeder Bewegung hin und her pendeln. Futter¬
aufnahme erfolgt in geringem Maß. — Die Behandlung be¬
stand zunächst in der Anwendung eines energischen Abführ¬
mittels (Arecolin) und in absoluter Ruhe. Am nächsten Tage
leichte Verschlimmerung. Nun wurden als Excitans 5 Dosen
Yohimvetol zu 0,01 in zweistündigen Pausen im Trank ver¬
abreicht. Der Erfolg war ein ganz überraschender. Nach¬
dem die erste Dosis um 10 Uhr vormittags gegeben war,
trat eine sichtliche Besserung ein. Um 1 Uhr stand das Kalb
von selbst auf und entleerte eine große Menge wasserhellen
Urins. Um 4 Uhr trug es den Kopf wieder hoch und am
Abend war jede Krankheitserscheinung geschwunden.
2. Wird altes Eserin unwirksam? Verf.
verwendete 5 Dosen Eserin, die 6 Jahre lang in zugeschmol¬
zenen braunen Glasröhrchen mannigfachen Licht- und Tem¬
peraturschwankungen ausgesetzt waren, bei 1 Rind und
5 Pferden. Das Präparat war schwach rosarot gefärbt. Die
Wirkung ließ nichts zu wünschen übrig.
3. Unguentum Caseini Beiersdorf. Unter
vorstehender Bezeichnung bringt die Chemische Fabrik
Beiersdorf-Hamburg eine Salbengrundlage in den Handel,
die den großen Vorzug besitzt, daß man durch Aufträgen in
274
ganz dünner Schicht einen sehr rasch trocknenden, firnis¬
artigen, elastischen Überzug erzielt, der mit warmem Wasser
sich wieder entfernen läßt. Das Präparat, eine Emulsion
von Vaselin mit einer Lösung von Natriumcaseinat in Gly¬
zerin und Wasser, läßt sich mit Ausnahme von Säuren und
sauren Salzen leicht mit allen Arzneimitteln mischen. Eine
Tube von 50 Gramm kostet 70 Pfennig. L i n d n e r.
Deyke: Zur Biochemie der Tuberkelbazillen. (Mün¬
chener Mediz. Wochenschr., Nr. 12, 1910.)
Der von Much geführte Nachweis einer granulären
Form des Tuberkelbazillus (entsprechend der Kokothrix-
form von Lutz und Unna, den S p 1 e n g e r’schen Split¬
tern) ist nicht so sehr von morphologischer Bedeutung, als
besonders deshalb von prinzipieller Wichtigkeit, weil wir
durch ihn einige Einsicht in die biochemischen Verhältnisse
der Tuberkelbazillen wie der M u c h’schen Granula ge¬
winnen. Die granuläre Form des Tuberkelbazillus stellt
wahrscheinlich phylogenetisch die Urform dar und ist seiner
Vitalität und Virulenz nach dem säurefesten Tuberkel¬
bazillus in nichts unterlegen. Es ist wahrscheinlich, daß
nicht nur aus der granulären Form der Tuberkelbazillus
entstehen kann, sondern umgekehrt der Tuberkelbazillus
unter den verschiedensten bakteriolytischen, dem tierischen
Organismus zur Verfügung stehenden Einflüssen auf die
primitive und resistente Wuchsform zurückgeht. Die gleiche
Widerstandsfähigkeit zeigen die von Much beschriebenen
Granula in färberischer und in chemischer Beziehung. Die
Tuberkelbazillen sind säurefest; sie verdanken diese Säure¬
festigkeit dem Gehalt an freien Fettsäuren. Die Mxich-
schen Granula sind nicht säurefest infolge vollständigen
Mangels an freien Fettsäuren. Beide Formen werden aber
durch Antiformin-Uhlenhut nicht aufgelöst; dies beruht
auf dem Gehalt von Neutralfett (Tuberkulonastin), mit
dem die M u c h’schen Granula gleichsam imprägniert sind
und dem Tuberkelbazillen, wie die M. Granula, die schwere
Färbbarkeit verdanken; außerdem ist das Neutralfett der
Hauptträger der außerordentlichen Resistenz der säure¬
festen Bakterien.
Erhöhtes Interesse gewinnen die Forschungen des
Verf. durch die Tatsache, daß es gelingt durch Injektion
von Tuberkelbazilleneiweiß und Neutralfett, sowie durch
Auflösungen von Tuberkelbazillen, die diese beiden Stoffe
in unveränderter Form enthalten, gegen Tuberkulose zu
immunisieren. Lichtenstern.
275
Tierzucht und Tierhaltung.
Jahresbericht des Zuchtverbandes für gelbes Prankenvieh,
Abteilung Unterfranken, pro 1909.
[Auszug aus dem Berichte.]
Der Verband umfaßte am Schlüsse des Jahres 37 Zucht¬
genossenschaften mit 1212 Mitgliedern, 82 Zuchtstier-Ge-
nossenschaften mit 5864 Mitgliedern, dazu 9 Einzelzüchter
und 2 Freunde der Tierzucht; sohin im ganzen 7087 Mit¬
glieder (gegen 5645 im Vorjahre). 14 Gemeinden sind dem
Verbände als Zuchtstiergenossenschaften beigetreten und
2 Zuchtstiergenossenschaften wurden in Zuchtgenossen¬
schaften umgewandelt. Am Jahresschlüsse waren in die
Zuchtregister 85 Bullen und 2010 Herdbuchkühe einge¬
tragen und 964 Geburten (davon 521 Bullen- und 424 Kuh¬
kälber) angemeldet. Zur besonderen Kennzeichnung der
jungen Tiere wird auf den Ohrmarken außer der Nummer
der Mutter auch Tag und Monat der Geburt aufgeprägt,
sehr zum Vorteil einer einwandfreien Beurteilung der Ent¬
wicklung der Tiere und eines reellen Handels, jedoch un¬
gern von den Händlern gesehen, denen dadurch die so oft
beliebte Verjüngung eines Tieres sehr erschwert ist. — Um
die Züchter anzueifern, zuchttaugliche Bullenkälber gut
aufzuziehen und sie zu veranlassen, das Vorkaufsrecht dann
dem Verbände zu gewähren, wurde 1909 die Einführung von
Aufzuchtprämien ä 50 Mark beschlossen.
Die Jungviehweide Pilsterhof war während 140 Tagen
mit 61 Kalbinnen beschickt. Die Gewichtszunahme betrug
durchschnittlich 111 Pfund, mehr als 1 Pfund pro Weide¬
tag nahmen 21 Tiere zu. Ganz besonders befriedigend war
aber die körperliche Entwicklung der Weidetiere, nament¬
lich in Brust- und Beckenbreite, Länge und Schienbein¬
stärke. Während beim Auftrieb nur 8 Tiere eine Brust¬
breite == 1 / 3 der Widerristhöhe, nur 7 eine Brusttiefe =
v, der Widerristhöhe und nur 2 eine Beckenbreite = 1 / ;1
der Widerristhöhe hatten, stieg die Zahl solcher Tiere beim
Abtrieb auf 19 bezw. 24 bezw. 51.
Der Verband beteiligte sich an allen größeren Kinder¬
ausstellungen des vergangenen Jahres mit durchwegs sehr
gutem Erfolge. Bei der Mastviehausstellung standen die
Frankenbullen mit 1929 Pfund Durchschnittsgewicht an der
Spitze aller anderen Schläge.
1908 und 1909 wurden von verschiedenen Züchtern
bei 89 Herdebuchkühen die Jahres-Milcherträge ermittelt;
dieselben schwankten zwischen 1343 und 4038 Litern und
betrugen im Durchschnitt 2488 Liter. Auch die im Berichts-
276
jahre angestellten Erhebungen über Gewichts- und Größen¬
verhältnisse der Verbands-Tiere haben sehr gute Resultate
gezeitigt und deutlich bewiesen, daß in der Zucht des gelben
Frankenviehes ein bedeutender Fortschritt seit der Grün¬
dung des Verbandes zu erkennen ist.
Dies ist um so anerkennenswerter, wenn man bedenkt,
daß der Verband in einem Zuchtgebiete sich befindet, in dem
fruchtbare Weiden fehlen, die Kuh das geplagte Arbeits¬
tier ist und die Kalbinnen bereits mit D/2 Jahren zur Zucht
verwendet werden. M.
Bestrahlung der Milch mit ultraviolettem Licht.
Über dieses Thema brachten wir in Nr. 21 des vorigen
Jahrganges der „Wochenschrift“ ein Referat, betreffend die
von Billon-Daguerre ausgeführte Bestrahlung der
Milch mit ultravioletten und violetten Strahlen behufs
Sterilisierung derselben. Nach einer Mitteilung der „Milch¬
zeitung“, Nr. 12, 1910, hat sich auch der Leiter des milch¬
hygienischen Institutes der Universität Leipzig, Privatdozent
Dr. Seiffert, seit längerer Zeit eingehend mit diesem
Gegenstände beschäftigt und seine Beobachtungen gelegent¬
lich eines Vortrages bei der Hauptversammlung des Deut¬
schen Milchwirtschaftlichen Vereins bekannt gegeben. —
S. stellte fest, daß die ultravioletten Strahlen die Eigenschaft
besitzen, die lebende Substanz von Tier- und Pflanzenzellen
im Wachstum zu hemmen und bei geeigneter Intensität zu
zerstören. Diese Wirkung tritt besonders gegenüber den
durch ihre Empfindlichkeit gegen das Licht ausgezeichneten
Bakterien, insbesondere den Tuberkelbazillen und Eiter¬
erregern, ein. Es wurde von ihm weiter festgestellt, daß die
Milch infolge der Bestrahlung keine physiologische oder
chemische Veränderung erleidet. Bis jetzt kamen 17 000
Liter Uviolmilch zur Ernährung von mehr als 300 Kindern
mit bestem Erfolge zur Anwendung. S. ist überzeugt, daß
das Uviolverfahren insbesondere auch für die Behandlung
der technisch zu Molkereiprodukten verarbeiteten und zur
.lungtiererniihrung benutzten Magermilch brauchbar sein
wird. Da das neue Viehseuchengesetz die Erhitzung der
von tuberkuloseverdiiehtigen Kühen stammenden Milch vor¬
schreibt, die erhitzte Milch aber zu Aufzuchtszwecken
minderwertig, zur technischen Verwertung aber überhaupt
unbrauchbar ist. so würde die technische Ausgestaltung des
I violverfahrens nicht nur für die Gesundheitspflege, son¬
dern auch für das Molkereigewerbe einen Fortschritt von
großer wirtschaftlicher Bedeutung bilden. A.
277
Verschiedenes.
Geheimrat Professor Dr. Schutz.
Geheimrat, Professor Dr. Schütz feiert am 16. April
das 50 jährige Jubiläum als Tierarzt. Nach Absolvierung
des Gymnasiums bezog S. die Tierarzneischule Berlin und
approbierte daselbst im Jahre 1860. Im Jahre 1864 wurde
er zum Kreistierarzt in Fischhausen ernannt und im
Jahre 1867 kam er als Repetitor an die Berliner Tierarznei¬
schule. Nunmehr beschäftigte er sich auch mit medizinischen
Studien, besonders mit demjenigen der pathologischen Ana¬
tomie und wurde im Jahre 1868 zum Dr. med. promo¬
viert. Im Jahre 1870 erfolgte seine Ernennung zum Lehrer
und im Jahre 1875 zum Professor an der Tierarznei schule
Berlin. Seit dem Jahre 1873 ist S. auch wissenschaftlicher
Konsulent bei der Inspektion des Militärveterinärwesens,
seit dem Jahre 1875 Mitglied der technischen Deputation
für das Veterinärwesen in Preußen und seit dem Jahre 1878
Veterinärassessor beim Medizinalkollegium der Provinz
Brandenburg.
Gleich hervorragend war Schütz als Lehrer, als den
ihn eine Reihe begeisterter Schüler verehren, wie als
Forscher und Gelehrter. Die Ergebnisse seiner Forscher¬
tätigkeit, besonders diejenigen auf dem Gebiete der patho¬
logischen Anatomie und Bakteriologie haben verschiedene
Gebiete, vor allem dasjenige der Seuchenlehre und
Seuchenbekämpfung so günstig und maßgebend beeinflußt,
daß sie jedem Tierarzte bekannt sind und jeder Tierarzt
wird dem Jubilar für die Förderung, welche seine so erfolg¬
reichen Forschungen unserer Wissenschaft brachten, Ver¬
ehrung, größte Hochachtung und Dankbarkeit zollen. Möge
der allseits hochgeschätzte Gelehrte unserer Wissenschaft und
unserem Stande noch recht lange erhalten bleiben! A.
Habilitations-Ordnung für die Kgl. Tierärztliche
Hochschule München.
Für die Zulassung als Privatdozent an der Tier¬
ärztlichen Hochschule in München gilt Folgendes:
a) Vorbedingungen:
Der Kandidat hat einzureichen:
1. das Zeugnis der Reife eines humanistischen oder
Realgymnasiums oder einer Oberrealschule,
278
2. ein ordnungsmäßig und auf Grund einer gehaltvollen
Dissertation von einer Deutschen Hochschule erlangtes
Doktor-Diplom mit gedruckter Dissertation,
3. eine Lebensbeschreibung,
4. die Bezeichnung des Faches, für welches er sich zu
habilitieren wünscht,
5. den Nachweis über die besondere Vorbereitung für
das Fach, über welches der Kandidat Vorlesungen
zu halten gedenkt unter Vorlage etwaiger früherer
wissenschaftlicher Veröffentlichungen,
6. eine zum Zwecke der Zulassung als Privatdozent ver
faßte wissenschaftliche Abhandlung, entweder gedruckt
oder handschriftlich.
Die Habilitationsschrift wird von Seite der Direktion
dem Fachprofessor als Referenten und einem Korreferenten
zur Beurteilung übergeben und sodann mit den Referaten
bei allen Mitgliedern des Professorenkollegiums in Rundlauf
gesetzt. Über die Zulassung als Probeschrift wird mit
Stimmenmehrheit in einer Sitzung des Lehrerrates ent¬
schieden. Ist die Probeschrift für genügend erachtet worden,
so wird der Kandidat nach Drucklegung seiner Habilitations¬
schrift zu dem Habilitationsakte zugelassen.
b) Habilitationsakt:
1. Der Kandidat hat einen freien, ungefähr halbstündigen
öffentlichen Vortrag vor versammeltem Lehrerkollegium
zu halten.
Das Thema hat der Kandidat 3 Tage vorher aus
3 von dem Referenten der Probeschrift gestellten
Thematas durch das Los zu ziehen.
2. An den Probevortrag wird eine Diskussion über die
Probeschrift, den Vortrag, sowie die von dem Kandi¬
daten zu diesem Zwecke aufgestellten und im Drucke
aufliegenden Thesen angeschlossen.
3. Unmittelbar nach Beendigung des Habilitationsaktes
entscheidet das Professorenkollegium über die Wür¬
digkeit des Kandidaten mit Stimmenmehrheit, wobei
der Referent über den Ausfall der Vorlesung, wie der
Diskussion zu referieren und seinen Antrag bezüglich der
Zulassung des Kandidaten zur Dozentur zu stellen hat.
Ausnahmen von den Vorbedingungen Ziffer 1 und 2
können nur bei wissenschaftlich besonders hochstehenden
279
Kandidaten in der Übergangszeit von 5 Jahren auf Antrag
des Professorenkollegiums durch das Kgl. Staatsministerium
des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten zugelassen
werden.
Für Kandidaten, welche auf einer anderen Hoch¬
schule schon habilitiert waren, gelten die gleichen Bedin¬
gungen, vorbehaltlich einer etwa in besonderen Fällen vom
Kgl. Staatsministerium des Innern für Kirchen- und Schul¬
angelegenheiten auf gutachtlichen Vorschlag des Lehrer¬
rates zu gewährenden Dispensation.
Der Direktor der Hochschule, dem die Leitung des
ganzen Geschäftes obliegt, hat den Zulassungsbeschluß des
Lehrerkollegiums mit den von dem Kandidaten eingereichten
Vorlagen und einem Berichte über den Gang der Ver¬
handlungen au das Kgl. Staatsministerium des Innern für
Kirchen- und Schulangelegenheiten einzusenden.
Die endgültige Zulassung eines Kandidaten als Privat¬
dozent wird vom Kgl. Staatsministerium verfügt.
Tagung des Veterinärbeirates in Österreich.
Wie früher mitgeteilt, besteht im österreichischen
Ackerbauministerium ein Veterinärbeirat.
Bei einer jüngst im Ackerbauministerium abgehal¬
tenen Sitzung des ständigen Ausschusses des Veterinär¬
beirates kam an erster Stelle die Frage der Ausübung der
tierärztlichen Praxis, sowie der ersten Hilfeleistungen bei
erkrankten Haustieren zur Beratung. Nach dem Ergebnis
derselben wurde die Berechtigung des Schutzes der Aus¬
übung der tierärztlichen Praxis anerkannt, aber auch die
Notwendigkeit sogenannter Tierhelfer mit eingeschränktem
W irkungskreise.
Die tierärztliche Kommission des Veterinärbeirates
war früher zu anderen Beschlüssen gekommen und es wurde
daher eine nochmalige gemeinsame Sitzung des ständigen
Ausschusses des Veterinärbeirates und der tierärztlichen
Kommission des Veterinärbeirates auf den 16. März an¬
beraumt. In dieser Sitzung wurde die Vertagung der Be¬
ratung über diesen Gegenstand beschlossen. Es sollen vor¬
erst noch Gutachten tierärztlicher Fachkorporationen ein¬
geholt werden. (Tierärztl. Zentralblatt.)
Schutzimpfung gegen die Hämoglobinurie der Rinder.
Wie in dieser „Wochenschrift“ früher mitgeteilt, er¬
gaben die prophylaktischen Impfungen mit dem im Gesund-
280
heitsamte der Pommer’schen Landwirtscbaftskaminer her¬
gestellten Schütz’schen Impfstoffe sehr gute Erfolge.
Der Direktor des Gesundheitsamtes, Dr. Schmitt,
referierte jüngst in einer Sitzung des Deutschen Landwirt¬
schaftsrates über die günstigen Resultate der vorgenom¬
menen Impfungen und empfahl die Anstellung weiterer Be¬
obachtungen und Versuche. Der Landwirtschaftsrat erklärte
die Schutzimpfung gegen Hämoglobinurie der Rinder als
gutes Mittel zur wirksamen Bekämpfung dieser Seuche und
stellt an die Staatsregierung das Ersuchen, Beihilfe zur Be¬
kämpfung des Leidens und zu weiteren Forschungen über
die Ätiologie und das Wesen desselben zu gewähren. A.
Bücherschau.
Lebensbilder aus der Tierwelt. Herausgegeben von G. Meer¬
warth. Leipzig, Verlag von Voigtländer.
Von dem vorstehend bezeichneten großartig angelegten Werke
liegt uns eine Lieferung aus dem Band „Säugetiere“ und eine solche
aus dem Bande „Vögel“ vor.
Bekanntlich hat Schillings in seinen epochemachenden Werken
zuerst unretuschierte Photographien freilebender Tiere Afrikas ver¬
öffentlicht und es machte sich schon damals der Wunsch geltend,
ein gleiches Werk über die Tierwelt Europas zu besitzen. Die
Aufgabe, ein solches zu beschaffen, hat sich nun der bekannte
Verlag von Voigtländer-Leipzig gestellt und unter großen Schwierig¬
keiten ausgeführt.
Das Buch ist eigenartig. Von den Schilling’schen Werken
abgesehen, brachten bis jetzt zoologische Werke nur durch Künstler
hergestellte Abbildungen von Tieren. Wer die Schwierigkeiten
kennt, welche mit der Herstellung naturgetreuer Bilder der Tiere
verknüpft sind und weiß, wie sehr hier subjektive Auffassung und
Darstellung maßgebend sind, findet es begreiflich, daß Tierbilder in
zoologischen Werken Naturtreue so häufig vermissen lassen. Nach
den Bildern der beiden uns zur Ansicht gestellten Lieferungen zu
schließen, werden die Tierbilder in dem M eerwarth ’schen Werke,
so wie die Tiere wirklich sind, also in tadelloser Naturtreue auf die
photographische Platte gebracht. Wie das Tier selbst, so ist auch
die natürliche Umgebung desselben in überraschender Schönheit und
Schärfe dargestellt.
Ebenso eigenartig, wie die vorzüglichen Bilder ist der bio¬
logische Text des Werkes. Die den Leser in der Regel wenig an¬
regende, auf der anderen Seite aber ermüdende trockene Beschreibung
des Körperbaues der Tiere findet in dem Werke nur eingeschränkt,
und soweit absolut erforderlich, Anwendung. Die textlichen Be¬
sprechungen gravitieren vielmehr in der anmutenden Schilderung
der Tiere in ihrem Verhältnis zur Umgebung im Leben und Treiben
des Alltags vom Werden bis zum Vergehen.
Der Plan der Verlagsbuchhandlung von dem besprochenen
Ciesichtspunkte aus, ein Werk zu schaffen, welches die Tierwelt aller
vier Tierklassen der gemäßigten Zone umfassen soll, muß lebhaft
begrüßt werden. Wir behalten uns vor, die einzelnen Bände, ge¬
sondert zu besprechen. A.
281
Druckiehlerberichtigiing.
ln Nummer 15 soll es auf Seite 260 letzte Zeile „Dr. Sippe 1“
statt Dr. Lippel und auf Seite 261 9. Zeile von oben „Reisen-
eder“ statt Reisender heißen.
Personalien.
Ernennungen: Volkmar Friedrich, II. Assistent an
der Veterinärklinik in Gießen zum I. Assistenten.
Niederlassung: Simon Karl aus Feuchtwangen in
Nürnberg.
Wohnsitz-Veränderung: Dr. W i 11 i e s, Polizeitier¬
arzt in Hamburg als Tierarzt für die Werke der Liebiggesellschaft
nach Fray Bento9 (Uraguay).
^ 4 - • Approbierter Vertreter
n. • während der Monate Mai, Juni
■■■■■■■■■■■■ und Juli für hiesigen Schlachthof.
Näheres Städt. Schlacht- und Viehhof Verwaltung Frei¬
barg im Breisgau (Baden). 1(2)
bis 15. April oder auch später Assistenz oder Vertretung.
Offerte mit näheren Angaben erbittet
Anton Kiefer, Tierarzt, Herrieden.
Siiblaxnixi
Geruchloses, leicht und klar lösliches Desinfektionsmittel
in Pastillenform von höchster Wirksamkeit.
Wirkt reizlos und ruft keine Erscheinungen von
Merkurialismus hervor.
Erprobt als Deslnflzlens bei Wunden, Operationen,
Abszessen, Metritls, Panaritien, Scheidenrißwunden,
prolabiertem Uterus und zurückgebliebener Nachgeburt.
Erhältlich in Röhrchen & 10 und 20 Pastillen 4 1 gr
und auch in größeren losen Packungen in Apotheken
und Großdrogenhandlungen. 4[ 12]
Man verlange „Originalpackung' Schering“.
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Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 26. April 1910. Nr. 17.
Inhalt: Originalartikel: Engel: Endemische Schlundlähme
als Wasenmeisterkrankheit. — Bichlmaier: Aus der Praxis. —
Lindner: Zur Ätiologie und Behandlung des Koppens. — Meier:
Plötzlicher Tod infolge Thrombose der linken Herzkammer bei
einem Hund. — Haas: Tod durch Herzruptur. — Referate:
Barnick: Durchtrennung der Achillessehne. Barnick: Mißerfolg
beim Brennen mit Dechery-Autokauter. Jähnichen: Osteomalacie
des Pferdes. Rindfleisch: Infektion mit Distomuin felinum.
Stadelmann: Erfahrungen über Schutzimpfungen. — Tier¬
zucht und Tierhaltung: Die Verwendung von Trocken¬
kartoffeln. — Verschiedenes: Professor Dr. Kühn-Ilalle f.
Die Gehalts- und Pensionsfrage der württembergischen Ober¬
amtstierärzte. Einladung zur Schütz-Feier. — Bücherschau.
— Personalien.
Endemische Schlnndlähme als Wasenmeisterkrankheit.
Von Kgl. Bezirkstierarzt Engel, Kaufbeuren.
In der Wasenmeisterei L. kommt oben genannte Er¬
krankung schon seit Anfang der 80 er Jahre des vorigen
•Jahrhunderts sehr häufig vor und sind derselben schon eine
Menge Pferde und Rindviehstücke dieses Gehöftes zum
Opfer gefallen. Von dem jetzigen Besitzer wurde mir be¬
richtet, daß bei seinem Vorgänger die Krankheit ungefähr
alle 3 Jahre aufgetreten sei. Ich selbst habe sie in diesem
Anwesen vor 10 Jahren beobachtet. Damals mußten sämt¬
liche 5 Kühe des Besitzers geschlachtet werden, während die
Pferde gesund blieben. Gefüttert wurde Heu und Grummet,
sowie Wasser. Das Futter war gut eingebracht worden und
zeigte keine Veränderung, insbesondere keinen Befall von
Pilzen etc. Ich glaubte damals dem Wasser die Schuld bei¬
messen zu müssen, da dasselbe aus einem Pumpbrunnen
286
gewonnen wurde, der sich dicht neben der Jauchegrube
befand, und das Wasser durch Jauche verunreinigt erschien.
Der Besitzer verlegte auf meinen Rat den Brunnen und es
hatte den Anschein, als ob die Krankheit nunmehr erloschen
wäre, denn es verstrichen volle 10 Jahre, ohne daß irgend
ein Tier erkrankte. Vor zwei Jahren wurde dieser Brunnen
aufgelassen und eine neue vorzügliche Quellwasserleitung
eingerichtet. Aber diese Neuerung und die daran geknüpfte
Hoffnung erwies sich als trügerisch; denn die Krankheit
trat wieder auf und nahm einen so stürmischen Verlauf,
daß sämtliche 5 Kühe des Besitzers geschlachtet werden
mußten.
Das Krankheitsbild glich dem schon oft beschriebenen,
nur war es mir in diesem Falle auffallend, daß bei den er¬
krankten Tieren schon zu Beginn der Krankheit das Schluck¬
vermögen sowohl für feste als für flüssige Nahrungsmittel
vollkommen aufgehoben war und daß sie die Zunge aus
dem Maule heraushängen ließen, unvermögend, sie zurück¬
zuziehen. Im weiteren Verlaufe stellte sich häufiges Husten
ein, ohne daß Lungenveränderungen im Leben bezw.
nach der Schlachtung nachweisbar waren. Die Sektion
der 5 Tiere ergab ein völlig negatives Resultat. Auch der
beigezogene Professor Dr. Mayr- München konnte keine
pathologische Veränderung an den Organen etc. nach weisen.
Die Untersuchung des Futters, sowie die Verbitterung des
Mageninhaltes lieferte kein Resultat.
Es dürfte sich auch in diesem Falle wieder um eine
Vergiftung durch Ptoma'ine handeln, die jedenfalls durch
Zwischenträger — Ratten — aus der nahe gelegenen Fall-
liiitte in die Stallung verschleppt wurden.
Während die Pferde des Wasenmeisters zur Zeit der
Erkrankung der Kühe gesund waren, traten bei ihnen 14
Tage später plötzlich folgende Erscheinungen auf: Die Tiere
waren sehr teilnahmslos, ließen die Köpfe hängen, versagten
anfangs nur den Haber, später auch das Heu. Die Haltung
der Tiere war sehr steif, sie waren insbesondere im Hinter¬
teil schwer von der Stelle zu bringen. Wie bei den Kühen
breitete sieh auch bei den Pferden die Lähmung des Schlun¬
des allmählich aus. Sic begannen zu speicheln, wobei unter
fortwährenden Kaubewegungen der Speichel in zähen
Strängen aus den Maulwinkeln floß. Husten bestand nicht,
wohl aber Fieber (3fl,7—40.3° 0.). Das Haarkleid verlor
seinen (ilanz, die Haare waren gesträubt. Mehrmals im
Laufe des Tages trat Zittern am ganzen Körper auf. Der
287
Puls war erhöht (auf 60 Schläge pro Minute) und klein,
jedoch regelmäßig und gleichmäßig.
Die Atmung geschah zirka 30 mal pro Minute; die
Schleimhäute zeigten nichts Besonderes. Der Harn soll nach
Aussage des Besitzers grünlich, wie mit Galle verfärbt, aus¬
gesehen haben.
Beide Pferde, von denen das eine trächtig war, erhielten
subkutan Oleum camphorat. Hierauf trat starkes Zittern
und Schweißausbruch ein. Es wurde ein zweites Mal Oleum
camphorat. mit demselben Effekt gegeben. Nun begannen
beide Tiere sich langsam zu erholen und wieder Futter auf¬
zunehmen. Tägliche Bewegung im Freien tat ihnen sicht¬
lich gut, so daß nach Verlauf von 14 Tagen der anfänglich
gespannte schleppende Gang ganz verschwand und sich das
Wohlbefinden sogar in Sprüngen kundgab. Der Appetit
wurde besser, die Pferde fraßen Heu und Hafer sogar
gierig. Desgleichen legten sie sich nieder, was während der
Erkrankung nie geschehen war.
So unangenehm einerseits die nach Kampheröl-Injek-
tionen auftretenden Schwellungen sind, so dürfte anderer¬
seits die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen sein, daß
vielleicht die hiedurch hervorgerufene Hyperleukozytose das
heilende Prinzip war.
Von Interesse ist, daß bei den Pferden ein Rückfall
nicht eintrat und daß die Erkrankung keinen Einfluß auf
den Fötus des trächtigen Tieres ausübte.
Ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt Bichlmaier, Weiler.
1. Nekrose des Uterus.
Zu dem Ökonomen L. in R. gerufen, fand ich eine Kuh,
die vor zwei Tagen gekalbt hatte, heftig drängend vor. Die
Untersuchung ergab Inversio uteri und Retentio secundi-
narum. Der Tragsack hatte sich soweit aus- und eingestülpt,
daß beim Drängen einzelne Karunkeln im Scheidenvorhof
sichtbar wurden. Ich löste die Nachgeburt, die schon zu
zwei Dritteln aus der Scheide hing, vollends ab und begann
nach Ausspülungen mit Septoformalösung den Uterus lang¬
sam durch die ziemlich enge Zervix zurückzumassieren, was
auch nach zirka *4 Stunde gelang, freilich unter Verlust
einer Karunkel, die mir trotz größter Vorsicht in der Hand
blieb. Das Tier zeigte in den folgenden Tagen bei gutem
Appetit wenig Störungen des Allgemeinbefindens. Der
Uterus kontrahierte sich gut und der gelbe eiterige Ausfluß
wurde von Tag zu Tag spärlicher. 15 Tage post partuni
machte ich eine Ausspülung und schätzte das Fassungsver¬
mögen des Tragsackes auf zirka 1 Liter. Zwei Tage später
wiederholte ich die Ausspülung. Wie gewöhnlich schob ich
das Ende eines weichen Gummischlauches durch die fast
geschlossene Zervix und infundierte die Lösung. Ich goß
zirka 3 Liter in den Trichter und war sehr erstaunt, als bei
und nach der Infusion in den Uterus nichts mehr dtireh die
Scheide abfloß. Eine sofortige Untersuchung per rectum
überzeugte mich, daß der Tragsack leer war und ich mußte
schließen, daß sich durch einen Kiß in demselben die infun¬
dierte Lösung in die Bauchhöhle ergossen hatte, weshalb ich
das Tier sofort schlachten ließ. — Die Sektion ergab nekro¬
tischen Zerfall des Uteruskörpers. Die 2 cm große Zer¬
reißung war durch die Ausdehnung des Tragsackes bei der
Infusion entstanden.
2. Uterusruptur intra vitam.
Eine 5jährige Kuh des B. in U., die vor der Geburt
stand, war derart aufgetrieben, daß sich erhebliche Atem¬
beschwerden einstellten. Als ich das Tier untersuchte,
glaubte ich einen Fall von Eihautwassersucht vor mir zu
haben und riet daher dem Besitzer, durch manuelle Eröff¬
nung der Zervix den Geburtsvorgang einleiten zu lassen.
Nach 20 Minuten w'ar der Muttermund für meine Hand
passierbar. Ich w r ar aber nicht wenig erstaunt, als ich im
Uterus kein Kalb vorfand, aber während der Untersuchung
Bewegungen außerhalb des Tragsackes spürte. Bei der
Schlachtung stellte sich nun heraus, daß intra vitam eine
zirka 40 cm lange Uterusruptur entstanden war, durch die
der ganze Fötus in die Bauchhöhle gelangte. Ursache war
eine mächtige Ansammlung von Fruchtwasser im Tragsack.
3. Operation zäh melken der Kühe.
Im verflossenen Jahre operierte ich 18 zähmelkende
Kühe mit dem dänischen Zitzenräumer von Hauptner
(Katalog Nr. 3008) mit ausgezeichnetem Erfolg. Nach voraus¬
gegangener Keinigung und Desinfektion der Zitze, sow'ie Er¬
weiterung des Strichkanales mit einem Infusionskatheter
führe ich das erwähnte sterilisierte Instrument ein und öffne
operativ den Kanal. Dies läßt sich sehr schnell vollziehen,
da die Operation beim Ilerausziehen des Instrumentes er¬
folgt. Um ein Zuheilen des aufgeschnittenen Kanales mög¬
lichst zu verhindern, lasse ich einen halben Tag stündlich
und einen weiteren ganzen Tag alle 2—3 Stunden den ope¬
rierten Strich so lange ausmelken, bis der durchtretende
289
Milchstrahl den Strichkanal wieder ganz geöffnet hat. Die
Zitze ist ebenso wie die Hand des Melkers vorher zu reinigen
und zu desinfizieren.
4. Kastration von Kühen mit dem Ekraseur-
Emaskulator nach Blunk.
Das erwähnte Instrument ist meiner Ansicht nach das
geeignetste und verlässigste zur Kastration von Kühen.
Man ist gänzlich gegen Blutungen aus der Eierstocksarterie
gesichert und kann das Instrument gut reinigen und des¬
infizieren. Die Operation geht bedeutend rascher vor siöh
als mit dem Ekraseur, da die Ovarien mit einem Drucke ( ab¬
gequetscht werden. Der Apparat ist ausreichend für
längsten Scheiden und für Abnahme der Ovarien in ck^
Bauchhöhle bei kurzen Eierstocksbändern. — Da das uiV
sprüngliche Instrument ausschließlich zum Zwecke der
Kastration der Kühe etwas schwerfällig war, ließ ich mir
durch Hauptner ein Exemplar mit schwächer gearbei¬
tetem Rahmen anfertigen, mit dem ich seit zirka t/> Jahre
mit bestem Erfolg kastriere.
5. Neuere sogen. Ersatzpräparate.
Lithyol ist ein neueres Ersatzpräparat für Ammonium
sulfoichthyolicum. Es ist fast um die Hälfte billiger und
steht in seiner Wirkung letzterem wenig nach. Ich ver¬
wende es mit sehr gutem Erfolge in Salbenform 1: 10 bei
Mastitis, Ekzemen, Einschuß und bei Scheidenwunden unter
Benützung einer Salbenspritze.
Tannisol, ein sehr verlässiges Stypticum, besitzt
bei Durchfällen der Rinder und Kälber die gleiche Wirkung
wie Tannoform.
An Stelle von Dermatol fand M e d i t a n n o s i n bei
nässenden Ekzemen und Mauken, sowie zur Wundbehand¬
lung erfolgreiche Anwendung, insbesondere ist die trock¬
nende Wirkung des Präparates hervorragend.
Zur Ätiologie and Behandlung des Koppens.
Von Oberveterinär L i n d n e r.
Eine Remonte wurde wegen einer Verletzung in eine
Boxe gestellt, die eine Ecke des gemeinschaftlichen Lauf¬
stalles einnahm. Die trennende Bretterwand, in der sich
das Türchen befand, hatte etwa Widerristhöhe der Pferde.
Patient fühlte sich in seiner Abgeschlossenheit in den ersten
Stunden sehr ungemütlich und zeigte durch beständiges
290
Hinausstrecken des Kopfes über die Wand und durch
Drücken gegen diese das Bestreben, wieder in die Abteilung
zu kommen. In seiner Aufregung und Unruhe biß er auch
mehrfach in die obere Kante der Boxe und ihres Türchens.
Letzteres wurde lediglich durch Einfallen eines Schnabels
in einen ziemlich weiten Schlitz des Türpfostens geschlossen
und hatte dadurch ein paar Zentimeter Spielraum nach
beiden Seiten. Sei es nun, daß das Pferd anfangs durch
Rütteln die Türe zu öffnen versuchte — was allerdings der
Intelligenz des Pferdes zu viel zugemutet sein dürfte —,
sei es, daß ihm das damit verbundene Geräusch Vergnügen
machte, Tatsache ist, daß es sich schon am 1. Tag mit einer
wahren Leidenschaft an dem Türchen beschäftigte, indem es
dieses mit den Zähnen packte und dann unter nickenden Be¬
wegungen des Kopfes hin und her bewegte und dies Spiel
oft 5—10 Minuten lang ausübte, um es dann nach kurzer
Unterbrechung wieder aufzunehmen.
Nach 10 Tagen wieder in die Abteilung verbracht,
wurde die Remonte, wie dies ja in der Regel der Fall ist,
von ihren Kameraden zunächst als fremder Eindringling an¬
gesehen und demgemäß nicht gerade freundlich empfangen,
zumal das sehr ängstliche Tier sich nicht zu wehren getraute
und bei jeder verdächtigen Annäherung eines anderen Pfer¬
des gleich davonlief. Es flüchtete dann in die Ecke zur Boxe,
streckte den Kopf in letztere hinein und hätte sich gerne
in ihr geborgen. Auch, nachdem es im Laufe eines Tages
wieder in seine Abteilung eingewöhnt war, blieb der Eck¬
platz an der Boxe sein Lieblingsaufenthalt und schon am
2. Tag setzte das alte Spiel mit der Türe, diesmal von außen,
wieder ein. Tags darauf war daraus kunstgerechtes Koppen
entstanden. Bald gab das Pferd das Rütteln an der Tür
überhaupt auf und koppte bloß mehr und zwar jetzt nicht
nur an der Oberkante des Türchens — wenn auch hier noch
mit Vorliebe —, sondern auch auf allen zum Auf setzen be¬
quem erreichbaren Stangen und Pfosten in Stall und Tum¬
melplatz. —
In einem zweiten Fall fiel eine Remonte gleich nach
der Verbringung auf’s Depot dadurch auf, daß sie die
Tummelplatz-Umzäunung fast ständig beleckte. Nach drei
Wochen war das Tier ein leidenschaftlicher Köpper.
Daß übrigens der zuweilen als Gelegenheitsursache
des Koppens angesprochene Nachahmungstrieb auch unter
günstigen Verhältnissen die ihm zugeschriebene Rolle nicht
auszuüben braucht, zeigte sich auch hier wieder. Denn beide
Male waren je 30 durch Arbeit nicht abgelenkte Pferde
291
über 1 Jahr mit den Köppern in der gleichen Abteilung
und hätten so reichlich Gelegenheit gehabt, das Koppen ab¬
zulernen, doch griff keines der anderen Tiere die Un¬
tugend auf.
Zur Beseitigung leistete in dem einen Falle der Gold-
beck’sche Koppriemen gute Dienste, jedoch nur solange, als
er angelegt blieb. Mäßiges Zusammenziehen des Riemens
verhinderte das Koppen unbedingt; sofort nach Abnahme
jedoch wurde die Untugend wieder ausgeführt.
Bei dem zweiten Pferd konnte auf gleiche Weise das
Koppen 14 Tage lang verhindert werden, bis dann das Tier
unter großen Anstrengungen wieder Koppversuche machte,
die alsbald gelangen. Sie konnten durch sehr starkes An¬
ziehen des Riemens zwar unterdrückt werden, doch schnitt
nun der Metallbügel in die Haut ein und erzeugte Gangrän.
Infolgedessen mußte schließlich nach mehrmaliger Wieder¬
holung des Versuches von der Anwendung des Koppriemens
überhaupt Abstand genommen werden. Bei diesem Pferd
erwies sich dann das Anlegen eines Maulkorbes mit steifem
Boden (Hauptner-Katalog Nr. 6877) als probates Mittel,
während mit einem gewöhnlichen weichen Ledermaulkorb
nur 2 Tage lang ein Erfolg erzielt wurde.
Beide Remonten waren schon nach etwa 14tägiger
Ausübung des Koppens beträchtlich im Nährzustand zurück¬
gekommen. Das erste Pferd war nach 4 Wochen — ein
Koppriemen war erst von da ab zur Stelle — soweit abge¬
magert, daß der Brustumfang um 11 cm weniger betrug als
vorher; nachher besserte sich das Aussehen wieder. Das
zweite Pferd, das jede Gelegenheit benutzte, um bei abge¬
nommenem Maulkorb der Untugend zu fröhnen, so manch¬
mal sogar zu diesem Zweck im Fressen innehielt, blieb
ständig sehr mager und erkrankte auch mehrfach an Bläh¬
kolik.
Plötzlicher Tod infolge Thrombose der linken Herz¬
kammer bei einem Hnnd.
Yon Assistent Meier, München.
Der Besitzer eines 5jährigen männlichen Gordon-
Setters hatte diesen im Wagen zur Jagd mitgenommen.
Kurze Zeit nach dem Verlassen des Wagens — der Hund
hatte zirka 100 Meter im Schritt zurückgelegt — fiel er
plötzlich zu Boden und war nicht mehr im Stande sich zu
erheben, weshalb er zur Untersuchung gebracht wurde.
Während der Fahrt zur Hochschule hatte sich das Be¬
finden des Tieres etwas gebessert. Bei Ankunft dahier lag
292
der Hund, angestrengt und keuchend atmend, am Boden des
Coupes. Auf Anruf hob er schwerfällig den Kopf und blickte
teilnahmslos mit trüben Augen um sich. Dann erhob er sich
sehr langsam und verließ ohne Hilfe den Wagen. Hin und
her schwankend ging’s zum Untersuchungszimmer.
Der äußerst frequente Puls des Tieres war Behr klein
und schwach, der Herzschlag pochend. Während der Unter¬
suchung fiel der Hund plötzlich zur Seite und verendete in
wenigen Sekunden.
Die Sektion ergab Stauungsödem der Lunge und das
Vorhandensein eines großen Thrombus in der linken Herz¬
kammer.
Auf der Außenfläche der linken Herzkammer fand sich
zirka 3 cm von der Herzspitze entfernt ein erbsengroßer,
grau-weißer Fleck. An derselben Stelle war eine deutliche
Einbuchtung des Herzmuskels zu fühlen. Nach dem Durch¬
schneiden der Kammerwand konnte man sehen, daß an dieser
Stelle die Wandung des Herzens bedeutend dünner als in
der Umgebung der Schwiele war. Während die durchschnitt¬
liche Dicke der Wand 8 mm betrug, wies sie an der bezeich-
neten Stelle eine solche von 2 mm auf. Hier hatte sich ein
der Wand adhärenter, grau-weißer, speckiger Thrombus von
Kleinapfelgröße gebildet, der die linke Kammer nahezu voll¬
ständig ausfüllte.
Die Atrioventrikularklappen waren verdickt und
zeigten an der Oberfläche Rauhigkeiten. Zur Thromben¬
bildung war es hier nicht gekommen.
Die übrigen Organe zeigten, abgesehen von venösen
Stauungs - Erscheinungen, keine pathologischen Verände¬
rungen; insbesondere war die Bauchhöhle frei von seröser
Flüssigkeit.
Auffallend ist, daß der Besitzer des Hundes bis zur
plötzlichen Erkrankung niemals irgend welche Störungen
im Allgemeinbefinden des Tieres beobachtet hatte.
Tod durch Herzruptnr.
Von Kgl. Bezirkstierarzt Haas, Fürth.
Infolge hochgradiger Aufregung durch in der Nähe
abgegebene Kanonenschüsse und dadurch bedingte heftige
Bewegung verendete ein zirka 10—18 Jahre altes Pferd
plötzlich. Bei der Sektion fand sich die Wand der rechten
Herzkammer um die Hälfte der normalen Wandstärke ver¬
dünnt und an der dünnsten Stelle ein zirka 5 cm langer Riß.
(.lahresber. bayer. Tierärzte.)
293
Referate.
Barnick: Durchtrennung der Achillessehne. (Zeit¬
schrift für Veterinärkunde, 1909, X.)
Eine umfallende Pflugschar durchschnitt einem Pferd
Haut und Achillessehne 8 cm oberhalb des Sprungbein¬
höckers. Während die durchschnittenen Sehnenstümpfe im
Stande der Ruhe 5—6 cm von einander entfernt waren,
klafften sie bei Bewegung um mehr als das Doppelte aus¬
einander. Ein Heftversuch mit sehr starken Seidenfäden
mißlang, da es nicht möglich war, die Sehnenränder näher
als auf 3 cm aneinander zu bringen. Es wurde deshalb’ vom
oberen und unteren Sehnenende ein etwa 4 cm langes Stück
lospräpariert und durch Zusammennähen der beiden Stücke
eine Vereinigung erzielt.
Patient kam in eine Hängematte, aus der er jedoch
nach 8 Tagen infolge Auftretens von Dekubitus wieder ent¬
fernt wurde, nachdem auch die inzwischen ausgerissenen
Nähte nochmals erneuert werden mußten. Trotz antisep¬
tischer Verbände vergrößerte sich die Wundfläche immer
mehr und sonderte übelriechendes Sekret ab. Schließlich
hatte das Tier sich auch angewöhnt, die Hinterhand derart
zu senken, daß das betreffende Sprunggelenk den Boden be¬
rührte, wobei die Sehnenstümpfe ständig auseinandergezerrt
wurden. TJnter diesen Umständen wurde nach 3 Wochen zur
Tötung geraten, doch führte der Besitzer die antiseptische
Behandlung weiter mit dem Erfolg, daß das Tier nach
neunwöchiger Krankheitsdauer wieder eingespannt werden
konnte. Es war nur eine Verdickung der Sehne ohne Lahm¬
heit zurückgeblieben.
Barnick: Mißerfolg beim Brennen mit Dechery-
Autokauter. (Ebenda.)
Verf. nahm bei einem 5jährigen Rennpferd das per¬
forierende Brennen der Beugesehnen beider Vorderfüße mit
Autokauter genau nach Vorschrift vor; auf jeder Seite wur¬
den nur 15 Punkte gebrannt. Hiebei entstand durch An¬
stechen der Art. dig. ext. des linken Fußes eine erhebliche
Blutung, die erst durch Anlegen eines Esmarch-Schlauches
gestillt werden konnte.
5 Tage später war eine schwere Allgemeinerkrankung
mit Fieber und Unvermögen, zu stellen, eingetreten; vorne
links berührte die hintere Fläche des Fessels den Erdboden.
Nach 2 weiteren Tagen Exitus. — Sektionsbefund: Das
linke Schienbein hat die Haut in der Gegend des Fessel¬
gelenks perforiert; Unterfuß stark geschwollen, aus den
294
Stichöffnungen sickert jauchiges Sekret. Nach Entfernung
der Haut sind Brennstiche in Sehnen und Sehnenscheide
kaum bemerkbar. Nur an der Stelle der Arterienperforation
befindet sich ein in fauliger Zersetzung übergegangener
Thrombus, der auch Nekrotisierung und Zerreißung des
Krön- und Fesselbeinbeugers und damit auch das bei Leb¬
zeiten beobachtete Durchtreten verursacht hatte. Im übrigen
bestanden die Erscheinungen der Pyämie.
J ähnichen: Osteomalacie des Pferdes. (Zeitschr.
f. Veterinärkunde, 1909, XI.)
Ein 7jähriges Pferd zeigte schon seit seiner Ein¬
stellung als Remonte einen sehr klammerigen Gang, war
häufig schulterlahm und wechselte auffallend im Nähr¬
zustand. Eines Tages war es unter den Standbaum geraten
und beim Versuch, hochzukommen, schwer lahm geworden.
Es konnte den rechten Hinterfuß, der bald stark gebeugt,
bald übermäßig gestreckt wurde, überhaupt nicht mehr be¬
lasten ; das Aufstehen erfolgte nach Art der Rinder. Krank¬
hafte Veränderungen der Gelenke konnten mit Ausnahme
eines etwas stärkeren Füllungszustandes des rechten Knie¬
gelenkes nicht festgestellt werden. Die Haut der rechten
Kruppe war gegen Nadelstiche wenig empfindlich. Beider¬
seits bestand Mydriasis. Die Futter- und Getränkeaufnahme
war mangelhaft, der Kotabsatz verzögert. Temperatur und
Puls etwas erhöht. Nach ungefähr 14 Tagen traten am
Unterkiefer knollige Verdickungen auf und auch heiße,
schmerzhafte Anschwellungen an den Rippen. Patient lag
sehr viel und wurde schließlich so schwach, daß er nicht
mehr aufstehen konnte. Es erfolgte deshalb Tötung nach
einer Krankheitsdauer von 4 Wochen.
Obduktionsbefund: Magendarmschleimhaut
verdickt, in leicht gerötete Falten gelegt. Auf beiden
Seiten sind die drei letzten Rippen in halber Höhe ge¬
brochen, die Umgebung der Bruchstellen ist blutig durch¬
tränkt. An den Außenflächen des Unterkiefers sitzen
hühnereigroße Knochenauftreibungen. Mit Ausnahme der
Krön- und Hufgelenke sind sämtliche Gelenke der Glied¬
maßen verändert; die Gelenkflächen sind teils tief zerklüftet,
teils mit schwammigen Auflagerungen bedeckt. Einige Ge¬
lenkkapseln sind prall gefüllt mit einer rötlich-klaren, faden¬
ziehenden Flüssigkeit. Die Knochen lassen sich leicht
schneiden, sägen und brechen; ihre Rinde ist dünn, ihre
Markhöhle fast bis zu den Gelenk-Enden erweitert. In dem
gallertigen Knochenmark sitzen zahlreiche Blutungspunkte.
295
|
' Das Muskelgewebe des rechten mittleren Gesäßmuskels ist
fast völlig durch derbes, gelb-graues Bindegewebe verdrängt.
Die Behandlung hatte in der Verabreichung von Calc.
phosphoric., Sal. Carolin., Rad. Gentian. und Aloe, sowie in
erregenden Einreibungen bestanden. L i n d n e r.
W. Rindfleisch: Infektion mit Distomum felinum.
(Fortschritte der Medizin, Nr. 13, 1910.)
Distomum felinum, der Katzenleberegel, wurde beim
Menschen zuerst von Winogradoffin Tomsk (Sibirien)
festgestellt. In Europa konstatierte den ersten Fall A s -
k a n a z y in Königsberg. Dieser wies auch nach, daß der
Parasit roh genossenem Fischfleisch entstammt. Unter den
Fischen kommen hauptsächlich der Nerfling, die Zehrbe, die
Plötze in Betracht. Alle bisher beobachteten Distomen-
träger kamen von der Landseite der Kurischen Haffs. In
der Königsberger Klinik wurden in 40 Fällen die Diagnosen
„Distomatose“ gestellt, wobei der Nachweis der Eier in den
Fäzes maßgebend war. Bei 3 Obduktionen fand man bös¬
artige Neubildungen der Leber bezw. der Gallengänge, pri¬
märes Karzinom des Ductus choledochus mit enormer Er¬
weiterung der Gallenwege und mehreren Tausend Exem¬
plaren von Distomen. Die Therapie vermag nichts zu leisten.
Prophylaktisch hat der gewohnheitsmäßige Genuß rohen
Fischfleisches zu unterbleiben.
Stadelmann: Erfahrungen über Schutzimpfungen.
(Süddeutsche Landwirtschaft. Tierzucht, Nr. 29, 1910.)
Verf. war Verwalter auf dem Schloßgute Wallenburg
bei Miesbach. In der Herde des Gutes (Simmentaler Hoch¬
zucht) herrschte die Kälberruhr. Von fachkundiger Seite
wurde Verschiedenes zur Heilung der erkrankten Kälber
und überhaupt zur Bekämpfung der Seuche in Anwendung
gebracht, jedoch ohne Erfolg. Schließlich transferierte man
die tragenden Kühe in eine mehrere Stunden vom Haupt¬
hofe entfernte Stallung; aber auch hier trat die Krankheit
auf. Nunmehr impfte der Bezirkstierarzt Rotzer- Mies¬
bach jedes Kalb am ersten Tage nach der Geburt mit dem
Kälberruhrserum von Gans - Frankfurt mit dem Erfolge,
daß das Kälbersterben von jetzt ab aufhörte. Die Diarrhoe
trat zwar in einzelnen Fällen in gutartigem Grade noch auf,
aber die betroffenen Tiere gesundeten. Für die Wirkung
des Serums sprach insbesondere auch der folgende Versuch:
Eine Kuh brachte Zwillingskälber; das eine derselben wurde
296
geimpft, das andere nicht. Das erste blieb gesund, das zweite
dagegen erkrankte an Ruhr. Es konnte durch nachträgliche
Impfung mit der doppelten Dosis Serum gerettet werden.
St. berichtet weiter, daß zwei Jahre früher in der
Stallung zu Wallenburg die infektiöse Pneumonie bei Käl¬
bern herrschte; auch diesem Leiden wurde mittelst Impfung
mit dem Serum gegen septische Kälberpneumonie von Gans-
Frankfurt Einhalt getan. A.
Tierzucht und Tierhaltung.
Die Verwendung von Trockenkartoffeln.
F ü h 1 i n g’s „Landwirtschaftl. Zeitung“ bringt im
6. Heft des 59. Jahrgangs den Inhalt eines Vortrages von
Prof. Dr. Pfeiffer - Breslau über die Verwendung der
Trockenkartoffeln, dem ich referierend das Folgende ent¬
nehme :
Es gibt zwei Hauptarten der Trockenkartoffeln, die
Flocken einerseits und die Schnitzel und Scheiben ander¬
seits; die ersteren werden aus vorher gedämpften Kartoffeln
durch Trocknen auf mit Dampf geheizten Walzenapparaten
gewonnen, während die Schnitzel und Scheiben wie die
Rübenschnitzel unter Anwendung von mit Luft gemischten
Feuergasen hoher Temperatur hergestellt werden. Diese
haben eine mehr oder weniger hornartige Beschaffenheit
und weisen häufig eine graue, wenig ansehnliche Färbung
auf. —
Man war nun vielfach der Ansicht, die Trocknung
werde dieVerwertung der Nährstoffe ungünstig beeinflussen,
namentlich die Trocknung bei direkter Verwendung von
Feuergasen. Es wurde vermutet, daß die Futterbestandteile
schwerer verdaulich und geringer leistungsfähig werden.
Beide Befürchtungen sind unrichtig. Man stellte fest, daß
die Verdauungs - Koeffizienten für Kartoffelschnitzel und
Flocken bei Wiederkäuern und Schweinen nur ganz un¬
wesentlich von den entsprechenden für rohe bezw. gedämpfte
Kartoffeln gefundenen Werten abweichen; ferner ergab sich,
daß die verdaulichen Nährstoffe derTrockenkartoffeln, sowie
diejenigen der rohen und gedämpften Kartoffeln als voll¬
wertig bezeichnet werden dürfen.
Die Trockenkartoffeln sind demnach ein vortreffliches
Futtermittel. Ihre Bedeutung basiert sich auf den Gehalt
an Stärke; der Eiweißgehalt ist gering. Rechnet man 88 %
Trockensubstanz, so ergibt sich ein Gehalt von 68,1 % ver¬
daulicher Stärke und von nur 0,7 ( /c verdaulichem Eiweiß.
Beachtet man nun die Ergebnisse der Fütterungsver-
suche mit Trockenkartoffeln, so lauten diese sehr günstig.
Unter den mit Wiederkäuern gemachten Versuchen werden
besonders zwei erwähnt: Es wurde die Maisschrotgabe in
der Futterration für Mastochsen durch die gleiche Menge
Nährstoffe in Form von Trockenkartoffelschnitzeln ersetzt
und der Fütterungseffekt war derselbe wie mit Mais; einen
ebenso günstigen Erfolg erzielte man durch Ersatz hoher
Gaben Rohkartoffeln mit Kartoffeltrockenschnitzeln bei dem
gleichen Nährstoffgehalte.
Versuche bei Pferden wurden von vier landwirtschaft¬
lichen Versuchsstationen während eines Zeitraums von 85
bis 107 Tagen zur Hälfte bei Militärpferden, zur anderen
in Pferdebeständen einer Brauerei und einer Straßenreini-
gungs-Gesellschaft ausgeführt. Die Beobachtungen erstreck¬
ten sich auf 156 Pferde. Aus den Versuchen resultiert, daß
man den Pferden einen großen Teil des Körnerfutters, min¬
destens ein Drittel, durch Trockenkartoffeln in Verbindung
mit einer kleinen Gabe eines eiweißreichen Futtermittels
vollwertig ersetzen kann.
Der Ernährungs- und Gesundheitszustand, sowie die
Leistungsfähigkeit der Pferde litten bei Ersatz von Hafer
und Mais in der Ration durch Trockenkartoffeln in keiner
Weise. Im Gegenteil wurde in zwei Fällen ein günstigerer
Verlauf des Haarwechsels wahrgenommen. Auch konnte
man einen Unterschied in Bezug auf die Nährwirkung der
Kartoffelschnitzel und Flocken nicht beobachten; sie war
bei beiden gleich. Pfeiffer ist der Ansicht, daß diese
Feststellung dahin verallgemeinert werden darf, daß man
sie auf Wiederkäuer ausdehnt. Macht das Pferd keinen
Unterschied in der Verwertung der Flocken und Schnitzel,
so ist ein solcher für das Rind und Schaf noch weniger an¬
zunehmen.
Bei Mastversuchen mit Schweinen handelte es sich zu¬
nächst um die Beantwortung der Frage, welcher Masterfolg
durch gleiche Nährstoffmengen in der Form von Maisschrot
bezw. Kartoffelflocken oder -Schnitzel erzielt werden kann,
wobei die tägliche Ration der Trockenkartoffeln auf 15 Kilo
pro 1000 Kilo Lebendgewicht festgesetzt wurde. An den
Versuchen beteiligten sich 8 Versuchsstationen mit 218
Schweinen. Die Mastdauer erstreckte sich im Durchschnitl
auf 105 Tage. Der Nährstoffausgleich geschah durch Fisch¬
oder Fleischfuttermehl. Es stellte sich heraus, daß sich bei
der Schweinemast Maisschrot und Kartoffelflocken ihren
‘Stärkewerten entsprechend vertreten können. Weniger gut
298
haben die Kartoffelschnitzel abgeschnitten. Der Unterschied
war jedoch ein sehr geringer.
Erwähnt sei, daß bei Verwendung von Trockenkartof¬
feln an Stelle von Mais die Qualität der Schlachtprodukte
eine sehr gute war, während die Maisfütterung allein mehr¬
fach einen weichen Speck und ein zur Herstellung von
Dauerwaren ungeeignetes Fleisch ergab.
Bei weiteren Versuchen wurde auch die Frage venti¬
liert, in welchen Gaben Trockenkartoffeln bei der Mast der
Schweine an diese verabreicht werden dürfen. Die diesbezüg¬
lichen Versuche wurden mit 172 Schweinen in 8 Versuchs¬
reihen angestellt. Die Mastdauer umfaßte im Durchschnitt
94 Tage. Es ergab sich, daß die Tiere auf 1000 Kilo Lebend¬
gewicht im ungünstigsten Falle 22 Kilo Flocken neben
Magermilch, im günstigsten Falle 29,6 Kilo Flocken, gleich¬
falls mit Magermilch verzehrten.
Kartoffelschnitzel nehmen die Tiere weniger gerne auf.
Der geringste Verzehr stellte sich auf 16 Kilo pro 1000 Kilo
Lebendgewicht, der höchste auf 25 Kilo.
Als sehr wertvolles Ergebnis dieser Versuche kommt
insbesondere der Umstand in Betracht, daß die den üblichen
Normen entsprechenden Nähr Stoff mengen ausschließlich in
der Form von Kartoffelflocken unter Zusatz von Magermilch
oder Fleischmehl unbedenklich verabreicht werden können.
Kartoffelflocken und -Schnitzel, so erklärt Professor
Pfeiffer am Schlüsse, sind ausgezeichnete Futtermittel,
die unter Beigabe von eiweißreichen Futtermitteln in viel¬
seitigster Weise zum Ersatz von Hafer, Gerste, Mais, Reis¬
mehl, Kleie etc. Verwendung finden können. Die Flocken
verdienen nur bei der Schweinemast den Vorzug. A.
Verschiedenes.
Professor Dr. Kühn- Halle f.
Am 15. April verschied in Halle der Wirkliche Ge¬
heime Rat, Exzellenz, Professor Dr. Kühn im 85. Lebens¬
jahre. Kühn war ordentlicher Professor an der Universität
Halle und Direktor des dortigen landwirtschaftlichen In¬
stitutes, einer Muster-Anstalt ersten Ranges, welche von
Kühn auch gegründet worden war.
In tierärztlichen Kreisen ist Kühn besonders durch
die Schöpfung seines berühmten Tiergarten an der Univer¬
sität Halle, durch Züchtungsversuche daselbst und die Lö¬
sung tierzüchterischer Probleme von großer Bedeutung be¬
kannt geworden.
299
Die Gehalts- und Pensionsfrage der württem^ergischen
Oberamtstierärzte.
In Nr. 8 der „Wochenschrift“ wurde mitgeteilt, daß
in Württemberg beabsichtigt werde, die pekuniären Ver¬
hältnisse der Oberamtstierärzte zu heben. Um dieses zu be¬
werkstelligen erachte die Regierung für angezeigt, die Ober-
amtstierarztensstellen zu vermindern und, wo es angängig,
durch Vereinigung kleinerer Bezirke größere zu bilden.
Die diesbezügliche Regierungsvorlage kam jüngst im
württembergischen Landtage zur Besprechung, fand aber
bei den Abgeordneten keine Zustimmung.
Dieser Art der Reorganisation des Veterinärwesens
traten besonders die konservative Partei und der Bauern¬
bund mit der Bemerkung entgegen, daß die Einziehung von
Oberamtstierarztstellen und die Bildung größerer tierärzt¬
licher Amtsbezirke den Bedürfnissen zuwiderlaufe und nicht
der richtige Weg sei, die Stellung der Oberamtstierärzte zu
verbessern.
Einladung zur Schütz-Feier.
(Statt besonderer Einladungen.)
Das definitive Programm der Schütz-Feier, zu der wir alle
Freunde, Verehrer und Schüler des Jubilars hierdurch nochmals
ergebenst einladen, ist nunmehr folgendes:
1. Festakt
veranstaltet vom Professoren-Kollegium der Kgl. Tierärztlichen
Hochschule zu Berlin
Freilag, den 29. April, mittags 12 Uhr
in der Aula der Hochschule, Luisenstrasse 56.
Eintrittskarten sind durch das Sekretariat der Hochschule zu
beziehen, sonst ist der Zutritt nur gestattet, soweit der Platz reicht.
Anzug: Frack bezw. Waffenrock mit Orden.
2. Festessen (nur für Herren)
Freitag, den 29. April, nachmittags 6 Uhr
im Hotel Adlon, Unter den Linden, Eingang Wilhelmstrasse 50a.
Der Preis des trockenen Gedeckes (einschl. der Unkosten)
ist auf 10 Mark festgesetzt. Anmeldungen werden bis spätestens
25. April an Professor Dr. Casper, Breslau X, Matthiasplatz 17
erbeten.
Ohne vorherige Anmeldung kann auf einen Platz an dem
Festmahl nicht sicher gerechnet werden, die rechtzeitig bestellten
Karten sind am Saaleingange zu erhalten.
Anzug: Frack bezw. Waffenrock mit Orden.
Für die Damen ist am Freitag Nachmittag eine gesellige Zu¬
sammenkunft vorgesehen, worüber noch Näheres mitgeteilt wird.
& Festkommers •
veranstaltet von dem Ausschüsse der Studierenden der Kgl. Tier-
ärztlichen Hochschule und
dem Ausschüsse der Studierenden der Kgl. Militär-Veterinär-
Akademie zu Berlin
Sonnabend, den 30. April, abends 8 Uhr
im Festsaal des Zoologischen Gartens, Berlin W., Kurfürstendamm.
Zugang: Kurfürstendamm, Zufahrt: Lichtenstein-Allee. Die
Tribünen sind für die Damen reserviert.
Der Festansschufi:
Casper. Eberlein. Hell. Mießner. Nevermann.
Bticherschan.
Zur Sichtbarkeit des Schweinepesterregers. Von Dr. R.
Rüther. Verlag M. u. H. Schaper, Hannover. 63 Seiten.
Preis 1 dt 50
Verf. erörtert nicht nur die im Titel enthaltene Frage,
sondern bespricht auch des näheren die Veränderungen, die
die Bakterien überhaupt bei Färbung, Züchtung u. s. w. er¬
leiden. Als Erreger der Schweinepest sieht er eine von ihm
gefundene Spirochäte an.
Das Schriftchen ist flott und anregend geschrieben
und enthält manche interessanten Gedanken und Beobach¬
tungen. L i n d n e r.
Bericht über die Tätigkeit des Bakteriologischen Institutes
für die Provinz Sachsen zu Halle pro 1908/09. Erstattet
von Dr. Raebiger, Leiter des bakteriolog. Institutes.
Halle a. S. 1909. Buchdruckerei von O. Thiele.
Im bakteriologischen Institute der Provihz Sachsen
zu Halle wurde, wie der Inhalt des vorgenannten Berichtes
zeigt, eine emsige Tätigkeit entwickelt, die im Berichts¬
jahre ausgeführten Arbeiten betrafen Seuchenbekämpfung,
bakteriologische Untersuchungen und Bekämpfung tierischer
Schädlinge der Landwirtschaft ; ferner gibt der Bericht Mit¬
teilung über die am Institute vorgenommenen zahlreichen
Prüfungen von Impfstoffen, Bakterienextrakten, Medika¬
menten, sowie über die publizistische Tätigkeit derMitglieder
des Institutes. Der reiche Inhalt bringt manches Neue zur
Klärung über bereits Vorhandenes, besonders in dem Ab¬
schnitte „Seuchenbekämpfung“.
Die Broschüre wird von Kollegen mit _Jnteres.se und
Nutzen gelesen werden. A.
Personalien.
Ernennungen: IDr. Karl N e u m a n n , Hilfsarbeiter am
tierhygienischen Institut der Universität Freiburg im Breisgau zum
Repetitor am pathologischen Institut der Tierärztlichen Hochschule
Berlin.
Niederlassung: Die Tierärzte Rudolf Schweiger aus
Lam in Amberg, Franz Rotlauf aus Weismain in Rott am Inn.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Gießen: die Tierärzte
Rudolf B a i 1 e s in Gießen, Max Bub in Stuttgart, Aug. J an n s e n
in Ostercappeln, Max Kuschel in Berlin, Heinrich R i e d n e r aus
Nürnberg, Rudolf V e r t aus Berlin, Otto Waldmann in Trebbin.
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54. Jahrg. München, den 3. Mai 1910. Nr. 18.
Inhalt : Originalartikel: Dr. Jakob: Die Paraplegie resp.
Parese der Nachhand beim Dachshunde — eine Folge seiner
ungünstigen Bauart. — Hock: Ein Fall von Lymphomatöse
bei einer Kuh. — Referate: Riehlein: Starke Scheiden¬
blutung bei einer Kuh. Holterbach: Neues aus der Phar¬
makologie. Peter: Die Neurektomie in der Praxis. Hen-
trick: Kolik infolge Aufnahme von mennigehaltigem Wasser.
Breitenreiter: Vergiftungserscheinungen bei Kühen nach Yerfüt-
terung von weißem Senf. Storch: Torsio Uteri praecervicalis.
Zimmermann: Straubfuß und Hufkrebs. — Tierzucht und
Tierhaltung: Beitrag zur Kenntnis des Gesundheitszustandes
der Augen unserer Militärpferde. Erfolge bayerischer Traber.
Atrichie beim Kalb. Förderung der Bienenzucht durch die preus-
sische Staatsbahnvorwaltung. — Verschiedenes: Beschick¬
ung der Wanderausstellung der Deutschen Landwirtschaftsgesell¬
schaft zu Hamburg im Juni 1910. Deutsche Beschickung der
internationalen Ausstellung für Landwirtschaft in Buenos-Aires. —
Bücherschau. — Personalien.
Die Paraplegie resp. Parese der Nachhand beim Dachs¬
hunde — eine Folge seiner ungünstigen Bauart.
Von Dr. H. Jakob, München, f)
Es wird kaum eine Erkrankung geben, die bei einer
bestimmten Hunderasse so häufig zu beobachten ist, als die
komplette eventuell auch unvollständige Lähmung der Nach¬
band, d. h. vor allem der beiden hinteren Extremitäten, beim
1 Dachshunde. Bei keiner anderen Hunderasse tritt diese ofl
blitzähnliche, spontane, meist schwere Erkrankung mit einer
solchen Häufigkeit auf als gerade bei dieser Hunderasse.
Ja es ist diese Erkrankung geradezu typisch für den Dachs¬
hund und es stellt derselbe gleichsam den Repräsentanten
f ) Vortrag, gehalten im Verein Münchener Tierärzte.
306
für diese Krankheitsform dar. Man findet deshalb auch in
den neuesten Lehrbüchern bei dem Kapitel der Krankheiten
des Rückenmarkes und seiner Häute das Bild eines ver¬
schiedenartig gelähmten Dachshundes vor, allerdings ohne
nähere Begründung.
Von den bei einer plötzlichen, mehr oder weniger
starken doppelseitigen Lähmung der hinteren Extremitäten
(Paraplegie und Paraparese), die auf einem entzündlichen
Prozeß des Rückenmarkes oder seiner Häute zurückgeführt
wird, für gewöhnlich in’s Feld geführten ätiologischen Mo¬
menten, wie heftige traumatische Einwirkungen (Schläge,
Stöße), Ausbreitung entzündlicher Prozesse von der Um¬
gebung aus auf das Rückenmark, insbesondere Infektions¬
und Intoxikationskrankheiten, intensive Erkältung, kommen
meiner Ansicht nach hei dieser dem Geschlechte des Dachs¬
hundes eigentümlichen Erkrankung, die meistens plötzlich,
oft ohne besonders auffallende Vorboten einzutreten pflegt,
keine in Betracht und können auch nicht einer schärferen
Kritik standhalten.
Bei dieser apoplektischen und akuten Paraplegie resp.
Paraparese der Nachhand beim Dachshunde müssen zweifel¬
los andere Ursachen mitspielen, die sicherlich mit der leich¬
ten Beweglichkeit, der Wirbelsäule, speziell der Lenden¬
wirbelsäule, und der relativ langen Lende, die nicht ge¬
nügend gestützt erscheint, im Zusammenhang stehen.
Durch zahlreiche Messungen der Höhe und Länge einer
großen Reihe auch anderer Hunderassen, wie aus nach¬
stehender Übersichtstabelle ersichtlich ist, fand ich die Tat¬
sache, daß der Dachshund stets länger als hoch ist, wenn
man nur die fast gerade verlaufende Rückenlinie von der
Schulter bis zum Becken in Betracht zieht. Dieses un¬
günstige Verhältnis zwischen der Höhe einerseits und der
Länge andererseits bedingt, wenigstens an einer bestimmten
Stelle, während der Bewegung eine ganz ungenügende und
mangelhafte Unterstützung des Rückgrates.
Hunderasse
Sch ul Er¬
höhe
in cm
Becken¬
höhe
in cm
Riicken-
länge
in cm
Verhältnis der Länge
zur Hohe
Dogge .
84
80
54
1 : 1,«
Bernhardiner ....
78
79
i 53
1 : 1,5»
Russischer Windhund .
76
76,5
| 50
1:1,5*
Deutscher Vorstehhund
69
70 '
46
1 :1,5»
Ghrnl onset ter ....
66
66
48
1 : 1,*7
Dobermann Pinscher
65
65
i
40
1 : 1,8»
307
Hunderasse
Schulter-
höbe
Becken -
höhe
Rücken-
Jänge
Verhältnis der Länge
zur Höhe
in cm
in cm
in cm
Deutscher Schäferhund
59
59
39
1: l,5i
Pudel .
53
52
36
1:1,44
Bulldogge .
52
51
40
1:1,«
Schnauzer .
41
41
30
1 : 1,8«
Spaniel .
38
38
28,5
1:1,88
Foxterrier .
34
33
23
1 :1,4»
King Charles ....
25
26
22
1: l,i8
Rehpinscher ....
23
24
19
1:1,8«
Aberdeen Terrier . .
27
27 j
25
1 : l,o8
Dachshund If) . . .
31
32
36
1 : 0,89
* n . . .
26
26
29,5
1:0,w
Tir (Zwerg-
" •*■■*■* dackel)
23
23
24,5
1:0,»4
IV . . .
28
28
30 1
1:0,8»
„ V . . .
30
30
33,6
1:0,8o
VI . . .
24
24
27,6
1 : 0,87
„ vn . . .
26
29
30,5
1:0,85
t) Alle hier angeführten rassereinen Dachshunde bis auf Nr. VII waren
gelähmt.
Aus dieser Tabelle kann man ferner entnehmen, daß
alle anderen Hunderassen, selbst solche, die sich in ihrer
Gestalt dem Dachshunde etwas nähern, wie z. B. der King
Charles-Hund oder insbesondere der Aberdeen Terrier, stets
höher als lang sind, wodurch der gesamte Rücken bei den
verschiedenen Aktionen des Körpers genügend gestützt ist.
Beim Dachshunde läßt sich auch schon im Schritt die
Beobachtung machen, daß die kurzen Beine nie so weit vor¬
gesetzt oder unter den Leib gestellt werden, daß die hinteren
Extremitäten nur annähernd in die Spur der vorderen ein-
greifen. Stets ist ein größerer Abstand zwischen der vor¬
deren und hinteren Fußspur vorhanden, der durchschnittlich
im Schritt 8—10 cm beträgt, was ich durch Messungen,
die im Winter nach leichtem Schneefall gemacht wurden,
weisen konnte. Durch dieses Nichtineinandergreifen der
Fußspuren wird für den Augenblick der betreffende Teil
des Rückens nicht genügend unterstützt sein.
Noch deutlicher tritt dieses Mißverhältnis der Länge
zur Höhe beim Dachshunde hervor, wenn man die Ver¬
hältnisse auch anderer Hunderassen graphisch zur Darstel¬
lung bringt. Während hier der Dobermann Pinscher das
beste Verhältnis der Länge zur Höhe aufweist (1 : 1,62),
zeigen sämtliche angeführten Dachshunde ein äußerst un¬
günstiges Verhältnis der Länge zur Höhe (von 1 :0,9o bis
308
1 :0,87) und marschieren somit im Vergleich mit anderen
Hunderassen an letzter Stelle.
309
günstigt wird, kann es gar zu leicht Vorkommen,
daß aus diversen Gründen die Lendenwirbelsäule in
der genannten Gegend und deren Umgebung mitunter
übermäßig starken spontanen Biegungen ausgesetzt wird,
wobei es allerdings in keinem Falle zu einer direkten
Luxation der Wirbel kommt, sondern schlimmsten Falles
zu einer mäßigen Diastase (Verstauchung) derselben,
bei welcher die Bänderverbindung zweier nebeneinander
gelegener Wirbel durch eine vorausgehende verschieden
starke Zerrung gelockert wird, ohne daß es dabei jedesmal
zu einer gegenseitigen Verschiebung der Wirbel zu kommen
braucht. Mit dieser Bänderzerrung geht auch eine ver-
schiedengradige Zerrung der peripheren Nerven insbeson¬
dere an den Stellen, an welchen sie aus den Intervertebral-
löehern ausmünden, zweifellos Hand in Hand.
Da bei solchen gelegentlichen intensiven Biegungen
der Lendenwirbelsäule, z. B. nach abwärts (ventralwärts,)
und nach aufwärts (dorsal), der Bandapparat der Wirbel
beiderseitig in Anspruch genommen und gezerrt wird, so
unterliegen notwendigerweise auch die aus den beider¬
seitigen Intervertebrallöchern austretenden peripheren
Nervenstämme einer bilateralen Zerrung. Höchstens bei
einer übermäßigen seitlichen Deviation der Lendenwirbel¬
säule kann sowohl die Zerrung des Bandapparates der in
Mitleidenschaft gezogenen Wirbel als auch die der ent¬
sprechenden peripheren Nerven eine mehr einseitige und
ungleiche sein.
Die hier in Betracht kommenden peripheren Nervei»,
welche den verschieden starken Zerrungen unterliegen, ge¬
hören der Hauptsache nach dem Lumbalgeflechte an. Zweifel¬
los partizipiert daran, jedoch auch der Bauchteil des Nervus
sympathicus, der an den Körpern der Lendenwirbel entlang
läuft und dessen Rami communicantes 1 ) mit den Rami ven¬
trales der Nerven des Plexus lumbalis in Verbindung stehen.
Auch der Nervus ischiadicus des Sakralgeflechtes, der
drei Wurzeln noch aus dem Lumbalgeflechte (5., 6. und 7.
Lendennerv.) erhält, kann bei diesen Zerrungen in Mit¬
leidenschaft. gezogen werden. Ob noch andere Nerven¬
stämme des Sakralgeflechtes miterkranken, hängt wohl von
der Dauer der Wirkung und von dem Grade der Zerrung ab.
*) El len herber u. Baum: Systematische und topographische
Anatomie des Hundes. P. 551.
310
Der Plexus lumbalis, der durch schlingenartige Ver¬
bindung der ventralen Äste des 1.—7. Lendennerven ge¬
bildet wird, innerviert nach Ellenberger und Bau in
(1. c.) die Vorwärtsführer der hinteren Extremitäten, die
Feststeller derselben und diejenigen Muskeln, welche das
Gleichgewicht herstellen. Die beiden ersten Lendennerven,
der Nervus ileo-hypogastrieus und der Nervus ileo-ingui-
nalis, versorgen mit ihren Fasern auch noch die Bauch¬
muskulatur (Musculus transversus abdominis, Muse, obliquus
internus et externus und Muse, rectus abdominis). Der
4. Lendennerv (Nervus cutaneus femoris anterior externus),
der eine Wurzel aus dem 3. Lendennerven — dem Nervus
lumbo-inguinalis — erhält, versieht gleichfalls noch mit
einigen Fasern die Bauchmuskulatur, sonst innerviert er die
Lendenmuskeln und Muskelgruppen der hinteren Extremi¬
täten. Die übrigen Lendennerven, insbesondere der Nervus
femoralis, versorgen mit ihren Fasern die Lenden- und
Beckenmuskeln und zahlreiche Muskelgruppen der hinteren
Extremitäten. Mit den benachbarten Nerven in dem Ge¬
flechte stehen sie mit verschiedenen Ästen in Verbindung.
Aus diesem Grunde kann bei einer übermäßig starken
Biegung der Lendenwirbelsäule nie ein Nerv des Lenden¬
geflechtes allein gedehnt oder gezerrt werden; es wird sich
diese Dehnung oder Zerrung stets bei den in der Nähe
liegenden Nerven in verschiedenem Grade geltend machen
und sich auf dieselben fortpflanzen.
Nun fragt, es sich, ob durch einen solchen mechanischen
Reiz, wie ihn die Dehnung oder Zerrung einzelner hier in
Betracht kommender Nerven darstellt, eine so hochgradige
Störung, vor allen Dingen der Motilität der hinteren Ex¬
tremitäten, hervorgerufen werden kann.
Nach Landois 2 ) und anderen Autoren ist dies
zweifellos der Fall. Wenn auch nach schwacher Dehnung
eines Nerven zunächst nur eine Steigerung der Reflexerreg¬
barkeit eint ritt, so ruft eine stärkere Dehnung desselben
zeitweise eine Abnahme der Reizbarkeit, sowie der Reflex¬
erregbarkeit, ja selbst vorübergehende Lähmung hervor.
Die höchsten Dehnungsgrade haben schließlich dauernde
Lähmung und selbst Zerreißungen der Nervenfäden zur
Folge. Die Wirkung des Zuges kann sich auch auf das
Zentralorgan erstrecken.
Je nachdem es sich nun um einen motorischen oder
sensiblen Nerven handelt, den der bet reifende Reiz trifft.
*) Lehrbuch der Physiologie des Menschen, 6. Auflage, nag. 6ö7.
311
treten ganz verschiedenartige Symptome von Seiten der
Motilität und Sensibilität auf.
Während bei einer schwachen oder stärkeren Dehnung
eines motorisc he n Nerven deür Muskel zunächst in
leichte Zuckungen, später in Krämpfe von verschiedener
Dauer und Intensität gerät, die sogar schmerzhaft sein
können — denn auch der motorische Spinalnerv enthält
nach L a n d o i s (1. c.) u. A. sensible Fasern — und bei
starker Dehnung oder Zerrung die Lähmung der zuge¬
hörigen Muskeln, bei welchen das Gefühl völlig erhalten
bleibt, das Finale bildet, tritt nach einem kürzeren oder
längeren Reiz sensibler Nerven mit der Steigerung der
Reflexerregbarkeit eine erhöhte Empfindlichkeit des be¬
treffenden Körperteiles, dann lebhafter Schmerz und später¬
hin Gefühllosigkeit ein, ohne daß es dabei, z. B. in den Ex¬
tremitäten, zu einem Sistieren der Bewegung kommt.
Da der bis zu den Intervertebrallöchern tretende Nerven¬
stamm noch eine Vereinigung von ventraler und dorsaler
Wurzel darstellt, also motorische und sensible Nerven ent¬
hält, so wird, wenn der Reiz den Stamm selbst trifft, sowohl
die Motilität der von dem betreffenden Nerven versorgten
Muskelgruppe als auch gleichzeitig die Sensibilität des ent¬
sprechenden Haut- und Muskelrayons darunter leiden. Gleich
nach dem Austritt aus den Intervertebrallöchern erfolgt je¬
doch bei allen Spinalnerven eine Teilung des Stammes in
zwei Äste und zwar in den ventralen (motorischen) und
in den dorsalen (sensiblen) Ast.
Während nun die ventralen Äste der hier in Betracht
kommenden Lendennerven (eventuell der Sakralnerven)
kaudalwärts an Stärke zunehmen und deshalb auch besser
in den von ihnen versorgten Muskeln fixiert zu sein scheinen,
nehmen die dorsalen Äste an Stärke derart ab, daß z. B. die
letzten dorsalen Aste der Lendennerven keine Zweige mehr
bis zur Haut abgeben, wodurch eine weniger gute Fixierung
zustande kommen wird. Dies dürfte meines Erachtens wohl
auch der Grund sein, daß bei starker Spontanbiegung der
Lendenwirbelsäule, z. B. nach abwärts, die ventralen Äste
der Lumbal- resp. Sakralnerven (Plexus lumbalis sive sacra-
lis) an der Zerrung oder Dehnung in höherem Grade parti¬
zipieren als die dorsalen. Die Folge davon wird, wenigstens
in vielen Fällen, deshalb, eine größere Motilitäts- als Sensi¬
bilitätsstörung sein, die zunächst durch eine komplette oder
unvollständige Lähmung der hinteren Extremitäten zum
Ausdruck kommt, wobei die Sensibilität, wie erwähnt, nicht
wesentlich verändert zu sein braucht.
312
Den ventralen Ästen der Lendennerven, wie der Spinal¬
nerven überhaupt, fällt noch die Aufgabe zu, Bewegungs¬
fasern für eine Anzahl mit glatten Muskelfasern versehener
Organe, z. B. der Harnblase, des Uterus etc., abzugeben;
auch die glatten Muskeln der Gefäßwandungen erhalten von
ihnen motorische Fasern (Vasomotoren). Auf die Kontrak¬
tion der Gefäßmuskeln können sie durch Hemmungsfasern
regulierend einwirken (Vasodilatatoren). Alle diese Organe
werden mehr oder minder durch einen solchen mechanischen
Reiz, wie ihn die Dehnung oder Zerrung als Folge einer ex¬
tremen Biegung der Lendenwirbelsäule mit sich bringt, in
ihren Funktionen gestört sein.
Weitere Funktionsstörungen können meiner Ansicht
nach in allen denjenigen Organen noch auftreten, die von
dem Bauchteil des Sympatliicus innerviert werden, der ja
mit einem jeden Lendennerven durch einen Ast verbunden
ist und infolge seiner anatomischen Lage entlang derWirbel-
körper ebenfalls die das Lumbalgefiecht treffenden mecha¬
nischen Reize der Hauptsache nach teilt. Insbesondere wird
davon der Darmtrakfus, vornehmlich der Dickdarm, aber
auch das uropoetische System betroffen.
(Fortsetzung folgt.)
—
Ein Fall von Lymphomatöse bei einer Kuh. >
Von Kgl. Bezirkstierarzt Hock, Kissingen. ... N
Auf einem Gute kam eine Kuh zur Behandlung, lief
der das eine Auge erheblich aus der Augenhöhle hervortrat;
dasselbe war entzündet, blutig infiltriert, getrübt, das Seh¬
vermögen gestört. Im übrigen zeigte sich das Tier fieberlos
und munter und hatte gute Freßlust. Ich stellte die Dia¬
gnose auf eine Neubildung in der Augenhöhle. Nach zirka
3 Wochen traten die gleichen Erscheinungen am anderen
Auge auf. Da sich inzwischen auch Störungen des Allge¬
meinbefindens einstellten, ordnete ich Schlachtung an. Die
Sektion ergab progressive Lymphomatöse. An verschiedenen
Körperstellen und Organen fanden sich Neubildungen,
ebenso in beiden Augenhöhlen, bis zu Kindskopfgröße vor.
(Jahresberichte bayer. Tierärzte.)
Referate.
R i e h 1 e i n: Starke Scheidenblutung bei einer Kuh.
(Tierärztl. Rundschau, 1910, Nr. 8.)
Eine Erstlingskalbin, die ohne tierärztliche Hilfe ge¬
kalbt hatte und sich dann vollständig gesund zeigte, bekam
313
nach drei Wochen plötzlich starke Blutungen aus der
Scheide. Der Besitzer beobachtete hierbei mehrere kinds¬
kopfgroße Blutklumpen hinter dem Tiere und ferner Ab¬
gang flüssigen Blutes. Bei der sofort vorgenommenen Unter¬
suchung fand Verf. 140 pochende Herzschläge, beschleunigte
Atmung und Appetitmangel; die Blutung hatte bereits auf¬
gehört. Die Untersuchung der Scheide ergab mit Ausnahme
eines faustgroßen Blutgerinnsels keine gröbere'Verletzung.
Infolge dieses negativen Befundes erschien die Herkunft
des Blutes rätselhaft. Therapie: Innerlich 3 Gaben von
flüssigem 10,0 Chlorcalcium und wiederholte Kochsalzinfu¬
sionen in den Mastdarm, worauf eine weitere Blutung nicht
mehr eintrat und das Tier sich wieder vollständig erholte.
Aber schon nach 10 Tagen zeigte das Tier wieder Ab¬
gang von viel flüssigem Blut aus der Scheide. Bei der Ent¬
fernung eines faustgroßen Blutklumpens aus der Scheide
sprudelte dem Autor aus der linken Scheidenwandung ein
-Blutstrahl in die Hand und bei genauerem Absuchen mit
dem Finger fand derselbe oralwärts und links über der Harn¬
röhrenmündung eine rundliche 1 cm tiefe Verletzung in der
Scheidenwand, aus der das Blut herausquoll, welches von der
verletzten hinteren Scheidenarterie herrührte. Nachdem die
blutende Stelle der Scheidenwandung rpit einer Hakenzange
gefaßt war, wurden mit der Gerlach’schen Heftnadel 3 tiefe
Nähte durch die Wundränder gelegt, wodurch die Blutung
vollständig gestillt wurde. Daneben wurden täglich zwei¬
malige Scheidenspülungen verordnet. Vollständige Heilung
ohne Auftreten jeder Nachblutung.
Über die Entstehung der Verletzung vermag Verf.
keine bestimmte Erklärung zu geben, doch dürfte ein Zu¬
sammenhang mit dem Geburtsakte oder ein sadistisches
Attentat auszuschließen sein.
Holterbach: Neues aus der Pharmakologie. (Tier¬
ärztliche Bundschau, 1910, Nr. 7.)
1. Peristaltin ist ein aus der Kaskararinde iso¬
lierter Stoff, der bei Kaninchen, Hunden, Katzen und Pfer¬
den innerlich und bei Hund und Katze, subkutan verabreicht,
abführend wirkt ohne Beizung der Nieren. Innerliche Dosis
bei Hunden 0,1—1,0, bei Katzen 0,5, bei Pferden 5—30,0.
Subkutane Dosis bei Hunden 0,5, bei Katzen 0,3.
2. E u s e m i n ist eine sterilisierte Kokainadrenalin¬
lösung.
3. A s u r o 1 ist ein Doppelsalz aus Quecksilbersalizylat
und amidooxyisobuttersaurem Natron und enthält 40,3 %
314
Quecksilber. Es unterscheidet sich von den anderen Queck¬
silbersalzen dadurch, daß es löslich ist, kein Eiweiß fällt,
rasch resorbiert wird und in größeren Einzeldosen verab¬
reicht werden kann. Wird bei Syphilis gerne gebraucht. In
der Tierheilkunde wäre es bei Infektionskrankheiten und
besonders bei den durch Protozoen verursachten Krankheiten
der Hunde und Pferde zu versuchen.
4. Josorptol ist ein syrupartiger, brauner Salben¬
körper neutraler Reaktion von eigentümlichem scharfem
Geruch mit einem Gehalt von 10 % Jod. Ist ein neues vor¬
zügliches Resorbens und wurde bei Sehnen- und Sehnen -
scheiden-Entzündungen, Phlegmonen und Nageltritten em¬
pfohlen.
5. Arecovetrol sind luftdicht abgeschlossene Ge¬
latinekapseln, die teils je 0,1 Arecolin. hydrobromic., teils
0,1 Veratrin. sulfuric., gemischt mit Strychninsamen, ent¬
halten und von Holterbach bei den Magenleiden des
Rindes angewandt werden. R a b u s.
Peter: Die Neurektomie in der Praxis. (Berliner
Tierärztl. Wochenschrift, 1909, Nr. 32.)
Verf. hat im Laufe vieler Jahre eine große Anzahl von
Neurektomien ausgeführt. Nach ihm ergibt die besten Er¬
folge die Doppelneurektomie der Volar- und Plantarnerven
bei Podotrochlitis chronica, chronischen Arthritiden und Peri¬
arthritiden des Krongelenkes und bei chronischen Huflahm-
heiten. Es ist hiebei jedoch Voraussetzung, daß weder chro¬
nische noch akute Entzündungszustände der Huflederhaut
vorhanden sind.
Durch Vornahme des Nervenschnittes wird letztere in
einen entzündungsartigen Zustand versetzt, indem Crefäß-
erweiterung mit Neigung zu Transsudatiou und Emigration
weißer Blutkörperchen und damit die Gefahr der Exungu-
lation eintritt. Diese ist jedoch nicht nur durch die künst¬
lich erzeugten Zirkulations- und Ernährungsstörungen, son¬
dern offenbar auch noch durch andere Einflüsse veranlaßt.
Häufig wird der Vorgang durch eine zufällige äußere Ver¬
letzung, so durch Nageltritt, Vernagelung, Quetschung ein¬
geleitet ; im übrigen muß aber die konstante Mitwirkung
einer inneren Ursache angenommen werden. Sie dürfte in
den meisten Fällen in chronischen Entzündungsprozessen
der Huflederhaut zu suchen sein, die mit krankhaften Ver¬
änderungen der Hornkapsel Zusammenhängen. Schon längst
wußte man, daß der Eingriff bei gewissen Hufformen und
315
bei akuter Entzündung der Huflederhaut nicht zulässig ist.
Die Grenzen dürften jedoch noch erheblich enger zu ziehen
sein; so ist von der Operation abzusehen auch bei Zwangs¬
hufen, die in allen Arten mit Ernährungsstörungen der Huf¬
matrix verbunden sind, sowie bei Hornsäulen, hohler und
getrennter Wand, inveterierten Hornspalten und Steingallen,
die der Regel nach mit chronischer Entzündung verbunden
sind. Einmal sah Verf. den Anstoß zum Ausschuhen von
einer durch Greifen entstandenen Ballenwunde ausgehen;
es sind also auch Pferde, die sich streichen oder in die Ballen
greifen, unter Umständen von der Neurektomie auszu¬
schließen. In dem betreffenden Fall konnte übrigens das
seltene Ergebnis erzielt werden, daß eine Wiederanheilung
des Hornschuhes eintrat, nachdem sich Trachten, Eckstreben
und der hintere Teil des Strahles bereits abgelöst hatten.
Die Doppelneurektomie des Tibialis und Peroneus
gegen Spat hat verhältnismäßig günstige Resultate aufzu¬
weisen; immerhin ist der Erfolg wechselnd und der Regel
nach nicht von Dauer. Zu empfehlen ist diese Art der Neur¬
ektomie im allgemeinen gegen alle chronischen Entzün¬
dungen der Sprung- und der Fesselgelenke, sowie gegen
Periostitiden an den Metatarsalknochen. Annähernd gleich 1
zti beurteilen ist die Doppelneurektomie des Medianus un<$ *
Ülnaris inBezug auf die entsprechenden Krankheitszustände <
des Vorderfußes. Recht zweifelhafte Ergebnisse liefert die
Doppelneurektomie bei Sehnenleiden; das erkrankte Sehnen¬
gewebe ist anscheinend für die veränderten Ernährungs¬
verhältnisse ebenso empfindlich wie die chronisch entzün¬
dete Hufmatrix.
H e n t r i c k: Kolik infolge Aufnahme von mennige¬
haltigem Wasser. (Zeitschr. f. Veterinärkunde, 1909, XI.)
Bei 2 Batterien trateu innerhalb kurzer Zeit mehrere
Kolikfälle auf, die zum Teil nebeneinander stehende Pferde
betrafen, so daß zunächst an eine Infektion gedacht wurde,
bis die Untersuchung des Wassers in den Tränkbottichen
auf die wirkliche Ursache führte. Die Bottiche, in denen
das Wasser durch die Stallwärme etwas vorgewärmt werden
soll, bestehen aus Eisenblech und sind innen mit dem be¬
kannten roten Anstrich von Mennige (Pb 3 0 4 ) versehen.
I )ie Einflußöffnung ist am oberen Rande, die Abflußöffnung
15 cm über dem Boden, so daß sich abgesetzter Schmutz und
abgefallene Mennigeteilchen hier ansammeln. Beim Ab¬
lassen der Bottiche hatte der letzte Eimer schmutzig-rote
Farbe. Durch chemische Untersuchung des Bodensatzes
316
wurde Pb 3 0 4 leicht nachgewiesen. Sobald die Bottiche
außer Gebrauch gesetzt waren, hörten die Kolikfälle auf.
Die Krankheitserscheinungen waren verschieden. Meist
standen die Patienten mit gesenktem Kopf ruhig da. Die
Beine wurden untergestellt und die Bauchdecken zusammen¬
gezogen. Futter- und Wasseraufnahme erfolgte nicht. Der
Puls war klein, die Arterie hart, die Atmung erschwert., das
Sensorium eingenommen. Die Darmgeräusche waren unter¬
drückt., abgesetzte Kotballen von rot-brauner Farbe; es be¬
stand Verstopfung. Zwei Fälle endigten mit dem Tode; bei
zweien ergab die Sektion katarrhalische Entzündung der
Magenschleimhaut und des Dickdarmes bezw. hämorrha¬
gische Entzündung des Dickdarmes und Futterschoppung.
Im dritten Fall lag Darmentzündung mit stinkendem Durch¬
fall vor. Patient drängte heftig nach vorwärts, zeigte
schwankenden Gang und schließlich im Liegen krampf¬
artige Zuckungen der Gliedmaßen- und Rumpfmuskulatur.
Sektionsergebnis: Enteritis haemorrhagica, Peritonitis sero-
fibrinosa.
Breitenreiter: Vergiftungserscheinungen bei
Kühen nach Verfütterung von weißem Senf. (Zeitschrift
für Veterinärkunde, 1909, XI.)
Ein Besitzer, der bereits seit vielen Jahren Sinapis alba
ohne jeden Nachteil als milchtreibendes Grünfutter ver¬
wendete, hatte seine Kühe den ganzen Tag in jungem Senf
weiden lassen und ihnen im Stall dann noch abgeblühten
Senf gegeben. Zwei Stunden danach trat bei sämtlichen 11
Kühen krampfartiger Husten auf. der ungefähr 1 Stunde
anhielt. 3 Kühe zeigten auch Kolikerscheinungen, Rötung
der Augenschleimhäute, kleinen, beschleunigten Puls und
eine Temperatursteigerung etwas über 40°. Am anderen
Morgen waren sämtliche Tiere wieder völlig gesund.
Da der abends verfütterte Senf bereits Schoten ange¬
setzt hatte, so dürfte die Erkrankung auf das in den Samen
enthaltene Senföl zurückzuführen sein.
Storch: Torsio uteri praecervicalis. (Berl. Tierärztl.
Wochensehr., 1909, Nr. 37.)
Bei einer Kuh, die bereits seit 2 Tagen Wehen zeigte,
war der mit der Hand leicht erreichbare Muttermund ge¬
schlossen. In der Scheide fühlte man keine Falten. Erst
durch rektale Exploration ließ sich eine Drehung desllterus-
körpers feststellen. Wälzen blieb ohne Erfolg, so daß die
Schlachtung erfolgen mußte.
317
Zimmermann: Straubfuß und Hufkrebs. (Berl.
Tierärztl. Wochenschr., 1909, Nr. 32.)
Die von Möller vertretene Anschauung, daß der so¬
genannte Hufkrebs ein dem Straubfuß, d. h. der Dermatitis
verrucosa identischer Prozeß sei, hat noch nicht allgemein
Anklang gefunden. Gutenäcker teilte 2 Fälle mit, in
denen beide Leiden am gleichen Fuß vorhanden waren.
Einen gleichartigen Fall hat nun auch Z. beobachtet. Bei
einem älteren Pferd war der linke hintere Unterfuß stark
angeschwollen und mit nässenden, warzigen Erhabenheiten
bedeckt, zwischen denen sich eine stinkende, käsige Masse
angesammelt hatte. Dieser Prozeß ging ohne merklichen
Unterschied über die Ballen auf den Strahl über.
L i n d n e r.
Tierzucht und Tierhaltung.
Beitrag zur Kenntnis des Gesundheitszustandes der Augen
unserer Militärpferde.
Kirsten hat genaue Augenuntersuchungen bei sämt¬
lichen Pferden des 2. bayerischen Ulanen-Regiments vor¬
genommen. Es ergab sich hiebei die überraschende Tat¬
sache, daß 58 % der Pferde Augenveränderungen der ver¬
schiedensten Art — Ametropien jedoch nicht mitgerechnet
— aufwiesen und daß ein Drittel der Pferde des Regiments
in forensischer Hinsicht als mit periodischer Augenentzün¬
dung behaftet anzusehen wäre.
Refraktionsbestimmungen erstreckten sich auf 300
Pferde. 54 % hievon zeigten Myopie-Grade von 1—7 D.
Hypermetropie dagegen war ein seltener Befund; in keinem
Fall überschritt sie 0,5 D. Hiebei konnte auch die Richtig¬
keit der Angabe, daß die Pferde während der Untersuchung
nicht akkommodieren, bestätigt werden. Häufig waren die
höheren Grade von Myopie mit schwerwiegenden Verände¬
rungen der Linse oder des Glaskörpers verbunden.
Eine besondere Beachtung wurde den bodenscheuen
und den schlecht springenden Pferden zuteil; unter 58 der¬
artigen Pferden fanden sich 22 mit Myopie über 2 D., 20
mit, Linsensklerose, 14 mit Verflüssigung und Trübung des
Glaskörpers, 12 mit Starbildung und 1 mit akuter perio¬
discher Augenentzündung. Nachdem Linsentrübungen bei
scheuenden Pferden verhältnismäßig nicht sehr häufig Vor¬
kommen und auch zu beobachten ist, daß Pferde mit erheb¬
lichen, oft doppelseitigen Starbildungen nicht scheuen, hält
318
Verf. dafür, daß hochgradige Ametropie und besonders die
Sklerose — diese vielleicht infolge Beeinträchtigung der
Akkommodationsfähigkeit — beim Scheuen der Pferde die
Hauptrolle spielen. (Kirsten in Zeitschr. f. Veterinär¬
kunde, 1909, X.) L i n d n e r.
Erfolge bayerischer Traber.
Bei dem diesjährigen Eröffnungstage (Ostersonntag)
in Altona-Bahrenfeld erzielten 3 bayerische Traber nennens¬
werte Erfolge. „Quasia“ v. Dr. Sphinx—Queen Patchen ge¬
wann den Preis von Lurup (2000 Mk.), 2200 Meter, Rekord
1:38 3 , „Anny Wilkes“ v. Dr. Sphinx—Shedd Wilkes den
Frühjahrspreis der Inländer (2500 Mk.), 2000 Meter, Re¬
kord 1:36 3 und „Simbacherin“ von King Vasko—Legvär
den ,Bruder Straubinger‘-Preis für Dreijährige (1800 Mk.),
1800 Meter. Am Ostermontag konnte „Messi Sphinx“ von
Dr. Sphinx—Fanny den Preis von Lochstadt (1700 Mk.),
2200 Meter, gewinnen. (Zeitschr. f. Pferdekunde u. Pferde¬
zucht, Nr. 7, 1910.)
Atrichie beim Kalb.
Eine 4jährige Kuh (Kreuzungsprodukt einer Ellinger
Kuh mit einem Bullen vom Schlage des gelben Franken¬
viehes) gebar nach normaler Trächtigkeitszeit ein gesundes,
jedoch vollkommen unbehaartes Kalb. In den ersten Tagen
nach der Geburt war an dem ganzen Tier kein Härchen zu
entdecken, nicht einmal an der Innenseite der Ohren oder
am Schweif-Ende. Die Haut war semmelfarben, glatt und
glänzend; sie hatte fast widriges, lackiertes Aussehen. Das
Kalb blieb vollkommen gesund, entwickelte sich normal
und wurde im Alter von 3 Wochen an den Metzger ver¬
kauft. Die Haut, hatte nunmehr ein mattes, stellenweise
sammtartiges, stellenweise aber auch schieferiges, schuppiges
Aussehen bekommen. Nur dem Rücken entlang konnten
einzelne flaumartige Haare entdeckt, werden.
Förderung der Bienenzucht durch die preußische Staats¬
bahnverwaltung.
Die Eisenbahndirektionen sind schon vor längerer Zeit
angewiesen worden, bei Bepflanzung der Böschungen und
Trennstücke an den Eisenbalmkörpern nicht nur auf die
Förderung der O b s t b a u m z u c h t und auf den Schutz
der einheimischen V ö g e 1, sondern auch auf die Förderung
319
der Bienenzucht Bedacht zu nehmen und das Interesse
der Bediensteten für Bienenzucht durch Belehrung und
Verbreitung geeigneter Schriften wachzurufen. Sie sind
ferner ermächtigt worden, die Bediensteten in der An¬
schaffung von Bienen zu unterstützen und ihnen den Be¬
such von Lehrkursen und Ausstellungen durch Gewährung
von Urlaub zu erleichtern.
Dieser Anregung ist nach dem Betriebsbericht der
preußisch-hessischen Staatseisenbahnen für das Rechnungs¬
jahr 1908/09 im Berichtsjahr in weitem Umfange ent¬
sprochen worden. Mit Aufwendung von rund 11 200 Mark
(11600 Mark im Vorjahre) sind 165 Bediensteten bei An¬
schaffung von Bienen Unterstützungen gewährt, während
208 Bediensteten der Besuch von Lehrkursen und Aus¬
stellungen erleichtert worden ist. Durch diese Maßnahmen
ist das Interesse der Bediensteten für Bienenzucht geweckt
und gesteigert worden. Am Ende des Berichtsjahrs be¬
trieben 2409 (gegen 2343 Ende 1907) Bedienstete Bienen¬
zucht. (L. Z.)
Verschiedenes.
Beschickung der Wanderausstellung der Deutschen Land-
Wirtschafts-Gesellschaft zu Hamburg im Juni 1910.
Zur diesjährigen Wanderausstellung der Deutschen
Landwirtschafts-Gesellschaft, welche vom 2.—7. Juni in
Hamburg stattfindet, sind 670 Pferde, 1332 Rinder, 816
Schafe, 815 Schweine und 228 Ziegen angemeldet.
Deutsche Beschickung der internationalen Ausstellung für
Landwirtschaft in Buenos-Aires.
Zu der in Buenos - Aires aus Anlaß der Jahrhundert¬
feier der Unabhängigkeit Argentiniens in Buenos - Aires
stattfindenden landwirtschaftlichen Ausstellung bringen
deutsche Züchtervereinigungen an Pferden 20 Hengste und
zwar 8 Holsteiner, 5 Oldenburger und 7 Ostfriesen.
Rinder werden von deutschen Züchtervereinigungen
46 Stück ausgestellt; sie gehören zu gleichen Teilen dem
schwarz-bunten und rot-bunten norddeutschen Schlage an
und kommen aus Ostfriesland, Oldenburg, Ostpreußen, Hol¬
stein und aus der Rheinprovinz.
Bttcherschan.
Physiologie des Menschen und der Säugetiere. Von Prof.
Dr. Rene du Bois-Reymond, Abteilungsvorsteher
320
am physiologischen Institut der Universität zu Berlin.
Zweite Auflage. Mit 139 Textfiguren. Berlin 1910, Ver¬
lag von Hirschwald.
Vor knapp 2 Jahren erschien die erste Auflage des
vorstehend bezeichneten Werkes und schon wieder war eine
neue Ausgabe erforderlich, ein Beweis für die Zweckmäßig¬
keit und Nützlichkeit des Buches. Die Einteilung des Stoffes
ist die gleiche geblieben wie in der ersten Auflage. Der
erste Teil handelt vom Stoffwechsel und der zweite von den
Leistungen des tierischen Organismus. Eingehende Ände¬
rungen am Inhalte, wie ihn die erste Auflage bot, waren
nicht erforderlich. Verf. hat aber gleichwohl da, wo es
zweckmäßig erschien, Abänderungen getroffen, ferner eine
Reihe von Absätzen eingefügt und außerdem zur Förderung
der Übersichtlichkeit einen Teil des Textes in Kleindruck
gegeben. Die gedrängte Darstellung des Inhaltes des
Buches, die leichte" Verständlichkeit desselben sowohl im
einzelnen als im Zusammenhalte stempeln das Werk zu
einem vorzüglichen Lehrbuche für die Studierenden und
zu einem sehr erwünschten Nachschlagewerke für die Fach¬
genossen. A.
Personalien.
Ernennungen: Dr. Seeberger Adolf, städt. Tjernrzt
in Freiberg (Sa.) als solcher in Zwickau (Sa.). Dr. Öliger,
bezirkstierärztlicher Assistent in Engen (Baden) zum Assistenten
des Landesinspektors für Tierzucht in Straßburg (Elsaß).
Wohnsitz-Veränderung: Behr Fritz aus München
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Druck von J. Gotteswinter, München. — Kommissionsverlag: M. Riegersehe
Universitätsbuchhandlung. München, Odeonspl&tz 2.
Münchener
(Mber: WocMsclrilt Ifir TlerheilKande und Tiebzaclit).
Unter Mitwirkung bewahrter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 10. Mai 1910. Nr. 19.
Inhalt : Originalartikel: Dr. Böhm: Wert der Trichinen¬
schau. — Dr. Jakob: Die Paraplegie resp. Parese der Nachhand
beim Dachshunde — eine Folge seiner ungünstigen Bauart.
(Fortsetzung.) — Referate: Krüger: Hyperämie als Heil¬
mittel in der Tierheilkunde. Holterbach: Neues vom Yohim-
vetol. — Tierzucht und Tierhaltung: Das Zungen¬
löffeln des Rindes. Ersatz von Vollmilch durch Magermilch
mit und ohne Surrogate bei Saugkälbern. — Verschie¬
denes: Ehrung des Geheimrates Dr. Schütz. Fortbildungskurs
für Tierärzte in der Milchhygiene. Viehseuchen-Nachrichten. —
Literatur. — Personalien.
Wert der Trichinenschau.
Von Amtstierarzt Dr. Joseph Böhm, Nürnberg.
In den norddeutschen Staaten, in welchen seit vielen
Jahren die obligatorische Trichinenschau besteht, ist eine
erfolgreiche Wirkung derselben auch nach der Richtung
hin bemerkbar, daß die Zahl der trichinösen Tiere konti¬
nuierlich abnimmt. Das Gegenteil ist in Bayern zu beob¬
achten, wo mangels einer allgemeinen solchen Untersuchung
die Infektionsherde nicht genügend aufgefimden und beseitigt
werden können.
In einem 1907 abgegebenen Gutachten erklärte ich,
daß in Bayern die Trichinose bei Schweinen immer häufiger
werde. Wenn auch in letzterer Zeit in mehr Gemeinden
als früher die Beschau vorgenommen wird und hiedurch
die Möglichkeit von Trichinenfunden größer wurde, so ist
322
doch beachtenswert, daß für die neun Jahre 1884—1902 von
den trichinösen Schweinen, welche in Bayern geschlachtet
wurden, nur 33°/o, für die fünf Jahre 1903—1907 57°/o in
Bayern selbst gezüchtet und gemästet waren, während nach
einer Mitteilung Seiner Exzellenz des Herrn
Staats mini stcrs von Brettreich, in der Plenar¬
sitzung der Bayer. Abgeordnetenkammer vom 16. März 1910
diese Ziffer in den zwei Jahren 1908 und 1909 auf 67°/o ge¬
stiegen ist.
Hinsichtlich der geographischen Lage der Gegenden,
wo Trichinen bei Schweinen oder Ratten gefunden wurden
bezw. die betreffenden Schweine gezüchtet waren, kann nicht
mehr behauptet werden, daß die fränkischen Kreise allein
in Betracht kommen. Man wolle nur an der Hand einer Land¬
karte von Bayern die bezüglichen Orte aufsuchen, wie: Bad
Kissingen, Steinbach bei Probstzella, Hof, Weiden, Regen
und Freyung im bayerischen Wald, Passau, Schärding,
München, Augsburg, Biessenhofen im Algäu, Gunzenhausen,
Rothenburg o. T., Hammelburg, Markt Erlbach, Bamberg,
Erlangen, Nürnberg, Bayreuth, Amberg, Neumarkt in Ober¬
pfalz, Ellingen, Treuchtlingen, Eichstätt, Ingolstadt, Regens¬
burg, Landshut, Straubing, Dingolfing, Vilshofen etc. Man
muß wohl zu der Überzeugung kommen, daß eine An¬
steckungsmöglichkeit auch für den Menschen in den ver¬
schiedensten Teilen, an der Peripherie und in der Mitte
des Landes vorhanden ist.
Die meisten Gemeinden, welche bereits Trichinenschau
eingeführt haben, besitzt Mittelfranken mit der Zahl 20.
Für eine Reihe weiterer Orte ist das Beschaupersonal bereits
ausgebildet. Dieser Fortschritt ist in erster Linie auch dem
unermüdlichen und energischen Eintreten seitens der Kgl. Re¬
gierung dieses Kreises zu danken, die immer wiederauf
die Gefahr von Trichinenerkrankungen durch den Genuß
nicht untersuchten Fleisches hinweist.
Einsichtsvolle Gemeindeverwaltungen haben aus diesen
berechtigten Mahnungen der Behörde die Konsequenz
gezogen und die üntersuchung ortspolizeilich angeordnet.
Leider aber gibt es auch Gemeindevertreter, welche in
starrer Nichtbeachtung des wohlgemeinten Ratschlages klüger
sein wollen, als diejenigen welche genauen Einblick in die
Verhältnisse haben. Zu solchem Städten gehört auch Eich¬
stätt, wosell>st Bürgermeister und auch Magistratsmitglieder
sowie der Kgl. Bezirkstierarzt schon wiederholt für die Ein¬
führung der obligatorischen Trichinenschau eingetreten sind,
bezw. dafür gestimmt haben; die Mehrheit des Gemeinde-
323
koUegiums aber glaubte nicht daran, daß auch in der Um¬
gebung Eichstätts Trichinen Vorkommen und verhält sich
ablehnend. Am 18- April ds. Js. nun fanden wir in Nürn¬
berg 2 Schweine hochgradig trichinös, die in einem Gehöfte
nahe bei der Stadt Eichstätt gezüchtet und gemästet
waren. Seihst jetzt noch zweifelte man dort an der Richtig¬
keit der amtlich gestellten Diagnose und ließ sich erst über¬
zeugen , als ein drittes Schwein des gleichen Stalles am
23. April in Eichstätt selbst geschlachtet und ebenfalls stark
mit Trichinen durchsetzt befunden wurde. Möchten, doch
jetzt endlich die Zweifler dies Vorkommnis als ernste War¬
nung des Schicksals betrachten, ehe es zu spät ist. Die
traurigen Folgen einer nicht rechtzeitigen Erkenntnis inner¬
halb der Gemeindeverwaltung mußten die Rothenburger
am eigenen Leibe erfahren. Wenn auch seitens des Kgl.
Staatsministeriums erklärt wurde, daß der Einführung der
obligatorischen Trichinenschau für gewerbliche Schlach¬
tungen näher getreten werden wird, so besteht hiedurch
m. E. für besonders gefährdete Städte mit großem Fremden¬
verkehr kein Anlaß, mit dem Beginn der Untersuchung
noch zuzuwarten.
Einige Trichinenfunde im Jahre 1910 verdienen wegen
der Begleitumstände, unter welchen sie gemacht wurden,
besonders hervorgehoben zu werden.
Am 18. Februar mußten in Augsburg und am 2. März
in Passau je ein Schwein als sehr stark trichinös erklärt
werden; beide Schweine stammten aus Niederbavern und
würden nicht gefunden worden sein, wenn nicht den be¬
treffenden Metzgern die Fleischlieferungen für die dortige
Garnison übertragen wäre, da die Militärverwaltungen die
vorgenommene Trichinenschau zur Bedingung gemacht
haben. Die Trichinenfunde waren somit rein vom Zufall
abhängig und wären die Schweine von andern Metzgern
geschlaclitet worden — weder in Augsburg noch in Passau
besteht obligatorische Trichinenschau — so hätten sie leicht
eine Massenerkrankung hervorrufen können.
Am 18. April wurde in Treuchtlingen ein daselbst
geschlachtetes Schwein von dem Beschauer als trichinös
befunden und dieser Befund vom zuständigen Tierarzt be¬
stätigt. Der Schlächter dieses Schweines liefert die be¬
rühmten Bratwürste, welche während des meist kurzen
Aufenthaltes der Züge am Treuehtlinger Bahnhof- •
perron in Eile von den Reisenden gekauft und verzehrt
werden. Außerdem liefert dieser Metzger auch solche Würste
nach München an die Hoftafel Seiner Königlichen
324
Hoheitdes Prinz-Regenten. Ich glaube, es wird keinen
Menschen geben, der in Kenntnis dieser Umstände nicht
beruhigt ist, zu wissen, daß nunmehr, allerdings erst seit
8 Wochen, alle Schweine dieses Treuchtlinger Metzgers auf
Trichinen untersucht werden.
Zum Schlüsse seien die Worte des Landtagsabge¬
ordneten Dr. S. Günther, Professor an der Technischen
Hochschule in München angefügt, welche derselbe am Schlüsse
seiner trefflichen Rede über die Notwendigkeit der Trichinen¬
schau in Bayern in der Kammer gesprochen hat: „Ich bin fest
überzeugt, wenn von derjenigen Seite, die auf das Landvolk
einzuwirken Gelegenheit hat, demselben klar vorgeführt
wird, wie groß die Gefahr sein kann, wie groß sie nicht
nur in Norddeutschland, sondern auch in Bayern tatsächlich
ist, dann wird auch allmählich die Abneigung gegen die
ja unzweifelhaften Unbequemlichkeiten, die mit jeder der¬
artigen Neugestaltung der Dinge verknüpft sind, sehr ins
Schwinden kommen und alle klugen Leute auf dem
platten Lande werden einsehen, dass der Staat
das Recht, ja sogar die Pflicht hat, derartige
Vorkehrungen in die Wege zu leiten.“
In diesem Sinne sollten jetzt auch die Tierärzte ge¬
legentlich aufklärend wirken und so beihelfen, den staat¬
lichen und städtischen Behörden die seinerzeitige Einführung
der Trichinenschau zu erleichtern. Dann wird auch
Dr. Günther Recht behalten, wenn er sagt : „Ich glaube,
daß die Kgl. Staatsregierung nicht mehr mit den Schwierig¬
keiten, die vielleicht noch vor einiger Zeit sich geltend
gemacht haben, zu rechnen haben würde.“
Die Paraplegie resp. Parese der Nachhand beim Dachs¬
hunde — eine Folge seiner ungünstigen Bauart
Von Dr. II. Jakob, München, f)
(Fortsetzung.)
Eine solche plötzlich auftretende, durch irgend eine
ungewöhnlich starke, blitzschnelle Biegung der Lenden-
wirbelsiiule zustande gekommene Dehnung oder Zerrung,
vornehmlich der Lumbalnerven, bedingt eine verschieden-
gradige entzündliche Veränderung nicht nur der Nerven
selbst, sondern auch der dieselben umgebenden Scheiden.
Die Folgen davon worden demnach n e u r i t i s c h e und
p e r i n e u r i t i s c he Prozesse sein. Daß es dabei
■j*) Vortrag, gehalten im Verein Münchener Tierärzte.
325
zu schweren degenerativen Veränderungen im Nerven
kommt, glaube ich nach dem in der Regel nicht bös
artigen Verlauf der Erkrankung nicht annehmen zu dürfen.
Meistens scheinen nur niedergradige entzündliche Ver¬
änderungen sich im Nerven und dem Perineurium ab¬
zuspielen, die nicht unwahrscheinlich bei den leichteren
Erkrankungen auf enges Gebiet lokalisiert sind, bei den
schweren und lange dauernden sich auf eine größere
Strecke nicht nur der primär stärker gezerrten peripheren
Nerven, sondern auch auf die den Nervenstamm noch im
Wirbelkanal einscheidende weiche und harte Rückenmarks¬
haut fortpflanzen können.
Auf das Rückenmark selbst wird, da der Verlauf bei
entsprechender Therapie und auch häufig ohne besondere
therapeutische Maßnahmen im allgemeinen als günstig zu
bezeichnen ist, die primäre Entzündung einzelner peripherer
Nerven nur in den schlimmsten und dann meist aussichts¬
losen Fällen übergreifen.
Bei dieser dem Geschlechte der Dachshunde eigenen
Lähmung der Nachhand handelt es sich meines Erachtens
im großen und ganzen um eine peripherische Para¬
plegie resp. Paraparese, die im wesentlichen durch
neuritische Prozesse bedingt wird. Denn eine paraplegiscbe
Lähmung braucht nicht allein auf reinen myelitischen Ver¬
änderungen oder Gehirnerkrankungen beruhen, sondern es
kann dieselbe auch durch peripherische Affektionen, wie sic
z. B. durch Zerrungen des Lumbalgeflechtes hervorgerufen
werden, veranlaßt sein 3 ).
Mit diesen ne uritischen Prozessen werden auch
entzündliche Veränderungen in denjenigen
Bandverbindungen einzelner Wirbel auftreten, die
am stärksten gezerrt und gedehnt wurden. Je nach dem
Grade imd der Art der Biegung werden daran neben den
gemeinschaftlichen Bändern der W irbelsäule, speziell des
Ligamentum longitudinale anterius und posterius, noch die
besonderen Bänder, vor allem die Ligamenta interverte-
bralia (Zwischenwirbelscheiben), die sich mit dem Periost
der Wirbelkörper und dem Ligamentum longitudinale ant.
et post verbinden, partizipieren.
Diese knorpelig - fibrösen Zwischenwirbelscheiben der
Lendenwirbel, die zweifellos je nach der Intensität der Bie¬
gung verschieden starken Quetschungen ausgesetzt sind,
’) von Leyden und Goldscheider: Erkrankungen des
Rückenmarks und der Medull. oblong (Nothnagel: Spezielle
Pathologie und Therapie. Band X )
326
werden im großen und ganzen bei dieser Erkrankung, die in
vielen Fällen wie ein Blitz aus dem heiteren Himmel kommt,
nicht jedesmal eine entzündliche Veränderung aufweisen
müssen. Es unterliegt nicht dem mindesten Zweifel, daß sie
allerdings, speziell beim Dachshunde infolge seiner ungün¬
stigen Bauart und der leichteren Beweglichkeit der Wirbel¬
säule, vom 10. Rückenwirbel an nur allzuhäufig übermäßigem
Drucke ausgesetzt sind und mit entzündlichen Verände¬
rungen reagieren können, die infolge eintretender Ent¬
artung der Zwischenwirbelscheiben, eine Dimensions¬
zunahme derselben bedingend, zunächst als knochenharte
verkalkte kreissegmentartige Protuberanzen zu einer Steno-
sierung des Wirbelkanales und dann zu einer Kompression
des Rückenmarkes mit allen ihren üblen Folgen führen.
Im übrigen werden mit der Zeit die Zwischen wirbel¬
scheiben aller derjenigen Wirbelgelenke, die leicht beweg¬
lich und daher häufigen Quetschungen ausgesetzt sind, auch
bei den anderen Hunderassen entzündliche Veränderungen
aufweisen können. Neben den 4 letzten Rückenwirbel- und
den Lumbalgelenken werden insbesondere die Halswirbel¬
gelenke davon betroffen werden. Ob die Entartung der
Zwischenwirbelscheiben in diesem oder jenem leicht beweg¬
lichen Wirbelgelenk öfter am Sektionstisch zu finden ist
oder weniger häufig, hängt ganz von den dasselbe treffenden
mechanischen Insulten ab. Eine strikte Regel bezüglich der
Lokalisation wird sich hier meines Erachtens wohl nie auf¬
stellen lassen.
Nach Marek 4 ) findet sich z. B. diese Entartung der
Zwischenwirbelscheiben (Enchondrosis intervertebralis) bei
diversen Hunderassen meistens im 10. —13. dorsalen, 1 . —4.
lumbalen, seltener im 2.—4. zervikalen intervertebralen Ge¬
lenke vor, während Dexler (ibid.), der bahnbrechende
Forscher auf dem Gebiete der gesamten Neurologie, die Be¬
obachtung machte, daß die Halswirbel ebenso häufig wie die
kaudal liegenden Rücken- und die Lendenwirbel von dieser
Entartung der Zwischenwirbelscheiben ergriffen werden.
Nach C a d e a c (ibid.) hinwiederum werden vorwiegend die
Halswirbelgelenke von dieser Krankheit befallen.
Diese Entartung der Zwischen»-irbelseheiben spielt
primär meiner Ansicht nach bei dieser peripherischen Para¬
plegie des Dachshundes nicht die geringste Rolle. Daß sie
ab und zu sekundär auftreten kann, nehme ich in einzelnen
',) Hutyra und Marek: Spezielle Pathologie und Therapie
der Haustiere. II. Auflage, pag. 734. 1909.
327
von mir beobachteten Fällen mit protrahiertem Verlaufe
und unvollständiger Heilung allerdings an.
Während nun die lange, ungenügend gestützte und
leicht bewegliche Lende, hauptsächlich in ihrer oralen Partie,
das prädisponierende Moment für die peripherische Para¬
plegie beim Dachshunde abgibt, kann alles, was zu einer
übermäßigen Biegung der Lendenwirbelsäule führt, mit
dieser Erkrankung in ursächlichen Zusammenhang gebracht,
werden: z. B. ein ungeschickter Sprung, selbst von
geringer Höhe, eine extreme Seitwärts-Bewegung der
Wirbelsäule, eine rasch erfolgte Wendung des Körpers
nach dieser oder jener Seite, wobei starke Bewegungen
des kräftig bemuskelten und langen Schweifes ein ab¬
normes Abbiegen der Lendenwirbelsäule begünstigen, eine
zu starke Krümmung des Rückens — z. B. bei über¬
mäßiger Inanspruchnahme der Bauchpresse bei vorhan¬
dener Verstopfung —, intensiver Tenesmus infolge einer
Prostatahypertrophie oder vorausgehender heftiger Durch¬
fälle, bestehender Harnzwang, häufig liintereinander erfol¬
gende, oft stürmisch ausgeführte Biegungen der Lende
bei abnormer sexueller Erregung, vor allem bei lebhaftem,
ungestümem Coitus, bei der Onanie und endlich der ver¬
suchten Päderastie, einer geschlechtlichen Perversität meist
gut ernährter, faulenzender Hunde, die allerdings nach ver¬
geblichen Anstrengungen in den seltensten Fällen mit Er¬
folg ausgeführt wird; wenigstens habe ich bis jetzt noch
keinen Fall von echter vollendeter Päderastie bei Hunden
beobachten können, auch aus der Literatur ist mir kein Fall
von echter Päderastie des Hundes bekannt.
Der peripherischen Paraplegie des Dachshundes fehlt
es demnach sicherlich nicht an mannigfachen plausiblen
Gründen und Ursachen.
Wenn hauptsächlich, wie ich an einem Beobachtungs-
material von mehr als 40 typischen Fällen in einem Zeit¬
raum von 10 Jahren konstatieren konnte, kräftige und gut
genährte, fette Hunde im Alter von 4 bis 7 Jahren (am
meisten im Alter von 6 Jahren) an dieser Krankheit labo¬
rieren, während jüngere Tiere fast ganz verschont bleiben,
so wird daran neben der körperlichen Schwere und deshalb
größeren Unbeholfenheit bei einzelnen forcierten Beweg¬
ungen vor allen Dingen die mit dem zunehmenden Alter
eintretende geringere Elastizität der einzelnen Wirbelgelenk¬
verbindungen schuld sein, die dann nicht mehr so rasch und
geschickt den verschiedensten Biegungen der Wirbelsäule
folgen und momentan bedeutend leichter, zumal noch die
328
eigene Körperschwere mithilft, geringgradige, sich bald
wieder ausgleichende, Verschiebungen erleiden können, die
sowohl mit Zerrungen verschiedenen Grades der entsprechen¬
den Bandapparate und der betreffenden Nerven verknüpft
sind, als dies bei jungen, gelenkigen Tieren der Fall ist.
Der V erlauf der Erkrankung mit Ausgang
in Heilung kann ein akuter und chronischer sein.
Es kommen Fälle leichteren Grades, besonders wenn die
Lähmung keine komplette war und es sich nur um
eine Paraparese handelte, vor, die schon in 6—8 Tagen
geheilt sind; nun gibt es aber auch solche, vor allem bei
vorhandener Paraplegie, mit höhergradigen Sensibilitäts¬
störungen, mit Harn- und Kotverhaltungen und äußerst
schmerzhaften Anfällen im Bereich der oft in tetanischem
Krampfe befindlichen gesamten Bauchmuskulatur, die sich
sogar 3—4 Monate und noch länger hinziehen können.
(Diese zeitweise mit hochgradigen Schmerzen verbundenen,
in Aufällen auftretenden tetanischen Krämpfe der gesamten
Bauchmuskulatur, die ich als die Folgen einer Abdominal¬
neuralgie auffasse, kommen im übrigen auch ganz selbst¬
ständig bei Hunden, vornehmlich den Dachshunden, vor,
wahrscheinlich hervorgerufen durch leichtere Zerrungen
der peripheren ersten Lumbalnerven; sie unterliegen jedoch
nur gar zu häufig, obwohl die fieberlosen Tiere in der anfalls¬
freien Zeit relativ munter und bei Appetit sind, der Ver¬
wechslung mit einer akuten Peritonitis und dem Rheumatis¬
mus musculorum.)
Bei einem protrahierten Verlaufe der Erkrankung
ist dann auch mitunter die Heilung keine vollständige.
Solche Hunde sind bei weitem nicht mehr so gelenkig;
man merkt den Hunden gleichsam eine gewisse Vorsicht
beim Gehen und bei jeder sonstigen Körperaktion an; der
Rücken, speziell die Lendenpartie, erscheint leicht nach auf¬
wärts gekrümmt und ist viel weniger beweglich als früher,
ja fast steif. Das übrige Befinden dieser Tiere ist gegen
früher in nichts gestört; nur läßt sich bei einzelnen Hunden,
die sonst auf das Wort folgten und bis zum höchsten Grade
gutmütig waren, eine mehr oder minder große Wider¬
spenstigkeit und ein mürrisches, oft grandiges Benehmen
beobachten. Rezidiven sind bei dieser Erkrankung sehr
selten.
Der übrige Symptomenkomplex bei der peripherischen
Paraplegie res]). Paraparese zeigt im Anfangsstadium der
Erkrankung die größte Ähnlichkeit und häufige Pberein-
stimmung mit einer ausgesprochenen Rüekenmarksentzün-
329
düng, vor allem mit einer apoplektischen oder akuten Mye¬
litis, weshalb ich mir das Aufzählen der einzelnen Symptome
ersparen kann. (Schluß folgt.)
Referate.
Krüger: Hyperämie als Heilmittel in der Tierheil¬
kunde. (Zeitschr. f. Veterinärkunde, 1910, III.)
Nach eingehender Besprechung der Wirkungs- und
Anwendungsweise der Hyperämie, worüber Verfasser in
Biers Klinik Studien zu machen Gelegenheit hatte, werden
mehrere mit Stauung behandelte Fälle (eitrige Hufentzündung,
Sehnenscheideneiterung etc.) beim Pferd beschrieben, deren
Prognose beim Zugang zweifelhaft zu stellen war. Faststets
war eine günstige Beeinflussung nicht nur der
Örtlichen, sondern auch der allgemeinen Er¬
krankung unverkennbar. Die Stauung unterstützte
die gewöhnhche chirurgische Behandlung ganz wesentlich
und hatte meist einen raschen Rückgang der fieberhaft er¬
höhten Temperatur zur Folge.
Während gegen nichtbakterielle Krankheiten die aktive
Hyperämie (mittels Wärme, Massage, Elektrizität etc.) den
Vorzug verdient, ist gegen solche bakterieller Art die passive
oder Stauungshyperämie anzuwenden. Hiezu darf die Binde
nur so fest angelegt werden, daß sie die dünnwandigen
Venen zusammendrückt, die arterielle Blutzufuhr aber nicht
stört. „Kalte Stauung“ ist zu vermeiden, der Arterienpuls
zeitweise zu kontrollieren. Verfasser hat die Gummibinde
ohne Nachteil 4—14 Stunden lang ununterbrochen liegen
lassen; auch die anfängliche, sehr naheliegende Befürch¬
tung, daß bei brandiger Entzündung der Huflederhaut in¬
folge der Hyperämie das Ausschuhen begünstigt werde, hat
sich nicht bewahrheitet. Lindner.
Holterbach: Neues vom Yohimvetol. (Tierärztl.
Rundschau, Nr. 8, 1910.)
Auf der Zuchtfarm Shibuya wurden vom japanischen
Departement für Ackerbau und Handel zur Behandlung
impotenter Zuchthähne interessante Versuche mit Yohimbin
gemacht und dabei recht befriedigende Resultate erzielt.
Van gab impotenten Hähnen täglich 0,005 Yohimvetol mit
dem Resultate, daß nach kurzer Zeit sämtliche von denselben
getretenen Hühner nur befruchtete Eier legten. Verf. hat
durch eine Reihe von Versuchen an Kanarienhähnehen sich
überzeugt, daß Yohimvetol in der Zucht feiner Stubenvögel
330
in dieser Richtung einen großen Wert besitzt. Aber noch
größer ist sein Wert zur Herbeiführung einer rasch und
gut verlaufenden Mauser; besonders wird die Herbstmause-
rung, die die Tiere stark mitnimmt, sehr günstig beeinflußt,
eine Erscheinung, die auf den vasodilatatorischen Effekt auf
die Hautgefäße, welche nach wenigen kleinen Dosen stark
und dauernd erweitert werden, zurückzuführen ist. Bei
Hühnern und Kanarienvögeln, bei welchen die Mauserung
gefürchtet ist, lief dieselbe nach Yohimbinisierung glatt ab.
Bei Hühnern wurde ferner bemerkt, daß sie .viel früher
Eier legten, wenn sie mit Yohimvetol behandelt worden
waren. Man verabreiche zu diesem Zwecke 8—10 Tage laug
täglich je 3 gelbe Tabletten, eine Auslage, die Jeder sich
leisten kann (10 gelbe Tabletten kosten 50 Pfg.) und die
durch das früher einsetzende Eierlegen auch bald einge¬
bracht wird. R a b u s.
Tierzucht und Tierhaltung.
Das Zungenlöffeln des Rindes.
Bezüglich der Ätiologie des Koppens (Zungenlöffelns)
des Rindes wurde im vorigen Jahre die vom züchterischen
Standpunkte sehr beachtenswerte Tatsache der Vererbung
dieser Untugend festgestellt. In der Gemeinde O. ist der
Zuchtstier mit diesem Leiden behaftet. Von einem Züchter
dortselbst wurde ich darauf aufmerksam gemacht, daß seine
von diesem Bullen stammenden Kälber kurz nach dem Ab¬
gewöhnen (8—10 Wochen alt) zu koppen anfingen, ohne
daß ihnen von anderen Tieren zur Nachahmung Gelegenheit
gegeben war. Durch diese Wahrnehmung zur Nachforschung
angeregt, konnte ich eruieren, daß noch weitere 10 von
diesem Bullen stammende Kälber im gleichen Alter unter
den gleichen Verhältnissen diese Untugend ausübten. Dem¬
zufolge ist nicht nur das Koppen der Pferde, wie Fried -
berger und Fröhner in seiner Pathologie erwähnt,
eine vererbliche Untugend, sondern auch das des Rindes.
Die nach Dieckerhoff und F r ö h u e r (Gerichtliche
Tierheilkunde) vertretene Ansicht, daß das Koppen der
Kinder in der Regel für die ordentliche Nutzung der Tiere
unwesentlich sei tind den Kaufwert nicht beeinträchtige,
wird von unseren Landwirten nicht geteilt. Dieselben be¬
trachten vielmehr diese Untugend bei Zuchttieren als einen
nicht unwesentlichen Mangel und lassen sich beim Einkauf
von Zuchtrindern die Zusicherung „frei von Koppen“ be¬
sonders geben. Nachdem im gegebenen Falle die Vererbbar-
331
keit einwandfrei nachgewiesen, sollte bei Einkauf von
Zuchtbullen diesem Mangel besondere Aufmerksamkeit ge¬
schenkt werden. (D ü d e r 1 e i n, Jaliresber. bäyer. Tierärzte.)
Ersatz von Vollmilch durch Magermilch mit und ohne
Surrogate bei Saugkälbern.
Prof. F i n g e r 1 i n g machte mit vier wenige Wochen
alten Bullenkälbern Fütterungsversuche, indem er ihnen
au Stelle der Vollmilch Magermilch und Magermilch mit
Surrogaten verabreichte. An jedem Kalbe wurden die
Versuche nach entsprechender Vorfütterung in drei Perio¬
den durchgeführt. Während der ersten und dritten Periode
wurde Vollmilch gereicht; während der zweiten Periode
erhielt das Bullenkalb Nr. I Magermilch, das Kalb Nr. II
Magermilch mit Erdölemulsion, Nr. III Magermilch und
Leinsamen, Nr. IV Magermilch mit Stärke. Die Versuchs¬
tiere kamen in Zwangsställe; Kot und Urin wurden sorg¬
fältig gesammelt ; man bestimmte nicht nur die Lebend¬
gewichtsveränderung, sondern auch den Stickstoff-Um- und
Ansatz. Die verabreichte Milch war Mischmilch von ziem¬
lich konstanter Zusammensetzung. Das spezifische Gewicht,
der Fett- und N-Gehalt der Milch wurde jeden Tag bestimmt
und aus dem Fettgehalte und dem spezifischen Gewichte
mit Hilfe der Fleischmann’schen Formel der Trockensub¬
stanzgehalt berechnet. Die hauptsächlichsten Resultate der
Versuche waren folgende: Magermilch bewirkte ungefähr
den gleichen N-Ansatz und dieselbe Gewichtszunahme wie
Vollmilch; es wurde jedoch die Magermilch nicht so gut
vertragen wie Vollmilch, indem bei dem Versuchstiere
Diarrhoe eintrat; der diätetische günstige Einfluß des
Milchfettes der Vollmilch war unverkennbar. Von den
Surrogaten kam der Fütterungseffekt bei Ersatz des Milch¬
fettes durch Leinsamen der Wirkung der Vollmilch am
nächsten, sowohl bezüglich des N-Ansatzes als der Gewichts¬
zunahme ; Erdnußöl wirkte in mäßigen Gaben ebenfalls
günstig; dagegen konnte die in diätetischer Hinsicht un¬
günstige Wirkung der Magermilch durch Stärkekleister
nicht aufgehoben werden. (Landwirtschaft]. Versuchst.,
II. 68.) A.
Verschiedenes.
Ehrung des Geheimrates Dr. Schütz.
Am 29. April fand in der festlich geschmückten Aula
der Tierärztlichen Hochschule Berlin die Feier zum oOjäh-
332
rigen Jubiläum des Herrn Geheimrates Dr. Schütz statt.
Die Feier begann mit einem Quartettgesang. Diesen folgte
die Festrede des Rektors der Berliner Tierärztlichen Hoch¬
schule Professor Dr. E b e r 1 e i n, welcher den Lebenslauf
des Jubilars und dessen große Verdienste um die Wissen¬
schaft schilderte. Unterstaatssekretär K ü st er, Vertreter
des Landwirtschaftsministeriums, betonte speziell die Ver¬
dienste des Jubilars um die Staatstierheilkunde und über¬
reichte demselben den ihm von Seiner Majestät dem König
von Preußen verliehenen Roten Adlerorden 11. Klasse mit
Eichenlaub. Die Glückwünsche des Kaiserlichen Gesund¬
heitsamtes und des Reichsgesundheitsamtes überbrachte
Geheimrat Dr. Bumm. Hierauf folgten Ansprachen des
Vertreters der Militärveterinäre, des Direktors der Militär¬
veterinärakademie Korpsstabsveterinärs Hell, des Vertreters
der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Geh. Medizinalrates
Dr. Dam mann und des Vertreters der Landwirtschaft¬
lichen Hochschule Berlin, Professor Dr. W i 11 m a k. Hofrat
Professor Dr. H u t y r a-Budapest beglückwünschte den Jubilar
namens der Tierärztlichen Hochschule Budapest und über¬
brachte ihm das Diplom der Ernennung zum Dr. med.
vet. h. c. der dortigen Tierärztlichen Hochschule.
Nun kamen Ansprachen der früheren Assistenten
des Jubilars. Professor Dr. C a s p e r - Breslau machte
hiebei Mitteilung, daß zur Ehrung des Herrn Geheim¬
rates ein Fond im Betrage von 15 000 Mark gestiftet
worden sei und zu dessen Verfügung stehe. Professor
Miesner-Bromberg überreichte dem Gefeierten eine von
den früheren Assistenten und anderen Verehrern desselben
verfaßte Festschrift. Nachdem eine Anzahl von Glück¬
wunschtelegrammen , Glückwunschschreiben Tierärztlicher
Hochschulen, Tierärztlicher Körperschaften etc. zur Ver¬
lesung gekommen, feierten den Jubilar noch Vertreter der
Studentenschaft und der Studierenden der Veterinärakademie.
Der Inhalt der verschiedenen ehrenden Kundgaben gipfelte
in der allseitigen Anerkennung der großen Verdienste des
Jubilars um die tierärztliche Wissenschaft, für welche ihm
die gebührende Verehrung und Dankbarkeit gezollt wurde.
Der Jubilar brachte jeder der zahlreichen Beglückwünsch¬
ungen tiefempfundene sinnige Dankesworte entgegen. Er¬
wähnt sei noch, daß der Herr Geheimrat erklärte, der von
den deutschen Tierärzten gesammelte Fond werde zu Stipen¬
dien für Studierende der Tierärztlichen Hochschule Berlin
in Verwendung kommen. Mit einem Gesangsvortrag schloß
die erhebende Feier.
333
Dem Festakte folgte abends ein glänzendes Festmahl,
an welchem sich außer den angeführten Vertretern von
Behörden, Hochschulen etc. etwa 200 Tierärzte und eine
Anzahl Studenten beteiligten.
Am nächsten Tage fand zu Ehren des Jubilars noch
ein drittes Fest, ein von der Studentenschaft der Tierärzt¬
lichen Hochschule Berlin und der Veterinär-Akademie ver¬
anstalteter solenner Kommers statt, zu welchem wieder
eine Anzahl Ehrengäste, unter diesen die Vertreter des
Landwirtschafts- und Kriegsministeriums, erschienen waren ;
außerdem w’ohnten dem Kommerse viele Ziviltierärzte und
Veterinäroffiziere an.
Fortbildungskurs für Tierärzte in der Milchhygiene.
Wir weisen nochmals hin auf den vom Verein für
Säuglingsfürsorge im Regierungsbezirk Düsseldorf veran¬
stalteten Ausbildungskursus für Tierärzte in
der Milchhygiene, der in der Zeit vom 4.—9. Juli
an der akademischen Kinderklinik Düsseldorf und dem
Muster- und Lehrstall des Vereins für Säuglingsfürsorge
unter Leitung von Prof. Dr. Schloßmann stattfindet.
Die Teilnahme ist unentgeltlich. Eine Einschreibgebühr
von Mk. 10.— ist zu entrichten. Es ist erwünscht, daß die
Anmeldungen (an die Geschäftsstelle des Vereins für Säug¬
lingsfürsorge Düsseldorf, Werstenerstraße 150) möglichst
frühzeitig erfolgen. Die Listen werden am 15. Juni ge¬
schlossen.
Stand der Tierseuchen in Bayern am 20. April 1910.
Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern: 14 Gmd. (16 Geh.); N i e d e r b ay e r n :
12 Gmd. (13 Geh.); Pfalz: 2 Gmd. (2 Geh.); Mittel-
franken: 2 Gmd. (2 Geh.); Unter franken: 1 Gmd.
(1 Geh.); Schwaben: 2 Gmd. (2 Geh.).
Literatnr.
Inaugural-Dissertationen. Bei der Redaktion sind folgende
Arbeiten eingelaufen :
Gießen: Aus der med. Veterinärklinik (Professor Dr.
Gmeiner): Bartenbach Karl: Über die Resorptionsfähig¬
keit der tierischen Haut für Jodkalium in verschiedenen
Salbengrundlagen. Beiz Erich: Physiologische und klinische
Beobachtungen über die Rumination. Bockh Hans: Unter-
334
Buchungen über die Hauttemperatur der Tiere. Bübler
Karl: Experimentelle und klinische Untersuchungen über
Wert und Wirkung des Kreolinlinimentes bei Ektoparasiten
der Haut. Ehinger Joseph: Beiträge zur Resorptions¬
fähigkeit der tierischen Haut für Salizylpräparate. Haiduk
Joseph: Die Fußräude des Geflügels. Reichert Alfons:
Klinische Untersuchungen über die normale Pulsfrequenz
unserer Haustiere. Reichert Gustav: Uber Linimente
(Kreolin-, Kresol- und Wiener Teerliniment) und deren kli¬
nische Bedeutung. Ruckeishausen Ludwig: Klinische
und experimentelle Studien über das Arekolin. Seibert
Rudolf: Experimentelle und klinische Untersuchungen über
die Kreuzdornbeeren. Wurth Albert: Das Jodkalium und
seine Ausscheidung im Harne der Haustiere.
Leipzig: Aus dem anatomischen Institut zu Dresden
(Professor Dr. Baum): Huber Friedrich: Der Ductus
thoraciens von Pferd, Rind, Hund und Schwein.
Bern: Servatius Max: Untersuchungen über die
Involution des Rinderuterus vom klinischen Standpunkte aus.
Über Blutlinien und Verwandtschaftszuchten nach Er¬
hebungen der ostpreußischen Holländer - Herdebuch¬
gesellschaft. Von J. Peters, Tierzuchtinstruktor, Königs¬
berg in Preußen. Hannover 1909. Verlag von Schaper.
Preis 3,60 Mk.
In der Vollblutzucht sind die Stammbäume der in das
Generalstutbuch aulgeführten hervorragenden Vater- und
Muttertiere schon seit 200 Jahren bearbeitet, während in
der Rindviehzucht die Unterlagen zur Herstellung solcher
Stammtafeln erst seit etwa 20-30 Jahren bestehen. Verf.
hat sich der äußerst schwierigen Arbeit unterzogen, aus dem
Material dei Ostpreußischen Holländer Herdebuchgesellschaft
die Blutlinien derjenigen männlichen und weiblichen Stamm-
tiero, welche für die Zuchterfolge innerhalb des Rahmens
der Hordebuchtiere der genannten Gesellschaft am einflu߬
reichsten waren, zu verfolgen und zur Kenntnis zu bringen.
Bei der Bewertung der einzelnen Blutlinien zog Verf. in
erster Linie die Beurteilung der Konstitution und des
Körperbaues in Betracht. Die Milchleistung als Bewertungs¬
faktor der Tiere der Blutlinien maßgebend sein zu lassen,
war, so sagt der Verf. mit Rocht, bei einem so ausgedehnten
Zuchtgebiete, wie es die Ostpreußische Herdebuchgesell-
scliaft darstellt, nicht durchführbar, zumal als es sich bei
den Bewertungsobjekten um kombinierte Leistung han¬
delte und als Fütterung und Pflege etc., die Milchleistung
335
der Tiere in hohem Grade beeinflußten. Höchst interessant
gestaltete der Verf. den Inhalt der Stammtafeln durch bild¬
liche Vorführung besonders erfolgreicher Stammtiere und
solcher Nachkommen derselben. P. bringt, in dem Buche
auch Mitteilungen über im engsten, engeren und weiteren
Sinne ausgeführte Inzucht seitens der Züchter der Herde¬
buchgesellschaft.
Inzestzucht kam nur vereinzelnt vor, dagegen öfters
Paarung in einer freien Generation; die so ingezüchteten
Tiere haben sich mehrfach durch hohe Zuchtleistungen
hervorgetan. Auf Grund der von Verf. gemachten Beob¬
achtungen konnte er wieder bestätigen, was uns die Ge¬
schichte der Tierzucht sagt: Inzucht kann in der Tierzucht
von balmbrechender günstiger Bedeutung sein; auf der
anderen Seite kann mit ihr aber auch außerordentlich ge¬
schadet werden; .unter allen Umständen, so schließt P, ist
eine nachlässige unkontrollierbare Inzucht zu verwerfen.
Gerade zu einer Kontrolle der Folgen der Inzucht sind aber
die Stammtafeln vom größten Werte.
Die fleißige Arbeit wird den Mitgliedern der mehr¬
genannten Ostpreußischen Herdebuchgesellschaft ein höchst
willkommener züchterischer Behelf, anderen Herdebuch¬
gesellschaften aber ein Prototyp bei Arbeiten in der gleichen
Richtung sein. A.
Personalien.
Auszeichnung: Dr. Schütz Wilhelm, Geh. Regierungs-
rat, Professor an der Tierärztlichen Hochschule in Berlin den Preuß.
Roten Adlerorden II. Klasse mit Eichenlaub und von der Tierärzt¬
lichen Hochschule in Budapest Promotion zum Dr. med. vet. h. c.
Approbationen: in Dresden: Herr P ü c k e r t Wilhelm
aus Zeulenroda: in Hannover: die Herren Kortmann Gustav aus
Neu-Asseln, Schachtner Franz aus Laukupönen und Sonnen-
Herg Oskar aus Ostrowo.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Bern die Tierärzte:
Rheinländer Albin in Verden a. Aller und Z ö r n e r Alfred in
Dühringsdorf.
-A-pproloierter Herr D^olleg'e
zum alsbaldigen Eintritt als Assistent gesucht. Gefl. Offert, an
Wilhelm Krempl, Kgl. Bezirkstierarzt und Schlaelit-
hofdirektor, I*arteiikirclieii.
TuLrxgfer Tiera-xzt,
bereits einige Zeit praktisch tätig, sucht zum 1. Juni bezahlte
Assistenten- bezw. Praktikantenstelle bei einem Bezirks¬
tierarzte. Offerten mit näheren Angaben erbittet: 112]
B. Rudolph, Tierarzt, Speyer a. Rh., Wormserstr. 20.
3 3Ö
Der ansteckende
Scheidenkatarrh
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geheilt. Anwendung einfach und bequem. Weit
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Chemische Fabrik von Heyden, Radebeul-Dresden.
~~ (j[
Druck von J. Gotteswinter, München. — Kommissionsverlag: M. Riegersehe
l’niversitiitsbuehhandlung. München, Odeonsplalz 2 .
Münchener
(Mler: Wochenschrift für TierheiHmnde nid Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
heransgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 17. Mai 1910. Nr. 20.
Inhalt : Originalartikel: R&km: Ein Fall von Mißbildung
der Geschlechtsorgane beim Rind. — Dr. Jakob: Die Paraplegie
resp. Parese der Nachhand beim Dachshunde — eine Folge
seiner ungünstigen Bauart. (Schluß.) — Heiß: Konfiskatgef&ß. —
Vicari: Klauen-Amputation bei einem Ochsen. — Referate:
Riehlein: Kastration der Hündinnen. Holterbach: Das Vergiften
der kleineren Haustiere. Liepe: Taubheit beim Pferde. Sust-
mann: Versuche mit einigen pharmazeutischen Präparaten.
Braun: Synthetisches Suprarenin. Heidenhain: Berichtigung
über die Verwendung von Adrenalin. — Tierzucht und
Tierhaltung: Training von Jungvieh. Zur Kenntnis des
Einflusses der Geschlechtsfunktionen auf den Stoffwechsel. —
Verschiedenes: Promotionsrecht. Trichinenschau. Pferde¬
markt in Wels. — Bücherschau. — Personalien.
Ein Fall von Mißbildung der Geschlechtsorgane beim
Rind.
Von städt. Tierarzt G. Rühm, München.
Vor kurzer Zeit wurde in München ein aus Österreich
stammendes, etwa 15 Zentner schweres Rind, welches wegen
Mißbildung der Geschlechtsorgane auffiel, zu Markt gebracht.
Das seinem Körperbau nach als Ochse zu bezeich¬
nende Tier zeigte nämlich an Stelle der äußeren männlichen
Geschlechtsorgane etwa 30 cm unterhalb des Afters, tief
versenkt in dem stark entwickelten Mittelfleisch, eine zirka
10 cm lange, von einer blaßroten Schleimhaut überzogene,
Öffnung in der Haut. Schamlippen waren nicht ausgebildet,
jedoch war im untern Winkel dieser Öffnung ein gelappter
Höcker, welcher das Vorhandensein einer Clitoris vortäuschte,
zu sehen.
338
Die nach der Schlachtung des Tieres vorgenommene
Untersuchung der im Becken gelegenen Organe ergab fol¬
genden Befund:
Von der Hautöffnung aus führte ein etwa 20 cm
langer, blindendigender, eine Art Scheide vortäuschender,
häutiger Kanal im stark entwickelten Fettgewebe oraiwärts.
Kurz hinter seinem blinden Ende mündete die normal ent¬
wickelte Harnblase so ein, daß ihr Hals allmählich in
diesen Kanal überging.
Ferner konnten aus dem Fettgewebe zwei lappige
etwa bohnengroße Keimdrüsen präpariert werden. Aus
der äußeren Gestalt dieser Gebilde konnte nicht auf ihre
Natur, ob Eierstock oder Hoden, geschlossen werden. Aus
jeder dieser Drüsen führte je ein, mit einem Eileiter zu ver¬
gleichender, etwa 15 cm langer, röhrenförmiger Gang in
das blinde Ende des oben beschriebenen Kanals, welch
letzterer bei näherer Untersuchung als das Becken stück
der m ä n n 1 i c h e n H a r n r ö h r e zu diagnostizieren war.
An der ventralen Seite der Harnröhre, welche wie
gesagt mit der Scheide verwechselt werden konnte, ließ
sich etwa 8—10 cm vor ihrem kaudalen Ende, welches die
schon erwähnte schamähnliche Hautöffnüng darstellte, der
normal entwickelte kavernöse Körper des Penis
freiregen. Das kaudale Ende des kavernösen Körpers, stellte
einen im unteren Winkel der Hautöffnung gelegenen, einen
Kitzler vortäuschenden, faltigen Höcker dar.
Weiterhin fanden sich genau in der Medianlinie ge¬
legen, zwei nebeneinander laufende, röhrenförmige Gänge
vor, welche kaudalwärts in das blinde Ende der scheiden-
ähnlichen, männlichen Harnröhre einmündeten. Schon der
Lage wegen sind diese Gänge als Reste der Müller sehen
Gänge zu bezeichnen, welche aber in diesem Falle nicht
zum Uterus masculinus verschmolzen waren, sondern ge¬
trennt blieben. Das orale Ende dieser Gänge war nicht
zu bestimmen, da sie bei der Exenteration vom Metzger
durchschnitten wurden.
Waren diese Gänge als restierende Müllersche Gänge
sicher zu deuten, so war auch kein Zweifel zu hegen, daß
die aus den Keimdrüsen führenden Kanäle als Samen¬
leiter, welcher sich bekanntlich aus dem Urnierengang
bildet, aufzufassen sind.
Um die Natur der schon erwähnten Keimdrüsen
feststellon zu können, wurden im Laboratorium des Münchner
Schlachthofs mit dem Gefriermikrotom Schnitte angelegt.
339
Zur Färbung wurde Hämatoxylin verwendet. Die Schnitte
brachten folgendes mikroskopisches Bild:
Im überaus reichlich entwickelten bindegewebigen
Stroma waren solide Epithelschläuche zu sehen. Einzelne
dieser Schläuche zeigten bei ‘starker Vergrößerung ein
mehrschichtiges Epithel, ähnlich, wie es die Tubuli des
Hodens aufweisen. Demzufolge dürften die Keimdrüsen mit
großer Wahrscheinlichkeit als auf früher embryonaler Stufe
.stehengebliebene Hoden zu erklären sein.
Auf diese Weise konnte die Natur dieser Mißbildung
der Geschlechtsorgane Erklärung finden. Es handelte sich
somit um ein männliches Tier mit Hypoplasie der
Geschlechtsorgane (und Retentio testis) bei gleich¬
zeitigem Vorhandensein einer H y p o s p a d i e. Der Um¬
stand, daß die äußere schamähnliche Öffnung sich 30 cm
unterhalb des Afters befand, daß ferner in ihrem unteren
Winkel jederseits der Afterrutenmuskel an dem kitzlerähn¬
lichen Ende des kavernösen Körpers ausstrahlte, läßt mit
Sicherheit schließen, daß es sich hier um einen Spalt der
männlichen Harnröhre handelte.
Die beschriebene, sicher nicht häufig vorkommende
Mißbildung dürfte somit kurz als Pseudoh e r ma p hro -
dismus masculinus zu titulieren sein.
Die Paraplegie resp. Parese der Nachhand beim Dachs¬
hunde — eine Folge seiner ungünstigen Bauart.
Von Dr. H. Jakob, München, f)
(Schluß.)
In differentialdiagnostischer Beziehung kommt
in erster Linie die Rücken marksblutung, die Apo¬
plexia s p i n a 1 i s, in Betracht, die gleichfalls plötzlich
und spontan, meistens jedoch nach traumatischen Ein¬
wirkungen, auftritt und, wenn diese Blutung im Lenden¬
mark erfolgte, zu einer kompletten Lähmung der Nachhand
führen kann. Nun ist aber diese Rückenmarksblutung nicht
nur fast ausschließlich auf das Geschlecht der Dachshunde
wie die peripherische Paraplegie der Nachhand beschränkt,
sondern kann bei allen anderen Hunderassen sowohl spontan
durch Degeneration, embolisehe und entzündliche Gefä߬
wandveränderungen als auch, wie es meistens der Fall ist,
durch heftige traumatische Einwirkungen (wie Schläge,
Stöße etc.) in der gleichen Häufigkeit Vorkommen.
f ) Vortrag, gehalten im Verein Münchener Tierärzte.
340
Kleine kapillare Spontanblutungen in dieRüekenmarks-
häute eventuell das Rückenmark, die sich klinisch nie nach-
weisen lassen, ziemlich selten Vorkommen und auch gar
keine auffallenden klinischen Symptome, wenigstens keine
ausgesprochenen Lähmungserscheinungen, mit sich zu
bringen brauchen, können bei allen Hunderassen auftreten
und ohne weiteren Nachteil wieder resorbiert werden.
Handelt es sich jedoch um einen größeren Bluterguß in
die Rückenmarkssubstanz, z. B. infolge einer heftigen Kon¬
tusion im Bereich des Lendenmarkes, welcher — abgesehen
von einer möglicheh Falles vorhandenen, leicht diagnosti¬
zierbaren Wirbelfraktur — mit der Zertrümmerung der be¬
treffenden Rückenmarkssubstanz, einer roten Rückenmarks¬
erweichung (Myelomalacia rubra) und endlich einer apo-
plektischen Narben- oder Zystenbildung 6 ) einhergeht, so wird,
wenn nicht sofort oder in ganz kurzer Zeit der Tod des betref¬
fenden Hundes eintritt, eine unheilbare dauernde Paraplegie
der Nachhand mit Atrophie der gesamten Extremitäten¬
muskulatur Testieren, bei der sowohl die Motilität wie die
Sensibilität vollständig erloschen ist und trotz aller ange¬
wandten therapeutischen Maßnahmen auch nicht nennens¬
wert gebessert werden kann, während dies bei der peri¬
pherischen Paraplegie der Dachshunde, wenn man in den
ersten Tagen des Bestehens, speziell in den schwereren
Fällen, für eine entsprechende Harn- und Kotentleerung
durch manuelle Blasenentleerung oder Katheterisation und
rektale Infusionen Sorge trägt, stets beobachtet wird.
Die plötzlich auftretende entzündliche
Veränderung des. Rückenmarkes, die Mye¬
litis äpoplectica, welche mehr infektiösen oder toxi¬
schen Ursprungs ist, könnte in zweiter Linie differential-
diagnostisch in Betracht gezogen werden. Sie geht gleich¬
falls mit einer Paraplegie der Nachhand einher, besonders
wenn es sich um eine Myelitis luinbalis handelt. Ganz ab¬
gesehen davon, daß jedoch diese Rückenmarkserkrankung
bei allen anderen Hunderassen ebenfalls vorkommt und
nicht der Dachshund der bevorzugte und fast ausschlie߬
liche Träger eines bestimmten, eine Rückenmarksentzündung
erzeugenden Bakteriums oder Toxins ist, tritt diese infek¬
tiöse oder toxische Myelitis, insbesondere im Verlauf der
Staupe auf, befällt demnach hauptsächlich jüngere Hunde,
während beim Dachshunde die peripherische Paraplegie nur
bei älteren Tieren zur Beobachtung gelangt. Besteht zum
s ) Kitt: Lehrbuch der pathologischen Anatomie der Haus¬
tiere. 111. Auflage. II. Band, pag. G13. 1900.
341
Beispiel eine akute diffuse Myelitis, so ist dieselbe außerdem
unheilbar und führt in der Mehrzahl der Fälle in ganz
kurzer Zeit zum Tode der betreffenden Tiere. Zudem treten
bei einer akuten Myelitis starke sensorielle Störungen auf,
die bei der peripherischen Paraplegie des Dachshundes stets
vermißt werden.
Traumatische Einwirkungen auf das
Rückenmark, speziell das Lendenmark, die mit einer
Wirbelfraktur und Quetschung der Rückenmarkssubstanz
einhergehen und plötzlich eine totale schlaffe Querlähmung
der Nachhand mit vollständig erloschener Motilität und
Sensibilität bedingen, können, ganz abgesehen von dem
sonstigen klinischen Befunde, wegen ihrer Unheilbarkeit,
dem stets tödlichen Verlaufe und infolge Vorkommens bei
allen Hunderassen mit der peripherischen Paraplegie des
Dachshundes nicht verwechselt werden.
Die durch traumatische Insulte hervorgerufene
Rückenmarkserschütterung, die C o m m o t i o
medullae spinalis, kann, selbst wenn sie nicht hoch¬
gradig war und in einigen Tagen in Heilung ausgeht —
schwerere Fälle enden ja stets tödlich —, aus dem Grunde
nicht in den Bereich der Differentialdiagnose gezogen
werden, weil dabei neben anfänglich schweren psychischen
Depressionen und vollständiger Bewußtlosigkeit die Läh¬
mung nicht ausschließlich die beiden hinteren Extremitäten
umfaßt, sondern eine universale ist.
Die bereits erwähnte Entzündung der Zwischen¬
wirbelscheiben (Enchondrosis intervertebra-
1 i s), die chronisch verläuft, mit der Zeit zu einer
Kompression des Rückenmarkes führt und von D e x -
ler 6 ) eingehend beschrieben wurde, kommt ebensowenig
differentialdiagnostisch in Betracht als interverte¬
brale Ve rknöcherungen oder Neubildungen
im Wirbelkanal, da sie nicht fast ausschließlich auf
den Dachshund beschränkt sind, sondern bei einer Reihe
auch anderer Hunderassen ebenfalls in der gleichen Häufig¬
keit beobachtet wurden und, wenn sie endlich infolge einer
Kompressionsmyelitis zu einer Paraplegie der Nachhand
führen, einen stets unheilbaren und chronischen Verlauf
nehmen.
Die ossifizierende chronische Entzün¬
dung der harten R ü ck e n m a r k s h a u t (Pa c-h v -
6 ) Dexler, Beiträge zur Kompressionsmyelitis des Hundes.
1896. Verlag W. Braunmüller, Wien und Leipzig.
342
meningitis s p i n a 1 i s ossif icans), welche unter
anderen Autoren von Kitt und Stoß 7 ) bei einem 3jährigen
Pinscher gründlich beobachtet und von D e x 1 e r (1. c.) auf
Grund sehr erschöpfender klinischer Befunde und histo¬
logischer Untersuchungen einer größeren Anzahl von Fällen
(9) als selbstständige Krankheitsform in einer äußerst inter¬
essanten Abhandlung beschrieben und spezialisiert wurde
und die ihrer Wirkung nach primär nichts anderes als eine
Wurzelerkrankung darstellt — denn die degenerativen Ver¬
änderungen im Rückenmark infolge Druckwirkung sind
sekundärer Natur —, kann endlich ebenfalls kaum einer
Verwechslung mit der akut auf tretenden peripherischen
Paraplegie des Dachshundes unterliegen. Denn ganz ab¬
gesehen davon, daß diese ossifizierende spinale Pachvnjenin-
gitis bei allen anderen Hunderassen vorkommt, ja sogar die
größeren Hunderassen mehr dazu disponiert zu sein scheinen
als die kleineren, tritt dieser Ossifikationsprozeß nicht aus¬
schließlich in dem für gewöhnlich allerdings bevorzugten
Lendenteil der harten Rückenmarkshaut auf, sondern es
kommen diese verschieden großen Knochenplättcheneinlage¬
rungen auch im übrigen Abschnitt der Dura mater, vor
allem auch im Bereiche des leicht beweglichen Halses, vor.
Sie führen allmählich, besonders wenn der Ossifikations¬
prozeß einen sehr hohen und ausgedehnten Grad erreicht
hat, nicht nur zu einer unheilbaren Paraplegie der
Nachhand, sondern auch zu paraparetischen und paraplegi-
schen Störungen der vorderen Extremitäten und der Hals¬
muskulatur, verbunden mit Muskelatrophie und verschieden
starkem Dekubitus, der schließlich den Tod des betreffenden
Hundes an Sepsis zur Folge haben kann.
Wenn bis jetzt bei dieser meines Erachtens peripheri¬
schen Paraplegie resp. Paraparese der Nachhand, welche die
Dachshunde in erster Linie befällt, noch keine pathologisch-
anatomischen Veränderungen, insbesondere des Lumbalge¬
flechtes, gefunden wurden, so mag dies zunächst daran ge¬
legen sein, daß die meisten Fälle in Heilung ausgehen und
deshalb nicht zur Sektion gelangen, in zweiter Linie aber
auch daran, weil die grob-anatomisch nicht diagnostizier¬
baren Läsionen der Lumbalnerven und die neuritischen resp.
perineuritischcn Prozesse noch nicht die histologische Wür¬
digung erfahren, die ihnen ohne allen Zweifel gebührt.
7 ) Kitt und Stuß, Deutsche Zeitschrift für Tiermedizin und
vergleichende Pathologie. IX. Band. 3. lieft. 1883. pag. 142.
343
Konfiskatgefäß.
Von Schlachthofdirektor Heiß, Straubing.
Die Fleischbeschau hat die Verpflichtung, kranke oder
gesundheitsschädliche Teile 7,11 beschlagnahmen. In Schlacht¬
höfen sind zu diesem Behufe stets große, verschließbare
Konfiskatgefäße aufgestellt, welche eine Verwendung solcher
Teile unbedingt verhindern. Anders verhält es sich in den
Privatschlachtstätten. Meist sind dort verschließbare Be¬
hälter zum Aufbewahren der Konfiskate nicht vorhanden und
nur zu leicht kommt der Fleischbeschauer in Versuchung,
kranke Teile, wie z. B. tuberkulöse Lungen im Düngerhaufen
vergraben zu lassen oder sie in Jauchegruben zu werfen.
Das entspricht den gesetzlichen Vorschriften nicht. Ver¬
schiedene ’ Kgl. Regierungen haben Oberpolizeiliche Vor¬
schriften erlassen über die Verbesserung der Privatschlacht¬
stätten und diese verlangen, daß für die einstweilige Aufbe¬
wahrung von unbrauchbaren Abfällen und beschlagnahmten
Tierteilen aus der Fleischbeschau besondere, mit gut schlies-
senden Deckeln versehene, entsprechend dichte und leicht
zu reinigende Behältnisse bereit gehalten werden müssen,
welche außerhalb der Betriebsräume aufzustellen und täglich
zu entleeren und zu reinigen sei. Jedenfalls ist es auch Zweck
dieser Bestimmungen, die beschlagnahmten Teile so zu ver¬
wahren, daß Niemand, außer dem Fleischbeschauer und
eventuell dem Wasenmeister diese Behältnisse öffnen kann.
Da die allgemein in Schlachthöfen in Benützung befindlichen
Kontiskatgefäße mit rotierenden Einwurftrommeln zu groß
und zu teuer für Metzgereien sind, war ich bestrebt, hiefür
einen möglichst billigen Ersatz zu schaffen, der die not¬
wendigen Eigenschaften: 1. Wasserundurchlässigkeit, also
Einbringungsmöglichkeit von Desinfektionsflüssigkeiten,
2. leichte Reinigungsmöglichkeit, 3. sicheren, von Dritten
nicht zu öffnenden Verschluß, 4. absolut fliegensichere Auf¬
bewahrung besitzt. Unter I). R. CI. M. 403392 erhielt ich
Schutz auf dieses Konfiskatgefäß, das aus Eisenblech in
autogenem Schweißverfahren fugenlos hergestellt innen mit
Rostschutzfarbe gestrichen ist und durch einen Deckel
mittels zweier gabelartiger Hebel, die durch Anlegung eines
Vorhängschlosses festgestellt werden, dicht geschlossen wird.
Es faßt 50 L. Cb. Inhalt, reicht also für Privatschlächtereien
leicht für einen Tagesanfall an Konfiskaten aus. Dieses
.Sammelgefäß kann nur durch den Fleischboschauer und
den Wasenmeister, von welchen jeder einen Schlüssel hat,
geöffnet werden. Ein dritter Schlüssel kann auf der Ce-
344
meindekanzlei hinterlegt werden. Das Herstellungsreeht
des gesetzlich geschützten Sammelget'äßes wurde der Eisen¬
warenfabrik Mitterer & Söhne in Straubing übertragen,
Vorsc/t njfitJmissiges
CMflseaten/efits
System
Schliththofdirekttr /feist
J/nt/fray
welche gehalten ist, dasselbe zum Preise von 16 Mk. 50 Pfg.
lierzustellen, ein Preis der es jedem Metzger ermöglicht,
dasselbe anzuschaffen, um den Vorschriften zu genügen.
Vielleicht haben die verehrlichen Herren Kollegen die
Freundlichheit, gegebenen Falles die Interessenten hierauf
hinzuweisen.
Klanen-Ampntattön bei einem Ocbsen.
Von Distriktstierarzt V i c a r i, Schillingsfürst.
Die Untersuchung eines lahmen Ochsen, der nur drei
Füße belastete und den rechten Vorderfuß schonte, ergab,
daß die äußere Klaue bis über die Hälfte im Klauengelenk
durchgerissen war und stark geblutet hatte. Da an eine
Heilung ohne Amputation nicht zu denken war, riet ich zur
Operation und nahm dieselbe am stehenden Tier vor. Die
Klaue wurde unter möglichster Schonung des Hornsaumes
entfernt und die Operationswunde mit einem feuchten Ver¬
bände versehen. Nach zirka 3 Wochen machte sich vorn
Ilornsaume aus eine Hornbildung bemerkbar, die zusehends
allmählich das ganze Granulationsgewebe umzog, so daß
im Laufe der Zeit eine kleine Klaue entstand, die aber den
Boden nicht berührte. Die Bewegungsfähigkeit der Ex¬
tremität war nie besonders gestört. 14 Tage nach der Ope¬
ration konnte die ganze Gliedmaße schon fest belastet
werden. Die Wundfläche wurde teils mit Ilöllensteinlösunjr,
teils mit Pix liquida bestrichen und haben sich besonders
die Toerverhünde bei der Behandlung sehr bewährt.
Dieser Fall dürfte insoferne von Interesse sein, als
die Operation ohne Bildung eines Hautlappens zur Be-
deckung des offenen lvrongclenkes vorgenommen werden
345
mußte. Lediglich die Schonung des Ilornsaumes und die
von hier aus entstandene Überhornung des Granulations¬
gewebes führten die Heilung herbei.
Referate.
Riehlein: Kastration der Hündinnen. (Tierärztl.
Rundschau, Nr. 11, 1910.)
Hündinnen kastriert man am besten, wenn sie *4 Jahr
alt sind; doch kann man auch in jedem späteren Lebensalter
die Operation, die aber bei Läufigkeit vermieden werden
soll, ausführen. Die Operation ist wie folgt vorzunehmen:
Vor der Kastration gebe man dem Tiere einen Tag lang
kein Futter, sondern nur etwas Milch oder Wasser; 20—30
Minuten vor der Operation Morphiuminjektion (0,03—0,15):
hierauf' Verbringen des Tieres in die Rückenlage mit ent¬
sprechender Befestigung der Füße und des Kopfes. Ab¬
rasieren des Bauches zwischen Becken und Schaufelknorpel,
Abreiben der Operationsstelle mit Jodbenzin oder reinem
Benzin. Hautschnitt entlang der Linea alba in einer Länge
von 4—5 cm; hierauf nach Einsetzen des selbstspannenden
Wundhakens und Abtupfen des Blutes Anlegen des 2 1 /-» bis
3cm langen Muskelschnittes; nach abermaligem Einsetzen
des Wundhakens und Abtupfen des Blutes mache man einen
1 cm langen Einschnitt in das nun sichtbare Bauchfell und
gehe nach Entfernen der Wundhaken mit dem rechten Zeige¬
finger ein und ziehe mit dem gebogenen Zeigefinger den
Uterus zur Wunde heraus. Das Auffinden desselben kann
man sich erleichtern, wenn mau'durch die Scham an der
dorsalen Scheidenwand entlang eine Sonde einführt; auch
ist es empfehlenswert, den Hund an den Hinterbeinen in die
Höhe heben zu lassen. Hat man dann den Uterus bis zur
Bifurkation heraus und sich vorher genau überzeugt, daß
man wirklich den Tragsack hat, so bebe man zunächst das
rechte, dem Operateur zugewendete Uterusborn nach vor¬
wärts heraus, bis es am Ovarium sieh spannt. An diesem
gespannten Hörne geht man dann mit dem rechten Zeige¬
finger zum Ovarium, umfaßt es von rückwärts und zieht es
mit der linken Iland am Uterushorne zur Bauchwunde
heraus. Hierauf faßt man mit. einer kleinen Kornzange oder
Pean’schen Arterienklemme den unter dem Ovarium in die
Bauchhöhle ziehenden Strang (Eierstocksband mit Gefäßen),
macht mit dem Skalpell einen Einschnitt in die Eierstocks-
tasche, faßt das nun herausspringende rotbraune Ovarium
mit einer Arterienpinzette und schneidet es mit der Schere
346
weg. Bei eventuell aus dem Stumpfe auf tretenden Blutungen
torquiert man das Gefäß mit einer Arterienpinzette oder
unterbindet es mit einem feinen Seidenfaden. Beim Ab¬
schneiden ist strengstens darauf zu achten, daß vom Ovarium
nichts zurückbleibt. Nach Offnen der Pean’schen Klemme
und Zurückschieben des Ovarialstumpfes wird die Operation
in derselben Weise am anderen Ovarium ausgeführt. Nach
dem Versenken des Uterus, Eierstockstumpfes und .sonstiger
vorgefallener Teile in die Bauchhöhle und Zurückhalten
der andrängenden Bauch ei nge weide legt man durch die
ganze Bauchwand zwei tiefe Knopfnähte an, knüpft die¬
selben und vernäht dann noch besonders die vorderen und
hinteren Wundwinkel der Hautwunde; Abtupfen der Ope¬
rationsstelle mit Watte, Übergießen mit Jodoformkollodium
und Aufkleben eines Blattes Watte. Knappes Futter am
nächsten Tage; Entfernen der Nähte nach 5 Tagen.
Holterbach: Das Vergiften der kleineren Haus¬
tiere. (Tierärztl. Rundschau, Nr. 13, 1910.)
Verf. verwendet an Stelle der allgemein üblichen Me¬
thoden seit längerer Zeit reine Blausäure zum Vergiften von
Hunden, Katzen, Alfen, ja sogar Pferden. Er bedient sich
hierzu einer 10 %igen sterilen Lösung, die von der Firma
Beugen & Co., Hannover, in zugeschmolzenen Glasröhrchen
von 10 ccm Inhalt erhältlich ist und in dieser Form in einem
Etui von jedem Praktiker sicher überallhin mitgenommen
werden kann. Das Vergiften geschieht nun durch Injektion
des Inhalts der Glasröhm mittelst der Lorenz’sclien Impf¬
spritze mit Schlauchgarnitur intrapleural über dem Herzen.
Dieses Tötungsmitte] hat niemals versagt, die Anwendung
ist leicht, einfach, rasch durchzuführen und der Tod tritt
fast schmerzlos und blitzartig ein. Rabus.
Liepe: Taubheit beim Pferde. (Berliner Tierärztl.
Wochenschr., 1909, Nr. 40.)
Ein Pferd wurde mit dem Verlangen vorgestellt, ein Attest
auf Dummkoller für dasselbe auszustellen. Zu beobachten
waren nur gesenkte Kopfhaltung, Trägheit beim Fahren mit
»Scheuklappen und vollständige Taubheit. Sobald es die Be¬
wegungen der Peitsche nicht sehen konnte, verhielt es sich
gegen Knallen und sonstige Geräusche völlig teilnahmslos.
Schon nach einigen Tagen trat Besserung und nach einer
Woche Heilung ein. Wie sich herausstellte, war die Taub¬
heit dadurch entstanden, daß das Tier beim Ausladen aus
347
der Bahn mit dem Kopf gegen einen Schuppen angerannt
war. —
In einem anderen Fall wurden durch einen kalten Blitz,
der an der Wand des Stalles entlang ging, 5 Pferde zu Boden
geworfen, die sich indes slsbald wieder erheben konnten.
Eines der Tiere zeigte nun einseitiges Schielen und erheb¬
liche Schwerhörigkeit; beide Krankheitszustände hielten
4 Wochen lang an.
Sustmann: Versuche mit einigen pharmazeutischen
Präparaten. (Berl. Tierärtl. Wochenschrift, 1910, Nr. 1 und 2.)
La Giracorne, eine resorzinhaltige Harzsalbe, wurde
hei etwa 100 Pferden angewendet. Sie kann als ein das
Hornwachstum förderndes Mittel empfohlen werden. 400 gr
kosten 4 Mk.
Pond re du Pin, ein besonders in Sportkreisen
beliebtes Mittel zur Behandlung von Gallen, Sehnenent¬
zündungen etc. entfaltet lediglich eine schwach kühlende und
adstrigierende Wirkung. Es wäre ev. als ästhetische Form
des Lehmanstriches zu verwenden, wenn es ihn auch nicht
voll ersetzen kann.
R e d u c i n e, eine Scharfsalbe, die der Anpreisung
nach selbst die schlimmsten Sehnenleiden, Spat etc. heilen
und das Brennen überflüssig machen soll, hat in chronischen
Fällen vollständig versagt. Bei akuten Prozessen war eine
Wirkung zwar bemerkbar, doch entspricht der Erfolg nicht
dem Aufwand an Zeit und Geld. Eine Büchse mit etwa
400 gr kostet 16 Mk.!
Elliwans Royal Emhrokation, ein in der
Humanmedizin zuweilen angewandtes Liniment, hat auch
in der Pferdepraxis hei Gelenks- und Sehnenentzündungen,
Rheumatismus und Gallen befriedigend gewirkt.. Preis einer
200 gr-Flasche 2—3 Mk. L i n d n e r.
Braun: Synthetisches Suprarenin. (Zentralblatt für
Chirurgie, Nr. 16, 1910.)
Die Feststellung der chemischen Konstitution des
Organsuprarenins gelang A1 d r i c h, P a u 1 v, Stolz, F r i e d -
mann; die technische Darstellung von suprareninähnlichen
Substanzen aus Brenzkatechien glückte S t o 1 z und Flacher;
die Produkte besaßen die physiologischen und pharma¬
kologischen Eigenschaften des Organsuprarenins in erheb¬
lich geringerer Intensität.
348
F lächer gelang es nun, dieses optisch inaktive künst¬
liche Suprarenin in eine optisch rechts drehende (deutrogyre)
und in eine gleich dem Organsuprarenin linksdrehende
(lävogyre) Komponente zu zerlegen (D-Suprarenin und
L-Suprarenin). L-Suprarenin ist mit dem Organ¬
suprarenin identisch. Es ist gegen Alkali ebenso
empfindlich wie Organsuprarenin, und es empfiehlt sich
zur Herstellung von Lösungen der Zusatz einer Spur Salz¬
säure (2—3 guttae ad 1000 ccm).
Dieses sogenannte synthetische Suprarenin wird in
Zukunft statt des borsauren Organsuprarenins den ent¬
sprechenden Bestandteil der Novokaintabletten als wein¬
saures synthetisches Suprarenin vertreten.
Heidenhain: Berichtigung über die Verwendung von
Adrenalin. (Zentralblatt für Chirurgie, Nr. 10, 1910.)
Die rektale Infusion von Adrenalin empfiehlt sich
nicht, da dieses Präparat gegen die geringsten Spuren von
Alkali sehr empfindlich ist und eventuell schwere Nekrosen
der Mastdarmschleimhaut verursachen kann; ähnlich ver¬
hält es sich mit der subkutanen Injektion. Die intramus¬
kuläre Injektion wäre zu versuchen; Verfasser hat nur
intravenöse Infusionen verwendet mit fortgesetzt gutem
Ergebnis. (Referent hat verschiedentlich bei Herz- und
Gefäßkollaps die intramuskuläre Einverleibung von Adre¬
nalin bei Tieren in Anwendung gebracht ; die Erfolge er¬
muntern mich neben der intravenösen Injektion bei Gebär¬
parese zu weiteren Versuchen mit der intramuskulären
Injektion). Lichten steril.
Tierzucht und Tierhaltung.
Training von Jungvieh.
Seit Jahren wird in der Fachpresse auf die große Be¬
deutung der Bewegung speziell des Weideganges während
der Entwicklungsperiode des Jungrindes für die Ausbildung
des Skelettes, der Muskulatur, der Zirkulations- und Atmungs¬
organe hingewiesen. In einem Artikel der Illustrierten
Landwirtschaftlichen Zeitung (Nr. 32, 1910) wird außer¬
dem empfohlen, die Jungtiere, soweit es sich um Bewegung
handelt, zu trainieren. Es wird angeregt im Sommer die
Stierkälber schon einige Tage nach der Geburt mit den
Müttern täglich in den Auslauf oder auf den Hof zu bringen,
woselbst sic sieh schon in diesem Alter lebhaft herum
tummeln. Nachdem die Kälber einige Wochen alt geworden,
349
soll die Bewegung überwacht und geleitet werden. Sind
mehrere Jungstiere vorhanden, so empfiehlt sich, dieselben
zu einer bestimmten Tagesstunde, am besten mittags zur
Bewegung, in schneller Gangart anzutreiben, aber nicht
lange, nur während der Dauer von etwa fünf Minuten; all¬
mählich verlängere man die Dauer der Bewegung, so daß
die Tiere mit zunehmendem Alter während der Dauer
einer halben Stunde mit kurzen Ruhepausen in scharfer
Gangart gehen müssen. Bei Beginn des sprungfähigen
Alters sollen die Stiere nicht mehr gruppenweise zum Laufen
getrieben, sondern nur einzeln in dem Tummelplatz bewegt,
oder auf der Weide an einer langen festen Kette getüdert
werden.
Mit weiblichen Rindern soll, nachdem sie drei bis
vier Monate alt geworden, ähnlich verfahren werden. Auch
diese sollen bei warmer Jahreszeit täglich */4 bis l la Stunde
mit kurzen Ruhepausen in schneller Gangart bewegt werden.
Dieses Training soll jedoch nur bis zum Alter von einem
Jahr fortgesetzt werden.
Diese Vorschläge können gewiß als empfehlenswert
bezeichnet werden, besonders dann, wenn die Möglichkeit
fehlt, die Jungtiere bei Weidegang aufzuziehen. Der Durch¬
führung dieser Art Training werden sich aber speziell bei
Kleinzüchtern manche Hindernisse entgegenstellen, z. B.
ein geeigneter Raum zum Treiben, Dienstbotenmangel etc.
(D. Ref.) _
Zur Kenntnis des Einflusses der Geschlechtsfunktionen
auf den Stoffwechsel.
Professor Tangl stellte über diesen Punkt einen
Versuch mit einem 23/4 jährigen kaltblütigen Hengste an ;
der Versuch erstreckte sich auf eine 34 tägige Fütterungs¬
periode. Schon 3 Wochen vor Beginn des Versuches erhielt
das Pferd dasselbe Futter, welches ihm während der Ver¬
suchsperiode verabreicht wurde, nämlich 4 kg Wiesenheu,
1 kg Haber, 1 kg Mais und 1 kg Strohhäcksel. An
sechs Tagen, die je durch einen oder zwei Zwischentage
getrennt waren, deckte der Hengst täglich je einmal und
am 7. Tage dreimal. T. bestimmte die Harn- und Kot¬
menge, sowie den N- und P-Gehalt der Exkrete. Wasser
konnte das Tier zunächst nach Belieben aufnehmen, später
erhielt es 17 Liter pro die. Das Ergebnis des Versuches
lautet: Der Begattungsakt beeinflußt die Menge des Harnes
und des in ihm ausgeschieden N. und P., also den N. und
P.-Umsatz des männlichen Tieres nicht. (Landwirtschaft¬
liche Jahrbücher, Jahrgang 37.) A.
350
Verschiedenes.
Promotionsrecht.
Bei der Beratung der Etats des Kultus- und Landwirt-
schaftsministeriums in der Abgeordnetenkammer Preußens
kam die Frage der Verleihung des Promotionsrechtes an
die Preußischen Tierärztl. Hochschulen, sowie die Erteilung
der Berechtigung des seitens Reichsangehöriger in Bern
und Zürich erworbenen Doktortitels der Veterinärmedizin
zur Sprache. Die Abgeordneten Dr. Eickhoff, Heissig
und Hintzmann befürworteten unter treffllicher Be¬
gründung lebhaft die Genehmigung zur Führung des in
der Schweiz erworbenen Titels Dr. med. vet., während sich
der Abgeordnete Dr. R e w o 1 d t entschieden dagegen aus¬
sprach. Dr. H e i s s i g empfahl außerdem warm die Ver¬
leihung des Promotionsrechtes an die preußischen Tier¬
ärztlichen Hochschulen.
Der Landwirtschaftsminister von Armin gab die
Erklärung ab, daß er bezüglich des den Preußischen Hoch¬
schulen zu verleihenden Promotionsrechtes mit dem Kultus¬
minister in Verhandlung stehe und glaube, daß diese zu
einem günstigen Resultate führen werde.
Ob er in der Lage sei, die Genehmigung zur Führung
des in der Schweiz erworbenen veterinärmedizinischen
Doktortitels zu erteilen, sei zweifelhaft; es seien die in
Bern und Zürich promovierten Tierärzte fast ausschlie߬
lich solche, welche nicht im Besitze der Maturität seien;
prinzipielle Gründe sprechen aber dagegen diese Promo¬
tionen anzuerkennen und damit die in der Schweiz promo¬
vierten immaturen Tierärzte gegenüber den in Deutschland
promovierten, von welchen Maturität verlangt werde, ge¬
wissermaßen zu begünstigen.
Trichinenschau.
Der Inhalt des Artikels des Kollegen Dr. B ö li m -
Nürnberg enthält die Mitteilung, daß das Gemeindekollegium
Eichstätt die Einführung der vom Magistrat beantragten
Trichinenschau ablehnte, trotzdem daselbst in der letzten
Zeit Fälle von Trichinose bei Schweinen aufgetreten
sind. Ähnlich liegen die Verhältnisse in dem Städtchen
Dinkelsbühl, einer Gegend des westlichen Bayerns, in
welcher schon so häutig Trichinen bei Schweinen gefunden
wurden und wo alljährlich das besuchte Festspiel „Die
Kinderzeche“ aufgeführt wird. Eine Zeitungsnotiz mehlet
soeben : Das G e m e i n d e k o 11 e g i u m Dinkelsbühl
351
hat die von der K. K r e i s r e g i e r u n g angeregte
Einführung der obligatorisch e n Trichinen¬
schau mit 18 gegen 2 Stimmen wiederholt ab¬
gewiesen.
Anderwärts scheint erfreulicherweise die Überzeugung
von der Notwendigkeit der Trichinenschau in Laienkreisen
Platz zu greifen; dafür spricht unter anderem der Umstand,
daß sich in letzter Zeit Privatpersonen von auswärts bei
dem Trichinenamte in Nürnberg wiederholt in der Trichinen¬
schau unterrichten lassen wollten, um die für den eigenen
Verbrauch geschlachteten Schweine auf Trichinose selbst
zu untersuchen, da die Trichinenschau in ihrer Gegend
noch nicht eingeführt sei. A.
Pferdemarkt in Wels.
Der diesjährige Pferdemarkt der Stadt Wels in Ober¬
österreich wird am 23. Mai in den Vormittagsstunden ab¬
gehalten werden.
Der Auftrieb ist ein ganz bedeutender, da regelmäßig
über 1000 Pferde besserer Gattung und besonders schweren
Schlages, als Pinzgauer, Kärntner, aber auch böhmischer
und ungarischer Hasse zu Markte gelangen, auch ist die
Beteiligung der Käufer stets eine sehr rege.
Bttcherschan.
Liederbuch für deutsche Tierärzte. Herausgegeben von
Dr. Püts und Fr. Koch. Berlin 1910. Verlag von
Rieh. Schretz. Preis 1,25 Mk.
Das Werkchen, ein Analogon des Liederbuches für
deutsche Arzte und Naturforscher, stellt eine Sammlung
von Fest- und Kommersliedern, von Tafelgesängen und
Gelegenheitsdichtungen dar, die sich ob ihres Inhaltes zum
Vortrag in rein tierärztlichen Kreisen wohl eignen und ihm
auch hier Freunde erwerben werden. Sicherlich werden
sich auch andere Kreise für das Büchlein interessieren.
Ob diese aber die manchmal stark t i e r ärztlichen Dich¬
tungen richtig verstehen werden, ist eine andere Frage.
Schapers Taschenbuch für landwirtschaftliche Tierzucht.
Herausgegeben von M. & H. Schaper. Hannover 1910.
Die im 3. Jahrgang erscheinende Broschüre enthält ein
ausführliches Verzeichnis der Züchtervereinigungen im
Deutschen Reiche mit Angaben über Sitz der Vereinigungen,
\ orstandschaft, Zahl der eingetragenen Tiere, Zuchtmärkte,
352
Auktionen, Ausstellungen etc., sowie eine ausführliche Schil¬
derung der Zuchtziele der einzelnen Verbände. Dieses
Kapitel, sowie die übersieht über die gesamte neuere Literatur,
soweit sie Tierzucht und Tierhaltung betrifft, machen es
zu einem brauchbaren Nachschlagebuch für den Züchter.
Ein Bildnis des Geh. Oberregierungsrates Dr. Ly dt in ist
als Buchschmuck beigegeben. M.
Personalien.
Auszeichnungen: Dr. Binder Anton, Hofrat, K. K.
Ministerialrat in Wien den Bayer. Verdienstorden vom hl. Michael
II. Klasse; llanka Karl, K K. Landesveterinärreferent und öster¬
reichischer Kommissär für Veterinär-Angelegenheiten in München
den Verdienstorden vom hl. Michael III. Klasse.
Ernennung: Dr. O. Guth, Zuchtinspektor in Weiden
wurde zum Professor am landwirtschaftlichen Institute der Univer¬
sität Montevideo ernannt.
Wohnsitzveränderung: Kremp 1 Wilhelm, Kgl. Bezirks¬
tierarzt in Garmisch als solcher nach Partenkirchen.
Veränderungen bei den Mi li tärveter in är en: Eckart
Albert, Unterveterinär d. R zum Unterveterinär im 2. Ul.-Regt. in
Ansbach, Geuder Georg, Unterveterinär im 9. Feld-Arb-Regt. zur
Reserve beurlaubt, Heel Hermann, praktischer Tierarzt in Frei¬
sing, Oberveterinär d. L. und Semmler Jakob, Schlachthofdirektor
in Zweibrücken, Oberveterinär d. L. der Abschied bewilligt. Schnei¬
der Oskar, Unterveterinär d. R. zum Unterveterinär im 9. Feld-
Art.-Regt. in Landsberg.
Approbationen in München die Herren: Breindl Joseph
aus Katzberg, Fischer Karl aus Ludwigsburg, Poehlmann
Hermann aus Zell und Stöckl Ignaz aus Rohrbach.
I n Bad Nassau a. d. L ahn (2400 Einwohner ) ist die
baldige Niederlassung eines T i er a rat es er¬
wünscht. Dem kürzlich verzogenen Tierarzt war die ordent¬
liche Fleischbeschau in der Stadt Nassau und die Ergänzungstieisch-
beschau in 17 Landgemeinden der nächsten Umgebung übertragen.
In der näheren und weiteren Umgebung vorwiegend ackerbau¬
treibende Bevölkerung. — Nähere Auskunft erteilt der Magistrat.
(approbiert Juni 1909, Dr. med. vet.). wünscht Stellung als Assi¬
stent bei Bezirkstierarzt (möglichst (Nordbayern). Offerten mit
Gehaltsangabe erbeten unter W. Ci. an die Exped. des Blattes.
MT Mikroskop "^1
n e u mul vorzüglich, mit 0 e 1 i m in e r s i o n, Beleuchtun^s-
apparat, Okularmikrometer etc. Vergrößerung 36—1200; komplett
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Druck von .1 . ( i o 11 cs w i n lc r, München. — Kommissionsverlag : M. Ki cgersche
l’ni\crsinitshuchhumllung. München, Otleonsplalz 2.
I.
Münchener
(früher: Wochenschrift für Tierheilkunde und Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgogeben von
Dr. ,M. Aibrecht.
54 Jahrg. München, den 24. Mai 1910. Nr. 21.
Inhalt: Originalartikel: öller: Antiruhr. — ööpfert: Zwei
Fälle aus der Geburtshilfe. — Hatzold: Aus der Praxis. — Dr.
Wucher: Behandlung der Aktinomykose. -r Pantzer: Fremd¬
körper im Schlunde einer Kuh. — Referate: Holterbach:
Genickstarre und Genickfisteln. I.othes: Zur Pathogenese und
Diagnose der Rotzkrankheit. Radiumtherapie. — Tierzucht
und Tierhaltung: Versuche über die Verwendung der
Kartoffeln für die Pferde. Vergleichende Versuche über die
Wirkung des Eiweißes und einiger N-Verbindungen auf den
Fleischersatz beim Wiederkäuer. Scheuklappenreform in Ham¬
burg. Schlacht- und Mastvieh-Ausstellung in Frankfurt a. M. —
Verschiedenes: Danksagung. Promotionsrecht. Militär¬
veterinärreform in Preußen. Zum Andenken an Prof. Galtier. —
Bücherschau. — Personalien.
Antiruhr.
Von prakt. Tierarzt Oller, Holzkirchen.
Der Name Dr. N ü e s c h - Flawil hat in der Veterinär¬
medizin bereits einen guten Klang. Welcher moderne Tier¬
arzt kennt nicht seine verschiedenen Verbesserungen an tier¬
ärztlichen Instrumenten, von welchen ich insbesondere seine
praktischen Scheidenverschlüsse gerne an wende. Aber auch
in Bezug auf den Arzneischatz hat uns unser Schweizer
Kollege ein äußerst wertvolles Präparat an die Hand ge¬
geben.
Im Jahre 1908 ist er mit dem von ihm hergestellten
„Antiruhr“ an die Öffentlichkeit getreten, wohl dem besten
der Unzahl von Heilmitteln, die gegenwärtig gegen die Kulir
der Kälber, sowie gegen Durchfall der Schweine exislieren.
Das Präparat ist eine trübe, grüne Flüssigkeit, die in
auigeschütteltem Zustand ihrem Aussehen nach dem Oleum
354
hyoscyami ähnelt und sich beim Stehenlassen in eine untere,
klardurchsichtige und eine obere trübe Schicht trennt. Es
ist hergestellt aus einer Mischung von Labmagensaft ruhr¬
fester Kälber, Salzsäure und einem Auszug aus Speichel¬
und Pankreasdrüsen von Rindern und Schweinen.
Bei Zugabe von Milch gerinnt diese fast momentan
feinflockig.
Dr. N ii e s c h empfiehlt, für Kälber und Rinder sein
„Antiruhr“ sowohl als Prophylaktikum als auch als Heil¬
mittel bei schon bestehenden Durchfällen.
Als Prophylaktikum insbesondere in Ställen, wo ver¬
mutlich die Kälberruhr herrscht, sdll jedem Kalb zweimal
täglich je 1 Eßlöffel voll, in Milch geschüttelt, gegeben
werden. Bei Ferkeln wird der Durchfall dadurch verhindert,
daß man dem Mutterschwein selbst täglich dreimal 1 E߬
löffel voll „Antiruhr“ in’s Futter schüttet. Sollen schon be¬
stehende Durchfälle geheilt werden, so schreibt der Erfinder
für Kälber die täglich dreimalige Verabreichung von 1—1 \A
Eßlöffel voll in abgekühlter Milch vor, während beim Durch¬
fall der Ferkel das Mutterschwein 2-—3 Eßlöffel voll pro
Mahlzeit erhält.
Besonders einfach ist somit die Anwendung des Mittels
bei Schweinen, wo nicht jedes Ferkel mit der Arznei trak¬
tiert. werden muß, sondern lediglich das Muttertier dieselbe
erhält. Auch hier handelt es sich nicht um eigentliches „Ein¬
gehen“ der Arznei, welches bei Schweinen wegen der stets
zu befürchtenden Schluckpneumonien sehr unangenehm ist,
sondern das Präparat wird einfach in’s Futter geschüttet
und von dem Tiere anstandslos auf genommen.
Leider reichen speziell bei Schweinen meine eigenen
Erfahrungen nicht weit, da in hiesiger Gegend nahezu keine
Sehweinezucht getrieben wird. Wohl aber habe ich reichlich
Versuche mit „Antiruhr“ bei Kälbern angestellt und die da¬
bei erzielten Erfolge lassen den therapeutischen Wert des
Präparates im besten Licht erscheinen. Die Schnelligkeit,
mit der der Erfolg zuweilen auftritt, ist tatsächlich über¬
raschend. überraschend nicht nur für den Besitzer, sondern
auch für den Tierarzt.
Ich habe eine große Anzahl junger 2—8 Tage alter
Kälber, die zum Teil schon seit der Geburt au starkem
Durchfall lilten und alle Symptome der gefürchteten Kälber¬
ruhr deutlich präsentierten, mit Antiruhr behandelt und ge¬
heilt. Nur in Fällen, wo der letale Ausgang schon bei
meinem erstmaligen ITinzukommen stündlich zu erwarten
war und gewöhnlich auch noch am selben läge eintrat, wo
355
also das Mittel sozusagen keine Zeit, mehr hatte, seine Wir¬
kung zu entfalten, war der Erfolg ein negativer.
Es seien hier nur einige markante Beispiele genauer
angeführt:
Eiue Kuh hatte Zwillinge geboren, die beide am ersten
l>ezw. zweiten Tag nach der Geburt an heftigem Durchfall
erkrankten. Ara Morgen des vierten Tages nach der Geburt
wurde tierärztliche Hilfe in Anspruch genommen und die
Anamnese ergab, daß seit geraumer Zeit die meisten neu¬
geborenen Kälber an Durchfall erkrankten und vor kurzem
auch 2 derselben verendet waren. Beide Zwillinge lagen
matt und hilflos am Boden und waren sehr mager. Die
• ganze Umgebung des Afters war mit gelb-grauem, dünn¬
flüssigem, äußerst übelriechendem Kot verunreinigt. Die
Temperatur betrug 38,0 " bezw. 38,7 0 und der nur undeut¬
lich fühlbare Puls mochte bei jedem der beiden Kälber
zwischen 65 und 70 Schläge in der Minute betragen.
Gemäß der Gebrauchsanweisung, wie sie Dr. Nüesch
vorschreibt, erhielt jeder Patient morgens, mittags und
abends je 1 Eßlöffel voll „Antiruhr“ in l /> Liter abgekühltcr
Milch, wobei ich die Milch des Muttertieres verwenden und
außerdem keine andere Nahrung geben ließ. Das eine Kalb
hatte bereits nach zirka 24stündiger Behandlung nicht nur
wieder normale Kotentleerung, sondern verriet auch hin¬
sichtlich des Allgemeinbefindens eine erhebliche Besserung
und am Nachmittag des zweiten Behandlungstages trat auch
bei dem 2. Kalb eine sichtliche Besserung ein. Beide wurden
geheilt.
Ein anderer Besitzer klagte gleichfalls darüber, daß
seine Kälber seit zirka 2 Monaten bald nach der Geburt an
Durchfall erkrankten und häutig eingingen. Zur Zeit habe
er wieder eine Kalb im Stalle, das. seiner Ansicht nach ver¬
loren sei. Ich untersuchte das. Kalb und diagnostizierte
hochgradige Kälberruhr. Es wurden nunmehr morgens
1 Eßlöffel, mittags und abends aber 1*4 Eßlöffel voll „Anti¬
ruhr“ gegeben und zwar in je Vi> Liter der Milch des Mutter¬
tieres, der jedesmal noch l / 2 Liter gekochtes, abgekühltes
Wasser mit 2 rohen Ehern versehüttelt beigemischt war.
Auch dieses Kalb war bis zum Abend des zweiten Behand¬
lungstages geheilt.
Bei diesen und einer großen Anzahl anderer Fälle, die
ich fast durchwegs mit Erfolg mittels „Antiruhr“ behan¬
delte, bemerkte ich, daß der Appetit der Patienten stark an¬
geregt wird, ein Umstand, den besonders der Besitzer gerne
sieht.
356
Als Prophylaktikum habe ich „Antiruhr“ bisher in drei
Stallungen, wo seither Kälberruhr herrschte, angewandt.
I)r. N ii e s c h schreibt hier Gaben von täglich zweimal
bis zu 1 Eßlöffel voll vor. Per Billigkeit des Versuches
halber verordnete ich nur V 2 Eßlöffel voll dreimal täglich
während der ersten 3—4 Tage nach der Geburt und konnte
bei dieser Behandlung ein Neuauftreten der Ruhr in den
betreffenden Stallungen bis jetzt noch nicht konstatieren.
Zwei Fälle ans der Geburtshilfe.
Von Bezirkstierarzt (töpfert, Pirmasens.
Doppel mißbildung.
Zur Entwicklung eines Kalbes gerufen, fand ich, daß •
schon schwere geburtshilfliche Eingriffe von Seite eines
Pfuschers gemacht und die Extraktion des Fötus durch Zug
von 8 Männern versucht worden war. Pie Kuh lag auf dem
Boden, nicht mehr im Stande, sich zu erheben; Ohren und
Beine waren kalt, der Nasenspiegel trocken. Aus der stark
geschwollenen Scheide hingen zwei Hinterbeine und die
Kruppe eines Kalbes heraus. Beim Eingang in die Geburts¬
wege fühlte die Hand einen seitlich der ausgetretenen
Kruppe anliegenden zweiten Fuß, der aber nicht in die
Geburtswege zurückgeschoben werden konnte, so daß offen¬
bar eine Mißbildung vorlag. Ich nahm daher die zwei vor¬
liegenden Beine im Hüftgelenk ab und schob das Hinterteil
in die Geburtswege. Bei der weiteren Untersuchung fand
ich zwei andere Hinterbeine, an welchen ich nach Anlage
von Stricken ziehen ließ. Es kamen alsbald die zugehörige
Kruppe und die Lende zum Vorschein, worauf Stockung
eintrat. Deshalb nahm ich das zweite Hinterteil, das mit
dem vorher zurückgeschobenen verwachsen war, möglichst
nahe an der Teilungsstelle der Wirbelsäule subkutan al>,
was wohl der schwierigste Teil dieser Geburtshilfeleistung
war. Nunmehr fühlte ich in den Geburtswegen zwei Vorder¬
füße und einen Kopf. Durch entsprechenden Zug konnte
die Mißbildung jetzt unschwer entwickelt werden. Nun
zeigte sich, daß diese auch 4 Vorderbeine und ein doppeltes
Angesicht hatte, also als Pipygus bilumbis diprosopus oeto-
pus, eine Poppelmißbildung mit Poppelsteiß, doppelten
Lenden, doppeltem Angesicht und acht Beinen anzusprechen
war. —
B a u c h -Ve r t i k a 1 1 a g c.
her zweite Fall betraf die Entwicklung eines KalV>c*s
in hundesitziger Stellung. Pie Untersuchung der stark
357
drängenden, am Boden liegenden Kuh ließ erkennen, daß
4 Füße und der Kopf im Beckeneingang eingekeilt waren.
l)a ein Vordringen der Hand bis zum Knie- resp. Sprung-
gelenk unmöglich war, konnten Hinter- oder Vorderbeine
nicht unterschieden werden. Ich ließ nun das Hinterteil
der auf den Rücken gelegten Kuh durch Fesseln am Sprung¬
gelenke hochheben und gleichzeitig mehrere Bund Stroh
unter die Kruppe schieben. Sodann zog ich den Kopf mittelst
einer Unterkieferschlinge und mit eingesetztem Augenhaken
etwas an, wobei ich an der Bewegung eines Beinpaares
dieses als Vorderextremität erkennen konnte. Diese Füße
wurden in die Schlinge genommen und die Hinterfüße zu-
riiekgeschoben. Nun gelang die Entwicklung des Fötus
ohne Schwierigkeiten. Kuh und Kalb blieben gesund.
Ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt Hatzold, Scheßlitz.
I. Schimmelpilzvergiftung.
Nach dreitägiger Verfütterung von Melasse, die von
einer Berliner Firma stammte, erkrankten die zwei Pferde
eines Ökonomen an geringgradiger Kolik. Daneben bestand
etwas Kotverhaltung und schlechte Freßlust. Einige Tage
später traten bei dem älteren Pferde Schluckbeschwerden
auf, die sich schließlich derart steigerten, daß das Tier auch
Wasser nicht mehr abschlucken konnte. Der Kräftezerfall
war infolge dessen ein rapider und als ich ungefähr 10 Tage
nach dem Auftreten der ersten Symptome gerufen wurde,
lag das Pferd bereits in vollständiger Agonie im Stalle.
Wenige Stunden später war es verendet. Die Sektion war
negativ, nur die Erscheinungen eines geringgradigen Magen-
darinkatarrhes waren vorhanden. Das andere Pferd war
einige Tage später als sein Kamerad erkrankt und zeigte
zur Zeit meines ersten Besuches Folgendes: starke Abmage¬
rung, Teilnahmslosigkeit, Lähmung des Hörzentrums, Amau¬
rose, schwankenden Gang und mäßige Schluckbeschwerden.
Ich hatte sofort Verdacht auf Futtervergiftung und hielt
nach Vernehmung des Besitzers die Melasse für die mut¬
maßliche K rankheitsu rsache.
Die Untersuchung der der K. agrikultur-botanischen
Anstalt in München eingesandten Proben bestätigte den
Verdacht vollauf. Die Grundsubstanz der Melasse bestand
aus wertlosen Abfallprodukten, war durch Milben und
Milbeneier verunreinigt und vollständig verschimmelt.
358
Das /weite Pferd verendete ebenfalls, ungefähr 8 Tage
nach dem ersten; die Sektion verlief ebenso negativ als bei
diesem.
In dem zur Zeit in dieser Sache schwebenden Prozesse
mußte ich ein Gutachten dahin abgeben, ob eine Vergiftung
durch Schimmelpilze den Tod der Pferde verursacht habe
und ob diese Vergiftung durch die Melasse hervorgerufen
worden sei. — Beide Fragen wurden bejaht.
II. Harnsteine bei einem Ochse n.
Bei einem Ochsen wurde die Harnsteinoperation vor¬
genommen und der Stein auch prompt hinter dem Hoden¬
sack gefunden und entfernt. Trotzdem trat keine Entleerung
der prall gefüllten Blase ein. Aus der Wunde tröpfelte nur
etwas Harn und mit diesem gingen kleine Steinchen ab.
Da das Tier in gutem Nährzustande war, riet ich zur
Schlachtung. Dabei zeigte sich dann, daß die hochgradig
entzündete, mit blutigem Urin prall gefüllte Blase eine
große Menge stecknadelkopf- bis haselnußkerngroße Steine
enthielt.
Einem anderen Ochsen, zu dem ich nachts gerufen
wurde, und der denselben Befund zeigte, ließ ich ebenfalls
schlachten. Auch hier wurden außer dem in der Harnröhre
sitzenden Steine noch eine Menge kleinerer in der gleich¬
falls hochgradig entzündeten Blase gefunden.
Behandlung der Aktinomykose.
Von Distriktstierarzt Dr. Wucher, Pappenheini.
Mit zweimaliger Jodipin-Injektion konnte bei einer
Kalbin ein schöner Erfolg erzielt werden. Das Tier wies
faustgroße Tumoren in der Parotisgegend auf, atmete an¬
gestrengt und laut röchelnd, so daß Erstickung befürchtet
wurde. Penetranter Fötor ex ore et naribus deutete auf
aktinomykotische Geschwüre im Kaehenraum hin. Die Hei¬
lung war eine vollkommene und anscheinend dauernde; denn
während der seither vergangenen Zeit (% Jahre) sind Rezi¬
dive nicht aufgetreten. (Jahresberichte bayer. Tierärzte.)
Fremdkörper im Schlunde einer Kuh.
Von Distriktstierarzt l’antzer, Kipfenberg.
Fine Kuh hatte einen Apfel verschluckt, der dann in
der Brustportion des Schlundes stecken geblieben war. Da
der Fremdkörper mit der Sonde nicht in den Magen gestoßen
359
werden konnte, wurde in Hinsicht auf drohende Tympanitis
der Wanststich ausgeführt und die Kanüle liegen gelassen.
Als nach 24 Stunden der Apfel noch ebenso unbeweglich
festsaß, injizierte ich zweimal innerhalb 3 Stunden subkutan
je 0,1 Eserin, sulfur. mit dem Erfolge, daß der Fremdkörper
plötzlich in den Magen glitt. (Ibidem.)
Referate.
Holterbach: Genickstarre und Genickfisteln. (Tier¬
ärztliche Rundschau, Nr. 9, 1910.)
Die Nackenfistel stellt in ihrer leichtesten Form eine
oberflächliche, auf traumatischer Ursache beruhende Ver¬
letzung dar in Form einer eiternden Wunde; man trifft hier
teilweise Hautnekrose und Ansammlung von Eiter in dem
lockeren subkutanen Bindegewebe, unter Umständen kann
es hier zur Eitersenkung und Ergriffenwerden des Nacken¬
bandes kommen. Der zweite Grad in der Entwicklung der
Nackenfistel ist die Bildung einer serösen Zyste in Form
einer weichen, schmerzlosen, fluktuierenden Schwellung an
einer oder beiden Seiten des Nackens oder seltener im Ver¬
lauf der Mittellinie. Die in der Zyste enthaltene Flüssigkeit
ist klar, strohgelb und keimfrei und so lange die Keim¬
freiheit besteht, bildet nur Steifheit des Nackens den ein¬
zigen Nachteil einer solchen serösen Zyste. Durch Zutritt
von Mikroorganismen in diese keimfreie Zyste entsteht nun
das dritte Stadium, nämlich der Abszeß, und falls derselbe
nicht sofort chirurgisch behandelt wird, das vierte Stadium,
nämlich die eigentliche Fistel, der infizierte blind endigende
Eitergang, der fast immer das Nackenband in den Krank¬
heitsprozeß mit hineinzieht. Auch entsteht dieselbe stets
dann, wenn die keimfreie seröse Zyste unvorsichtigerweise
gespalten wird.
Als Ursache der Genickfistel nimmt man allge¬
mein mechanische Insulte an, die direkt auf die Nacken¬
gegend wirken und mehr oder minder tiefe Verletzungen
erzeugen (Quetschungen). Doch muß es außer dem Trauma
noch eine endogene Entstehung der Genickbeule geben, der
die sicher konstatierten Fälle enzootischen Auftretens des
Leidens zur Last gelegt werden müssen, wobei man aber
noch lange nicht an eine direkte Ansteckung zu denken
braucht. Sagte doch kürzlich Kollege Wo o 1 d r i ge in der
tierärztlichen Gesellschaft zu Lincolnsbire, daß die Nacken¬
fistel viel häufiger auf dem Lande als in den Städten vor¬
kommt, in manchen ländlichen Bezirken häufiger als in
360
anderen ist und manchmal unter den Pferden eines be¬
stimmten Gutes in einer Weise auftritt, daß der Gedanke
an eine „Ansteckung“ zum mindensten berechtigt ist.
Bei der Behandlung der Genickbeule merke man
sich vor allen Dingen, daß man bei Zeiten zum Messer und
scharfen Löffel greifen muß. Leicht zu behandeln sind die
o b e r f 1 ä c blichen Verletzungen, die Nekrose der .Haut
und der Subkutis. Gründliche Entfernung aller ne¬
krotischen Teile; Sorge für guten Abfluß der Wundsekrete
und Behandlung der Wunden nach den allgemeinen Hegeln.
Einfache Kontusionen der Genickgegend beseitige man mit
Bähungen. Um jede Spannung der kranken Nackengegend
zu vermeiden, verabreiche man das Futter vom Boden; auch
lasse man den Patienten ohne Kopfbefestigung frei im Lauf¬
stande herumlaufen.
Kalte, plötzlich auftretende Schwel¬
lungen dürfen niemals ohne weiteres ge¬
spalten werden, sondern man prüfe nach
A brasieren der Haare, Reinigung der Stel 1 e
mit Seife und Desinfektionsmitteln, Trock¬
ne n mit Äther und starker Einpinselung
mit Jodtinktur mit eine m möglichst dünne n
sterilen Probetrokar t den Inhalt! Ist derselbe
klar, d. h. keimfrei, so versuche man den Inhalt zur Re¬
sorption zu bringen durch Jodblister (Hydrargyr. bijodat.
rubr.) und kleine innerliche Jodgaben (je 1 Kaffeelölfel
3—6 % iges Jodozoniment dreimal täglich). Nach 14 Tagen
eventuell Wiederholen des Blisters. Hat aber die Probe¬
punktion gleich von vorneherein den Inhalt als eiterig er¬
wiesen oder tritt nachträglich Eiterung in dem Abszeß ein.
dann m u ß so f o r t der Abszeß gespalten werden durch
Anlage eines in der Medianlinie verlaufenden, vom hinteren
Ende der Genickbeule bis zur Crista occipitalis reichenden
Längsschnittes. Gründliche Reinigung der Höhle. Bei in¬
taktem Nackenbande und Abwesenheit von Nekrose und
Eitersenkung behandle man die Wunde mit Desinfektions¬
mitteln, tamponiere dieselbe mit Jodoformgaze oder mit
steriler, mit 1 '/< iger Tinct. jodi durchtränkten Gaze fest aus.
wobei der Tampon durch Nähte durch die Wundränder in
seiner Lage gehalten wird. Tägliches Erneuern des Tam¬
pons in der ersten Woche nach peinlichster Reinigung der
Wunde. Bestreuen der ganzen äußeren Operationsstelle mit
Borcreolin (Acid. borin. 5)4,0, Creolin. 6,0) zwecks Hint¬
anhaltung von bakteriellen Infektionen. Ist es aber schon
zur Ausbildung von Eistelgängcn gekommen, ist also Ne-
361
krose des Nackenbandes bereits tatsächlich vorlianden, so
muß unbedingt zur Radikaloperation geschritten werden,
die Entfernung aller nekrotischen und der Nekrose auch
nur iin geringsten verdächtigen Partien bis auf unzweifel¬
haft gesundes bakterienfreies Gewebe lind Sorge für glatten
Abiiuß der Wundsekrete bezwecken soll. Diese Radikal¬
operation, die nach Prof. Williams (Professor der Chi¬
rurgie und Geburtshilfe im New-York State Veterinary Col¬
lege der Cornell University zu Ithaka) stets dann zu machen
ist, wenn die Genickverletzung nicht mehr oberflächlich ist,
bei allen tiefer sitzenden serösen Abszessen, soll stets in der
Xarkose ausgeführt werden.
Der Verlauf der Operation ist folgender: Abscheren
der Mähne und Stirnhaare des chloroformierten Tieres;-
Rasieren und Desinfektion des Operationsfeldes; Anlage
eines Längsschnittes in der Medianlinie über die erkrankte
»Stelle derart, daß er 10 cm dahinter beginnt und über das
Oeciput hinaus auf die Stirne verlängert wird. Der Ein¬
schnitt muß durch Kutis, Subkutis, Tunica adiposa und Liga¬
mentum nuchae gehen. Letzteres wird entweder der Länge
nach gespalten oder es wird von dem anliegenden Gewebe
vom Occiput beginnend soweit nach rückwärts abgetrennt,
als an ihm Krankheitsmerkmale zu erkennen sind oder die
Genickbeule oder der seröse Abszeß reicht; nun wird das
Nackenband in seiner ganzen Breite von unten nach oben
und rückwärts durchschnitten, man durchschneidet es dann
an seiner Insertionsstelle am Occiput und entfernt die ausge¬
schnittene Partie. Die Wundränder sind durch einen Assi¬
stenten mit Wundhaken auseinander zu halten, damit jeder
Rest des Nackenbandes und alle anderen krankhaft ver¬
änderten Gewebe mit Schere, Skalpell und scharfem Löffel
entfernt werden können. Stillung der oftmals sehr starken
Blutung mit Unterbindungspinzetten. Besonders vorsichtig
hat man bei der Abtragung des Nackenbandes an seinen
Ansetzstellen an den Wirbeln zu sein, damit das Gelenk
nicht geöffnet wird. Hat man nun auf diese Weise die ganze
Wnndstelle und alle Fistelgänge frcigelegt und alles krank¬
haft Veränderte sorgfältigst entfernt, dann wird die Wunde
desinfiziert (1 : 1000,0 Sol. Sublimat), mit Jodtinktur im¬
prägniert (Jod ist eines der wirksamsten Mittel gegen den
Nekrosebazillus) und mit in Jodtinktur getränkter Gaze fest
austamponiert. Schließen der Wundränder durch einige
Nähte zwecks Sicherung des Haltes des eingelegten Tam¬
pons. Am nächsten Tag ohne Entfernung der Nähte Heraus¬
ziehen des Tampons, gründlichste Desinfektion der Wund-
362
höhle mit Sublimatlösung, Einspritzen von etwas Jodtinktur
und Bepinseln der Wundränder mit dem gleichen Mittel.
Am nächsten Tage Entfernen der Nähte, offene Wundbe¬
handlung, Ausspülen mit Sol. Sublimat; Behandlung der
Wundränder mit Tinct. jodi. Heilung erfolgt rasch und
fast ohne Narbenbildung. Nach der Operation kann die
Wundheilung durch innerliche Gaben von Jodfett (6 %iges
Jodozoniment) wirksam unterstützt werden. II a b u s.
Lothes: Zur Pathogenese und Diagnose der Rotz¬
krankheit. (Berl. Tierärztl. Wochenschr., 1909, Nr. 33.)
Die Pferdebestände von Cöln und Umgebung wurden
im laufenden Jahrzehnt in ungewöhnlich hohem Maße von
der Rotzkrankheit heimgesucht; von einer größeren Anzahl
getöteter Pferde erwiesen sich insgesamt 92 als rotzig. Ver¬
fasser hat in allen Fällen sein besonderes Augenmerk auf
Erforschung der Pathogenese gerichtet. Entgegen den bis¬
herigen Anschauungen zeigen seine Feststellungen, daß
Haut und Nasenschleimhaut unter gewöhnlichen Verhält¬
nissen als Eintrittspforte des Erregers nur sehr selten in
Betracht kommen, während die intestinale Infektion, die
man bis vor kurzem noch vielfach leugnete bezw. nur nach
Fütterung mit besonders virulentem Material für möglich
hielt, die Regel bildete.
Die Cölner Rotzepidemie vom Jahre 1907 stellt einen
Fütterungsversuch großen Stiles dar. Sie ging aus von
einem mit starkem Nasenausfluß behafteten Pferd, das
gleich anderen Pferden regelmäßig aus dem Brunnentrog
eines Güterbahnhofes getränkt wtirde; die Seuche verbrei¬
tete sich dadurch in kurzer Zeit auf eine große Anzahl von
Pferdebeständen. Trotzdem die intestinale Infektion außer
Zweifel stand, konnte eine Erkrankung der Darmsehleim¬
haut nur vereinzelt und eine solche der Gekröslymphdriisen
sogar nur in einem einzigen der zahlreichen Fälle nachge¬
wiesen werden. Dagegen wurde mehrfach beobachtet, daß
bei völlig intakter Respirations- und Digestionsschleimhaut
und frischen Veränderungen in anderen Organen sieh
a 1 t e R o t z p r o z e s s e in den Mittelfell-, n a -
in e n t 1 i c h a b e r i n den oberen u n d untere n
Ti u f t r ö h r e n 1 y m p h k n o t c n vorfan de n. Da nun
das Wurzelgebiet der letzteren im unteren Teil des Pharynx
liegt, so dürfte die Eintrittspforte“ des Rotzvirus in diesem
Teil des Verdauungsapparates zu suchen sein: besonders ge¬
eignet hiezu erscheinen die Tonsillen, die selbst allerdings
nur ausnahmsweis«; erkranken. Längere Zeit verweilen die
363
Erreger in den erwähnten Lymphknoten, um von da aus
schließlich eine allgemeine Infektion herbeizuführen. Die
Länge des Aufenthalts in den Lymphknoten kommt der
Hegel nach irn Grad der daselbst geschaffenen Verände¬
rungen zum Ausdruck.
Bei der Beurteilung des Alters rotziger Prozesse ist
Vorsicht geboten und nicht nur der anatomische, sondern
auch der klinische Befund zu verwerten. Besonders gewagt
erscheint es, aus der Größe von Knoten und Geschwüren
bestimmte Schlüsse zu ziehen, da deren Entwicklung je nach
Virulenz des Erregers und Beschaffenheit des betroffenen
Organismus sehr verschieden ist. Gewisse Anhaltspunkte
liefern dagegen die Bindegewebsneubildungen, die nament¬
lich in den Lymphdrüsen und Lungen in der Nachbarschaft
rotziger Prozesse entstehen. Nicht spezifische Entzündungs¬
prozesse mit makroskopisch sichtbarer Gewebszubildung
kommen in den Lymphdrüsen überhaupt nicht und in den
Lungen nur sehr selten vor, was zahlreiche Beobachtungen
bei Pferdeschlachtungen ergeben haben. L i n d n e r.
Radiumtherapie. (Therapeut. Monatshefte, Heft 3,
1910.)
Prof. H i s - Berlin äußerte gelegentlich des in Berlin
abgehaltenen Balneologen-Kongresses die Ansicht, daß der
Radiumtherapie eine große Zukunft bevorstehe. Die von
II. bisher gemachten Beobachtungen berechtigen zu dem
Schlüsse, daß der Stoffwechsel durch Radium stark beein¬
flußt wird; eine besondere Beeinflussung erfährt die Harn¬
säure, indem diese unter Wirkung des Radiums aus der
schwer löslichen Form in eine leicht lösliche übergeführt,
wird. II. glaubt, daß sich später aus dieser Tatsache eine
Behandlungsweise der Gicht ableiten lassen werde. Leider
sei bis jetzt die Emanationsdosis noch nicht genügend dosier¬
bar, so daß nach dieser Richtung noch eingehende Forsch¬
ungen angestellt werden müssen. Soweit gegenwärtig be¬
kannt, scheine sich die Trink- und Inhalationsbehandlung
besser bewährt zu haben, als die Bäderanwendung. A.
Tierzucht und Tierhaltung.
Versuche über die Verwendung der Kartoffeln für die
Pferde.
In sämtlichen deutschen Armeekorps werden gegen¬
wärtig bei einzelnen berittenen Truppenteilen Versuche zu
dem Zwecke ausgeführt, um festzustellen, in welchem Maße
3G4
sich der Haber in der Ration der Militärpferde durch
Trockenkartoffeln unter Beigabe von Leinkuchen und Erd¬
nußmehl ersetzen lasse. Die Versuche sollen während der
Dauer von 4 Monaten fortgesetzt werden. Während dieser
Versuchszeit sollen die Versuchstiere genau auf die Ver¬
änderungen im Ernährungszustände, des Temperamentes,
der Arbeitsfreudigkeit, Haarbeschaffenheit, Ermüdung bei
der Arbeit, auf etwa sich auffällig einstellendem Schwei߬
ausbruch und allenfallsige Verdauungsstörungen beobachtet
werden. (Landwirtschaft.!. Presse.)
Vergleichende Versuche über die Wirkung des Eiweißes und
einiger N-Verbindungen auf den Fleischersatz beim Wieder¬
käuer.
Jarolav - Just fand bei Versuchen mit 2 Lämmern,
daß die Fähigkeit des jugendlichen noch wachsenden Orga¬
nismus, das ihm dargebotene verdauliche Eiweiß zum Auf¬
bau des Körpers zu verwenden, außerordentlich stark ist.
Obgleich die Versuchstiere bereits 8 Monate alt waren, ver¬
wendeten sie noch fast die ganze Menge des ihnen über den
Erhaltungsbedarf gereichten Eiweißes zum Ansätze, ln Be¬
zug auf die nicht eiweißartigen Stoffe zeigten sich Unter¬
schiede, indem die Nichteiweißstoffe der Melasse und der
Malzkeime kaum einen Nährwert aufwiesen, während die
aus jungen Gräsern und Leguminosen, sowie aus Kartoffeln
stammenden amidartigen Stoffe eine beschränkte Eiwei߬
ersparnis zu bewirken vermochten, (.lahresbericht über Tier¬
chemie, 1908.) A.
Scheuklappenreform in Hamburg.
In Hamburg ist nach einer Mitteilung der Zeitschrift
„Der Pferdefreund‘‘ vom 1. Januar 1910 ab die Verwendung
von Kopfgestellen mit Scheuklappen nur mehr dann erlaubt,
wenn diese weit vom Kopfe abstehen, ln Berlin dürfen
Scheuklappen nicht benützt werden, ebenso nicht in Düssel¬
dorf, Aachen, Königsberg und Kassel; in Darmstadt ist die
Verwendung von Scheuklappen nur für den Notfall ge¬
stattet. (Pf e r def r eu nd.)
Schlacht- und Mastvieh-Ausstellung in Frankfurt a. M.
Die Ausstellung fand in den Hallen des städtischen
Schlachthofes statt und begann am 5. Mai. Zur Ausstellung
kamen mehr als 800 Tiere; 215 Ochsen, 20 Bullen, 58 Kühe,
41 Rinder, 158 Kälber (darunter 40 sogenannte Doppel¬
lender), 288 Schweine und 33 Schafe. Unter den Ochsen
365
sind die Höhenschläge und dabei besonders die Simmentaler
in erdrückender Mehrheit. Vortreffliche Exemplare sah man
unter den Rindern (Kalbinnen).- Hier hat besonders auch
die ,,Geschäftsstelle des Bayerischen Landwirtschaftsrates
für Schlachtviehverkauf, München“ sehr gutes geleistet.. Den
Kaiser-Preis, eine silberne Medaille, erhielt eine von Ritter¬
gutsbesitzer Freiherrn von R o t e n h a n, Eyriclishof bei
Ebern, ausgestellte Ivalbin der rot-gelben Franken-Rasse.
Ganz hervorragend war die Kälber-Abteilung. Nach dem
Ausspruch von Fachleuten war diese Ausstellungsabteilung
überhaupt noch nicht überboten werden. Auf dem Ochsen¬
markt wurde für das Pfund Lebendgewicht bis zu 63 Pfg.
bezahlt, an Stückpreisen wurden bis zu 1400 Mark erzielt.
Die wenigen Hämmel waren von guter Qualität. Bei den
Schweinen dominierte der Zuchtrichtung nach das veredelte
Landschwein, meistens hannoverscher Rasse. — Der Tier¬
schau war auch eine recht reichhaltige Ausstellung von
Maschinen, Geräten und Produkten für Viehzucht und das
Metzgereigewerbe angegliedert. Von hohem Interesse war
dabei die Sammelausstellung des städtischen Schlachthof¬
laboratoriums. — Vom preußischen Landwirtschaftsministe-
riuin war Ministerialdirektor Schröter und Landes¬
ökonomierat T h o m s e n, von München der Landesinspektor
für Tierzucht, Regierungsrat Dr. A 11 i n g e r, zur Er¬
öffnungsfeier anwesend. Diese und die übrigen Vertreter
der Staats- und städtischen Behörden, der Landwirtschaf ts-
kammern und sonstiger Korporationen sprachen sich höchst
lobend über das ganze Arrangement und die Qualität der
Tiere aus. (Tagespresse.)
Verschiedenes.
Danksagung.
Ehrende und herzliche Zuschriften und Glückwünsche
von der Königlichen Staatsregierung, Behörden, Gönnern
und Freunden sind mir bei meiner Jubiläumsfeier in un¬
geahntem Maße zuteil geworden und haben mich tief ge¬
rührt. Ich empfinde es deshalb schwer, daß ich außer Stande
bin, jedem Einzelnen die Freude, die ich empfunden habe,
zum Ausdruck zu bringen. Deshalb bitte ich hiermit, meinen
innigsten und herzlichsten Dank für die mir bewiesene wohl¬
wollende Gesinnung annehmen und mir ein treues Gedenken
fernerhin bew'ahren zu wollen.
Es ist mir auch ein Bedürfnis, für die wahrhaft gro߬
mütige Spende, die mir als „Schütz-Stiftung“ zugewiesen
366
worden ist, innigsten Herzensdank zu sagen mit der Ver¬
sicherung, daß dieser Beweis großer idealer Gesinnung für
alle Zeiten in der Geschichte unserer Hochschule unver¬
gessen bleihen wird.
Berlin, den 15. Mai 1010.
Behüt z.
Promotionsrecht.
Nach einer Mitteilung der „Berl. Tierarzt]. Wochen¬
schrift“ ist die .Entscheidung über das Proniotionsrecht des¬
wegen noch nicht erfolgt, weil die Schwierigkeiten wegen
der Form des Doktor-Prädikates fortbestehen.
Militärveterinärreform in Preußen.
In Preußen wurden ernannt: 1 Generalveterinär, 8
Korpsstabsveterinäre und 69 Oberstabsveterinäre. Von
diesen erhielten 10 den Ilang von charakterisierten Majoren,
während den übrigen nur der Titel zuerkannt wurde. Be¬
fördert wurden 75 Oberveterinäre zu Stabsveterinären.
2 Unterveterinäre zu Oberveterinären und 1*20 Untervete¬
rinäre zu Veterinären.
Zum Andenken an Prof. G a 11 i e r.
Dem Andenken des Professors G a 11 i e r an der Tier¬
ärztlichen Hochschule Lyon soll ein Denkmal errichtet
werden und hat sich zur Ausführung des Projektes ein
Komitee gebildet, welchem von deutschen Tierärzten die
Geheimräte Dr. O s t e r t a g und Dr. Schütz in Berlin
angehören. Die Stadt Lyon hat zum ehrenden Gedächtnis an
G a 1 t i e r eine Straße „la rue Galtier“ bezeichnet.
Bttcherscbau.
Lage der Eingeweide bei den Haussäugetieren nebst An¬
leitung zur Exenteration für anatomische und patho¬
logisch-anatomische Zwecke. Für Studierende und Tier¬
ärzte bearbeitet von Dr. G. Schneide m ii h 1, Professor
für vergleichende Pathologie an der Universität Kiel.
Dritte, umgearbeitete und vermehrte Auflage. Berlin,
Verlag von Parey, 1910. Preis 4 dt 50 A-
Der Inhalt der drilten Auflage des hier bezeichneten
Buches von Prof. S e h n e i d c m ii h 1 über den Situs vis-
<erum hat eine vollständige Umarbeitung erfahren, wobei
(he neue anatomische Nomenklatur und mannigfache Färb-
abschnite in der Anatomie der Haustiere volle Beachtung
fanden; ferner hat der Verfasser bei den Abschnitten über
die Exenteration der Organe für pathologisch-anatomische
Zwecke entsprechende Zusätze eingeschaltet; sie beziehen
Och besonders auf wichtige Tatsachen aus dem Gebiete der
pathologisch-anatomischen Diagnostik.
Die neue, sehr vervollkommnete Ausgabe des Schneide-
mühFschen Werkes wird den Studierenden ein sehr nütz¬
licher Leitfaden bei den Präparierübungen und den in der
Praxis stehenden Kollegen ein sehr erwünschter Behelf bei
der Ausführung gerichtlicher und gelegentlicher Sektionen
sein. — A.
Die Zucht eines edlen Pferdes im Großherzogtum Baden,
besonders in Mittelbaden. Von A. Hin k, Großherzogi.
Zuchtinspektor in Freiburg i. Br. Mit 2 Abbildungen.
Hannover, Verlag von Schaper. Preis 30-$.
Verf. bespricht in der vorstehenden Arbeit zunächst
die historische Entwicklung der Pferdezucht und die ver¬
schiedenen Wandlungen, welche sie im Laufe der Zeit in
Baden erfahren hat. Im weiteren behandelt H. die Beding¬
ungen zur Zucht des Schrittpferdes und des schweren Lauf¬
pferdes und beweist einwandfrei, daß die Futter- und
landwirtschaftlichen Betriebsverhältnisse, sowie die Absatz¬
verhältnisse in Mittelbaden zur Züchtung des veredelten
schweren Laufpferdes vom Typ der Oldenburger, Ostfriesen,
schweren Holsteiner und schweren Anglonormannen inkli¬
nieren. Die anregend geschriebene Broschüre bietet Pferde¬
züchtern manches wissenschaftlich sehr Interessante und
praktisch sehr Beachtenswerte. A.
Personalien.
Ernennungen: Zündel Johannes, Kreistierarzt in Mühl¬
hausen in Elsaß zum komm. Lamlestierarzt von Elsaß-Lothringen.
Ziere r Rupert, Stadttierarzt in Pforzheim (Baden) zum Schlacht¬
hofdirektor in Ludwigshafen'a. Rh.
Approbationen: in Gießen die Herren: Bruder Kuno
aus Uuterrombach und Mcents Johann aus Esens (Ostfriesland);
in Hannover die Herren: Arfmann-Knübcl Heinrich aus Asch¬
warden, Neuerburg Karl aus Wittlich, Dr. jur. R e 1 o t i u s Wiard
aus Landschaftspolder und Stahl Ernst aus Yelgast.
Pr o m o ti one n: Zu DDr. med. vet. in Gießen die Tierärzte:
G r e i m Wilhelm in Hof, Hungerbühler Mathias in Wekingen,
Jahn Ernst in Ludwigsburg, Sarpe Otto in Nouen, Seibold
Emst in Stuttgart und Vanselow Paul in Gößnitz; in Bern die
Tierärzte: Scheel Robert in Berlin und Siegismund Karl in
Darmstadt.
368
Tierärztlicher Kreisverein von Schwaben und Neuburg.
Die diesjährige, nun 65. Generalversammlung findet ^w^oaa.-
ta.g-, d.e». 2 '7 . Tu ui 3.S3.0, ■voma.itte.g^s © TTlxr im
Xjsiaa.<ä.ra,tssa,a,le zu -A-Mg-sTöTirgr statt, wozu liiemit freund¬
liche Einladung an die Herren Ehren- und Vereinsmitglieder und
sonstige Kollegen ergeht.
Ta.gresoxclxiiaja.gr:
1. Vereinsangelegenheiten.
2. Besprechung praktischer Fälle.
Tags vorher ankonnnende Herren treffen sieh im Hotel
„Velsses Lamm“.
Kempten, im Mai 1910.
Der I. Vorstand: E. Junglnger.
Die -A-ssistexrtexxstelle am ©psoxs.isc2a.exi
IjaTsora,tori\im. (Abteilung des Pathologischen Instituts) der
Königl. Tierärztlichen Hochschule zu Dresden ist xien zu Toe-
setzexx. Bewerbungen werden (unter der Adresse der Hochschul¬
kanzlei) baldigst erbeten. Bakteriologisch vorgebildete Bewerber
bevorzugt.
Scheidenkatarrh
der Rinder wird sicher und dauernd geheilt mit
von Dr. Pomayer
Preis der 1 Pfd.-Dose (für 2 Tiere reichend) Mk. 2,50
KälbercRuhr !
wird mit unbedingtem Erfolg bekämpft mit
Preis pro Satz (3 Pulver) Mk. 1,70.
:: Die Propria-Präparate werden von einer ::
großen Anzahl Tierärzte verwendet und liegen
:: zahlreiche glänzende Anerkennungen vor. ::
General-Depot: Julius Vogel, Regensburg.
Druck von J. (■ o 1 Los \v i n lur, Mim<hc:i. Kommissionsverlag : M.Riogersche
Universitütsbuohhandlung, München, Odeonsplata 2.
(früher: Wochenschrift für Tierheilhnnie nnd Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 31. Mai 1910. Nr. 22.
Inhalt: Originalartikel: Dr. Lichtenstern: Die Lumbal-Punk-
tion und -Injektion und ihr Anwendungsgebiet beim Pferd und
Rind. — Günther: Kurze Mitteilungen aus der Praxis. — Interes¬
sante Obduktionsbefunde. — Mennacher: Aktinomykose der
Nasengänge. —Referate: Walther: Ein Fall von periodischer
Augenentzündung. Dr. Böhm: Zur Geschichte der Trichine und
der Triehinosis. — Die Trichineninvasion bei Tieren und die
Trichinosis hominis. — Die praktische Verwendung des Trichino-
skops bei der Ausübung der Trichinenschau. Phosphor im Or¬
ganismus. — Tierzucht und Tierhaltung: Fütterungs¬
versuche mit Melasse. Laktation der Büffelkühe. Über den
Einfluß der Körperbewegung auf die Verdauung und Nährstoff¬
absorption des Pferdes. — Verschiedenes: Ausführungs¬
gesetz zum Reichsviehseuchengesetz. Antiperiostin contra Can-
tharidol. Tierärztliche Hochschule in Wien. Viehseuchen-
Nachrichten. — Literatur.
Die Lnmbal-Punktion nnd -Injektion nnd ihr An¬
wendungsgebiet beim Pferd nnd Rind,
Von Dr. G. Lichtenstern, Rottalmünster.
Unter Lumbalpunktion versteht man die Einführung
einer Iujektionsnadel durch das Foramen interspinosum der
Lendenwirbel oder das Foramen lumbosacrale zwischen letz¬
tem Lendenwirbel und Kreuzbein in den Wirbelkanal in der
Medianebene der Regio lumbalis bezw. Regio sacralis. de
nachdem man den zwischen periostaler Auskleidung des
Wirhelkanals und der Dura mater des Rückenmarks ge¬
legenen Raum (Theca vertebralis n. Ziehen) oder den sub-
araelinoidealen Raum punktiert, unterscheidet man eine
ckdurale und subarachnoideale (nicht subdurale) Funktion
nnd dementsprechend eine ckdurale und subarachnoideale
Injektion.
370
Die maßgebendsten literarischen Erscheinungen über
die Lumbalpunktion, die zuerst hauptsächlich zur Lumbal¬
anästhesie ausgeführt wurde, und die geschichtlich inter¬
essantesten Daten habe ich ausführlich in meiner Arbeit
über Lumbalanästhesie beim Pferd und Rind 1 ) behandelt,
so daß ich füglich hier auf meine Arbeit verweisen darf.
Über das Instrumentarium, die Technik beim Hunde u. s. w.
hat Pfeiffer in der 4. Auflage seines Operationskursus
ein eigenes Kapitel geschrieben und hier die Rückenmarks¬
anästhesie beim Hunde in der gewohnten exakten und präg¬
nanten Weise behandelt.
Bei meinen Versuchen beim Pferd und Rind gebrauchte
ich zur Punktion des Subarachnoidealraumes bezw. derTheca
vertebralis die Bier’sche Lumbalnadel in einer Länge von
11 und 13 cm und in einer Dicke von 1,0 und 1,6 mm. Das
Material, aus dem die Nadel verfertigt ist, soll widerstands¬
fähig und nicht zu spröde sein, um ein Abbrechen während
der Operation zu verhüten. Die Nadel soll mit einem gut
schließenden Mandrin versehen sein, der dieselbe an der
Spitze vollständig ausgleicht. Der Mandrin ist aus dem ein¬
fachen Grunde notwendig, weil ohne ihn beim Durchstechen
der Haut oder des Sehnengewebes größere oder kleinere Ge¬
websteilchen im Innern der Nadel hängen bleiben, die dann
bei der Injektion des Anästhetikums in die Umgebung des
Rückenmarks abgeschwemmt werden und hier zu allen mög¬
lichen entzündlichen Veränderungen führen können. Ein
Nachteil des Mandrin besteht darin, daß nach Durchstechen
der Arachnoidea die Spinalflüssigkeit (wenn es sich um eine
subarachnoidealePunktion handelt) nicht abfließen kann und
den Operateur von der richtigen Lage der Nadel verständigt.
Der Narkologe muß sich auf feinere Details verstehen
(Widerstand beim Durchstechen der periostalen Auskleidung
des Wirbelkanals und der Dura mater, Zucken des Tieres).
Sobald man den Mandrin entfernt, soll Spinalflüssigkeit am
liegenden Tiere erscheinen. Dann besteht ein Nachteil in
seiner schwierigen Sterilisierung; ebenso verhält es sich mit
der Lumbalnadel; bei der Sterilisierung im Dampfbad kommt
es zum Einrosten der Nadel und zum Rostbelag im Innern
derselben. Durch die Sterilisation im Sterilisationsrohr
von Grosse lassen sich auch die gewöhnlichen Lumbal¬
nadeln sterilisieren, ohne daß wir ein Einrosten der Nadel
befürchten müssen. Man hat Lumbalnadeln aus Platiniri-
dium dargestellt, die zwar nicht rosten, aber recht teuer sind.
'.) Lumbalanästhesie beim Pferd und ltind. Verlag von M. &
11. Sehaper. 1,50 Mk.
371
Als Injektionsspritze verwende ich eine von Evens
und P i s t o r in den Handel gebrachte 10 ccm fassende mit
Metallversteifung versehene Glasporzellanspritze mit Por¬
zellankolben, die dreierlei Vorzüge aufweist: 1. sie ist sehr
leicht, ohne zerlegt werden zu müssen, zu sterilisieren; 2. der
Kolben schließt absolut dicht ab, so daß niemals Inhalt hinter
den Kolben tritt; 3. die Flüssigkeit geht bei der Lumbal¬
injektion sehr leicht weg. Wenn män am stehenden Tier das
Anästhetikum oder eine andere Flüssigkeit, z. B. Heilserum,
injizieren will, so ist das Eigengewicht des Kolbens imstande
diesen Druck zu überwinden. Dieser letzterwähnte Punkt
ist mir ebenfalls sehr maßgebend gewesen zur Beurteilung
der richtigen Lage der Nadel: wenn die Nadel im Sehnen¬
gewebe sich befindet oder am Knochen aufsteht, ist ein be¬
deutender Druck nötig, um das Anästhetikum zu injizieren.
Endlich gebrauche ich noch einen Hautperforator zu
dem Zwecke, dieHaut an der entsprechenden Stelle zu durch¬
bohren; erst dann wird durch diese Öffnung die Lumbal¬
nadel eingestochen; während die Haut durch ihre beträcht¬
liche Dicke und Zähigkeit das Einstechen mit der Lumbal-
nadel erschwert und gefährdet, bietet das Sehnengewebe und
die entsprechenden Bänder der Lumbalnadel keinen nennens¬
werten Widerstand.
Es ist in der tierärztlichen Praxis außerordentlich
schwer, das Instrumentarium aseptisch an den Operations¬
ort zu verbringen; in der ersten Zeit verbrachte ich das ge¬
samte peinlich sterilisierte Instrumentarium samt Phiolen
in sterile Watte verpackt an den jeweiligen Operationsplatz.
Um das Mißliche dieser Verhältnisse zu umgehen, ließ ich
mir ein Spinalbesteck konstruieren 2 ), das dem Grosse’schen
Spinalbesteck nachgebildet ist. Auf der Metallagerung be¬
findet sich die Injektionsspritze, Saugkanüle, die mit der zu
injizierenden Flüssigkeit versehenen Phiolen, auf der Rück¬
seite der Lagerung die Lumbalnadel mit Mandrin und der
Hautperforator. Diese Metallagerung kann bequem aus dem
Metall-Etrui ausgehoben und zum Zwecke der Sterilisierung
und des Transportes in ein passendes Sterilisationsrohr ver¬
bracht werden, wie es Grosse zu dem Zwecke einge-
geführt hat.
Auf diese Weise gelingt es, das Instrumentarium voll¬
kommen aseptisch beliebig weite Strecken zu transportieren.
*> Geliefert von Firma Stiefenhofer- München und mit
einigen Modifikationen von H au p t n e r - Berlin (das Ilauptner’sche
Besteck ist auch für endovenöse Injektionen zu gebrauchen).
L
372
Die Operation kann am liegenden und stehenden Tiere
ausgeführt werden; im letzteren Falle wird dem Pferde die
Nasenbremse angelegt und der entsprechende Vorderfuß
von einem Gehilfen aufgehoben; Rinder werden an den
Hörnern und dem Flotzmaul kräftig von Männern gehalten.
Am stehenden Tiere läßt sich die Punktion und Injektion
auf diese Weise bequem ausführen. Diese Methode wird
stets dann einzuhalten sein, wenn es, wie es bei Tetanus und
infektiöser Rückenmarksentzündung der Fall ist, nicht mög¬
lich ist die Tiere niederzulegen, da man eben froh ist, wenn
die Tiere stehen. Anders, wenn man die Punktion zum
Zwecke der Lumbalanästhesie ausführt; in diesem Falle soll
man die Lumbalinjektion nur am liegenden Tiere ausführen
und am stehenden Pferd oder Rind nur im Notfälle ope¬
rieren, oder dann, wenn es sich um Versuchstiere handelt;
es ist sehr schwierig und verlangt eine vielerprobte Technik,
zu entscheiden, ob die Nadel im Subarachnoidealraum sitzt,
der bei der Lumbalanästhesie der geeignetste Injektionsort
ist (doch läßt sich auch bei der ekduralen Injektion bei Ver¬
wendung von größeren Dosen eine brauchbare Anästhesie
erzeugen). Am liegenden Tiere muß, wenn die Nadel richtig
sitzt, in den meisten Fällen Spinalflüssigkeit kommen; Aus¬
nahmsfälle können allerdings dadurch bedingt sein, daß die
Nadel am Rückenmark ansteht.
Betrachten wir die Folgeerscheinungen, die auf die
Injektion eines Anästhetikums eintreten: Gleich nach der
Injektion bemerkt man einen feinen Muskeltremor in der
Nachhand; die Tiere fangen in der Hinterhand zu pendeln
an, werden plötzlich unruhig, erschrecken über ihre j)are-
tischen Zustände in der Nachhand, stürzen zusammen, suchen
zu entrinnen und arbeiten sich mit den vorderen intakten
Gliedmaßen müde. Sind diese Erscheinungen an und für sich
unästhetisch und inhuman, insofern dem Zwecke gerade ent¬
gegengesetzt, so sind sie, und das ist die reale Seite, für die
betreffenden Tiere deshalb gefährlich, weil sie sich durch
den Sturz sehr leicht lebensgefährliche Verletzungen zu¬
ziehen können.
Es sind mir von autoritativer Seite Einwände gegen
das vorherige Abwerfen zugegangen mit der Argumentation,
es würde auf diese Weise nicht das Sträuben der Pferde,
sowie Wirbelbrüche, die bis zum Eintreten der Lumbal¬
anästhesie längst eingetreten sein können, vermieden; diesen
Kinwänden kann ich mich heute noch nicht beugen. Die Un¬
fälle, die sich durch Abwerfen ereignen, sind glücklicher¬
weise sehr selten und es ist kaum wahrscheinlich, daß am
373
gutgefesselten Tiere während der Vornahme der Lumbal¬
punktion und des Eintrittes der Lumbalanästhesie einWirbel-
bruch eintreten kann; die prozentuale Möglichkeit einerVer-
letzung, wenn am stehenden Pferde die Operation gemacht
wird, ist eine ungleich höhere; zudem ergibt sich ausnahms¬
los hernach die Notwendigkeit zur exakten Ausübung der
größeren Operation — deshalb wird doch die Lumbalanästhe¬
sie ausgeführt — das Pferd oder Rind zu fesseln und ent¬
sprechend zu lagern.
Am abgeworfenen Tiere verhält sich die Sache wesent¬
lich günstiger; das Tier merkt die allmählich eintretende
Parese in der Nachhand nicht, und selbst bei schweren opera¬
tiven Eingriffen in nervenreiche Gebiete sind die Tiere so
ruhig, daß sie manchmal vorgelegtes Futter verzehren (vid.
Operationsfall); ich hatte nie Gelegenheit, ähnliche Vor¬
gänge zu beobachten, wie sie eintreten, wenn man am stehen¬
den Tiere operiert; außerdem wird beim liegenden Tiere
durch Krümmung der Wirbelsäule der Zugang zum Sub-
arachnoidealraum durch die Erweiterung des jeweiligen
Foramen interspinosum bezw. Foramen lumbosacrale wesent¬
lich erleichtert.
Für die Anwendung der Lumbalanästhesie beim Men¬
schen hat K r ö n i g - Freiburg in der Versammlung der Ge¬
sellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte empfohlen,
der Lumbalpunktion eine Stunde vorher eine Morphium-
Skopolamin-Injektion vorauszuschicken. Dadurch gerät der
Patient in einen Schlafzustand, der ihm das Unerträgliche,
die Operation mitsehen und mithören zu müssen, benimmt.
Dieser Zweck fällt beim Tiere natürlicherweise weg; immer¬
hin ist diese Methode am Platze, wenn es gilt, augenblick¬
lich große Schmerzen zu beheben, z. B. bei schmerzhaften
Verletzungen, in der Geburtshilfe, oder wenn es sich um
sehr aufgeregte Tiere handelt. (Fortsetzung folgt.)
Kurze Mitteilungen ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt Günther, Arnsdorf.
I. Die C h 1 o r o f o r m n a r k o s e bei Schweinen.
Zur operativen Behandlung narkotisierte ich 6 Schweine
mit Chloroform und fand diese Art der Betäubung einfach,
praktisch und ungefährlich. 3 in Rücksicht auf die Ver¬
schiedenheit des Alters und der physiologischen Begleit¬
umstände interessante Fälle sollen in Nachfolgendem be¬
schrieben werden;
374
Bei einem mäßig gut genährten, 1 Jahre alten, träch¬
tigen Mutterschwein, das vor 4 Tagen eine Kartoffel ver¬
schluckt hatte, mußte der steckengebliebene Fremdkörper
durch Operation entfernt werden. Zu diesem Zwecke wurde
das Tier in der linken Seitenlage auf einem Tisch befestigt
und durch langsame allmähliche Zugabe von 60,0 Chloro¬
form in mäßig tiefe Narkose versetzt, worauf dem sich ruhig
verhaltenden Tiere mittels Schlundschnitt der Fremdkörper
entfernt werden konnte. Das Tier erhob sich gleich nach dev
Entfesselung und suchte, wenn auch schwankend, seinen
Stall auf. Üble Nachwirkungen traten nicht ein, die Wunde
heilte per primam.
Im zweiten Falle handelte es sich um die Kastration
eines gut genährten, zirka 3 Jahre alten, 370 Pfund schweren
Zuchtebers, der ein einseitiger Kryptorchide war. Das Tier
wurde gefesselt, in die linke Seitenlage gebracht, mittels
40,0 Chloroform eingeschläfert, sodann konnte der vor¬
liegende linke Hoden mit demEmaskulator, der rechte mittels
Laparotomie entfernt werden. Der regungslos verharrende
Eber schlief noch 1^2 Stunde nach Anlage der Nähte und
Entfernung der Fesseln. 2 Tage nach der Operation war die
Futteraufnähme mangelhaft, dann fraß das Tier wie zuvor.
Die Heilung der Operationswunde erfolgte per primam.
Ein zirka 30 Pfund schweres Läuferschweinchen hatte
eine Kartoffel verschluckt, die nun seit 24 Stunden in der
Brustportion des Schlundes steckte. Wie die anderen Tiere
wurde auch dieses festgelegt und mittels 60 g Chloroform
narkotisiert. Der Fremdkörper glitt vor der mühelos appli¬
zierten Schlundsonde auf mäßigen Druck hin in den Magen.
Bereits 3 Stunden später nahm das Schwein wieder Nahrung
auf. —
II. Maligne Neubildung im vorderen
Media stinalraum eines Pferdes.
Ein 5 Jahre alter brauner Wallach kam wegen einer
angeblichen Brustbeule, die dem Tiere beim Arbeiten hinder¬
lich sei und gelegentlich Atembeschwerden verursache, zur
Behandlung. Zu finden war am Brusteingang, etwas nach
links liegend, eine ziemlich tief sitzende, rundliche, zirka
zweifaustgroße, harte, wenig druckempfindliche Geschwulst.
Ernährungszustand und Allgemeinbefinden des Tieres waren
recht gut. Die Behandlung mit Kataplasmen und Jodkali¬
salbe blieb erfolglos. Nach Verlauf von 8 Tagen hatte die
Geschwulst zugenommen und man glaubte eine Fortsetzung
derselben in's Cavum thoraeis fühlen zu können. Rechter-
375
seit» war ein kleinerer Knoten in der Tiefe nachweisbar ge¬
worden. Es kamen weiter zur Verwendung Fibrolysin, dann
Jodipin, ohne daß der Tumor kleiner wurde. Ein operativer
Eingriff bot prognostisch sehr ungünstige Aussichten. Nach
dreiwöchentlicher Dauer wurde die Atmung auch in der
Ruhe schnarchend und die Futteraufnahme erschwert. Am
26. Behandlungstage verendete das Tier plötzlich. Bei der
Sektion fand sich ein zirka 4 kg schweres, umfangreiches
Neoplasma im vorderen Mediastinalraum, das an der Herz-
basis beginnend (Gefäße, Schlund und Luftröhre umfassend)
bis zur Brustapertur reichte und dort in den beiden er¬
wähnten Protuberanzen zutage trat.
Die Neubildung war knotig, fühlte sich ziemlich derb
an; unter dem Messer boten die Knoten eine ähnliche For¬
mation wie der Querschnitt eines Rinderkleinhirns. Eine
mikroskopische Untersuchung war leider nicht möglich, doch
möchte ich den Tumor nach Lage, Konsistenz und Aufbau
als Fibrosarkom, dessen Entwicklung vielleicht schon im
jugendlichen Alter des Tieres begann und von der damals
noch vorhandenen Thymusdrüse ausging, ansprechen.
Interessante Obduktionsbefunde.
Ein Pferd, das 4 Tage wegen eines schweren Nagel¬
trittes gestanden hatte, erkrankte unter hochgradigen Un¬
ruheerscheinungen an Kolik. Peristaltik war vollkommen
unterdrückt, bei der Exploration erwies sich der flaschen¬
förmige Teil des Mastdarms vollkommen leer, der Mastdarm
selbst an einer mit den Fingern noch erreichbaren Stelle
scharf nach abwärts gebogen.
Trotzdem durch wiederholte Injektionen von Eserin,
sowie Arecolin am 8. Tage nach der Erkrankung selbsttätig
Kot abgesetzt wurde, blieb die Futteraufnahme und das All¬
gemeinbefinden immer unverändert schlecht. Nach zehn¬
tägiger Krankheitsdauer verendete das Pferd plötzlich. Die
Sektion ergab Verwachsung des geknickten Mastdarmes und
seines Gekröses unter sich, sowie mit Hüftdarm, Grimm¬
darm und Bauchfell, Abszeßbildung an den Verwachsungs¬
stellen und eiterige Bauchfellentzündung.
Am 29. Juli, abends, erkrankte ein 23jähriges Kriimper-
pferd mit leichten Unruheerscheinungen, erhöhter Puls- und
Atemfrequenz, Minderung der Peristaltik, mäßigem Kot¬
absatz und 40,0 0 Mastdarmtemperatur.
Am 30. Juli besserte sich das Befinden, die Temperatur
ging auf 39,0° zurück. Vom 2.—5. August wieder leichte
376
Unruhe und Absetzen von kleinen, harten, übelriechenden
Kotballen; Temperatur 38,8—39,5°; bei der Exploration,
die dem Pferd große Schmerzen machte, wurde starke
Schwellung der Mastdarmschleimhaut und derbe Konsistenz
des den Mastdarm umgebenden Gewebes festgestellt. Vom
( 5 .— 9. August trat Herzschwäche und allgemeiner Kräfte¬
verfall ein, der Kotabsatz erfolgte unter starkem Drängen
und bereitete dem Tier große Schmerzen. Temperatur 39,0 0
bis 39,5 °.
Am 9. August wurde das Tier mit .Rücksicht auf sein
hohes Alter und die ungünstige Prognose getötet. Der Ob¬
duktionsbefund ergab: Entzündung des Mastdarmes mit
partieller Sklerosierung der Wand; zwischen Mastdarm,
Tragsack und Scheide ein ungefähr kleinkindskopfgroßer
Abszeß; ferner kleinere und kleinste Abszesse in dem um¬
liegenden geschwellten und verhärteten Beckenzellgewebe.
(Statist. Veterinärsanitätsbericht über die bayer. Armee.)
Aktinomykose der Nasengänge.
Von prakt. Tierarzt Mennacher, Seeg.
Eine Kuh ging zu mit der Anamnese, sie zeige eine
an Erstickungsgefahr mahnende Atemnot. Die Unter¬
suchung ergab neben hochnormaler Temperatur eine Auf¬
treibung der linken Kieferhöhle, eine Volumenzunahme des
Kehlkopfes, bei dessen Palpation die Dyspnoe noch gestei¬
gert wurde, sowie äußerst rauhes und röchelndes tracheales
und Lungengeräusch. Wasser und teilweise auch Rauhfutter
wurde regurgitiert und durch die Nasengänge nach außen
befördert. Die Behandlung des als aktinomykotischer Pro¬
zeß angesprochenen Leidens bestand in Anwendung Prieß-
nitz’scher Wickel um den Hals und der Inhalation heißer
Kochsalzwasserschwaden. 2 Tage nach der Einleitung dieser
Behandlungsmethode wurden angeblich ziemlich reichliche,
eiterig-blutige Massen ausgehustet, worauf nach Angabe des
Besitzers die auf’s höchste gestiegene Atemnot sich sofort
besserte. Leider war es nicht möglich, Teile dieses Sputums
zur Untersuchung zu erhalten; jedenfalls dürfte indeß die
spontane Entleerung eines aktinomykotischen Abszesses im
gegebenen Falle als sicher angenommen werden. Durch Ver¬
abreichung von Jodkaliumdosen ließ sich der Zustand hei
dem in guter Kondition stehenden Tiere noch weiter bessern,
so daß die bedeutende Milchergiebigkeit der Kuh nunmehr
wieder den früheren Stand erreicht hat. (Jahresberichte
bayer. Tieriirzte.)
377
Referate.
Walther: Ein Fall von periodischer Augenentzün¬
dung. (Berl. Tierärztl. Wochenschr., 1910, Nr. 6.)
Ein Pferd, das an einem akuten Anfall der periodischen
Augenentzündung litt, zeigte die rasch zunehmenden Er¬
scheinungen einer schweren Intoxikation: Bewußtseins¬
minderung, Schwanken der Hinterhand und schließlich
Lähmung der Unterlippe. Tod nach ltägiger Kiankheits-
dauer. Wahrscheinlich hat die Augenerkrankung auf dem
Weg der Sehnerven auf das Gehirn übergegriffen, wenn sich
auch bei der Sektion diesbezügliche Veränderungen nicht
feststellen ließen. L i n d n e r.
Dr. J. Böhm: Zur Geschichte der Trichine und der
Trichinosis. — Die Trichineninvasion bei Tieren und die
Trichinosis hominis. — Die praktische Verwendung des
Trichinoskops bei der Ausübung der Trichinenschau. (Zeit¬
schrift für Fleisch- u. Milchhygiene, 1910, Heft 5.)
Im ersten Artikel teilt B. mit, daß nunmehr 50 Jahre
verflossen sind, seitdem die Trichine zum ersten Male von
Zenker in der Muskulatur eines unter Typhuserschei¬
nungen verstorbenen Mädchens gefunden und als Krank¬
heit«- und Todesursache festgestellt wurde. Über die Ent¬
wicklung der Triehinella spiralis, wie sie Zenker nannte,
war man lange im Unklaren. Obwohl schon kurze Zeit nach
ihrer Entdeckung Thudichum die Blut- und Ly mph -
bahnen als Verbreitungsweg der Embryonen bezeichnet
hatte, dauerte es doch 25 Jahre, bis man auf Grund neuer
Untersuchungen die Richtigkeit der Annahme einer passiven
Verschleppung der Embryonen in die Muskulatur erkannte.
Die Tatsache, daß der Genuß trichinösen Fleisches
beim Menschen eine mehr oder weniger schwere Allgemein¬
erkrankung hervorrufen kann, während dagegen bei Schwei¬
nen, Katzen, Kaninchen, Mäusen und anderen Tieren ledig¬
lich das Eindringen der Darmtrichinen in die Drüsen der
Darmschleimhaut und das Einbohren der sogen. Wander¬
trichinen in die Muskelfasern örtliche Störungen infolge
der heftigen Gew r ebsreizung zur Folge hat, veranlaßt^ B.
zu Versuchen und Literaturstudien hierüber. Er verfütterte
stark trichinöses Fleisch an Mäuse, Kaninchen und Katzen
und konnte feststellen, daß bei der Mehrzahl der Tiere
keinerlei Störungen des Gesundheitszustandes auftraten.
Lediglich eine Katze und eine Maus zeigten am dritten bezw.
in den ersten 6 Tagen starken Durchfall, der sich aber bald
378
wieder besserte. Vom 20. Tage ab bemerkte B. bei der Katze
verminderte Lebhaftigkeit, was sich insbesondere durch
Unterlassung von Springen und Klettern kenntlich machte.
Im übrigen war aber das Tier munter und bei gutem Appetit.
Bei der Sektion sämtlicher Tiere fanden sich in allen mög¬
lichen Muskelgruppen große Mengen von Trichinen, aber
niemals Veränderungen am Darmkanal, Fleisch- und Gekrös-
lymphdrüsen und den anderen Organen.
Ganz anders sind die Erscheinungen der Trichinosis
des Menschen, die B. und Andere gelegentlich der Trichinen¬
epidemie in Markt-Erlbach beobachten konnten*). Zieht man
ferners die Beobachtungen von Strümpell und Anderen
in Betracht, die hohes intermittierendes Fieber, Nasenbluten,
roseolaartigen Ausschlag, Erscheinungen einer parenchyma¬
tösen Nephritis, Meningitis, hypostatische Pneumonie, dann
Anämie und Exitus letalis unter suffokatorischen Erschei¬
nungen feststellen konnten, so erhält man einen Symptomen-
komplex, wie er sich neben einigen Charakteristiken auch
bei Abdominaltyphus, Piroplasmus, Trypanosomenkrank¬
heiten, überhaupt bei schweren Bluterkrankungen vorfindet.
Auch die Sektionsbefunde — Schwellung der Gekröslymph-
driisen, fettige Degeneration des Leberparenchyms, des Her¬
zens, der Nieren und der Muskulatur — gleichen den Ver¬
änderungen, wie sie bei schweren Infektionskrankheiten und
Intoxikationeil Vorkommen. B. glaubt daher annehmen zu
dürfen, „daß auch bei der Trichinosis gewisse Giftstoffe im
Blut auftreten und wirken. Da die Embryonen durch den
Blutstrom in alle Teile des Körpers gelangen, aber nur in
der willkürlichen Muskulatur am Leben bleiben, müssen die
in anderen Körperteilen befindlichen absterben und zer¬
fallen“. „Die bei diesem Zugrundegehen der Trichinenbrut
entstehenden Stoffe werden wahrscheinlich dem Blute bei¬
gemengt und verursachen beim Menschen eine intensive Ver¬
änderung in seiner zelligen und chemischen Zusammen¬
setzung.“
Die Frage, warum bei den Tieren derartige Intoxi¬
kationserscheinungen nicht beobachtet wurden, läßt B. noch
offen. Vergleichende hämatologische Untersuchungen könn¬
ten hier Aufklärung bringen.
B. faßt seine Darlegungen und Folgerungen in fol¬
gende Thesen zusammen: „Beim Menschen ist die Trichi-
nosis in schweren Fällen eine toxische Blutkrankheit; cs
lassen sich bei derselben 4 Stadien unterscheiden: 1. das
*) Referat in Münch. Tieriirztl. Wochensehr., 1909, S. 924.
379
Prodromalstadium, beginnend am Tage nach dem Genuß
trichinösen Fleisches, 2. das intestinale Stadium, beginnend
nach dem vierten Tag, 3. das Intoxikationsstadium, begin¬
nend in der zweiten Woche, 4. das intramuskuläre Stadium,
beginnend in der dritten bis vierten Woche. Bei Trichinen¬
invasionen bei den Tieren fehlt in der Regel das 3. und
wahrscheinlich auch das 1. Stadium, das 4. Stadium zeigt
meistens leichten Verlauf.“ —
Anschließend hieran ist eine Beschreibung der Auf¬
stellung und Inbetriebsetzung eines Trichinoskops gegeben.
Die bisherigen guten Resultate bei Untersuchungen mit dem¬
selben dürften ein Beweis dafür sein, daß der Apparat gleich
dem Mikroskop zur amtlichen Untersuchung auf Trichinen
verwendet werden kann. M.
Phosphor im Organismus.
Das 3. Heft der „Therapeutischen Monatshefte“, 1910,
enthält einen Artikel über die Bedeutung des Phosphors
zum Aufbau des Körpers. „Ohne Phosphor kein Leben!“
(Bürchner). Nach physiologischen Erörterungen, welche
sich auf diesen Satz beziehen, behandelt der Artikel die Phos¬
phor-Zufuhr zum Organismus mittelst der bekannten Gly-
zerinphosphate, der Lezithine und Nukleine, wobei gesagt
wird: Die früher so geschätzten Glyzerinphosphate sind ver¬
lassen worden, weil sie nicht absorbiert werden. Die Lezi¬
thine und Nukleine, welche als Phosphorzuführmittel einen
gewissen Wert haben, sind darum nicht empfehlenswert,
weil sie im Magendarmkanal toxische Basen bilden, wie Xan¬
thin, Hypoxanthin, Kreatin, Kreatinin und andere Alloxur-
säurederivate. Die Nukleinsäure ist von diesen Neben¬
wirkungen frei und hat einen bedeutend höheren Phosphor¬
gehalt als die vorstehend genannten Verbindungen; sie
wurde zuerst von A s c o 1 i im Jahre 1900 empfohlen und
hat sich seitdem bewährt. Eine Schwierigkeit machte nur
ihre Reindarstellung. Diese Schwierigkeit ist überwunden.
Man besitzt jetzt ein vorzügliches Nukleinsäurepräparat, das
Rhomnol, welches einen Gehalt von 9,63 % organisch ge¬
bundenem Phosphor aufweist. Das Präparat ist ein direktes
Rekonstituens von tadelloser Assimmilierbarkeit und kann
zuverlässig dosiert werden.
Dr. 1 e G r i x - Paris bezeichnet es als ein vielvermögen¬
des wertvolles Nervinum bei Gleichgewichtsstörungen des
Nervensystems; die Neuronen scheinen infolge seiner Wir¬
kung ihre physiologischen Funktionen wieder aufzunehmen,
Wirkungen, welche man nach Dr. II e n n a r t von der Kola,
380
den Glyzerinphosphaten und dem Lezithin vergebens er¬
wartet.
Man glaubt die günstige Wirkung des Rhainnols zum
Teil auf den blutbildenden Einfluß desselben schreiben zu
müssen; so hat Dr. T a p o z z i - Neapel gezeigt, daß nach
Anwendung des Rhamnols die Zahl der roten Blutkörper¬
chen bei Schwäche und Anämie eines Patienten alsbald be¬
deutend anstieg.
Diese Beobachtungen dürften in der Tierheilkunde, in
welcher speziell das Lezithin als Nervinum (subakute Ge¬
hirnentzündung), ferner als Plastikum und Ilämatoplasti-
kuni in der Rekonvaleszenz (Druse, Staupe) Verwendung
findet, Beachtung verdienen.
Tierzucht und Tierhaltung.
Fütterungsversuche mit Melasse.
Stephan Weiser und Arthur Zaitschek
stellten mit Ochsen und Pferden Fütterungsversuche über
die Verwertung der Melasse an. Ochsen bekamen als Grund-
futter 4 Kilo Luzerneheu, 2 Kilo Wiesenheu, 3 Kilo Waizen-
spreu und 5 Kilo Kleesamen- bezw. Luzernesamenausputz.
Die Melassegaben variierten zwischen 1 und 4 Kilo. Bei
einer Gruppe der Versuche wurde der resorbierbare Anteil
der sämtlichen Nährstoffe und der Energieansatz, bei der
anderen Gruppe der N-Ansatz, die Ausnutzung der Trocken¬
substanz, des Rohprote'ins und die Energie bestimmt. Hie¬
bei fand man, daß Melassezufuhr den N-Ansatz begünstigt
und daß das Futter selbst bei Gaben von 8 Kilo Melasse auf
1000 Kilogramm Lebendgewicht gut verwertet wird. Bei
den Versuchen mit einer größeren Anzahl Pferden wurde
Melasse mit Kleie gemischt zu dem übrigen aus Gerste, Mais¬
schrot und Wiesenheu bestehenden Futter gegeben. Bei den
Konstatierungen der Fiittcrungsergebnisse beschränkte man
sich auf die Wägung des Futters und Bestimmung des
Körpergewichtes der Pferde. Die Resultate wiesen auf eine
gute Verwertung der Melasse auch bei Pferden. 4 Kilo
Mel asse auf 1000 Kilogramm Lebendgewicht wurden aus¬
gezeichnet vertragen und selbst Mengen von 5 und 5,5 Kilo
beeinträchtigten selbst bei lang andauernder Fütterung die
Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden der Versuchstiere
nicht im mindesten. (Maly’s Jahresberichte, 1900.)
Laktation der Büffelkühe.
Tierarzt D i a e o n u - Budapest hat neuerdings Unter¬
suchungen über die Laktation der Büffelkühe angestellt.
381
.Nach ihm schwanken die Milchmengen innerhalb einer Lak¬
tations-Periode zwischen 149 und 2131 Litern, die täglichen
Milchmengen zwischen 1 und 8 Litern. Die Dauer der Milch¬
sekretion erstreckt sich im Minimum auf 5, im Maximum
auf 14 Monate. Als Durchschnittsgesamtdauer gibt D. 10
Monate, als Durchschnittsgesamtmenge Milch 1100 Liter an.
Die Milch ist sehr reich an Fett (7—8 %) und auch erheb¬
lich reicher an Fett als Kuhmilch. (Mitteilungen der Deut¬
schen Landwirtschafts-Gesellschaft, Stück 21, 1910.)
Über den Einfluß der Körperbewegung auf die Verdauung
und Nährstoffabsorption des Pferdes.
Über diese Fragen stellte Prof. Dr. Scheunertan
der Tierärztlichen Hochschule Dresden eingehende Unter¬
suchungen an. Die Versuchstiere wuirden sofort nach der
Futte tauf nähme bewegt und konnte Sch. folgende Einflüsse
auf die oben genannten Vorgänge konstatieren:
Durch während der Verdauung stattfindende Körper¬
bewegung wird die Beförderung des Mageninhaltes nach
dem Dünndarm verzögert. Der Inhalt des Magens bewegter
Pferde ist reicher an Wasser, als derjenige ruhender. Sch.
führt diese Erscheinung auf eine erhöhte Sekretion der
Magenschleimhaut zurück. Die Kohlehydrat-Verdauung,
welche im Magen in ziemlich bedeutendem Grade stattfindet,
wi,rd durch die Bewegung gesteigert, dagegen wird die Ver¬
dauung der N-haltigen Nährstoffe des Futters in den ersten
Stunden nach der Fütterung durch Bewegung vermindert,
im Verlaufe der späteren Verdauungszeit aber erhöht. Durch
die Körperbewegung wird die Sekretion der Enzyme und
der HCl des Magens angeregt; außerdem erfolgt eine Steige¬
rung der Resorption der verdauten Nährstoffe im Magen.
Sch. fand ferner, daß die Verdauung und Resorption im
Magen viel bedeutender ist, als bisher angenommen wurde.
Die Hauptmenge des Futters bleibt bis zu 6 Stunden im
Magen und zwar länger bei bewegten als bei nicht bewegten
Pferden. Der Übertritt von Mageninhalt aus dem Magen
in den Darm geschieht zwar frühzeitig, jedoch nur in kleinen
Mengen. Die Verdauung des in den Dünndarm übergetre¬
tenen Chymus und die Resorption erfahren durch die Be¬
wegung nur eine geringe Beeinflussung. In der zweiten bis
dritten Verdauungsstunde sind die in.der Ration enthal¬
tenen Kohlehydrate zu 35—50 %, die N-haltigen Nährstoffe
zu 33—55 % verdaut, je nachdem die Verdauung bei Ruhe
oder Bewegung der Pferde stattfand. Die Gesamtaufsaugung
382
wurde durch die Bewegung gesteigert; sie betrug in der
zweiten bis dritten Stunde von den verdauten C-hydraten
und den verdauten N-baltigen Nährstoffen je 20—30 c /c.
Nach 5 Stunden waren ungefähr 50—60 % resorbiert. ])ie
höheren Zahlen beziehen sich auf die Absorptionsmenge hei
der Bewegung. (Pflüger’s Archiv.) A.
Verschiedenes.
Ausführungsgesetz zum Reichsviehseuchengesetz.
Nach dem Entwürfe eines Ausführungsgesetzes zum
Reichsviehseuchengesetze, welches dem Landtage zugegangen
ist, soll die Entschädigung für Verluste durch Seuchen, so¬
weit sie bislang vom Staate geleistet wurde, fortbestehen.
Die Maul- und Klauenseuche und die Tuberkulose anbe¬
langend, ist aber der Staat mit Rücksicht auf die ungünstige
Finanzlage außerstande, die ganze Entschädigung zu leisten
und es soll daher die Entschädigungsleistung auf das reichs¬
gesetzlich vorgeschriebene Maß der Hälfte des Schadens be¬
schränkt bleiben; bei Tuberkulose hätte der Staat nach den
reichsgesetzlichen Bestimmungen ein Drittel des Schadens
zu entschädigen; indes soll darüber hinausgegangen und die
Hälfte des Schadens ersetzt werden.
Der Entwurf behandelt auch das Verfahren zur Fest¬
stellung der Verluste bezw. der Entschädigungen, sowie die
Verteilung der Kosten des Verfahrens auf den Staat, die Be¬
sitzer und die Gemeinden.
Antiperiostin contra Cantharidol.
Nr. 21 der „Deutsch. Tierärztl. Wochenschrift“ ent¬
hält einen für Tierärzte sehr beachtenswerten Artikel des
Herrn Prof. F r i c k - Hannover mit obiger Aufschrift, dem
wir das Folgende entnehmen:
Die Firma Bengen & Co. in Hannover brachte be¬
kanntlich ein Präparat „Cantharidol“ in den Handel, wel¬
ches als Ersatz für Ossoline und Antiperiostin empfohlen
wurde.
Die beiden Präparate Antiperiostin und Cantharidol
unterscheiden sich in erster Linie durch ganz wesentliche
Preisunterschiede. Die Flasche Antiperiostin kostet 4 Mk.,
während die Flasche Cantharidol um den Preis von nur
1,50 \Ik. abgesetzt wird, ein Punkt, der für den Tierarzt
unter gewissen Voraussetzungen sehr beachtenswert ist.
Nun bat aber Prof. F r i c k vor kurzem vergleichende
Versuche mit Antiperiostin und Cantharidol angestellt und
383
diese ergaben, daß das Cantbaridol von Bengen
&Co. dem Antiperiostin Klein in Bezug auf
seine Wirkung mindestens gleichwertig
ist und daß sich die Wirkung des ersteren
dauerhafter erweist als diejenige des Anti¬
periostin s.
Daraus folgt unmittelbar, daß für Kollegen kein Grund
besteht, das teuere Antiperiostin dem billigen Cantharidol-
Bengen vorzuziehen, sondern daß rechnerische Erwägung
vielmehr zu dem gegenteiligen Verfahren gravitiert.
Tierärztliche Hochschule in Wien.
Am 13. Mai veranstalteten die Hörer einen Demon¬
strations-Umzug, der sich von der Hochschule zum Acker¬
ban-Ministerium bewegte. Sie wollten damit ihrer Erregung
über den immer noch nicht in Angriff genommenen Aushau
der Hochschule besonderen Ausdruck verleihen. Während
die Studentenschaft vor dem Ministeriumsgebäude auf und
ab spazierte, überbrachte eine Deputation dem Vorsitzenden
des Veterinärbeirates eine Denkschrift, in der die „traurige“
Lage der Studierenden dargelegt war. Außerdem legten die
Studierenden Protest ein gegen die von den österreichischen
Agrariern beabsichtigte Einführung von sogenannten Tier¬
helferkursen. — Nach der Rückkehr der Deputation aus
dem Ministerium zogen die Demonstranten wieder ruhig ab.
Stand der Tierseuchen In Bayern am 15. Mal 1910.
a) Rotz (Wurm):
0 b e r p f a 1 z: Cham 1 Gmd. (1 Geh.); Waldmünchen 1 Gmd.
(1 Geh.).
b) Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern: 20 Gmd. (26 Geh.); Niederbayern:
12Gmd.(12 Geh.); Pfal z: 1 Gmd. (1 Geh.); Oberfranken :
2 Gmd. (2 Geh.); Mittelfranken: 1 Gmd. (1 Geh.);
Schwaben: 2 Gmd. (2 Geh.).
Literatur.
Bei der Redaktion sind nachstehende Dissertationen
eingelaufen:
Gießen: Aus der medizinischen Veterinärklinik (Vor¬
stand Prof. Dr. Gmeiner): BrunsWilhelm: Über
die Anwendung des Oleum Ricini bei den Haustieren;
Friedmann Artur: Beiträge zur Resorption der
Analschleimhaut; H e n n Wa 11 e r: Die Albuminurie
384
und ihr klinischer Nachweis bei den Haustieren; Krebs
Alfons: Die Verfärbung des Harns durch pflanzliche
Laxantien und ihre klinische Bedeutung; Mayer Paul:
Die klinische Diagnostik der Hämoglobinurie; Müller
Ernst: Untersuchungen über die normalen Tages¬
temperaturen der Haustiere; Schreck Hans: Der
klinische Nachweis der Gallenfarbstolfe im Hundeharn
und dessen Bedeutung; Trautmann Jakob: Kli¬
nische und experimentelle Untersuchungen über die
Auskultation der Lungen; Walther August: Kli¬
nische Untersuchungen über die Salizylsäure und ihre
Derivate; Weber Josef: Die Cortex trangulae und
ihre klinische Anwendung; Wilke Richard: Die
Dünndarmkapseln und ihre klinische Verwendbarkeit:
WolfsteinLeo: Das spezifische Gewicht des Harns
der Haustiere und seine klinische Bedeutung.
Leipzig-Dresden: Aus dem pathologischen Institut
(Direktor Prof. Dr. Joest): Lanzl Fritz: Unter¬
suchungen über die nichtparasitären Leberzirrhosen des
Schweines mit besonderer Berücksichtigung des Ver¬
haltens der Gitterfasern.
1907 approbiert, in allen Disziplinen bewandert, übernimmt für die
Monate Juni, Juli und August Vertretung. Offert, gef. erbet,
sab F. B. 300 an die Exped. des Blattes.
Im Verlag von T. EToaaer, TTlna ist erschienen:
Handlexikon der tierärztlichen Praxis
von Dr. med. vet. Gustav Uebele,
ord. Professor an der Kgl. Tierarzt!. Hochschule in Stuttgart.
Preis gebündelt Hk. 10.—.
Das Bnch enthält in praktischer Anordnung alles, was der
Tierarzt nnd Studierende über Eigenschaften, Preis, Bezugsquelle,
Wirkung und Auwendungsweise der Arzneimittel, über allgemeine
Therapie, über Erkennung und Heilung von Tierkrankbeiten zu
wissen braucht und oft selbst in den Spezialwerken vergeblich
sucht; es wird ln vielen Fällen das zeitraubende Nachschlagen
in größeren Werken ersparen. 2[2]
Inhalt: 1. Nach Indikationen alphabetisch geordnete Heilmittelgruppen.
2i Alphabetisches IleilmittelVerzeichnis. 3. Diagnose und Therapie der wich¬
tigsten Krankheitszustände. 4. Rezeptsammlung (1G60 Rezepte mit Preisen nach
der deutschen Arzneitaxe bezw. der Ergflnzungstaxe 190U). 5. Sachregister.
Druck von J. G ottes wi n ter, München. — Kommissionsverlag: M. Ri ege räche
Universitütsbuchhandlung, München, Odeonsplatz 2.
Münchener
(Hfller: Wocleflscbrilt fflr TierbeilKnndo Mi Yiebxucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 7. Juni 1910. Nr. 23.
Inhalt: Originalartikel: Markert: Mitteilungen aus der
Praxis. — Dr. Lie.htenstern: Die Lumbal-Punktion und -Injek¬
tion und ihr Anwendungsgebiet beim Pferd und Rind. (Fort¬
setzung.— Referate: Wunsch-Gaß: Vergiftung mit Oleum
Terebinthinae. Noack: Worauf beruht das „Rotkochen“ frischen
Fleisches? — Tierzucht und Tierhaltung: Die Ab¬
änderung des Pferde- und Viehversicherungsgesetzes. Propa¬
ganda in der Geflügelzucht. Düstere Bilder aus dem Leben
unseres Hausrindes. Pferdezucht. Körgesetz. — Verschie¬
denes: Robert Koch f. Deutscher Veterinärrat. 40jähriges
Dienstjubiläum. — Bücherschau. — Druckfehlerberichtigung.
— Personalien.
Mitteilungen ans der Praxis.
Von Kgl. Bezirkstierarzt Markert, Neustadt a. II.
Keuchhusten der Hunde.
Ein Wurf 2 Monate alter Boxer und die Mutter der¬
selben erkrankten unter den nämlichen Erscheinungen, wie
sie beim Keuchhusten der Kinder zur Beobachtung kommen.
Die possierlichen Hunde tummelten munter herum, als plötz¬
lich ein Hündchen und hierauf ein zweites etc. einen Krampf¬
anfall bekamen, wobei das durch Zurückziehen der Luft ent¬
stehende pfeifende Geräusch, wie es für den Keuchhusten
der Kinder typisch ist, wahrgenommen werden konnte. Es
kam hiebei regelmäßig zum Erbrechen. Nach dem Krampf¬
husten waren die Tierchen momentan erschöpft, gingen je¬
doch taumelnd zur Futterschüssel und nahmen mit Appetit
Nahrung auf.
386
Ein anderes Mal beobachtete ich ein in der Hütte
schlafendes Junges. Es sprang plötzlich unter einem Er¬
stickungsanfall zur Hütte hinaus und hustete unter Er¬
brechen in derselben Weise wie die oben erwähnten.
Nachdem Morphium, Honig etc. einige Wochen hin¬
durch erfolglos angewandt worden waren, ließ ich die jungen
Hunde einzeln in verschiedenen Landgemeinden zwecks
Luftveränderung unterbringen. Ohne weitere medikamen¬
töse Behandlung trat bald Besserung ein; immerhin hielten
die Hustenanfälle auch auf dem Land noch zirka 4 Wochen
an, jedoch sollen sie in nicht so heftiger Weise erfolgt sein.
Bemerkenswert ist, daß damals in Neustadt der Keuch¬
husten unter den Kindern herrschte, so daß eine Über¬
tragung auf die Hunde nicht auszuschließen war.
Eindringende Bauch wunden mit Darm¬
vorfall bei einem Hunde.
Ein 2jähriger Rattenfänger war von einem mit 6 Per¬
sonen besetzten Automobil überfahren worden. t An zwei
Stellen zeigte die Haut Verletzungen, durch die die Baueh-
eingeweide hervorquollen. Bei meinem Eintreffen war der
vorgefallene Darm durch Staub und Schmutz über und über
verunreinigt. Nach sorgfältiger Reinigung des Darmes mit
warmem Wasser (ohne desinfizierende Zutaten, da solche
nicht vorhanden waren) suchte ich denselben in die Bauch¬
höhle zurückzuschieben. Da dies jedoch wegen der kleinen
Wundöffnung nicht gelang, erweiterte ich dieselbe so hin¬
länglich, daß der Darm zurückfiel. Das Vernähen der Wunde
war mit großen Schwierigkeiten verknüpft, da immer wieder
neue Darmteile hervordrängten. Es dauerte lange, bis die
Vereinigung der Wundränder so wie es die chirurgische
Technik verlangt, gelungen war. Auf die gleiche Weise er¬
folgte die Reposition des Darmes an der zweiten Quetsch¬
wunde. Die Verletzungen wurden mit Jodoformkollodium
bestrichen und mit Gaze gut verklebt. Am 4. Tage zernagte
der Hund die Nähte; es entstanden zwei klaffende Plaut¬
wunden mit gut granulierendem Grund. Der befürchtete
erneute Vorfall trat nicht ein, trotzdem die erneut zuge¬
nähten Wunden von dem Hunde schon nach kurzer Zeit
wieder aufgerissen wurden. Nach 14 Tagen war das Tier
vollständig geheilt.
Eine ähnliche Widerstandskraft gegen Eingriffe in die
Bauchhöhle zeigte ein %jähriger Hühnerhund. Als dieser
vorgeiiihrt wurde, hingen mehrere Darmschlingen aus einer
zirka :5 cm langen Hautwunde in der Nabelgegend bis auf
387
den Boden. Anamnestisch wurde mir mitgeteilt, daß der
Hund vor einigen Wochen eine hühnereigroße Geschwulst
am Nabel bekommen habe; dieselbe sei für einen Abszeß
gehalten und geöffnet worden. Nach der Spaltung seien
Därme ausgetreten, die reponiert wurden. Die angelegten
Nähte habe der Hund nach wenigen Stunden wieder aufge¬
bissen, worauf der Prolaps neuerdings eintrat. Nach sorg¬
fältiger Peinigung des Darmes etc. suchte ich denselben in
die Bauchhöhle zurückzubringen. Dies gelang jedoch erst
nach ergiebiger Erweiterung der zu engen Bauchöffnung.
Die vernähte Wunde wurde wie im ersten Falle mit Jodo¬
formkollodium und Gaze verklebt. Nach wenigen Tagen
trat vollständige Heilung ein; auch der Bruchsack ist voll¬
ständig verschwunden.
Ve r1e t z u n g des M a s t d a r m e s durch eine
Wagendeich sei.
Einem durchgehenden Pferde war die abgebrochene
Wagendeichsel in die Scheide eingedrungen und hatte die
obere Scheidenwand und die untere Mastdarmwand durch¬
bohrt, so daß der Kot durch die Scheide abgesetzt wurde.
Das Loch im Mastdarm wurde von der Scheide aus mit Jodo¬
formgaze austamponiert und die Gaze mit einigen Quer-
nähten festgehalten. Täglich wurde der Tampon entfernt
und erneuert. Die Öffnung verengerte sich von Tag zu Tag
und die Heiltendenz war eine so günstige, daß die Tampo¬
nade schon am 7. Tage weggelassen werden konnte, weil der
Kot wieder auf natürlichem Wege abgesetzt wurde.
Schlagverletzung des Sprunggelenkes.
Ein im Stall losgekommenes Pferd wurde von einem
andern an das Sprunggelenk geschlagen. Eine äußere Ver¬
letzung war nicht nachzuweisen. Der Fuß konnte in den
ersten Tagen noch belastet werden, doch verschlimmerte
sich trotz der Bemühungen des zur Behandlung herbeige¬
rufenen Tierarztes der Zustand so, daß der Fuß nicht mehr
belastet wurde. Als nun noch zwei Öffnungen oberhalb und
unterhalb des Sprunggelenkes entstanden, aus welchen
höchst übelriechender Eiter abfloß, wurde ich zum Ent¬
scheid darüber zu Rate gezogen, ob das zum Skelett abge¬
magerte Tier zu töten sei.
Ich schlug dem Besitzer die Operation vor und wurde
zu diesem Zwecke das Pferd sofort abgeworfen und chloro¬
formiert. Hierauf erweiterte ich durch ausgiebigen Schnitt
die Fistelöffnungen, öffnete die Gelenkkapsel, kratzte die
388
Fistelkanäle mit dem scharfen Löffel aus und durchspülte
das Gelenk mit Sublimatwasser. Hierauf vereinigte ich
beide Fisteln, indem ich ein schmales Leinwandband mit der
llaarseilnadel durch beide Öffnungen zog.
Nach der Operation besserte sich der Appetit, der Fuß
wurde wieder auf den Boden gesetzt und allmählich auch
belastet. Nach 6 Tagen entfernte ich das Eiterband, worauf
die Heilung der Wunde rasch erfolgte. 4 Wochen nach der
Operation konnte das Pferd erstmals im Freien bewegt
werden und weitere 4 Wochen später war es wieder ge¬
brauchsfähig. Nur blieb eine bedeutende Verdickung des
Sprunggelenkes zurück.
Die Lumbal-Punktion und -Injektion und ihr An¬
wendungsgebiet beim Pferd nnd Rind.
Von Dr. G. Lichtenstcrn, Rottalmünster.
(Fortsetzung.)
Die Lage des Tieres bei der Lumbalanästhesie (Hori¬
zontallagerung, Beckenhochlagerung, Vorderteilhochlage¬
rung) richtet sieh nach der jeweiligen Operation und dem
gebrauchten Anästhetikum; die große Bedeutung der spezi¬
fischen Gewichtsverhältnisse der gebrauchten Anästhetika
in Beziehung zu den spezifischen Gewichtsverhältnissen des
Liquor cerebrospinalis habe ich in meiner Abhandlung in
der notwendigen Ausführlichkeit an Hand der wissenschaft¬
lichen Untersuchungen von Krönigu. Gauß eingehend
behandelt. Das Tier ist dazu so zu lagern, daß man bequem
an der Regio lumbalis arbeiten kann. Es folgt zunächst die
Reinigung der Regio lumbalis und der angrenzenden Ge¬
biete mit Seife und warmem Wasser; dann wird die Ein¬
stichstelle im Umkreis von 5cm abrasiert; wenn man im
Zweifel ist, zwischen welchem Lendenwirbel man einstechen
will, tut man gut, in der Medianlinie der Regio lumbalis
einen zirka 15 cm langen und zirka 5 cm breiten Streifen
abzurasieren. Diese Prozedur halte ich für sehr wichtig;
dadurch werden auch die tiefer gelegenen Zellschichten ent¬
fernt und dem jeweilig angewandten Desintiziens zugänglich
gemacht ; in diesen tiefer liegenden verhornten Epidermis-
zellen sitzen die gefährlichsten Bakterien. Nach dem Ab¬
rasieren erfolgt die Desinfektion des Operationsfeldes; ich
gebrauchte unverdünntes Therapogen oder unverdünntes
Parisol. Bei diesen beiden Mitteln habe ich besonders bei
Anwendung in unverdünnter Form eine ausgeprägt starke
desinfektorische Tiefenwirkung beobachtet. Im übrigen
389
richtet sich die Desinfektionswei.se nach dein jeweilig herr¬
schenden System.
Der Desinfektion folgt das Einstechen des Hautperfo¬
rators bei großen Tieren mit dicker und zäher Haut oder
der Lumbalnadel bei kleinen oder jugendlichen Tieren mit
verhältnismäßig zarter Haut. Mit Chloräthylspray läßt sich
die Einstiehstelle günstig anästhesieren.
Die Einstichstelle richtet sich nach der Tiergattuug,
sodann nach der Anästhesiezone, die man erreichen will.
Beim Kinde läßt sich zwischen sämtlichen Lendenwirbeln
und zwischen letztem Lendenwirbel und Kreuzbein der Sub-
arachnoidealraum bequem punktieren; bei alten Kindern
kommt es zu einer Verknöcherung der Ligg. supraspinal.
Deshalb empfiehlt es sich, seitlich von der Medianebene und
seitlich etwa der Mitte des nächstfolgenden Dornfortsatzes
einzustechen und die Nadel schräg nach vorn in die Median¬
ebene zu führen. Die Tiefe der Nadel beträgt bei der Punk¬
tion zwischen den Lendenwirbeln bei Kälbern 4 1 /*»—6 cm,
hei Kühen, Jungrindern, Ochsen 6—10 cm. Bei der Punk¬
tion zwischen letztem Lendenwirbel und Kreuzbein 11 bis
13 cm.
Beim Pferde läßt sich ebenfalls zwischen den Lenden¬
wirbeln punktieren, besonders bei Fohlen; immerhin habe
ich es ungern versucht, zumal der relativ weite und bequem
zugängliche Raum zwischen letztem Lendenwirbel und
Kreuzbein einen idealen Injektionsort darstellt. Die Tiefe
der Nadel beträgt hier bei Fohlen 9—11 cm, bei Pferden
von 1 Jahr ab 11—13 cm. Man sticht beim Pferd 1 cm hinter
dem letzten Lendenwirbel genau in der Medianebene senk¬
recht zur Längsachse des Tierkörpers in die Tiefe. Man
fühlt an der Nadel den Widerstand der periostalen Ausklei¬
dung des Wirbelkanals und der Dura mater. Der Subarach-
noidealraum ist in diesem Teile des Kückenmarks infolge
der zahlreichen, innerhalb des Subarachnoidealraums ver¬
laufenden, austretenden Nervenstämme sehr geräumig. Da¬
durch wird auch die Dura mater sehr an die periostale Aus¬
kleidung des Wirbelkanals angerückt. Aus diesem Grunde
hält es hier nicht schwer, den Subarachnoidealraum zu punk¬
tieren. Beim Durchstechen der Dura mater zuckt das Tier.
Wenn man glaubt im Subarachnoidealraum angekommen
zu sein, entferne man den Mandrin.
Die Injektion der in Körperwärme gehaltenen Lösung
ist nur dann vorzunehinen, wenn der Liquor klar und in
rascher Tropfenfolge oder im Strahl abtließt. Ist er getrübt,
so läßt man soviel abfließen, bis er klar wird; erscheint er
390
nicht oder nur in träger Tropfenfolge, so ist ein neuer Ein¬
stich vorzunehmen. Bei Tieren, die an einer Rückenmarks-
läsion erkrankt sind, ist von einer Lumbalanästhesie abze
sehen.
Bei einigen Tieren habe ich Liquor nicht gewinnen
können; auf die Injektion trat eine unvollkommene Anästhe¬
sie ein; auf eine Erscheinung muß ich hier hinweisen, auf
die mich Prof. Pfeiffer zuerst aufmerksam machte und
die ich ebenfalls zu sehen Gelegenheit hatte (Fall 23 meiner
Abhandlung) : Die linke untere Seite, auf der das Tier lag,
war intensiver anästhesiert. Der Grund liegt wohl darin,
daß Novocain ekdural injiziert hier die Nervenscheiden der
linken Körperhälfte inniger und länger umspült; als Schlu߬
folgerung resümieren wir daraus, daß wir zweckmäßiger¬
weise das Tier auf die Seite legen, an der die erkrankte Ex¬
tremität sich befindet, wenn die Operation eben diese Lage¬
rung zuläßt.
Die Injektion der in Körperwärme gehaltenen Lösung
geschieht sehr langsam (in 1—2 Minuten), um plötzliche
Druckschwankungen der Spinalflüssigkeit zu vermeiden.
Bei der Lumbalanästhesie tritt die Anästhesie inner¬
halb 3—15 Minuten ein und zwar um so schneller, je größer
die Dosis und je konzentrierter die Lösung ist; auf die Kon¬
zentration und Größe der Dosis ist ein entscheidendes Ge¬
wicht zu legen. In der ersten Zeit ist es mir trotz richtiger
Injektion nicht gelungen eine brauchbare Anästhesie zu er¬
reichen und, wie ich mich aus brieflichen Mitteilungen über¬
zeugen konnte, ist es Anderen ebenso gegangen; die Ursache
erblicke ich — abgesehen von einer nicht einwandfreien
Technik — vielfach in dem Gebrauch von zu geringprozen¬
tigen und zu geringen Dosen. Bei Zusatz von Adrenalin.
Gummi arabicum oder von ölen zu der Lösung wird die
Absorption etwas verzögert; es tritt deshalb die Anästhesie
etwas später ein. Die Dauer der Empfindungslosigkeit ist
wiederum von der Dosis des Anästhetikums und von der
Konzentration der Lösung abhängig; sie schwankt zwischen
\A —2(4 Stunden. Durch Zusatz von Gummi arabicum oder
Adrenalin läßt sich die L>auer wesentlich verlängern (Maaß,
E r h a r d t, eigene Beobachtungen). Der Übergang in den
Zustand der Anästhesie ist am liegenden Tiere ein allmäh¬
licher; das Tier merkt den Eintritt der Anästhesie nicht,
lland in Hand mit der Anästhesie geht notwendigerweise
eine vollständige Parese in der Nachhand, die etwa (4—3
Stunden nach Aufhören der Anästhesie ebenfalls schwindet.
Bei Zusatz von Adrenalin konnte ich eine 8 Stunden dauernde
391
Bewegungsunfähigkeit konstatieren. Die Intensität der An¬
ästhesie hängt — abgesehen von individuellen, nicht zu be¬
stimmenden Umständen — wiederum von der Dosis und der
Konzentration der Lösung ab. Die Ausdehnung der Anästhe¬
sie-Zone kann beliebig durch eine entsprechende Lagerung
des Tierkörpers begrenzt werden; eine übermäßig kranial
ausgedehnte Anästhesiezone wird nicht ohne Schaden vom
Organismus vertragen werden können; aus diesem einfachen
Grunde ist die Lumbalanästhesie nur zum Zwecke von chi¬
rurgischen Eingriffen in die kaudal vom Rippenbogen ge¬
legenen Körperpartien anzuwenden.
Nach dem Schwinden der Anästhesie und der Wieder¬
kehr der Bewegungsfähigkeit stehen die Tiere auf, manch¬
mal ohne jede Unterstützung; Störungen wesentlicher Na¬
tur in der Bewegungsfähigkeit konnte ich in den folgenden
Tagen nicht beobachten; in dem auch hier geschilderten
Fall 8 wurde die betreffende Stute 14 Tage später bereits
ohne Unterbrechung zu schweren landwirtschaftlichen Ar¬
beiten verwendet.
Im Folgenden erwähne ich von meiner Versuchsreihe
den Fall 8, den ich für den instruktivsten halte:
Fall 8. Pferd, Zuchtstute, zirka 51/2 Jahre alt, hat
am 10. März 1909 gefohlt und sich dabei einen Riß der dor¬
salen Scheidenwand und der ventralen Mastdarmwand zu¬
gezogen. Der Riß konfluierte innerhalb des Sphincter ani
in einer Länge von zirka 6 cm. Das Pferd wurde zum ersten
Male im Mai 1909 an dieser Verletzung erfolglos operiert;
die Narkose mittels Kombination von Morphium (0,5 sub¬
kutan) und Veronal (50,0 per os) war so wenig genügend,
daß nur mangelhaft gearbeitet werden konnte. I)a dadurch
eine Heilung nicht erzielt wurde, schritten wir am 9. Juli
zu einer zweiten Operation.
Das Pferd wird in Rechtslage abgeworfen, vom vierten
Lendenwirbel bis zur Mitte des Kreuzbeines abrasiert, mit
Seife, Wasser und Bürste mehrmals gründlich abgebürstet
und zum Schlüsse mit konzentriertem Therapogen dreimal
abgerieben. In die so vorbereitete Haut wurde zwischen
letztem Lendenwirbel und Kreuzbein die Lumbalnadel 12 cm
tief eingestochen; man merkte den Widerstand der Dura
uiater; von der beim ersten Einstich erscheinenden Lumbal¬
flüssigkeit ließ ich 10 ccm abfließen und injizierte dann 1,0
Novocain in 10 %iger wässeriger Lösung; die Novocain¬
lösung war erwärmt und wurde sehr langsam injiziert.
10 Uhr 50 Min.: Injektion;
10 Uhr 55 Min.: Eintritt der Anästhesie;
392
11 Uhr: vollkommene Anästhesie in den kaudal vom
Rippenbogen gelegenen Körperpartien;
12 Uhr: Ende der Operation;
12 Uhr 30 Min.: Schwinden der Anästhesie;
2 Uhr: das Tier steht ohne Unterstützung auf; es läßt
sich nichts mehr anmerken.
In Übereinstimmung mit dem Besitzer konnte ich kon¬
statieren, daß an der Bewegungsfähigkeit auch nicht das
Mindeste auszusetzen war. —
Die Operation 3 ) bestand darin, daß, um den Kotabsatz
zu verhindern, nach manueller Entleerung des Mastdarmes
und der Scheide mit lauwarmer 2 %iger Therapogenlösung
ein Wergbausch und als Abschluß ein Leinwandballen in den
kranial vom Riß gelegenen Mastdarmteil eingeführt wurde.
Nach nochmaliger Reinigung wurde die Mastdarmschleim¬
haut im Umkreise des Risses von der Muskelschicht und dem
Granulationsgewebe abpräpariert und die Rißräuder skari-
fiziert; hierauf Vernähen der Mastdarmschleimhaut, des
Muskel- und Granulationsgewebes und der Scheidenselileim-
haut. Ausgang in Heilung. Nachteile der Lumbalanästhesie
bestehen nicht; nach 14 Tagen wurde das Pferd zu schweren
landwirtschaftlichen Arbeiten verwendet. Die ohne Narkose
recht schmerzhafte Operation wurde mit Lumbalanästhesie
reaktionslos vom Pferd vertragen; während der Operation
verzehrte das Pferd vorgelcgtes Gras. —
Die Lumbalanästhesie stellt eine in der tierärztlichen
Landpraxis nicht minder als in der Universität»- bezw. Iloch-
schulklinik verwendbare Methode dar, um am Tiere schmerz¬
los wuchtige Operationen ausführen zu können. Die An¬
ästhesiezone der Lumbalanästhesie beherrscht Körperteile,
die bei der Mannigfaltigkeit und Häufigkeit von pathologi¬
schen Veränderungen, die in ihnen Vorkommen (Geschlechts¬
und Harnapparat, Mastdarm, Extremitäten u. s. w\) in be¬
sonders ausgedehntem Maße die Kunst des Chirurgen be¬
anspruchen.
Dosis der Anästhetika, die in wässeriger (5—10 r /< iger)
Lösung gebraucht werden:
Novocain
Kalb .0,25
Kind.0,5—1,0
Fohlen (— 1 Jahr) . 0,25
Pferd.0,5—1,0
»Stovain Suprarenin
0,15
0.3
0,5—1,0 (1:1000) guttac N. X.
s j Im Verein mit Distriktstierarzt A. Pfab ausgeführt.
(Schluß folgt.)
393
Referate.
Wunsch-Gaß: Vergiftung mit Oleum Terebin-
thinae. (Tierärztl. Zentralblatt, 1910, Nr. 12.)
Ein Landwirt wollte durch seine Magd in einem Kauf¬
laden Leinöl für ein mit Hartleibigkeit behaftetes Jungrind
holen lassen. Aus Versehen erhielt dieselbe aber dort Ter¬
pentinöl, das nun dem Tiere eingeschüttet wurde. Die Folge
davon w r ar, daß das Tier in heftige Atemnot und Zuckungen
verfiel und schon nach 2 Minuten verendete, wobei Schaum
aus den Nasenlöchern trat.
Sektionsbefund: Sichtbare Schleimhäute bla߬
rosarot; starke Erstickungsblutungen in der Lunge; blutig¬
seröse Schleimmassen in den Bronchien und Trachea ; starke
Rötung der Tracheal- und Nasenhöhlenauskleidung; Lunge
stark hyperämisch; Pansenschleimhaut mit den Fingern in
größeren Flächen leicht abziehbar. Von allen Teilen des
Kadavers Ausströmen des auf etliche Schritte bereits wahr¬
nehmbaren Terpentingeruches. Urin von eigentümlichem,
nicht gerade widerlichem Gerüche, der jedoch dem viel-
erwähnten Veilchengeruche nicht glich.
Zu bemerken wäre, daß eine Dosis von zirka 150,0 Ol.
terebinth. den Tod des 8 Monate alten Jungrindes herbeizu¬
führen im Stande war. Auch ist anzunehmen, daß ein Teil des
Eingusses aspiriert wurde. R a b u s.
Noack: Worauf beruht das „Rotkochen“ frischen
Fleisches? (Deutsche Tierärztl. Wochenschr., 1910, Nr. 0.)
Eine befriedigende Erklärung über die Erscheinung
des „Rotkochens“ konnte bisher nicht gegeben werden. Ohne
Beweise hiefür zu haben, nahm man als Ursachen unmittel¬
bare Lagerung auf Eis, Herkunft von trächtigen Tieren, die
Anwesenheit salpetriger Säure im Wasser u. s. w. an. Daß
die beiden ersterenHypothesen jeder Begründung entbehren,
hat Verf. durch zahlreiche Kochversuche festgestellt.
Er konnte hingegen „Rotkochen“ regelmäßig dann be¬
obachten, wenn das Wasser einem schon seit 8 Jahren in
Gebrauch befindlichen Bottich entnommen war, der, als Re¬
servoir für heißes Wasser verwendet, täglich mehrmals ge¬
füllt wurde; seine Wandungen waren mit „Kesselstein“
reichlich besetzt. Auch in alten eisernen, zur Wasser¬
kochung viel benutzten Töpfen trat „Rotkochung“ ein.
Zum Beweise, daß „Kesselstein“ tatsächlich ein Rotbleiben
frischen Fleisches beim Sieden zu bedingen vermag, wurden
weiterhin Kochversuche unter Zusatz von „Kesselstein“,
394
teils in Stücken, teils zerkleinert, zu dem der Leitung un¬
mittelbar entnommenen Kochwasser mit und ohne Koehsalz-
heigabe angestellt mit dem Ergebnis, daß stets „Kotkochen“
erfolgte.
l>ie Erklärung für die chemischen Vorgänge bei der
Erscheinung kann noch nicht gegeben werden; wahrschein¬
lich handelt es sich um eine Wirkung der im „Kesselstein“
enthaltenen salpetrigen Säure oder schweflig-sauren Salze.
L i n d n e r.
Tierzucht und Tierhaltung.
Die Abänderung des Pferde- und Viehversicherungsgesetzes.
Das Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 23, 1910, ent¬
hält das geänderte Normalstatut für die Pferde- und Vieh¬
versicherungsvereine. Im großen und ganzen sind einschnei¬
dende Veränderungen nicht zu verzeichnen, weshalb es ge¬
nügen dürfte, die wichtigsten Unterschiede zwischen den
alten und neuen Bestimmungen hier anzuführen.
a) Pferdeversicherung:
Zusatz zu § 2: Dem Vereine können auch genossenschaft¬
liche Vereinigungen zum Unterhalte von Fohlenweiden
und zur Zucht und Pflege von Pferden beitreten.
Zusatz zu § 5: Mitglieder, über deren Vermögen der Kon¬
kurs oder die Zwangsverwaltung verhängt wurde,
können ausgeschlossen werden. Das Versicherungs¬
verhältnis endet in diesem Falle 4 Wochen nach dem
Ausschließungsbeschluß.
Zusatz zu § 17 (als § 18 4 ): Endigt bei ausgetretenen
Vereinsmitgliedern das Versicherungsverhältnis, nach¬
dem ein versichertes Pferd erkrankt ist oder einen Un¬
fall erlitten hat, so haftet die Versicherung für Ent¬
schädigung dann, wenn die Erkrankung oder der Un¬
fall den Tod des Pferdes binnen 7 Tagen nach Beendi¬
gung der Versicherung herbeiführt.
Zusatz zu § 19 (als § 22 4 ): Die Kosten der Fütterung
und Pflege, dann die der ersten Beiziehung eines Tier¬
arztes fallen dem Versicherten zur Last. Die Kosten
der vom Ausschuß angeordneten tierärztlichen Behänd
lung trägt der Verein. Die Generalversammlung ist
jedoch berechtigt, anderweitig zu beschließen.
Zusatz zu $ 23 (als § 20) : Gegen den Beschluß der An¬
staltsverwaltung in Kntschädigungsfällen steht dem
Verein bezw. dem Versicherten das Hecht der Be-
395
sch werde an das Schiedsgericht innerhalb einer FrLt
von 2 Wochen zu.
b) Viehversicherung:
Zusatz zu § 3: Auch genossenschaftliche Vereinigungen
zum Unterhalte von Viehweiden, zur Aufzucht und
Pflege von Tieren können beitreten.
Zu § 5 wurde der gleiche Zusatz wie bei den Pferdever¬
sicherungen gemacht.
Xach § 22 trägt, falls die Generalversammlung nicht
anders beschließt, der Versicherungsnehmer die Kosten
der tierärztlichen Behandlung.
Bei Notschlachtungen (§ 28) beträgt die Entschädigung
Vu», wenn der Reinerlös weniger als ’/e des Schätzungs¬
wertes ausmacht. Für die mit der Schätzung und Auf¬
nahme verbundene Tätigkeit können Ortsvereine (nach
§ 30 6 ) eine Verwaltungsgebühr von 10 von je 100 dl
Versicherungssumme erheben.
§ 35 bestimmt, daß für Ziegen der Beitrag sich um 5 / ll(
erhöht; diese Tiere werden mit dem D/Gfachen Be¬
trage des Wertes in die beitragspflichtige Versiche¬
rungssumme eingerechnet. M.
Propaganda in der Geflügelzucht.
Die „Mitteilungen der Deutschen Landwirtschafts-
Gesellschaft“, Stück 21, 1910, berichten über folgendes Ver¬
fahren zur Förderung der Geflügelzucht in England: Es
wurde ein Extrazug zusammengestellt, welcher mit Wander¬
lehrern, mit allem Demonstrationsmatcrial zu Vorträgen
über Geflügelzucht ausgerüstet war. Der Zug kursierte
Ende April mit großem Erfolge in Wales. Lernbegierige
strömten aus allen Gegenden auf Entfernungen von 20—30
Kilometern herbei, um sich auf dem Gebiete der Geflügel¬
zucht Kenntnisse zu erwerben bezw. solche zu erweitern.
Düstere Bilder aus dem Leben unseres Hausrindes.
In einem Flugblatte des Berliner Tierschutzvereins
schildert Herr Stabsveterinär F ö h r i n g e r, Vorstand der
Ilufbeschlagschule in Regensburg, in Wort und Bild recht
anschaulich und eindringend die unzweckmäßigen und tier-
«piälerischen Verfahren, welche beim Treiben von Zucht¬
stieren stattfinden, insbesondere jenes, bei welchem die Tiere,
um Angriffe auf die Führer oder Durchgehen zu verhiilen,
durch Anziehen an um die Vorderfessel angebrachten dünnen
Seilen, die durch einen um die Brust gelegten Strang laufen,
zu Fall gebracht werden.
396
Durch die dünnen Seile und den über den Rücken
laufenden Strang wird bei Mangel irgendwelcher weiterer
Schutzvorrichtungen dieHaut an denFesseln und am Rücken
wundgeriehen und der Bulle zieht sich beim Sturze auf die
unbeschützten Vorderknie mehr oder weniger tiefe Wunden
zu. Die hiebei dem Tiere verursachten Schmerzen und die
Nachteile für den Besitzer könnten leicht verhindert werden :
dazu wäre nur erforderlich, daß sich die Viehhändler und
Metzger etc. Riemen zum Anbringen an den Fesseln, Schutz¬
kappen für die Knie und eine Brustgurte mit einem kleinen
Schutzkissen an der Stelle, an welcher die Gurte auf dem
Rückgrate liegt, beschaffen würden.
Mit dieser billigen Ausrüstung könnten den Tieren
Läsionen der Haut, beim Transporte Verwundungen der
Kniee, beim zufälligen Stürzen oder beim not wendigen
Niederbringen auf die Kniee und damit Pein und Schmerz
erspart bleiben. Es wäre damit einer humanitären Forde¬
rung des Tierschutzes, die jeder Tierfreund stellen muß,
Folge geleistet.
Im weiteren demonstriert Föhrin ger au Ab¬
bildungen die Folgen, welche die unterlassene Klauen¬
pflege bedingt, die Qual, welche denTieren schon beim Stehen
im Stalle, besonders aber bei der Bewegung durch Nicht¬
beachtung der Klauenpflege veranlaßt wird; es werden in
diesem Aufsatze ferner die Nachteile, welche die unter¬
lassene Klauenpflege für die Nutzung im Gefolge hat, ge¬
schildert und endlich gibt dessen Inhalt Anweisung, wie
durch periodisches Verkürzen und Beschneiden der Klauen
humanitäre wirtschaftliche Aufgaben erfüllt werden können.
Bei dieser Gelegenheit kam F ö h ringe r besondere
auch auf das verschiedene tierquiilerisehe Verfahren beim
Aufhalten der Hinterbeine des Rindes, sei es zu operativen
Zwecken, sei es zur Klauenpflege; er verkennt hiebei nicht,
daß man zur Zeit häufig auf andere Weise nicht zum Ziele
kommt und fährt weiter wörtlich fort: „Die ganze Quälerei
wäre überflüssig, wenn das Rind allgemein zum Aufheben
bezw. Beschlagen etc. erzogen werden würde. Wie leicht
ließe sich dieses erreichen! Man brauchte nur alle Kälber,
die zur Aufzucht bestimmt sind, wie die Fohlen von klein
auf an das Aufheben und Aufhalten der Füße zu gewöhnen,
was spielend gelingen würde! Daß dieses möglich ist. zeigen
in erfreulicher Weise die wohlerzogenen Ochsen größerer
Güter und ab und zu auch Tiere aus kleineren Ställen, in
welchen ein humanes vernünftiges Walten herrscht.“ Am
Schlüsse fügt F. den Wunsch an, es möchten alle Tierschutz-
397
vereine durch Wort und Tat erstreben, daß auch beim Rinde
die Beschlagdressur immer mehr eingeführt werde und zu
diesem Zwecke gelegentlich der Tierschauen und bei ähn¬
lichen Anlässen auch Prämien an solche Viehbesitzer ver¬
liehen w r erden, deren Tiere sich freiwillig die Füße aufheben
und beschlagen lassen. Die Durchführung dieser Anregung
Föhringer’s würde gewiß großen Nutzen bringen.
Pferdezucht.
Die Pferdezüchter des Verwaltungsbezirkes Freising
haben sich in jedem der beiden Distrikte Freising und Moos¬
burg zu einer Pferdezuchtgenossenschaft vereinigt, um das
einheimische kräftige Arbeitspferd durch Aufstellung von
starken und gängigen Hengsten des oberbayerischen Schlages
in Form und Gang zu verbessern und dadurch ein starkes
und entsprechend breites und tiefes Pferd mit guten, ausge¬
glichenen Körperformen, starken Knochen und freien, räu¬
menden Gängen zu erzüchten.
Die zuerst gegründete Genossenschaft Moosburg zählte
gleich bei ihrer Gründung 62 Mitglieder. Als Vorstand
wurde Landrat und Gutsbesitzer Schwaiger in Feld¬
kirchen gewählt. Die Genossenschaft Freising erstand her¬
nach mit 34 Mitgliedern, von welchen der Iv. Bezirkstierarzt
Notz in Freising zum Vorsitzenden ernannt wurde.
Körgesetz.
Die bayerische Kammer der Abgeordneten hat in der
am 28. Mai stattgehabten Sitzung das neue Körgesetz bei
namentlicher Abstimmung mit 100 gegen 11 Stimmen an¬
genommen. A.
Verschiedenes.
Robert Koch f.
Am 28. Mai verschied in Baden-Baden infolge eines
Herzleidens der in allen Weltteilen bekannte und berühmte
Bakteriologe, Wirklicher Geheimrat, Geheimer Medizinal¬
rat, Professor und Direktor des Hygienischen Institutes in
Berlin, Exzellenz Dr. Robert Koc h.
Die großartigen Entdeckungen dieses illustren For¬
schers auf dem Gebiete der Bakterienkunde, ihre bahn¬
brechende und wegweisende Bedeutung für das Studium
und die Bekämpfung der Infektionskrankheiten sind allen
Tierärzten geläufig. Dem Andenken an R o b e r t K o c h
398
werden die Vertreter der Tierheilkunde für alle Zeiten Ver¬
ehrung und Dankbarkeit weihen!
Robert Koch f.
Anläßlich des am 28. Mai 1910 in Baden-Baden er¬
folgten Todes des Wirklichen Geheimrates Prof. Dr. Ro¬
bert Koch, Exzellenz, Ehrenmitgliedes der Internatio¬
nalen Tierärztlichen Kongresse seit 1895, hat der Vor¬
sitzende des Ständigen Ausschusses nicht versäumt, der
Frau Gemahlin des Verstorbenen ein Beileidsschreiben zu
übersenden und an der Bahre des großen Toten ein Pflanzen¬
gebinde als erstes Zeichen der tiefen Verehrung niederzu¬
legen, welche die tierärztliche Welt dem fruchtbaren For¬
scher und Gelehrten stets bezeigt hat.
Deutscher Veterinärrat.
Im Hinblick auf § 22 b der Satzung beehrt sich der
Unterzeichnete in vorläufiger Weise bekannt zu machen,
daß der Ausschuß beschlossen hat, die nach den Stuttgarter
Beschlüssen in Hamburg abzuhaltende nächste Plenar¬
versammlung auf September dieses Jahres ein¬
zuberufen.
Den Hauptgegenstand der Beratung soll die „Stellung¬
nahme zu dem vorläufigen Entwurf einer Bundesrats¬
instruktion zum Viehseuchengesetz“ bilden. Ferner sind
laut Beschlusses der letzten Plenarversammlung auf die
Tagesordnung zu setzen: „Privatdozententum und Profes-
soren-Ersatz“, „Revision der Ilauptmängelliste“, „Betäti¬
gung des Tierarztes auf dem Gebiet der Tierzucht“, „Ein¬
führung der außerordentlichen Fleischbeschau und der
übrigen animalischen Nahrungsmittelkunde in den Lehr¬
plan der Tierärztlichen Hochschulen“.
Außerdem beantragt der Verein Schlesischer Tierärzte
das Thema „Besteht eine Überfüllung des tierärztlichen Be¬
rufes';“ als dringendes Referat zu behandeln.
Stuttgart, den 28. Mai 1910.
Dr. v. Beiß w ä n g e r.
40jähriges Dienstjubiläum.
Am 14. v. Mts. feierte Herr Veterinärrat Ostertag
in Schwiibisch-Gmünd das 40jährige Jubiläum als Oberamts¬
tierarzt dieses Bezirkes. Wir senden dem verehrten Kol¬
legen zu dieser Feier auf diesem Wege die herzlichsten
Glückwünsche. Möge er den Seimigen und unserem Stande,
399
in welchem er so erfolgreich wirkt, noch recht lange gesund
und froh erhalten bleiben! (1). Red.)
Bttcherschan.
Lehrbuch der vergleichenden Physiologie, bearbeitet von Professor
Dr. Abderhalden-Berlin, Professor Dr. Dex ler-Prag, Pro¬
fessor Durig-Wien, Geheixnrat Professor Ellenberger-Dresden,
Professor G m e 1 i n - Stuttgart, Dr. Gr i mm er-Greifswald, Privat¬
dozent Dr. Kolme r-Wien, Professor Krummacher-München,
Privatdozent Hausmann-Wien, Professor Dr. Lahmann-Mar-
burg, Professor Dr. v. Pflugk-Dresden, Professor Dr. Raucher-
Lyon, Geheimrat Professor Dr. R i e v e 1-Hannover, Professor Dr.
Scheunert-Dresden, Geheimrat Professor Dr. Tereg-Hannover,
Professor Dr. Tschermak-Wien, Professor Dr. Zangger, Pro¬
fessor Dr. Zietzschmann-Zürich. Herausgegeben von Dr. W.
Ellenberger und Dr. A. Scheunert, Professoren an der
Tierärztlichen Hochschule in Dresden. Mit 4J5 Textabbildungen.
Berlin. Verlag von Paul Parey. 1910. Preis 24 Mk.
Wie aus dem vorstehenden Namensverzeichnis ersichtlich, be¬
teiligten sich an der Bearbeitung des von Ellenbergerund Scheu¬
nert herausgegebenen Werkes der vergleichenden Physiologie
18 Autoren.
Im Jahre 1891 war das bekannte zweibändige, klassische Werk
über vergleichende Physiologie der Haustiere von Ellenberger
erschienen. Das vorliegende Buch soll nicht die zweite Auflage des
damals erschienenen Eli enberger’schen Werkes, sondern ein
weniger umfangreiches Lehrbuch über vergleichende Physiologie der
Haustiere für Studierende und zugleich ein Nachschlagebuch für
Tierärzte sein. Um das Werk für Anfänger sehr geeignet zu machen,
haben die Herausgeber verschiedene Druckarten in Anwendung
bringen lassen, wobei das für Anfänger Wesentlichste und Wichtigste
durch Groß- bezw. Fettdruck besonders hervorgehoben wird. Da¬
durch war es möglich, das gewaltige Gebiet der Physiologie für
Studenten und Tierärzte in einem nicht zu weit gesteckten Rahmen
übersichtlich und in einer das Studium außerordentlich erleichternden,
den didaktischen Anforderungen entsprechenden Weise darzustellen.
In der Tat, welches Kapitel des Buches man studieren mag,
überall findet man die Hauptlehren über den betreffenden Gegen¬
stand für denjenigen, welcher das Studium der Physiologie beginnt
mehr oder weniger umgrenzt und leicht faßlich bearbeitet; der Vor¬
geschrittene aber erhält allseitige eingehende Belehrung über die
Wege und Ziele, welche die Forschung zur Feststellung physiolo¬
gischer Gesetze verfolgen mußte. Besonders eingehende Darstellung
fanden die Kapitel der Nervenphysiologie und Fortpflanzung. Von
großem Interesse wird für den Leser auch der Inhalt der Kapitel
über Elektrophysiologie und innere Sekretion sein.
Alles in Allem: wir haben in dem phänomenalen neuen Werke
von Ellenberger undScheunert über vergleichende Physiologie
der Haustiere ein für Veterinärstudenten zum Studium der Physio¬
logie in jeder Richtung ausgezeichnetes Lehrbuch; aber auch für
Tierärzte ist das Buch nicht nur Nachschlagebuch sondern Lehr¬
buch, in dessen Inhalt er Erklärung über das „Warum“ der verschie¬
densten pathologischen Vorgänge bei Krankheiten unserer Haustiere,
Auskunft über manche biologische Fragen, welche sich auf die
400
Züchtung und Hygiene der Haustiere beziehen, finden wird. Stm
dierenden und Tierärzten sei das Werk warm empfohlen. A.
Drnckfehlerberichtigtmg.
Auf Seite 381 Zeile 8 von oben soll es heißen: „Casein“ statt
„Fett“.
Personalien.
Auszeichnungen: Den Dozenten der Tierärztlichen Hoch¬
schule in Dresden: Obermedizinalrat Professor Dr. Müller das
Ritterkreuz I. Klasse des Verdienstordens, Medizinalrat Professor
Dr. Kunz-Krause der Titel und Rang als Obermedizinal rat,
ökonomierat Dr. R a u b o 1 d und Privatdozent Dr. S t r u b e 11 der
Titel Professor.
Ernennung: Tierarzt Kraus aus Würzburg zum Assi¬
stenztierarzt am Schlacht- und Viehhof daselbst.
Approbationen: in Berlin die Herren: Aschen¬
brenner Eugen aus Nürnberg, Ehlers Rudolf aus Jaeglack,
Ehrlich Kurt aus Illeben, Lassen Peter aus Groß-Berbel, M a r -
t{i n Wilhelm aus Cöpenik, Tanz Artur aus Apfelstädt, Tauer
Joseph aus Neisse, Wilengowski August aus Neu-Maraunen und
Zapp Erich aus Neisse.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Gießen: die Tierärzte
Berg Gustav in Brunen, Marioth Wilhelm in Arolsen, Meyer
Paul in Zöberitz und Peters Franz in Posen; in Bern: die Tierärzte
A s c h o f f Hermann in Herzberg und Heine Otto in Claustal.
Todesfall: T e p 1 y Fritz, prakt. Tierarzt in Feldkirchen
bei Westerham (Oberbayern), [1889].
• Die Stelle des Bezirkstierarztes von
£jrieuigt. Zwei brücken.
Bewerbungsgesuche sind bei der für den Wohnsitz des Be¬
werbers zuständigen Regierung, Kammer des Innern, bis tum
IO. Juni einzureichen.
An der medizinischen Veterinärklinik der Uni¬
versität Gießen ist die Stelle eines Assistenten ab 1. Juli
zu besetzen. Gehalt 1200 Mark, freie Wohnung, Heizung.
Bewerbungen sind mit Lebenslauf u. s. w. an die Direktion
zu richten.
Großherzogliche Direktion der medizinischen Veterinärklinik.
Professor Dr. Gmeiner.
Tierarzt, 1908 approbiert, promoviert, sucht ab 20. Juni
weitere "W U- ■ ■ ■ ■ zu übernehmen.
GeH. Offerten unter E. I>. an die Expedition des Blattes.
“Vertreter
vom 1. August ab auf 8 Wochen gesucht. Offert, mit Gehalts-
anspriichcn sub HI. N. an die Expedition des Blattes.
Druck von J. li ottc .sw int er, München. — Kommissionsverlag: M. Riegorsclie
rniversiUltsbuchhamUiing, München, Odeonsplatz 2.
r-
Münchener
(IrfHer: Wocieasctirilt für Tierbeilfcuade und Tiedznclit).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 14. Juni 1910. Nr. 24.
Inhalt :Originalartikei: Dr. Hellmuth: Zum Kapitel „Lebens¬
mittel-Kontrolle“. — Ade: Zwei Fälle aus der Praxis. — Lechle:
Kurze Mitteilungen aus der Praxis — Dr. Liehtenstern: Die
Lumbal - Punktion und -Injektion und ihr Anwendungsgebiet
beim Pferd und Rind. (Schluß.) — Referate: Hauptmann:
Die medikamentöse Behandlung der Samenstrang-Fistel des
Pferdes. Steinbrück: a) Darmstich mittels Hohlnadel: b) Zur
Therapie der Darmverlagerungen. — Tierzucht undT i er¬
halt ung: Bestimmungen über die Vornahme von Milch¬
leistungsprüfungen in Bayern. Deutsche Pferdezucht auf der land¬
wirtschaftlichen Ausstellung in Buenos Aires. — Verschie¬
denes: Eine neue Art der Fleischkonservierung. Die Errich¬
tung eines Landesveterinäramtes und eines ständigen Beirates
für das Veterinärwesen in Preußen. Verlegung der Tierärzt¬
lichen Hochschule Stuttgart nach Tübingen. Inskriptionsergebnis
an der Tierärztlichen Hochschule München pro Sommer-Semester
1910. Trichinenschau. — Personalien.
Zum Kapitel „Lebensmittel-Kontrolle“.
Von städt. Bezirkstierarzt Dr. Hellmuth, Nürnberg.
Gegen Ende März hatte eine aus 5 Personen bestehende
Familie eine lebende Barbe gekauft und nach Zubereitung
gegessen. Darauf erkrankten 3 Personen unter den Er¬
scheinungen einer Fischvergiftung, weshalb Anzeige er¬
stattet wurde. Eine genaue Untersuchung ergab, daß der
Fisch frisch und unverdorben war und daß nur die 3 Per¬
sonen erkrankt waren, die vom Bogen des Fisches gegessen
hatten, während die anderen Familienmitglieder, die nur
das Fleisch der Barbe verzehrt hatten, gesund geblieben
waren. Es ist bekannt, daß der Bogen der Barbe zur Laich¬
zeit giftig sein kann. Da die Laichzeit der Barbe aber erst
in den Monat Mai fällt, ergibt sich aus obigem Vorkommnis,
daß der Bogen dieses Fisches unter Umständen schon vor¬
her giftige Wirkungen äußern kann. (In Italien ist der
Verkauf der Barben während der Monate März bis Mai ver¬
boten.)
In einem anderen Falle erkrankte eine Arbeiterfamilie
nach dem Genuß eines Stückes Frankfurter Leberwurst an
einer ziemlich schweren Wurstvergiftung, während Erkran¬
kungen anderer Personen nicht bekannt wurden, obwohl
ein Teil der in größerer Menge hergestellten Wurst bereits
verkauft war. Eine auf ärztliche Veranlassung von anderer
Seite vorgenommene bakteriologische Untersuchung ergab
eine üppige Bakterienflora, insbesondere Erdbakterien und
Streptococcus pyogenes. Bei der von mir vorgenommeuen
Prüfung erwies sich die Wurst von weicherer Konsistenz
als sie gewöhnlich hergestellt wird, und von sehr heller
Farbe, was zunächst auf einen sehr hohen Fettgehalt
schließen ließ. Abweichungen im Geruch und Zersetzungs¬
erscheinungen waren nicht vorhanden, die Reaktion war
neutral; fremde Zusätze, wie Stärkemehl oder Brot, fanden
sich in der Wurstmasse nicht vor. Es wurden Wurststücke
in Formalin gehärtet, mit Celloidin durchtränkt, in zirka
30 Mikra dicke Schnitte zerlegt, gefärbt und mikroskopisch
untersucht. Hiebei ergab sich, daß die Wurst aus Fleisch,
sehr wenig Leber, Kuttelwaren und sehr viel Fett zusammen¬
gesetzt und mit Bakterien — rasenbildenden Kokken und
einem feinen stäbchenbildenden Bakterium — durchsetzt
war. Es ist dies wieder ein Beweis dafür, daß eine Wurst
Bakterien in Menge beherbergen kann, ohne daß das äußere
Aussehen gelitten hat und ohne daß sich sonstige sinnlich
wahrnehmbare Produkte, wie Riechstoffe u. dergl., bilden.
Über die Ursachen solcher bakterieller Verunreinigungen
kann man nur Vermutungen haben.
Umgekehrt kann eine Wurst den Anschein hoch¬
gradiger Verdorbenheit erwecken und der Zersetzungs¬
prozeß sich doch nur auf die Wursthaut beschränken. Ein
eingeliefertes Stück Gelbwurst zeigte stark schmierig-
kleberige Haut und war übelriechend, wobei sich der üble
Geruch auf die ganze Wurstmasse zu erstrecken schien.
Wurde die Wurst mit der Schnittfläche auf rotes Lakmus-
papier gelegt, so bildete sich entsprechend der Wursthaut
ein durch Blaufärbung kenntlicher Ring alkalischer Re¬
aktion. Auf Schnitten ergab sich wider Erwarten, daß die
Wurst im Innern nahezu keimfrei war, während auf der
Haut dicke Bakteriennester saßen, die nur an einigen Stellen
durch feine Spalten in die äußere Wurstmasse eingedrungen
waren. Die Wurst war an sich gut zubereitet, jedoch durch
zu langes Liegen im Laden angelaufen.
403
Zwei Fälle ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt Ade, Weismain.
I. Starkes Herzklopfen bei einer Kuh.
Eine 5jährige Kuh hatte so starken Herzschlag, daß
derselbe sogar auf mehrere Schritte Abstand zu hören war.
Synchron damit ging ein sehr heftiges Pulsieren der Aorta,
so daß man beim Auskultieren am Kücken einen Ton ver¬
nehmen konnte, der einem dumpfen entfernten Trommel¬
geräusch glich. Dabei erfolgten 105 Pulsschläge in der Mi¬
nute und bei jedem Stoß durchlief ein ruckweises Zittern
den ganzen Körper. Die Mastdarmtemperatur betrug 38,5°,
der Rumpf des Tieres war warm, Extremitäten und Ohren
fühlten sich kalt an. Schmerzensäußerungen konnten nicht
wahrgenommen werden, auch verriet der Blick des Tieres
nichts Ängstliches. Der Kotabsatz war gering, Rumination
und Peristaltik unterdrückt, der Kot zähe, schwarz und
teerartig. Da obendrein die Schleimhäute des Maules und
das Flotzmaul auffallend blaß erschienen, nahm ich an, daß
das Herzklopfen durch innere Blutung in einen der Mägen
verursacht sei, daß eventuell Anämie oder Vergiftung vor¬
liege. Die Kuh abortierte am gleichen Tage einen 30 Wochen
alten Fötus, dessen Extraktion einige Schwierigkeiten
machte.
Bemerkenswert ist noch, daß die Kuh trotz des 2 Tage
lang bestehenden Herzklopfens keine Schwäche zeigte, son¬
dern stets, auch während der Geburt, stehen blieb.
Die Behandlung bestand in Verabreichung von Kxtr.
hvdrastis fluid, und Roborantien neben kalten Umschlägen
in der Herzgegend.
Tags darauf wurde der Kotabsatz normal, das Herz¬
klopfen bestand jedoch noch 2 Tage lang fort. Hierauf trat
vollständige Genesung ein.
Über die eigentliche Ursache der Erkrankung konnle
ich nichts ermitteln.
II. Ein interessanter Fall von Aktino-
m y k o s e.
Eine 4jährige Kuh, die an einem immer größer werden¬
den ödem der Unterbrust litt, wurde, da sich auch Freß-
unlust einstellte, geschlachtet. Bei der Fleischbeschau fand
ich auf der Innenseite des Brustbeins angewachsen und auf
die Spitze des Herzbeutels drückend eine zirka kindskopf¬
große bindegewebige fibröse Neubildung, die mit eiterigen
aktinomykotisehen Herden durchsetzt war.
404
t
tf
Kurze Mitteilnngen ans der Praxis.
Yon Distriktstierarzt Lee hie, Aub.
Zwei abnorm verlaufene Fälle von Tetanus.
Ein Pferd des Müllers L. in Ii. wurde mir mit der
Anamnese, es speichle seit einem Tage, zur Behandlung
übergeben. Das Tier ließ sich leicht aus dem Stalle führen,
doch zeigte sich bei der näheren Untersuchung starker Tris¬
mus, so daß die Zahnreihen nur noch 2 cm weit auseinander
gezogen werden konnten. Sogleich applizierte ich per rectum
Chloral. hydrat. und bestellte telegraphisch Tetanusantitoxin.
Am folgenden Tage war der Trismus bereits vollständig, die
Zahnreihen konnten überhaupt nicht mehr aus ihrer Be¬
rührungsstellung gebracht werden. Mit Ausnahme der Kau¬
muskulatur waren alle anderen Körpermuskeln frei von
Tetanie. Die weitere Behandlung des Tieres bestand in
Seruminjektion und Klysmen von Chloralhydrat und Nähr¬
lösungen, wobei das Allgemeinbefinden ein relativ gutes
blieb. Am 4. Krankheitstage traten plötzlich Erscheinungen
des Zwerchfellkrampfes auf, dem das Pferd erlag.
Viel rapider, aber dem ersteren doch ähnlich, weil der
Tetanus sich auch nur auf ein kleines Muskelgebiet er¬
streckte, verlief folgender Fall: Das erkrankte Pferd war
anscheinend bei gutem Allgemeinbefinden, zeigte aber 41,9 "
Fieber; die linksseitige Halsmuskulatur fühlte sich stark ge¬
spannt, wie aus Erz gegossen, an. Der tetanische Zustand er¬
st reckte sich auch auf die Muskulatur des linken Ohres, so
daß dieses nur mit Gewalt umgelegt werden konnte, um so¬
fort wieder in seine unnatürliche steife Stellung zurückzu-
selinellen. Trismus fehlte vollständig.
Die Behandlung war die gleiche wie im ersten Falle;
sie konnte jedoch nur einmal durchgeführt werden, da das
Tier sechs Stunden nach meiner Untersuchung plötzlich
verendete. —
Tn beiden Fällen muß eine ganz besondere Virulenz
des Tetanustoxins angenommen werden, um bei der ge¬
ringen Ausdehnung der ergrilTenen Muskelpartien für den
raschen Eintritt des Todes des Tieres eine Erklärung zu
haben.
A us der G c b u r t s h i 1 f e.
Die Untersuchung einer erfolglos drängenden Kuh
ergab Torsio ulcri. Die halbe Drehung wurde durch Wälzen
grins), doch ging trotzdem die Gehurt nicht von statten, da
405
vom oberen zum unteren Rande des Orificiuni externum
eine Fleischspange von der Dicke eines starken Spazier¬
stockes zog, die den Austritt der Frucht verhinderte. Die
Spange wurde durchschnitten und wäre damit auch das
zweite Hindernis zur Vollendung der Geburt beseitigt ge¬
wesen, wenn nicht Lage und Größe des Fötus die Embrvo-
tom ie erforderlich gemacht hätten. Erst nach Abtrennung
des Kopfes und einer Vorderextremität gelang die Extrak¬
tion des Kalbes. Die Kuh überstand die geburtshilflichen
Eingriffe gut und ohne Nacherkrankung.
Versuche mit Yo h i m b i n.
Eine 2 Jahre alte, sehr gut genährte Frankenkalbin
wurde mit der Anamnese vorgeführt, sie habe noch nie ge¬
rindert. Ich injizierte daher eine der von Bengen & Co.
in zugeschmolzenen Glaskölbchen in den Verkehr gebrach¬
ten Yohirabindosen morgens 8 Uhr. Gegen Abend zeigte
das Tier Brunsterscheinungen. Es wurde zum Bullen ge¬
bracht und mit Erfolg gedeckt. Die Geburt eines gesunden
Kalbes ist mittlerweile erfolgt.
In einem zweiten Falle, der auch eine sehr gut ge¬
nährte, noch nie rinderig gewesene Frankenkalbin betraf,
trat am ersten Tag nach der Injektion keine Reaktion ein,
weshalb die Einspritzung am folgenden Morgen wiederholt
wurde. Am Abend dieses Tages waren schwache Brunst¬
erscheinungen zu bemerken. Die Kalbin nahm den Bullen
an, rinderte von da ab in regelmäßigen Zwischenräumen
noch dreimal und ist zur Zeit hochträchtig.
Der dritte Fall war im Erfolg wie der erstangeführte.
Hier hatte der Besitzer vorher schon verschiedene Pulver
und Mixturen aus der Apotheke erfolglos in Anwendung
gebracht.
Mastdarmdivertikel des Pferdes.
Zu einem Pferde mit Mastdarmblutung gerufen, er¬
fuhr ich vom Besitzer, daß das Tier schon seit längerer Zeit
nur unter großen Anstrengungen Kot absetzen könne. Die
Untersuchung ergab an der ventralen Wand des Mastdarmes
etwa 20 cm vor dem After ein zur Hälfte mit trockenen Kot¬
ballen, die teilweise blutigen Überzug hatten, gefülltes Di¬
vertikel von der Größe und Form eines sehr großen Pferde¬
magens. Das Tier wurde später wegen Altersschwäche ge¬
tötet.
406
Die Lombal-Pnnktion and -Injektion and ihr An¬
wendungsgebiet beim Pferd and Rind.
Von Dr. G. Lichtenstern, Rottalmünster.
(Schluß.)
Eine weitere aussichtsvolle Verwendung scheint der
Lumbalinjektion bei der Therapie des Tetanus bevorzu¬
stehen; das versprechen gerade die jüngst erfolgten Ver¬
öffentlichungen in der „Münch. Mediz. Wochenschrift“, aus
denen hervorgeht, daß der Verlauf der prognostisch stets
infausten Fälle von Tetanus acutissimus nach intralumbaler
und endovenöser Tetanus-Antitoxin-Einverleibung eine auf¬
fallend günstige Wendung nahm. (Bei Starrkrampf, der
eine Inkubationszeit von 14 Tagen und darüber hat, kommen
die Patienten recht oft auch ohne Behandlung zurGenesung.)
Bei dem perakuten Tetanus, der in der Regel bei kurzer In¬
kubationszeit auftritt, wird der jeweilige Organismus plötz¬
lich von einer solchen Unzahl von Toxinen überrumpelt,
daß er nicht Zeit gewinnt durch Abstoßung von Rezeptoren
sich der Toxine zu erwehren. Hier ist es nur möglich, durch
intravenöse oder intraneurale oder intralumbale Einverlei¬
bung von Tetanus-Antitoxin (oder durch eine zweckmäßige
Koalition der intravenösen mit der intralumbalen [Simon])
die Toxine abzufangen und zwar durch größtmögliche und
längere Zeit hindurch gebrauchte Dosen. Wenn wir be¬
denken, daß gerade die bei Tetanus gefährlichsten Toxine
eine besondere Affinität zu den motorischen Ganglienzellen
des Zentralnervensystems, die die willkürliche quergestreifte
Muskulatur innervieren, haben und daß diese Toxine eben
deshalb in der Umgebung des Rückenmarks in besonderer
Anzahl Vorkommen, so ist es nur zweckmäßig, diese Toxine
hier kurz vor ihrer Verankerung zu binden; bei dem kristal-
loidcn Charakter, den die Toxine gerade in ihrer Dialysier-
barkeit (Zangger) haben, ist es wahrscheinlich, daß die
Tetanustoxine im Liquor spinalis sich reichlicher aufhalten;
eben deshalb empfiehlt sich die intralumbale Einverleibung
von Antitoxin; durch die innerhalb des Liquor herrschende
Strömung in kranialer Richtung (Key und R e t z i u s)
werden die Antitoxine von selbst zu den mehr kranial ge¬
legenen Rückenmarksabsehnitten gelangen. Die intralum¬
bale Einverleibung von Antitoxin ist keine einmalige; nach
zirka f> —7 Stunden wird kein freies Antitoxinmolekül sich
mehr im Liquor spinalis vorfinden. (Auch die Resorption
der Xeutralisationsprodukte wird bei dem Kolloidzustande
der Antiluxine |Z a n g g e r| eine verzögerte sein [M a a ßj.)
407
Es ist also eine mehrmalige Injektion von nöten, bis der
Körper selbst genügend Antitoxine produziert oder der Er¬
reger beseitigt ist. Die Antitoxinmenge wird sieh dem je¬
weiligen Kraukenfall anpassen. Beim Pferd dürften 5 I.-E.
pro Körper-Kilogramm vollauf genügen; das gäbe bei einem
Gewichte von 600 kg 3000 I.-E. oder 600 ccm Tetanus-Anti¬
toxin-Höchst pro die. Bei dem hohen Werte des Antitoxins
dürften diese Mengen kaum je angewandt werden und sich
selbst bei wertvollen Pferden im Höchstfälle auf 250 bis
300 ccm des Tetanusantitoxinserums beschränken; von dieser
Dosis würde die eine Hälfte intravenös, die andere Hälfte
intralumbal auf dreimal in 8stündiger Pause dem Patienten
beigebracht werden. In der Tat werden eben von Holter-
b a c h - Frankfurt Versuche über diese Starrkrampfbehand¬
lung ausgeführt, wobei besonderes Gewicht auf die oftmalige
Verwendung von großen Dosen gelegt wird; Holter¬
bach verwendet nur Fälle voft Tetanus acutissimus, das
Serum stammt von Höchst.
Über zwei Fälle von Parese der Nachhand beim Pferd,
die durch intralumbale Strychnin-Injektion in einem Falle
behoben, in dem anderen Falle doch einige Stunden wesent¬
lich gebessert wurde, sei mir gestattet kurz zu berichten :
Eine 6jährige braune Rottaler Stute war am Morgen des
2. Februar 1910 nicht mehr in der Lage aufzustehen; drei
Stunden nach Erkennen der Krankheit wurde um tierärzt¬
liche Hilfe geschickt. Das Pferd lag auf der linken Seite
und bot das Bild eines vor dem letalen Ende stehenden
Tieres; totaler Schweißausbruch; Temperatur 39,8 mit sein-
beschleunigtem und schwachem Puls; sehr angestrengtes,
dyspnoisches Atmen; in der Nachhand totale Anästhesie.
Das Pferd kann sich nur in der Vorhand aufrichten; der
Harn dunkel (die Untersuchung ergab Eiweiß, kein Hämo¬
globin). Es wurde ein Gerüst möglichst schnell zusammen¬
gezimmert, um das Pferd aufzuwinden. Während des Auf-
windens brach ein Balken und das ganze Bauwerk fiel auf
das Pferd und Kopf und Rücken der sich flüchtenden Leute
herab; angesichts der so trostlosen Dinge und des moribun¬
den Pferdes wollte der Besitzer das Tier töten lassen; auf
Zureden entschloß er sich die Rückenmarksinjektion vor¬
nehmen zu lassen. Herr Distriktstierarzt P f a b injizierte
nun 0,025 Strychnin, nitric. ad 10,0 Aq. destill. zwischen
letztem Lendenwirbel und Kreuzbein (nach der erwähnten
Technik). Als wir nach 5 Minuten Zuwarten aus dem Stalle
gingen, um Material für ein neues Gerüst auszuwählen,
stand das Pferd von selbst plötzlich mit den typischen Er-
408
scheinungen der Stryehninwirkung auf. Die weitere Be¬
handlung bestand in Frottieren, Anwendung von Herz¬
mitteln und täglicher Bewegung. Nach 14 Tageu war die
Stute vollständig gesund und heute ist sie in einer so aus¬
gezeichneten Verfassung, daß der Besitzer sie zur Zucht
verwenden möchte.
Den zweiten Fall hatte ich nicht Gelegenheit zu be¬
obachten; ich bringe hiemit die Schilderung des Falles, wie
sie mir von Herrn Distriktstierarzt P f a b gütigst zu dem
Zwecke zur Verfügung gestellt wurde:
5jährige gutgenährte Stute des Kottaler lvutschschlages,
14 Tage post partum. Das Tier liegt auf der Streu und
schlägt ständig um sich; starker Schweißausbruch am ganzen
Körper. 85 Pulse; 40,2° Temperatur; hochbeschleunigte
Atmung. Schleimhäute ziegelrot. Laut Anamnese liegt das
Tier seit 20 Stunden, unfähig sich zu erheben; es ist
bereits anderweitig mit Laxantien und Apomorphin vorbe¬
handelt; alle Aufstellungsversuche nutzlos. Die ganze Nach¬
hand und der hintere Teil der Bauchdecke bis in die Nabel-
gegend ist völlig empfindungslos; das Tier reagiert an diesen
Körperteilen auf gar keine Insulte. Trotz des aussichtslosen
Zustandes wurde eine Lumbalinjektion von Strychnin, ni-
tric. 0,05 ad 20,0 Aq. dest. vorgenommen. Nach 10 Minuten
war die Anästhesie der Nachhand verschwunden und es trat
an allen Stellen eine deutliche Schmerzempfindung auf
Nadelstiche ein. Nebenbei zeigt sich ein geringer Krampf
der Gesichtsmuskeln. Ein weiteres Zurückgehen der Parese
bis zu der Möglichkeit, das Pferd aufzustellen, trat nicht
ein (möglicherweise infolge der langen Dauer des Falles).
Nach 3 Stunden Exitus letalis. —
Im Hinblick auf die Arbeit von Schlegel über die
infektiöse Rückenmarksentzündung sind diese Fälle recht
interessant. —
Wenn ich in dieser Abhandlung die Technik der
Lumbalpunktion, die Anwendung der Lumbalinjektion zu
chirurgischen Zwecken (Lumbalanästhesie), zur Tetanusbe-
liandlung, zur Behandlung der akuten Parese (infektiöse
Bückenmarksentzündung) beim Pferde beschrieben habe,
so wollte ich damit weder eine vollkommene noch eine ab¬
schließende Arbeit liefern: mein Zweck war hauptsächlich
der, die Möglichkeit der Lumbalpunktion und Lumbalinjek
tion weiteren tierärztlichen Kreisen bekannt zu geben und
sie au f diese Weise zum weiteren Ausbau der experimentellen
rorsclmng zu veranlassen.
Referate.
Hauptmann: Die medikamentöse Behandlung der
Samenstrangfistel des Pferdes. (Tierärztliches Zentralblatt,
1910, Nr. 5.)
Neben der Verabreichung von Jodnatrium (Darkauer
Jodsalz) gebraucht Verf. folgende Lokalbehandlung der
JSainenstrangfistel: Etwa vorhandene Wucherungen sind mit
der Schere zu entfernen, damit der Fisteleingang völlig frei
ist. Dann ist Sorge zu tragen, daß die Medikamente bis zum
Grunde des Kanales gebracht werden, da sonst die Gefahr
besteht, daß sich der Ausgang schließt, bevor das zur Aus¬
stoßung bestimmte Gewebe eliminiert worden ist, wodurch
sich oberhalb der Narbe Abszesse oder Gewebszubildungen
entwickeln können. Man bedient sich hiezu eines kleinen
Pinsels oder einer Sondenkanüle zur Injektion des Arznei¬
mittels. Als Heilmittel gebrauche man Jodtinktur oder, wo
solche nicht zum Ziele führen sollte, Wasserstoffsuperoxyd.
Führt der Fistelkanal in stark ausgebildete Granulome, so
genügen natürlich obige Mittel nicht, ebensowenig Injek¬
tionen von 01. terebinth. oder Balsam, peruv. oder konzen¬
trierten Lösungen von Ac-id. picronitric. in Glyzerin. Man
muß hier das Zentrum des Granuloms ausätzen und zwar
mit Formalin oder, was noch besser ist, mit reinem Bacillol.
Oft genügt eine einmalige Injektion zum dauernden
Verschlüsse der Fistel. In anderen Fällen bemerkt man
einige Tage nach der Injektion nekrotische Gewebsfetzen
aus der Fistelöffnung herausragend, die leicht mit einer
Pinzette entfernt werden können. Nachbehandeln mit heißem
Wasser oder Wasserstoffsuperoxyd führen stets zu rascher
Heilung.
Die Bacillol-Therapie hat sich ferner bewährt bei
anderen fistulösen Prozessen, bei Knochen- und Zahnfisteln
am Unterkiefer und bei Nageltritten. B a b u s.
Steinbrück: a) Darmstich mittels Hohlnadel;
b) Zur Therapie der Darmverlagerungen. (Berl. Tieriirztl.
Wochensehr., 1910, Nr. G.)
a) Verf. macht in jedem Fall von nur einigermaßen
starker Tympanitis beim Pferd vorn Darmstich Gebrauch,
ohne jemals nachteilige Folgen beobachtet zu haben. Seit¬
dem er einmal in Ermanglung eines Troikars eine Aderla߬
hohlnadel hiezu verwendet hat, zieht er letztere der klei¬
neren Wunde halber dem ersteren vor. Eine zur Darm¬
punktion besonders geeignete längere Hohlnadel bringt
410
H a u p I n c r unter (1er Bezeichnung „Darmkanüle“ in den
Handel. —
b) Bei einem schon 24 Stunden an schwerer Kolik
leidenden Pferd, die verschiedenen Mitteln trotzte, wurde
Längsachsendrehung der linken Kolonlagen festgestellt,
nachdem die angesammelten Gasmassen durch die Darm-
Itaniile entfernt waren. Der Versuch, die Verlagerung nach
der Jelkmann’schen Methode zu beseitigen, mißlang. Nun
wurde nach Einspritzung von 0,5 Morphium der vollständig
erschöpfte und mit hochgradiger Atemnot kämpfende Pa¬
tient gefesselt und mittels eines Flaschenzuges hinten etwa
1 Meter hoch gehoben und durch untergeschobene Häcksel¬
säcke etwa % Stunden in schräger Rückenlage erhalten.
In dieser Zeit erhielt das Tier nach und nach 36 Liter warmes
Wasser in den Mastdarm infundiert. Als man es dann auf-
stehen ließ, "war es geheilt. L i n d n e r.
Tierzucht und Tierhaltung.
Bestimmungen über die Vornahme von Milchleistungs¬
prüfungen in Bayern.
Bereits mit Beginn des Jahres 1909 wurde seitens des
bayerischen Ministeriums die Durchführung sachgemäßer
Milchleistungsprüfungen angeordnet und hiebei verfügt,
daß dieselben im Benehmen mit dem Landesinspektor für
Tierzucht alsbald in Angriff genommen werden sollen. Zur
Förderung dieser Prüfungen wurde ein Melkinstruktor mit
dem Sitze in München aufgestellt.
Die Milchleistungsprüfungen werden selbstverständ¬
lich nur bei Kühen vorgenommen, welche voraussichtlich
auf Jahre hinaus zur Zucht verwendet werden. Abmelk-
wirtschaften und solche, in welchen wenig oder gar keine
Zucht getrieben wird, kommen nicht in Betracht.
Die Gesamtergebnisse der Milchleistungsprüfungen
werden nach Abschluß eines Nutzungsjahres vom Melk¬
instruktor bearbeitet und von Zeit zu Zeit veröffentlicht.
Für die Vornahme der Prüfungen sind die folgenden
Bestimmungen maßgebend:
1. Die Milchleistungsprüfungen haben den Zweck, das Milcli-
leistungsvermögen der verschiedenen Viehschläge, einzelner Be¬
stände oder Tiere hinsichtlich Menge und Fettgehalt genau fest¬
zustellen.
2. Durch genaue Milchleistungsprüfungen sollen zahlenmäßige
Grundlagen dafür gewonnen werden, wie weit die einzelnen Vieh¬
schläge in der „Milchleistung“ vorgeschritten sind und wie weit
unter Berücksichtigung des jeweiligen Zuchtzieles, sowie der ein-
411
sehlägigen Betriebs- und Fütterungsverhältnisse in der Hebung
der Milchleistung gegangen werden kann, ohne daß die Grundlage
jeder Zucht, d. i. die Gesundheit der Viehbestände,
durch zu einseitiges Streben nach Milchleistung geschädigt wird.
3. Die Teilnahme an den Milchleistungsprüfungen ist eine
freiwillige. Berechtigt hierzu sind in der Regel nur Mitglieder
eines Zuchtverbandes oder einer Herdbuchgesellschaft und zwar
sowohl ganze Zuchtgenossenschaften (Ortsvereine) wie auch ein¬
zelne Mitglieder derselben oder Einzelzüchter.
4. Die Anmeldungen zur Teilnahme an den Milchleistungs¬
prüfungen sind an den einschlägigen Tierzuchtinspektor zu richten,
welcher hiervon den Landesinspektor für Tierzucht zu verstän¬
digen hat.
5. Bei Durchführung der Milchleistungsprüfungen innerhalb
einer ganzen Zuchtgenossenschaft hat diese für Aufstellung eines
verlässigen Melkaufsehers zu sorgen, welchem die praktische Durch¬
führung übertragen werden kann.
6. Einzelne Mitglieder einer Zuchtgenossenschaft oder Einzel¬
züchter, die sich an den Milchleistungsprüfungen beteiligen, haben
den praktischen Teil derselben selbst zu leiten.
Die rechnerische Verarbeitung der anfallenden Melk- und
Untersuchungsergebnisse und Eintragung in die vorgeschriebenen
Verzeichnisse obliegt dem Besitzer des unter Beobachtung stehen¬
den Viehbestandes. Die Unterweisung in der Führung der Ver¬
zeichnisse erfolgt durch den Melkinsjruktor.
7. Die Durchführung der Milchleistungsprüfungen geschieht
in der Weise, daß monatlich zweimal, in Abständen von etwa zwei
Wochen, die ermolkene Morgen- und Abendmilch, wo dreimal täg¬
lich gemolken wird, auch die Mittagsmilch, von jeder ein¬
zelnen Kuh genau nach dem Gewichte ermittelt wird. Die ge¬
fundenen Werte sind in das Stallbuch einzutragen.
Zur Ermittlung des Fettgehalts der Milch sind von jeder Kuh
Durchschnittsproben zu entnehmen.
Bei zweimaligem Melken können die gleichen Mengen von
Morgen- und Abendmilch zu einer Probe vereinigt werden; bei drei¬
maligem Melken wird die Milchmenge mitberechnet, der Fettgehalt
dagegen nur bei der Morgen- und Abendmilch bestimmt. Die Probe¬
gläser sind in deutlicher Aufschrift mit den Nummern derjenigen
Kühe zu bezeichnen, deren Milch die Probe entstammt. Die Melk¬
proben sind nebst einem Verzeichnis der Kühe, von welchen die
Proben stammen, an die hierfür bestimmte Untersuchungsstelle
einzusenden. (Bis jetzt haben sich bereit erklärt die Milchproben
zu untersuchen: das Milchwirtschaftliche Institut der K. Akademie
in Weihenstephan, der Milchwirtschaftliche Verein in Niederbayern,
die K. Kreisackerbauschule in Triesdorf und die Milchwirtschaft¬
liche Untersuchungsanstalt in Memmingen.)
8. Von der einwandfreien Feststellung der
Milchmenge wie von der richtigen Probe-Ent¬
nahme hängt derWert der ganzen Milchleistungs-
p r ü f u n g ab. Es ist deshalb Pflicht der Beteiligten, hier die
größte Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit walten zu lassen.
9. Die zur Vornahme der Milchleistungsprüfungen notwen¬
digen Geräte und Listen werden den Teilnehmern von den Zucht-
412
verbänden überlassen; für deren richtige Instandhaltung und Auf¬
bewahrung ist der jeweilige Inhaber haftbar.
Die zum Versandt der Milchproben nötigen Probegläser,er¬
halten die Besitzer der der Leistungsprüfung unterstellten Tiere
gleichfalls von den Zuchtverbänden. Es bleibt den Zuchtverbänden
überlassen, mit den Interessenten über die Aufstellung von Melk-
aufsehem und die Beschaffung der erforderlichen Geräte und Ver¬
zeichnisse besondere Abmachungen zu treffen.
10. Um zwischen den Milchleistungen der verschiedenen Vieh¬
schläge brauchbare Vergleiche ziehen zu können, ist eine einheit¬
liche Art der Durchführung wie des bezüglichen Rechnungswesens
erforderlich. Die Unterweisung hierin obliegt dem Melkinstruktor,
w-elcher bei Einführung der Milchleistungsprüfungen stets beizu¬
ziehen ist.
Deutsche Pferdezucht auf der landwirtschaftlichen Aus¬
stellung in Buenos Aires.
Bei der in der landwirtschaftlichen Ausstellung er¬
folgten Preisverteilung erzielten die deutschen
Pferde glänzende Resultate. Die Oldenburger
Pferde erhielten einen Championpreis, drei erste und drei
zweite Preise, die ostfriesischen Pferde einen Champion¬
preis, einen ersten und zwei vierte Preise, die holsteinischen
Pferde einen Championpreis, sowie zwei erste und zwei
zweite Preise.
Verschiedenes.
Eine neue Art der Fleischkonservierung.
Dem Professor Dr. Emmerich am hiesigen Hygienischen
Institute scheint es gelungen zu sein, mittelst eines einfachen, bil¬
ligen Verfahrens Fleisch bei jeder Temperatur zu konservieren. —
Die Tagespresse teilt das Folgende mit: Dr. Emmerich demon¬
strierte jüngst sein Verfahren vor einer großen Zahl Sachverstän¬
diger. Er entnahm einem Holzfasse Schweinefleisch, das seit dem
15. Februar d. Js., also 3% Monate, im geheizten Zimmer und am
11. und 12. Mai bei 36° C. gestanden hatte. Das Fleisch war völlig
frisch, von soeben geschlachtetem kaum zu unterscheiden und —
wie die bakteriologische Untersuchung ergab — keimfrei. Blut.
Knochen und Knochenmark hatten genau das Aussehen wie beim
frisch geschlachteten Tier. Die Kostprobe ergab, daß das so lange
nufbewahrte Fleisch vorzüglich schmeckte. Das Verfahren, welches
keine besonderen kostspieligen Anlagen oder Maschinen erfordert
und in jedem größeren modernenMetzgereibetrieb ausgeübt werden
kann, w r ird, wie nachstehend angegeben ausgeführt:
Das durch Schlachten betäubte und dann geschachtete Tier
wird nach Entfernung des Kopfes, der unteren Extremitäten
und der Eingeweide, einer leicht und rasch ausführbaren Aus¬
spülung der Blutgefäße unterzogen; dadurch werden die Haupt-
blutgefüßwpge, durch die sonst das Eindringen der Fäulnisbakterien
in das Fleisch erfolgt, für diese ungangbar gemacht. Diese Aus¬
spülungs-Flüssigkeit besteht aus gewöhnlicher verdünnter Essig¬
säure-Lösung, wie sie täglich im Haushalt verwendet wird. Die
413
Lösung bleibt nicht in den Blutgefäßen, sondern entleert sich wieder
aus ihnen.
Das so behandelte Tier bleibt dann bis zur Auskühlung einige
Zeit — je nach der herrschenden Temperatur bis 24 Stunden — im
Schlachtraum hängen. In reiner, trockener Luft, durch Fliegen¬
netze wirksam geschützt, hält sich jetzt das Fleisch' auch unter
höheren Temperaturen einwandfrei vier Wochen und länger.
Für monatelange Aufbewahrung, ohne jeden Gewichtsverlust,
empfiehlt sich aber folgende Behandlung: Die Tierhälften werden
in noch kleinere Stücke (Schlegel, Rücken, Bug) zerteilt und in
passende Gefäße (öldichte Holzfässer, verzinnte Tanks oder dergl.)
verpackt, die mit Dampf gereinigt worden sind. Die entstehenden
größeren Hohlräume können durch Beipackung von Stücken von
Kleintieren (Hammeln, Schweinen) ausgenützt werden. Die noch
verbleibenden Zwischenräume werden zum Schutze der Fleisch¬
oberflächen mit Sesamöl oder anderen geeigneten ölen oder Fetten
ausgegossen. Eine einwandfreie Substanz, die in ganz geringem
Verhältnis dem öl oder Fett zugesetzt wird, schützt dieses sowohl
als die Fleischoberflächen vor Zersetzung.
Von den der Verpackung zur Verwendung entnommenen
Fleischstücken läßt man das öl ablaufen und entfernt die dann
noch daran haftenden ölspuren sorgfältig mit dem Messer, mit
einem trockenen Tuch oder mit Saugpapier. Das so aufbewahrte
Fleisch ist auch nach Monaten im Geruch, Geschmack, Gewicht und
Aussehen von frisch geschlachtetem Fleisch kaum zu unter¬
scheiden. —
Von anderer Seite wird zur Fleischkonservierung das nach¬
stehende Verfahren empfohlen: Man legt die von blutigen Sehnen
befreiten, ungewaschenen Fleischstücke, geputzt und zum Ge¬
brauch zugeschnitten, in gut gesäuberte Emaille- oder Tongefäße
und zwar große und kleine Stücke nebeneinander, um den Platz
möglichst auszufüllen, oder schichtenweise in der Reihenfolge wie
man sie nacheinander für den Speisezettel verwenden will. Dieses
Fleisch begießt 1 man nun mit ausgelassenem, aber ausgekühltem
Rindertalg, der sich um das Fleisch herumlegt und, hart geworden,
die Stücke luftdicht umschließt. Dadurch wird das Fleisch vor dem
Verwesen geschützt und lange Zeit frisch erhalten. Sauber und
sorgfältig eingetalgt, gleicht es noch nach einem Monat im Ge¬
schmack, Geruch und Aussehen durchaus dem frischen Fleisch.
Zu beachten ist nur, daß, sobald man ein Stück herausniramt, auch
nicht das geringste Stückchen vom zurückbleibenden Fleisch der
Luft ausgesetzt werde; deshalb deckt man die etwa bloßliegenden
Stückchen sofort mit flüssigem Talg wieder zu. (Münch. Neueste
Nachrichten.)
Die Errichtung eines Landesveterinäramtes und eines stän¬
digen Beirates für das Veterinärwesen in Preußen.
Die bisherige „Technische Deputation für das Vete¬
rinärwesen in Preußen“ wird vom 1. Juli dieses Jahres an
in die zwei oben genannten Körperschaften getrennt werden.
Die Aufgaben für das Landesveterinäranit sind die gleichen
wie sie früher der Deputation zugewiesen waren. Neu dazu¬
gekommen ist: Tierärztliches Unterriehtswesen, Heilkunde,
414
Seuchenbekämpfung und Fleischbeschau. Der ständige Iiei-
rat, in den auch Nicht-Tierärzte einberufen werden können,
hat Fragen aus dem Gebiete der Veterinärverwaltung,
namentlich die über Anwendung und Ausführung des Vieh¬
seuchengesetzes zu erlassenden Vorschriften zu erörtern und
zu begutachten.
Verlegung der Tierärztlichen Hochschule Stuttgart nach
Tübingen.
Im Finanzausschüsse der zweiten württeinbergischen
Kammer kam jüngst die geplante Verlegung der Tierärzt¬
lichen Hochschule nach Tübingen zur Verhandlung. Der
Finanzausschuß erklärte sich für die Verlegung der Hoch¬
schule nach Tübingen und Angliederung derselben an die
dortige Universität.
Inskriptions-Ergebnis an der Tierärztlichen Hochschule
München pro Sommer-Semester 1910.
Für das laufende Semester wurden 267 Studierende
(hierunter 33 Fachprüfungs-Kandidaten) und 60 Hörer
(50 Studierende der Universität und Technischen Hoch¬
schule und 10 selbständige Personen), sohin in Summa 327
immatrikuliert. Neu eingetreten sind 47 Studierende und
zwar 15, die das Fachstudium beginnen, und 32, die von
anderen Tierärztlichen Hochschulen hieher übergetreten
sind. — Nach Nationalitäten ausgeschiedeu entfallen auf
Bayern 220, Preußen 53, Württemberg 5, Königreich
Sachsen 4, Baden 12, Hessen 3, Sachsen-Meiningen und
Oldenburg je 2, Braunschweig und Mecklenburg-Schwerin
je 3, Sachsen-Koburg, Anhalt, Reuß j. L. und Elsaß-Loth¬
ringen je 1; ferner auf Österreich-Ungarn 3, Bulgarien 7,
Rußland und Serbien je 2, Nordamerika und Rumänien je 1.
Von den bayerischen Studierenden besitzen 160 das Reife¬
zeugnis eines humanistischen oder Realgymnasiums, 11 das
einer Oberrealschule; aus den übrigen deutschen Staaten
63 das Reifezeugnis eines Gymnasiums und 14 das einer
Oberrealschule.
T richinenschau.
Nunmehr hat am 23. Mai das Gemeindekollegium in
E i c h s 1 ä 11 dem Magistratsbeschlusse, die obligatorische
Trichinenschau einzuführen, z u g e s t i m m t.
Nachdem der Stadtmagistrat Dinkelsbühl die
Lieferung von ununtersuchlem Schweinefleisch für das
städtische Krankenhaus und Spital untersagt und dem
liefernden Metzger gekündigt hat, erklärte sich dieser he-
41b
reit, die Trichinenschau bei seinen Schweinen vornehmen
zu lassen. Böhm.
Personalien.
Wohnsitzveränderung: Hoerning Martin aus
München als Assistent nach Prien am Chiemsee.
Approbationen: In Dresden: die Herren F r o e b e 1
Paul aus Schnellbach, Haupt Herbert aus Dresden und Kohl
Julius aus Fürnried; in München: die Herreu B o b e f f Christo aus
Sewliewo (Bulgarien), Buchmiller Julius aus Riedensheim,
D e m m e 1 Karl aus Wunsiedel, E k 1 u n d Karl aus Aggebygut
(Finnland), H i 1 z Karl aus München, Kießewetter Hans aus
Freudenberg a. M., Wagner Hans aus München, Wörthmüller
Joseph aus Gundelfingen.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Bern: die Tierärzte
Grebe Friedrich in Bonn, Otto Hermann in Neubrandenburg;
in Zürich: die Tierärzte Becker Wilhelm in Elberfeld, S e i 11 e r
Max in Stuttgart.
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hat .sich nach den Gutachten von über 100 Tier¬
ärzten „Bissulin“ glänzend bewährt. Anwendung
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H. Trommsdorff, ehern. Fabrik, Aachen 31.
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Ö Uilgtvl J. 1x31 dl h 1; Bezirkstierarzt tätig (gr. Fleischbeschau
in Schlachthof und Bezirk), sucht bis anfangs August bleibende
Stellung an einem Schlachthof oder Assistentenposteu bei
einem Tierzuchtinspektor. Offert, unter A. K. 1ÖO befördert die
Expedition des Blattes.
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von einem Bezirkstierarzt gesucht. Off. unter X. an die Exped.
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silber-, Wismnthverbindnngen etc., ferner Tuberkulin
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Münchener
SJ V
[früher: Wochenschrift für Tierheiltnmie und Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 21. Juni 1910. Nr. 25.
Inhalt: Orieinalartikel: Jölink: Anteflexio uteri bei einer
Stute. — Wöhner: Mitteilungen aus der Praxis. — Schwind:
Verfahren bei der Reposition des vorgefallenen Uterus. —
Schaffer: Ein interessanter Fall von Kalbefieber. — Referate:
Dr. Reuß: Die Wirkung der Kohlensäure auf die Atmung der
niederen Wirbeltiere, insbesondere der Fische. Haase: Zur
chirurgischen Behandlung der Aktinomykose des Rindes. Kry-
nitz: Ist die Poikilozytose ein pathognostisches Merkmal der
perniziösen Anämie? Hauptmann: Uber die thermische Tuber¬
kulin-Injektion bei Rindern, welche wiederholt und gleichartig
tuherkulinisiert werden. Koppitz: Vergiftung durch Chilisal¬
peter. Schnöller: Uber Neogen-Präparate. — Tierzucht und
Tierhaltung: Fütterungsversuche mit Milchkühen. Vieh¬
verwertung. — Verschiedenes: Promotionsrecht. Anstel¬
lungsverhältnisse der Schlachthoftierärzte. Rheinische Pferde-
und Vieh-Versicherungsgesellschaft a. G. in Köln a. Rh. Frequenz
an der Tierärztlichen Hochschule Hannover pro Sommersemester
1910. — Bücherschau. — Personalien.
Anteflexio nteri bei einer Stnte.
Von M. Jöhnk, Berne (Oldenburg).
Ein in den Lehrbüchern derGeburtshilfe meines Wissens
bisher nicht erwähntes Geburtshindernis beim Pferde bildet
die Anteflexio Uteri (Versio uteri nach Tapken). Einen
von mir behandelten Fall veröffentliche ich, weil nach dem
von mir geübten Verfahren die Entwicklung des Fötus
ohne Schaden für die Mutter gelang.
Vom Hausmann 1). II. in Hiddigwarden wurde ich zur
Hilfeleistung bei einer drittgebärenden Oldenburger Stute
mit der Anamnese ersucht, das Fruchtwasser sei schon vor
13 Stunden abgegangen, ein Fohlen könne aber nicht gefühlt
werden.
Untersuchung: Das Muttertier zeigte nur wenig
Wehen, die Vulva erschien relativ klein, Eihautteilo waren
außerhalb derselben nicht sichtbar. Bei der internen I nter-
418
suchung fühlte die bis zur Hälfte des Unterarms eingeführte
Hand außerhalb der rechten Scheidenwandung einen harten
Körper. Die Scheide selbst erscheint enger als erwartet
werden konnte, vom Fötus ist nichts zu fühlen. Der außer¬
halb der rechten Vaginalwand fühlbare Körper stellt sich
bei näherer Untersuchung als Huf heraus. Bei weiterer
Einführung der Hand werden energische Bewegungen des
Fötus und die Karpalgelenke ermittelt. Es handelte sich
somit um Vorderbeine. Im Uteruskörper, an seiner Schleim¬
haut deutlich vom Zervix zu unterscheiden, befindet sich ein
geringer Teil der Eihäute, vom Fohlen ist aber immer noch
nichts zu fühlen. Vagina und Uteruskörper scheinen dorso-
ventral etwas zusammengedrückt zu sein. Nach Einführung
des ganzen Armes wird ermittelt, daß die untere Uterus¬
wand mit einem scharfen Rand abschneidet, während die
obere Wandung der Gebärmutter hier gerade mit den Finger¬
spitzen zu erreichen ist. An dem erwähnten scharfen Rande
setzt sich die Uteruswandung in ventraler bezw. kaudaler
Richtung fort, gleichsam als ob die Gebärmutter an dieser
Stelle nach unten und nach hinten (ventralwärts) umge¬
knickt wäre. Unmittelbar vor und unter dem scharfen Rande
ist ein Ellbogen des Fohlens zu palpieren; trotz genauester
Untersuchung konnte ich nichts über die Lage des Kopfes
bezw. der Hintergliedmaßen ermitteln.
Aus diesem Befunde schloß ich folgendes: Da außer¬
halb der rechten Scheidenwandung beide Hufe bezw. Kar-
pal-Gclenke abzutasten waren, so wird ventral von dem
einen palpierten Olekranon der zweite gelagert sein. Es
muß sieh somit um Bauchquerlage mit Anteflexion des
Uterus handeln.
Aller Wahrscheinlichkeit nach mußte eine Entwick¬
lung des Fohlens unmöglich erscheinen. Ein Versuch, die
Geburt zu bewerkstelligen, sollte nach Narkotisierung der
Stute und nachdem der Hinterteil hochgehoben worden war
(diese „Wochenschrift“, 1909, Nr. 30) vorgenominen werden.
I >em Besitzer der wertvollen Stute erklärte ich aber aus¬
drücklich, daß es sich nur um den Versuch, die Geburt
zu beenden, handeln könne.
Um die Verantwortung für den voraussichtlichen Mi߬
erfolg nicht allein tragen zu müssen, wurde auf meine Ver¬
anlassung von Wahl de sen.-Berne, ein in der Pferde-
gehurtshilfe sehr erfahrener Kollege, zugezogen. Herr Kol¬
leg»* v o n Wa h 1 <1 e bestätigte den oben beschriebenen Be¬
fund bezüglich der Lagerung der Vordergliedmaßen außer¬
halb der rechten Scheidenwandung, vom Fötus selbst ver-
419
mochte er jedoch überhaupt nichts zu fühlen. Eine
Geburt des Fohlens hielt er nicht für möglich.
Die Ausführung der Narkose fand nach der mir von
Herrn Prof. Dr. Albrecht empfohlenen kombinierten
Morphium - Chloroform - Methode statt, dergestalt, daß 0,G
Morph, mur. subkutan injiziert wurden. Die Stute wurde
auf die linke Seite niedergelegt und dann durch Chloro¬
form-Inhalation soweit betäubt, bis eine allgemeine Er¬
schlaffung der Muskulatur bei noch vorhandenem Korneal-
reflex eingetreten war. Erst dann wurde die Stute mit dem
Hinterteil hochgezogen, in der Weise, wie ich es bereits
einmal (1. c.) beschrieben habe. Die Leitung der Narkose
übernahm Herr Kollege von Wahlde. Erwähnen möchte
ich, daß das Exzitationsstadium heftig, aber sehr kurz war.
Nachdem die Hinterhand des Pferdes hochgehoben
war, ging ich in die Geburtswege ein und drückte mit den
Händen die außerhalb der Scheide befindlichen Gliedmaßen
soweit als möglich in der Richtung nach der Bauchhöhle
zurück. Es gelang dies verhältnismäßig leicht, weil die
Wehen aufgehoben waren und weil der Druck der Hand
durch die Schwere des Fötus wesentlich unterstützt wurde.
An der umgeknickten Uteruswand konnte jetzt der Unterarm
des Fohlens bis zu seinem unteren Drittel und außerdem der
Angesichtsteil des Kopfes palpiert werden. Da die von mir
bei Geburtshilfen benützte Schutzkleidung eine genügend
weite Einführung des Armes verhinderte, legte ich sie ab.
Mit dem linken Arm ging ich in die Geburtswege ein
und suchte den Kopf unter der vorspringenden Uteruswand
hervorzuziehen. Nach einigen Versuchen gelang es mir, die
Hand über Nase und Kinn zu legen und diese Partie all¬
mählich über die umgeknickte Stelle hinüberzuschieben. Der
Unterkiefer kam damit gerade auf den scharfen Uterusrand
zu liegen. Der Versuch, einen langen Haken in den Kinn¬
winkel einzusetzen mißlang, weil der Unterkiefer mit dem
Instrument nicht zu erreichen war. Dagegen bereitete es
nur geringe Schwierigkeiten, einen kurzen mit einem Strick
versehenen Haken im Kinnwinkel anzubringen. Durch lang¬
samen Zug wurde der ganze Kopf und ein kleiner Teil des
Halses über den vorspringenden Gebärmutterrand gezogen,
der infolge dessen etwas weiter kaudalwärts verschoben er¬
schien.
Ich suchte nun die zunächstgelegene (rechte) Vorder¬
gliedmaße, deren Karpalgelenk jetzt an der Knickungsstelle
zu fühlen war, auf und drückte sie zurück, um zugleich die
Hand am Schenkel abwärtsgleiten zu lassen. Dieses Spiel
420
wiederholte ich solange, bis das Fesselgelenk erreicht war:
unter Zusammendrückung der ganzen Extremität konnte
schließlich der Zehenteil des Fußes über den vorspringenden
Uterusteil gehoben bezw. gezogen werden. Ich ließ den Kopf
jetzt etwas anziehen und leitete dann den anderen (linken)
Vorderschenkel in der gleichen Weise in’s Becken ein; diese
Arbeit bereitete weit größere Schwierigkeiten als die Hal¬
tungsberichtigung des rechten Schenkels. Kopf und Beine
wurden dann durch Zug völlig in’s Becken eingeleitet. Hie
Stute wurde hinten niedergelassen und die Chloroform-In¬
halation ausgesetzt. Durch die Zugkraft von 5 Männern
konnte jetzt das tote Fohlen entwickelt werden.
Trotz genauester Untersuchung konnte eine Ver¬
letzung der Geburtswege nicht nachgewiesen werden. Eine
halbe Stunde nach Beendigung der Geburt erhob sich die
Stute. Sie nahm in den nächsten Stunden außer Hafer und
Brot viel Wasser zu sich. 10 Stunden post partum entfernte
ich manuell die nicht ausgestoßenen Eihäute und irrigierte
die ganze Uterushöhle mit warmer Therapogenlösung. Der
Uterus hatte jetzt normale Lage.
In den nächsten Tagen ließ das Tier keinerlei Krank
heitserscheinungen erkennen; da die Futter- und Getränk-
aufnahme fortgesetzt gut war, wurde das Tier am 6. Tage
auf die Weide gebracht. Als sich dasselbe am 12. Tage rossig
zeigte, wurde es einem Hengste zugeführt.
Die Menge des verbrauchten Chloroforms betrug
150 ccm, das Exzitationsstadium war — wie schon erwähnt
— heftig, aber auffallend kurz, wahrscheinlich infolge der
vorausgegangenen Morphium-Injektion. Das Fohlen hatte
anfänglich noch Lebenszeichen von sich gegeben, bei Aus¬
führung der Lageberichtigung war es aber schon tot.
In der Literatur fand ich die gleiche Lageveränderung
von Tapken beschrieben (Monatshefte f. prakt. Tierheil¬
kunde, Bd. XVIII, pag. 151). Von 5 beobachteten Fällen
endigten alle letal für Muttertier und Fohlen. In 2 Fällen
vermochte Tapken die Föten zu entwickeln, während dies
in 2 anderen Fällen nicht möglich war. über den 5. Fall
fehlen diesbezügliche genaue Angaben. Aus dem Umstande,
dajl nur der eine Metakarpus mit den Fingerspitzen erreicht
werden konnte, ist zu schließen, daß die Entwicklung des
Füllens ebenfalls nicht möglich war, um so mehr, als bereil'
vor T a p k c n's Eintreffen zwei Kollegen vergeblich die
Geburt zu vollenden versucht hatten.
Erwähnenswert dürfte cs noch sein, daß v. Wall 1 d e-
Berne (mündliche Mitteilung) in 48jähriger Praxis achtmal
421
die vorwürfige Lageveränderung beobachtete. In einem Falle
vermochte v. W. die Geburt ohne Schaden für das Mutter¬
tier zu vollenden. In zwei Fällen wurden die betreffenden
Stuten, nach vergeblichen Versuchen die Fohlen zu ent¬
wickeln, geschlachtet; in den übrigen Fällen wurde auf
jeden Versuch verzichtet und die Muttertiere der Schlacht¬
bank zugeführt.
Bezüglich der Entstehung dieses eigenartigen Geburts¬
hindernisses habe ich mir folgende Ansicht gebildet: Das
im graviden rechten Uterushorn befindliche Fohlen befand
sich in hinterer Geradlage und in unterer Stellung (intra¬
uterine Lage und Stellung), dabei die Vorderbeine bis in’s
Eierstocksende des Hornes steckend. Durch die Wehen ging
die gebeugte Haltung der Frucht allmählich in eine ge¬
streckte über, gleichzeitig erfolgte auch eine Rotation des
Fötus um seine Längsachse. Das Moment der Streckung
und der Rotation in Verbindung mit einer weiteren, unbe¬
kannten Ursache bedingten eine Annäherung des Eierstocks¬
endes an das Becken, aus der dann schließlich die Ante-
tlexion um zirka 180 0 hervorging, die ihrerseits die Bauch¬
querlage bedingte. —
Ob meine Anschauung zutreffend ist, möge ein Be¬
rufenerer entscheiden.
Mitteilungen ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt Wohn er, Hornbach.
1. Torsio uteri der Kuh infolge eines Stoßes.
Eine 38 Wochen tragende Kuh war an der Tränke von
einer anderen heftig in die Flanke gestoßen und zu Boden
geworfen worden. Die Kuh bekam kurz darauf leichte und
nach einigen Tagen starke kolikähnliehe Anfälle. Inner¬
liche Gaben von Chloralhydrat verschafften Linderung,
doch blieb die Freßlust eine geringe. Die manuelle Unter¬
suchung durch den Mastdarm und die Scheide wurde.zwei¬
mal vorgenommen, doch konnte eine Gebärmutterdrehung
nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Nach 5 Tagen trat
bedeutende Umfangsvermehrung und Druckempfindlichkeit
des Hinterleibes neben geringgradiger Blähsucht ein; der
Kotabgang sistierte vollständig, die Futteraufnahme war
sehr gering. Die Kuh wurde jetzt geschlachtet und ergab
die Fleischbeschau eine einmalige Drehung des Gebärmutter¬
halses mit ausgebreiteter Entzündung der Gebärmutter¬
wandungen und des Bauchfells. In der Bauchhöhle waren
zirka 10 Liter blutig-seröser Flüssigkeit.
422
2. Zerreißung der S ch e i d e mit Darmvorfall.
Die fragliche Kuh war mit habituellem Prolapsus va-
ginae behaftet. Da eine böswillige Verletzung durch Men¬
schen nach Aussage des Besitzers ausgeschlossen war, dürfte
wohl nachts ein nebenstehendes Tier durch Treten auf die
Scheide die Zerreißung herbeigeführt haben. Bei meiner
Ankunft w r ar die Kuh bereits verendet. Aus der Scheide
hing, ähnlich einem Uterusvorfall, der Dünndarm, blutig
durchtränkt. Die Gedärme waren stark verschwollen und
das Gekröse von daumendicken Blutsträngen durchzogen.
3. Chirurgisches.
Bei einer Kuh entfernte ich mit der Drahtsäge aus
der Scheide ein am Muttermund sitzendes Myofibrom im
Gewicht von 8 Pfund, 32 cm Länge und 36 cm Umfang.
Nachdem die ungefähr handbreite Basis der Geschwulst
ohne besondere Blutung durchsägt w'ar, konnte man den
Tumor erst nach erfolgter Halbierung aus dem eng anlie¬
genden Scheidenrohr entfernen. —
Ein Pferd verletzte sich an der Pflugschar den rechten
Hinterfuß hart unter dem Kötenschopf. Die Wunde war
8 cm lang und hatte die Sehnenscheide des Kronbeinbeugers
sowie einen Ast der Schienbeinarterie durchschnitten. Be¬
handlung: Desinfektion, Unterbindung des Gefäßes, Tan no¬
formverband, Naht; tägliche Waschungen mit l%igcr Sub¬
limatlösung. 14 Tage lang war am abgenommenen Verbände
jeden Tag noch zirka 2 Eßlöffel voll eingedickter Sehnen¬
scheidenflüssigkeit zu bemerken. Nach weiteren 14 Tagen
sistierte die Absonderung und trat Wundverschluß ein.
10 Tage später brach die Narbe wieder auf, auch bildete
sich über dem Kötengelenk ein talergroßer Abszeß. Das
Pferd zeigte stärkeres Lahmen als zu Beginn der Erkran¬
kung. Jetzt wurde Ungt. cantharid. cingerieben und nach
3 Wochen Schließung der Verletzung und des Abszesses mit
vollkommener Bewegungsfähigkeit des Fußes erzielt.
Verfahren bei der Reposition des vorgefallenen Uterus.
Von Distriktstierarzt Schwind, Gcssertshausen.
Während meiner persönlichen Vorbereitung zur Hilfe¬
leistung (Umziehen, Desinfizieren etc.) lasse ich bei Platz¬
mangel die Nachbarkühe entfernen, den vorgefallenen frag-
423
sack vor Beschmutzung und Verletzungen schützen und mit
kaltem Wasser begießen, sowie für das Herbeisehaffen eines
fast in jedem Haushalte vorhandenen Back- oder Mörtel¬
troges, eventuell eines Schweine-Brühtroges Sorge tragen.
Ist der Stallboden sehr abschüssig, so wird das Tier
verkehrt aufgestellt. Liegt die Kuh, so suche ich sie durch
irgend eines der zu Gebote stehenden Mittel zum Aufstehen
zu bringen. Für einen Moment habe ich sie noch stets zum
Stehen gebracht. Dann lasse ich rasch den umgestürzten
Trog quer unter den Bauch schieben und erhöhe ihn —
wenn es erforderlich ist — durch daraufgelegte Strohbündel.
Die Kuh legt sich dann gewöhnlich von selbst oder ich
zwinge sie dazu durch Abbiegen der Vorderfüße und Nieder¬
drücken des Kopfes.
Die Reposition des mit öl schlüpfrig gemachten Trag¬
sackes gelingt nun äußerst leicht. Die eigentliche Desinfek¬
tion nehme ich erst vor, wenn der Uterus zurückgestülpt ist.
Ich habe gefunden, daß das Repositionsgeschäft dann viel
leichter vor sich geht; denn alle Desinfizientien reizen und
erzeugen infolge dessen unbequeme Wehen.
Durch diese Maßnahmen — erhöhte Lagerung des
Hinterteiles, Einölen und Nichtgebrauch der reizenden Des¬
infizientien — fällt die sonst erforderlicheGewaltanwendung
und dadurch bedingte Quetschung der Karunkeln und der
Gebärmutterschleimhaut fort, gegen die besonders Primi¬
parae sehr empfindlich sind. —
Ein Interessanter Fall von Kalbefieber.
Von Distriktstierarzt Schaffer, Dietramsried.
Eine Kuh kalbte morgens um 4 Uhr; um 8 Uhr be¬
obachtete der Besitzer die ersten Anzeichen des Milchfiebers
und ließ mich holen. 1 Stunde später lag die Kuh bereits
regungslos auf dem Boden und war, als ich um 1 Uhr ein¬
traf, anscheinend dem Verenden nahe, weshalb sofort eine
Behandlung in der bekannten Weise eingeleitet wurde. Um
4 L hr erhob sich das Tier und suchte im Barren nach Futter;
während der Nacht wurde Wiederkauen beobachtet. Am
andern Tag morgens 5 Uhr abermalige Erkrankung, um
8 Uhr vollständige Parese, um 10 Uhr Jodkali-Luft-Behaml-
lung, um 12 Uhr erhob sich die Kuh, begann zu fressen und
kaute sehr" häufig wieder. Die Besserung hielt bis zum
Morgen des dritten Tages an, dann erfolgte plötzlich wieder
ein Rückfall. Um 7 Uhr früh Luft-.lodkali-Therapie, wo¬
rauf das Tier im Laufe des Vormittags aufstand und Futter
424
zu sich nahin. Diese anscheinende Genesung: hielt nur bis
nachmittags 4 Uhr an, dann trat rasche Verschlimmerung
ein. Um 6 Uhr Behandlung wie bisher; sehr rasche Besse¬
rung; Wasser- und Futteraufnahme: Am vierten Tage vor¬
mittags abermalige Lufteinblasungen, da wiederum voll¬
ständige Lähmung eingetreten war. Nachmittags war das
Tier wieder hergestellt. Am fünften Krankheitstage er¬
folgte mittags der (5. Rückfall; nachmittags 4 Uhr Behand¬
lung mit Luft. Nachts 9 Uhr erhob sich das Tier und war
munter; plötzlich gegen 11 Uhr begann es zu schwanken,
fiel zu Boden und mußte sofort notgeschlachtet werden.
Referate.
Dr. H. R e u B: Die Wirkung der Kohlensäure auf die
Atmung der niederen Wirbeltiere, insbesondere der Fische.
(Aus dem biolog. Institute der Tierärztl. Hochschule.)
Verfasser, wissenschaftliches Mitglied der K. B. Bio¬
logischen Versuchsstation in München, machte an der Tier¬
ärztlichen Hochschule umfassende Untersuchungen über den
im Titel genannten Gegenstand.
Aus den Ergebnissen der Versuche konnte R. die fol¬
genden Schlüsse ziehen:
1. Die Kohlensäure ist wie bei den höheren Wirbel¬
tieren in größeren Konzentrationen auch für die Fische
ein Gift.
2. Das Bild der Kohlensäure-Einwirkung ist bei allen
Wirbeltieren gleich, es tritt als erstes Symptom eine Er¬
höhung der Atemgröße ein; dieAtmung nimmt dyspnoisehen
Charakter an.
3. Diese Kohlensäurewirkung läßt sich auch am narko¬
tisierten Fisch dartun.
4. Unter der Einwirkung erhöhter Sauerstoffzufuhr
läßt sich auch beim Fisch Apnoe erzielen.
5. Bei allen Wirbeltieren wird die Atmung in gleicher
Weise durch das Atemzentrum reguliert und zwar nicht auf
reflektorischem Wege durch periphere, sondern durch che¬
mische Reize mittelst der durch das Blut zugeführten Stoffe.
A.
Haase: Zur chirurgischen Behandlung der Aktino-
mykose des Rindes. (Berl. Tierärztl. Wochenschrift, Nr. «,
191«,)
Die Entwicklung der Aktinom vkes-Kolonien in den
Hohl räumen und Lücken des Gewebes erfolgt um so aus-
425
giebiger und rascher, je weniger die Gewebsstruktur infolge
ihres lockeren Gefüges ein Hindernis bildet. So kommt es
in den Kehlgangsdrüsen und in der Lunge zu exzessiver
Wucherung, während z. B. in straffer Muskulatur die Herde
oft nur erbsengroß werden und frühzeitig der Nekrose an¬
heimfallen.
Die Möglichkeit, das Wachstum mechanisch behindern
zu können, ist für die Therapie von Wichtigkeit. Soweit es
der Sitz der Krankheitsherde zuläßt, wird durch häufige Ein¬
reibung mit zusammenziehenden Mitteln eine Gewebsver-
dichtung herbeigeführt. Am einfachsten ist dies zu er¬
reichen durch mehrfach wiederholte Anwendung von Ungt.
Cantharid.; langsamer wirken Ol. Lauri und Jodsalben.
Scharfe Einreibung führt fast immer zum Schwund der
Tumoren ohne Eiterung, wenn die Geschwülste noch frisch
und höchstens apfelgroß sind. Sind sie älter und weisen sie
vielleicht schon Fistelkanäle auf, so erzielt man mit der
Applikation von Arsenik in Stückchen noch gute Erfolge.
Verf. verwendete früher stets Stückchen von 2 g. l)a es je¬
doch in einzelnen Fällen zu Abmagerung und in einem Fall
zu Sterilität kam, begnügt er sich jetzt mit solchen von
0,5—1,5 g, die gut vertragen werden. Die Applikation ge¬
schieht in der Weise, daß hinter der Geschwulst ein Ein¬
stich gemacht und das Arsenikstück in den Stichkanal ein¬
geführt wird. Binnen 8—14 Tagen bildet sich dann zwischen
Tumor und gesundem Gewebe eine demarkierende Entzün¬
dung aus. Das Entzündungsgewebe ist von feuerschwamm¬
ähnlicher Konsistenz und weiß-gelber Farbe; cs verfällt
schließlich samt dem cingeschlossenen Aktinomykom der
Nekrose und so kommt nach 3—1 Monaten die ganze Masse
zur Abstoßung. Die zurückbleibende Wunde heilt ohne wei¬
teres Zutun. Arseniksalbe (1:3) und x /> —l%iger Arsenik¬
essig — dieser wird in die Fistelkanäle bezw. in die gespal-
tenenTumoren eingespritzt — wirken wesentlich unsicherer.
Innerliche und äußerliche Jodbehandlung hat Verf. voll¬
ständig verlassen, weil die Heilresultate nicht befriedigten,
das Verfahren zu teuer war und zuweilen unangenehme
Nebenwirkungen auftraten.
Krynitz: Ist die Poikilozytose ein pathognostisches
Merkmal der perniziösen Anämie? (Zeitsehr. f. Veterinär¬
kunde, 1910, I.)
Verf. hatte ein Pferd in Behandlung, das klinisch die
typischen Erscheinungen der in der betreffenden Gegend
häufig vorkommenden perniziösen Anämie zeigte. Gegen die
426
Sicherheit der Diagnose sprach nur der Umstand, daß mehr¬
fach vorgenommene Blutuntersuchungen nur eine hoch¬
gradige Anämie, aber keine Form Veränderung der Erythro¬
zyten erkennen ließen; erst eine 6 Stunden vor dem Tode
entnommene Blutprobe zeigte ausgesprochene Poikilozytose.
Es ist deshalb die Frage berechtigt, ob bei perniziöser An¬
ämie der Pferde die Gestaltsveränderung der roten Blut¬
körperchen difi’erentialdiagnostisch von Bedeutung ist und
geradezu als pathognostisch angesehen werden darf, wie dies
von verschiedenen Autoren behauptet wird. L i n d n e r.
Hauptmann: Über die thermische Tuberkulin-
Injektion bei Rindern, welche wiederholt und gleichartig
tuberkulinisiert werden. (Tierärztliches Zentralblatt, 1910,
Nrn. 9—12.)
Auf Grund eingehender, sehr interessanter Unter¬
suchungen kommt Verf. zu folgenden Schlüssen:
1. Die bisher aufgestellten Regeln für die Beurteilung
der Temperaturveränderungen nach der Injektion des Koch-
schen Tuberkulins gelten nur für Rinder, welche der dia¬
gnostischen Prüfung mittelst Tuberkulin noch nicht unter¬
worfen wurden.
2. Bei mehrfachen Wiederholungen der Tuberkulin¬
probe in Intervallen von 2—10 Monaten ist die Wahrschein¬
lichkeit des allmählichen Erlöschens der Reaktionsfähigkeit
größer als die stete oder auch nur zeitweise Wiederkehr des
ursprünglichen Reaktionsvermögens.
3. Tuberkulinempfindlichkeit ist nach Ablauf von mehr
als 7—10 Monaten nach einer positiven Reaktionsimpfung
eher zu gewärtigen als nach kurzfristigerenWiederholungen.
4. Die Zahl der reagierenden Rinder vermindert sich
in der Regel mit der Zahl der Tuberkulin-Injektionen und
zwar im geraden Verhältnisse zu der Zahl der erfolgten In¬
jektionen.
5. Auch die Stärke der thermischen Reaktion ver¬
ringert sich mit der Zahl der Injektionen. Verstärkte Re¬
aktionen treten zwar auf; ihre Zahl reduziert sich jedoch
nach wiederholten Injektionen.
(). Das Ausbleiben einer erwarteten Reaktion besagt
noch nicht den dauernden Verlust der Tuberkulinempfind-
lichkeit, besonders wenn die Verabreichung des Tuberkulins
einer typischen Reaktion in kurzer Frist gefolgt war.
7. Die dauernde Unempfindlichkeit gegen Tuberkulin
tritt meist nach 3—4 Injektionen ein, wenn dieselben in
kürzeren Zwischenräumen einander folgten und wenn mit
427
den Injektionen nach erlangter Unempfindlichkeit in der
gleichen Weise fortgefahren wurde.
8. Tuberkulin ist diagnostisch wertvoll, wenn es nur
selten und in längeren Zwischenräumen als 10 Monate be¬
nützt wird,Tuberkulin wirkt dagegen reaktionsabstumpfend,
wenn man es in kürzeren Pausen (2—6 Monate) häufiger
wiederholt. Das Verschwinden der Reaktion begünstigen
kleinere Dosen (0,4) von Tuberkulin, während für die
Sicherheit der Reaktion größere Gaben vorteilhafter sind.
9. Für das Verhalten der Tiere gegen wiederholte
kleinere Dosen scheint die Ernährung nicht ohne Bedeutung
zu sein, während die Rassenunterschiede kaum in Betracht
kommen.
Koppitz: Vergiftung durch Chilisalpeter. (Tier¬
arzt]. Zentralblatt, 1910, Nr. 3.)
Bei einer aus 56 Köpfen bestehenden Milchherde, die
in einem etwas niedrigen, aber sonst hygienisch beschaffenen
Stalle untergebracht war und mit steirischem Rotklee und
zirka 2 kg Biertrebern mit Wasser versetzt gefüttert wurde,
traten am 8. August gegen 3 Uhr nachmittags ganz plötzlich
Erkrankungen und Todesfälle auf. In allen Stallabteilungen
taumelten gleichzeitig einzelne Tiere, stürzten zusammen
und verendeten rasch. Im ganzen erkrankten zwischen 3 Uhr
und nachts U^»1Ö Uhr 20 Rinder, hievon 15 Stück schwer,
5 Stück leicht; hievon fielen 12 Stück unter zumeist apoplek-
tischen Erscheinungen. Mit Rücksicht auf die vorwiegen¬
den Erscheinungen einer akuten Gehirn-Krankheit, auf
die hohe Außentemperatur und die im Stalle herrschende
Schwüle wurden bei Ankunft des Autors sämtliche Rinder
mit Ausnahme des Stieres in’s Freie gebracht und andauernd
kalte Begießungen auf den Kopf appliziert. Bei näherer
Untersuchung fand man noch ein pralles Heraustreten der
Drosselvenen, ein Umstand, der auf Zirkulationsstörungen
hinwies und einen Aderlaß bei den Tieren mit weniger stür¬
mischem Krankheitsverlauf als geboten erscheinen ließ. Hie¬
bei strömte das Blut in großem Bogen aus, zeigte ein voll¬
kommen schokoladefarbiges Aussehen und eine auffallend
wässerige Beschaffenheit, so daß eine Gerinnung nur als
griesartige Masse auftrat.
Um die Ursache dieser so plötzlich einsetzenden Krank-
beit zu erforschen, wurden schleunigst einige Obduktionen
vorgenommen, die aber mit Ausnahme der veränderten Blut¬
beschaffenheit ein vollständig n e g a ti ve s Bild an s ii m l -
liehen Organen etc. zeigten. Auch die mikroskopische
428
Untersuchung verlief resultatlos, so daß Milzbrand resp.
andere Infektionskrankheiten von vorneherein auszuschließen
waren. Wenn auch die Untersuchung des Futters auf Bei¬
mengung von Giftpflanzen, die Untersuchung des Wassers
und der verfütterten Treber absolut keine Anhaltspunkte er¬
gaben, so mußte doch mit Bestimmtheit der Verdacht auf
eine Vergiftung aufrecht erhalten bleiben. Und wie gerecht¬
fertigt dieser erschien, sollte noch am gleichen Tage aufge¬
klärt werden. Als nämlich am Abend dieTiere in den mittler¬
weile desinfizierten Stall zurückgebracht worden waren, er¬
hielten dieselben als Abendfutter Heu, als Tränke klares
Wasser reichlich mit Milch versetzt und die kranken Rinder
in kurzen Zwischenräumen große Hosen starken schwarzen
Kaffees. Mit Rücksicht auf den fieberhaften Zustand wurde
die Verabreichung eines kühlenden Mittels in Gestalt von
Glaubersalz in der Tränke als geboten erachtet. Hiebei
machte aber der Oberschweizer die.Mitteilung, daß er solches
schon bei der Mittagfütterung, bei welcher sämtliche Tiere
noch vollkommen gesund waren, verabreicht und dasselbe
aus einem Sacke in der Scheune geholt habe. Bei der sofort
vorgenommenen Untersuchung des Sackinhaltes mußte man
nun leider konstatieren, daß nicht Glaubersalz, son¬
dern Chilisalpeter im Sacke war und den Tieren ge¬
geben wurde. Damit w r ar die Krankheitsursache vollständig
geklärt; die Tiere erhielten je 30—40g Chilisalpeter, die
genügt hatten, die plötzlichen Erkrankungs- und Todesfälle
herbeizuführen.
Dank der eingeleiteten Behandlung konnten von den
20 erkrankten Tieren 8 Stück gerettet werden und wurden
Nachkrankheiten nicht beobachtet. Die notgeschlachteten
Tiere wurden in Anbetracht der Todesursache „Vergiftung 4 '
unschädlich beseitigt.
Schnöller: Über Neogen-Präparate. (Tierarzt 1.
Zentralblatt, 1910, Nr. 7.)
Die mit dem Neogen, einer eigenartigen Salbengrund¬
lage, hergestellten Präparate mit Jod, Bor, Salizyl, Jodo¬
form etc. erweisen sich infolge ihrer außerordentlichen Re¬
sorbierbarkeit sehr wertvoll bei allen Medikationen, welche
die Aufgabe haben, möglichst tief in die Haut einzudringen,
besonders bei Scabies und anderen parasitären Erkrankungen.
Die Salben sind von unbegrenzter Haltbarkeit, von höchst
gleichmäßiger Zusammensetzung und werden niemals ranzig:
im Gegenteil, infolge der hohen Aufnahmefähigkeit für
Wasser wirken sie noch äußerst kühlend. R a b u s
429
Tierzucht und Tierhaltung.
Fütterungsversuche mit Milchkühen.
Im Anschlüsse an verschiedene Versuche suchte Pro¬
fessor Hansen festzustellen, ob die Futtermittel, unab¬
hängig von dem Gehalt an verdaulichen bezw. ausnutzungs¬
fähigen Nährstoffen, noch spezifische Wirkungen auf die
Milchproduktion des Rindes auszuüben vermögen, und fand
dabei, daß für den Wert eines Futtermittels neben der Ge¬
deihlichkeit und Bekömmlichkeit in erster Linie der Gehalt
an verdaulichen bezw. ausnutzungsfähigen Nährstoffen ma߬
gebend ist. Die Stärkewerte sind für die Futterberechnung
beim Milchvieh, sofern daneben der Gehalt an N-haltigen
Nährstoffen berücksichtigt wird, zutreffend. Unabhängig
vom Gehalt an verdaulichen Nährstoffen bezw. an Stärke¬
wert haben nach H. gewisse Futtermittel noch bestimmte
spezifische Wirkungen auf die Milchergiebigkeit. Diese
können in erster Linie die Fettproduktion in positivem oder
negativem Sinne, daneben aber auch die Milchmenge be¬
einflussen. Die fettfreie Trockensubstanz wird ähnlich wie
die Milchmenge verändert. Einzelne Futtermittel (Mais,
Hafer) erhöhen die Milchmenge, verringern aber den pro¬
zentualen Fettgehalt; andere Futtermittel (Palmkernkuchen,
Kokoskuchen etc.) erhöhen bei wenig veränderter Milch¬
menge den Fettgehalt und liefern deshalb eine größere Fett¬
menge. Dann gibt es auch noch Futterstoffe, die bei wenig
veränderter Milchmenge den prozentualen Fettgehalt der
Milch vermindern, wie z. B. Reisfuttermeh], Mohnkuchen.
Weiter ergaben die Versuche von H., daß Weizenkleie der
Roggenkleie und dem Roggen als Viehfutter vorzuziehen ist.
(M a 1 y’s Jahresber. über d. Fortschritte d. Tierchemie.)
Viehverwertung.
In Zell am See wurde jüngst von der K. K. Österreich.
Landwirtschafts-Gesellschaft eine Vieh verwertungsstelle für
den Pinzgau gegründet. Außer dieser Stelle werden im Ver¬
laufe dieses Sommers noch Verkaufsstellen in den andern
Gauen: Pongau, Tennegau, Flachgau und Langau in’s Leben
gerufen werden. Vorerst sind Mitteilungen über verkäuf¬
liche Pferde, Ziegen und Schafe, dann über verkäufliches
Zucht- und Nutzvieh an die Verwertungsstelle Zell am See
zu richten, an welcher ein eigener Geschäftsleiter und Be¬
amter der K. K. Landwirtschafts-Gesellschaft aufgestcllt ist.
Die Verwertungsstelle untersteht der ständigen Kontrolle
der K. K. Landwirtschafts-Gesellschaft und liegt in diesem
430
Umstande die sicherste Gewähr dafür, daß die Geschäfte auf
reellster Basis abgewickelt werden. A.
Verschiedenes.
Promotionsrecht.
Seine Königliche Hoheit, Prinz Luitpold, des
Königreichs Bayern Verweser, haben durch Aller¬
höchste Verordnung vom 12. ds. Mts. allergnädigst
geruht, der Tierärztlichen Hochschule München das
Promotionsrecht zur Erteilung der Würde eines
Dr. med. vet. zu verleihen.
Anstellungsverhältnisse der Schlachthoftierärzte.
Der Deutsche Veterinärrat hat eine Eingabe an die
deutschen Gemeindeverwaltungen gerichtet, in welcher die
Anforderungen, die an die Schlachthofleiter u. Schlachthof¬
tierärzte gestellt werden und werden müssen, eingehend ge¬
schildert sind, und in welcher ebenso eingehend motiviert
wird, daß die Gehalts- und die Anstellungsverhältnisse der
städtischen Schlachthofleiter und Schlachthoftierärzte an
vielen Orten mit der akademischen Ausbildung und dem ver¬
antwortungsvollen anstrengenden Dienste dieser Beamten
nicht im Einklänge stehen. — Mit Bezug hierauf wird den
Gemeinden nahegelegt, daß Billigkeitsgründe dringend
dafür sprechen, die tierärztlichen Schlachthofleiter und
Schlachthoftierärzte den anderen akademisch gebildeten
Beamten gehaltlich und ranglich gleichzustellen und ihnen
lebenslängliche Anstellung mit Pensionsberechtigung zu ge¬
währen.
Rheinische Pferde- und Vieh-Versicherungs-Gesellschaft
auf Gegenseitigkeit in Köln a. Rh.
Die genannte Gesellschaft steht seit ihrem Bestehen
in engster Fühlung mit den Tierärzten und ist bestrebt,
allen berechtigten Wünschen der Versicherten sowohl als
den Tierärzten entgegen zu kommen. Der Inhalt des letzten
und durch den stellvertretenden Direktor, Herrn Tierarzt
Dr. P 1 a t h uns zugekommenen .Jahresberichtes zeigt neben
verschiedenem anderen Beachtenswerten, daß die Gesell¬
schaft die Verwaltung in einer Weise betätigt, welche die
Mitglieder möglichst wenig belastet. Diesbezüglich sei er¬
wähnt, daß die Gesamt Unkosten der Gesellschaft im Jahre
l'.MMi nur ltl 2 / ;! G der Prämien betrugen, so daß die Lei¬
stungen an die Versicherten sehr hohe sind.
431
Der dem Jahresberichte beigegebene Prospekt zeigt,
daß die Gesellschaft von Behörden, Vereinen und Ver¬
bänden, die mit ihr im Vertragsverhältnis stehen, bestens
empfohlen wird.
Ferner sei angeführt, daß die Gesellschaft nicht nur
für Huf- und Beinschäden, sondern für jeden Minderwert,
der durch Krankheiten und Unfälle entsteht und die Pferde
zum versicherten Zweck dauernd unbrauchbar macht, 75 c /c
Entschädigung leistet und nicht nur 50 %, wie andere Ver¬
sicherungen.
Frequenz an der Tierärztlichen Hochschule Hannover
pro Sommersemester 1910.
Die Tierärztl. Hochschule Hannover wird im Sommer¬
semester 1910 von 235 Studierenden, 18 Hospitanten und
47 Examen-Kandidaten besucht. Von den Studierenden sind
48 neu in das Studium eingetreten.
Bttcfaerschau.
Der Lehrmeister im Hufbeschlag. Ein Leitfaden für
die Praxis, und die Prüfung. Neu bearbeitet
von Prof. Dr. L u n g w i t z, Direktor des Instituts für
Huf künde und Vorstand der Lehrschmiede der K. Tier-
ärztliehen Hochschule in Dresden. Mit 100 Abbildungen.
12. Auflage mit 2 Anhängen, betreffend „Die Haftpflicht
des Schmiedes“ und „Die gegenwärtig im deutschen Reiche
geltenden, die Ausübung des nufbcschlages betreffenden
gesetzlichen Bestimmungen“. — Hannover, Verlag von
Sehaper, 1910. Preis 2 dt 50
Der Leitfaden soll in erster Linie dem Unterricht
an Schmiede-Hochschulen dienen und denjenigen jungen
Schmieden ein Hilfsmittel sein, welche sich durch Selbst¬
studium die erforderlichen Kenntnisse zur Ablegung der
Hufbeschlagsprüfung erwerben wollen. Für beide Zwecke
war notwendig, den Inhalt den Bedürfnissen der Lernenden
entsprechend zu umgrenzen und denselben dem Fassungs¬
vermögen derselben anzupassen.
Verf. hat denn auch in den Leitfaden nur das für
junge Schmiede Notwendigste aus der Hufbeschlagkunde,
selbstverständlich unter Beachtung der Fortschritte in der
Beschlaglehre, aufgenommen und die Materie in einfacher,
leicht verständlicher Weise dargestellt.
Die vorliegende 12., mit vorzüglichen Abbildungen
illustrierte, billige Ausgabe des Leitfadens wird von den
432
Interessenten wieder so günstig aufgenommen werden, wie
die früheren, und ebenso wie diese die Verbreitung eines
guten Hufbeschlages fördern. A.
Personalien.
Ernennung: Eckardt Julius, Veterinärrat zum Departe¬
mentstierarzt in Erfurt.
Wohnsitzveranderungen: Gressel Max, Assistent
am Tierphysiologischen Institut der landwirtschaftlichen Akademie
in Bonn als Assistent an die Landwirtschaftskammer dortselbst;
Rauch Rupert aus Altötting und R o ß w o g Fritz aus Herbolzheim
als bezirkstierärztlichen Assistenten nach Engen bezw. Pforzheim.
Approbationen: in Hannover die Herren: Barrel-
meyer Hugo aus Kölkebeck, G ö r d e s Willi, aus Bottorf, Koch
Willi, aus Werl und W i 1 k e n s Rudolf aus Altona; in München die
Herren: Fischer August aus München, H e i n i c h e u Walter aus
Kamenz, T a y I e r Friedrich aus Landshut und Ziegler Math, aus
Augsburg.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Bern der städt.
Bezirkstierarzt B I a i in Theodor in München, ferner die Tierärzte
Griesbach Adolf in Lauenau und H e i n d 1 Klemens in Sauer¬
lach (Oberbtiyern).
Ruhestandsversetzung: Weigand Friedrich, Kgl.
Bezirkstierarzt in Zweibrücken unter Anerkennung seiner Dienst¬
leistung.
Gestorben: Anzen hofer Adolf, prakt. Tierarzt in
Braes (t907).
Tierärztlicher Kreisverein von Mittelfranken.
Die ordentliche Oeneralversaiumlniig für 1910
findet am y D onnerstag, den 93. J uni, vormittags
lO'/s Uhr, in den Räumen des Industrie- und Kultur¬
vereins in Httrnberg statt. Hiezu ergeht hiermit freundlichste
Einladung.
Ta.g-esoi^n'u.n.gr:
1. " Rechenschaftsbericht, Rechnungsablage und Aufstellung
des Voranschlages für 1910/11.
2. Vortrag des städtischen Bezirkstierarztes Dr. Hellmuth
in Nürnberg: „über Fleischvergiftungen 11 .
3. Mitteilungen aus der Praxis.
4. Wünsche und Anträge (§ 21, h. 7 der Satzungen).
Die ankonunenden Kollegen treffen sich von 9 Uhr ab
ini Verhandiungsgebäude, woselbst auch für Urühstücksgelegen-
lieit gesorgt ist.
Nach den Verhandlungen findet um 1 '/* Uhr gemeinschaft¬
liches Mittagessen (Gedeck zu 4 Mk.) statt. Mitteilungen über
ilie voraussichtliche Beteiligung an demselben wollen bis 21. Juni
an Bezirkstierarzt Dr. Hellmuth in Nürnberg, Königstraße 12,
gerichtet werden.
Der I. Vorstand: San er.
Drink von J. ot tes w* i nie r, München. — Kommissionsverlag: M. Ri eg ersehe
rniversiliUsbuehhandlaiiff, München, Odeonsplatz 2.
Münchener
(früber: Wochenschrift (Ar TierheilkoMs and Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 28. Juni 1910. Nr. 26.
Inhalt: Abonnements-Einladung. — Originalartikel: Dr.
Kreutzer: Septifugin — ein Spezifikum? — Dr. Schenkl: Mit¬
teilungen aus der Praxis. — Referate: Holterbach: Sapo
Creolini liquidus. Ochmann: Die Tsetsekrankheit in Deutsch-
Ostafrika. — Tierzucht und Tierhaltung: Die Fohlen¬
aufzuchtsanstalten des Vereins zur Förderung der Pferdezucht
in Bayern. Ausführungsgesetz zum Viehseuchengesetz vom
26. Juni 190;) in der bayerischen Kammer der Abgeordneten. —
Verschiedenes: Promotion. Zahl der Tierärzte in Deutsch¬
land. Frequenz an Tierärztlichen Hochschulen pro Sommer-
Semester 1910. — Bücherschau. — Druckfehlerberichtigung.
— Personalien.
-Ä^bonnements-E in.la-d.uuag'.
Für diejenigen Herren Leser, welche die Wochen¬
schrift durch die Post beziehen, geht mit dieser Nummer
das Abonnement zu Ende. Zur Vermeidung von Unter¬
brechungen in der Zusendung empfiehlt es sich, das Abonne¬
ment für das II. Semester 1910 bei der nächsten Postanstalt
baldigst zu erneuern. In den daselbst aufliegenden amt¬
lichen Zeituugskatalogen ist die Wochenschrift für Bayern
unter Nr. 863, in der Preisliste des Reichsgebietes unter
Nr. 8252, für Österreich-Ungarn unter Nr. 4203 eingetragen.
Abonnementspreis bei Bezug durch die Post halbjährig
4 M. Im Buchhandel zu beziehen durch die M. Ri eg er¬
sehe Universitätsbuchhandlung, München, Odeonsplatz 2.
434
Septtfugln — ein Spezifikum?
Von Distriktstierarzt Dr. M. Kreutzer, Murnau.
Nach gründlichen Vorversuchen halte ich es für an¬
gezeigt., auf ein Medikament aufmerksam zu machen, das
berufen zu sein scheint, bei Behandlung septischer Krank¬
heiten, wie sie besonders nach der Geburt auftreten, in Zu¬
kunft eine Iiolle zu spielen.
Jedem Praktiker ist bekannt, welch’ großer Schaden
den Tierbesitzern infolge der Verluste durch Schwerge¬
burten und deren Nachkrankheiten erwächst. Ich erinnere
nur an die prekären Verhältnisse beim Pferde: Stunden¬
langer, angestrengtester Arbeit gelingt wohl meistens die
Entwicklung der Frucht; aber oft genug sind die Aus¬
sichten quoad vitam des Muttertieres trotz aller Mühen
schlechte; wie oft bringt der mit Becht gefürchtete
dritte Tag nach der Geburt den tödlichen Ausgang? Selbst
bei anscheinend leichteren Fällen und bei peinlichster Be¬
achtung aller Vorsichtsmaßregeln kann bei dem so eminent
zur Infektion disponierten Pferde-Uterus ein Mißerfolg ein-
treten. Biese meine Erfahrungen finden laut persönlicher
Mitteilung vieler Kollegen volle Bestätigung.
Nicht ganz so ungünstig liegen zwar die Verhältnisse
beim Binde; aber immerhin ist die Häufigkeit der an die
Geburt sich anschließenden Krankheiten infektiöser Natur
wirtschaftlich tief einschneidend. Bas beweist ein Blick in
den Geschäftsbericht der Bayerischen Landes-ViehVersiche¬
rungsanstalt : Als Schadensursache wurden beispielsweise
im Geschäftsjahre 1908/09 027 Fälle von Krankheiten der
Gebärmutter und 1384 Fälle von fehlerhaften Geburten und
Krankheiten nach der Geburt vorgetragen. —
Die bisher übliche Therapie bei diesen Leiden, sowie
bei anderen Infektionskrankheiten, sowie ihr Erfolg muß
als bescheiden bezeichnet werden; frühzeitige Schlachtung
wird wohl in der Begel einer ungewissen Behandlung vor¬
gezogen. Biesige Summen werden dadurch alljährlich dem
Xationalvermögen entzogen.
Ein neues, von mir hergestelltes und „Septifugin“ ge¬
nanntes Mittel soll nun diese empfindsame Lücke im thera¬
peutischen Begister ausfüllen. Es hat nach meinen Beob¬
achtungen eine spezifische Wirkung bei den Erkrankungen
der Geburtswege; sein Indikationsgebiet erstreckt sich auch
auf das Petechialfieber, bösartige Katarrhaliieber des Bindes
und Druse des Pferdes. Auch hei Darin-, Nieren- bezw.
1 »lasen- und Tragsackblut ungen hat es sich den bisher üb¬
lichen Mitteln überlegen gezeigt.
435
Besonders wirksam erwies sich Septifugin als Prophy-
laktikum nach schweren Geburten und Uterusrepositionen.
Bemerkenswert ist, daß außer entsprechend langer
Verabreichung von Septifugin neben etwaiger lokaler Be¬
handlung (z. B. desinfizierende Infusionen in den Uterus)
bei den allermeisten Fällen eine weitere Therapie unnötig
ist. Nur bei ganz hohem Fieber ist eine Unterstützung mit
Antifebrin in mäßigen Dosen empfehlenswert. —
Septifugin ist ein gelb-braunes, klares, spirituös-wässe-
riges mit Hilfe des sogen. Trikolationsverfahrens aus meh¬
reren (3) Drogen gewonnenes Extrakt, schwach nach Fen¬
chel riechend, mit einem nennenswerten Überschuß an
Spiritus.
Die Wirkungsweise ist folgendermaßen zu er¬
klären: Durch Reizung des Vasomotorenzentrums und durch
Erregung der peripheren Vasomotoren wirkt Septifugin
verengernd auf die peripheren Gefäße, spe¬
ziell des Hinterleibes (Baucheingeweide und Uterus),
dadurch blutdrucksteigernd und die Herz¬
tätigkeit anregend. Zugleich findet durch spezi¬
fische Schädigung der Mikroorganismen eine innerliche
Desinfektion statt. Appetit und Verdauung
werden durch sekretionsfördernden Reiz auf die Schleim¬
häute günstig beeinflußt. Die Körpertemperatur
wird herabgesetzt.
Bezüglich der Anwendung sei bemerkt, daß es
sich empfiehlt, alle 8 Stunden (in schwereren Fällen alle
(i Stunden) den 6. Teil mit zirka 1 Schoppen lauwarmen
Kamillentees einzuschütten. Pferden gibt man das Mittel
zweckmäßig in Latwergenform (mit Mehl, Zucker, Honig
etc.); in dieser Zubereitung nehmen die Pferde das Mittel
gerne an; manche Pferde zeigen wohl beim ersten Eingehen
Widerwillen; dieser wird aber stets rasch überwunden.
Der Preis: 4 Mk. 50 Pfg. (Verkaufspreis G Mk.) pro
Flasche mit 500 ccm Inhalt in hübscher Aufmachung ist
äußerst kalkuliert, um eine möglichst vielseitige Anwendung
zu ermöglichen und dem event. Verdacht einer geschäft¬
lichen Reklame von vorneherein die Spitze zu bieten. Der
Apothekerpreis beträgt zirka 12 Alk. Ich habe mich nicht
entschließen können, den Vertrieb des Mittels einer Groll-
Firma zu übertragen, da ich unter allen Umständen die Ver¬
abreichung desselben an Privatpersonen vermeiden möchte.
In der Regel genügt 1 Flasche; nur in den wenigsten Fällen
ist eine weitere Flasche nötig. —
436
Ich führe nun die bisher behandelten Fälle an, um
den Beweis der Brauchbarkeit des Septifugins in der
Praxis zu liefern. Die meisten der beschriebenen Fälle habe
ich gemeinsam mit meinem derzeitigen Assistenten, Herrn
Tierarzt Ernst Grundier, behandelt. Ich lege auf
diese Konstatierung besonderes Gewicht, um dem eventuellen
Einwand einer subjektiven Auffassung vorzubeugen.
I. Krankheiten der Geburtswege,
a) Pferd.
Fall I: Ein Pferd zeigte zirka 20 Stunden post par¬
tum 40,9 0 Fieber, 72 Herzschläge p. m., völlige Appetit¬
losigkeit und Apathie. Therapie: Septifugin in Latwergeu-
form, alle 6 Stunden den 6. Teil, Uterusinfusionen mit
3 %iger Therapogenlösung. Bereits nach zirka 15 Stunden
ist Besserung des Allgemeinbefindens eingetreten; Tempe¬
ratur 40,1° C., 60 Herzschläge, etwas Freßlust. Die Besse¬
rung hielt an; nach zirka 4 Tagen war völlige Heilung
erfolgt.
Fall II: Bei einem Pferd, das wegen seitlicher Kopf¬
haltung des Jungen nicht fohlen konnte, leistete ein be¬
trunkener Pfuscher Geburtshilfe; er hielt das Brustbein
des Fohlens für den Kopf und bearbeitete laut Mitteilung
des Nachbarn in sinnlos roher Weise das Muttertier. Da
die Geburt nicht vorwärts ging, wurde ich gerufen. Ich
traf die Stute in bedenklichem Zustande an: Starke Schwel¬
lung der Scheide, 90 Pulsschläge, absolutes Verweigern der
Nahrung, auch des sonst so gerne genommenen Zuckers.
Die Entwicklung der Frucht gelang mir mit Hilfe der
Embryotomie. Dem Pferde wurde sofort prophylaktisch
Septifugin (in Intervallen von 6 Stunden) gegeben und in
die Geburtswege eine 3 %ige Therapogenlösung infundiert.
Der Erfolg war eklatant : Wiederkehr der Freßlust, Zurück¬
kehren der Pulszahl auf zirka 52 Schläge, geringgradiges
l ieber (39,2°C.); letzteres stieg bei sonst anhaltender Besse¬
rung am 3. Tage auf 40,1° C., am 4. Tage fiel das Fieber auf
39,3° C.; auch die Geschwulst war völlig zurückgegangen.
Nach weiteren drei Tagen zeigte sich das Pferd u'ieder
normal.
Fall III: Nach einer harten Geburt bei einem Pferde
wollte die Nachgeburt nicht abgehen. Der Besitzer befestigte
daher einen Stein an dem bereits vorliegenden Teile. Das
Pferd trat beim Aufstehen auf den Stein und riß sich so die
Nachgeburt, die inzwischen bis auf ein Drittel abgegaugen
war, gewaltsam aus dem Tragsack. Eine tödliche Blutung
437
war zwar nicht eingetreten, doch erfolgte durch die zurück¬
gehaltenen Blutmengen (vielleicht auch infolge der Geburts¬
hilfeleistung) eine Infektion, die eine hochgradige Metritis
auslöste: Hohes Fieber (41,2°C.), hoher Puls (ca. 97 pro Mi¬
nute), angestrengtes Atmen. Therapie: Septifugin und Uterus¬
infusionen mit Therapogen. Da das Fieber nicht zurück¬
gehen wollte, wurden noch einige Gaben Antifebrin (ä 20 g)
verabreicht. Am 3. Tage langsame Besserung: Mäßiger
Appetit, wechselndes Fieber (39,2—40,3° C.), kräftiger
Puls (zirka 64 Schläge); am 4. Tage keine Änderung; vom
5. Tage an stete Besserung. Nach zirka 8 Tagen Heilung.
Fall IV: Prophylaktisch wurde einem Pferde, das
eine langdauernde, nur mit Embryotomie zu beendigende
Geburt überstanden hatte, Septifugin verabfolgt. Außer ge¬
ringer Temperatursteigerung am 2. Tage und Pulserhöhung
waren auch in der Folge keinerlei Krankheitserscheinungen
zu beobachten.
F a 11 V: Ebenfalls prophylaktisch nach einer schweren
Geburt, die mit bedenklichen Verletzungen der äußeren Ge¬
burtswege endete, erhielt eine Stute Septifugin. Am 4. Tage
zeigte dieselbe 58 Herzschläge, befriedigenden Appetit* nur
ganz leichtes Fieber. Die angeordneten Einläufe in die
Scheide waren infolge eines Mißverständnisses unterlassen
worden. Nach Mitteilung des Besitzers zeigt sich das Pferd
heute (10 Tage nach der Geburt) völlig gesund.
Fall VI: Eine Stute zeigte sich sofort nach dem Ab¬
fohlen schwer krank (große Hinfälligkeit, völlige Appetit¬
losigkeit). Nach zirka 14 Stunden fand ich das Tier hoch¬
gradig fiebernd und völlig apathisch. Ich verordnete Septi¬
fugin; 3 Stunden später war das Tier tot. Über die Todes¬
ursache konnte ich Bestimmtes nicht erfahren; es soll ein
Tragsackriß vorhanden gewesen sein.
b) Bind.
Fall VII: Bei einer Kalbin entwickelte ich einWasser-
kalb; da ich unmittelbar vorher eine zehnstündige Geburts¬
hilfe bei einem Pferde vorgenommen hatte, war ich ziemlich
erschöpft. Es passierte mir das Malheur, infolge der pelzig
gewordenen Finger mit dem zur Embryotomie dienenden
Messer beim Durchschneiden des im hinteren taschenförmig
erweiterten Teile des Tragsackes steckenden, mächtig ent¬
wickelten Kopfes einen zirka 5 cm langen, glücklicherweise
nicht durchgehenden Schnitt in die obere Tragsackwandung
zu machen. Ich gab daher prophylaktisch Septifugin. Das
Tier zeigte sich niemals krank.
438
Fall VIII: Bei einer Kuh mußte durch Embryotomie
eine emphysematose Frucht entfernt werden. Die Geburts¬
hilfe nahm zirka 6 Stunden in Anspruch. Die äußeren Ge¬
burtswege wiesen wesentliche Verletzungen auf. Therapie:
Septifugin und Therapogen-Infusionen. Das Tier zeigte
zwar laut Mitteilung des Besitzers am 2. Tage weniger
Appetit und vermehrtes Atmen, doch waren am 3. Tage
diese beunruhigenden Symptome wieder verschwunden.
Nach zirka 8 Tagen gab die Kuh bereits das gleiche Quan¬
tum Milch wie in früheren Jahren.
Fall IX: Eine Kuh zeigte kurz nach der Geburt
einen Tragsackvorfall. Der Besitzer schob denselben nach
Reinigung mit Wasser in die Geburtswege zurück. Am
2. Tag trat, hohes Fieber, heftiges Atmen und Appetitlosig¬
keit ein. Bei der Untersuchung fand ich, daß der Tragsack
unvollständig reponiert in der Scheide war. Ich versuchte
denselben zurückzubringen; die bedeutend verdickte Wand
des Uterus erschwerte infolge ihrer abnormen Zerreißlicli-
keit dieses Vorhaben. Innerlich ließ ich alle 6 Stunden
Septifugin verabreichen; desgleichen wurden Therapogen-
Spülungen vorgenommen. Am nächsten Tage waren die be¬
drohlichen Erscheinungen etwas zurückgegangen. Die The¬
rapie wurde fortgesetzt mit dem Erfolge, daß am 7. Tage
das Tier als genesen aus der Behandlung entlassen wurde.
Fall X: Nahezu derselbe Fall ereignete sich wenige
Tage später bei einer anderen Kuh. Die Behandlung war
die gleiche. Vom Besitzer erfuhr ich nach einiger Zeit, daß
sich das Tier schon nach wenigen Tagen wieder gesund
zeigte; nur trat eine rapide Abmagerung desselben ein, die
aber in einigen Wochen wieder ausgeglichen war.
Fall XI: Eine Kalbin hatte in der Nacht ohne Bei¬
hilfe gekalbt und einen vollständigen Tragsack Vorfall er¬
litten. Als in der Frühe die Magd in den Stall kam, lag
die Kalbin am unbestreuten Boden, der Vorfall fühlte sich
bereits kalt an und war total mit Schmutz und Kot behaftet.
Ich war, da in der Nachbarschaft wohnend, schnell zur
Stelle. Die vorgeschlagene Amputation des Vorfalles wurde
vom Besitzer nicht bewilligt. Ich reponierte also lege artis
den Vorfall und verordnetc Septifugin. Die nächsten fünf
Tage brachten abwechselnd Besserung und Verschlimme¬
rung. Erst vom 0. Tage an trat dauernde Besserung ein.
(Mielriechender Ausiiuß aus der Scheide war noch zirka drei
Wochen vorhanden. Das Tier wurde etliche Wochen später
mit Erfolg zum Stier geführt.
439
Fall XII: Bei einer Kuh reponierte ich nach Ent¬
fernung der Nachgeburt den vor zirka einer Viertelstunde
vollständig vorgefallenen Tragsack. Vorsorglich gab ich,
da der Tragsack Verletzungen (nicht tiefgehende) zeigte,
Septifugin. Am 4. Tage fing das Tier, das sich vorher ganz
gesund zeigte, plötzlich an heftig zu atmen und zu zittern,
verweigerte die Nahrung und zeigte sich sehr, hinfällig.
Nach mehrmaliger Darreichung von Septifugin und Durch¬
lüftung des schwülen Stalles trat bald völlige Heilung ein.
Fall XIII: Zu einer Kuh mit vollständigem Tragsack¬
vorfall kam ich nach zirka 1 Stunde und reponierte den
Uterus; prophylaktisch wurde Septifugin gegeben. Das
Tier zeigte sich stets gesund. (Schluß folgt.)
Mitteilungen ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt Dr. Schenk l, Geiselhöring.
Ranula beim Rind.
Im Vorjahre behandelte ich () Fälle von Ranula bei
Rindern. Bei 3 Patienten konstatierte ich neben der Zunge
und den ersten Backzähnen eine zwei- bis dreifingerdicke
und fingerlange Schwellung von derber Beschaffenheit.
Durch Druck auf dieselbe konnte bei den stark speichelnden
Tieren geringgradiger Schmerz ausgelöst werden. Die
Futteraufnahme war wesentlich beeinträchtigt. Die Fälle
heilten unter 3%igen Alaunbetuschungen in 0—8 Tagen ab.
Bei einem schweren Ochsen fand ich eine faustgroße,
die Zunge beiseite drängende, stark gespannte Geschwulst.
Ich machte in dieselbe mit dem Explorativtroikar einen
Einstich, jedoch ohne Erfolg. Nun spaltete ich die An¬
schwellung mit dem Messer, wobei sich das Innere der Ge¬
schwulst als eine gelatineartige Masse präsentierte. Spü¬
lungen mit Alaunlösung führten bald Verkleinerung der
Schwellung und nach 10 Tagen vollständige Heilung herbei.
Bei zwei Kühen sah ich den gleichen Zustand, dabei
starkes Fieber, Freßlust aufgehoben, Kehlgang und Lippen
stark geschwollen und schmcrzcmpfindlich. Die Mukosa der
Maulhöhle ist zu beiden Seiten der Zunge stark gerötet
und geschwollen. Auf Probepunktion an den nachgiebigsten
Stellen der Kehlgangsschwellung entleerte sich bei einer
Kuh tropfenweise braun-rote Flüssigkeit von aashaftem
Geruch. Verschiedene Inzisionen und Einspritzungen von
Lugol’scher Lösung führten keine Resserung herbei. Nach-
440
dem sich in den nächsten Tagen eine kopfgroße teigige An¬
schwellung am Triel entwickelt hatte, ging die Kuh zu
Clruude. — Bei der anderen Kuh entleerte sich nach In¬
zision an zwei Stellen aus der Kehlgangsschwellung eine
dünne, grau-braune Jauche. Die Untersuchung der Höh¬
lungen ergab, daß durch den jauchigen Prozeß das Gewebe
unter der Haut nach aufwärts bis zu den Seitenflächen der
Unterkieferäste unterminiert war. Bei Irrigation der Ab¬
szeßhöhle mit 2 %iger Lösung von Liq. Cresol. sap. wurden
zahlreiche größere Gewebsfetzcn herausgespült. Zu gleicher
Zeit hatte sich spontan die rechts der Zunge befindliche Ge¬
schwulst geöffnet und es trat hier ebenfalls grau-braune mit
Gewebstcilen gemischte Jauche aus. Die Behandlung be¬
stand in desinfizierenden Spülungen. Nachdem sich noch
zwei Abszesse auf dem linken Masseter gebildet hatten, die
geöffnet werden mußten, trat nach fl Wochen Heilung ein.
F remdkö r p e r i m Maul e.
Bei einem Ochsen, der seit einigen Tagen stark spei¬
chelte und mit der Zunge eigentümliche Bewegungen machte,
fand ich bei Untersuchung der Maulhöhle links seitlich der
Zunge ein halbfingerlanges mit grau-grünem Grunde ver¬
sehenes Geschwür. Als dieses behufs Reinigung von Futter-
resten abgespült wurde, stieß die untersuchende Hand auf
einen spitzen Gegenstand, der sich nach der Extraktion als
Stopfnadel entpuppte. Die Wunde wurde täglich mit Bor¬
säurelösung gereinigt und heilte rasch.
T y m p a n i t i s bei eine m P f e r d e.
Ein kolikkranker Wallach zeigte heftige Schmerzen,
kleinen Puls (DO Schläge pro Minute), sehr beschleunigte
Atmung mit starker Ausweitung der Nüstern, vollkommen
unterdrückte Peristaltik. Da hei dem Zustand des Tieres
von Arzneimitteln eine rasche Hilfe nicht zu erwarten war.
nahm ich die Punktion des Blinddarmes und zwar in Er¬
mangelung eines Troikars mit der Hohlnadel einer Injek¬
tionsspritzt' vor. Ich stieß die Nadel bis zum Ansätze in die
rechte Flanke und sofort entleerten sich laut zischend Gase,
worauf das Pferd ruhig wurde. In den folgenden Tagen
war die Freßlust gering und große Mattigkeit vorhanden.
Her Puls blieb anfangs bei “0—SO Schlägen pro Minute:
nach 10 Tagen war das Tier wieder vollkommen hergestellt.
441
Referate.
Holterbach: Sapo Creolini liquidus. (Tierarzt 1.
Rundschau, 1910, Nr. 16.)
Der Tierarzt kommt sehr oft in die Lage, Geburtshilfe
leisten zu müssen bei Tieren, bei welchen infolge vorheriger
Eingriffe durch Pfuscher die Uterus- und Scheidenschleim¬
haut geschwollen, der Fötus tot war, die Oberfläche des¬
selben trocken, Verletzungen der Geburtswege nachweisbar
und an der explorierenden Hand leichter Fäulnisgeruch von
in Zersetzung befindlichen Lochien bemerkbar war. ln
solchen Fällen ist die Schlüpfrigmachung der Geburtswege
und des Fötus zur glücklichen Vollendung einer Geburt ein
dringendes Bedürfnis. Diese Schlüpfrigkeit muß aber, um
auch ihren Zweck zu erfüllen, festhaften, das dazu ge¬
brauchte Mittel darf nicht abfließen, es muß zu gleicher Zeit
auch sicher desinfizieren und desodorisieren.
Verf. hat nun hiefür eine flüssige Kreolinseife (5- oder
10^ ig) hergestellt, die eine sparsame Verwendung gestattet,
billig ist und von der Firma Bengen & Co. fabriziert wird.
Die Anwendung dieser flüssigen Seife geschieht folgender¬
maßen: Vor jedem Eingriff und namentlich vor jedem Zug
lasse man mit einem Irrigator 100 ccm von der Lösung in
den Uterus einlaufen; die auslaufende Flüssigkeit verteile
man auf eine möglichst große Oberfläche auf der Haut des
Fötus wie auf der Schleimhaut der Mutter. Es bildet sich
nun die bekannte Schlüpfrigkeit der Seife, die an dem Orte,
wo sie aufgetragen wird, auch haften bleibt. Ein Abgleiten
der Hände und Finger, wie bei Ölanwendung, findet nicht
statt. Ist das Kalb entwickelt, so mache man sofort eine
Uterusausspülung mit lauwarmem Wasser. Diese Methode
bewährt, sich hauptsächlich bei schweren Fällen, in welchen
Verletzungen vorhanden sind.
Auch ad usum proprium zur Reinigung und Desinfek¬
tion der Hände, sowie zur Reinigung und Desinfektion des
Operationsfeldes bei Operationen und zur Behandlung von
Dermatitiden hat sich die flüssige Kreolinscife bestens be¬
währt und kann deren Anwendung wohl empfohlen werden.
R a b u s.
Ochmann: Die Tsetsekrankheit in Deutsch-Ostafrika.
(Zeitsclir. f. Veterinärkunde, 1910, I.)
Die Tsetsekrankheit kommt häufig vor hei Rindern,
Pferden, Eseln, Maultieren, Hunden, Schweinen, Kamelen;
schwer empfänglich sind Schafe, Ziegen und die Wildarten.
Die Zwischenträger der Krankheit stellen die Glossinen,
442
Fliegen mit gerade nach vorwärts gerichtetem Stechrüssel,
dar. Sie halten sich besonders gerne in feuchten Niede¬
rungen mit buschartigem Charakter auf und schwärmen nur
am Tage und in ganz klaren Vollmondnächten. Erreger ist
das im Blut sich lebhaft bewegende Trypanosoma Bruc-ei;
man nimmt an, daß die Fliegen sich damit am Großwild
infizieren.
Die Erkrankung setzt mit hohem Fieber ein, das ent¬
weder anhält und dann rasch den Tod herbeifiihrt oder mit
fieberlosen Intervallen abwechselt. Dabei stellen sich die
Erscheinungen der perniziösen Anämie ein und die meisten
Patienten gehen nach einer Krankheitsdauer von längstens
5 Monaten an Erschöpfung zugrunde. Genesung ist, sehr
selten; diese Tiere sind dann zwar gegen weitere Infektion
immun, können aber für andere Tiere eine Infektionsquelle
abgeben und ferner selbst einem Rückfälle erliegen.
Das Obduktionsbild ist sehr wenig charakteristisch.
Die Diagnose kann einwandfrei nur durch den Nachweis
der Trypanosomen gestellt werden. Sie sind jedoch schon
etwa 12 Stunden nach dem Tode nicht mehr zu finden und
auch im übrigen oft so spärlich vorhanden, daß die mikro¬
skopische Blutuntersuchung resultatlos verläuft und Über¬
impfungen notwendig werden.
Die Bekämpfung der Seuche durch Chemikalien und
Sera hat bisher noch keine nennenswerten Erfolge gezeitigt.
Man hat jetzt inOstafrika dieGlossinenhcrde kartographisch
festgclegt, damit man sie entweder umgehen oder bei Nacht
in Eile passieren kann. Lind n e r.
Tierzucht und Tierhaltung.
Die Fohlenaufzuchtsanstalten des Vereins zur Förderung
der Pferdezucht in Bayern.
Der Verein zur Förderung der Pferdezucht in Bayern
besitzt 2 Fohlenaufzuchtanstalten: „Ritterswörth“ (Vor¬
stand: Distriktstierarzt Wucherer in Geisenfeid) und
„Gammerhof“ (Vorstand: Distriktstierarzt Pschorr in
Tegernsee). Zweck der Anstalten ist, die Pferdezucht da¬
durch zu fördern, daß sie Fohlen um tunlichst billigen Preis
zur rationellen Aufzucht übernehmen, um Remonten oder
zur Zucht verwendbare Pferde heranzuziehen. Die Be¬
nützung der Anstalten ist, soweit es die Verhältnisse ge¬
statten, jedem Fohlenbesitzer ermöglicht. Fohlen im Be¬
sitze von Vereinsmitgliedern haben bezüglich der Aufnahme
das Vorzugsrecht. Aufgenommen werden gesunde Hengst-
443
und Stutfohlen im Alter von 4 Monaten bis zu 1 Jahre; sie
müssen bis zum dritten Jahre in der Anstalt verbleiben.
Fohlen, welche sich voraussichtlich wegen unheilbarer
Krankheit oder ungünstiger Entwicklung später weder als
Armeepferde noch zur Zucht eignen, können entweder frei¬
willig vom Besitzer oder auf Anordnung des Vereinspräsi¬
denten aus der Anstalt entfernt werden. Zur Zucht nicht
geeignete Hengstfohlen, die aber voraussichtlich Remonten
werden, können nach spätestens im Herbste des 2. Lebens¬
jahres vorgenommener Kastration bis zum erreichten
3. Lebensjahre in der Anstalt verbleiben, soferne sich der
Besitzer verpflichtet, die Fohlen beim nächsten Remonte-
ankauf vorzuführen und um einen Preis abzulassen, der für
Remonten bezahlt wird. Fohlen von Hof-, Staats- und
Privat-Gestüten können vorübergehend in die Anstalten auf¬
genommen werden. Soweit die Räumlichkeiten gestatten,
können in die Anstalten auch im Besitze von Vereinsmit¬
gliedern befindliche Stuten zum Abfohlen auf genommen
werden. Wenn die Weideverhältnisse es gestatten, können
auch Fohlen zur Sommerweide aufgenommen werden. Der
Verkauf eines Fohlens der Anstalt kann stattfinden, wenn
sich der Käufer verpflichtet, dasselbe bis zum dritten Jahre
in der Anstalt zu belassen. Gegen Feuersgefahr und Blitz¬
schlag übernimmt der Verein die Versicherung der Fohlen;
gegen Verlust durch sonstige Unglücksfälle sind die Fohlen,
sobald sie 8 Monate alt geworden, bei einem staatlichen
Versicherungsvereine zu versichern. Die Verpflegungskosten
betragen bei Stallfütterung täglich 80 Pfg. und während des
Weideganges täglich 50 Pfg. Bei Entlassung eines Fohlens
aus der Anstalt sind 3 Mk., bei Abgang eines Weidefohlens
1 Mk. für das Wartepersonal zu entrichten. Die Fohlen er¬
halten bei Stallfütterung ausreichend Haber und Heu und
werden gut gepflegt. Während des Weideganges bekommen
die Fohlen Haber und Heu nach Bedarf. Bei Stallfütterung
werden die Tiere auf Tummelplätzen entsprechend bewegt.
Die Behandlung bei Erkrankungen geschieht unentgeltlich.
Fohlen, bezüglich welcher anzunehmen ist, daß sie bei Land¬
gestütspreiseverteilungen prämiiert werden könnten, werden
im Einverständnis und auf Kosten der Besitzer von der An¬
stalt zur betreffenden Musterung gebracht.
Wie aus dem vorstehenden Auszuge aus den Satzungen
der genanntenFohlenaufzuchtanstalten zu ersehen ist, tragen
rliesc den Interessen der Pferdezüchter in weitgehenderWeise
Rechnung. Erfreulich ist, daß die beiden Fohlenaufzuchl-
anstalten von Kollegen geleitet werden.
Ausführungsgesetz zum Viehseuchengesetz vom 26. Juni 1909
in der bayerischen Kammer der Abgeordneten.
Am 14. Juni kam in der bayerischen Kammer der Ab¬
geordneten das Ausführungsgesetz zum Reichs-Viehseuchen-
gesetz zur Verhandlung. Hiebei beschloß die Kammer Ab¬
änderungen der Regierungsvorlage, welche sich auf Art. 1
dieser Vorlage beziehen.
Art. 1 der Regierungsvorlage lautet:
„I. Die nach dem Viehseuchengesetze vom 20. Juni
11)09 zu gewährende Entschädigung für Vieh Verluste wird
vom Staate geleistet. II. Von der Entschädigung, die nach
§ 66 Nr. 1 des Viehseuchengesetzes bei Maul- und Klauen¬
seuche und bei Tuberkulose geleistet wird, hat die Gesamt¬
heit der Besitzer von Vieh der entsprechenden Gattung dem
Staate die Hälfte zu ersetzen. Den Maßstab für die Ersatz¬
leistung bildet der im Lande vorhandene Bestand an Vieh
der betreffenden Gattung. Das Verfahren bei der Fest¬
stellung, Einhebung und Beitreibung der Ersatzleistung, so¬
wie die Mitwirkung der Gemeinden hierbei regelt die Staats¬
regierung. III. In den Fällen des § 71 des Viehseuchen¬
gesetzes wird keine Entschädigung gewährt.“
Der Ausschuß beantragte, den Absätzen I und 111
zuzustimmen, dagegen den Absatz II zu streichen,
während die Regierung die Wiedereinsetzung des Ab¬
satzes II forderte, jedoch mit der Einschränkung, daß die
Viehbesitzer bei Maul- und Klauenseuche einen Ersatz der
vom Staate zu leistenden Entschädigung nicht zu tragen
haben.
Es wurde nun seitens einer Reihe von Abgeordneten
dahin plädiert, daß auch für Tuberkulose der Staat die zu
leistende Entschädigung allein trage, so, wie der Ausschuß
beantragt hatte. Nach längerer Debatte kam auch dieser
Antrag des Ausschusses, entgegen dem Vorschläge der Re¬
gierung, zur Annahme.
Art. 8 handelt von den Kosten, welche den Gemeinden
und den ausmärkischen Bezirken aus dem Vollzug des Ge¬
setzes erwachsen. Ein Abgeordneter beantragte, daß diese
Kosten vom Staate den Gemeinden zu ersetzen seien. Auch
dieser Antrag wurde von mehreren Abgeordneten unter¬
stützt, dagegen von der Regierung durch längere Ausfüh¬
rungen des Ministers bekämpft. Schließlich kam der Regie¬
rungs-Antrag zur Annahme.
Weitere Beanstandungen der Regierungsvorlage er¬
folgten nicht und wurde jetzt das Gesetz einstimmig an¬
genommen. A.
445
Verschiedenes.
Promotion.
Es sind an mich eine größere Zahl Anfragen, be¬
treffend die Promotion an der Münchener Tierärztlichen
Hochschule ohne Reifezeugnis, ferner die Nostrifikation
der von Kollegen in der Schweiz erworbenen Würde eines
„Dr. med. vet.“, gelangt.
Leider bin ich zur Zeit noch nicht in der Lage, die ge¬
stellten Anfragen zu beantworten. Hierauf bezügliche Mit¬
teilungen werden später in dieser Wochenschrift erfolgen,
Albrecht.
Zahl der Tierärzte in Deutschland.
Nach einer Mitteilung der „Berl. Tierärztl. Wochen¬
schrift“, Nr. 24, 1910, beträgt die Zahl der Tierärzte in
Deutschland 5051 (Zählung vom 1. Mai 1909), darunter be¬
finden sich 4392 Zivil- und 659 Militär-Tierärzte. Im Jahre
1898 stellte sich die Gesamtzahl der deutschen Tierärzte auf
3813. Seit dieser Zeit ist demnach eine Vermehrung um
25 Prozent eingetreten.
Die Zahl der Ärzte hat im Laufe dieser Zeit eine ge¬
ringere Steigerung, nämlich eine solche von nur 20 Prozent,
erfahren.
Von den zur Zeit in Deutschland vorhandenen Tier¬
ärzten kommen auf die einzelnen deutschen Staaten je
folgende Zahlen: Preußen 2914, Bayern 650, Sachsen 382,
Württemberg 224, Baden 186, Hessen 110, Mecklenburg-
Schwerin 83, Sachsen-Weimar 31, Mecklenburg-Strelitz 13,
Oldenburg 53, Braunschweig 54, Sachsen-Meiningen 15,
Sachsen-Altenburg 12, Sachsen-Koburg-Gotha 13, Anhalt 29,
Schwarzburg-Sondershausen 6, Schwarzburg-Rudolstadt 6,
Waldeck 5, Reuß ältere Linie 3, Reuß jüngere Linie 10,
Schaumburg-Lippe 4, Lippe 13, Lübeck 7, Bremen 15, Ham¬
burg 55 und Elsaß-Lothringen 158.
Frequenz an Tierärztlichen Hochschulen pro Sommer-
Semester 1910.
An der Tierärztl. Hochschule in Berlin sind pro
Sommer-Semester 1910 185 Studierende immatrikuliert;
an der Tierärztl. Hochschule in S t u 11 g a r t 114 inklusive
Examens-Kandidaten (neu eingetreten sind 16 Studenten,
darunter 3, welche das Studium beginnen) ; an der Univer¬
sität Gießen wurden pro Sommer-Semester 1910 141 Stu-
446
dierende der Veterinärmedizin immatrikuliert (in das erste
Semester sind IG neu eingetreten).
Bttcherschan.
Die Vererbung der Körperteile und des Geschlechtes. Von
Dr. Max Müller, Privatdozent für Tierzucht an der
Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin. Mit 8 Tafeln
und 1 Doppeltafel. Hannover 1910, Verlag von Schaper.
Preis 5 <M.
In der Einleitung gibt Verf. zunächst seinen Stand¬
punkt zu der Frage über die Vererbung oder Nichtvererbung
erworbener Eigenschaften darin kund, daß er annimmt, es
können sich Abänderungen der Eigenschaften des Soma
vererben. Der weitere Inhalt der 167 Seiten umfassen¬
den Broschüre bezieht sich im 1. Teile auf Vererbungs¬
studien "bei Kreuzungen zwischen Warm- und Kaltblut, Ver¬
erbungsstudien bei Kreuzungen zwischen Pferd und Esel,
sowie zwischen Bison und Hausrind; im 2. Teile berichtet
Verf. über Vererbungsstudien am Gestüte Beberbeck; im
3. Teile über solche Studien an der Nachzucht einzelner
Graditzer Gestütshengste; im 4. Teile faßt M. die Gesamt¬
ergebnisse seiner Studien über die Vererbung der Farben
und Körperteile zusammen und das Schluß-Kapitel handelt
noch über die Vererbung der Geschlechter.
Verf. zieht aus seinen Untersuchungen und Beobach¬
tungen eine Reihe von Schlüssen über die Vererbung von
Körperteilen, Farben und sogen. Erbfehlern, welche Be¬
achtung verdienen.
Wir behalten uns vor, über einen Teil des Inhaltes
der Arbeit in der „Wochenschrift“ zu referieren, empfehlen
aber den Kollegen, die Schrift nach ihrem vollen Inhalte zu
studieren. Kein Leser wird die Broschüre unbefriedigt aus
der Hand legen. A.
Druckfehlerberichtigung.
ln Nr. 2'> der Wochenschrift muß es auf Seite 431, Zeile 14
von unten statt Hochschulen „Fachschulen“ 1 heißen.
Personalien.
A u s /. o i <• li n u n g: Obermedizinalrat Prof. Dr. Ii a u 111 in
Dresden wurde zum Mitglied der Kaiser!. Leopoldinischen Caro-
linisrlien Akademie der Naturforscher ernannt.
K r n e n n u n g: Dr. \Y e 1) e r Joseph, II. Assistent der Chi¬
rurgischen Klinik in Stuttgart zum I. Assistenten.
447
Niederlassung: Perazin Franz aus Weiden in Pöcking
(Niederbayern).
Approbationen: in München die Herren Weh Adolf
aus Aufheim und Weyland Heinrich aus Pirmasens.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Gießen die Tierärzte:
Braun Johannes in Horchheim, G 1 öser Karl in Metzingen, IIof-
lierr Otto in Stuttgart, Löffler Heinrich in Berlin, Müller
Wilhelm und Sigwart Hans in Stuttgart; in Bern die Tierärzte:
Bock Franz in Wiesbaden, Bornhauser Heinrich in Wein-
felden, Ehrensberger Emil in Zwei brücken, Wenner Franz
in Mühlheim und Zier Max in Achselschwang.
mr Cavete Pfaffenberg “ns
(Bezirksamt Mallersdorf).
Auskunft über die in Nr. 164 der Augsburger Abendzeitung aus¬
geschriebenen Tierarztstelle erteilen:
Leipold, Kgl. Bezirkstierarzt, Dr. Schenkl, Distriktstierarzt,
Mallersdorf. Geiselhöring.
Eder, prakt. Tierarzt, Kühler, prakt. Tierarzt,
Ergoldsbach. Schierling.
wm -A.pprcTbiexter "Vertreter m
vom 15. Juli ab auf 3—4 Wochen gesucht. Honorar nach Über¬
einkunft. Distriktstierarzt Scharr, Aindling.
Vom 1. August an ist ständige Assistenten- bezw. be¬
zahlte Praktikantenstelle in Kempten — über 15 000 Ein¬
wohner, somit Schlachthofpraxis gleichzeitig zu erledigen — neu
zu besetzen. Bewerbung sofort zu richten an Kgl. Bezirkstierarzt
E. J unginger*
Ab 1. August tüchtiger, energischer 1(2)
W"* “^7"extxetex
für Praxis und Fleischbeschau auf ca. 4 Wochen gesucht. Rad¬
fahrer. Ged. Offert, unter B. 89 an die Expedition des Blattes.
Zentralinstitut für Tierzucht
:: Dr. Kirstein. ::
Rotlaufserum
Sazillolsal'benkapseln.
Berlin S.W. 48.
Wilhelmstr. 128.
448
Chem. Fabrik ° Darmstadt
empfiehlt alle Drogen and Chemikalien ihr die Veterinärpraxis,
insbesondere:
Arecolin, Atropin, Cocain, Eserin, Morphin, Pilocarpin,
Podophyllin, Strychnin, Veratrin, Blei-, Jod-, Queck¬
silber-, Wismnthverbindnngen etc., ferner Tuberkulin
und Bovotuberkulol für diagnostische Zwecke,
sowie die Spezialpräparate:
JODIPIN
pro usu veteritiario 10% und
25 %• Vorzüglicher Ersatz für
Jodalkalien.
Bewährt bei:
Dämpfigkeit, Leberci rrhose,
Leberkoller, Tetanus, Morbus
maciilosus der Pferde, Akti-
nomykose, Tuberkulose der
Rinder.
TANNOFORM
Äußerlich:
Ausgezeichnetes Antiseptikum.
Völlig ungiftig, stark des¬
odorierend.
Innerlich:
Wirksames Autidiarrhoicuni,
besonders bei Kalb er rühr
empfohlen.
PERHYDROL PYOKTANIN
Chemisch reines, BO°/o Wasser- Geruchloses, starkes Antisep-
stoffsuperoxyd. ticum.
Wertvolles Specificum gegen
Desinflciens für die Chirurgie. Maul- und Klauenseuche.
T f£T YOHIMBIN-MERCK ToT"
gegen sexuelle Impotenz der Zuchttiere.
Literatur über die Spezialpräparate gratis und franko.
Suptol-Burow.
Milzbrand-Serum
Erprobtes, vielfach bewährtes nach Prof. Sobernheim.
Heilmittel gegen akute und Für Schutz- und Heilzwecke
chronische Schweineseuche. empfohlen.
Beide Präparate sind direkt zu beziehen durch
E. MERCK, Serum-Abteilung, HALLE a. S.,
Sagisdorferstraße 1.
Druck von J. G otteswinter, München. — Kommissionsverlag: M. Riegersche
Universitätsbuchhandluug, München, Odeonsplatz 2.
Münchener
Tierärztliche Wochenschrift
(frfflier: Woctieasckrift für TiertreilKaade md Yietizacbt).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 5. Juli 1910. Nr. 27.
Inhalt : Originalartikel: Dr. Kreutzer: Septitugin — ein
Spezifikum? (Schluß.) — Goldmann: Vergiftung durch Herbst¬
zeitlose. — Förg: Aktinomykose des Samenstranges. Durch¬
schneidung des Kronbeinbeugers. — Englert: Ein Fall von
Rhachitis beim Schwein. — Referate: Dr. Ließ: Ein Beitrag
zur Kenntnis der Wirkung der Formäthrolpräparate. Koppitz:
Zystoide Geschwulst in der Schilddrüsengegend bei einem Hunde.
Oppenheim: Septisches Fleisch mit Medikamentengeruch. Joseph:
Die diagnostische Bedeutung der intrakutanen Tuberkulinreak¬
tion. Statistischer Veterinär-Sanitätsbericht über die K. B.
Armee für das Rapportjahr 1908. — Tierzucht und Tier¬
haltung: Der Geschlechtsgeruch bei unkastrierten Ziegen¬
böcken. — Verschiedenes: Kgl. Allerhöchste Verordnung:
Verleihung des Doktortitels betr. Frequenz an Tierärztlichen
Hochschulen pro Sommer - Semester 1910. Viehseuchennach¬
richten. — Bücherschau. — Personalien.
Sepüfugin — ein Spezifikum?
Von Distriktstierarzt Dr. M. Kreutzer, Murnau.
(Schluß.)
II. Andere Infektionskrankheiten,
a) Morbus maculosus.
Fall XIV: Ein 5jübriges Pferd war schwer an Pe¬
techialfieber erkrankt. Auf der geschwollenen dunkelroten
Nasenschleimhaut, desgleichen im Maule waren zahllose
Petechien vorhanden; die vier Beine, Bauch, Vorderbrust
und Vorderkopf zeigten bedeutende teigige Schwellungen;
daneben bestand Dyspnoe, Appetitlosigkeit, mäßiges Fieber
(39,6° C.), erhöhter Puls (54 in der Minute). Das Pferd
hatte etwa 4 Wochen vorher eine leichte Druse durchge-
rnacht, die ohne Beachtung geblieben war. Die Behandlung
bestand in Verabreichung von Septifugin (alle 10 Stunden
450
den 7. Teil) und in täglich öfters wiederholten Einreibungen
mit meiner Salbe „Eucutin“. Die Wirkung war frappierend:
Schon nach 24 Stunden gingen die Schwellungen erheblich
zurück, die Dyspnoe verschwand und das Allgemeinbefinden
besserte sich wesentlich. Nach weiteren 2 Tagen waren
nahezu sämtliche Krankheitssymptome verschwunden; die
Petechien waren zwar noch vorhanden, doch bedeutend ab¬
geblaßt. Nachteilige Folgen sind bei dem Pferde nicht ent¬
standen.
Fall XV: Ein zirka 14 Jahre altes Pferd zeigte plötz¬
lich erhebliche Anschwellungen am Kopfe, Bauch und an
den Beinen; die mächtig angeschwollenen Lippen und Nase
verliehen "dem angestrengt atmenden Pferd ein häßliches
Aussehen. In der Nasenschleimhaut waren Petechien.
Aus den Fesselgelenken der Hinterfüße sickerte gelbe,
blutig-wässerige Flüssigkeit. Diagnose: Petechialfieber. —
Therapie: Wie bei Fall XIV. Der Erfolg der Therapie trat
zwar nicht so rasch ein, wie im vorhergehenden Fall, doch
war immerhin bereits am zweiten Behandluugstage Besse¬
rung zu konstatieren, die anhielt und nach zirka 5 Tagen
zur Heilung führte.
Fall XVI: Ein weiterer Fall von Morbus maculosus
betraf ein 2jähriges Pferd. Dasselbe zeigte alle Symptome:
Petechien in der Nase, die bekannten ödematösen Anschwel¬
lungen, Appetitlosigkeit, mäßiges Fieber; gleichzeitig wurde
blutiger Urin abgesetzt. Dieses quoad Prognose ungünstige
Symptom macht den Fall besonders instruktiv. Die Behand¬
lung bestand in innerlichen Gaben von Septifugin und Ein¬
reibungen mit Eucutin. Auch dieser Fall endete nach kurzer
Zeit (8 Tagen) mit dauernder Genesung. Besonders erwähnt
sei, daß bereits nach der dritten Gabe der Urin wieder nor¬
male Farbe zeigte.
b) Bösartiges Katarrhalfieber.
Fall XVII: Eine Kalbin erkrankte plötzlich an bös¬
artigem Katarrhalfieber: Schüttelfrost, Tränen, Nascnaus-
fiuß, erschwertes Atmen, Stumpfsinn, Husten. Wenige
Stunden später wurde ich zugezogen. Ich ließ sofort Septi¬
fugin innerlich verabreichen und die Augen und Nase mit
warmem Kamillentee ausspülen. Der Erfolg war befrie¬
digend. Bereits am nächsten Tage ließen obige Erschei¬
nungen nach, das Tier wurde wieder lebhafter, aufmerksam
und nahm wieder etwas Nahrung zu sich. Die Besserung
hielt an und nach weiteren 3 Tagen war das Tier außer
Lebensgefahr; die völlige Genesung erfolgte nach zirka 14
451
Tagen, ohne daß noch eine weitereBehandlung vorgenommen
wurde.
Fall XVIII: Eine zirka 7jährige Kuh war bereits
seit etwa 4—5 Tagen an bösartigem Katarrhalfieber er¬
krankt. Es bestand Fieber (40,7 0 C.), Nasenausfluß, Tränen,
giemendes Atmen, Husten, stinkender Durchfall, Hinfällig¬
keit, völlige Appetitlosigkeit. Die sofort eingeleitete Be¬
handlung mit Septifugin brachte Besserung bezüglich des
Durchfalles und der Appetitlosigkeit. Die übrigen Sym¬
ptome blieben unbeeinflußt. Da das Tier abmagerte, ließ
es der Besitzer schlachten. Ich war damit einverstanden,
da ich selbst nicht glaubte, daß die Kuh wieder gesunde.
Fall XIX: Ein ljähriges Stierchen zeigte die gleichen
Erscheinungen, wie im vorhergehenden Fall beschrieben;
das Leiden bestand ebenfalls bereits einige Tage. Auch hier
konnte ich nach Verabreichung von Septifugin offen-
sichtlicheBesserung konstatieren. Leider ließ sich
die Besitzerin von einem Händler überreden, ihm das Tier
zu verkaufen; es war mir bisher unmöglich, über das fernere
Schicksal des Tieres etwas in Erfahrung zu bringen.
Auch in diesem Falle möchte ich eine Genesung des
Jungrindes bezweifeln. Immerhin ist, wie bei Fall XVIII,
eine günstige Wirkung des Septifugin deutlich zutage
getreten. Wenn dieselbe nicht durchgreifend genug war,
so ist dies hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß das
Mittel in beiden Fällen wegen der zu späten Anwendung
die erkrankten Tiere nicht mehr retten konnte, da eben das
Leiden schon zu weit fortgeschritten war.
c) Druse.
Fall XX: Ein Sjähriges sehr wertvolles Pferd er¬
krankte plötzlich an Druse: 41,5° C. Fieber, beschleunigte
Puls- und Atemfrequenz, Schwellung der Kehlgangslymph-
drüsen, Appetitlosigkeit. Da ich keinen Vorrat an Dr. Sehrei-
ber’scher Druselymphe hatte, die — nebenbei bemerkt —
nach meinen Erfahrungen hervorragend wirksam ist, ver-
ordnete ich bis zum Eintreffen der telegraphisch bestellten
Druselymphe Septifugin. Der Erfolg war du r c h -
aus befriedigend. Das Fieber fiel bereits nach der
zweiten Gabe auf 39,7 0 C., die Atmung erfolgte ruhiger,
die Herztätigkeit besserte sich, auch der Appetit kehrte
langsam wieder. Septifugin wurde eingeschüttet, wobei ein
Teil der Medizin daneben ging. Das Pferd hatte also nicht
einmal die Volldosis erhalten. Nach Eintreffen der Lymphe
wurde diese intravenös injiziert.
452
III. P y ä m i e.
Fall XXI: Bei einer Kuh, die infolge Zitzenverwach-
sung nur auf 3 Strichen Milch gab, versuchte der Schweizer
die Verwachsung mit einer Stricknadel operativ zu besei¬
tigen. Die Folge war eine bedenkliche Euterentzündung
mit Allgemeinerkrankung. Die Therapie bestand neben
lokaler Behandlung mit Eucutin in Verabreichung von
Septifugin. Der Besitzer war über den Erfolg dieser Be¬
handlungsmethode überaus beglückt, da es sich um die beste
Milchkuh im ganzen Stalle handelte und der Besitzer mit
Sicherheit mit einer Notschlachtung rechnete. Nach etwa
8 Tagen konnte — inzwischen war das Allgemeinbefinden
wieder ein vorzügliches geworden — ein zirka hühnerei¬
großer Abszeß am Euter geöffnet werden. Die Entzündung
des betreffenden Euterviertels ging nun rasch zurück. Ob¬
wohl nunmehr dreistrichig, gibt die Kuh doeh noch eine be¬
deutende Menge Milch (zirka 17 Liter pro Tag).
Fall XXII: Ein Pferd hatte sich einen Mauerhaken
sehr tief eingetreten. Der Schmied konnte denselben nur
mit Kraftanstrengung mittels einer Beißzange entfernen.
Die von mir alsbald eingeleitete Behandlung erfolgte nach
bekanntem chirurgischem Prinzip. Die ersten 2 Tage zeigte
sich das Tferd gesund, es ging nicht lahm und belastete den
kranken Fuß ganz normal. Am 3. Tage aber trat plötzlich
Schüttelfrost (41,3 0 C ; . Fieber), bedeutende Puls- und Atem¬
erhöhung nebst Appetitlosigkeit, lebhafte Schmerzempfin¬
dung und Schweißausbruch ein. Ich gab sofort innerlich
Septifugin; die lokale Behandlung wurde fortgesetzt; an
der verletzten Stelle zeigte sich starke Eiterung. Die
q u o a d vitam bedenkliche Allgemein-Er-
krankung konnte durch „ Septifugin “ in
zwei Tagen wirksam bekämpft werden. Das
Pferd war nach zirka 4 Wochen wieder hergestellt.
IV. Andere Krankheiten.
Fall XXIII: Ein Stutfohlen entleerte plötzlich
blutigen Urin; es bestand Fieber und heftiges Atmen.
Der Harn enthielt Blutzylinder. Diagnose: Nierenblutung,
vermutlich durch äußere Einwirkung (Schlag, Tritt) ent¬
standen. Die sofort eingeleitete Behandlung mittels Septi¬
fugin führte in 2 Tagen zur Genesung.
F a 11 XXIV : Eine Ivub war an Mastdarmentzündung
(Kücken-Lendenblut) erkrankt: Fieber, Kotdrang, Abgang
eines festen, mit geronnenen Blutklumpen vermischten
453
Kotes. Die Behandlung mit schleimig-öligen Mitteln und
Glaubersalz, sowie Essigklystieren blieb erfolglos. Die Mast¬
darmentzündung machte Fortschritte. Am 4. Tag kam Septi-
fugin zur Anwendung. Es trat nunmehr rasch Besserung
und Heilung ein.
Fall XXV: Eine Kuh litt an heftigem, blutigem
Durchfall. Die Anwendung von Tannin, Tannoform und
Plumbum aceticum brachte keine Besserung; das Tier
magerte, da es jede Nahrung verweigerte, rapid ab und es
schien die Schlachtung unvermeidlich. Nur versuchsweise
gab ich noch Septifugin; schon nach der dritten Gabe war
eine günstige Wirkung auf die Krankheit zu verzeichnen;
das gewissenhaft fortgesetzte Eingeben von Septifugin
brachte einen vollen Erfolg. In relativ kurzer Zeit (zirka
8 Tagen) war das Tier wieder genesen. Die Kuh nahm auch
wieder an Gewicht zu, konnte gemästet und an den Metzger
verkauft werden. —
Die eben niedergelegten Krankengeschichten berech¬
tigen zur Behauptung, daß Septifugin einen therapeutischen
Wert besitzt. Ich kann nicht annehmen, daß die schönen
Erfolge besonders sub I Zufallsergebnisse sind. Dagegen
sprechen meine sonstigen Erfahrungen in der Praxis. Es
wäre zu wünschen, daß das Mittel einer objektiven Nach¬
prüfung unterzogen würde, um ein endgültiges Urteil über
dessen Wert oder Unwert fällen zu können.
Ich fasse das Ergebnis meiner Versuche mit Septi¬
fugin kurz wie folgt zusammen:
1. Septifugin ist ein gelb-braunes, spirituös-wässeriges,
schwach nach Fenchel riechendes Extrakt mit einem Über¬
schuß an Spiritus.
2. Septifugin wirkt spezifisch verengernd auf die peri¬
pheren Gefäße, speziell des Hinterleibes, ferner herzstärkend,
innerlich desinfizierend, Appetit und Verdauung anregend,
antipyretisch.
3. Der relativ niedrige Preis des Septifugins ermög¬
licht seine allgemeine Anwendung.
4. Septifugin hat günstigen Einfluß auf Entzündungs¬
zustände der Geburtswege sowohl beim Pferd als auch beim
Kinde.
5. Septifugin kann zur Zeit als bestes Prophvlakti-
kum nach schweren Geburten und Uterusrepositionen ange¬
sprochen werden.
6. Septifugin hat sich bei Morbus maculosus, bös¬
artigem Katarrhalfieber, Druse wirksam gezeigt ; frühzeitige
Anwendung ist allerdings Voraussetzung.
454
7. Septifugin entfaltet auch bei Pyämie entschiedene
Wirkung.
8. Septifugin wirkt bei allen Blutungen (Darm-,
Nieren-, Blasen- und Tragsackblutungen) blutstillend.
Vergiftung durch Herbstzeitlose.
Von prakt. Tierarzt Qoldmann, Königshofen.
Auf einem Gutshofe erkrankten und verendeten im
Laufe eines Jahres 5 Pferde. Die Erscheinungen intra
vitam waren folgende: Die tags vorher noch gesunden Tiere
wurden morgens liegend im Stalle gefunden. Das Allgemein¬
befinden war zwar nur teilweise gestört, doch konnten sich
die Tiere nicht mehr erheben. Im Laufe der nächsten 30
Stunden trat der Tod ein. Die Sektion lieferte das Bild einer
hämorrhagischen Enteritis. Da an eine Futtervergiftung
gedacht werden mußte, wurde das Futter untersucht und
hiebei gefunden, daß dasHeu stark mit Colchicum autumnale
durchsetzt war. — Nach dem Futterwechsel traten Neu¬
erkrankungen nicht'mehr auf; auch die übrigen, stark ab¬
gemagerten Pferde sind jetzt in gutem Ernährungszustand.
Auffallend ist, daß bei den zirka 40 Rindern des gleichen
Besitzers keine Krankheitsfälle auftraten, obwohl an diese
Tiere das gleiche Heu verfüttert worden war. (Jahresber.
bayer. Tierärzte.)
(Die Ursache lag vielleicht darin, daß den Pferden ein
Teil des Heues als Häcksel verabreicht wurde, während die
Rinder dasselbe ungeschnitten vorgelegt bekamen. Letztere
nahmen die Herbstzeitlosen nicht auf, sondern schieden sie
aus; die Pferde aber vermochten dieselben aus dem Häcksel
nicht auszuscheiden. D. Red.)
Aktinomykose des Samenstranges.
Von Kgl. Zuchtinspektor Förg, früher in Schwarzach.
Zwei Ochsen, die von einem Kastrierer vor einem
halben Jahre kastriert worden waren, hatten im Leisten¬
kanal eine kindskopfgroße Anschwellung, die sie beim
Gehen hinderte. Bei der Untersuchung zeigte sich die
Kastrationsnarbe glatt verheilt, die Anschwellung als eine
verschiebliche Neubildung des Samenstranges im linken
Leistcnkanal. Die Tiere wurden niedergelegt und operiert.
Nach Spaltung der Haut löste ich die Geschwulst mit Finger
und Schere bis zum gesunden Teil des Samenstranges los
und unterband hier mit einer Sublimatschnur. Heilung trat
nach 14 Tagen ein, worauf die Tiere wieder zur Arbeit ver-
455
wendet werden konnten. Die Geschwülste erwiesen sich als
Aktinomykome.
Dnrctaschneidnng des Kronbeinbeugers.
Von demselben.
Ein Pferd war in eine Mähmaschine getreten und hatte
sich den Kronbeinbeuger des rechten Hinterfußes durch¬
schnitten. Ich legte einen Verband an und ließ denselben
mehrere Male täglich mit Sublimatwasser begießen. Nach
3 Tagen wurde derselbe abgenommen und die Wunde mit
Phenyforni behandelt. Dieselbe heilte ohne Eiterung, so daß
das Tier nach 4 Wochen wieder zum Dienst benützt werden
konnte. (Ibidem.)
Ein Fall von Rhachltis beim Schwein.
Yon prakt. Tierarzt E n g 1 e r t, Haarburg.
Zu einem zirka P/^jährigen Schwein (deutsch-eng¬
lische Kreuzung) wegen schlechter Freßlust gerufen, fand
ich ein für sein Alter sehr schwächliches, verkümmertes
Tier vor. Der Hinterleib war aufgetrieben, die Bauch¬
decken waren gespannt, am rechten Ellenbogengelenk be¬
fand sich eine faustgroße Anschwellung von ziemlich derber,
aber nicht knochenharter Konsistenz. Da seit einem Tage
der Kotabgang sistierte, lautete meine Diagnose auf Darm¬
verschlingung (und Rhachitis), weshalb ich zur Schlachtung
riet. Bevor jedoch die Schlachtung ausgeführt wurde, ver¬
endete das Schwein plötzlich. Die Sektion ergab, daß es
sich nicht um Darmverschlingung, sondern um Darm-Ein¬
schnürung handelte. Und zwar waren die Beckenknochen
infolge der bestehenden Rhachitis derart verdickt, daß der
Beckeneingang kaum mehr Platz zum Durchtritte des Mast¬
darmes bot. Es kam infolgedessen zu einer Einschnürung
desselben und zur Kotstauung. (Ibidem.)
Referate.
Dr. Otto Ließ: Ein Beitrag zur Kenntnis der Wir¬
kung der Pormäthrolpräparate. (Arbeiten aus dem bakterio¬
logischen Laboratorium des städtischen Schlachthofes in
Berlin; Leiter: Obertierarzt J. B o ri g e r t.)
Verf. hat sich die Aufgabe gestellt, die von der Firma
P. N ö r d 1 i n g e r - Flörsheim a. M. hergestellten und in
den Handel gebrachten Formäthrol präparate dahin zu
prüfen, ob sie den Anforderungen, welche die Tiermedizin
456
an ein desinfizierendes und desodorisierendes Mittel stellen
muß, vollauf genügen. Den Gang und die Ergebnisse seiner
eingehenden Untersuchungen hat L. in einer von der Ver¬
lagsbuchhandlung Otto Nemnich in Leipzig verlegten
Broschüre (Preis 1 Mk.) niedergelegt.
Die für die Praxis bezüglich der Verwendung der
Formäthrolpräparate, wie anzunehmen ist, grundlegenden
Schlußfolgerungen, welche V. aus seinen Arbeiten zieht,
lauten:
1. Die Formäthrolpräparate und Formlution zeigen in
2—5 %iger Lösung nur eine mittelmäßige, bakterizide Wir¬
kung. Eiterkokken werden erst nach halbstündiger Ein¬
wirkung einer 5 %igen Lösung mit Sicherheit abgetötet.
Auf Tuberkelbazillen in Reinkultur und Gewebsstücken ist
die bakterizide Wirkung eine noch geringere. Erst nach
24stündiger Einwirkung einer 5 %igen Lösung werden diese
mit Sicherheit abgetötet. Wahrscheinlich schützt die Wachs¬
hülle der Tuberkelbazillen diese vor der Einwirkung des
Desinfiziens. Infolgedessen sind die Formäthrolpräparate
in der Fleischbeschau zum Zwecke der schnellen Abtötung
von Tuberkelbazillen nicht zu verwenden. Nur bei Sputum-
Desinfektion — als Desinfektionsflüssigkeit in Spucknäpfen
— wäre eine Verwendung der Formäthrolpräparate zu em¬
pfehlen, da dieselben das tuberkulöse Sputum homogeni¬
sieren und desodorisieren und die darin enthaltenen Tu¬
berkel-Bazillen nach 24 Stunden abtöten.
2. Eine bedeutend stärkere ,abtötende Wirkung, wie
auf Eiterkokken und Tuberkelbazillen, üben die Form-
äthrole auf die Erreger der Schweineseuche, Schweinepest,
Geflügelcholera und besonders auf Milzbrandstäbchen und
Milzbrandsporen aus. Dieselben werden durch eine 3 bis
5 %ige Lösung innerhalb 15 Minuten abgetötet. Einer Ver¬
wendung der Präparate in der Großdesinfektion dürfte aber
der immerhin hohe Preis hindernd im Wege stehen.
3. Dahingegen ist die Verwendung der Formäthrole,
speziell der Formlution in 3—5 %iger Lösung, als Des¬
infiziens und Desodorans in der Wundbehandlung zu em¬
pfehlen. Die im Experiment als unzureichend erscheinende,
desinfizierende Wirkung wird hierbei durch die austrock¬
nende Wirkung unterstützt. Ihne unangenehme Neben¬
wirkung, wie Ätzwirkung auf die Wundfläche oder Hervor¬
rufen eines tauben Gefühls und einer Hautentzündung an
den Händen des Operateurs und Behandelnden —ein Nach¬
teil des Formalins — tritt bei den Formäthrolpräparaten
nicht auf.
457
4. Bei der Behandlung des Strahlkrebses ist unver¬
dünnte Formlution, die man auf die freigelegten, erkrankten
Weichteile des Hufes direkt einwirken läßt (Aufpinseln,
Tamponade) mit Vorteil zu verwenden. A.
K o p p i t z: Zystoide Geschwulst in der Schilddrüsen¬
gegend bei einem Hunde. (Tierärztliches Zentralblatt, 1910,
Nr. 4.)
Die Untersuchung eines mit einer Geschwulst
in der rechten oberen Halsgegend behafteten, sehr wert¬
vollen Vorstehhundes ergab folgendes: Faustgroße, schwap¬
pende, nicht schmerzhaft und nicht erhöht warm sich an¬
fühlende Geschwulst in der Schilddrüsengegend; starkesGei-
fern aus dem Maule, verursacht durch eine mit der äußeren
Geschwulst korrespondierende, zwischen Zunge und Unter¬
kieferast liegende, vom ersten Backenzahn bis zur Rachen¬
wand reichende, zapfenartige, schleimhautüberkleidete, prall
gespannte Geschwulst, die das Kauen derart behinderte, daß
nur flüssige Nahrung auf genommen werden konnte.
Operation: Scheren, Reinigen und Desinfizieren
der Geschwulst; Anlage eines 5 cm langen Einschnittes auf
der unteren Peripherie, wodurch eine dickschleimige, glasige
mit weißen Körnchen vermischte, grützartige Flüssigkeit
entleert und ein Einsinken der Geschwulst am Halse und
im Maule hervorgerufen wurde. Bei der anschließenden
Untersuchung der inneren Höhle mit dem Finger zeigte sich
dieselbe durch Gewebsstränge überbrückt, mit Ausbuch¬
tungen und mit glatter ebener Auskleidung versehen. Beim
Versuche, diese Auskleidung zu entfernen, stellten sich der¬
artig starke Blutungen ein, die eine Beendigung der Ope¬
ration und Stillen desBlutes mitTamponade etc. erheischten.
Die Weiterbehandlung bestand in Auspinselungen mit Jod¬
tinktur und Anlage eines entsprechenden Verbandes. Es
schien nun die Geschwulst behoben, jedoch nach 3 Monaten
kehrte dieselbe wieder, so daß sich der Besitzer zu einer
Radikaloperation in einer Tierklinik entschloß. Aber auch
diese war nicht von dauerndem Bestand; schon nach kurzer
Zeit stellte sich die Geschwulst abermals ein. Nun legte
Verfasser, da derselbe sich durch bloßes Aufschneiden der
Geschwulst keine dauernde Beseitigung versprach, ein star¬
kes Eiterband durch dieselbe und erweiterte die Ein- und
Ausgangsöffnungen derart, daß desinfizierende Ausspülungen
mit Kreolin vorgenommen werden konnten: daneben täg¬
liches Befeuchten des Eiterbandes mit Tinct. Jodi und später
458
zeitweise mit 01. terebinth. Liegenlassen desselben so lange,
bis die Eiterung nachgelassen und die Geschwulst zusammen¬
geschrumpft war. Nach Entfernen des Eiterbandes Ab¬
narbung des Kanales. Seit dieser Zeit sind keine Rezidiven
mehr aufgetreten, so daß die dauernde Beseitigung der Ge¬
schwulst anzunehmen ist.
Oppenheim: Septisches Fleisch mit Medikamenten¬
geruch. (Tierärztl. Zentralblatt, 1910, Nr. 4.)
Die Untersuchung einer Eleischprobe, herrührend von
einem mit Enteritis behaftet gewesenen, notgeschlachteten
Ochsen, ergab das Vorhandensein eines sehr starken, wider¬
lichen, auf größere Entfernung wahrnehmbaren, den ganzen
Raum durchdringenden Geruches. Weiters konnten alle
Kennzeichen für eine in der Agonie vorgenommene Schlach¬
tung und das Vorhandensein einer Sepsis festgestellt werden.
Hier fiel jedoch auf, daß auch beim Kochen der Geruch viel
aufdringlicher und widerlicher war wie bei anderem sep¬
tischen Fleisch. Dies rührte davon her, daß dem Ochsen
stark riechende Medikamente — Koliktinktur, enthaltend
Äther und Asa foetida — gegeben worden, deren Geruch
sich dem Fleisch mitgeteilt hatte. Wegen der schweren Ver¬
änderungen der Sepsis und des vorhandenen Geruches war
das Fleisch absolut ungenießbar. R a b u s.
Joseph: Die diagnostische Bedeutung der intra¬
kutanen Tuberkulinreaktion. (Berl. Tierärztl. Wochenschr.,
1909, Nr. 46.)
Verf. hat 126 Schlachtrinder der intrakutanen Tuber¬
kulinprobe unterworfen. 47 nicht reagierende Tiere wurden
bei sorgfältiger Aufnahme des Schlachtbefundes als tuber¬
kulosefrei befunden; von den 79 reagierenden Tieren waren
dagegen alle bis auf 1 mit Tuberkuloseherden behaftet.
Die Vorteile der intrakutanen Methode liegen in fol¬
gendem: Die ganze Technik der Tuberkulinanwendung und
namentlich die Kontrolle des Impfergebnisses sind sehr ver¬
einfacht; man ist insbesondere aller Temperaturmessungen
enthoben und zur Feststellung der Reaktion nicht an be¬
stimmte Stunden gebunden, da sie länger bestehen bleibt.
Weiter tritt bei intrakutanen Impfungen Milchverlust, wie
er häutig bei positiver Subkutanreaktion beobachtet wird,
nicht ein. Endlich ist es ökonomisch nicht bedeutungslos,
daß für die Tntrakutanimpfung schon der 10. Teil der sonst
benötigten Tuberkulinmenge genügt.
459
Verf. empfiehlt auf Grund seiner Erfahrungen: Intra¬
kutane Einspritzung von 0,05 ccm staatlich geprüftem Tu¬
berkulin an der seitlichen Halsfläche, Messung einer Haut¬
falte an der Impfstelle vor der Impfung und 3—4 Tage
nach dieser mittels eines eigenen Meßinstrumentes. Schwel¬
lung von 0,3 cm und mehr auf 5 cm Länge ist als positive
Reaktion anzusehen. Besteht eine Schwellung von nur
0,2 cm, so wiederholt man die Impfung mit 0,1 ccm Tuber¬
kulin auf der anderen Halsseite.
Statistischer Veterinär-Sanitätsbericht über die K. B.
Armee für das Rapportjahr 1908.
Im Jahre 1908 hatte die bayerische Armee bei einem
Durchschnittsbestand von 12 565 Pferden, von denen 71%
wegen Erkrankungen auf Rapport genommen wurden,
durch Tod oder Tötung einen Abgang von 180 Pferden.
Die meisten Todesfälle trafen auf Kolik (42) und Brust¬
seuche (24); den häufigsten Tötungsgrund gaben Knochen¬
brüche (27) ab.
Von ansteckenden Krankheiten herrschte in größerem
Umfang nur die Brustseuche in verschiedenen Standorten.
Trotz genauer Beachtung der einschlägigen Vorschriften
gelang es oft nicht, die Weiterverbreitung zu verhindern
oder den Verlauf abzukürzen, namentlich wenn es an ge¬
eigneten Absonderungsräumen fehlte. Während des Herr-
schens der Seuche sollte die Dienstleistung der gesunden
Pferde möglichst eingeschränkt werden, da beobachtet
w r urde, daß besonders nach anstrengendem Exerzieren
immer wieder neue Zugänge erfolgten. Auch wird em¬
pfohlen, die Rekonvaleszenten erst nach möglichst langer
Zeit — mindestens nicht vor Ablauf von 6 Wochen seit voll¬
ständiger Genesung — wieder in die Abteilungen zurück¬
zustellen.
Verschiedentlich vorgenommene bakteriologische Unter¬
suchungen förderten Diplokokken zutage.
Stabsarzt Dr. M e y e r-Würzburg hält es auf Grund
seiner Forschungen nicht für unmöglich, daß ähnlich wie
bei der Pneumonie oder Genickstarre des Menschen auch
bei der Brustseuche der Pferde verschiedene Erreger in Be¬
tracht kommen; damit wäre dann auch das unbefriedigende
Ergebnis mancher Schutzimpfungsversuche erklärt.
Wiederholt vorgenommene Desinfektion der Stallungen
erwies sich im allgemeinen als wirkungslos. Das 12. Feld-
Ar tillerie-Regiment wendete das seiner Einfachheit und
Dilligkeit halber zu empfehlende Desinfektionsverfahren
460
nach Dr. Huber an: Nach gründlicher Reinigung des
Stalles und Verstopfung aller Öffnungen werden in einen
etwa 40—50 Liter fassenden Zinkblech- oder Holzbottich
der Reihe nach ungelöschter Kalk in Brocken, kochendes
Wasser und rohes Formalin verbracht. Sofort entwickeln
sich explosionsartig Dämpfe, die den Raum in 5 Minuten
undurchsichtig machen. Nach 6—7 Stunden öffnet man
Fenster und Türen und läßt bis zum nächsten Tag auslüften.
Will man die Stallung früher benützen, so kann man den
Formalingeruch durch Ammouiakentwicklung mittels des
gleichen Verfahrens, indem an Stelle von Formalin Am¬
moniak tritt, in 1 Stunde entfernen. Der im Bottich ge¬
bildete Kalk - Formalinbrei ist nach entsprechender Ver¬
dünnung zum Bestreichen des Stallbodens und der Dung¬
gruben zu verwenden. Auf einen Raum von 350 cbm werden
10 kg Kalk, 15 Liter Wasser und 6 Liter Roh-Formalin ver¬
wendet. L i n d n e r.
(Fortsetzung folgt.)
Tierzucht und Tierhaltung.
Der Geschlechtsgeruch bei unkastrierten Ziegenböcken.
In Nr. 35 des vorigen Jahrganges dieser „Wochen¬
schrift“ brachte ich eine kurze Abhandlung über den Ge¬
schlechtsgeruch bei Ziegenböcken. Hiebei wurde besonders
eine Beobachtung des Schlachthofdirektors Betscher in
Ansbach besprochen, welcher am Schlachthofe in Rothen¬
burg o. T. konstatiert hatte, daß das Fleisch von Ziegen¬
böcken den Bockgeruch nicht aufweise, wenn bei der
Schlachtung die Berührung des Felles mit dem Fleische
bezw. die Berührung des Fleisches mit den Händen, welche
mit dem Felle in Kontakt waren, sorgfältig vermieden
werde.
Inzwischen berichtete auch Zuchtinspektor Viel-
hauer-Halle in Nr. 8—10 der Zeitschrift „Der Ziegen¬
züchter“ über die Schlachtung eines unkastrierten Ziegen¬
bockes: Die Schlachtung und das Herrichten des 3jährigen
Bockes wurde mit der größten Sorgfalt ausgeführt, so daß
Hände und Messer des Schlächters mit der Außenhaut nicht
in Berührung kamen. Der Erfolg war, daß weder am
frischen, noch am zubereiteten Fleische auch nur eine Spur
des Bockgeruches, welcher bei dem geschlachteten Bocke
im Leben sehr stark aufgetreten war, bemerkt werden
konnte.
Kollege Betscher bringt nun in Nr. 20 der vor¬
genannten Zeitschrift zwei weitere Fälle zur Kenntnis:
461
Im vergangenen Winter kamen zwei Ziegenböcke zur
Schlachtung. B. veranlaßte, daß eine Berührung des
Fleisches mit dem Felle oder den verunreinigten Händen
des Schlächters absolut ausgeschlossen war. Als Ergebnis
konstatierte man wiederum, daß weder das frische noch das
gekochte oder gebratene Fleisch irgendwelchen Geschlechts*
geruch aufwies. B. schreibt: „Der Schlächter muß ver¬
meiden, das Fell des Tieres, die Haare an das Fleisch zu
bringen, er muß Hände und Arme nach dem Abziehen des
Felles gründlich reinigen, das Messer und den Arbeitsschurz
wechseln. Das Fell wird sofort nach dem Abziehen aus der
Nähe des Fleisches gebracht; erst dann darf das Ausweiden
des Tieres erfolgen.“
Nach einer Privatmitteilung des Dr. K r i m m e von
der Heilanstalt Zwieseltingen wurde an dieser Anstalt
jüngst ein Ziegenbock unter Einhaltung der von B. em¬
pfohlenen Maßnahmen geschlachtet und das Fleisch hatte
auch in diesem Falle nicht den geringsten Bockgeruch.
Die von B. gemachten und nunmehr auch von anderer
Seite bestätigten Feststellungen bezüglich der Beschaffen¬
heit des Fleisches unkastrierter Ziegenböcke, welche unter
Beachtung der angegebenen Vorsicht geschlachtet werden,
sind für Ziegenzüchter, Bockhalter und züchterische Ver¬
einigungen höchst beachtenswert, insbesondere auch für das
Fleischergewerbe.
Den letzteren Punkt anbelangend führt der Kollege
Betscher das Folgende aus:
„Das Reichsgesetz, betreffend die Schlachtvieh- und
Fleischbeschau, vom 3. Juni 1900 schreibt vor, daß das mit
Geschlechtsgeruch behaftete Fleisch nach § 40, Absatz 3, der
Ausführungsbestimmungen als minderwertig oder bei hoch¬
gradigem Geschlechtsgeruch nach § 33, Absatz 16, genannter
Bestimmungen sogar als untauglich zum Genüsse für Men¬
schen zu beanstanden sei. Wurde somit das Fleisch der
Ziegen bocke bisher von der Fleischbeschau als untauglich
oder besten Falles als minderwertig befunden und vom Pub¬
likum wegen seines Geruches, wenn auch auf der Freibank,
mit Recht ungern gekauft, war somit oft gar kein oder
immer nur ein geringer Erlös zu bekommen, so ist nunmehr
bei sachgemäßer sorgfältiger Schlachtung ein Freigeben des
Fleisches von Seiten der Fleischbeschau und vor allem auch
ein wesentlich höherer Preis zu erzielen. Bei den von mir
angeführten Fällen wurden Preise von 35—45 Mk. pro ge¬
schlachtetem Bock erzielt, während man früher höchstens
10—12 Mk. bei einem solchen Verkaufe erzielen konnte.
462
insofern das Fleisch des Tieres überhaupt tauglich zum Ge¬
nüsse für Menschen war. Im Haushaltspläne des kleinen
Mannes oder auch in dem der Ziegenzuchtvereine spielen
solche Mehrerlöse jedenfalls eine gewisse Rolle.
Ich halte diese Art der Schlachtung älterer oder etwa
zuchtuntauglicher Böcke für vorteilhafter als die Kastration
und später folgende Schlachtung derselben. Man wird zwar
kastrierte Böcke noch mästen, hat aber auch während einiger
Monate mit einem weiteren Futterverbauch zu rechnen, ganz
abgesehen von den mancherlei Gefahren, die eine Kastration
für das Tier bedingt.“
Man kann dem Inhalte der vorstehenden Sätze nur
beipflichten. A.
Verschiedenes.
Königliche Allerhöchste Verordnung, die Ver¬
leihung des Doktortitels durch die K. Tierärztliche Hoch¬
schule in München betreffend.
Im Namen Seiner Majestät des Königs.
Lnitpold,
von Gottes Gnaden Königlicher Prinz von Bayern,
Regent.
Wir finden Uns bewogen der K. Tierärztlichen Hoch¬
schule in München das Recht zu gewähren, die Würde eines
Doktors und eines Ehrendoktors der veterinär-medizinischen
Wissenschaft — Doctor medicinae veterinariae — zu ver¬
leihen.
Die Promotions-Ordnung ist vom Staatsministerium
des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten festzu¬
setzen.
M ü n c h e u, den 12. Juni 1910.
Luitpold,
Prinz von Bayern,
des Königreichs Bayern Verweser.
Dr. von Wehner.
Auf Allerhöchsten Befehl
Der Generalsekretär:
von Steiner,
Kgl. Ministerialrat.
463
In Nr. 9 dieser „Wochenschrift “ wurde mitgeteilt,
daß das K. B. Staatsministerium für Kirchen- und Schul¬
angelegenheiten den Ausbau der Tierärztlichen Hochschule
schon seit langem in Aussicht genommen hatte, daß sich
aber die Ausführung der projektierten Maßnahmen durch
verschiedene Umstände verzögerte.
Nun wurden unserer Hochschule durch die Gnade
Seiner Königlichen Hoheit die von Seite unseres K. Staats¬
ministeriums überaus wohlwollend vertretenen akademischen
Rechte in rascher Folge verliehen.
Besonders erfreulich ist der letzte allerhöchste Gnaden¬
akt Seiner Königlichen Hoheit, die Verleihung des Pro¬
motionsrech t'es.
Zur Vollendung des akademischen Ausbaues unserer
Hochschule fehlt nur mehr die Rektoratsverfassung.
Selbstverständlich — so darf man wohl sagen — strebt
der derzeitige Direktor mit seinen Herrn Kollegen auch
die Erlangung dieses Rechtes an und bei dem Wohlwollen,
welches Seine Exzellenz der Herr Staatsminister Dr. Ritter
von Wehner unserer Hochschule fortlaufend angedeihen
läßt, darf wohl auch die Gewährung dieses Rechtes erhofft
werden.
Mögen die für die Münchener Tierärztliche Hoch¬
schule und die Tierärzte so hocherfreulichen Geschehnisse,
welche beide zum tiefsten steten Danke gegenüber Seiner
Königlichen Hoheit und dem K. Staatsministerium ver¬
pflichten, dazu beitragen, daß unseren beiden Schwester-An¬
stalten in Preußen recht bald das Gleiche werde! A.
Tierärztliche Hochschule Stuttgart.
Nach einer mir soeben zugegangenen Mitteilung* ist
die Tierärztliche Hochschule Stuttgart leider aufgelassen
worden.
Frequenz an Tierärztlichen Hochschulen pro Sommer-
Semester 1910.
Die Frequenz der Tierärztl. Hochschule Berlin be¬
trägt pro Sommer-Semester 1910 19(5 Zivil- und 118 Militär-
Studierende, im ganzen also 314 und nicht 185, welche Zahl
in Nr. 24 der „Berl. Tierärztl. Wochenschr.“ wohl aus Ver¬
sehen angegeben war.
An der Tierärztl. Hochschule Dresden studieren im
Sommer-Semester 1910 inklusive der Examens-Kandidaten
219 Studierende; in das I. Semester sind 20 Studierende
eingetreten.
464
Stand der Tierseuchen in Bayern am 15. Juni 1910.
Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern: 29 Gmd. (40 Geh.); Niederbayern:
15 Gmd. (17 Geh.); Mittelfranken: 4 Gmd. (4 Geh.);
Unterfranken: 2 Gmd. (2 Geh.); Schwaben: 6 Gmd.
(6 Geh.).
Die Maul- and Klauenseuche ist neu ansgebrochen in Preußen
am 24. Juni 1910 in Staw, Kreis Thorn Land, Regierungsbezirks
Marienwerder und in Orlowen, Kreis Loetzen, Regierungsbezirk
Allenstein.
Die Hanl- und Klauenseuche ist neu ansgebrochen in Preußen
am 25. Juni 1910 in Yreblsfelde, Kreis Culm, Regierungsbezirk
Marienwerder, Provinz Westpreußen.
Bttcherschan.
Kompendium der angewandten Bakteriologie für Tierarzte.
Von Prof. F. Glage, Obertierarzt beim hamburgischen
Veterinärwesen. Mit 60 Abbildungen. Berlin 1910, Ver¬
lag von Richard Schoetz. Preis geb. 7 c H 50
Verf. behandelt in dem 272 Druckseiten fassenden
Buche die angewandte Bakteriologie in folgenden 8 Ab¬
schnitten: 1. Ausrüstung, 2. Hilfsmittel für die Unter¬
suchung, 3. Untersuchungsmethoden, 4. niedere Mikro¬
organismen, 5. Anwendung der Bakteriologie in der tier¬
ärztlichen Praxis, 6. a) Krankheiten der Tiere, b) Krank¬
heiten der einzelnen Haustiere, 7. Fleischbeschau, und zwar:
a) Inlands - Fleischbeschau, b) Auslands - Fleischbeschau,
c) außerordentliche Fleischbeschau und 8. Milchkontrolle.
Der Inhalt des Buches gibt in Kürze über alles Aus¬
kunft, was für die beamteten und praktischen Tierärzte,
sowie für die Tierärzte bei der Fleischbeschau und Nah¬
rungsmittelkontrolle bei Ausübung des Berufes in Bezug
auf die Bakteriologie in Frage kommt.
Die berufliche Tätigkeit des Verfassers befaßt sich
ausschließlich mit dem in dem Werke behandelten Gegen¬
stände. Dieser Umstand war ihm die Basis zu eingehender
Kenntnis der Bedürfnisse ständig oder vielfach in der
gleichen Richtung tätiger Kollegen und ermöglichte ihm,
das Werk zu dem vollkommenen Ratgeber zu gestalten, als
welcher dasselbe oben bezeichnet wurde.
Das praktische Buch, welches sich auch zum Studium
behufs Vorbereitung zum Staatsexamen eignet, verdient
wärmste Empfehlung. A.
465
Personalien.
Auszeichnung: Avril Adolf, Kgl. Bezirkstierarzt in
Speyer aus Anlaß seiner Ruhestandsversetzung Titel und Rang eines
Kgl. Yeterinärrates.
Ernennungen: Göbel Otto, Stabsveterinär im 1. Chev.-
Rgt. in Nürnberg zum Regimentsveterinär im 8. Feld-Art.-Rgt. dort-
selbst; Mensch Peter aus Rheinhausen zum Assistenten an der
medizinischen Yeterinärklinik in Gießen; Dr. Osch mann Franz,
Assistent an der Tierärztlichen Hochschule in München zum Unter¬
veterinär im 5. Chev.-Rgt. in Saargemünd; P r e c h t e 1 Lorenz, Ober¬
stabsveterinär im 8. Feld-Art.-Rgt. in Nürnberg zum Korpsveterinär
des II. Armeekorps in Würzburg; Dr. E. Roßmüller, Ober¬
veterinär im 1. Ulanen-Rgt. in Bamberg zum Stabsveterinär; Buckl-
Landshut zum Unterveterinär im 2. Feld-Art.-Rgt. in Würzburg; Dr.
'I b e 1, Oberveterinär vom 5. Chev.-Rgt. in Saargemünd zum 1. Chev.-
Regt. nach Nürnberg; Tay ler Frd. und Zettl August von München
als Vertreter nach Welzheim bezw. Stockach.
Approbation: in Dresden Herr Heinzmann Kurt aus
Mulda; in München Herr Joseph Frick aus München und Joseph
Radberger aus Rosenheim.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Leipzig die Tierärzte:
Hemmann Erhardt in Grimma, Köhler Paul und Schmitz
Arnold in Dresden, Schweinhuber Edmund in Dettelbach
(Unterfranken), T sc her ne Ludwig in Neustadt bei Chemnitz,
W a 11 h e r Adolf in Berlin; in Bern Tierarzt Uhlenbrock Ber-
nard in Oberhausen (Rheinpr.).
Ruhestandsversetzungen: Die Kgl. Bezirkstierärzte
A v r i 1 in Speyer (s. o.) und Jakob Schi 11er in Eichstätt; Nieder-
mayr Emil, Korpsstabsveterinär des II. Armeekorps in Würzburg
mit der Erlaubnis zum Forttragen der bisherigen Uniform.
Todesfall: Uebler Andreas, Kgl. Bezirkstierarzt in
Neunburg v. W. (Oberpfalz), [1875].
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arzt in Nandlstadt O./B. hat die Vertretung unserer Firma für
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Münchener
(früher: Wochenschrifi für TierüeilKnnie Md Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
berausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 26. Juli 1910. Nr. 30.
Inhalt: Originalartikel: Prof. Albrecht: Fütterungsversuche
mit gelben Hüben (Daucus earota). [Schluß.] — Mennacher:
Ein Fall von Mastdarmverdrehung. — Referate: Grimm: Die
Räude des Frettchens. Mießner: Die Beschälseuche. Zwick
und Fischer: Zur Ätiologie der Beschälseuche. — Tierzucht
und Tierhaltung: Ober Vererbung sogenannter Erb¬
fehler. — Verschiedenes: Deutscher Veterinärrat. Stu¬
dentin der Tierheilkunde. Ernennung. Weltausstellung in
Brüssel 1910. Promotionsordnung für die veterinär-medizinische
Fakultät der Hochschule Zürich. — Personalien.
Ftttterungsversuche mit gelben Rüben (Dancns earota).
Von Prof. Albrecht, München.
(Schluß.)
Zu den von mir im verflossenen Winter unbestellten
Fütterungsversuehen benützte ich drei hochtnichtige Ziegen
Nummer I, II und III.
Es sollte durch den Versuch lediglich geprüft werden,
oh die längere Zeit dauernde Verabreichung gröberer Mengen
von Gelbrühen einen ungünstigen Einfluß auf die Ge¬
sundheitsverhältnisse der Ziegen ausübe, insbesondere aber
ob die Rüben nicht Abortus verursachen.
Das Gewicht der Tiere (Landziegen) betrug vor Beginn
des Versuches hei
Ziege I und II 62 Pfund,
Ziege III 79
Gefüttert wurden die Tiere mit Heu und Weizenkleie.
Das Heu war von mittelmäßiger Beschaffenheit. Die täglich
von jeder aufgenommenc Menge betrug ungefähr 2 Pfund.
An Kleie gab man ;, /i Pfund pro Stück und Tug.
506
Während des Versuches wurde den Ziegen die gleiche
Menge Kleie verabreicht, ferner erhielten sie zu Anfang
des Versuches die gleiche Menge Heu. Von diesem nahmen
sie aber innerhalb der Fütterungsperiode, zu welcher große
Mengen Gelbrüben verabreicht wurden, nicht mehr die
ganze Ration sondern um etwa ein Drittel weniger auf.
Da an die Ziegen noch nie Wurzelwerk gefüttert worden
war, erhielten zwei Ziegen zunächst kleine Mengen Gelb¬
rüben, um bei etwaigem Eintritt schädlicher Wirkungen den
plötzlichen Übergang der bisherigen Fütterung zur Fütterung
großer Gaben Gelbrüben als Ursache der Schädigung aus¬
schließen zu können. Der Versuch mit Ziege III (siehe
unten) scheint übrigens dafür zu sprechen, daß den Ziegen
die plötzliche Verabreichung großer Mengen Gelbrüben
keinen Schaden bringt. Das Tier erhielt schon am ersten
Tage des Versuches sechs Pfund der Wurzeln; allmählich
steigerte man die Ration bis auf 10 bezw. 12 Pfund pro die.
Die im Herbst eingebrachten Rüben waren bis Februar
im Freien unter Stroh und Erde gelagert. Es wurden ab¬
sichtlich bereits länger gelagerte Rüben zum Versuche be¬
nützt; für den Fall, daß die Rübenfütterung Störungen be¬
dingen sollte, wollte dann durch einen späteren Kontroll-
versuch mit frischen Gelbrüben eruiert werden, ob sich in
denselben nicht etwa durch längere Lagerung schädliche
Stoffe gebildet haben könnten.
Die Art der Verabreichung der Gelbrüben betreffend,
sei bemerkt, daß diese jedesmal vor der Fütterung von
Erde befreit, rein gewaschen und hierauf in kleine Stücke
geschnitten für sich gegeben wurden.
Die Ziegen nahmen die Rüben sehr gerne auf. Nur
bei Verabreichung der großen Gaben konnte man bemerken,
daß sich die Lust zum Fressen der Rüben verminderte,
so daß die Tiere die volle Rübenration (10 bezw. 12 Pfund)
erst im Verlaufe mehrerer Stunden allmählich fraßen.
Aus den nachstellenden Aufzeichnungen ist zu ersehen,
welche Mengen die hochtragenden Tiere im Verlaufe des
letzten Monats der Trächtigkeit und noch einige Zeit nach
der Geburt erhielten.
4.
II. mit
5.
11.
pro die 250 g~
500 g
G.
II. „
8.
II.
„ „ 500 g —
1500 g
9.
11. „
11.
II.
„ „ 1000 g =
3000 g
12.
II. „
18.
11.
„ „ 1500 g -
3000 g
14.
II. „
IG.
TT.
„ „ 2000 g -
6000 g
am
17.
II.
„ ., 2500 g =.
2500 g
IS.
11. mit
20.
11.
„ „ 3000g---
9000 g
507
Ziege I vom 21. II. mit 27. II. pro die 3500 g = 24500 g
am 28. II. „ 4000 g =x 4000 g
„ 1. III. mit 2. III. „ „ 4500 g = 9000 g
„ 3. III. mit 7. III. „ „ 5000g — 25000g
88000 g
am 7. III. Partus
„ 8. III. mit 20. III . pro die 5000 g - 65000 g
sohin in Summe 153000 g = 306 Pfd.
Dieselbe Menge erhielt eine zweite Ziege (Nummer II),
die am 8. III., also einen Tag später als Ziege I warf.
Dieses Tier bekam demnach vor der Geburt um 10 Pfund
mehr gelbe Rüben als Ziege I, dagegen um 10 Pfund weniger
nach der Geburt, da der Versuch bei beiden Tieren am
20. III. abgeschlossen wurde. Die Gesamtmenge der ver¬
fütterten Rüben wird hierdurch nicht verändert, da die
Tiere sowohl vor als nach der Geburt 10 Pfund Rüben pro
die erhielten.
Ziege IM vom 26. II. mit 27. II. pro die 3000 g= 6000 g
„ 28. II. „ l.IU. „ „ 5000 g= 10000 g
„ 2 III. „ 11. III. „ „ 6000 g— 60000 g
76000 g
am 11. III. Partus.
vom 12. III. mit 20. III. pro die 6000 g— 54000 g
sohin in Summe 130000g —260 Pfd.
Es erhielt somit:
Ziege I bis zur Geburt (innerhalb 32 Tagen) 176 Pfund
nach d er Geburt ( _ 13 „ ) 130 „
sohin im ganzen (innerhalb 45 Tagen) 306 Pfund
Ziege II bis zur Geburt (innerhalb 33 Tagen) 186 Pfund
nach d er Geburt ( „ _ 12 „ ) 120 „
sohin im ganzen (innerhalb 45 Tagen) 306 Pfund
Ziege III bis zur Geburt (innerhalb 14 Tagen) 152 Pfund
nach der Geburt ( „ _ 9 „ ) 108 „
sohin im ganzen (innerhalb 23 Tagen) 260Pfund.
Es sei nun erwähnt, daß das Allgemeinbefinden der
Ziegen während der ganzen Dauer des Versuches normal
war. Speziell ließen die Untersuchungen der Zirkulations¬
und Respirationsapparate, dann die Untersuchungen der
Innenwärme nur physiologische Verhältnisse erkennen.
Den Verdauungsapparat betreffend, wurde nur beobachtet,
daß die Ziege 11J, welche schon bei Beginn des Versuches
6 Pfund und vom 5. Versuchstage an 12 Pfund Gelbrüben
pro Tag erhielt, nicht die bekannte kleingeballte Beschaffen¬
heit des Kotes aufwies, sondern die Faeces wurden zusammen-
508
hängend mehr oder weniger weich abgesetzt. Urin entleerten
die Ziegen während der Zeit des Versuches, zu welcher große
Gaben Rüben verfüttert wurden, öfter und je in größeren
Mengen. Diese Tatsache ist natürlich zurüekzuführeu auf
die mit den Rüben dem Körper einverleibten großen Wasser¬
mengen. Die Gelbrüben enthalten 87 °/o Wasser. Mit
12 Pfund Gelbrüben nahmen die Tiere demnach mehr als
5 Liter Wasser auf, während der tägliche Wasserbedarf
einer Ziege ungefähr 2 Liter beträgt. Die Farbe des Harnes
war heller als die der nicht mit Rüben gefütterten Tiere,
die Reaktion deutlich alkalisch, stets fehlte Eiweiß und Zucker.
Das spezifische Gewicht schwankte zwischen 1,009—1,011,
es war etwas niederer als dasjenige des Urins von Kontroll-
tieren. Nach Friedberger und Fröhner 8 ) beträgt das
durchschnittliche spezifische Gewicht des Harnes von Schaf
und Ziege 1040 (1015—1065). Dagegen haben die Messungen
am geburtshilflichen Institut der Tierärztlichen Hochschule
München ein spezifisches Gewicht von 1,015—1,030, also im
Mittel um 1,020 ergeben.
Auch die Milch der Tiere wurde durch die Rüben¬
fütterung nicht ungünstig beeinflußt. Die während der
ganzen Dauer des Versuches, sowohl vor der Geburt (bei
Ziege I während 7 Tagen, bei Ziege II und III 1 Tag
ante partum) als auch nach der Geburt (bei Ziege I 13 Tage
lang, bei Ziege II 9 Tage lang, bei Ziege III 12 Tage lang)
ausgeführten Milchuntersuchungen ergaben keinen Unter¬
schied gegenüber den bei anderen Ziegen erhaltenen
Resultaten. Im einzelnen ergaben die Milchprüfungen:
Ziepe I
Farbe: leicht gelb
Reaktion: amphoter
spez. Gew. 1,046—1,083
Fettgehalt 6,0%—2,8%
Ziege II
Farbe: graugelb
Reaktion: schwach
alkalisch
spez. Gewicht 1,057
Fettgehalt 6,0%
Ziege III
Farbe: gelblich
Reaktion: schwach
alkalisch
spez. Gewicht 1,068
Fettgehalt 6,4%
b) Nach der Geburt.
Ziege I Ziege II Ziege III
Farbe: Während der Farbe: Während der Farbe: Während der
ersten Tage weißgelb, ersten Tage weißgelb, ersten Tage weißgelb,
dann weiß dann weiß dann weiß
Reaktion: alkalisch Reaktion: alkalisch Reaktion: alkalisch
spez. <iew. 1.034—1.025 spez. Gew. 1,036—1.028 spez. Gew. 1,038- 1,032
Fettgehalt8,0%—2,3"/» Fettgehalt9,8%—4.3% Fettgehalt9,5%—3.7%
Die Kolostralkugeln .. am 4. Tage nach der
verseil wanden am 5., ‘ Geburt.
H J Untcrsuchungsmcthoden. 3. Auflage, 8. 376.
509
c) Nach Beendigung des Versuches.
Die täglich vorgenommenen Prüfungen ergaben keine
Abweichungen von den bei den übrigen Ziegen des Stalles
erhaltenen Zahlen. Die Farbe der Milch war stets rein
weiß, die Reaktion alkalisch; das spezifische Gewicht be¬
trug durchschnittlich 1,030 bei einem mittleren Fettgehalt
von 3,3 9 /o.
Eine genaue Aufmerksamkeit wurde besonders während
der Verabreichung großer Mengen Gelbrüben auf den Genital-
apparat, auf die Bewegungen der Föten, das etwaige Vor¬
handensein von Drängen gerichtet. Es konnte nicht die
Spur einer Unregelmäßigkeit wahrgenommen werden. Die
Geburten selbst inklusive des Abganges dqr Secundinae
verliefen nach Ablauf der normalen Trächtigkeitsdauer —
sie hatte bei Ziege 1 150, bei 11 151 und bei III 150 Tage
betragen —- vollkommen regelmäßig. Die geborenen Kitzen
entsprachen in Bezug auf Gewicht, Gesundheit normalen
Verhältnissen und entwickelten sich gut.
Erwähnt sei weiter, daß der Ernährungszustand der
Versuchstiere im Verlaufe des Versuches fast gleich blieb.
Die Gewichte der Ziegen betrugen:
Ziege I: Zu Beginn des Versuchs: 62 Pfd.
Vor der Geburt: 65 Pfd.
= -J- 3 Pfd. in 35 Tagen
Nach der Geburt: 59 Pfd.
Ziege II: Zu Beginn des Versuchs: 62 Pfd.
Vor der Geburt: 65 Pfd.
= -j- 3 Pfd. in 35 Tagen
Nach der Geburt: 59 Pfd.
Ziege III: Zu Beginn des Versuchs: 79 Pfd.
Vor der Geburt: 76 Pfd.
= — 3 Pfd. in 13 Tagen
Nach der Geburt: 63 Pfd.
Wie aus den Versuchen zu ersehen, bewirkte die
Fütterung größerer Mengen längere Zeit gelagerter un¬
verdorbener Gelbrüben an hochträchtige Ziegen keine Unter¬
brechung der Trächtigkeit oder Parese bezw. Paralyse der
Hinterhand wie bei Pferden (Holterbuch), auch keine
anderen gesundheitlichen Störungen; ein schädlicher Einfluß
auf den Fötus, mangelhafte Entwicklung während des
intra-uterinen Lebens und später während der Säugezeit
fehlte ehenfalls. Die Versuche beweisen natürlich noch
keineswegs, daß das eine oder andere unter anderen Ver¬
hältnissen nicht hätte der Fall sein können, z. B. bei der
510
Fütterung ganz frischer, oder noch länger wie im konkreten
Falle gelagerter Rüben, oder bei der Fütterung von Rüben,
welche von bestimmten Standorten gekommen wären oder
von einem Standort, auf welchem die Rüben bei Beginn oder
während der Vegetation eine bestimmte Düngung erfaliren
hätten. Es sind dieses Fragen, die noch zu lösen w'ären.
Was die Fütterung des Pferdes mit Gelbrüben an¬
belangt, so muß man nach den Beobachtungen von Lehn¬
dorff, Holterbach und Suckow zu der Annahme hin¬
neigen, daß Gelbrüben an Pferde längere Zeit und in
größeren Mengen verfüttert, diesen Nachteil bringen können.
Die von Thomassen und holländischen Tierärzten ge¬
machten Wahrnehmungen sprechen ferner dafür, daß für
Pferde auch die länger andauernde Fütterung größerer
Quantitäten weißer Rüben Schädigung bringen kann.
Ein Fall von Mastdarmverdrehnng.
Von Distriktstierarzt Mennacher, Seeg (Füssen).
Ein 22 Jahre altes Pferd zeigte mittelgradige Kolik¬
erscheinungen und Schweißausbruch an der Nachhand; die
Temperatur war normal, die Zahl der mittel kräftigen Pulse
betrug 60 Schläge per Minute. Bei der rektalen Unter¬
suchung konnte der Arm nur bis zum Ellenbogen ein¬
geführt werden, da eine rechtsläufige Verdrehung des Mast¬
darmes den Handkegel nicht weiter Vordringen ließ. Nur
mit einem Finger vermochte ich, den Windungen der ver¬
drehten Darmpartie folgend, nach vorwärts zu gelangen und
hinter der eingeschnürten Stelle eine Kotstauung zu konsta¬
tieren. Da Einläufe mit nachfolgendem Bergauf- und
Bergabführen resultatlos verblieben, wurde das Pferd vor¬
sichtig niedergelegt und wie bei Torsio uteri nach rechts
gedreht, wobei der eingeführte Arm den Mastdarm zu
fixieren suchte. Nach einstündigem Bemühen war die ein-
gesclmürte Stelle so weit erweitert, daß die Hand bequem
durchgeführt und der durch Einläufe erweichte Kot entfernt
werden konnte. Gleichwohl bestanden die Kolikerschei¬
nungen weiter fort. Am anderen Tage trat geringgradiges
Fieber auf, Puls und Atmung stiegen rasch an und es
stellte sich große Mattigkeit ein. Bei der rektalen Unter¬
suchung fühlte sich an der tags vorher gedrehten Mastdarm¬
stelle die Sehleimhaut ödematös verschwollen an; der
Darm war auf Armslänge leer, Kotabgang hatte nicht statt¬
gefunden. Das infundierte Wasser kam infolge Beimischung
ganz geringer Kot- und Blutmengen mißfarbig wieder zum
511
Vorschein. Ich vermutete daher einen zweiten, weiter nach
vorn gelegenen Darm Verschluß und riet deshalb zur Schlach¬
tung des Tieres; leider konnte ich die Sektion nicht vor¬
nehmen.
Referate.
Grimm: Die Räude des Frettchens. (Tierärztliches
Zentralblatt, 1910, Nr. 17.)
Ein Frettchenpaar (Marderalbinos) zeigte seit längerer
Zeit starken Juckreiz, Unruhe, Bildung ganzer Klumpen
von dunkelbraunen Krusten und Zurückgehen im Ernäh¬
rungszustand. An den Extremitäten bis zum oberen Ende
der Fußwurzelknochen starke Verkrustung der Haut, Ent¬
zündung und Schwellung der Krallenmatrix, eminente
Wucherung der gebogenen Krallen, ebensolche Erschei¬
nungen ferner an den Fußballen. Nach Ablösung einer
Kruste bemerkt man eine heftig gerötete, stark sezernie-
rende, der Oberhaut entblößte Partie. Am schmutzig-gelben
Körper finden sich zahlreiche, stark verfilzte Haarstellen
mit kleinen Kratzwunden am Grunde. Krusten befinden sich
ferner noch beiderseits am Ohrgrunde und der Stirne.
Diagnose: Räude.
Behandlung: Aufweichen der Krusten mit Sapo
virid. und Glyzerin, Fußbäder mit verdünnter Holzlauge,
Aufträgen von Sclrwefelsalbe, Perubalsam, Septoforma-
.spiritus und 10 %iger Borodatsalbe.
Da aber wohl Besserung, aber keine Heilung erzielt,
wurde, erschoß der Besitzer das am ganzen Körper mit
Krusten bedeckte Weibchen als unheilbar, während das
Männchen auf Ersuchen des Verfassers demselben zu einem
letzten Heilversuch überlassen wurde. Neben gründlicher
Desinfektion des Käfigs Einpinseln eines Körperdrittels
um das andere in mehrtägigen Pausen mit Wiener Teer-
liniment, dem statt Pix liquid. Ol. cadin. in gleicher Menge
beigesetzt wurde. Vollbäder mit warmem 2 %igem Natr.
carbonic.- und Kreolinwasser nach vorherigem Bestreichen
der Haut mit Sap. virid. Nach zweimaliger Einpinselung
jeden Körperdrittels vollkommene Heilung. Tntoxikations-
erscheinungen infolge Gebrauchs des Ol. cadin. wurden nicht,
beobachtet. R a b u s.
Mießner: Die Beschälseuche. (Berliner Tierärztl-
Wochenschr., 1909, Nr. 34.)
Anläßlich des Auftretens der Beschälseuche in Ost¬
preußen im Herbst 1908 stellte Verfasser eingehende
U *»-.
512
Untersuchungen über diese Seuche an. Von 9 Pferden
wurden Ausstriche von Blut, Scheidenschleim, Harn-z^T
röhrenschleim und von den talergroßen Flecken uut( v
Quaddeln untersucht, wobei nur im Seheidensclileim einer
einzigen Stute vereinzelte Trypanosomen ermittelt wer (Öen
konnten. Nach einigen Tagen waren diese jedoch schon
wieder verschwunden und erst 14 Tage später erschienen ',
wieder sehr lebhaft sich bewegende Trypanosomen im L
Scheidenschleim; ein zu dieser Zeit vorgenommener über¬
tragungsversuch auf andere Tiere blieb eiiolglos. Die
Trypanosomen konnten 6 Tage lang nachgewiesen werden,
um dann nicht mehr aufzutreten.
Durch Impfungen von Hunden, Meerschweinchen,
Kaninchen, Mäusen, Ratten mit Blut, Scheidenschleim
und dein Quaddelsekret kam in keinem Falle eine Über¬
tragung zustande; dagegen konnte bei einem Pferd durch
überimpfung von Blut die Krankheit erzeugt werden.
Bei einer Stute wurde ein Heilversuch mit Arseno-
phenylglvcin, einem Präparat, das sich nach den Unter¬
suchungen Ehrlich s und seiner Mitarbeiter als ein
Spezifikum gegen Trypanosomen erwiesen hat, mit bestem
Erfolg vorgenommen. Das Tier war bereits so schwach,
daß es sich nicht mehr allein erheben konnte. Der zwei¬
maligen Einspritzung des Mittels folgte nun eine ganz
wesentliche Besserung: die Schwellungen der Schamlippen,
des Euters und die am Bauche gingen zurück und Nähr¬
und Kräftezustand besserten sich soweit, daß das Pferd
schließlich wieder zum Zug verwendbar war.
Ob die in Deutschland vorkommende Beschälseuche
identisch ist mit der in Algier herrschenden sogenannten
Drusine, muß als zweifelhaft bezeichnet werden; bei letzterer
lassen sich nämlich die Trypanosomen verhältnismäßig leicht
nachweisen, auch ist die Übertragung auf Mäuse und
Hunde ohne Schwierigkeit möglich. Dazu kommt noch,
daß es Marek gelang, beschälkranke Pferde mit Drusine-
material zu infizieren, wobei diese genau so schnell und
ebenso schwer an Drusine erkrankten, wie vorher, gesunde
Pferde.
Zwick und Fischer: Zur Ätiologie der Beschäl¬
seuche. (Berl. Tierärztl. Wochenschr., 1909, Nr. 37.)
Die Verfasser haben sich im Kaiser!. (Jesundheitsamt
3 Monate lang vergeblich bemüht, bei 3 beschälseuche-
513
kranken Pferden Trypanosomen festzuztellen. Erst als bei
einem Patient 'n ein über den ganzen Körper verbreiteter
Quaddelaussehlag auftrat, konnten die Protozoen im
Quaddelinhalt leicht und in großer Zahl gefunden werden.
Ebenso glückte schließlich auch bei einem 2. Pferd der
Trypanosomennachweis im Blut während eines Fieber¬
anfalles und in den Quaddeln ohne Schwierigkeit.
Mit dem so gewonnenen Material gelang es nun zum
ersten Mal, die Beschälseuche auf die verschiedensten
Versuchstiere zu übertragen und die künstlich erzeugte
Krankheit generationsweise fortzupflanzen.
Am leichtesten lassen sich die Trypanosomen offenbar
dann nach weisen, wenn die Untersuchungen bald nach dem
Aufschießen von Quaddeln mit Quaddelflüssigkeit oder beim
Auftreten von Fieberanfällen mit Blutzentrifugat vorgenom¬
men werden. L i n d n e r.
Tierzucht und Tierhaltung.
Über Vererbung sogenannter Erbfehler.
In (len letzten zwei Nummern der Wochenschrift wurde über
Untersuchungen und Beobachtungen des E^rivatdozenten Dr. Müller-
Berlin berichtet, welche er in bezug auf die Vererbung von Körper¬
teilen speziell des Pferdes machte und in einer Monographie ver¬
öffentlichte. Die bisherigen auszugweisen Berichte betreffen die
Vererbung der Haarfarbe und gewisser Körperteile. Müller machte
nun auch Studien über die Vererbung der sogen. Erbfehler des Pfer¬
des. Nachstehend folgen seine diesbezüglichen Urteile und Schlüsse.
Was die Vererbung des „Duinmkollers“ betrifft, äußert Müller,
daß man zwei Formen zu unterscheiden habe. Das Leiden könne
seinen Grund in einer groben Konstitution und mangelhaft ent¬
wickelten Schädelhöhle haben, wie dieses bei langen, schmalen
Kopfformen der Fall: außerdem könne der Dummkoller durch äußere
Schädlichkeiten verursacht sein. Ein ersten Falle werde sich das
Leiden in der Anlage mit Wahrscheinlichkeit vererben und es sei
dann angezeigt, das betreffende Pferd nicht wegen des Dummkollers,
sondern mit Eiücksicht auf den fehlerhaften Schädelbau von der
Zucht auszuschließen. Dagegen sei kein Grund vorhanden, ein mit
Dummkoller behaftetes Pferd von der Zucht auszuschließen, wenn
die Krankheit nachweisbar nach dem dritten oder vierten Lebens¬
jahre durch äußere Schädlichkeiten entstanden sei. Verfasser wollte
hier wohl sagen, daß es zulässig sei, Pferde, die an nachweislich
durah äußere Schädlichkeiten bedingtem E)ummkoller gelitten haben,
aber geheilt worden sind, zur Zucht zu verwenden. Es wird
Niemand ein Pferd, welches zu der Zeit, zu welcher es zur Zucht
verwendet werden soll, an Dummkoller leidet, zur Zucht benutzen,
selbst wenn seine sexuelle Fähigkeit während des Herrschens der
Krankheit nicht beeinträchtigt wäre. Man hätte nämlich daran zu
denken, daß die Beschaffenheit der Spermatosomen oder der Oeula
während und infolge der Krankheit wahrscheinlich eine nicht nor¬
male sei.
514
Bezüglich des Erbfehlers „Dämpfigkeit“ erklärt Möller, daß
kein Grund bestehe, dieses Leiden in der Liste der Erbfehler zu
führen, da, wie auch Di eck erhoff sagt, pathologische Zustände,
welche die Dämpfigkeit meist verursachen (krankhafte Veränderungen
des Herzens oder der Lunge) weder direkt noch indirekt auf die Nach¬
kommen übertragen werden. Ob diese Sentenz in ihrer Ausschlie߬
lichkeit zutreffend ist, mußten nach meiner Ansicht weitere Beobach¬
tungen lehren. Es ist z. B- nicht recht einzusehen, warum sich Herz¬
fehler nicht vererben können sollten, sei es auch nur inder Anlage.
Das Roaven anbelangend, sagt Müller, daß die Vererbung des¬
selben nicht anzunehraen sei, Wenn es infolge der Druse, Brustseuche,
oder großer Anstrengung, oder wollen wir noch beifügen, im Gefolge
eines vernachläßigten ßronchiaikatarrhes entstanden sei. Dagegen
seien Rohrer dann von der Zucht auszuschließen, wenn der Zustand
ohne besondere Anstrengung oder ohne daß eine der genannten
Krankheiten vorhergegangen, schon vor «lern zweiten oder dritten
Lebensjahre auftrete. In diesem Falle habe man eine gewisse Kon¬
stitutionsschwäche des betreffenden Tieres als Grundlage der Ent¬
stehung des Fehlers vorauszusetzen, die sich wahrscheinlich vererbe.
Mehrfach hat die Ansicht Platz gegriffen, daß die die perio¬
dische Augenentzündung veranlassende Noxe mit dem Futter und
Getränk aufgenommen werde. Die Vererbung des Leidens sei daher
sehr zweifelhaft. Müller warnt vor einer Verallgemeinerung dieses
Schlusses und drückt die Meinung aus, daß sich die periodische
Augenentzündung in der Anlage sehr wohl vererben könne, wenn
das Auge der betreffenden Elterntiere eine gewisse Konstitutions¬
schwäche besitze. Er weist darauf hin, daß gewisse Augenmängel,
wie Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit, ferner gewisse Dispositionen
zu gänzlicher Erblindung sich oft mehrere Generationen erhalten.
Der graue und schwarze Staar, Krankheiten, die bei Pferden oft
Folge der periodischen Augenentzündnng oder traumatischen Ur¬
sprunges sind, sind nach Müller an sich nicht als Erbschaften zu
bezeichnen. Hat man aber Grund, diese Augenleiden auch auf eine
Konstitutionsschwäche des Auges zurückzuführen, dann allerdings
ist Mißtrauen gegenüber solchen Tieren als Zuchtobjekte am Platze,
da derartige Schwächen erfahrungsgemäß während vieler Generationen
fortbestehen.
Den Erbfehler Spat anbelangend, akzeptiert Müller die all¬
gemeine Ansicht, die bekanntlich auch Sc hwarz enecke r in seinem
Briefe über Pferdezucht vertritt, daß sich dieser pathologische Zu¬
stand des Sprunggelenkes, wenn er an einem gut gebauten Sprung-
gelenk auf traumatische Weise entstanden, als Erbfehler nicht zu
scheuen ist, wohl aber der Spat an einem mangelhaft entwickelten
Torsalgelenke; allerdings vererbt sich auch in diesem Falle der
Spat als solcher selten oder nie, wohl aber der fehlerhafte Bau des
genannten Gelenkes und damit die Dispation zum Spate.
Mit Recht erklärt Müller, es fehle jeder Anhaltspunkt, die
Schale — er hätte beifügen können, der Leist, und das Ringbein —
als Erbfehler zu bezeichnen, wenn dieser Knochenfehler traumatischen
Ursprungs sei. Vorsicht sei aber erforderlich, wenn das genannte
Knochenieiden Folge einer fehlerhaften Stellung — Bodenenge,
Boden weite oder steile Fesselstellung etc. sei. Hier komme in Be¬
tracht. tlaß sich die Abnormitäten der Stellung, welche zur Ent¬
stehung der Schale veranlagen, vererben.
Da der Strahlkrebs eine äußere durch spezifische Schädlich¬
keiten bedingte Krankheit der Huflederhaut darstellt, so ist nicht
515
gerechtfertigt, dieses Leiden als Erbfehler au betrachten. In bezug
auf die Vererbung mangelhafter Hufbildungen stimmt Müller der
allgemeinen Annahme zu, nach welcher sich diese vererben können,
soferne sie nicht erst durch Erkrankungen herbeigeführt wurden.
Den Erörterungen über die Vererbung der sogenannten Erb¬
fehler schließt Müller noch eine Mitteilung über die von ihm ge¬
machte Wahrnehmung an, daß linksseitige Abzeichen am Körper
eines Elterntieres bei den Deszendenten oft rechtsseitig an der
korrespondierenden Stelle des Körpers auftreten, auch der sich mit
großer Wahrscheinlichkeit vererbende Einschuß ist zuweilen beim
Elterntiere rechts, beim Fohlen links und umgekehrt, es hat daher
nach Müller den Anschein, als ob die gleichartigen rechts- und
linksseitigen Körperteile keine besonderen, ganz getrennten Deter¬
minanten haben. A.
Verschiedenes.
Deutscher Veterinärrat.
Nach einer der Wochenschrift vom Präsidenten des
Deutschen Veterinärrates zugekommenen Mitteilung, deren
Inhalt in der nächsten Nummer vollinhaltlich veröffent¬
licht werden wird, findet die XII. Plenarversammlung des
Deutschen Veterinärrates nicht, wie ursprünglich geplant
worden, im September lfd. Js., sondern später, voraus¬
sichtlich im Januar des kommenden Jahres statt. Ort und
Tagesordnung der Versammlung werden später bekannt
gegeben werden.
Studentin der Tierheilkunde.
Die vorige Nummer der Wochenschrift brachte eino
der Rundschau entnommene Notiz, laut welcher an der
Tierärztlichen Hochschule Hannover eine Studentin der
Tierheilkunde immatrikuliert worden sei. In Nummer 29 der
Rundschau wird berichtigend mitgeteilt, daß die betreffende
an der Tierärztlichen Hochschule inskribierte Dame nicht
Studierende der Veterinär-, sondern der Humanmedizin ist,
welche an der genannten Hochschule die ersten natur¬
wissenschaftlichen Fächer studiert und demnächst ihre
Studien an der Universität fortsetzen wird.
Ernennung.
Der Eandestierarzt von Sachsen, Obermedizinal rat Dr.
Edelmann wurde zum ordentlichen Honorarprofessor an
der Tierärztlichen Hochschule Dresden ernannt.
Weltausstellung in Brüssel 1910.
In das internationale Preisgericht der Weltausstellung
sind vom Deutschen Reich für die Abteilung „Chirurgie-
Mechanik“ die Herren Geheimer Medizinalrat Professor Dr.
Wassermann lind Fabrikant Rudolf Haupt n er
in Firma H. Hauptner, Berlin, als Jury-Mitglieder be¬
rufen worden.
Promotionsordnung für die veterinär-medizinische
Fakultät der Hochschule Zürich.
(Vom 29. Juni 1910.)
§ 1 Wer den Grad eines Doctor medicin® veterinari® erwerben
will, hat sich durch ein schriftliches Gesuch bei dem Dekan an¬
zumelden. Der Anmeldung sind beizulegen:
a) Der Ausweis über die bestandene Staatsprüfung als Tierarzt ;
b) das Reifezeugnis eines Gymnasiums, Realgymnasiums oder
einer andern gleichwertigen Mittelschule, z. B. einer Industrie¬
schule mit Ergänzungsprüfung in Latein;
c) eine selbständig verfaßte wissenschaftliche Abhandlung (Disser¬
tation) aus dem Gebiete der Veterinärmedizin, welcher eigene
Forschungen zu Grunde liegen müssen;
d) die Bestätigung eines Hochschulprofessors über die selb¬
ständige Ausführung der Arbeit durch den Bewerber;
e) eine schriftliche Erklärung darüber, ob die Arbeit schon einer
anderen Fakultät zwecks Promotion vorgelegt wurde;
f) eine vollständige Schilderung des Lebens- und Bildungsganges
(curriculum vit®).
§ 2. Der Dekan prüft die Akten und übermittelt die Disser¬
tation mit dem vollständigen Aktenmaterial dem Vertreter des¬
jenigen Faches zur Prüfung und zum Referate, aus dessen Gebiet
sie gewählt ist.
Die Arbeit ist mit dem schriftlich motivierten Antrag des
Referenten in Zirkulation zu setzen; die übrigen Mitglieder der
Fakultät fügen ihre Voten bei.
§ 3. Sofern der Antrag des Referenten beanstandet wird, voll¬
zieht sich die Entscheidung über Annahme oder Ablehnung in einer
besonderen Sitzung der Fakultät. Dabei entscheidet bei geteilter
Ansicht das Stimmenmehr, bei Stimmengleichheit der Dekan. Der
Entscheid der Fakultät ist endgültig.
§ 4. Mit der Annahme der Dissertation ist die Zulassung zur
Doktorprüfung ausgesprochen.
Die Prüfung besteht aus zwei Teilen:
a) Der schriftlichen Prüfung, d. h. der Anfertigung einer
Klausurarbeit, für welche dem Kandidaten eine Zeit von
vier Stunden eingeräumt wird. Das Thema wird durch das
Los bestimmt und zwar aus Aufgaben, die den Gebieten der
Anatomie, Physiologie, Pathologie, Chirurgie und der Geburts¬
hilfe entnommen sind. Die Aufgaben werden von den be¬
treffenden Fachvertretern gestellt, welche auch die Arbeit
zu prüfen und zu begutachten haben.
b) Der m ü n d 1 i c h e n Prüfung, in welcher der Kandidat während
wenigstens je 20 Minuten in den Gebieten der Anatomie,
Physiologie, Pathologie, Chirurgie, Pharmakologie, Tierzucht
und Hygiene geprüft wird.
§ 5. Die Prüfung wird vom Dekan geleitet. Als Examinatoren
funktionieren die Fakultätsmitglieder. Der Prüfung in jedem ein-
517
zelnen Fache hat überdies mindestens ein weiterer Examinator
beizuwohnen.
Die Noten werden schriftlich erteilt und in ganzen Zahlen von 1
bis 6 ausgedrückt, wobei 1 die geringste, 6 die beste Note darstellt.
Bei Beurteilung des Prüfungsergebnisses zählt die Note der
schriftlichen Arbeit doppelt.
Erreicht die Durchschnittszensur nicht die Zahl 4,5, so ist das
Resultat der Prüfung ungenügend.
Eine Wiederholung derselben ist nur einmal zulässig, und zwar
nicht vor Ablauf von sechs Monaten.
§ 6. Die Erteilung der Doktorwürde erfolgt durch Mehrheits¬
beschluß der Fakultät (§ 3).
Der Titel wird als „Doctor inedieinse veterinarise“ erteilt. Das
Diplom wird im übrigen in deutscher Sprache abgefaßt; es trägt
den Titel der Dissertation, sowie die Unterschrift des Rektors und
des Dekans, ferner das Siegel der Hochschule und dasjenige der
Fakultät.
Zensuren werden auf dem Diplom nicht ausgesetzt; dagegen
behält sich die Fakultät vor, besonders tüchtiger Leistungen, in der
Dissertation oder bei der Prüfung im Diplome entsprechende Er¬
wähnung zu tun.
§ 7. Die Dissertation darf erst nach Ablegung der mündlichen
Prüfung publiziert werden.
Die Korrekturbogen sind dem Referenten und das Titelblatt
dem Dekan zur Einsicht und Unterschrift einzusenden.
Die Arbeit soll auf dem Titelblatt den Namen des Referenten
enthalten und darf erst mit der Signatur des Dekans endgültig
gedruckt werden.
Sie ist innerhalb Jahresfrist von der Prüfung an in 200 Pflicht¬
exemplaren an die Kanzlei der Universität zu adressieren, worauf
erst die offizielle Publikation erfolgen kann und das Diplom dem
Promovierten zugestellt wird. Der Titel darf vorher nicht geführt
werden.
§ 8. Denjenigen Kandidaten, welche die eidgenössische Staats¬
prüfung als Tierärzte bestanden haben, kann die mündliche Prüfung
erlassen werden.
Über die Erlassung derselben entscheidet die Fakultät auf
Grundlage der bezüglichen Prüfungsausweisc.
§ 9. Männern, welche sich um die Veterinärmedizin besondere
und hervorragende Verdienste erworben haben, kann die Fakultät
durch einstimmigen Beschluß die Doktorwürde „honoris causa“
erteilen.
Der Staat übernimmt die Kosten der Ehrendiplome.
§ 10. Die Fakultät kann einem von ihr Promovierten bei dem
50jährigen Doktorjubiläum das Diploift erneuern.
§ 11. Die Promotionsgebühren betragen Fr. 350, nämlich:
a) Für die Prüfung der Dissertation Fr. 80, welchen Betrag der
Bewerber mit den in § 1 angeführten Akten dem Dekan
einzureichen hat.
b) Für die mündliche Prüfung Fr. 270, welche der Examinand
vor Beginn derselben dem Pedell der Universität zu ent¬
richten hat.
Beim Ausfall der mündlichen Prüfung reduzieren sich die
Gesamtgebühren auf Fr. 250, wovon wiederum Fr. 80 mit
den Akten dem Dekan und Fr. 170 dem Universitätspedell
zu übermitteln sind.
518
Der Betrag von Fr. 80 wird bei Abweisung der Dissertation
nicht zurückerstattet.
Findet nach erfolgter mündlicher Prüfung Abweisung statt,
so wird die Hälfte der Gesamtgebühren (Fr. 175) zurück¬
vergütet.
Für eine Wiederholung der mündlichen Prüfung ist eine
Gebühr von Fr. 175 zu entrichten.
§ 12. Diese Promotionsordnung tritt mit ihrer Genehmigung
durch den Erziehungsrat in Kraft. Durch dieselbe wird die Pro¬
motionsordnung vom 30. Dezember 1901 aufgehoben.
Übergangsbestimmung.
§ 13. Promotionsbegehren nach der Promotionsordnung vom
30. Dezember 1901 können noch Berücksichtigung finden, wenn die
Akten im Sinne von § 1, exklusive lemma b, bis am 5. August 1910
eingereicht sind.
Zürich, den 29. Juni 1910.
Namens des Erziehungsrates,
Der Direktor des Erziehungswesens:
H. Ernst.
Der Sekretär: Dr. F. Z o 11 i n g e r.
Personalien.
Ernennungen: Dr. Edelmann, Obermedizinalrat, a. o. Pro¬
fessor an der Tierärztlichen Hochschule in Dresden zum o. Honorar¬
professor. Dr. Probst Georg, Zuchtinspektor in Mühldorf als solcher
nach Weiden, Riedel Max, Zuchtinspektorsassistent in Immenstadt
zum stellv. Zuchtinspektor in Mühldorf, Dr. Scher in er Sigmund
und Dr. Wald mann Otto zu Assistenten an der Tierärztlichen
Hochschule in Hannover bezw. Berlin. — Buekl August, Unter¬
veterinär d. R. mit Wahrnehmung einer Veterinärstelle im 2. Feld-
Art.-Regt. in Würzburg beauftragt.
Niederlassung: Bergschicker Adolf aus Langen in
Kirchardt (Baden).
Approbationen: in München die Herren: Eichelsdörfer
Hermann aus Bamberg, Fischer Max aus Haldenwang, Hofer
Hermann ans Buehloe, Kleeberg Ernst aus Wurzen und Zi m mer-
inann Rudolf aus Schweinersdorf.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Bern die Tierärzte:
Grossenbaeher Hans in Burgdorf (Bern), IIaffinanns Heinrich
in Kempen, Hieronymi Erich in Breslau und Sch neiderh ei nze
Johann in Dresden: die Zürich die Tierärzte: Hartmann Ernst in
Crimmitschau und Zahn Georg in Straßburg (Elsaß).
m -A-pproToierter “Vertreter h
vom 1. August bis 15. Oktober gesucht. Wohnung, Frühstück und
täglich 6— Mark. Fuhrwerk zur Verfügung.
Distriktstierarzt Seidel, Neubrunn bei Würzburg.
Ab 10. August wird auf 7 Wochen ein verlässiger
approbierter Vertreternach Berchtesgaden gesucht
Wohnung, Frühstück. Gefl. Offert, mit Gehaltsansprüchen sieht
entgegen Distriktstierarzt JBteiiuann.
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empfiehlt alle Drogen and Chemikalien für die Veterinärpraxis,
insbesondere:
Arecolin, Atropin, Cocain, Eserin, Morphin, Pilocarpin,
Podophyllin, Strychnin, Veratrin, Blei-, Jod-, Queck¬
silber-, Wismnthverbindnngen etc., ferner Tuberkulin
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sowie die Spezialprdparate:
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Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 2. August 1910. Nr. 31.
Inhalt: Mitteilungen aus <1 er Praxis: R.Eisenbarth, Erding.
Dr. öttle, Lindau: Desgl. Albrecht: Eine neue Klauenzange.
— Referate: Schütt und Warringsholz: über die Temperatur
rauschbrandkranker Rinder. Steinbrück: Desgleichen. Kunze:
Bewertung der Temperatur bei der Milzbranddiagnose am leben¬
den Tier. Martens, Jöhnk, Zieger: Die Körpertemperatur bei
Milzbrand. — Tierzucht und Tierhaltung: Bericht über
den Stand der Pferdezucht in Bayern im Jahre 1909. Pferde¬
versicherungsverein für die Stadt München. Ankauf von Land¬
beschälern. — Verschiedenes: 50jähriges Jubiläum als Tier*e
arzt. Den Manen Brüllers. Abgang studentischer Corps voh
der Münchener Tierärztl. Hochschule. Die Tierärztliche Hoclj 1 '
schule in Stuttgart. — Bücherschau. — DruckfehlerbericH»
tigung. — Personalien. \
Mitteilungen aus der Praxis.
Von prakt. Tierarzt R. Eisenbarth, Erding.
I. Behandlung von Stollbeule n.
Anlehnend an die von Kollegen Eder- Ergoldsbach
veröffentlichte Behandlungsweise von Stollbeulen (cf. Jahr¬
gang 1909, Nr. 13 dieser Wochenschrift) wandte ich bis¬
her dasselbe Verfahren in mehreren Fällen an: Nach voraus¬
gegangener Punktion injizierte ich 20 g Jodtinktur in die
Bursa und gleich darauf wurde die ganze Stollbeule unter
gleichzeitiger Applikation einer Scharfsalbe tüchtig durch¬
gewalkt. Ergab eine nach 6—8 Tagen vorgenommene Probe¬
punktion noch keinen eiterigen Inhalt, wiederholte ich die
Injektion mit 20 g Tinct. Jodi und ließ nochmals mit Ungt.
aer. nachreiben. Wenn es sich um rein seröse Bursitiden
handelte, so konnte in allen diesen Fällen die Stollbeule
mittelst dieser Art Behandlung zum vollständigen Schwinden
gebracht werden, indem, wie auch E d e r angibt, die zu einer
krümeligen Masse zerfallene Bursa unter Einwirkung der
durch die Scharisalbe bedingten Hyperämie resorbiert wird.
522
In einigen anderen Fällen jedoch, in welchen es sich
um keine rein serösen Bursitiden handelte, sondern bei wel¬
chen die Wand der Bursa eine ziemliche bindegewebige Ent¬
artung erfahren hatte, konnte mit dem erwähnten Verfahren
keine gänzliche Beseitigung des Zustandes erzielt werden.
Es erwies sich dann jedesmal die Spaltung als notwendig
und die durch die vorausgegangene Injektion von Tinct. Jodi
größtenteils nekrotisch zerfallene Bursa konnte dann leicht
stumpf mit dem Finger entfernt werden. Die resultierende
Wundfläche heilte durch Granulation.
Eine über zweifaustgroße alte Stollbeule war durch
letztere Art der Behandlung nach 5 Wochen dauernd be¬
seitigt.
II. Verschluckter Fremdkörper.
Am 27. Mai wurde ich zu einer im 8. Monate der Träch¬
tigkeit sich befindenden sehr wohlgenährten Kuh geholt mit
der Anamnese, daß selbige an der rechten Brustseite einen
großen „Binkel“ habe. Die vorgenommene Untersuchung
ergab, daß unmittelbar hinter dem rechten Olekranon eine
über faustgroße Geschwulst saß, die deutliche Fluktuation
aufwies. Auf die sogleich vorgenommene Inzision hin ent¬
leerte sich eine größere Menge übelriechender Jauche. Nach
Eingehen mit zwei Fingern in die Abszeßhöhle drängte sich
mir ein spitzer Körper entgegen, der sich nach seiner Ent¬
fernung als ein ca. 12 cm langes Stück einer abgebrochenen
Haarnadel entpuppte. Nach Aussage des Besitzers hat die
Kuh seit mehr als 2 Monaten öfters gehustet; seit einigen
Tagen habe er sie seltener husten hören. Nach Beseitigung
des Fremdkörpers hörte der Husten gänzlich auf.
Der spitze Körper hatte sich wohl längere Zeit zwischen
Haube und Zwerchfell eingekeilt und dadurch Reizzustände
geschaffen, die den Husten bedingten. Durch die Kontrak¬
tionen der Haube im Verein mit den exspiratorischen Be¬
wegungen des Diaphragmas wurde ihm dann ein Ausweg
nach der rechten Seite des Thorax zu gebahnt.
III. Ein Fall von schwerer Hämoglobinäm i e
mit Ausgang in Genesung.
Im November vorigen Jahres wurde ich zu einem Pferde
((»jähriger Schiinmelwallach, Normänner) gerufen, da er an
Kolik erkrankt sein soll. Das Tier soll angeblich im Stall
sehr unruhig geworden sein und starken Schweißausbruch
gezeigt haben. Hierauf wurde es im Hofe herumgeführt.
523
wobei sich jedoch sein Zustand rasch verschlechterte, es fing
zu zittern und in der Nachhand zu schwanken an und wollte
sich legen. Es konnte jedoch noch rechtzeitig in seinen Stand
verbracht werden. Gleich darauf brach es zusammen und so
liegend fand ich das Pferd bei meinem Eintreffen vor. Das
sogleich vorgenommene Katheterisieren förderte eine grö¬
ßere Menge schmutzig-braunen blutigen Urins zu Tage. Un¬
erwarteter Weise glückte es dem Pferde nach mehreren ver¬
geblichen Versuchen, sich nochmals zu erheben. Das Tier
konnte sogar noch in einen größeren Laufstand verbracht
werden, woselbst es sich, unterstützt von mehreren Per¬
sonen, noch so lange auf den Beinen zu erhalten vermochte,
bis es in eine aus großen Säcken improvisierte Hängematte
verbracht war. Ein ausgiebiger Aderlaß, Verabreichung von
Natr. bicarbonic. (200—300 g) und reichlich Zuckerwasser
vervollständigten die Therapie für diesen Tag. Als ich am
andern Morgen nach meinem Patienten sah, lag das Tier
in der Streu, alle vier Füße von sich streckend. Uber Nacht
war die Hängematte gerissen und alle Versuche, das Pferd
wieder in die Höhe zu bringen, waren gescheitert.
Der nachtsüber entleerte und aufgefangene Harn zeigte
nahezu tintenschwarze Färbung. Die Pulsfrequenz war ge¬
steigert: 68 Schläge pro Minute; der Puls selbst hart und
schnellend. Diese angeführten Erscheinungen, sowie die
ausgeprägte Paralyse ließen baldigen Exitus letalis erwarten.
Zu meinem nicht geringen Erstaunen erhielt ich jedoch im
Laufe des Nachmittags die Mitteilung, daß das Pferd sich
erhoben habe, seit 2 Stunden stehe und Heu fresse. Durch
die nunmehr eingeleitete ausschließlich diätetische Behand¬
lung war das Pferd nach 14 Tagen wieder soweit hergestellt,
daß es zu Dienstleistungen herangezogen werden konnte.
Dieser Fall möge illustrieren, daß selbst in ganz
schweren Fällen von Hämoglobinämie sehr rasch restitutio
ad integrum eintreten kann.
IV. Versuche mit P 1 a s m a s e.
Angeregt durch die in verschiedenen Nummern der
„Berl. Tierärztl. Woehenschr.“ publizierten günstigen Er¬
folge mit Plasmase wandte auch ich diesem Mittel mein
Augenmerk zu und habe mit demselben bereits Versuche
angestellt. Soweit dieselben abgeschlossen sind, lieferten
sämtliche die nachfolgend aufgeführten günstigen Resultate.
Plasmase, im wesentlichen ein arsen - eiweißhaltiges
Plastikum, wird zwecks schnellerer und gesteigerter Wir¬
kung subkutan appliziert. Über die genauere Zusammen-
524
Setzung Und Art der Wirkung dieses Mittels ist Ausführ¬
licheres in einigen Nummern der „Berl. Tierärztl. Wochen¬
schrift“ enthalten (cf. Nr. 27, 1909, und Nrn. 9 u. 14, 1910).
Die Anwendung des Mittels geschieht hauptsächlich bei
Tieren, welche im Ernährungszustände herabgekommen sind
und eignet sich so besonders auch für solche Tiere, die
sich nach Überstehen einer schweren Krankheit (wie Druse
u. a.) im Rekonvaleszenzstadium befinden. Das Mittel wird
von der Plasmase-Gesellschaft in Halle a. d. Saale herge¬
stellt und in Verkehr gebracht. Für Bayern ist Herr Kol¬
lege Huß in Nandlstadt Vertreter dieses Präparats.
1. V ersuch: Zwei schwere Arbeitspferde des gleichen
Stalles (5jähriger dunkelbrauner Wallach, Pinzgauer, und
7jähriger Schimmel-Wallach, Normänner). Beide in ganz
gleichem Futter stehende Pferde waren seit über einem
halben Jahre in ihrem Nährzustande erheblich zurückge¬
gangen, obwohl sie immer ziemlich gut gefressen hatten.
Bei meiner ersten Untersuchung anfangs April war kein
direktes Krankheitssymptom an den Tieren zu erkennen;
außer dem wenig guten Ernährungszustände war nur eine
schwache Gelbfärbung der Konjunktivalschleimhaut zu be¬
obachten. Beide Tiere erhielten 15 g Plasmase injiziert, acht
Tage darauf die gleiche Dosis. Schon 14 Tage nach der
zweiten Injektion berichtete mir der Eigentümer, daß bei
beiden Tieren eine Besserung des Nährzustandes deutlich
zu erkennen sei. Vor einigen Tagen nun, weitere 3 Wochen
später, bekam ich wieder Nachricht, daß sich die zwei Pferde
„großartig machen“, wovon ich mich selbst nochmals über¬
zeugen konnte: Der Nährzustand der beiden Pferde ist voll¬
kommen befriedigend; sie zeigen sich auch frischer und
munterer als vordem; der Schimmel hat besonders gut am
Leib zugenommen. Die Gelbfärbung der Lidbindehäute ist
gänzlich verschwunden.
2. Versuch: In einem größeren Pferdebestande (meist
1-, 2- und 3jährige Tiere) waren seit Herbst vorigen Jahres
drei Pferde umgestanden. Als ich Ende März dieses Jahres
konsultiert wurde, ergab sich bei der ersten Untersuchung
der Pferde dieses Stalles nachfolgender Befund: Sämtliche
Pferde machten einen etwas müden Eindruck und besonders
drei Tiere (ein 2jähriges und zwei Jährlinge) zeigten ein
schlechtes Aussehen und nach Angabe des Besitzers ähnliche
Krankheitssymptome wie die bereits Verendeten: struppiges,
glanzloses Haar, große Mattigkeit und Hinfälligkeit, stark
auf geschürzten Hinterleib. Die sichtbaren Schleimhäute
wiesen bei sämtlichen Tieren eine ziemliche Blaßfärbung
525
auf. Bei den drei erwähnten schwerer erkrankten Tieren
waren sie in hohem Maße anämisch. Auffallenderweise war
jedoch bei sämtlichen Tieren die Futter auf nähme nicht be¬
sonders gestört. Eine an Ort und Stelle vorgenommene
mikroskopische Blutuntersuchung von verschiedenen Pfer¬
den zeitigte den Verdacht auf perniziöse Anämie (Befund der
Poikilozytose). Die drei erwähnten Pferde, deren Ernäh¬
rungszustand am meisten zu wünschen übrig ließ, erhielten
nun in 8 tägigem Zwischenraum eine zweimalige Plasmase-
Injektion. Bereits 3 Wochen nach der zweiten Einspritzung
bekam ich vom Besitzer die Botschaft, daß sich seine sämt¬
lichen Pferde erholten und selbst die drei, welche schlechter
daran waren, bekämen ein besseres Aussehen. Bei einer
persönlichen Inaugenscheinnahme nach weiteren 14 Tagen
war ich über den Erfolg der Behandlung (Eisen-Therapie
inklusive Plasmase) äußerst befriedigt: Das anämische Aus¬
sehen der sichtbaren Schleimhäute war bei allen Tieren ge¬
schwunden und hatte selbst hei den schlechtesten bereits
einer Rotfärbung Platz gemacht. Die Mattigkeit war ge¬
wichen und dieTiere scherzten und sprangen lustig im Freien
herum.
3. Versuch: Bei zwei Pferden, die im Anschluß an
schwere Druse erhebliche Einbuße ihres Nährzustandes er¬
litten hatten, wandte ich ebenfalls eine zweimalige Plasmase-
Injektion an und war auch hier der Erfolg ein überraschen¬
der, insoferne als beide Tiere bereits 2—3 Wochen nach der
zweiten Injektion ein wesentlich gebessertes Aussehen be¬
kamen. —
Mitteilungen ans der Praxis.
Von Kgl. Bezirkstierarzt ö 111 e, Lindau.
Ausgebreitetes Ekzem bei einer Kuh.
Eine Kuh litt an einem über den ganzen Körper
verbreiteten Hautausschlag, der zu handgroßen, dicken,
schildpattähnlichen harten Auflagerungen auf der Haut
führte. Die Ohrmuscheln waren in die Erkrankung mit-
einbezogen und erschienen als derbe, harte, lederartige
Gebilde, die beim Beklopfen einen Klang gaben, als wenn
sie von Holz wären. Der Schweif war bis zu 10 cm unter¬
halb des Schwanzansatzes abgestorben und hing als gerin¬
gelter, mummifizierter Körper an der Schwanzwurzel. Das
Tier verbreitete einen penetranten Geruch. Jeglicher Juck¬
reiz fehlte, die nebenstehenden Kühe blieben trotz wochen¬
langer Berührung mit der erkrankten gesund. Die Schlach-
526
tung ergab mit Ausnahme von Anämie und hydropischer
Blutbeschaffenheit vollkommen normale Verhältnisse. Die
beschriebene Erkrankung dürfte vielleicht dadurch ent¬
standen sein, daß der Schwanz infolge einer mechanischen
Einwirkung nekrotisierte und die hiebei entstehenden Fäulnis¬
produkte langsam aber ständig resorbiert wurden. Sie ver¬
ursachten möglicherweise den Hautausschlag dadurch, daß
der Körper die Giftstoffe wieder auszuscheiden versuchte.
Innere Verblutung infolge eines Fremd¬
körpers.
Eine Kuh erkrankte unter den Erscheinungen einer
Indigestion; die Exploration förderte schwarzgefärbten, teer-
artigen Kot zu Tage. Wenige Stunden nach dem Auftreten
der ersten Krankheitsanzeichen mußte das Tier not¬
geschlachtet werden. Hiebei fand sich die Haube fast voll¬
ständig mit Blutgerinnseln, und der Darm mit schwarz
verfärbtem ungeronnenem Blute angefüllt. Ein großer Nagel
hatte ein Gefäß in der Haube angestochen und dadurch die
Verblutung herbeigeführt.
Scheiden Vorfall ante partum beiein er Kuh.
Bei einer Kuh, die in 14 Tagen kalben sollte, trat
plötzlich ein sehr starker Scheidenvorfall fast von der Größe
eines Melkeimers auf. Trotz Aufziehens des Tieres an
den Hinterbeinen mißlang jeder Repositionsversuch. Bei
nochmaliger Untersuchung ergab sich, daß die Harnröhre
in den Vorfall einmündete. Es wurde nun in dieselbe
ein gewöhnlicher dünner Gummischlauch eingeführt, worauf
einige große Schüsseln voll Harn abfloßen, der Vorfall sieb
verkleinerte! und nun mit Leichtigkeit zurückzubringen war.
Das Tier genas und kalbte nach ca. 14 Tagen normal ab.
Einige Zeit nach der Geburt erkrankte die Kuh wieder
und wurde geschlachtet. Hiebei zeigte sich eine eitrige
Nieren-und Nierenbeckenentzündung. (Jahresbericht bayer.
Tierärzte).
Eine nene Klauenzange.
Die Notwendigkeit einer sachgemäßen Klauenpflege
beim Rinde wird allgemein anerkannt und in tierärztlichen,
sowie landwirtschaftlichen Fachschriften betont. Die prak¬
tische Betätigung der Klauenpflege findet erfreulicherweise
besonders innerhalb der Genossenschaften seitens deren
Mitgliedern fortlaufend mehr und mehr Beachtung. Die
Miesbaeher Genossenschaft hat einen eigenen fahrbaren
527
sehr zweckmäßigen Notstand als Behelf zur Ausführung der
Beschneidung und Zurichtung der Klauen hergestellt. Der¬
selbe kann leicht von Ort zu Ort transportiert werden.
Sehr beachtenswert wäre dio Anregung des Vor¬
standes der Hufbeschlagschule Regensburg, des Herrn Stabs¬
veterinärs Föh ring er 1 ), die zur Zucht bestimmten Kälber
alsbald so, wie die Fohlen, an das Aufhalten der Beine zu
gewöhnen, ebenso die weitere Anregung des Genannten bei
Prämierungen Viehbesitzern, deren Tiere sich die Füße
freiwillig aufheben lassen, Prämien zu verleihen.
In neuerer Zeit wurden bekanntlich mehrere zweck¬
mäßige Instrumente speziell zum Verkürzen der Klauen
in den Verkehr gebracht, während dies vor Jahren in
primitiver Weise so zur Ausführung kam, daß man die be¬
treffenden Tiere auf eine hölzerne Unterlage (Brett usw.)
stellte, den Vorderfuß der Seite, an welcher die Klauen des
Hinterfußes korrigiert werden sollten, aufhob, spannte und
hierauf die Klauen mittelst eines Stemmeisens mit ovaler
Schneide (Baieisen) von oben an der Spitze und seitlich
verkürzte.
Jetzt bedient man sich einer sehr zweckmäßigen
Klauenschere (siehe Hauptner Katalog Nr. 4264 S. 128) und
zur Beschneidung respektive zur Verkürzung des Tragrandes
der auf der gleichen Seito des Hauptnerschen Kataloges
unter Nr. 4270 mit 4272 angegebenen Instrumente.
Vor Kurzem ist nun eine Klauenzango aufgetaucht,
die mir zum Verkürzen der Klauen äußerst brauchbar zu
sein scheint. Zweck dieser Zeilen ist hauptsächlich auf
dieses Instrument aufmerksam zu machen. Die Zange wird
von dem Schmiedmeister Schütz in Straubing hergestellt.
Die beiden Backen sind wie diejenigen einer Bei߬
zange mit scharfer Schneide beschaffen und durch ein
Charniergelenk mit einander verbunden; die beiden langen
Hebelarme bestehen aus jo zwei Teilen, einem vorderen
kürzeren und hinteren längeren, welche stumpfwinklig durch
ein Charniergelenk mit einander verbunden sind (stumpf-
l ) Münchener Tierärztliche Wochenschrift Nr. 23, 1910.
528
winklige Übersetzung) und hinter diesen beiden Gelenken
vereinigt wieder ein viertes Charniergelenk die beiden
längeren Teile der beiden Hebelarme mit einander.
Diese Einrichtung erlaubt, die Abtrennung von Horn¬
teilen mit nur ganz geringem Kraftaufwande auszuführen.
Bei Versuchen mit der Zange konnte konstatiert
werden, daß die Durchschneidung des Klauenhorns so¬
wohl der Quere nach als auch in der Richtung der Hom-
fasern sehr leicht ausgeführt werden kann. Zu wünschen
wäre allenfalls noch, daß die Hebelarme um 20—30 cm länger
hergestellt werden würden, damit wäre die Bearbeitung
der Klauen insoferne bequemer gemacht, als man sich bei
derselben weniger zu bücken hätte; endlich dürfte sich,
ebenfalls zu einer bequemeren Führung der Zange, die An¬
bringung von Handhaben am Ende der Hebelarme so, wie
an oben erwähnter Hauptnerschen Klauenschere empfehlen,
natürlich vorausgesetzt, daß damit der Preis der Zange
nicht sehr bedeutend erhöht würde.
Soweit meine wenigen Versuche ein Urteil über die
Zange gestatten, darf ich sie als sehr zweckmäßiges Instru¬
ment zur Klauenpflege beim Rinde bezeichnen und möchte
ich zu weiterer Prüfung derselben anregen. A.
Referate.
Schütt und Warringsholz: Über die Temperatur
rauschbrandkranker Rinder. (Berl. Tierärztl. Wochenschr.,
1909, Nr. 45.)
Bei insgesamt 12 Lebenduntersuchungen rauschbrand¬
kranker Rinder wurde jedesmal eine Temperatur von
38—39,5° festgesetzt. Die Temperaturabnahme erfolgte zu
den verschiedensten Zeiten sowohl im Anfangs- wie im
Endstadium der Krankheit.
Das Fehlen des erwarteten Fiebers hat sicher schon
oft zu Fehldiagnosen geführt. Da die Angaben über hoch-
fieberhafte Temperaturen bei Rauschbrand auch in die
Lehrbücher über Fleischbeschau und in die „gemeinfaßliche
Belehrung für Fleischbeschauer“ übergegangen sind, so
wurde auch schon oft die Erlaubnis zum Schlachten rausch-
brandkranker Tiere anstandslos erteilt. Den Verfassern sind
allein 3 derartige Fälle bekannt.
Steinbrück: Desgleichen. (B. T. W., 1909, Nr. 52.)
Verfasser hat 10 rauschbrandkranke Rinder in ver¬
schiedenen Stadien der Krankheit untersucht; immer
529
schwankte die Temperatur zwischen 37,8° und 39,3°. Bei
einem Kalb hatte die Krankheit die ungewöhnlich lange
Dauer von 5 Tagen; die Temperatur betrug am 2. Tag
38,2°, 9 Stunden vor dem Tode 38,0°.
Kunze: Bewertung der Temperatur bei der MHz-
branddiagnose am lebenden Tier. (B.T. W., 1909, Nr. 41.)
In allen Lehrbüchern wird behauptet, daß bei Milzbrand
ein hohes Infektionsfieber bestehe. Verfasser hat nun Gelegen¬
heit gehabt, in mehreren Fällen von Milzbrand beim Rind
das völlige Fehlen jedweder Temperaturerhöhung mit Hilfe
sogar mehrerer Thermometer einwandfrei festzustellen und
zwar ohne daß es sich um sogenannte Collapstemperaturen
gehandelt hätte.
Ferner fand ein Fleischbeschauer bei einem Schwein
normale Temperatur; nach der Schlachtung stellte sich eine
Vergrößerung und Erweichung der Milz und das Vorliegen
von Milzbrand heraus. 14 Tage später erkrankte der beim
Schlachten des Schweins mittätig gewesene Gutsvogt. Da
er vollkommen fieberfrei war, wollten die Ärzte zunächst
nicht an Milzbrand glauben, bis die Sektion hieran keinen
Zweifel mehr ließ.
Martens, Jöhnk, Zieger: Die Körpertemperatur
bei Milzbrand. (Berlin. Tierärztl. Wochenschr., 1909, Nr. 51.)
Alle drei Autoren führen im Hinblick auf den Artikel
Kunzes eine Anzahl von Fällen an, die unter hohem Fieber
verliefen. Nach den beiden ersten fehlt das hohe Initialfieber
in keinem Falle; gerade die hohe Mastdarmtemperatur, die in
keinem Verhältnis zu den sonstigen Erscheinungen steht, ist
das hervorragendste Symptom des Anthrax. Allerdings kann
infolge von Blutungen in den Darmkanal etc., sonne bei
Kollaps oft stundenlang vor dem letalen Ausgang ein
Sinken der Temperatur eintreten. Bei bereits gesunkener
Temperatur werden dann der schlechte Puls und andere
bedenkliche Symptome zur richtigen Diagnose führen.
Zieger beobachtete eine Milzbrandendemie in einem
16 Stück starken Rinderbestand. Alle erkrankten Tiere
hatten Infektionsfieber von 40°—42°, das allerdings nur
kurze Zeit, 5—14 Stunden, zugegen war; der Rückgang
der Temperatur war jedoch zum Teil wohl eine Folge der
inzwischen vorgenommenen Impfung. L i n d n e r.
530
Tierzucht und Tierhaltung.
Bericht über den Stand der Pferdezucht in Bayern im
Jahre 1909. (Aus dem Bericht der Landgestütsverwaltung.)
I. Ergebnis der Stutenbedeckung im Jahre 1908.
Im Jahre 1908 haben gedeckt
a) 479 Landgestütshengste ... 23 169 Stuten
b) 314 angekörte Privatbeschäler 17 826 ,,
= 793 Hengste. 40995 Stuten
Von den 23169 durch Landgestütshengste gedeckten
Stuten sind 11623 galt geblieben, 11476 wurden trächtig und
bei 70 Stuten konnte das Deckergebnis nicht ermittelt werden.
Von den 17826 durch die angekörten Privatbeschäler
gedeckten Stuten sind 10662 trächtig geworden, 5948 gält
geblieben und bei 1218 Stuten sind die bezüglichen Nach¬
forschungen erfolglos geblieben.
Die im Jahre 1908 gedeckten Stuten brachten
von Landgestütehengsten . 5447 j 101 ^ Hengstfohlen
von Landgestütshengsten . 6076 t 107g8 stutfohlen
„ angekorten Pnvatbeschalern 4712 J
Von den in der sogenannten II. Sprungserie — Ziff. 1
Abs. 9 und 10 der K. Verordnung vom 7. November 1898 —
im Jahre 1908 gedeckten Stuten wurden 34 trächtig.
II. Deckgeschäft im Jahre 1909.
A. Mit Landgestütshengsten.
Im Jahre 1909 standen auf 128 Deckstationen 490
Landgestütshengste, darunter 4 vom K. Stammgestüte
Achselschwang zur Bedeckung fremder Stuten zur Verfügung
gestellte Hengste in Verwendung, d. s. 11 Stück mehr als
im Vorjahre. Diese Hengste haben 24604 (= ä Hengst 50, 2 )
Stuten gedeckt d. i. gegen das Vorjahr (23 169 Stuten) eine
Zunahme von 1436 Stuten.
78 Hengste des Schlages I und II deckten 2898 Stuten
412 „ „ „ III „ IV „ 21707 „
Durchschnittlich berechnen sich auf 1 Landgestüts¬
hengst des Schlages I =- 32,6
II = 39,2
III = 51,2
IV = 53,6
An der Mehrung der Frequenz der Beschälstationen
haben alle Landgestütsbezirke mit Ausnahme von Landshut
Anteil. Dieselbe betrug im Landgestütsbezirk Erding mit
Achselsehwang 636, Augsburg 536, Ansbach 363 und Zwei-
brücken 93 Stuten. Der Rückgang der Stutenbedeckung
Stuten
531
in Niederbayern (um 191 Stück) ist auf die infolge Aus¬
bruchs der Brustseuche unter den Gestütshengsten längere
Zeit andauernde Sperrung einzelner Beschälstationen zu-
zückzuführen.
B. Mit Privathengsten.
Im Jahre 1909 wurden 306 Privathengste angekört.
Von diesen kamen zum Deckgeschäfte 300 zur Verwendung.
Dieselben deckten 17 546 Stuten und zwar:
1 .
8 Hengste des Schlages
I
140]
2.
3.
4 ,, ,, ,»
17
II
III
113
1064
" Stuten
4.
271
IV
16229
= 300 Hengste der Schläge I m. IV —17546 Stuten
Gegen das Vorjahr wurden von den Privatbeschälern
im Berichtsjahre 280 Stuten weniger gedeckt. Verwendet
wurden im Jahre 1908 14 Hengste mehr als im Jahre 1909
(314: 300).
Das Deckgeschäft vollzog sich größtenteils auf festen
Platten, nur im Kreise Schwaben besteht noch der Gau¬
ritt, der für einzelne Hengste in Rücksicht auf die örtlichen
Verhältnisse gestattet wird.
Die Förderung des Privatbeschälwesens wurde im
Jahre 1909 durch billige Abgabe von 7 Hengsten der
Schläge III und IV, ferner durch Zuwendung zum Unter¬
halte von Privatbeschälern betätigt.
_ W * #
Pferdeversicherungsverein für die Stadt München.
Der an die staatlich geleitete Landes-Pferdeversicher- V
ungsanstalt angeschlossene Verein hat am 10. d. Mts. seine
9. Generalversammlung abgehalten. Der Verein zählt
zurzeit 235Mitglieder mit 759 Pferden und einerVersicherungs-
summe von 628000 Mk., und ist hiernach der zweitgrößte
Verein in Bayern. Die Versicherungssumme ist gegenüber
dem Vorjahre um über 50000 Mk. gestiegen. Entschädigt
wurden im Geschäftsjahre 1908/09 63 Pferde mit 23849 Mk.,
seit Bestehen des Vereins im Jahre 1900 zusammen 420 Pferde
mit 152474 Mk. Der Beitrag zur Deckung der Ent¬
schädigungen, der tierärztlichen und sonstigen Kosten des
Vereins betrug wie im Vorjahre 2,80 Prozent der Ver¬
sicherungssumme. Für Pferde, die in Bierbrauereien, zur
Spedition, im Lohnkutschergewerbe, zu Holz- und »Steinfuhren
verwendet werden, erhöht sich der Beitrag um 2 bis 8 Zehntel.
Die Landes-Pferdeversicberungsanstalt erhält aus Staats¬
mitteln zurzeit Zuschüsse im Betrage von 100000 Mk. Im
532
Aufträge der Kgl. Versicherungskammer nahm Regierungs-
assessor Schmitt an der Versammlung teil. Dem Verein
können alle Pferdebesitzer der Stadt München beitreten.
Statuten und Anmeldeformulare hält die Geschäftsstelle des
Vereins, Prielmayerstraße 14/0 R., bereit.
Ankauf von Landbeschälern.
Im Aufträge der Kgl. bayerischen Landgestüts verwaltung
kaufte jüngst der Landstallmeister Freiherr von Aufseß
in Oldenburg 15 Hengste an, welche als bayerische Land¬
beschäler in Verwendung kommen. A.
Verschiedenes.
50 jähriges Jubiläum als Tierarzt.
Am 1. August feierte der Kgl. Kreistierarzt a. D.
Georg Zippelius in Würzburg das 50jährige Jubiläum
als Tierarzt.
Der Jubilar wurde geboren am 13. April 1839. Ln
Jahre 1860 kam er als Studierender an die damalige Zen¬
traltierarzneischule München, welche er anfangs August
des Jahres 1860, gleichzeitig mit den längst verstorbenen
Professoren Feser und Friedberger absolvierte. Er er¬
hielt hiebei die erste Note. Nachdem Zippelius einige Zeit
an der Zentraltierarzneischule als Assistent tätig gewesen,
wurde ihm die Bezirkstierarztensstelle in Obernburg (Unter¬
franken) übertragen. Von da kam er als Kreistierarzt an
die Kgl. Kreisregierung, Kammer des Innern nach Würzburg.
Auch wurde ihm die Vorstandschaft der Huf beschlagschule
Würzburg im Nebenamte übertragen.
In all diesen Stellungen entfaltete der Jubilar eine um¬
fassende, erfolgreiche Tätigkeit. Im Speziellen erwarb er
sich große Verdienste um die Hebung der Tierzucht im
Kreise Unterfranken. Seine vorzügliche Wirksamkeit als
Vorstand der Hufbeschlagschule Würzburg ist allseits be¬
kannt. Die Schaffung der vortrefflichen Lehrmittelsammlung
an der Würzburger Hufbeschlagschule ist sein Werk. Was
der verstorbene Professor Gutenäcker für die Ausgestal¬
tung der Lehrmittelsammlung an der größeren Münchener
Hufbeschlagschule war, war Zippelius für die kleinere Würz¬
burger Ilufbcschlaglehranstalt. Für seine Verdienste als
Vorstand der Hufbeschlagschule Würzburg wurde ihm bei
Niederlegung dieser Stelle im Vorjahre die Anerkennung
beider Staatsministerien des Innern zuteil. Besondere Er¬
wähnung verdient auch seine literarische Tätigkeit. Es liegen
533
von ihm mehrere Schriften, sowie eine Anzahl Fachartikel auf
dem Gebiete der Landwirtschaft und des Hufbeschlages vor.
Die Letzteren anbelangend seien betont seine auf Quellen¬
studien beruhenden historischen Arbeiten über die Ent¬
wicklung des Hufbeschlages.
Wir gratulieren dem Jubilar zu seinem 50jährigen
Berufsjubiläum herzlichst; möge ihm das Bewußtsein treuer
Pflichterfüllung, die allgemeine Anerkennung, welche ihm
von Tierärzten und Landwirten für seine erfolgreiche Berufs¬
tätigkeit entgegengebracht wird, Belohnung sein für sein
vieljähriges gemeinnütziges Schaffen und möge er sich der
allseitigen Würdigung seiner Verdienste noch recht lange
in Gesundheit und Wohlergehen erfreuen! D. R.
Den Manen Brüllers.
Die Tierärzte Bayerns, ja Deutschlands betrauern in
Max Brüller einen Mann, der es in den langen Jahren
seiner tierärztlichen Tätigkeit, wie selten einer, verstanden
hat, die höchste Achtung aller Kreise zu erringen.
Geboren zu Freising am 27. November 1838 als Sohn
einer sehr kinderreichen Familie war er von Anfang an
nicht auf Rosen gebettet, des Lebens Annehmlichkeiten
waren ihm, wie so manchen von uns, lange Zeit nur „vom
Hörensagen“ bekannt. Nachdem er sich die früher erforder¬
liche Vorbildung zum Studium der Tierheilkunde erworben
hatte, bezog er die Münchener „Centraltierarzneischule“
und erlangte dortselbst im Jahre 1858 die Approbation
als Tierarzt. Nach einem praktischen Jahre wandte er
sich der militärischen Laufbahn zu, in der er als Veterinär
acht Jahre in Dillingen und zwei Jahre in Würzburg
tätig war, wo er seine dienstfreie Zeit durch den Besuch
von Vorlesungen an der Universität über Pathologie, patho¬
logische Anatomie, Mikroskopie und verwandte Fächer
ausnützte. Das Jahr 1866 sah ihn als Militärveterinär im
Felde. 1869 trat er in den bayerischen Zivildienst über,
als Bezirkstierarzt in Lindau, wo er dann ununterbrochen
bis 1907 aktiv wirkte. Wegen körperlichen Leidens, das
ihm in den letzten Jahren seiner amtlichen Tätigkeit schon
die Bürde des Amtes hatte doppelt schwer fühlen lassen,
suchte er Ende dieses Jahres um Versetzung in den Ruhe¬
stand nach, der ihm unter allergnädigster Verleihung des
Verdienstkreuzes des Ordens vom heiligen Michael huldvollst
gewährt wurde, welcher ihm aber die ersehnte körperliche Er¬
holung nicht mehr in gehoffterWeise bringen sollte. Am 13.
d. M. erfolgte Erlösung von seinem Leiden. Seinem Wunsche
534
gemäß wurde seine Leiche in der nahen Schweiz, im
Krematorium zu St. Gallen, eingeäschert.
Es hieße, allgemein Bekanntes nur wiederholen, wollte
das sehr ersprießliche Wirken unseres Brüller genau be¬
schrieben werden. Der ruhige, zielbewußte, ernste Mann
imponierte jedem, der mit ihm zusammentraf. Ohne jeg¬
lichen Stolz auf eigenes Wissen und Können gab er seine
Erfahrungen jungen Kollegen zum Frommen der Allgemein¬
heit kund und freute sich über Erfolge der Jungen ebenso
herzlich, wie über seine eigenen; mit einem Worte mag
alles gesagt sein: Brüller war ein nobler CharakterI
Im höchsten Grade eigen war B. das Streben sich fortzu¬
bilden. Er trieb mit Vorliebe naturwissenschaftliche Studien,
als deren Grundlage er sich insonderheit die Darwinschen
Lehren zu eigen machte; er war ein vorzüglicher Kenner von
Fauna, Flora und der geologischen Beschaffenheit der Lin-
dauer Gegend, wie des Bodenseebeckens und dessen ganzer
Umgebung.
Daß ein solcher Mann auch schöngeistigen Studien
nicht abhold sein konnte, ist wohl klar. Seine wenigen
Musestunden füllte er durch Eindringen in die Schriften
Schopenhauers, Spinozas, Kants usw. aus; sein ganzes Herz
aber gehörte dem größten aller Geister, seinem Goethe, in
dem er den Inbegriff höchsten Menschentums verehrte und
der ihm ein Ratgeber und Tröster in allen Lebenslagen bis
an sein Ende war; was von Goethe und über Goethe ge¬
schrieben ward, suchte er mit einem wahren geistigen
Heißhunger sich zu eigen zu machen.
Wie fast jeder Gemütsmensch, so liebte auch Brüller
edle Musik, pflegte sie selbst eifrig und verschönte sich und
anderen, insonderheit den lieben Seinen, mit ihr und durch
sie so manche Stunde.
Für seinen Bildungstrieb und seine Bildungsfähigkeit
dürfte die Tatsache sprechen, daß er sich im reifen Alter
noch die englische Sprache aneignete, um die führenden
Geister des Inselvolkes in ihrer eigenen Sprache verstehen
zu lernen.
Fs kann uns nicht wundern, daß der allseitig tätige,
für alles Gute und Schöne empfängliche Mann auch Sinn
für das öffentliche Leben, für Wohl und Wehe seiner Mit¬
menschen hatte und deshalb von seinen Mitbürgern gewählt
über 10 Jahre lang dem Kollegium der Gemein debevoll-
mächtigten Lindaus zur Zierde gereichte.
Nach den: Gesagten ist es selbstverständlich, daß
Brüller ein herzensguter Familienvater war, und daß sein
535
Verlust für die Seinigen ein äußerst herber und schmerz¬
licher sein mußte. Mögen sie einigen Trost darin finden,
daß Brüllers in jeder Richtung so ersprießliches Wirken
weit über den Kreis, in welchem sich seine Tätigkeit ab-
wickelte, die größte Anerkennung fand und jedem Kollegen
ein leuchtendes Beispiel sein wird.
So ist nun mit Max Brüller ein durch und durch
charaktervoller Kollege dahingegangen, dessen wir Tierärzte
mit Stolz, aber auch innigen Dankes voll gedenken werden
immerdar.
Kempten im Juli 1910
E. Junginger
Bezirkstierarzt.
Abgang studentischer Corps von der Münchener Tierärztl.
Hochschule.
Die beiden Corps Normannia und Vandalia der
Tierärztlichen Hochschule München, welche bisher den S. C.
dieser Hochschule bildeten, haben aufgehört Corps der
Tierärztlichen Hochschule zu sein. Das Corps Normannia
ist in den Weinheimer S. C. und das Corps Vandalia in
den S. C. der technischen Hochschule übergetreten. Es
sind diese Vorkommnisse gerade jetzt, wo die Tierärztliche
Hochschule im Aufblühen begriffen ist, bedauerlich. Den
8. C. der Tierärztlichen Hochschule bilden nunmehr die
beiden Corps Salingia und Saxo-Thuringia.
Die Tierärztliche Hochschule in Stuttgart.
Wie in dieser Wochenschrift berichtet wurde, stellte der
Präsident der ersten württeinbergischen Kammer von Sand berge r
in der Sitzung dieser Kammer am 15. Juli den Antrag, die Beschlu߬
fassung über die Forderung des Finanzausschusses, die Aufhebung
der Hochschule zu votieren, so lange aufzuschieben, bis eine Ver¬
besserung der Finanzlage eingetreten sei. Die Annahme dieses
Antrages, welche bedauerlicher Weise nicht erfolgte, hätte zu einer
nochmaligen reiflichen Überlegung des „Für und Wider“ der Auf¬
lassung der Hochschule seitens der maßgebenden Faktoren geführt
und man muß fast annehmen, daß in dieser Zwischenzeit der Fehler,
die Hochschule aufzulösen, erkannt worden wäre, übrigens kann
diese Einsicht doch noch Platz greifen. Die Hochschule besteht
vorläufig noch fort. Nach einem Erlasse des württeinbergischen
.Staatsministeriums des Kirchen- und Schulwesens an den Ausschuß
der Studensenschaft, welchen ich nachstehend wörtlich folgen lasse,
wird die Stuttgarter tierärztliche Hochschule allenfalls bis zur Etats¬
periode 1913/15 fortbestehen. Im Laufe dieser Zeit können noch
recht wohl Verhältnisse eintreten, welche die württeinbergischen
Abgeordneten veranlassen werden, den gegenwärtigen Beschluß ab¬
zuändern. A.
536
Stuttgart, den 15. Juli 191Ö.
Kgl. Staatsministerium
des Kirchen- und Schulwesens.
Dem Ausschuß der Studentenschaft beehre ich mich auf die
Eingabe vom 13. d. Mts. im Aufträge des Herrn Staatsministers des
Kirchen- und Schulwesens zu erwidern, daß es sich, wie der Herr
Staatsminister schon bei den ständischen Verhandlungen ausgeführt
hat, und wie sich aus dem ständischen Beschluß „die zur Aufhebung
der Hochschule erforderlichen Einleitungen zu treffen“ ergibt, nicht
um eine sofortige, sondern um eine allmähliche Aufhebung der Hoch¬
schule handeln kann. Die Unterrichts Verwaltung wird daher die
Belassung der Tierärztlicheü Hochschule für die nächste Finanz¬
periode (1. April 1911/31. März 1913) beantragen und, wenn dann
noch eine genügende Anzahl von Studierenden vorhanden sein sollte,
auch die Belassung für die Etatsperiode 1913/15 in Erwägung ziehen,
so daß in diesem Falle die Hochschule erst auf 31. März 1915 ge¬
schlossen würde.
Hienach wird zur Zeit für die Studierenden kein Grund vor¬
liegen, diese zu verlassen, und ebenso könnten in den nächsten Jahren
Studierende neu eintreten, zumal da bei der ejnheitliehen Regelung
der tierärztlichen Prüfungen für das ganze Reich der Übertritt von
einer Tierärztlichen Hochschule zu einer anderen ohne jeden Zeit¬
verlust erfolgen kann. Die Dauer der Zeit, in der die hiesige Tier¬
ärztliche Hochschule noch fortbestehen wird, hängt wesentlich von
ihrem Besuch durch Studierende ab.
Dem Ausschuß der Studentenschaft möchte ich anheimgeben,
Vorstehendes in möglichst umfassender Weise zur Kenntnis der
Studierenden der Tierheilkunde zu bringen.
Regierungsrat
gez. Sto 11.
Bttcherschau.
Der Fuß des Pferdes in Rücksicht auf Bau, Verrichtungen,
Hufbeschlag und Hufkrankheiten. Elfte verbesserte Auf¬
lage von Leisering und Hartmann. Der Fuß des
Pferdes. Mit 428 Abbildungen. Neu bearbeitet von Prof.
Dr. M. Lungwitz, Direktor des Institutes für Hufkunde
und Vorstand der Lehrschmiede an der Kgl. Tierärztlichen
Hochschule zu Dresden. Hannover. 1910. Verlag von
S c h a p e r, Preis 10 Mk.
Der Inhalt des hier aufgeführten 522 Druckseiten umfassenden
Werkes von Lungwitz ist in zwei Abschnitten niedergelegt. Der
erste Abschnitt behandelt in 9 Kapiteln auf 162 Seiten den Fuß des
Pferdes in Rücksicht auf Bau und Verrichtungen: der zweite (306
Druckseiten) Abschnitt umfaßt in 3 Kapiteln den Desching kranker
Hufe und lahmer Pferde. Daran schließt sich je ein Anhang über
den Klauenbeschlag, dann über den Hufbeschlag an der Militär¬
schmiede der Schweizerischen Armee und über die Haftpflicht des
Hufschmiedes nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches
für das Deutsche Reich.
In der neuen Auflage wurden von L. fast alle Kapitel des
Inhaltes der früheren Ausgaben abgeändert und ergänzt. Die Kapitel
über das Handwerkszeug zur Anfertigung von Hufeisen, über das
537
Eisen für schleifenden Gang, über den Beschlag für hodenenge Stellurig
sind neu eingefügt worden. Interessant sind für die Kollegen die
ergänzten Kapitel über die Geschichte des Hufbeschlags und den
Beschlag für Jagd-, Kenn- und Traberpferde. Eine sehr eingehende
sorgsame Bearbeitung hat derjenige Teil des Inhaltes erfahren,
welcher über die Beschläge kranker Hufe und lahmer Pferde handelt.
Dieser Umstand macht das Buch — das derzeitig beste über Huf¬
beschlag — besonders wertvoll. Wir empfehlen das auch aD vorzüg¬
lichen Abbildungen reiche und buchhändlerisch sehr gut ausgestattete
Werk aufs Wärmste. A.
Drackfehlerberichtigimg.
In Nr. 30 der Wochenschrift soll es auf Seite 514 in Zeile 10
von oben „Roaren“ statt „Roaven“, in Zeile 13 von unten „Tarsal¬
gelenk 4 * statt „Torsalgelenk 44 und in Zeile 11 von unten „Disposition 44
statt „Dispation 44 heißen.
Personalien.
Ernennungen: Zu Kgl. Bezirkstierärzten und zwar in Speyer
Distriktstierarzt Dr. Geisendörfer in Windsheim, in Neunburg v. W.
Distriktstierarzt Loesmeister August in Dorfen, in Oberviechtach
Distriktstierarzt Schuester Otto in Monheim, in Hilpoltstein Di¬
striktstierarzt Set tele Sigmund in Pasing, in Hammelburg Distrikts¬
tierarzt W i t z i gm a n n Heinrich in Haßloch ;Servatius Max, Großh.
Bezirkstierarzt in Lahr (Baden) zum Zuchtinspektor in Freiburg.
Wohnsitzveränderungen: Mayer Sebastian, K. Bezirks¬
tierarzt in Hilpoltstein auf Ansuchen nach Eichstätt, ebenso Scheuing
Georg, K. Bezirkstierarzt in Oberviechtach nach Zweibrücken, Zeh
Oskar, Assistent am bakt. Institut der Landwirtschaftskanuner in
Halle als Tierarzt am Institut für physiol. Chemie, G. m. b. H. in
Nowawes nach Potsdam.
Niederlassungen: Hammerschmidt Wilhelm und Rieger
Max aus Regensburg in Pasing, Hösl Joseph aus Eitlbrunn in
Mönchberg (Ufr.).
Approbationen: in München die Herren: Breinbauer
Hans aus Lebersberg, Eberl Georg aus Regensburg, Engel Hans
aus Yolkach, Fischer August aus München, Gudjeff Gent sehe
aus Streltscha (Bulgar.) Lützkendorf Frdr. aus Augsburg, Peglow
Otto aus Berent, Schrödel Eugen aus München, Steckenbiller
Franz aus Geroldsbach und Wandinger Xaver aus Buchbach;
in Dresden die Herren: Rampoldt Fritz aus Pleß und Schwalbe
Georg aus Pime; in Gießen die Herren: Hoelt Renö aus Tann (Eis.),
Miller Ernst aus Aulendorf und Rau Karl aus Leopoldshafen;
in Hannover die Herren: Hoffmann Alfred aus Neuenfelde, Mun-
sterhjelm aus Tammersfors (Finnland), Robben Anton aus Ba¬
winkel, Siefke Rudolf aus Kellinghusen, Soenneby Torstein aus
Enebak (Norwegen) Willmes Paul aus Elberfeld und Wusthoff
Frdr. aus Niederelfringhausen.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Gießen die Tierärzte:
Barnowski Oskar in Boxhagen, Binz Peter in Gießen, Blüm
Philipp in Darmstadt, 111 ig Heinrich in Tübingen, Rieken Her¬
mann in Göttingen, Schwedesky Paul in Angermünde, Uhland
Gust. in Rottweil; zum Dr. phil. in Jena Dr. med. vet. Reinecke
Julius in Berlin; in Bern die Tierärzte: Haarstick Ernst in Hildes¬
heim, Hösl Jos. in Mönchsberg und Rottke Georg in Tessin (Meckl.).
Ruhestands Versetzung: Krug Heinrich, K. Bezirks¬
tierarzt in Hammelburg auf Ansuchen unter Anerkennung seiner
Dienstleistung, Hink August, Zuchtinspektor in Freiburg im Breisg.
Todesfall: Dupre Hermann, Distriktstierarzt in Grünstadt
(Pfalz), |1886l. _
Gegen Scheidenkatarrh.
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Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 9. August 1910. Nr. 32.
Inhalt: Originalartikel: Jöhnk: Über Bauchvertikallage. —
Prof. Albrecht: Zur Behandlung des infektiösen Scheidenkatarrhs
beim Rinde. — Referate: Pospischil: Schweißekzem unserer
Militärreitpferde. Erber: Über die Behandlung der chronischen
Entzündung des Fleischsaumes und der Fleischkrone. — Tier¬
zucht und Tierhaltung: Bericht über den Stand der
Pferdezucht in Bayern im Jahre 1909. (Fortsetzung.) Vieh¬
zählung in Preußen. — Verschiedenes: Einweihung der
neuerbauten Tierärztlichen Hochschule in Brüssel. Versammlung
Deutscher Naturforscher und Ärzte in Königsberg i. Pr. Tier¬
ärztliche Hochschule Hannover. Deutscher Veterinärrat. —
Bücherschau. — Personalien.
Ober Bauchverükallage.
Von M. Jöhnk, Berne (Oldenburg).
Alle bei der Entwicklung von Vertikallagen in Be¬
tracht kommenden Behandlungsarten hat Herr Professor
Dr. Albrecht in Nr. 15 und 16 dieser „Wochenschrift“
eingehend gewürdigt. Wenn ich dies Thema nochmals an¬
schneide, so geschieht dies, weil ich die Berichtigung in einer
von den bisher bekannten Verfahren abweichenden Weise
vornahm. Ich habe bislang drei Bauch- und eine Riicken-
vertikallage beim Pferde beobachtet.
I. Oldenburger Stute, I. Para; Besitzer G. O. in Para¬
dies. Nach Angabe soll der Hinterteil des Fohlens fest¬
sitzen und trotz Anwendung einer sehr großen Zugkraft
nicht geboren werden können. (Um die Hinterhand der
Stute war das Brustblatt eines Sielengeschirres gelegt
worden, die Zugstränge dienten zur Befestigung an einer
Wand. An der so festgelegten Stute hatten 15 bis 16 Männer
Zugkraft ausgeübt.)
542
Ich fand das Muttertier auf der rechten Seite liegend;
das Füllen war soweit geboren, daß der größere Teil des
Brustkorbes sich außerhalb der Scham befand. Die Scham¬
lippen waren infolge ausgedehnter Quetschungen ganz er¬
heblich geschwollen. Wegen Einkeilung des Fötus in die Ge¬
burtswege war es mir zunächst nicht möglich, festzustellen,
wodurch die Geburtsstockung bedingt wurde. Ich führte
deshalb einen Zirkelschnitt durch die Haut des Fohlens in
der Höhe des hinteren Thoraxdrittels, löste die Haut von
der Unterlage bis über die letzten Rippen los und setzte den
Vorderteil zwischen letztem Brust- und erstem Lendenwirbel
ab. Die Amputation der anderen Hälfte ging leicht von
statten,(weil die Wirbelsäule und ein Teil der Muskulatur
hinter dem letzten Brustwirbel infolge der übergroßen Zug¬
kraft bereits zersprengt war. Es war jetzt ein Leichtes, den
Hinterteil etwas zurückzuschieben und mit der Hand
zwischen Scheidenwand und Fohlen vorzudringen.
Als Ursache der Geburtsstockung ermittelte ich, daß
der rechte Hinterfuß des Fohlens soweit in’s Becken ein¬
getreten war, daß das untere Drittel des Metatarsus der
Darmbeinsäule der Stute anlag. Der Huf der linken
Hintergliedmaße befand sich unmittelbar auf dem Scham¬
bein der Mutter; durch geringen Druck konnte er in den
Uterus zurückgeschoben werden. Dagegen war es mir nicht
möglich, den ziemlich weit in’s Becken eingetretenen rechten
Hinterfuß zurückzubringen. Ich beschloß deshalb, den
Hinterteil in der Längsrichtung durchzusägen.
An dem mit der Kettensäge verbundenen Seil be¬
festigte ich den Sand’schen Sehlingenleiter, führte ihn dem
Rücken des Fohlens entlang bis zum Sitzbeinausschnitt und
drückte ihn hier soweit als irgend möglich zwischen die
Hinterschenkel. Nach mehreren vergeblichen Versuchen
konnte ich den Sehlingenleiter von der ventralen Seite aus
zwischen den Hinterextremitäten fassen und hervorziehen.
Schon während des Hervorholens des Seiles sorgte die eine
Hand dafür, daß die Säge unmittelbar neben dem Schwanz
im Sitzbeinausschnitt zu liegen kam. Die richtige An¬
bringung der Kettensäge gestaltete sich deshalb schwierig,
weil der stark gebeugte Hinterfuß eine wesentliche Be¬
engung des Raumes verursachte und eine entsprechend weite
Einführung des Armes verhinderte.
Nach Durehsiigung des Hinterteiles bot sowohl die
Zuriickschiebung der einzelnen Hälften als auch die
Streckung der gebeugten Gliedmaßen keine Schwierigkeit
mehr: die Extraktion ging leicht von statten. Die Eihäute
wurden mit der zweiten Hälfte zusammen ausgestoßen.
543
Bei der manuellen Untersuchung der Geburtswege ver¬
mochte ich zwar eine perforierende Uterusverletzung nicht
nachzuweisen, dafür war jedoch die gesamte Scheide vom
Orificium externum bis zur Vulva total zerfetzt und mit
Blutungen durchsetzt, dergestalt, daß fast keine Spur von
Scheidenschleimhaut mehr nachzuweisen war. Das Rektum
hing bogenförmig in die Scheide hinein und konnte mit der
Hand umfaßt werden. Die Labien waren hochgradig ge¬
schwollen und schwarz-rot verfärbt.
Die Prognose mußte mit Rücksicht auf diese Ver¬
letzungen schlecht lauten. Etwa 20 Stunden post partum
fand ich die Stute stehend; Spannung der Bauchdecken,
Muskelzittern, Rotfärbung der Konjunktiven; Temperatur
40,4°, Puls 96 per Minute.
Der Tod des Tieres erfolgte zirka 36 Stunden nach der
Geburt. Die Sektion konnte ich leider nicht vornehmen.
II. 11jährige englische Vollblutstute, II. Para; Besitzer
R. und G. S. in Hohenböken. Etwa 4 Stunden nach Beginn
der Austreibungsperiode ermittelte ich folgende Lage: Der
Kopf und ein kleinerer Teil des Halses, beide Vorderbeine
und der Huf einer Hinterextremität ragen aus dem Wurf
heraus. Die vordere Brustapertur des Fohlens wird bei den
einzelnen sehr heftigen Wehen gerade in der Schamspalte
sichtbar. Der hervorragende Huf gehört der linken
Hintergliedmaße an. Der rechte Hinterschenkel kann nicht
ermittelt werden, weil es nicht gelingt, die Hand zwischen
Fötus und Scheide vorzubringen. Die Stute war während
der ganzen Dauer der Geburt stehend erhalten worden, auch
die von mir vorgenommenen Eingriffe fanden am stehenden
Tiere statt.
Die Berichtigung nahm ich in der Weise vor, daß ich
beide Vorderschenkel entfernte und zwar nach der allge¬
mein bekannten subkutanen Methode. Den aus dem Wurf
heraushängenden Kopf ließ ich von einem Gehilfen hoch¬
heben. Nach Verkleinerung des Brustumfanges suchte ich
das rechte Hinterbein auf, es war gerade in’s Becken einge¬
treten, das fötale Fesselgelenk ruhte dabei auf dem maternen
Schambein. Nach Anschleifung beider Hinterschenkel ließ
ich zuerst an der rechten, am meisten gebeugten Extremität
so lange ziehen, bis die Gliedmaße völlig gestreckt dem
Rumpfe anlag. In derselben Weise wurde mit dem linken
Schenkel verfahren. Unter gleichzeitigem Zug am Kopf
und den Hinterbeinen konnte das Fohlen entwickelt werden.
Zur Extraktion genügten drei Männer.
544
Die nur noch in einem Horn festsitzenden Eihäute
entfernte ich manuell. Die Gehurt wurde ohne Schaden
von der Stute überstanden.
III. Nach einer Trächtigkeitsdauer von 322 Tagen er¬
krankte eine 8jährige Prämienstute, IV. Para, an Kolik.
Etwa 16 Stunden nach Beginn der Unruheerscheinungen
untersuchte ich das Tier. Außer geringen Koliksymptomen
und einer Pulsfrequenz von 76—80 per Minute war nichts
nachzuweisen und bestand insbesondere noch Appetit und
lebhafte Peristaltik. Die vermutete Lageveränderung des
Uterus fehlte, die Vagina war zum Teil mit Schleim belegt,
das Collum uteri konnte von einem Finger passiert werden
und enthielt ebenfalls zähen, klebrigen Schleim.
Etwa 7 Stunden nach der ersten Untersuchung waren
die Unruheerscheinungen verschwunden. Die Stute zeigte
angestrengte Atmung, Zittern, nahm keine Nahrung mehr
auf und hatte eine Pulsfrequenz von 106—110 Schlägen.
Der Puls war dabei klein und gerade fühlbar. Die Augen¬
bindehäute waren verwaschen rot verfärbt. Durch rektale
und vaginale Exploration konnte weder eine Lageverände¬
rung des Darmes bezw. des Uterus, noch Anzeichen der be¬
vorstehenden Geburt ermittelt werden.
Die Prognose lautete schlecht, die Therapie bestand
in der subkutanen Verabreichung von Coffein. Auf meine
Veranlassung zog der Besitzer der sehr wertvollen Stute
(Preis 3500 Mark) Kollegen vonWahldezu Rate. Letz¬
terer konnte nach 3 weiteren Stunden meinen Befund be¬
stätigen ; das Muskelzittern hatte inzwischen aufgehört, die
Pulsfrequenz war jedoch die gleiche geblieben. Eine Ur¬
sache für die stürmische Herztätigkeit fand v o n Wa h 1 d e
nicht; Anzeichen der bevorstehenden Geburt bezw. einer
Lageveränderung des Uterus oder des Darmes konnten
gleichfalls nicht ermittelt werden.
Etwa 11 Stunden nach meiner letzten Untersuchung
wurde ich zur Geburtshilfe zugezogen. Bei meiner An¬
kunft fand ich die Stute bereits verendet vor. Das Fohlen
befand sich in Bauchvertikallage, der Kopf und ein Teil
des Halses, beide Vorderbeine und ein Hinterhuf waren
außerhalb der Vulva sichtbar, der zweite Hinterschenkel
befand sich etwas weiter zurück in der Scheide.
Die Sektion hatte folgendes Ergebnis: Alle Organe
des Hinterleibes, mit alleiniger Ausnahme des Magens,
waren frei von pathologischen Veränderungen, soweit solche
makroskopisch zu erkennen sind. Insbesondere fehlten Zer¬
reißungen, Blutungen und Lageveränderungen des Dann-
545
kanales, des Uterus und der Vagina. Die Organe der Brust¬
höhle waren ebenfalls frei von krankhaften Veränderungen.
Unter dem Epikard waren vereinzelte Blutungen (punkt¬
förmig) sichtbar, die linke Herzkammer war mit schlecht
geronnenem Blute prall gefüllt; die rechte Herzkammer
war fast leer.
Auf der Magenschleimhaut befanden sich zahlreiche
linsengroße Substanzverluste (Erosionsgeschwüre) und in
deren Umgebung Hämorrhagien. Vom pathologischen In¬
stitut der Tierärztlichen Hochschule in Hannover wurde
mein Befund bezüglich der Veränderungen des Magens be¬
stätigt.
Die Ätiologie der Herzerkrankung konnte ich nicht
aufklären.
Die Entwicklung des Fohlens im Falle I erfolgte im
Prinzip nach dem Verfahren von C a n n, mit der Änderung,
daß der hintere Stumpf nicht gewendet und in der Becken¬
endlage entwickelt wurde, sondern daß er mit Hilfe der
Kettensäge in der Längsrichtung halbiert wurde. Im
II. Falle wurde die von O b i c h bezw. Donnarieix em¬
pfohlene Methode insofern abgeändert, als die Extraktion
erst nach Auslösung beider Vorderbeine,
welche zur Kaumgewinnung erfolgte, bei unter dem Leibe
des Füllens gelagerten gestreckten Hintergliedmaßen durch
Zug an diesen und am Kopfe ausgeführt wurde.
Zur Behandlung des infektiösen Scheidenkatarrhs
beim Rinde.
Herr Kollege Dr. Nopitsch, K. Bezirkstierarzt in
München, behandelt den ansteckenden Scheidenkatarrh mit¬
telst, eines Verfahrens, welches — wie ich von mehreren
Seiten erfahre — vorzügliche Erfolge zeitigt. Dasselbe be¬
steht im Prinzipe wie die auch anderwärts ausgeübte The¬
rapie in sogenannter Köpfung der geschwellten Ly mph-
follikel, resp. der durch eingelagerte Follikel kolbenförmig
verdickten Papillen (T h o m s) und darauffolgender Be¬
handlung der Scheidenschleimhaut mit einem Desinüziens.
Die Technik des Verfahrens anbelangend, bestehen nach
der Methode von N. Abweichungen, speziell bezüglich der
Ausführung des Köpfcns und der Behandlung der Sprung-
stiere.
Im Einverständnis mit dem Herrn Kollegen Nopitsch
teile ich sein Verfahren nachstehend mit:
546
Zum Köpfen bedient sieh N. eines von ihm erfundenen
bei Hauptner - Berlin erhältlichen Instrumentes.
Dasselbe stellt, wie die Abbildung zeigt, eine halbkreis¬
förmig gebogene Klinge mit scharfer Schneide dar, an welche
sich rechtwinkelig ein Stiel mit Handhabe anschließt.
Das Verfahren bei der Behandlung ist nun das
folgende:
Die Tiere werden in’s Freie geführt und, wenn ein
Sprungstand vorhanden, in diesen gestellt, oder anderweitig
so fixiert, z. B. durch Andrücken des Tieres an einen Pfosten
oder an eine Wand, daß ergiebigere Bewegungen mit dem
Hinterleibe nicht ausgeführt werden können.
Nach gründlicher Desinfektion der Umgebung der
Scham und insbesondere der Innenfläche des Schwanzes hält
eine Person den Schwanz der Kuh nach vorwärts und zieht
mit der anderen Hand die linke Schamlippe zur Seite. Der
Operateur spannt dann mit Daumen und Mittelfinger der
linken Hand die Scheidenschleimhaut der linken Scham¬
lippe, geht hierauf mit dem Instrument (Schaber) in die
Scheide ein und schabt, unter mäßigem Druck von innen
nach außen ziehend, die Scheidenschleimhaut ab. An der
hinteren Partie der Vorhofschleimhaut, wo viele Knötchen
sitzen, wird auch von oben nach unten, d. h. gegen die Kli¬
toris zu und bis an dieselbe gestrichen. An den Stellen, wo
die Knötchen überragten, sicht man nach dem Abschaben
kleine, bedeutungslose, punktförmige Blutungen. Hierauf
wird die Oberfläche mit einem Wattebausch soweit möglich
vom Blute gereinigt. Falls noch Follikel vorhanden sind
wird nochmals abgekratzt. Gewöhnlich genügt einmaliges
Absehabcn.
Jetzt folgt eine einmalige Ausspülung der Scheide
mit 1 /l»°/ooigcr Sublimatlösung unter Zuhilfenahme einer
Keindrschen Birnballonspritze. Das Gleiche hat der Be¬
sitzer in den nächsten 4 Tagen je einmal täglich zu tun.
Nach Utnfluß von 4 Tagen findet eine Nachkontrolle eben¬
falls außerhalb des Stalles statt, um eventuell noch vor¬
handene Follikel nachträglich zu köpfen. Bisher war diese
Wiederholung der Operation in keinem Falle nötig. Hierauf
547
wird die Ausspülung nur mehr jeden 2. Tag während der
nächsten 10 Tage vorgenommen. Nach Verlauf dieser Zeit
— mithin nach 14 Tagen vom ersten Behandlungstage an
gerechnet — erfolgt die Schlußkontrolle. In fast sämtlichen
bisher behandelten Fällen war dann der Katarrh abgeheilt.
Selbstverständlich muß beim jedesmaligen Ausspülen
auch eine gründliche Desinfektion der Scham und ihrer Um¬
gebung stattfinden.
Tiere, die nach 14 Tagen noch Ausfluß zeigen, werden
ausgemustert, da in diesem Falle das Vorhandensein einer
unheilbaren Infektion des Uterus anzunehmen ist.
Was die Behandlung des Stieres betrifft, so wird zuerst
der Haarpinsel entfernt und hierauf der Schlauch etc. griind-
lich desinfiziert ; dann läßt man den Stier auf eine Kuh auf-,
mit der Rute jedoch nicht einspringen; diese wird vielmehr
gefaßt und mit einem in V*>°/oo>g e Sublimatlösung ge¬
tauchten Wattebausch abgewischt; ein Verfahren, welches
man nach 4 Tagen wiederholt.
Erwähnt sei noch, daß das Abschaben der Knötcheij
in keinem Falle irgendwelche in die Augen fallende Ent¬
zündungssymptome (Schwellung der Scham bezw. Schleim¬
haut etc.) veranlaßte. Die Tiere halten nach der Operation
lediglich den Schwanz einige Zeit im Bogen in die Höhe.
Rezidive bei abgeheilten Tieren wurden bis jetzt nicht
wahrgenommen.
Es braucht kaum bemerkt zu werden, daß die Stallung
der kranken Tiere wiederholt desinfiziert wird. Das Ver¬
fahren besteht im wesentlichen darin, daß man den Stall¬
boden mit siedend heißer Sodalauge abbürstet und alsdann
mit dicker Kalkmilch übergießt. A.
Referate.
Pospischil: Schweißekzem unserer Militärreit¬
pferde. (Tierärztl. Zentralblatt, 1910, Nr. 8.)
Definition: Schweißekzem ist eine einfache Ent¬
zündung der Haut in der Lendengegend gerade an der Stelle,
wo die Pferdedecke frei vom Sattel liegt.
Symptome und Verl a u f: Haut in der Lenden¬
gegend empfindlich und höher temperiert; nach 2—4 Tagen
Auftreten von hirse- bis graupengroßen Knötchen, Haare
teilweise gesträubt; Haut, äußerst schmerzhaft; nach wei¬
teren 2—3 Tagen linsengroße Bläschen, die aufplatzen und
aus welchen eine gelblich-klebrige Flüssigkeit herausquillt.
Deckhaare verklebt; bei weiterer Dienstleistung fallen die
Haare aus und die Haut wird wundgerieben. Ekzem von
548
Handtellergroße, erstreckt sich nach abwärts bis in die
Flanken, nach vorne bis in die Rückengegend; am stärksten
ist die Hautentzündung an der Wirbelsäule. Bei Außer¬
dienststellen des Pferdes Heilung der leichten Fälle inner¬
halb 8 Tagen mit Verlust kleiner, linsengroßer Haarstellen,
der schweren Fälle in 3—4 Wochen, wobei die Haare un¬
regelmäßig bis handtellergroß ausfallen. Das Deckhaar
wächst in beiden Fällen wieder nach.
Ätiologie: Durch Schmutz und Staub werden die
Ausführungsgänge der Schweißdrüsen verstopft. Die von
Schweiß durchtränkte Pferdedecke scheuert die Haut fort¬
während und durch das Reiben der Pferdedecke gegen die
Haut der Lendenpartie entsteht das Schweißekzem. Tritt
nur in den Sommermonaten bei anstrengenden Dienst¬
leistungen auf, ferner bei Pferden, welche mit Bocksattel
gesattelt sind; magere Pferde, solche mit wackeligen, zäp-
pelnden Gängen und mit feiner Haut sind für die Krankheit
besonders disponiert. Endlich spielen schlechte Stallungen
zur Manöverzeit, Reiten in gebirgigem Terrain, rauhe, alte
Pferdedecken und nicht genügendes oder zu reichliches Rei¬
nigen der Pferderücken eine begünstigende Rolle.
Therapie: In leichten Fällen ist es nicht nötig, die
Tiere außer Dienst zu stellen, sondern es sind nur Vor¬
kehrungen zu treffen, wodurch das Reiben der Pferdedecke
verhindert wird. Nach jeder Ausrückung reinige man die
erkrankte Hautfläche mit lauwarmem Kreolin-, Lysoform-
oder Lysolwasser mit nachfolgenden Essigsauretonerde-TTm-
schlägen oder Waschungen; bei schweren Fällen als Deck-
mittel Tannoform.
Prophylaxis: Reinigen der Pferderücken, Rei¬
nigen und Trocknen der Pferdedecken und eine öfters vor¬
zunehmende Untersuchung der Lendenpartie bei den Pferden.
Kabus.
Erber: Über die Behandlung der chronischen Ent¬
zündung des Fleischsaumes und der Fleischkrone. (Zeit
schrift für Veterinärkunde, 1909, Nr. 8.)
Das Leiden ist charakterisiert durch glasartige, hornige
Auflagerungen mit zahlreichen Längs- und Querrissen. Die
Fleischkrone ist dabei verdickt und in ausgeprägten Fällen
zeigt auch die angrenzende Haut Verdickung, Haarausfall
und Epidermisabschuppung; die Haare stehen gesträubt.
Die Behandlung führt nur hei noch nicht zu veralteten
Leiden zum Ziel; am besten hat sich nachstehendes Ver¬
fahren bewährt: Nach Abscheren der Haare an der Krone,
gründlichster Reinigung mit Seife und Bürste und Ab-
549
trocknen des Hufes und der Krone wird eine 20prozentige
Salizylsalbe — schwächere Konzentrationen wirken nicht
befriedigend — aufgetragen und ein Okklusivverband ange¬
legt. Lahmheit oder blöder Gang sind dann in wenigen
Tagen beseitigt. Sobald sich wesentliche Besserung einge¬
stellt hat, die sich durch das Schwinden der Borkenauf¬
lagerung anzeigt, wird der Verband weggelassen und die
Salbe nur noch leicht in die Krone eingerieben. Um Rück¬
fällen vorzubeugen, ist es zweckmäßig, nach erfolgter Ab¬
heilung noch öfters eine schwächere Salizylsalbe (5— 10°/o)
auf die Krone aufzutragen. L i n d n e r.
Tierzucht und Tierhaltnng.
Bericht über den Stand der Pferdezucht in Bayern im
Jahre 1909. (Aus dem Bericht der Landgestütsverwaltung.)
Nach dem Berichte der K. Landgestütsverwaltung
über den Stand der Pferdezucht in Bayern im Jahre 190!)
bestehen im Kreise Oberbayern folgende die Hebung
der Pferdezucht bezweckende Vereinigungen:
1. DerVerein zur Förderung der Pferde¬
zucht in Bayern mit dem Sitze in München zählt am
Schlüsse des Berichtsjahres 620 Mitglieder. Die beiden vom
Verein betriebenen Fohlenaufzuchtsanstalten Ritterswörth
bei Geisenfeid und Gammerbof bei Gmund erfreuen sich
des regsten Interesses der benachbarten Züchter. Ritters¬
wörth ist mit 157 Fohlen und 1 Zuchtstute bestellt ; hievon
gehören 137 dem Pferdezuchtverein und 20 Fohlen, sowie
1 Zuchtstute Privaten. In Gammerbof befinden sich 65
Fohlen, davon gehören 58 dem Pferdezuchtverein, 7 Pri¬
vaten. Die 195 Fohlen, welche Eigentum des Pferdezucht¬
vereins sind, lassen sich auf 75 619 Mk. bewerten.
2. Dem R e m o n t e z u c li t v e r e i n F ii r s t e n -
feldbruck gehörten am Schlüsse des Berichtsjahres
113 Mitglieder an. Die Zahl der Vereinsstuten betrug 56,
nämlich 38 Remontedepot- und 18 eigene Stuten. In der
Fohlenaufzuchtsanstalt des Vereins waren während des
Sommers 32 Fohlen untergebracht; für den Winter ver¬
blieben dortselbst 28 Stück. Von den aus Vereinsstufen
stammenden Pferden wurden im Jahre 1909 9 Stück als
Remonten angekauft.
3. Der Re m o n t e z u e h t v c rein G e i s e n f e 1 d
zählte 224 Mitglieder mit 97 Vereinsstuten — 53 Remonte-
550
depot- und 44 eigenen Stuten. Beim Remonteankauf wurden
von 32 gemusterten Vereinsfohlen 20 angekauft.
4. Der Zucht verband für das veredelte
starke Pferd im bayerischen Oberlande.
Die Gründung des Verbandes erfolgte im Juni des Berichts¬
jahres, nachdem dieselbe im Laufe des Jahres 1908 durch
Gründung von Pferdezuchtgenossenschaften in den Be¬
zirken Tölz, Miesbach und Aibling vorbereitet war. Dem
Verbände gehören am Schlüsse des Berichtsjahres an:
a) die Pferdezuchtgenossenschaft Tölz—Lenggries mit
51 Mitgliedern und 67 Stutbuchstuten;
b) die Pferdezuchtgenossenschaft Miesbach—Tegernsee
mit 48 Mitgliedern und 56 Stutbuchstuten:
e) die Pferdezuchtgenossenschaft Aibling und Umgebung,
bestehend aus den Sektionen Wiechs—Feilnbach mit
47 Mitgliedern und Feldkirchen mit 80 Mitgliedern:
d) die Pferdezuchtgenossenschaft Garmisch mit 213 Mit¬
gliedern und 79 Stutbuchstuten;
e) der Pferdezuchtverein Schongau, bestehend aus der
Pferdezuchtgenossenschaft Pciting mit 63 Mitgliedern
und 59 Stutbuchstuten und der Pferdezuehtgenossen-
seliaft Altenstädt, mit 80 Mitgliedern und 52 Stutbuch¬
stuten ;
f) die Pferdezuchtgciiossensehaft Murnau—Weilheim mit
95 Mitgliedern.
5. Die Pf c r d e z u ch tgennssens eh a f t T r a u ti -
stein und Umgebung zählt 237 Mitglieder mit 126
Stutbuchstuten. Die Genossenschaft bezweckt, das im Be¬
zirk vorhandene kräftige Arbeitspferd norischer (Pinz¬
gauer) Abstammung durch ausschließliche Verwendung von
Hengsten norischen Blutes zu verbessern.
6. Die P f e r d e z u ch t g e n o s s e n s ch a f t M ii h I -
d o r f und II nt g e b u n g verfolgt den gleichen Zweck und
zählt am Jahresschlüsse 146 Mitglieder mit 58 Stutbuch¬
stuten.
7. Die n e u g e g r ii n d e t e P f e r d e z u c h t g e -
n o s s e n s c h a f t M o o s b u r g bezweckt das im I Mstrikte
vorliand(Mte kräftige Arbeitspferd durch Aufstellung von
starken und gängigen Hengsten des oberbayer. Schlages
in Form und Gang zu verbessern.
8. I >ie Pf e r d e z u ch t g e n o s s e n s ch a f t Fr i e d-
berg mit über KM) Mitgliedern strebt die Pferdezucht im
Yereiusbozirke durch Verwendung von Hengsten des
schweren Oldenburger Kutsclischlages und nach Olden-
551
burger Blut in Oberbayern gezogenen Hengsten zu ver¬
bessern.
9. Die Weidegenossenschaft Uebersee,
welche seit Jahren die am Chiemsee gelegenen Niederungen
verbessert und zu Weideflächen verwendet, hatte im Be¬
richtsjahre dortselbst 49 Fohlen, 49 Mutterstuten und 59
ältere Pferde untergehracht.
Ferner wirken für die Förderung der Pferdezucht die
Bayerische Campagne-Reiter-Gesellschaft,. der Münchener
Kennverein und der Münchener Trabrenn- und Zuchtverein.
_ A.
Viehzählung in Preußen.
Nach einem Berichte des preußischen statistischen
Landesamtes hatte das Königreich Preußen am 1. Dezember
1909 folgenden Bestand an Haustieren: a) Pferde ein¬
schließlich der Fohlen 3 007 946, b) Rindvieh inkl. Kälber
11 763 161, c) Schafe inkl. Lämmer 4 975 632, d) Schweine
inkl. Ferkel 14 162 367 Stück.
Verschiedenes.
Einweihung der neuerbauten Tierärztlichen Hochschule
in Brüssel.
Die neuerbaute Tierärztliche Hochschule in Brüssel
wird am 14. August unter dem Präsidium des Ministers des
Innern feierlich eingeweiht werden.
Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte
in Königsberg i. Pr.
Bei der Versammlung Deutscher Naturforscher und
Arzte in Königsberg sind für die Abteilung Tierheilkunde
folgende Vorträge angesagt: Burow-IIalle a. S.: über
Tuberkulose-Immunisierung; F r e i t a g - Bern : a) Lehens¬
lauftheorie und Universalpathologie, b) Beiträge zur Ge¬
schichte der Tierheilkunde, c) Einiges aus der Immunitäts¬
lehre; Fischöder - Königsberg: Die Milzbrandkapsel;
M i e ß n e r - Bromberg: a) Der chronische infektiöse Darm¬
katarrh des Rindes, b) Die Anaphylaxe und ihre Bedeutung
in der Veterinärmedizin; P i 11 - Königsberg: Ist durch die
Kulturimpfung bei der Immunisierung gegen Rotlauf die
Gefahr einer Weiterverbreitung dieser Seuche verbunden (\
Raebiger - Halle a.S.: Über Bekämpfung der Trichinen¬
krankheit mit besonderer Berücksichtigung der Infektions¬
wege der Trichinen; R i c k m a n n - Höchst a. M.: Über
Tuberkulose-Immunstoffe; S c h m i d t - Dresden : Ein Bei¬
trag zum Morbus maculosus der liaussäugetierc; Schrei-
552
b e r - Landsberg a. W.: a) über Kälberruhr und Kälber-
pneumonie, b) Über infektiösen Abortus; W i e m a n n -
Königsberg: Über Schlafkrankheiten.
Tierärztliche Hochschule Hannover.
An der Tierärztlichen Hochschule Hannover findet
vom 1.—13. August ein Fortbildungskurs für Tierärzte statt.
Deutscher Veterinärrat.
Die für den Monat September in vorläufiger Weise angekündigte
XII. Plenarversammlung muß leider verschoben werden, da der Ent¬
wurf von Ausführungsvorschriften zum neuen Viehseuchengesetze
dem Deutschen Veterinärrat wider Erwarten voraussichtlich erst
Ende November ds. Js. zur Begutachtung zugehen wird.
Auf die Nachricht, daß der vorläufige Entwurf demnächst
ausgegeben werde, richtete der Unterzeichnete unterm 10. Mai 1910
an das Reichsamt des Innern eine Eingabe, in der gebeten wurde,
den Entwurf auch dem Deutschen Veterinärrat zur Stellungnahme
vom Standpunkt der Praxis aus zu überlassen. Gleichzeitig waren
in Hinblick auf die Umständlichkeit der Vorbereitung einer Plenar¬
versammlung sowie auf die Bestimmung unserer Satzung, daß die
Einberufung drei Monate vor der Versammlung bekanntzumachen
ist, die erforderlichen weiteren Schritte zu tun, um eine so zeitige
Tagung zu sichern, daß deren Beschlüsse noch rechtzeitig an ma߬
gebender Stellung hätten angebracht werden können.
Unter dem 16. Juni 1910 erwiderte der Herr Staatssekretär
des Innern, daß der vorläufige Entwurf zunächst den Bundes¬
regierungen zur Äußerung zugehe und auf Grund dieser Äußerungen
voraussichtlich noch eine Überarbeitung erfahren werde; alsdann sei
in Aussicht genommen, ihn den im § 79 des Viehseuchengesetzes
erwähnten Vertretungen der beteiligten Berufsstände und auch dem
Deutschen Veterinärrate zur Begutachtung zugehen zu lassen.
Daraufhin wurde nach Anhörung des Ausschusses in einer
weiteren Eingabe vom 27. Juni 1910 um Überlassung des vorläufigen
Entwurfs gebeten, damit die für den Monat September in vorsorg¬
licher Weise vorbereitere Versammlung abgehalten werden könne.
Diese Versammlung werde zweifellos besser besucht werden als eine
Winterversammlung; auch lege der Deutsche Veterinärrat weniger
Wert darauf, im Sinne des § 79 Absatz 3 des Viehseuchengesetzes
die tierärztlichen Interessen zu vertreten, als vielmehr darauf, die
Erfahrungen, welche von den in der Praxis stehenden beamteten
und nichtbeamteten Tierärzten im ganzen Reichsgebiet gemacht
wurden sind, dienstbar zu machen.
Der Herr Staatssekretär des Innern antwortete unterm 1. Juli,
daß er mit dem Unterzeichneten der Ansicht sei, die sachliche Be¬
deutung der Anhörung des Deutschen Veterinärrats werde nicht so
sehr in der diesen zufallenden Wahrnehmung der tierärztlichen
Interessen als vielmehr in der Verwertung der in dessen Mitgliedern
vereinigten Sachkunde und praktischen Erfahrungen liegen. Seine
Exzellenz gab jedoch weiterhin der Meinung Ausdruck, daß der
Bundesrat auch die Anhörung aus dein ersteren Gesichtspunkt auf
Grund des $ 79 Absatz 3 des Viehseuchengesetzes für erforderlich
halten werde. Zum Zwecke einer solchen, in Erfüllung dieser ge¬
setzlichen Vorschrift erfolgenden Anhörung erscheine aber ein nur
vorläufiger Entwurf, der möglicherweise in wichtigen Punkten noch
Änderungen erfahre, bevor er der Beschlußfassung des Bundesrats
unterbreitet werde, weniger geeignet. Es könne sogar in Zweifel
gezogen werden, ob durch seine Mitteilung der gedachten Gesetzes-
Vorschrift genügt werde. Unter diesen Umständen, schreibt der
Herr Staatssekretär weiter, möchte er die Mitteilung des Entwurfs
erst in der Fassung, wie sie sich auf Grund der Stellungnahme der
einzelnen Bundesregierungen ergeben wird, um so mehr für angezeigt
erachten, als ein gleiches Verfahren auch gegenüber den übrigen
nach $ 79 eit anzuhörenden Interessentenvertretungen aus ähn¬
lichen Gründen beabsichtigt werde Eine gleichmäßige Behandlung
der einzelnen Intoreressentenvertretungen in dieser Hinsicht möchte
er aber, schon um Berufungen zu vermeiden, für geboten halten.
Da die Äußerungen der Bundesregierungen bis Anlang Oktober
eingehen dürften, so hoffe er, den endgültigen Entwurf noch im
Laufe des November den Unterzeichneten mitteilcn zu können.
Eine zweimonatige Frist für die Begutachtung, bis etwa Anfang
Februar 1911, würde wohl gewährt werden können.
Bei dieser Sachlage beschloß der Ausschuß einstimmig, in
Rücksicht auf die Wichtigkeit der Beratung einer Bundesrats¬
instruktion die XII. Plenarversammlung zu verschieben. Als Zeit¬
punkt für deren Abhaltung ist vorläufig Mitte Januar nächsten
Jahres in Aussicht genommen; die genaue Festsetzung wird erst
nach Einlauf des Entwurfs erfolgen können. Cher den Ort der Ver¬
sammlung und die Tagesordnung sind endgültige Beschlüsse noch
nicht gefaßt.
Stuttgart, den 9. Juli 1910. Dr. v# Beißwänger.
Bezirkstierarzt II u e k e r in Kötzting zog sich gelegent¬
lich der Sektion eines wutkranken Hundes eine Verletzung
zu und befindet- sich gegenwärtig zur Wutschutzirnpfung in
Berlin.
Bttchersctaan.
Die Bearteilungslehre des Rindes. F ii r Tier z ii c li t e r,
Tierärzte und praktische La n d w i r t e. Be¬
arbeitet von Dr. Cr. Pusch, K. Sachs. Obermedizinal rat,
ordentl. Professor für Tierzucht an der Tierärztl. Hoch¬
schule in Dresden und Landestierzuchtdirektor. Zweite,
neubearbeitete Auflage. Mit BDI Textabbildungen. Ber¬
lin 1910. Verlag bei Parey. Preis geh. IM dl.
In der neuen Auflage hat Vorf. die Gliederung des Inhaltes
der ersten Auflage beibclmlten. Der 1. Abschnitt handelt von der
Einteilung der Boviden und der Abstammung und Einteilung der
Hausrinder, der 2. von der Beurteilung des Kindes in Rücksicht
auf die Rasse, der 3. und 4. behandeln die Beurteilung des Rindes
nach der Abstammung und nach seiner individuellen Körperbe-
sohaffenheit und der 5. die Beurteilung nach den Leistungen, ln
einem Anhänge bespricht I*. die Gebrauchsstörungen. Untugenden
und abnormen Gelüste des Rindes. Bcfestigungsvorriehtungcn, Zwangs¬
mittel und Eesselungsarten. gibt Winke für den Ankauf. Transport
und die Behandlung der Tiere nach der Einstellung, sowie die Be¬
handlung neueingestellter Tiere.
554
Trotz Vermehrung des Inhaltes weist die Seitenzahl des Werkes
nur ein Mehr von 8 Seiten auf. Es wurde dieses durch Anwendung
eines etwas engeren, sich mehr nach der Breite ausdehnenden
Druckes, dann dadurch möglich, daß Verf. da, wo es möglich war,
kürzte. Neu wurde dem Buche eingefügt das Kapitel „Winke für
den Ankauf und die Behandlung der Rinder nach der Einstellung“,
in welchem auch die Gewährsmängel Berücksichtigung fanden.
Die Anzahl der Textabbildungen beträgt 391 gegen 327 in der
ersten Auflage. 172 Abbildungen dieser Auflage sind in der zweiten
Ausgabe durch neue, bessere ersetzt, so daß die nunmehrige Be¬
arbeitung des Werkes 236 neue Illustrationen zeigt. Diese sowohl
als die aus der ersten Auflage in das Werk übergegangenen früheren
Abbildungen sind sehr gut.
Die Bearbeitung des Werkes von Pusch ist in jeder Hinsicht
eine vorzügliche. Ganz besonders hervorzuheben ist der Inhalt des
3. und 4. Abschnittes, in welchen die Beurteilung des Rindes me¬
thodisch vom Standpunkte eigener praktischer Beobachtung und Er¬
fahrung des Verf., also aus der Praxis und für die Praxis geschildert
ist. Das Buch muß Tierzüchtern und Tierärzten, sowie Studierenden
warm empfohlen werden; auch die Lehrer der Tierzucht werden dem
Werke volle Anerkennung zollen.
Die buchhändlerische Ausstattung ist vorzüglich, Erwähnung
verdient hier auch die Anwendung lateinischer Lettern an Stelle
der in der ersten Auflage gebrauchten deutschen. A.
Personalien.
Ernennungen: Zu Veterinären die Unterveterinäre Geb¬
hardt Adolf im 4., Hock Franz im 11. und Lang Friedrich im
5. Feld-Art.-Regt., Dr. Lanzl im 2. und M u 1 z e r August im 1. Schw.
Reiter-Regt., Schleich Adolf im 6. Chev.-Regt., Schneider Oskar
im 9. Feld-Art.-Regt. und Zehnter Max im 7. Chev.-Regt.; Dr. Man-
leitner Karl in Berlin zum Regierungstierarzt in Deutsch-Ostafrika.
Approbationen: In Dresden die Herren: Dörrer Hein¬
rich aus Oberplanitz, Horn Johann aus Freiberg (Sachsen), Nie¬
meyer Wilhelm aus Müden und Siegert Georg aus öderau; in
Hannover die Herren: Athanassoff Nedeltscho aus Saraniewo.
Albacht Josef aus Greven, Eggeli ng Wilhelm aus Braunschweig
und Prill Otto aus Neuhaldensleben.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Gießen: Tierarzt Möll-
hoff Wilhelm in Essen: in Bern: die Tierärzte Schlicker Franz
in Engelskirchen und Sehr um Eggert aus Rendsburg.
Der a. o. Universitätsprofessor Dr. Kr um in ach er wurde auf
Ansuchen von der Stelle eines Assistenten am physiologischen Institut
der Tierärztlichen Hochschule München unter Anerkennung seiner
Dienstleistung enthoben.
Oberregierungsrat Dr. Vogel
ist bis 19. September d. J. in Urlaub.
mit zurückgelegtem praktischen Jahr sacht ab September Ver-
tretnng oder Assisten». Offert, an die Exped. unter Nr. 8.
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empfiehlt alle Drogen and Chemikalien für die Veterinärpraxis,
insbesondere:
Arecolin, Atropin, Cocain, Eserin, Morphin, Pilocarpin,
Podophyllin, Strychnin, Veratrin, Blei-, Jod-, Queck¬
silber-, Wismnthverbindnngen etc., ferner Tuberkulin
und Bovotuberkulol für diagnostische Zwecke,
sowie die Spezialpräparate:
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pro usu veterinario 10°/° und
25 °/o. Vorzüglicher Ersatz für
Jodalkalien.
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Dämpfigkeit, Lebercirrhosc,
Leberkoller, Tetanus, Morbus
macnlosus der Pferde, Akti-
nomykose, Tuberkulose der
Rinder.
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Ausgezeichnetes Antiseptikum.
Völlig ungiftig, stark des¬
odorierend.
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Wirksames Autidiarriioicum,
besonders bei K ä 1 b e r r u h r
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(frtliir: fODbeisclirilt für Tierlieillniid« Mi Tiebzvclit).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg.
München, den 16. August 1910.
Inhalt: Originalartikel: Dr. Reissinger: Chronische Erk
ungen des Karpalgelenks bei Rindern. — Reinhardt: Botry
kose. — Hermaphrodisie. — Referate: Dr. Rösler: Über
Resorptionsfähigkeit der Haut und des Unterhautzellgewebes
ein Casein-Präparat. Train: Plasmase — Yohimbin. Baß: Neues
aus der Pharmakologie. Eber: Die Umwandlung von Menschen
stammender Tuberkelbazillen des Typus humanus in solche des
Typus bovinus. Brühlmeyer: Räude bei Kamelen. —Tier¬
zucht und Tierhaltung: Uber die Schwankungen der
Trächtigkeitsdauer nach Jahreszeiten. — Verschiedenes:
60jähriges Jubiläum als Tierarzt. Beratung des Etats der Tier¬
ärztlichen Hochschule München im Plenum der Kammer der
Abgeordneten. —Bücherschau. —Literatur. — Personalien.
Chronische Erkrankungen des Karpalgelenks bei
Rindern.
Von Distrikstierarzt Dr. Reissinger, Amorbach.
Das Karpalgelenk der Rinder ist häufig Sitz von
Läsionen und art,britischen Prozessen, die im Gegensatz zu
denen beim Pferd fast ausschließlich chronischer Natur
sind.
Am häufigsten kommen bekanntlich Quetschungen
(Kontusionen) an der Streckseite des Karpus vor, die als
K n i e b e u 1 e oder Kniescliff am in angesprochen werden,
Bezeichnungen, die für die Unterscheidung der pathologisch¬
anatomischen Veränderungen unklar sind.
Die Ursachen dieser Kontusionen sind in Folge der
Art des Liegens und Aufstehens der Rinder in erster Linie
in dem langsamen und kontinuierlichen Druck des Bodens
zu suchen, dem der Karpus passiv ausgesetzt ist, nament¬
lich, wenn nicht oder nur ungenügend eingestreut wird.
G uillebeau-Bern meint, daß es sich bei Kontusionen
des Karpus bei Rindern stets um eine Invasion des Tuberkel-
558
bazillus handle; von dieser Ansicht sagt Lanzillotti-
Buonsanti-Mailand in seiner Arbeit über die Erkran-.
kungen der Gelenke (Handbuch der tierärztlichen Chirurgie
von Bayer und Flöhner, IV. Band, 1. Teil) „daß sie
zu absolut sei, als daß man sie olme Weiteres gelten lassen
könne.“ Die anatomischen Krankheitsformen kennzeichnen
sich entweder als Hydrops der Sehnenscheide des Muscul.
extensor carpi radiaiis oder als Tendo vaginitis serosa
mit Ektasie der Sehnenscheide, wobei die Menge der sich
ansammelnden Flüssigkeit und damit die Erweiterung der
Sehnenscheide und der Haut eine ganz enorme sein kann,
oder aber es besteht ein Hygrom mit mehr oder weniger
verdickten, fluktuierenden Wänden und verschieden großer
Flüssigkeitsmenge (bis zu 10 Litern), wobei die Haut horn¬
artig verdickt, das Unterhautzellgewebe in Knochengewebe
umgewandelt und eine zentrale Höhle mit vielen Kammern
vorhanden sein kann, je nach der Dauer der Erkrankung.
Eine weitere Krankheitsform der sogenannten Knie¬
beule kann in fibröser Verhärtung und Sklerose
des Unterhautbindegewebes bestehen vorn und an
den Seiten des Karpalgelenks, hervorgerufen durch eine
Periarthritis, wobei die Sehnenscheiden, auch die Sehne
selbst und die Gelenkskapsel mit der Verdickung ein und
dieselbe Masse bilden können (sogenannter Tumor albus);
an den Knochen können sich osteophytische Auflagerungen
vorfinden.
Diese anatomischen Formen der Kontusionen ver¬
größern das Volumen des Gelenkes mehr oder weniger und
verunstalten dasselbe.
Die Tendovaginitis serosa erkennt man an der
Spannung des Tumors, der eine breite Basis hat, die sich
über das von der Sehne des musc. extensor carpi radiaiis
bedeckte Gebiet hinaus erstreckt; eine unter aseptischen
Ivautelen vorgenommene Punktion kann die Diagnose sichern.
Das Hygrom fühlt sich im Anfangsstadium schwammig
an, später ist die Fluktuation nicht i.umer deutlich zu er¬
kennen; durch die Verdickung der Wände kann dasselbe
eine solche Härte annehmen, daß eine Verwechslung mit
jener Form nicht ausgeschlossen ist, die durch fibröse Ver¬
härtung und Sklerose des subkutanen Bindegewebes in Folge
von Periarthritis gekennzeichnet ist; der größere Umfang
der Basis und die Ausdehnung auf die laterale und mediale
Seite sprechen jedoch für diese Krankheitsform.
Die funktionelle Störung ist eine Folge der mehr oder
weniger behinderten Beugung des Karpalgelenks und steht
559
in Beziehung mit der anatomischen Form der Kontusion,
sowie mit der Entwicklung des Tumors und dem relativen
Gewicht desselben. Die Bedeutung der Kniebeule der
Rinder ist meist gering; im Allgemeinen werden sie nur
als Schönheitsfehler erachtet; die Beseitigung gelingt nicht
immer und wird deshalb oft unterlassen.
Frisch entstandene Kniebeulen werden durch Kälte,
Massage mittelst zerteilender Salben, Anstrich von Teer¬
seifenmischung oder der Mischung von Weber (Teer, grüne
Seife und Gerberlohe) bekämpft, veraltete werden geöffnet
oder nach dem Verfahren von March operiert. Bei fibröser
Verhärtung und Sklerose des subkutanen Bindegewebes
kann die Ignipunktur oder das Strichfeuer versucht werden;
bei alter und ausgedehnter Verhärtung ist es besser, nichts
zu tun. — Die arthritischen Prozesse am Karpus sind
entweder traumatischer oder infektiöser Natur.
Zu den traumatischen gehört die Periarthritis, bei
der bedeutende Gelenkverdickung, Knochenauflagerungen
und Steifigkeit die Folge sein können und die durch Wuche¬
rung und fibröse Induration des periartikulären Bindegewebes
zur Entwicklung eines bedeutenden Tumor albus Anlaß
geben kann. Zu den infektiösen Formen gehört die Arthritis
serosa, die rheumatischer Natur ist und Bewegungen des
Gelenks ermöglicht und die Arthritis fungosa, die
nach den Beobachtungen Guillebeaus als tuberkulöser
Natur betrachtet werden muß — und bei der durch peri-
artikuläre osteophytische Neubildungen das Gelenk defor¬
miert sein und in Folge von Ankylose Unbeweglichkeit
desselben eintreten kann; sie kennzeichnet sich gleich von
vornherein durch die Form und Ausdehnung der An¬
schwellung, welche das ganze obere Gelenk, nicht bloß die
vordere Fläche umgibt, durch die Härte der Geschwulst, durch
die Schmerzhaftigkeit beim Aufstehen, Gehen und künst¬
lichen Beugen, sowie durch das Auftreten der Muskelatrophie;
auch hier kommt es zur Entwicklung eines bedeutenden
Tumor albus.
Eine solch schleichende Gelenksentzündung der Vorder¬
fußwurzel konnte ich kürzlich bei einer achtjährigen Kuh
beobachten, die dadurch charakterisiert war, daß nicht nur
eine vollständige Ankylose des Gelenks eingetreten, sondern
daß dasselbe von seiner normalen Richtung abgelenkt war
und die ganze Extremität krumm gebogen erschien (Figur I).
Der Verdickung des Gelenks sowie der vorbiegigen Stellung
des Beines hatte der Besitzer keine Aufmerksamkeit ge¬
schenkt, weil derselbe diese Erscheinungen als Schonen
560
des Fußes auffaßte und auf ein früher bestandenes Klauen-
leiden zurückführte, bis schließlich doch die zunehmende
Verdickung und fortschreitende Verbiegung der ganzen
Extremität denselben veranlaßten, die Kuh meiner Be¬
urteilung zu unterstellen.
Die Schwellung des Vorderknies war eine ganz be¬
deutende, fühlte sich derb und knochenhart an und zeigte
sich schmerzhaft; der Versuch das gebogene Knie zu strecken,
verursachte dem 'Pier große Schmerzen, bezw. gelang über¬
haupt nicht. Der Gang des Tieres war ein jämmerlicher
und machte einen fast komischen 'Eindruck, indem das¬
selbe das Bein, in der in Figur I wiedergegebenen Stellung
561
vorwärts schleifte mit der Klauenspitze den Hoden streifend.
Die Kuh, deren Ernährungszustand bereits durch das be¬
stehende Übel gelitten hatte, wurde geschlachtet, da eine Be¬
handlung zwecklos und das Weiterlebenlassen dieses krüppel¬
haften Tieres inhuman gewesen wäre. Das Gelenk ließ
ich mir vom Besitzer zur Verfügung stellen, um diese
Kuriosität nach ihrer ätiologischen und anatomischen Seite
hin näher kennen zu lernen.
Das ganze Gelenk erscheint stark aufgetrieben und
von einem festen fibrösen Bindegewebe umhüllt, welches
nach oben und unten allmählich in die normalen Aponeu-
rosen übergeht. Die Sehnen gehen etwas verschoben durch
L
562
ihre Sehnenscheiden, an einzelnen Stellen finden sieh ge¬
ringe Injektionen und Adhäsionen. Das Periost erscheint
in großer Ausdehnung stark verdickt und geht unmittelbar
in die fibröse Umhülluugsmasse des Gelenks über. Auf
der Oberfläche der Gelenksknochen und zwar vom untern
Ende des Radius über die erste und zweite Reihe der
Karpalknochen hinweg bis zum oberen Ende des Meta-
karpus finden sich massige, vielgestaltige, höckerige, spitze
und kammartige Knochenauflagerungen; an einzelnen Stellen
(Figur II a) finden sich brückenartige Verwachsungen der
aufgelagerten Knochenmassen über die Gelenkflächen hin¬
weg. Die Knochenneubildungen erstrecken sich auch auf
die Rückseite und die Seitenflächen des Gelenks. Die auf¬
fallendsten Veränderungen zeigt das untere Ende des Radius;
dort finden sich nicht nur mächtige periostale Neubildungen,
die die mannigfachsten Formen auf weisen (Figur II b), sondern
es ist zwischen denselben zum Schwund des Knochens
gekommen; der Knorpelüberzug fehlt an einzelnen Stellen
und es haben sich tiefe buchtig begrenzte Defekte gebildet,
die von einer schwammigen Masse bedeckt sind, und mit
der Knochenoberfläche in Verbindung stehen.
Der Knochen selbst sieht aus w T ie angenagt und zeigt
kariöse Defekte in der Ausdehnung eines Zweimarkstückes.
(Figur II c.)
Die ganze Veränderung des Karpalgelenks hat überaus
große Ähnlichkeit mit einer von Siedamgrotzky im Schweizer
Archiv für Tierheilkunde Band 24 (1873) beschriebenen
Arthritis fungosa des Vorderfußwurzelgelenks eines
Rindes, woselbst auch die mikroskopischen Veränderungen
eingehend geschildert sind; sie dürfte auch als solche
diagnostiziert werden. Die Veränderungen des Gelenks
kamen offenbar zu Stande durch eine fungöse Arthritis,
bei der sich von der Synovialmembran, dem Knochen und
Knorpel aus eine fungöse Granulationsmasse bildete; be¬
gleitet wurde dieselbe von den periarthritischen Binde-
gewebshyperplasien und den periostalen und osteophytischen
Knochenneubildungen. Die Ursache dieser Gelenkserkran¬
kung wird wohl auf eine tuberkulöse Infektion zurückzu¬
führen sein und zwar auf eine primäre, da die Kuh
keinerlei sonstige tuberkulöse Krankheitsherde zeigte.
Die Prognose für einen solchen arthritisehen Prozeß
kann naturgemäß nur ungünstig lauten und eine Behandlung
muß erfolglos sein bozw. darf überhaupt nicht eingeleitet
werden.
563
Botryomykose.
Von Kgl. Bezirkstierarzt Reinhardt, Germersheim.
Ein sonderbarer Fall von Botriomykose gelangte am
14. April 1 . Jrs. bei einem aus Württemberg bezogenen
5jährigen Ochsen während dessen Abschlachtung zur Be¬
obachtung.
Auf der Schleimhaut des rechten Nasenganges fanden
sich zahlreiche hirsekorngroße und an dem Nasenspiegel
rechts bohnengroße, gelbe, griesig aussehende, eiterfreie
Knötchen; dieselben waren von runder oder länglicher
Form. Sie ragten etwa 10 cm in den Nasengang hinein.
Am rechten wie auch am linken Lippenwinkel fanden sich
ebensolche Knoten in der Größe einer Kirsche. Die Backen
waren mit zahlreichen kirschgroßen, im Unterhautzellgewebe
und Fettgewebe sitzenden. Knoten besetzt; letztere hatten
eiterigen Inhalt. An der linken Wange unter dem Haut¬
muskel lagen 4 taubeneigroße fluktuierende Knoten, deren
Inhalt aus gelbem, zähem, eingedicktem Eiter bestand.
Am Gaumen, besonders den Staffeln, fanden sich linsen- bis
erbsengroße gelblich-weiße Knoten mit schwach eiterigem
Inhalt. Gegen die Rachenpartie lagerten linsenförmige über¬
einanderhängende Gebilde, jedoch ohne eiterigen oder grie-
sigen Inhalt. Die linke Kehlgangsdrüse erschien hühnerei¬
groß mit gelb-griesigen Einlagerungen. Die rechte Kehl¬
gangsdrüse war kleiner, jedoch mit gleichem Inhalt. Unter
den Ohrspeicheldrüsen und Kinnbackendrüsen fanden sich
sulzige, wässerige Ergießungen; die Drüsen selbst erschienen
normal. — Im übrigen Körper fehlten solche Veränderungen.
Die mikroskopische Untersuchung ergab ungemein
zahlreiche brombeerartig angeordnete Coccen, die sich als
die Erreger des bezeichneten Leidens erwiesen.
Hermaphrodisie.
Am Freiburger Schlachthofe zeigte sich unter fünf
Schweinen eines Schlächters eines, dessen Tragsack dem
Metzger aufgefallen war, von ihm angeschnitten und dann
beiseite geworfen wurde. Auf Meldung des Hallenmeisters
wurde fraglicher Tragsack beigeschafft, es war folgendes zu
konstatieren: Der Uterus ist abnorm weit (10cm) — sein
Inhalt wurde vom Metzger als Eiter angesprochen —, statt
der Ovarien finden sich zwei etwa kastaniengroße Testikel
mit Nebenhoden und Samenleitern. Nach der Schilderung
des Schlächters zu schließen, hatte auch Hypertrophie der
Clitoris bestanden. Es ergab sich somit das Bild von
564
Hermaphrodisie, wie es Kitt in seinem Lehrbuch entwirft
mit der Bezeichnung „Pseudohermaphrodismus masculinus
kryptorchis mikrophallus et epispadiacus megalomastos cum
utero“. Es fanden sich am ausgeschlachteten Schwein noch
Reste wie von einem After - Rutenband. Am fraglichen
Schwein war vor der Untersuchung des Uterus lediglich
das Peritoneum wegen entzündlicher Verwachsung entfernt
worden. Bei der Tags darauf vorgenommenen Kochprobe,
— es bestanden Meinungsverschiedenheiten betr. fleisch¬
beschaulicher Beurteilung — war so starker Geschlechts¬
geruch bemerkbar, daß das Schwein beanstandet werden
mußte. Das Fleisch wurde der Freibank überwiesen. Lex.
Referate.
Dr. Röster: Über die Resorptionsfähigkeit der Haut
und des Unterhautzellgewebes für ein Casein-Präparat.
(Wiener Mediz. Wochenschr., Nr. 20, 1910.)
Verf. hat Sanatogen mit Wasser oder Vaseline zu
einem dicken Brei angerührt und auf die Haut ohne Mas¬
sage aufgetragen. Hiebei fand er, daß von der Haut inner¬
halb 6 Stunden 20—46 % Eiweiß aufgesaugt wurden.
Ferner injizierte R. 20 g einer sterilen 2 %igen Casein¬
lösung in die Subkutis und konstatierte vollständige Re¬
sorption derselben innerhalb einer Zeit von 6—7 Stunden
und zwar ohne jegliche Störung des physiologischen Ver¬
haltens der Versuchsobjekte. 10 %ige Caseinsalben, herge¬
stellt mit Vaseline, Lanolin, besonders mit Mitin wurden
von der ILmt, — auf diese unter Anwendung von Massage
aufgetragen — vollständig resorbiert. Mit vorzüglichem Er¬
folge benützte R. 10 %ige Sanatogen-Mitin-Salbe gegen
rissige Haut.
Die Ergebnisse der Versuche von R. dürften für die
Therapeutik Beachtung verdienen. A.
Train: Plasmase — Yohimbin. (Tierarzt!. Rund¬
schau, 1910, Nr. 24.)
1. Plasmase: In 8 Fällen von „Mäkelstaupe“,
deren Symptome den Anfangserscheinungen der Leeksuchr
gleichen und bei welcher dieTiere mäkelig im Futter werden
und mit der Zeit stark abmagern, erzielte Verf. mit der sub¬
kutanen Anwendung von Plasmase geradezu überraschende
Kr folge bezüglich Besserung des Körperzustandes, während
die frühere Behandlung mit subkutanen Apomorphingaben
(0,1), mit innerlicher Verabreichung von Acid. muriat. und
I inet. dentian. aa, ferner mit Arsen fast ganz wirkungslos
565
war, weshalb die Tierbesitzer Tiere mit „Mäkelstaupe“ nicht
mehr behandeln ließen. Weiter wurde l'lasmase zur Besse¬
rung des Körperzustandes im Rekonvaleszenzstadium mit
Erfolg angewandt nach starken Nierenblutungen,
chronischen Magen- und Darmkatarrhen
und Lungenentzündungen.
II. Yohimbin: Bei 11 Kühen, die seit 4—9 Mo¬
naten nicht brünstig geworden waren, bei 1 Hündin und
1 Sau erzielte Verf. mit der Yohimbinbehandlung stets
vollen Erfolg; die Tiere wurden brünstig und warfen Junge.
Stets Anwendung per os. Kühe: Rp.! Yohimbin pro us.
veterin. 0,6: 250,0; sechsmal täglich 1 Eßlöffel. II ü n d i n:
Rp.! Yohimbin pro us. veterin. 0,02: 100,0; fünfmal täglich
1 Eßlöffel. — Versagt hat die Yohimbinbehandlung in zwei
Fällen zur Anregung der Milchsekretion und in einem Falle
spinaler Lähmung eines Hundes.
B/aß: Neues aus der Pharmakologie. (Tierärztliche
'‘"Rundschau, 1910, Nr. 24.)
Novo jodin: Lockeres, hellbraunes, geruchloses
RulVef; •ist eine Mischung von Ilexamethylentetramindijodid
(C' ti H J2 N 4 J 2 ) und Talcum; vereinigt die Wirkung des Jods
undi'Formälins. Empfehlenswert in der Wundbehandlung,
ferner, c als Globuli vaginales beim ansteckenden Scheiden-
katarrh und der Behandlung anderer Erkrankungen der
Geschlechtswege.
T h i 1 a v e n: Auflösung von Linalvlacetatthiozonid
in Alkalithiozonat. Enthält 5 % Schwefel und hiervon 15 %
organisch gebundenen resorbierbaren Thiozonid-Schwefel.
In Gestalt von Salben und Bädern bei Hautkrankheiten zu
versuchen.
Gelodurat -Kapseln: Werden vom Magensaft
nicht angegriffen, sondern lösen sich erst im alkalischen
Darmsaft. Zur Anfertigung von Aloepillen empfehlenswert.
E u p h i 1 i n : Verbindung von Theoein mit Äthylen¬
diamin. Hervorragendes Diuretikum.
Hygienol S.: Dicke, syrupartige, schwach rötlich
gefärbte Flüssigkeit von saurer Reaktion; enthält Kresole
mit Schwefel und schwefliger Säure. Besitzt stark des¬
infizierende und desodorisierende Eigenschaften. Geeignet
als Stalldesinfiziens und Wundheilmittel fiir infizierte, übel¬
riechende und stark granulierende Wunden.
T a n n y 1 - G e h e : Bräunlich-gelbes, beinahe geruch¬
loses, in II 2 0 fast unlösliches, indifferent schmeckendes
Pulver, bestehend aus Oxychlomjasein und Gallusgerbsäure.
f I
H : r.; •/
*
566
Entfaltet erst im Darmkanal seine Wirkung. Ausgezeich¬
netes Mittel bei den verschiedenartigsten Magen-Darm-Er-
krankungen der Hunde. R a b u s.
Eber: Die Umwandlung von Menschen stammender
Tuberkelbazillen des Typus humanus in solche des Typus
bovinus. (Berl. Tierärztl. Wochenschr., 1910, Nr. 15.)
Verf. hat schon früher darauf hingewiesen, daß eine
strenge Scheidung der beim Menschen vorkommenden Tu¬
berkulosefälle in rindervirulente und nicht rindervirulente
auf Schwierigkeiten stößt, indem zwischen den beiden Ex¬
tremen der hochgradigen Virulenz und der völligen Aviru-
lenz für Rinder Übergänge Vorkommen. Nun hat er durch
eine Reihe von Versuchen dargetan, daß es bei geeigneter
Versuchsanordnung — Infektion von Meerschweinchen mit
menschlichem Virus, intraperitoneale Impfung von Rindern
mit tuberkulösen Organstückchen dieser Meerschweinchen
— möglich ist, mit Tuberkelmaterial des Typus humanus
bei Rindern Veränderungen hervorzurufen, aus denen Ba¬
zillen isoliert werden können, die sich bei Weiterimpfung
auf Rinder für diese hochgradig virulent erweisen und auch
im Kultur- und Kaninchenversuch wie Bazillen des Typus
bovinus verhalten. Es ist damit ein weiterer Beweis für die
nahe Verwandtschaft (Arteinheit) der beim Menschen und
beim Rind vorkommenden Tuberkuloseformen geliefert.
Brühl meyer: Räude bei Kamelen. (Zeitschr. f.
Veterinärkunde, 1910, IV.)
Unter den im südwestafrikanischen Feldzug verwen¬
deten Kamelen trat häufig Sarkoptesräude auf. Das Krank¬
heitsbild glich im wesentlichen dem bei den übrigen Haus¬
tieren. Soferne eine Behandlung gründlich durchgeführt
werden konnte, war die Prognose günstig zu stellen; ein¬
zelne Fälle führten infolge Abmagerung und Erschöpfung
zum Tode.
Die Behandlung bestand in gründlicher Reinigung der
Ilaut mit Seifenwasser und Waschungen des ganzen Tieres
mit 3 ( /ciger Kresolseifenlösung und hierauf in Einreibung
einer Mischung von 2:1 Schmieröl und Petroleum. Nach
:>—T Tagen wurde dieselbe Prozedur noch 4—5 mal bis zur
völligen Wiederherstellung wiederholt. Waschungen mit
Kresolseifenlösung allein führten namentlich bei veralteter
und ausgebreiteter Räude fast nie zum Ziel, erzeugten viel¬
mehr sehr bald Haarausfall, Sprödigkeit und Rissigkeit der
Haut. Bei leichter Erkrankung und scharfer Abgrenzung
der Räudeherde fand mit gutem Erfolg ein Teerliniment —
567
Pic. liquid., Sapon. kalin. aa 500.0, Spirit. 250,0 — Ver¬
wendung, das 7 Tage liegen blieb, dann abgewaschen und
noch 2—3 mal auf getragen wurde. L i n d n e r.
Tierzucht und Tierhaltung.
Über die Schwankungen der Trächtigkeitsdauer nach
Jahreszeiten.
Bekanntlich haben auf die Dauer der Trächtigkeit
unserer Haustiere verschiedene Umstände Einfluß z. B.
Rasse, Ernährung, Haltung, Alter der Mütter etc.
Über den Einfluß der Frühreife auf die Zeit der
Trächtigkeit, die Dauer der Tragezeit je nach dem Ge-
schlechte und der Anzahl der Föten, sowie über die Trächtig¬
keitsdauer bei Erstgebärenden hat Dr. Sabatini im
Jahre 1908 eine schöne Arbeit veröffentlicht, über die ich
in der Wochenschrift referierte. Die eingehende Arbeit
bezog sich auf Pferde, Rinder, Schafe und Schweine.
Vor Kurzem hat nun Dr. Wellmann auch Unter¬
suchungen über die Schwankungen der Trächtigkeitsdauer
nach Jahreszeiten angestellt und das Ergebnis seiner an
ungarischen Gestüten ausgeführten Studien in der Zeit¬
schrift „Landwirtschaftliche Jahrbücher“ 39. Bd., 1910, ver¬
öffentlicht.
Der Raum der Wochenschrift erlaubt nicht, über die
Resultate der Einzelnuntersuchungen zu berichten und be¬
schränke ich mich daher, die Hauptergebnisse der von
Dr. Wellmann ausgeführten Studien hier anzuführen;
sie lauten:
1. Die Trächtigkeitsdauer solcher Stuten, die während einer
bestimmter Deckperiode belegt werden, zeigt den Jahreszeiten ent¬
sprechende regelmäßige Schwankungen, nämlich sie ist bei den am
allerersten, im Frühherbst abfohlenden Stuten von kürzester Zeit;
von da an wächst sie monatlich nachweisbar, so, daß sie bei den am
spätesten, im Spätfrühjahr abfohlenden Stuten die längste ist. Die
äußerste Differenz der monatsdurchschnittlichen Werte beträgt 24 bis
37 Tage, der Durchschnittswert der ersten drei und der letzten drei
Monate dagegen 17—20 Tage.
2. Bei Kühen, die während einer bestimmter Deckperiode belegt
werden, ist diese Schwankung in der Tragezeit auch wahrnehmbar,
obwohl die Differenz bei den im Frühherbst und im Spätfrühjahr
abkalbenden Kühen kleiner ist, sie beträgt nur 7,66 resp. 5,89 Tage.
3 An der Trächtigkeitsdauer solcher Kühe, die das ganze Jahr
hindurch belegt werden, können wir ähnliche Schwankungen nicht
feststellen.
4. Die Trächtigkeitsdauer der verschiedenen Pferde- und
Rinderrassen schwankt; die im Gestüt Mezöhegyes gezüchteten eng¬
lischen Halbblüter und im Gestüte Fogaras gezüchteten Lippizaner
besitzen die längste, dagegen die Mezöhegyescher Groß-Nonius-Stuten
die kürzeste Tragezeit. Die Trächtigkeitsdauer der in Mezöhegyes
568
gezüchteten SiinmentalerkUhe ist, um 6,6 Tage länger, als bei den
ungarischen Kühen.
5. Bei Arbeit leistenden und zugleich zur Zucht benutzten Stuten
ist die Tragezeit um einige Tage kürzer als bei jenen, die bloß
zur Fohlenaufzucht gehalten werden.
6. Die Trächtigkeitsdauer ist im Gestüt Mezöhegyes heutzutage
kürzer als sie einst war. A.
Verschiedenes.
öOjähriges Jubiläum als Tierarzt.
Am 10. August feierte der Kgl. Kreistierarzt a. D.
Paulus Ott in Ansbach sein 60jähriges Tierarztjubiläum.
Der Jubilar ist geboren am 12. Juli 1830, er konnte also
vor Kurzem den 80. Geburtstag feiern. Im Jahre 1847
trat er an die damalige Zentraltierarzneischule, welche er
am 10. August vor 60 Jahren absolvierte. Hierauf wurde
er städtischer Tierarzt der Stadt Ansbach und später Bezirks¬
tierarzt für den Verwaltungsbezirk Ansbach; im Jahre 1872
erfolgte seine Ernennung zum IvgL Kreistierarzt bei der
Regierung von Mittelfranken in Ansbach. In all diesen
Stellungen entwickelte der Jubilar eine umfassende, höchst
ersprießliche Tätigkeit, für die ihm allseitige Anerkennung
und Ehrungen zu teil wurden. Der Kreisausschuß und
der Landwirtschaftliche Verein von Mittelfranken und der
mittelfränkische Tierärztliche Kreisverein ernannten ihn zum
Ehrenmitgliedo; der Bayerische Landwirtschaftsrat verlieh
ihm die große silberne und die goldene Vereinsmedaille und
von höchster Stelle wurde er durch Verleihung des Ver¬
dienstordens vom heiligen Michael geehrt. Möge der fernere
Lebensabend des verehrten Kollegen ein durch Gesundheit
und Wohlergehen verschönter sein. A.
Beratung des Etats der Tierärztlichen Hochschule München
im Plenum der Kammer der Abgeordneten.
Die Verhandlungen über den Etat der Tierärztlichen Hoch¬
schule im Plenum der Kammer der Abgeordneten waren rasch er¬
ledigt. Der in der Wochenschrift bereits mitgeteilte, im Finanz¬
ausschüsse gestellte Antrag zur Genehmigung des Etats wurde in
der Sitzung der Kammer wiederholt und von dieser genehmigt.
Erwähnt sei nur, daß der Abgeordnete Dr. Giinth e r, wie im
Finanzausschüsse, so auch bei den Verhandlungen in der Kammer
wieder für den vollständigen Ausbau der Tierärztlichen Hochschule
wann eingetreten ist, desgleichen für die Anerkennung des von
einer Anzahl bayerischer Tierärzte in der Schweiz erworbenen
Doktortitels der Veterinärmedizin. Den ersten Punkt anhelnngcnd.
befürwortete er die Einführung der Rektoratsverfassung an der
Tierärztlichen Hochschule und bekämpfte das Argument gegen die
freie Wahl des Rektors, die Zahl der Professoren des Kollegiums
•sei zu klein, als daß die Schaffung der gleichen Verhältnisse, wie
569
an der Universität angezeigt erscheine. G. machte darauf auf¬
merksam, daß an den Abteilungen der Technischen Hochschule ein
ähnliches Verhältnis bestehe, gleichwohl habe sich die freie Wahl
bewährt. Als noch treffenderes Beispiel hätten von ihm die Ver¬
hältnisse an Tierärztlichen Hochschulen (Berlin, Dresden, Wien etc.)
angeführt werden können, an welchen die Anzahl der Professoren
ungefähr die gleiche ist wie an der Tierärztlichen Hochschule München
(D. Ref.). Zur Petition bayerischer Tierärzte, die Führung des in
der Schweiz erworbenen Doktortitels betreffend, führte G. nach dem
stenographischen Berichte aus: Es herrschte im Finanzausschüsse
eine weitgehende Übereinstimmung dafür, daß es dringend erwünscht
wäre, für die bayerischen Tierärzte den Doktor der Veterinär¬
medizin, welchen sie in der Schweiz erworben, nachträglich in
Bayern anzuerkennen. Als sehr erfreulich muß bezeichnet werden,
daß sich unsere jungen Tierärzte nunmehr den Doktortitel in ihrem
Fache an der Tierärztlichen Hochschule in München erwerben
können. Aber wenn man zugibt, daß einem größeren Teile der
Tierärzte der Doktortitel wünschenswert ist und andererseits sieht,
daß sich eine Anzahl Tierärzte diesen Titel aus eigenem Antriebe
auswärts erworben haben, auswärts nur deswegen, weil ihnen das
eigene Vaterland die Möglichkeit hiezu verweigerte, so würde man
nach meiner Ansicht ein Unrecht begehen, wenn man diesen Männern
das Recht absprechen würde, den Titel zu führen. Man darf sich
nicht hinter dem formalistischen Standpunkt verschanzen, daß jetzt
bei uns das Abitucientenexamen zur Promotion gefordert wird. Man
darf die Arbeit, wefche sie unentwegter Weise geleistet haben,
nachträglich nicht so gering anschlagen, als daß man diese mit Recht
erworbene Titulatur von Staatswegen einfach als ungiltig erklären
sollte.
Man erwähnte, die sämtlichen deutschen Bundesstaaten müßten
in dieser Sache gemeinschaftlich vorgehen. Dieses ist schon
bisher nicht geschehen, indem einzelne Bundesstaaten den
Titel anerkannten und andere nicht. Wäre es denn ein Unglück,
wenn Bayern bei dieser Gelegenheit einmal an der Spitze marschierte
und im Bundesrate erklärte: Wir machen es so, wir haben dazu das
Recht und wenn wir von diesem Rechte Gebrauch machen, können
wir nur den Wunsch ausdrücken, daß Sie uns auf dem betretenen
Wege naehfolgen. Ich meine, das könnte Bayern niemand übel
nehmen, wenn es dazu beitragen würde, einem Zustande ein Ende
zu machen, der als höchst unerquicklich angesehen werden muß.
Wenn auch die Anzahl der Tierärzte, die in Betracht kommen, in
Bayern keine große ist, so kommen doch im ganzen Reiche m ehr
als 600 Männer in Frage, welche sich Zeit, Mühe und ein
großes Maß geistiger Anstrengung kosten ließen, um sich auswärts
den Doktor der Veterinärmedizin zu verschaffen. Nach meiner Mei¬
nung wäre es ein großes Unrecht, wenn wir wegen der äußerlich
fehlenden Parität mit anderen Bundesstaaten deren Verfahren zu
«lern unsrigen machen wollten.
Wenn man sich so sehr auf das Abiturientenexamen versteift,
läßt man außer Betracht, daß unsere Hochschulen in ihren Statuten
einen Paragraphen haben, nach welchem dem Betreffenden eine
ungewöhnlich tüchtige Dissertation so angerechnet werden kann, als
habe er das Abiturientenexamen gemacht. Der Abgeordnete teilte
dann einen speziellen Fall mit, bei welchem an der Universität
Erlangen so verfahren wurde, und fährt fort: Ich meine, was in
solchen Einzelnfällen geschah, könnte hier einigermaßen verall-
570
gemeinert werden,- weil alle tierärztlichen Fachschriften darüber
einig sind, daß die betreffende Fakultät Bern ungewöhnlich hohe
Anforderungen an diejenigen stellt, welche bei ihr um Gewährung
des Doktortitels nachsuchen. Man darf wohl behaupten, daß diese
Dissertationen auf einer höheren Stufe stehen als andere, weil in
der Schweiz zu den Bedingungen, welche bei uns erfüllt werden
müssen, noch andere treten, die in Deutschland durchschnittlich
nicht verlangt werden.
Wenn man sich alle die Verhältnisse vergegenwärtigt, so
glaube ich, könnte man sich gegen die Berechtigung, welche die
Leute für sich in Anspruch nehmen, wirklich nicht mehr wehren,
sondern müßte zugeben, der bayerische Staat solle in einer kurzen
Erklärung, die doch wahrhaftig keine große Mühe macht und den
Staat gewiß nicht in staatsrechtliche Verwicklung bringt, sich dahin
aussprechen, daß für diejenigen bayerischen Tierärzte, die bereits
den Doktortitel besitzen, derselbe nunmehr auch vom Staate
anerkannt werde. Welch’ große Befriedigung in allen Teilen im
Lande draußen und bei allen Beteiligten erzielt würde, darüber
kann die Königliche Staatsregierung sich nicht im Unklaren befinden.
Ich möchte also, wie auch bereits der Herr Referent andeutete,
indem er die allgemeine Meinung des Ausschusses zum Ausdruck
brachte, noch die dringliche Bitte an die Königliche Staatsregierung
stellen, in diesem Sinne eine Entscheidung treffen zu wollen.
Die Petition um Genehmigung zur Führung des in der Schweiz
erworbenen veterinär - medizinischen Doktortitels wurde hierauf
seitens der Kammer zur Würdigung beantragt.
Dem Abgeordneten Professor Dr. Günther, welcher die
Interessen der Tierärzte schon bei verschiedenen Anlässen warm
vertreten hat, gebührt für die im Vorstehenden mitgeteilte neuer¬
liche wohlwollende energische Befürwortung einer Bitte bayerischer
Kollegen der größte Dank! A.
Bttcberschau.
Das Haus- und NutZgeflfigel. Ein praktischer Ratgeber
für (len ländlichen Geflügelhalter. Von Dr. A. C. Ed.
B a 1 d a m u s. Vierte erheblich erweiterte Auflage. Be¬
arbeitet von Otto Grünhaidt. Mit 61 Abbildungen.
Hannover, Verlag von M. & H. Schaper, 1910. Preis
geb. 4 Mark.
Der Inhalt der vierten Auflage des Buches bringt in
neun Kapiteln auf 219 Druckseiten die Beschreibung der
wirtschaftlich wichtigsten Geflügelrassen, die Aufzucht,
Pflege, Ernährung und Verwertung des Geflügels; ferner
behandelt das Buch die Krankheiten des Geflügels und
deren Heilung. Alle Kapitel der neuen Auflage sind wesent¬
lich vermehrt worden. Neu eingefügt wurde die Besprech¬
ung jener neu aufgetauchten Geflügelrassen, deren Züchtung
und Haltung von wirtschaftlicher Bedeutung ist, ferner ist
dem Buche neu beigegeben eine Zusammenstellung der
für gewinnbringende Nutzgeflügelzucht wichtigsten Betriebs¬
angaben.
571
Das populär geschriebene mit sehr guten Abbildungen
versehene Buch wird dem Zweck, den das Titelblatt angibt,
entsprechen, es wird ländlichen Geflügelzüchtern ein sehr
guter Berater sein. A.
Literatur.
Bei der Redaktion sind nachstehende Dissertationen
eingelaufen:
Brücklmayer Franz: Untersuchungen über die Nierenzysten
beim Schwein (Dresden-Leipzig); JeanFranzen: Untersuchungen
über die Wirkung von Digipuratum Knoll und seine Verwend¬
barkeit in der Veterinärmedizin (Bern); öttle Xaver: Studien
über die Geschichte, die Entwicklung und den heutigen Stand des
Allgäuer Rindes und seiner Zucht unter besonderer Berücksichtigung
der neuzeitlichen Zuchtbestrebungen (Bern); Zirker Otto: Die
nichtorganisierten Sedimente im Harn gesunder Haustiere (Gießen);
Zisterer Josef: Bedingt die verschiedene Zusammensetzung der
Eiweißkörper auch einen Unterschied in ihrem Nährwerte? (München-
Gießen). _
Personalien.
Ernennungen: Zu Assistenten an der Tierärztlichen Hoch¬
schule in München die Tierärzte Fischer Karl aus Ludwigsburg
an der chirurgischen Klinik und Löffler Albert aus Zangberg am
Institut für Hufkunde; Dr. Greim Wilhelm aus Hof zum Schlacht¬
hoftierarzt in Erfurt; Welte Joseph, Stadttierarzt in Isny (Wttbg.)
zum Distrikts- und Stadttierarzt in Brackenheim (Wttbg.).
Approbationen: in Berlin die Herren Achenbach Oskar
aus Eydtkuhnen, Burghardt Rud. aus Mühlhausen (Eis.), Klinge-
mann Wilh. aus Wölpinghausen, Neven Rud. aus Marxen, Sing¬
ton James aus Leipzig und Wen dt Georg; in Dresden die Herren
Carlsdn Aug. Wilhelm aus Uleäberg (Finnland), Freudenreich
Leo aus Egisheim, Jaeckel Hellmuth aus Bromberg, Ismireff
Athanas aus Slivno (Bulg.), Pampel Franz aus Ruppertsgrün,
Sachse Arno aus Erfurt, Schwarz Joh. aus Meissen und Winkler
Max aus Zuschendorf; in Stuttgart die Herren Kollo frath Al-
brecht, Mögle Erich, Philipp Frdr., Schenk Rudolf, Schock
Karl und Stemmer Eugen.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Gießen die Tierärzte
Benkendörfer Albert in Reutlingen, Gl aß Hans in Berlin, Müller
Otto in Berlin, Sachs Ludwig in Gießen und Schock Karl in
Göppingen; in Leipzig die Tierärzte Adam Joh. in Leipzig, Knie-
ling Kurt in Breslau, Meyer Walter in Witzenhausen, Pins Leo¬
pold in Dümen, Röber Otto in Dresden, Schneider Hugo in
Dresden und Tauber Benno in Dresden; in Bern die Tierärzte
Kelly Frd. in St. Gallen, Plattner Em. in Basel und Rast Adal¬
bert in Zielenzig (Brdbg.).
Enthebung: Assistent Paulus Wilhelm aus Pfarrkirchen
wurde auf Ansuchen seiner Funktion als Assistent der chirurgischen
Klinik der Tierärztlichen Hochschule in München enthoben.
Todesfall: Rogg Kaspar, Kgl. Bezirkstierarzt in Burg¬
lengenfeld (Oberpfalz), [1884].
572
Mehr als 100 tierärztliche Gutachten bezeugen
die gute und schnelle Wirkung des geruchlosen
„ B i s s u 1 i n “ gegen den
infektiösen Scheidenkatarrh.
Kurze Behandlung, einfache und bequeme An¬
wendung.
Lieferung nur an Tierärzte oder in deren
Auftrag.
Alleiniger Fabrikant:
H. Trommsdorff, chem. Fabrik, Aachen 31.
Gegen Scheidenkatarrh.
«ah verwende NUm
B/ICiLLOL
Unecht
wenn ohne Originalverschluss.
Alleinige Fabrikanten : Bacillolwerke Hamburg.
Druck von J. Gottcswinter, München. — Kommissionsverlag: M. Riegersche
l’niversitiltsbuchhandlung, München, Odeonsplatz 2.
Münchener
(frftber: Wochenschrift für Tierheilkunde und Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 23. August 1910. Nr. 34.
Inhalt: Originalartikel: Orth: Beobachtungen über Ver¬
letzungen des Darmkanales bei Pferden. — Jöhnk: Uber die Ent¬
wicklung von Steißlagen beim Rinde. — Marggraff: Das akute
Lungeneniphysem beim Rinde. Uber Kehlkopftuberkulose. —
Referate: Baß: Neues aus der Pharmakologie. Reinhardt:
Gibt es einen sogenannten KälberhustenV — Tierzucht und
Tierhaltung: Englands Pferdehandel im Jahre 1909. Pferde¬
bestand an den bayerischen Gestütsanstalten. — Verschie¬
denes: General-Versammlung des Tierärztlichen Vereins von
Niederbayern pro 1910. Die Anerkennung des in der Schweiz
erworbenen veterinär-medizinischen Doktortitels. Studium von
Tierseuchen in Deutsch-Südwestafrika. — Bücherschau. —
Personalien.
Beobachtungen über Verletzungen des Darmkanales
bei Pferden.
Von Distriktstierarzt Oskar Orth, Arnstein (Unterfranken).
1. Mein 13jähriges Hannoveraner Wagenpferd war ge¬
legentlich eines Besuches in der Stallung eines Ökonomen,
der längere Zeit in Anspruch nahm, von dem betreffenden
Bauern mit sehr dürrem, grobstengeligem Luzerneheu ge¬
füttert worden. l)as Pferd hatte vorher bei mir niemals
solches Futter bekommen und wohl deshalb sehr gierig ge¬
fressen; kurz vor der Rückfahrt wurde es getränkt. Es war
damals Ende September. Ungefähr 14 Tage später fiel mir
auf, daß dasTier rauhes Haarkleid bekam und matter wurde.
Ich schrieb dies dem Haarwechsel zu und ließ es schließlich,
als die Haare rauher und dichter wurden, scheren. Anfangs
November zog sich das Pferd infolge einer Erkältung
eine Blinddarmentzündung zu, die innerhalb 48 Stunden
zum Tode führte.
Die Sektion ergab nun neben der Bestätigung der Dia¬
gnose den überraschenden Befund, daß sich durch den Leer-
574
darm ein 15 cm langer, . schief abgeschnittener starker
Luzernestengel derart hindurchgebohrt hatte, daß er
zwischen die beiden Gekrösblätter zu liegen kam und
1 i/i cm weit in das Darmlumen hineinragte.
Die Durchbruch stelle wies eine schwielige grau-blaue
Verdickung auf, während die Gekrösblätter leicht verdickt,
waren und um den Fremdkörper diffuse Eiterung zeigten.
Da ich die Fütterung des Pferdes stets überwachte und nie¬
mals sonst Kleeheu verfüttert worden war, so kann diese
Verletzung nur im September, also 5 Wochen vor dem Tode,
cingetreten sein. Eine Erklärung für den Durchtritt des
ziemlich langen Stengelstückes durch den Schlund und den
Magen glaube ich in der Annahme zu finden, daß das Pferd
den Stengel beim Tränken im Maule hatte und ihn mit dem
Wasser, das es infolge der Hitze gierig auf nahm, hinunter¬
spülte.
2. Einige Zeit später wurde ich zu einem angeblich an
Kolik erkrankten Pferde des Bauern St. in .Sch. gerufen.
Bei der Untersuchung konstatierte ich Bauchfellentzündung.
Eine Ursache war nicht zu finden. Das Tier ging ein.
Bei der Sektion fand sich ein 20 cm langes Stück eines
groben, spitz zulaufend abgeschnittenen Luzerneheustengels
vor, das den Dünndarm, nachdem es einigemale leichte
Sehlciinhautverletzungen verursacht hatte, perforiert hatte.
Im Anschluß daran war die tödliche Peritonitis aufgetreten.
Der Besitzer erzählte, er habe viel zu fahren gehabt und
deshalb die Fferde mittags, bevor sie aufgefressen hatten,
getränkt. Gleich darauf, als er einspannen wollte, habe sich
das Pferd krank gezeigt. Auch hier dürfte der Stengel hei
hastiger Wasseraufnahme durch Schlund und Magen ge¬
schwemmt worden sein.
Beide Fälle bildeten seither für mich eine Veran¬
lassung zur Mahnung, bei Verfütterung von grobem, lmrt-
stieligem Kleeheu mit dem Tränken vorsichtig zu sein bezw.
solches Heu am besten geschnitten zu verabreichen.
3. Ein ungarisches Wagenpferd, das bei ganz schlechtem
Wetter den ganzen Tag Dienst tun mußte, bekam unterwegs
Kolikanfälle. Tch ließ es in den nächsten Stall schaffen.
Die Untersuchung ergab beginnende Darmentzündung. Da
slurker Drang zum Urinieren vorhanden war, entleerte ich
die Blase durch Druck vom Ilektum aus. Die Mastdarm-
Icmpcralur betrug 30,5, das Pferd drängte bei der Abnahme
sehr stark. Ich schaffte das Tier heim und behandelte die
Krankheit lege artis. Bei der Exploration am 3. Tage maclitt»
ich nun die unliebsame Entdeckung, daß der Mastdarm in
575
der linken unteren Hälfte (den Querschnitt genommen)
zirka 20 cm vom After entfernt, eine Perforation in der
Größe eines Zehnpfennigstückes auf wies.
Diese Verletzung konnte nur bei dem heftigen Drängen
gegen das ziemlich spitze Thermometer entstanden sein.
Ich behandelte nun mit warmen Sublimatspülungen 1: 2000,
dreimal täglich und mit Einstreichen von 5%iger Jodoform¬
salbe. Das Loch wurde aber allmählich größer. Ringsherum
traten nuß- bis eigroße Schwellungen im anliegenden Becken¬
gewebe auf. Die Öffnung wurde nach Ablauf von 3 Wochen
über Fünfmarkstückgroß und es entleerte sich viel Eiter.
Nach und nach stießen sich Gewebsfetzen ab, die Schwel¬
lungen gingen zurück, es trat Narbenbildung ein. Nach
5 Wochen ließ sich nur mehr eine kleiue Narbe feststellen;
das Tier war wieder diensttauglich. Störungen in der De-
fäkation traten nicht auf, obwohl die Narbe mit der Becken¬
wand verwachsen ist.
4. Das Ackerpferd des Bauern M. in Th. war gelegent¬
lich des Deckaktes im Mastdarm verletzt worden. Bei der
Untersuchung konstatierte ich einen 25 cm langen Riß in
der oberen Mastdarmwand mit einer sackförmigen Aus¬
buchtung des Beckenzellgewebes nach vorne und oben. Man
konnte durch das Bauchfell deutlich Darmteile fühlen. Der
Riß war durch eine Darmtänie gegangen, so daß die ein¬
zelnen Fasern in das Lumen hineinhingen. Das vordere
Ende der Verletzung war zirka 40 cm vom After entfernt.
Die Behandlung bestand in Irrigation mit Sublimat¬
lösung 1:3000, dreimal täglich, die das Pferd aber vom
2. Tage an nicht mehr duldete. Einstreichen von Jodoform¬
salbe ließ es ruhig geschehen. Es traten am Wundrande
starke entzündliche Schwellungen auf, so daß die Fäzes
kaum mehr abgehen konnten. Am 6. Tage duldete das Pferd
wieder die Sublimatausspülungen. Die Wunde wurde mit
20 %iger Jodoformgaze tamponiert. Sie reinigte sich rasch
von großen Gewebsfetzen. Nach 10 Tagen ließ ich wieder
Dürrfutter geben, nach 14 Tagen das Pferd zum leichten
Zug einspannen. Nach Ablauf von 4 Wochen ergab die
Untersuchung nur eine fünfpfennigstückgroße Narbe.
Über die Entwicklung von Steißlagen beim Rinde.
Von M. Jöhnk, Berne (Oldenburg).
Die Berichtigung von ein- oder beiderseitiger Sprung-
gelenkshaltung bei Beckenendlage bezw. von reiner Stei߬
lage ist ein häufiges Vorkommnis. Ich möchte die Herren
Kollegen auf die Anwendung einer Schlinge aufmerksam
576
machen, die mir seit etwa 3 Jahren sehr ersprießliche Dienste
bei der Entwicklung der genannten fehlerhaften Haltungen
leistete. Meines Wissens ist die Anwendung dieser Schlinge
bisher noch nicht beschrieben worden, wenigstens enthalten
die mir zugänglichen Lehrbücher der Geburtshilfe, sowohl
die älteren (G ii n t h e r, Har m s) als auch die neueren
(De Bruin, Franck-Göring-Albrecht) keine
entsprechenden Angaben.
Aus der reinen Steißlage stelle ich durch Heranziehen
der Hinterschenkel bis auf’s materne Schambein die ein-
bezw. beiderseitige Sprunggelenkshaltung her. Die Berich¬
tigung der letztgenannten Gliedmaßenhaltung vermochte ich
in mehr als der Hälfte aller behandelten Fälle ohne Ver¬
wendung von Stricken nur mit meinen beiden Händen aus¬
zuführen. Waren die Geburtswege jedoch eng oder der
Uterus bereits stärker kontrahiert, so kam die Schlinge in
Anwendung. Die Anlegung geschieht in der Weise, daß die
Schlinge entweder von unten her über die Klauen oder vom
Metatarsus aus bis in die Gegend des Fessels geschoben wird,
dergestalt, daß die Schlingen-Üse der Dorsalfläche der Zehen
anliegt; das fortlaufende Seil der Schlinge wird dann in den
Zwischenklauenspalt eingelegt und von dort nach außen ge¬
leitet.
Die weitere Haltungsberichtigung geht in der be¬
kannten Weise vor sich: Zurückschieben der Frucht,
Beugung des Knie- und Hüftgelenks durch Druck auf das
Sprunggelenk. Die andere Hand zieht die Schlinge nach
oben und bewirkt Berichtigung der Gliedmaße, die infolge
maximaler Beugung der Zehengelenke relativ leicht vor sich
geht. Wiederholt vermochte ich die Haltung der Hinter¬
schenkel mit dieser Schlinge zu berichtigen, während sie bei
der gewöhnlichen Anlegung (Schlingen-Üse auf der Plantar¬
fläche) nicht möglich war.
Einen Berichtigungsversuch habe ich dann nicht mehr
unternommen, wenn der Uterus stark kontrahiert und die
Frucht bereits tot war. in diesen Fällen führte die Embryo-
tomie nach der perkutanen Methode schneller, sicherer und
gefahrloser für das Muttertier zum Ziele.
Das akute Lnngenemphysem beim Rinde.
Von Distriktstierarzt Marggraff, Selb.
Verhältnismäßig häufig habe ich in der Praxis eine
Erkrankung des Kindes beobachtet, von der in der Literatur
nicht gerade oft die Bede ist: ich meine das akute Lungen-
emphysem beim Kinde. Während die tierärztliche Literatur
577
reich ist an Veröffentlichungen über das chronische Lungen¬
emphysem des Pferdes, das als Dampf bezeichnet wird, ist
in den verschiedenen Werken über Pathologie der Haustiere
obiges Leiden nur kurz oder nebenbei erwähnt, obwohl es
nicht selten zur Beobachtung kommt. In den Jahren 1904
bis 1908 habe ich 19 Fälle zur Untersuchung bekommen,
ln 11 Fällen kam das Leiden als selbständige Erkrankung
vor, während es in 8 Fällen mit anderen vergesellschaftet
war und zwar je einmal mit Echinokokkosis der Lunge, mit
Tuberkulose, mit zirkumskripter Pleuritis, mit Intussnscep-
tion des Dünndarms, mit Metritis purulenta und dreimal im
Anschluß an Mastitiden.
In einem Falle, bei welchem das Leiden selbständig
auftrat, war gleichzeitig Emphysem des Unterhautbinde¬
gewebes in der Umgebung der Luftröhre und auf dem
Kücken vorhanden; in diesem Falle war vor meiner An¬
kunft von einem Pfuscher die Diagnose auf Itauschbrand
gestellt worden.
Die Erkrankung kam vor bei 18 erwachsenen Tieren
und zwar bei 2 Ochsen im Alter von 2 Y> und 4 Jahren, bei
15 Kühen im Alter von 4—14 Jahren, bei einem 1 ^jährigen
Jungrind und bei einem 4 Wochen alten Kalbe.
Der Ernährungszustand der erkrankten Tiere war ganz
verschieden; es waren sowohl sehr gut genährte als auch
mittelmäßig und schlecht genährte unter den erkrankten.
11 Erkrankungen kamen in den Monaten November,
Dezember, Januar, April und Mai vor, während die übrigen
sich auf die Monate Juni bis September verteilten.
Bei den 11 Fällen, die sich als selbständiges Leiden
darstellten, waren die Erscheinungen diejenigen einer hoch¬
gradigen Dyspnoe mit geringgradiger Temperaturerhöhung,
hoher Zahl der Atemzüge (50—120 pro Minute) mit Auf¬
blähen der Nasenflügel, stark geröteten Schleimhäuten,
schwachem Pulsschlag und ungleich verteilter Körper¬
temperatur. Die Perkussion ergab überlauten Schall, der
sich weit nach den hinteren Lungenpartien ausdelmte, durch
die Auskultation waren über der ganzen Lunge unbestimmte
Atmungsgeräusche oder abgeschwächtes Vesikuläratmen
nachzuweisen.
Die Krankheit entstand in diesen 11 Fällen fast plötz¬
lich, ohne daß irgend welche Erscheinungen, wie Nachlassen
des Appetits oder Husten, vorhergegangen wären.
Charakteristisch für die Erkrankung ist das weithin
hörbare exspiratorischeOeräusch, das mit ständigem Stöhnen
verbunden und manchmal so stark ist, daß man es schon
578
außerhalb des Stalles hören und infolgedessen die Diagnose
par distance stellen kann. Dabei wagen die Tiere nur selten
sich niederzulegen; sie stehen mit gespreizten Gliedmaßen
da und zeigen starkes Flankenschlagen und Afteratinen.
Legten sich Kühe vor Erschöpfung nieder, so drohten sie
zu ersticken und mußten sich sofort wieder erheben.
Von den Besitzern wurde stets Eindringen eines Fremd¬
körpers in irgend ein Organ vermutet, was sich jedoch bei
der Schlachtung stets als irrig erwies. Sämtliche Tiere
mußten nach Ablauf von 1—2 Tagen geschlachtet werden,
da bei den beängstigenden, geschilderten Erscheinungen ein
suffokatorisches Ende durch Lungen- oder Herzschlag zu
befürchten war.
Bei der Fleischbeschau fanden sich stets beide Lungen
stumpfrandig ad maximum vergrößert, jedoch keine Ver¬
wachsungen der Lungen mit dem Rippenfelle, keine Hepati-
sationen und keine Ödembildungen, vielmehr war hoch¬
gradige Exspirationsstellung der Lungen zugegen. Dieselben
fielen nach der Eröffnung der Brusthöhle nicht zusammen
und lagen den Brustwänden prall an (vesikuläres Em¬
physem). Die Farbe der Lungen war nicht wie sonst beim
geschlachteten Tiere rosarot, sondern blaß, das Lungenge¬
webe knisterte stark; Herzfehler wurden nicht gefunden.
Bei den übrigen 7 Fällen trat das Lungenleiden mit
exspiratorischer Dyspnoe so stark in den Vordergrund, daß
wegen der vorhandenen Atemnot die Schlachtung vorge¬
nommen werden mußte.
Prof. Dr. Albrecht erwähnt in Nr. 20 der ..Münch.
Tieriirztl. Wochenschrift“ vom Jahre 1900 das Lungen¬
emphysem beim Rind als Nachkrankheit der Gebärparese
und erklärt das Auftreten dieser Erkrankung durch die
heftige Inanspruchnahme des Respirationsapparates infolge
der häufigen Aufstehversuche der Tiere im Beginne des so¬
porösen Leidens. Ähnliche Ursachen lassen sich auch bei
den 8 Fällen, bei denen gleichzeitig eine andere Erkrankung
vorlag, annehmen, z. B. in dem Falle, wo Echinokokkosis der
Lunge vorlag. drangen einzelne Blasen bis in die Lunge und
bedingten durch das häufige angestrengte Husten eine Er¬
weiterung der Lunge; in dem oben erwähnten Falle von
Intussusception des Dünndarmes dürfte vielleicht die oft
versuchte Defiikalion durch die Drucksteigerung in der
Bauchhöhle Lungenblähung erzeugt haben.
\V;is die Ursachen des selbständigen Auftretens des
Leidens anbelungt, so habe ich dafür keine stichhaltige Er¬
klärung. Vielleicht kommen die ungünstigen Stallverhält-
579
nisse in hiesiger Gegend in Betracht. Die Tiere sind den
ganzen Winter über in schlecht bezw. überhaupt nicht ven¬
tilierten Stallungen untergebracht und hiedurch gezwungen
andauernd schlechte Luft einzuatmen; möglicherweise
spielen hoher Kohlensäuregehalt des Blutes bezw. Sauerstoff¬
hunger als kausale Momente eine Rolle? Auffallend ist,
daß die meisten Erkrankungen im Winter Vorkommen.
Über Kehlkopftaberkalose.
Von demselben.
öfters habe ich in meinem Distrikt Gelegenheit, larvn-
geale Dyspnoe infolge von Kehl köpf tuberkulöse zu beob¬
achten. Sie kommt vor als inspiratorische Atemnot, bedingt
durch mechanische Verengung des Pharynx und Larynx in¬
folge des Vorhandenseins tuberkulöser Neubildungen im
Kehlkopf selbst, die so stark sein können, daß fast der ganze
Kehlkopf davon ausgefüllt ist. Ich habe einen Fall beob¬
achtet, in dem der Innenraum des Kehlkopfes durch tuber¬
kulöse Neubildungen so verengert war, daß er nur für einen
Bleistift durchgängig war. Andererseits sah ich Dyspnoe
auch durch Vergrößerung der retropharyngealen Lympli-
drüsen veranlaßt; diese waren über faustgroß und zeigten
im Innern kalkige Struktur, teilweise auch geschwürige Ent¬
artung. Die Erscheinungen im Leben sind in beiden Fällen
Schweratmigkeit mit pfeifenden, giemenden oder rasselnden
Geräuschen, die oft schon von weitem zu hören sind, dann
Schlingbeschwerden, Geifern, Nachlassen des Appetits und
rasche Abnahme des Ernährungszustandes. Meist tritt die
Krankheit sekundär auf; doch habe ich auch sclion einmal
primäre Kehlkopftuberkulose, und zwar bei einem 2jährigen
Zuchtstiere, konstatieren können.
Referate.
Baß: Neues aus der Pharmakologie. (Tierärztliche
Rundschau, 1910, Nr. 21.)
1. Aperitol oder Isovaleryl-Acetyl-Phonophtalei'n;
weißes, völlig geruch- und geschmackloses Pulver, das erst
vom Darmsaft in den unteren Darmschnitten in seine Be¬
standteile zerlegt wird und infolge seines Gehaltes an Jso-
valeriansäure eine schmerzlose Stuhlentleerung hervor¬
ruft. Ware bei habitueller Obstipation in der Hunde- und
Katzen-Praxis zu versuchen.
2. Jot hion: Leicht gelbliche, klare Flüssigkeit mit
zirka 80 °/o Jod; in Glyzerin, Öl, Alkohol, Chloroform lös¬
lich und leicht verseifbar. Wird von der Haut leicht resor-
580
biert. In der Tierheilkunde wären mit dem Mittel überall
dort Versuche anzustellen, wo bisher Jodkali innerlich ver¬
abreicht wurde, ferner als Jothion-Glyzerin bei nässenden
Ekzemen der Hunde und in Gestalt von Jothion-Globuli bei
ansteckendem Scheidenkatarrh.
3. Scharlachrot (Rubrum scarlatinum) bringt
große Wundflächen schnell zur Überhäutung. Anwendung
in Salbenform. Rp.! Scharlachrot 0,5—1,0, Ungt. Parafl.
Lanolin, aa ad 10,0; M. f. ungt. — Rp.! Scharlachrot, Tere
cum Ol. Chloroform, usque ad solut. adde Vaselin. 100,0.
4. A r s a c e t i n ist acetylparamidophenylarsinsaures
Natron, eine Acetylverbindung des Atoxyls; weißes, von
arseniger und Arsensäure freies Pulver; leicht löslich in
kaltem und heißem Wasser. Wirkt kräftiger als Atoxyl
gegen Trypanosomen. Anwendung subkutan in 10—15%iger
Lösung. Wäre beim Blutharnen der Rinder und der Borna¬
schen Krankheit der Pferde zu versuchen.
5. Arsenophenylglyzin oder Arsenophenyl-
glyzinnatrium; hellgelbes, in Wasser sehr leicht lösliches
Pulver, welches nicht luftbeständig ist, sondern sich nur
im Vakuumröhrchen hält. Wirkt sicher bei schlafkranken
Tieren.
6. Perubalsam wirkt außerordentlich günstig in
der Wundbehandlung bei Fisteln, Schußwunden und sehr
tiefgehenden, mit jauchiger Sekretion und starker Nekrosen¬
bildung verbundenen Wunden; weiters wird Perubalsam in
Verbindung mit Cholesterin als Ersatzmittel für Tetanus-
antitoxin bei Starrkrampf empfohlen.
7. Pantopon enthält die Chlorhydrate der Gesamt -
alkaloide des Opiums. Ist eine makroskopisch amorphe,
bräunlich gefärbte, in Wasser sehr leicht lösliche Substanz.
Lösungen sind haltbar und braun gefärbt. Das Mittel eignet
sich zur subkutanen Injektion. 1 g Pantopon = 5 g Opium
= 0,5 Morphium. Wirkt als Narkotikum, Hypnotikum und
Antiperistaltikum rascher und zuverlässiger wie Opium.
R a b u s.
Reinhardt: Gibt es einen sogenannten Kälber¬
husten? (Berl. Tierärztl. Wocliensehr., 1910, Nr. 25.)
Mit dem Ausdruck „Kälberhusten“ bezeichnen die
Landwirte einen Husten bei Kühen, der lediglich durch die
gerade vorhandene Trächtigkeit verursacht sein und nach
Ablauf der Geburt wieder verschwinden soll. Die tierärzt¬
liche Literatur schweigt sich über diese Erscheinung voll¬
kommen aus und die meisten Tierärzte stehen ihr skeptisch
581
»
gegenüber. Verf. bejaht die in der Übersieht gestellte Frage
ganz entschieden und zwar auf Grund teils eigener Beob¬
achtungen, teils theoretischer Erwägungen. Er verweist liier
unter Schilderung mehrerer Fälle namentlich auf die Ver¬
hältnisse beim Menschen, bei dem Larynxaffektionen zu¬
weilen im Zusammenhang mit Uteruserkrankungen oder
Schwangerschaft stehen und chronische Bronchitiden intra
graviditatem oft sehr hartnäckig sind, aber nach der Geburt
schwinden. Aus der Veterinärmedizin ist nur 1 Fall krampf¬
haften Hustens bei einer Hündin beschrieben, der durch
Fibrome im Uterus hervorgerufen war.
Die Ursache des fraglichen Hustens läßt sich in reflek¬
torischen Beizen suchen, die von dem in seiner Struktur
veränderten graviden Uterus auf den sympathischen Bahnen
ausgehen. Auch ist es möglich, daß Stoffwechselprodukte
oder Sekrete (innere Sekretion des Ovariums!), deren Ab¬
scheidung durch die Gravidität veranlaßt wird, in’s Blut ge¬
langen und nun das Hustenzentrum unmittelbar beein¬
flussen. L i n d n e r.
Tierzucht und Tierhaltung.
Englands Pferdehandel im Jahre 1909.
Nach einer Mitteilung der „Zeitschrift für Gestüts:
künde“ belief sich die Zahl der im verflossenen Jahre ex¬
portierten Pferde auf 55 910 gegen 58 094 im Jahre 1908.
Von denselben gingen 28 374 nach Belgien, 19 009 nach
Holland, 3 004 nach Frankreich und 5 403 nach anderen
Ländern. Der Wert dieser Tiere betrug 1 078 484 Pfund
Sterling gegen 935 945 im Jahre 1908. Der durchschnitt¬
liche Wert dieser exportierten Pferde war 17 Pfund 4 Shil¬
ling (1908: 17 Pfund 2 Shilling). Die nach Holland und
Belgien hauptsächlich zu Schlachtzwecken verkauften üferde
hatten nur einen mittleren Wert von 13 Pfund 5 Shilling,
während der Durchschnittswert der von Frankreich und
anderen Ländern bezogenen Pferch' sich auf 03 Pfund belief.
Importiert wurden während des verflossenen .Iahres
10 774 gegen 13 210 im Jahre 1900. Von denselben kamen
aus den Vereinigten Staaten 004 (gegen 1340), aus Kanada
125 (gegen 107) und aus anderem Ländern 15 985 (gegen
11 703). Der Gesamtwert dieser Piere* war 580 024 Üfund
gegen 412 007 Pfund im .Iahre 190K. Der Durchschnittswert
dieser Tiere betrug indessen .'54 üfund J0 Shilling gegen
31 Pfund 4 Shilling.
582
Pferdebestand an den bayerischen Gestütsanstalten.
Bei den Landgestüten waren am Schlüsse des Jahres
1909 498 Hengste vorhanden und zwar an den Landgestüten:
Ansbach 88, Augsburg 98, Erding 120, Landshut 135 und
Zweibrücken 51 Hengste. Im ganzen standen am 3. De¬
zember 1909 an den Landgestüten und den beiden Stamm-
.gestüten Achselschwang und Zweibrücken; 511 Deckhengste
(darunter 7 Hengstbeschäler), 131 Zuchtstuten, 125 Hengst¬
fohlen, 120 Stutfohlen, 137 Remontefohlen der Anstalt
Stillerhof, 37 Ökonomiepferde; zusammen 1061 Pferde.
(Aus dem Berichte der K. Landgestütsverwaltung.) A.
Verschiedenes.
Generalversammlung des Tierärztlichen Vereins von Nieder¬
bayern pro 1910.
Die diesjährige Generalversammlung wurde am 24. Juli
im kleinen Rathaussaale zu Straubing abgehalten. Der¬
selben wohnten 36 Mitglieder an.
Nach herzlicher Begrüßung der Anwesenden, insbe¬
sondere des von der K. Regierung abgeordneten Kommissärs
Herrn K. Regierungs- und Veterinärrates H e i c h 1 i n g e r
durch den Vorstand, K. Bezirkstierarzt H o r n - Pfarr¬
kirchen, wurde durch Letzteren eingehender Bericht über
die Tätigkeit des Vereins im abgelaufenen Vereinsjahre
erstattet.
Dem Aufrufe des Vereins der Tierärzte des Regierungs¬
bezirkes Wiesbaden über die praktische Ausbildung des tier¬
ärztlichen Nachwuchses wurde unter Hinweis auf das bereits
bestehende praktische Jahr beigestimmt.
Beschlossen wurde, mit dem Allgemeinen Deutschen
Versicherungsverein in Stuttgart bezüglich des Abschlusses
einer Haft- und Unfallversicherung unter den gleichen Vor¬
aussetzungen, wie dies vom oberbayerischen Kreisvereine
geschehen, iirs Benehmen zu treten.
Die Vorlage der Jahresrechnung ergab einen Aktiv¬
bestand von 328 Mk. 50 Pfg. Die Rechnung wurde nach er¬
innerungsloser Revision genehmigt. Der vorgelegte Etat
pro 1911 zu 628 Mk. in Einnahmen und Ausgaben fand all¬
gemeine Zustimmung.
Die Wahl der Vorstandschaft ergab, nachdem der bis¬
herige Vorstand, K. Bezirkstierarzt Horn, trotz wieder¬
holten Ersuchens ausdrücklich erklärte, eine Wiederwahl
unter keinen Umständen mehr anzunehmen und auch der
bisherige Kassier, Zuchtinspektor Ee s e r, eine weitereWahl
583
ablehnen ließ, folgendes Resultat: Vorstand: Dr. 0? a -
Steiger, K. Bezirkstierarzt in Deggendorf; Sekretär:
Saurer, städt. Bezirkstierarzt in Landshut; Kassier:
F ö r g, Zuchtinspektor in Passau; Ausschußmitglieder :
Buhmann, K. Bezirkstierarzt in Landshut, und P f a b,
Distriktstierarzt in Rotthalmünster; Abgeordneter zum
Obermedizinalausschuß: Heichlinger, K. Regierungs¬
und Veterinärrat; Stellvertreter: Dr. G a s t e i g e r, K. Be¬
zirkstierarzt in Deggendorf; Delegierter zum Deutschen
Veterinärrat: Heichlinger, K. Regierungs- und Vete¬
rinärrat; Stellvertreter: Dr. G a s t e i g e r, K. Bezirkstier¬
arzt in Deggendorf. Die genannten Herren erklärten die
Wahl anzunehmen.
Der neuernannte Vorstand, welcher statutengemäß so¬
fort den Vorsitz übernahm, dankte zunächst mit warmen
Worten der Anerkennung dem abtretenden, bisherigen Vor¬
stande für seine langjährige ersprießliche Leitung und Ver¬
tretung des Vereins unter lautem Beifalle der Versammlung.
In hohem Grade wurde sodann die Aufmerksamkeit
der Versammlung durch den außerordentlich anregenden
interessanten Vortrag des Herrn Dr. Lichtenstern-
Rottalmünster über „Lurnbal-Anästhesie“ gefesselt. Reicher
Beifall wurde dem Vortragenden zuteil. Der Wunsch, es
möge gelegentlich der nächstjährigen Versammlung eine
praktische Vorführung dieser neuesten interessanten An¬
ästhesierungs-Methode erfolgen, wurde von Herrn Dr. Lich-
tenstern bereitwilligst akzeptiert.
Der Anregung des Herrn Vorstandes und des Herrn
Regierungsvertreters, es möge die nächstjährige General¬
versammlung des Zuchtverbandes ebenso zahlreich wie in
diesem Jahre besucht werden, wurde allgemeine Zustimmung
zuteil.
Anschließend an die Versammlung vereinigte die Kol¬
legen in dem Weinrestaurant Ilafeneder ein kleines Diner,
zu welchem erfreulicherweise auch mehrere Damen er¬
schienen w’aren. Infolge der ungünstigen Zugverbindungen
mußte sich leider die größere Zahl der Teilnehmer früher,
als dies sonst der Fall war, verabschieden.
Dr. Gasteige r, Vorstand. Saure r, Schriftführer.
Die Anerkennung des in der Schweiz erworbenen veterinär¬
medizinischen Doktortitels.
Seine Königliche Hoheit Prinz Ludwig von Bayern
befürwortete im Finanzausschüsse der Kammer der Reichs-
riitc das Gesuch von Tierärzten um Anerkennung des von
584
ihnen im Auslande erworbenen Titels „Dr. ined. vet.‘* Seine
Königliche Hoheit wies darauf hin, daß früher für die Tier¬
ärzte, welche sich im Ausland den veterinär-medizinischen
Doktortitel erworben hatten, die Berechtigung bestand, den¬
selben zu führen und bezeichnete es als Härte, wenn jetzt
die Genehmigung zur Führung versagt würde, zumal als
diese Befugnis in Bayern an nur 15 Tierärzte zu erteilen
wäre. Der Kultusminister Dr. von Wehner äußerte sich
dahin, daß die K. Staatsregierung auf dem Standpunkte
stehe, den im Auslande erworbenen Doktortitel überhaupt
nur mehr dann anzuerkennen, wenn das Absolutorium einer
neunklassigen Mittelschule erworben worden sei. Der An¬
regung zur Anerkennung der von Immaturen im Auslande
erworbenen Doktortitel steht. Preußen nicht günstig gegen¬
über. Es werde sich wohl auf dem nächsten Hochschultage
Gelegenheit ergeben, die Sache zur Sprache zu bringen.
Aus der Erklärung des Ministers zu schließen, dürfte
die Verbescheidung des Gesuches noch einige Zeit auf sich
warten lassen. A.
Studium von Tierseuchen in Deutsch-Südwestafrika.
Zum Zwecke des Studiums der Tierseuchen in Süd west-
afrika sendet daslleichskolonialamt den Direktor des Reichs¬
gesundheitsamtes, Geheimrat Prof. Dr. Oster tag, dahin
ab. Derselbe wird an Ort und Stelle Untersuchungen über
den Stand und die Bekämpfung der Tierseuchen, insbeson¬
dere auch über die in letzter Zeit beobachteten Schafseuchen
anstellen. Ostertag soll dann auf Grund im Lande ge¬
machter Feststellungen Vorschläge machen, auf welche
Weise die wissenschaftliche Erforschung der Tierseuchen
durch Schaffung geeigneter Einrichtungen, vor allem durch
den Ausbau der bestehenden bakteriologischen Station, am
besten zur Ausführung gelangen kann.
Bttcherscfaan.
Grundriß der klinischen Diagnostik der inneren Krankheiten der
Haustiere. Von Dr. L. Malkmus, Professor der Pathologie und
Dirigent der medizinischen Klinik an der Tierärztlichen Hochschule
Hannover. IV. vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 61 in
den Text gedruckten Abbildungen und einer Farbentafel. Preis
geh. 5 Mk. 60 Pfg. Hannover 1910. Verlag von Dr. Jänecke.
Verf. gliedert den Inhalt des seit dem Jahre 1898 schon in
IV. Auflage erschienenen Buches in folgende Abschnitte: 1. Anam¬
nese und 2. Aufnahme des status praesens; dieser Abschnitt zerfallt
in a) einen allgemeinen, b) einen speziellen Teil und c) in spezifische
Untersuchungen.
Vor Allem regt Verf. an, die diagnostischen Untersuchungen
nach einer bestimmten Reihenfolge vorzunehmen und gibt dann bei
585
den einzelnen Körperteilen Anweisung zu methodischer Untersuchung
von Organgruppen und Organen. Die Prüfung der biologischen
Verhältnisse im Sinne des Verf. sichert eine, soweit überhaupt mög¬
lich, gründliche Erkenntnis krankhafter Zustände des Körpers und
schließt Übersehen fast vollkommen aus. Die Untersuchung aller
oder fast aller Apparate auch hei Krankheiten, bei welchen die
Diagnose durch bestimmte charakteristische Symptome von vorn¬
herein gesichert erscheint, ist deswegen wichtig, weil sie die Schätzung
der vom Krankheitsherde ausgehenden Beeinflußung des Gesarat-
organismus und damit den -Grad des Leidens, sowie die Prognose¬
stellung ermöglicht. Der Betrachtung der pathologischen Erschei¬
nungen zur Konstruierung der Diagnose schickt Verf. je eine Angabe
der physiologischen Symptome voraus und erleichtert damit die
Abwiegung des Pathologischen vom Physiologischen, was besonders
dann von Bedeutung, wenn die Grenzen zwischen beiden enge
gezogen sind.
Verf. war nach dem Vorstehenden bestrebt, auf der Basis
langjähriger Erfahrung als interner Kliniker in dem Buche nicht
lediglich dasjenige niederzulegen, was zur Erkennung innerer Krank¬
heiten unserer Haustiere erforderlich ist, sondern auch zu zeigen,
wie die Hilfsmittel zu einer raschen sicheren Diagnosestellung am
zweckmäßigsten verwertet werden und dieses ist ihm vollkommen
gelungen, lrn Übrigen ist der Inhalt der vorliegenden IV. Auflage
in allen Kapiteln verbessert und ergänzt worden: außerdem erhielt
das Buch mehrere neue Abbildungen. Das auch buchhändlerisch
vorzüglich ausgestattete Werk ist bei Studierenden und Tierärzten
als Lehrbuch bezw. als Ratgeber so bekannt und beliebt, daß es
keiner Empfehlung bedarf. A.
Personalien.
Wohnsitzveränderungen: Greif Karl von Forohheim
nach Dorfen (Oberbayern), Hofmiller Lothar von Augsburg nach
Thannhausen (Schwaben), Hoerning Martin von Prien nach Neu¬
brunn (Unterfranken), Wichera Albert von Eggenfelden nach
Postau (Niederbayern). Zimmer mann Rudolf aus Unterhaching
als Assistent des Kgl. Bezirkstierarzt nach Kaufbeuren.
Approbationen: in Berlin die Herren Buchal Werner aus
Wehrse, Liebhold Willi, aus Hattingen und Roose Gg. aus Pyritz:
in Gießen die Herren Kram er Jos. aus Reckental, Schlaghecken
Frz. aus Rees und Trennert Karl aus Koschmin, in Hannover die
Herren Beutz Werner aus Wismar, Castren Elis aus Haapavesi
(Finnland), Kienberg Gotthelm aus Abo, Krag Christ, aus Bars-
mark, Rauma Joh. aus Kaustinen (Finnland), Rode Willi, aus —
Wiedensahl, Schmidt Willi, aus Langenberg und Wolter Christ: \
aus Lethmathe.
Promotion: Zum Dr. med. vet. in Bern: Joseph Blieber L
aus Passau.
Todesfall: Dr. K 1 ee Robert, Medizinalassessor, Dozent uhd \
Leiter der Yeterinärklinik in Jena (1891). V
A | lf1 ICQ über die in der Augsburger Abendzeitung
**^1^^* llUöö ausgeschriebene neu zu gründende Praxis
in dem Dorfe E r i n g a. J. erteilt
Distriktstierarzt Anctr. Pfab in Rottalmünster.
58 '
Chem. Fabrik □ Darmstadt
empfiehlt alle Drogen nnd Chemikalien für die Veterinärpraxis,
insbesondere:
Arecolin, Atropin, Cocain, Eserin, Morphin, Pilocarpin,
Podophyllin, Strychnin, Veratrin, Blei-, Jod-, Queck¬
silber-, Wismuthverbindnngen etc., ferner Tuberknlin
nnd Bovotnberknlol für diagnostische Zwecke,
sowie die Spezialpräparate:
JODIPIN
pro usu veterinario 10°/° und
25 °/o. Vorzüglicher Ersatz für
Jodalkalien.
Bewährt bei:
Dämpfigkeit, Lebercirrhose,
Leborkoller, Tetanus, Morbus
maculosus der Pferde, Akti-
noniykose, Tuberkulose der
Rinder.
TANNOFORM
Äußerlich:
Ausgezeichnetes Antiseptikum.
Völlig ungiftig, stark des¬
odorierend.
Innerlich:
Wirksames Antidiarrlioicnm,
besonders bei Kälberruhr
empfohlen.
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Elnladung.
Die 68. ordentliche GeneralTeraammlanx findet am
Samstag, Ä7. Aacaat vormittags 11 Uhr in den Lokalitäten der
Kasinogesellschaft in Kaiserslautern (Museumstraße 18) statt,
woza die Herren Yereinsmitglieder ergebenst eingeladen werden.
Gäste sind willkommen!
Ta.grescrdjn.Tüig-:
1. Vereinsangelegenheiten:
a) Geschäftsbericht des Vorsitzenden;
b) Kassenbericht des Rechners;
c) Wahl des Ortes für die nächste Generalversammlung;
d) Wahl eines Abgeordneten zum Obermedizinalaus¬
schuß ;
e) Wahl eines Vertreters zum Deutschen Veterinärrat.
2. Vortrag des Herrn Kgl. Bezirkstierarztes Sauer über
.Standesangelegenheiten“.
3. Vortrag des Herrn Distriktstierarztes M a h 1 a über
„Erfahrungen mit neueren Arzneimitteln“.
4. Wünsche und Anträge.
Die ankommenden Kollegen treffen sich von 9 Uhr ab in den
Raunten der Kasinogesellschaft. Während der Sitzung wird nicht
serviert.
Nach den Verhandlungen findet im Kasinosaal ein gemein-
sehaftliches Mittagsmahl statt, wozu Anmeldungen an Herrn
Veterinärrat Engel bis 20. August erbeten werden.
Kirchheimbolanden, 10. August 1910.
Hevu'bexgrex, I. Vorstand.
Für Praxis und Fleischbeschau wird sofort auf 8 Wochen
approbierter Vertreter gesucht.
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(früher: Wochenschrift für Tierheilhnnde und Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
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Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 30. August 1910. Nr. 35.
Inhalt: Originalartikel: 0. Meyer: Kurze Mitteilungen aus
dem Institut für Geburtshilfe. — Schmid: Aus der Praxis. —
Referate: Hauptmann: Nabelbruch-Therapie — ohne opera¬
tives Verfahren — bei Fohlen und Kälbern. Arnold: Fremd¬
körper-Indigestion. — Tierzucht und Tierhaltung:
Dr. "W. Meyer: Das Pferd als Handelsobjekt. — Verschie¬
denes: 62. ordentliche Generalversammlung des Tierärzt¬
lichen Kreisvereins von Unterfranken. Fleisch- und Trichinen¬
beschauer Deutschlands. — Personalien.
Kurze Mitteilungen aus dem Institut fttr Geburtshilfe.
Von Assistent Oscar Meyer, München.
Blasenlähmung beim Hund infolge ver¬
zögerter Geburt.
Eine 4jährige schottische Terrierhündin, I. Para, 64Tage
trächtig, zeigte seit zirka 24 Stunden erfolglose Wehen. Die
Untersuchung ergab, daß der Muttermund wohl geöffnet
war, dagegen Fötusteile noch nicht in das Becken einge¬
treten waren. Nur mit der Fingerkuppe konnte der Fötus
erreicht und hiebei festgestellt werden, daß sich die Frucht
in reiner Steißlage (beiderseitige Hüftgelenksbeugehaltung)
befand; weiters ergab die Palpation des Bauches, daß es sich
um eine sehr große Frucht handelte. Versuche, den Fötus
mittels der Zange oder des Hakens in das Becken zu bringen,
mißlangen, weshalb zur Sectio caesarea geschritten wurde.
Die Operation wurde in der bekannten Weise in
Morphiumnarkose vorgenommen. Die Eröffnung der Bauch¬
höhle erfolgte in der Linea alba; sofort nach Durchtrennung
des Bauchfells wölbte sich die Harnblase in sehr stark ge¬
fülltem Zustande, ungefähr apfelgroß, in die Wunde. Die
Blasenwandung war so stark gespannt, daß man eine Ruptur
befürchten «mußte. Eine Entleerung mittels des Katheters
war momentan nicht möglich, den Harn durch Einstich in
die Blase mit einer Hohlnadel zum Abfluß zu bringen schien
nicht ratsam, auch brachte ein leichter Druck auf die Wan¬
dung keinen Erfolg. Es wurde daher die Harnblase ledig¬
lich nach rückwärts und aufwärts geschoben und von einem
Gehilfen mit sterilen Tupfern in dieser Lage gehalten. Der
nach der Operation mittels des Katheters entleerte Urin
hatte bereits süßlich-fauligen Geruch. Aüeh am nächsten
Tage war die Hündin trotz sehr guten Allgemeinbetindcns
und Fieberlosigkeit nicht imstande, selbständig Harn abzu¬
setzen. Erst am dritten Tage erfolgte spontaner Urinabsatz.
Die Annahme dürfte wohl richtig sein, daß der sehr
große Fötus (er wog 525 g und hatte eine Rückenlänge von
17 cm), der mindestens 20 Stunden im Beckeneingang
steckte, einen starken Druck auf die Harnröhre ausübte
und so den Abfluß des Urins verhinderte. Daß dann trotz
der Entfernung des Fötus eine spontane Entleerung auch
am 2. Tage nicht eintrat, hat wohl seinen Grund darin, daß
die überdehnte Blase ihre normale Kontraktionsfähigkeit
noch nicht wiedererlangt hatte.
Es dürfte sich daher immer empfehlen, vor derartigen
Operationen eine Entleerung der Harnblase vorzunehmen,
um unangenehme Zufälle durch Blasenberstung etc. zu ver¬
hüten.
Über eine Kalbsmißgeburt.
Der Abteilung wurde kürzlich von Herrn Kollegen
K ii i 11 - Neumarkt eine Kalbsmißgeburt zugesandt, die
einem Schistosoma reflexum ähnlich war, sich jedoch in
manchem von den gewöhnlichen Monstrositäten dieser Art
unterschied.
Die Mißgeburt war normal entwickelt, ausgetragen und
am ganzen Körper mit Haaren bedeckt. Der Kopf lag der
linken Beckenwand an, die Bauchhöhle war geschlossen,
Darmteile waren nicht ausgetreten. Die Wirbelsäule verlief
bis zum Widerrist gerade, hier bog sie sich in der Horizon¬
talen rechtwinkelig ab, verlief 20 cm wieder gerade und bog
sich dann wieder ab, um in einem spitzen Winkel zum Kopf
des Tieres zu ziehen.
Diese hochgradige, nahezu ringförmige Verkrümmung
der Wirbelsäule in der Horizontalen hatte natürlich Dis¬
lokationen und Verschiebungen an den anderen Körper-
591
teilen zur Folge. Die rechte vordere und hintere Extremität,
die auf der Außenseite des Monstrums lagen, waren normal
entwickelt; der Femur der letzteren frakturiert, was bei den
Extraktionsversuchen geschehen war; sämtliche Gelenke be¬
weglich, an der Muskulatur weder Atrophie noch Kontrak¬
turen.
Die linke hintere Extremität zeigte deutlich die Druck¬
wirkung seitens des auf dem Oberschenkel gelegenen Kopfes.
Die lateralen Teile der Schenkelmuskulatur waren atrophisch,
sämtliche Gelenke mit Ausnahme des Hüftgelenkes anky-
losiert. Der Femur verlief S - förmig, der Unterschenkel
war um 180 0 gedreht, so daß die hintere Fläche des Sprung¬
gelenkes der Bauchwand zugekehrt war. Auch der Meta¬
tarsus war stark nach abwärts und rückwärts verkrümmt.
Infolge der starken Krümmung der Wirbelsäule w'ar
die auf der Innenseite liegende vordere Extremität aus ihrer
normalen Lage gedrängt. Das Schulterblatt hatte sich von
der Brustwandung abgehoben, es war nach rückwärts ge¬
schoben und um seine Achse gedreht, so daß die laterale
Fläche desselben der linken Rippenwand des Fötus anlag;
der Cartilago scapulae war eingerollt. Der Ellenbogen¬
höcker stand nach aufwärts; er berührte das Kniegelenk
des linken Hinterfußes. Die vordere Fläche des Metakarpus
lag nach abwärts und rückwärts. Sämtliche Gelenke waren
ankylosiert, die Muskulatur nicht atrophisch.
Entsprechend der Krümmung der Wirbelsäule war die
außen befindliche rechte Rippenwandung auf eine Länge von
18 cm auseinander gezogen worden. Drei wahre Rippen bil¬
deten mit denen der anderen Seite den Brusteingang; sie
standen in direkter Verbindung mit dem Brustbein. Am
hinteren Rande der dritten rechten Rippe setzte sich ein
seröses Häutchen fest, das zur vierten Rippe zog und so die
Öffnung in der Brusthöhlenwandung überdeckte. Durch
dasselbe schimmerten die Eingeweide der Brusthöhle durch.
Infolge der Verbiegung hatte sich das Brustbein quer zur
Längsachse des Körpers gestellt. Die rechte Brustwandung,
die konkav ausgehöhlt war, bestand aus 11 Rippen; von
diesen standen 8 mit dem Brustbein in direkter Verbindung;
3 waren als falsche zu bezeichnen. Die Rippen lagen teils
dicht ohne Interkostalraum nebeneinander; teils waren sie
vollständig oder teilweise miteinander verwachsen.
Auch das Becken des Tieres hatte durch den Druck
des zum Teil auf ihm liegenden Kopfes gelitten. Zwar waren
die einzelnen Knochen unverändert, dagegen war die linke
592
Beckenhälfte so stark an die rechte angedrückt, daß die
Beckenhöhle kaum mehr für einen Finger passierbar war.
An den Brust- und Baucheingeweiden konnten Ver¬
änderungen nicht festgestellt werden.
Ähnlich wie der Verschluß der Brusthöhle auf der
rechten Rippenwandung war der der Bauchhöhle. Vom
Sternum ausgehend breitete sich eine dünne seröse Platte,
wohl das Peritoneum, über die Darmteile und umschloß die¬
selben ähnlich wie die Bauchdecke. Von der Bauchmuskulatur
waren noch Reste vorhanden, die von der Wirbelsäule und
vom Kreuzbein nach abwärts zogen und sich mit der serösen
Platte vereinigten.
Die Serosa ging auf der Innenseite der Bauchmusku¬
latur weiter und bildete die Auskleidung des oberen Teiles
der Bauchhöhle.
Es handelte sich also im vorliegenden Fall um eine
Monstrosität mit Bauchspalte, Verwachsung mehrerer Ge¬
lenke und sehr starker Verkrümmung der Wirbelsäule, der¬
gestalt, daß die linke Kopf- und Beckenseite des Fötus sich
berührten. Diese Veränderungen wären technisch als Sko-
liosis, Fissura abdominalis und multiple Ankylose zu be¬
zeichnen. Einen ähnlichen Fall beschrieb G u r 11 unter dem
Namen Campylorrhachis scoliosa.
Über die Entstehungsursache solcher Verkrümmungen
sind genaue Untersuchungen noch nicht angestellt worden.
Pichi 1 ) und Perl 2 ) nehmen an, daß es sich bei der¬
artigen Verbiegungen um rhachitische Prozesse handelt. Im
gegenwärtigen Falle waren an den Knochen und Gelenken
keine Anzeichen für das genannte Leideu zu konstatieren.
Haase 3 ) dagegen glaubt, daß solche Verkrümmungen
nicht eine Folge der Rhachitis, sondern auf mechanische Ein¬
wirkungen auf den Uterus während der Trächtigkeit zurück¬
zuführen seien. Weiters kämen in Betracht Veränderungen
des Uterus selbst, wie z. B. in dem von Haase (1. c.) be¬
schriebenen Falle von einem rhachitischen Kalbe, bei dem
Torsio uteri die Verbiegung bewirkt hatte. Rainard 4 )
glaubt, daß derartige Einwirkungen vom Verdauungsappa¬
rate ausgehen können. Dareste 5 ) ist der Ansicht, daß
Krankheiten, infolge deren ein besonderer Druck auf den
Fötus ausgeübt wird, Verkrümmungen verursachen können.
*) Pichi, II nuovo Ercolani 1905, pag. 72.
-1 Perl, Bcrl. Tieriirztl. Wochenschr., 1906.
3 ) Haase, Ibidem.
\> und Ä ) Bournay, Obsbötrique veter., 1900.
593
A 1 b r e c h t e ) vermutet, daß vielleicht auch Mangel an
Fruchtwasser oder eine im Verhältnis zur Umfangsvermeh¬
rung des sich entwickelnden Fötus zu geringe Nachgiebig¬
keit der Uteruswandung die Ursache sein könnte, eventuell
auch Fehler im anatomischen Bau des Tragsackes oder Dis¬
lokationen desselben, wie Anteflexio, Retroversio u. dergl.
Über den unvollkommenen Verschluß der Bauchhöhle
sind u. A. von Stoß Untersuchungen angestellt worden,
die ergeben haben, daß eine Fissura ventralis entsteht, wenn
die auswachsende Allantois sich nicht genügend vom Rande
des Hautnabels isoliert, sondern am Amnionsnabelstrang
entlang wachsend und mit diesem verlötend das Amnion ver¬
zerrt und es vom Nabelstrang abzieht. Im vorliegenden
Falle dürfte auch die Verkrümmung der Wirbelsäule ein
gleichmäßiges Zusammenwachsen der beiden Körperseiten¬
platten verhindert und damit zum unvollständigen Verschluß
der Peritonealhöhle beigetragen haben.
Fälle von Steinfrucht.
Ein Schaf zeigte nach Angabe des Besitzers bereits
seit 2 Jahren Anzeichen von Trächtigkeit, ohne daß eine
Geburt erfolgte. Das Tier wurde deshalb geschlachtet und
der Uterus der geburtshilflichen Abteilung durch Herrn
K. Bezirkstierarzt Schmutterer übersandt. Der Trag¬
sack war vor dem Orificium abgeschnitten worden und ließ
den noch fest verschlossenen Zervikalkanal deutlich er¬
kennen ; letzterer konnte mit einer dünnen Sonde passiert
werden. Der Uterus war mannskopfgroß, fast kugelrund
und fühlte sich bretthart an. Man glaubte deshalb, daß sich
im Innern ein Lithotherion vorfinden werde und war sehr
erstaunt, als nach Durchschneidung der sehr dünnen Uterus¬
wandung ein normal entwickelter Schafs-Fötus sich zeigte,
der am ganzen Körper noch vollständige Behaarung und
nicht die geringste Spur von beginnender Mumifikation
aufwies. Die Frucht lag so zusammengerollt, wie es Dachs¬
hunde zuweilen tun: die Vorderextremitäten im Karpal-
gelenk, die Hinterbeine im Knie- und Sprunggelenk ge¬
beugt unter den Leib geschlagen, der Kopf lag der Seiten¬
brustwand an; sämtliche Gelenke waren beweglich. Auf der
Oberfläche des Fötus lagen bräunliche, krümelige Massen;
die Frucht ließ keinen Verwesungsgeruch erkennen, auch
hafteten die Haare noch fest in der Haut.
Der Fall ist insoferne interessant, als trotz der langen
Retention des Fötus in utero keine Mumifikation einge-
9 ) A 1 b r e c li t, Münch. Ticrärztl. Woclienschr, 1909, pag. 644.
594
treten ist. Man wäre fast geneigt, anzunehmen, daß die
Angaben des Besitzers des Tieres bezüglich der Trächtigkeit
unrichtige sind; denn es ist nicht zu erklären, warum in
der Zeit von 2 Jahren nur eine Aufsaugung des Frucht¬
wassers und nicht auch eine solche der Gewebsflüssigkeit
stattgefunden hat. —
Eine vollkommene Steinfrucht entwickelte Herr
Assistent Kreiner in Neustadt a. H. bei einer 7jährigen
fetten Kuh. Das Tier, das schon 6 Wochen über die Zeit
trächtig ging, gab täglich zirka 9 Liter sehr fette Milch.
Niemals waren Wehen oder blutige oder wässerige Abgänge
aus der Scheide beobachtet worden. Bei der Untersuchung
per vaginam fand sich im Muttermund das Lithotherion fest
eingekeilt. Durch leichten Zug an demselben wurden Wehen
ausgelöst und dadurch die Entfernung der Mißbildung leicht
möglich gemacht. Die Secundinae hatten keinen faulen Ge¬
ruch, obwohl die Zervix jedenfalls schon längere Zeit ge¬
öffnet war.
Das Präparat zeigte das bekannte Mumienbild der
Steinfrüchte: die Haut lederartig und fest den Knochen
anliegend, der Körper biegsam und von brauner Farbe.
Auch die Eihäute zeigten die gleiche Beschaffenheit und
Färbung; eigenartig hoben sich die fast weißen Kotyledonen
der fötalen Plazenta von dem dunkelbraunen Kolorit der
Secundinae ab. —
Bei einem Rehpinscher konnte ich ein Lithotherion
konstatieren; dasselbe ging mit den Eihäuten einer mittels
Zange entwickelten lebenden Frucht ab und war ganz in
den Eihäuten eingeschlossen. Es hatte dunkelgrau-grüne
Färbung und lederartige Beschaffenheit; äußerlich war es
vollkommen normal entwickelt. Auffallend war in diesem
Falle, daß die beiden nächsten Jungen, die spontan geboren
wurden, lebend waren.
Ans der Praxis.
Von Bezirkstierarzt Schmid, Zusmarsbausen.
1. Malignes Odem.
Zu einem Ochsen in P. gerufen, fand ich bei demselben
eine ziemlich feste, mittelmäßig prominente, enorme Schwel¬
lung an der rechten Gesichtshälfte in der Gegend des Kau¬
muskels und des Backens. Die Futteraufnahme war eine
mangelhafte (etwas Gras und Trank wurden genommen),
Kotabsatz verzögert, Körpertemperatur 39,9°. Ich vorord¬
nete Bähungen mit Liq. Alum. subacet. nebst Einreibungen
595
von Salizylvasogen (mit etwas Oampher.). Um über den
Erfolg der Behandlung, besonders über die Temperatur¬
schwankungen unterrichtet zu sein, übergab ich dem Be¬
sitzer einen Thermometer zu Messungen.
Am 4. Tage nach eingeleiteter Behandlung wurde mir
der Bericht, daß die Temperatur gestiegen sei, die Schwel¬
lung zunehme und das Allgemeinbefinden sich verschlechtert
habe. Bei der am 5. Tage vorgenommenen Untersuchung
fand ich den Kopf hochgradig angeschwollen (die Schwel¬
lung erstreckte sich über das ganze Flotzmaul und zurück
bis hinter den Kieferwinkel, der Kopf war auf dieser Seite
dem eines Nilpferdes nicht unähnlich). Die Lippen bildeten
dicke Wülste und waren infolge der starken Infiltration un¬
empfindlich. Das Tier war ganz apathisch, nahm keine Art
von Futter oder Getränk zu sich und zeigte 41,2 0 Mastdarm¬
temperatur. Da der Ausgang höchst ungünstig zu beurteilen
und das Tier fast vollständig gemästet war, riet ich zur so¬
fortigen Schlachtung.
Die Fleischbeschau ergab, abgesehen vom pathologi¬
schen Befunde am Kopfe und Halse, gesunde Organe. Am
Kopfe zeigte das Unterhautzellgewebe, sowie das zwischen
den oberflächlich gelegenen Muskelbündeln befindliche
Bindegewebe eine graue bis schwärzliche Verfärbung und
war mit Gasblasen und Serum durchsetzt; die Verände¬
rungen erstreckten sich vom Kopf über den Hals bis zur
Schulter.
Mit Hinsicht auf die normale Beschaffenheit der sämt¬
lichen Organe, besonders des Herzens und der Lymphdrüsen,
ließ ich nur den Kopf und das rechte vordere Fleischviertel
vernichten, das übrige Fleisch als minderwertig verkaufen.
2. Eine dem Geburtsrauschbrand ähnliche
Erkrankung bei einer Kuh.
Eine Kuh in V., welche vor 3 Tagen leicht gekalbt
hatte, zeigte die Erscheinungen einer Indigestion bei mäßiger
Obstipation. Da der Besitzer einen Besuch nicht wünschte,
gab ich ihm ein evakuierendes Mittel, sowie einen Irrigator
nebst Therapogen zur Ausspülung des Uterus mit. Am
nächsten Tage erschien der Besitzer wieder und berichtete,
daß die Verstopfung wohl gehoben sei, doch mangle der
Appetit noch vollständig, ferner sei in der Gegend der
Schulter links eine bedeutende, nässende, schmerzhafte,
knisternde Geschwulst entstanden.
Die hierauf vorgenommene Untersuchung ergab, daß
die knisternde Schwellung sich vom unteren Teile der
596
Schulter über den Oberarm nach vorne bis zur Brustspitze
erstreckte. Hinter dem Buggelenk fand sich eine nässende
Haut.stelle von Markstückgröße, welche bei genauer Be¬
trachtung eine sezernierende kleine Öffnung zeigte. Das
spärliche Sekret hatte einen sehr üblen Geruch. Die Tempe¬
raturabnahme ergab Fieber von 41,0 °. Die Behandlung be¬
stand in desinfizierenden Ausspritzungen der Fistelöffnung,
feuchten Packungen mit essigsaurer Tonerde und Ein¬
reibungen von Salizylvasogen, letztere abwechselnd ange¬
wandt.
Bei dem am 3. Tage wiederholten Besuche war die
Schwellung etwas zurückgegangen, die Fistelöffnung hatte
sich auf Fingerdicke erweitert, das mißfarbene Sekret floß
reichlich und konnte ich mit dem Finger und dem scharfen
Löffel gestorbenes Gewebe von Apfelgröße entfernen; die
Höhle wurde mit Sol. Lugoli tamponiert.
Nach 5 Tagen war ein handtellergroßes Stück Haut
nekrotisch abgestoßen, so daß eine stark eiternde Fläche
zurückblieb. Die Haut in der Umgebung dieser Stelle war
auf 5 cm unterminiert und ließ sich aus den taschenförmigen
Vertiefungen Eiter in reichlicher Menge herausdrücken.
Nach Entfernung aller nekrotischen Teile verlor sich all¬
mählich das Fieber, das Allgemeinbefinden besserte sich,
Appetit und Milchsekretion stellte sich ein. Nach Ab¬
stoßung und Beseitigung des abgestorbenen Gewebes be¬
stand die weitere Behandlung in fleißigen Irrigationen der
Wundhöhle, Waschungen, Einlage von Glutolstiften, An¬
wendung von Streupulvern und Ichthyolsalbe mit Peru¬
balsam. Nach Ablauf von 4 Wochen war fast vollständige
Heilung der Defekte erzielt. Der beschriebene Fall hatte
Ähnlichkeit mit Geburtsrauschbrand.
3. Arzneimittel.
Tannisol für sich allein und in Verbindung mit Tannin
album. ist ein gutes Mittel bei Durchfällen, ebenso empfiehlt
es sich als Streupulver in der offenen Wundbehandlung; es
scheint das Tannoform vollständig ersetzen zu können und
ist dabei billiger. Bei leichteren Indigestionen ist Bar. chlo-
rat. im Infus von Fruct. Carvi, «Tuniperi etc. ein sehr be¬
währtes Mittel. Bei schweren Fällen benützte ich öfter nach
vergeblicher Anwendung des Bar. chlorat. Veratrin im
Wechsel mit Arecolin nach II olterbach und fand die
Methode sehr gut, wenn die klinische Untersuchung auf
Fremdkörper, Peritonitis etc. im Stiche ließ.
597
Ein empfehlenswertes Mittel (auch in der Veterinär¬
praxis) ist das Chinosol für verschiedene Zwecke. Seine
blutstillende Eigenschaft benutzte ich bei Verlusten der
Hornscheide der Rinder mit Erfolg. Die Defekte heilten
am schönsten ohne Verband; unter fleißiger Bepuderung
mit Streupulver bildete sich gewöhnlich ein ziemlich gut
geformtes Narbenhorn, während durch Verbände häufige
Nachblutungen veranlaßt werden, weil die empfindliche
Hornmatrix zerrissen wird. Eiterungen können bei offener
Behandlung auch viel leichter bekämpft werden.
Die äußerliche Anwendung des Thigenol lieferte mir
recht zufriedenstellende Resultate. Innerlich benutzte ich
das Präparat unter anderem gegen hartnäckigen Darm¬
katarrh beim Pferde mit günstigem Erfolge.
Ester-Dermasan und die Vasogen-(Sapovaseline-) Prä¬
parate sind Mittel, welche wohl kein Praktiker mehr ent¬
behren möchte.
Referate.
Hauptmann: Nabelbruch-Therapie — ohne opera¬
tives Verfahren — bei Pohlen und Kälbern. (Tierärztliches
Zentralblatt, 1910, Nr. 17.)
An Stelle der verschiedenen Ätzmittel und Scharf-
salhen — Chromsäure, doppeltchromsaures Kali, Schwefel¬
säure, Formalin, Bazillol —, des Abbindens, Abnähens und
Abkluppens, sowie der Radikaloperation gebraucht Verf.
seit längerer Zeit folgende einfache, leicht zu verfertigende
und billige Bruchbinde mit bestem Erfolge. Nach Repo¬
sition des Bruches wird auf die Bruchstelle im Stehen des
Tieres mittelst Heftpflaster der Deckel eines Zigarren-
kistchens aufgeklebt. Durch Klebestreifen, die man stern¬
förmig über das Brettchen anbringt, wird dasselbe unbeweg¬
lich auf seiner Unterlage festgehalten; ein breiter Gürtel,
darüber und um den Leib des Tieres genäht, vervollständigt
die Haltbarkeit des Ganzen. Später modifizierte Verf. die
Bandage dahingehend, daß an die Schmalseiten des Brett¬
chens je ein Stück Gurtenzeug genagelt wurde, um die
freien Enden nach Aufleimen des Brettchens mittelst
Tischlerleim, der eine vorzügliche Verbindung herstellt
und wodurch jedes Verschieben sicher vermieden wird,
über der Lende zusammenzunähen. Durch Anlage eines
Hinter- und Vordergeschirres wird diese Rückengurte un¬
verrückbar festgehalten. Entfernt man den Verband nach
4 Wochen, dann ist in der Regel der Bruch verschwunden.
598
widrigenfalls man den vorhandenen Verband nochmals an-
legen kann. R a b u s.
Arnold: Fremdkörper-Indigestion. (Herl. Tierärztl.
Wochenschrift, 1910, Nr. 20.)
Eine Form der Indigestion äußert sich namentlich
durch verzögerte Entleerung des meist trockenen Mistes,
Anfüllung des Wanstes mit festem Futter, Auftreibung der
linken Flanke durch Gase. Wenn man die linke Flanke be¬
tastet, bemerkt man entweder eine Schlaffheit der Bauch¬
wand oder einen mitGasen gefüllten Zwischenraum zwischen
der Bauchwand und dem oft erst in handbreiter Entfernung
fühlbaren festen Wanst. Es besteht also keine Aufblähung
in gewöhnlichem Sinne; sondern eine Gasansammlung in der
freien Bauchhöhle. Einführung des Schlundrohres und Ver¬
abreichung von Laxantien ist daher nutzlos.
Bei der Schlachtung solcher Tiere findet man in der
Regel an der Haube, seltener am Wanste, eine kleine Wunde,
in der zuweilen noch ein spitzer Metallgegenstand steckt.
Ist letzteres noch der Fall, so erzielt Verf. fast regelmäßig
völlige Wiederherstellung, wenn seine Anordnungen richtig
befolgt werden. Diese bezwecken in der Hauptsache, den
von hinten her auf den Fremdkörper wirkenden Druck auf¬
zuheben, indem man das Tier mit den Vorderfüßen mög¬
lichst hoch stellt, am besten auf eine Pritsche. Durch die
Hochstellung hört die Schmerzäußerung oft sofort auf; der
Fremdkörper fällt infolge des Zurücktretens der Mägen
vom Zwerchfell wieder in die Haube zurück. Ferner muß
das Rauhfutter gänzlich entzogen werden, bis der Wanst
sich wieder mehr oder weniger leer und weich anfühlt;
Anlegen eines Maulkorbes ist empfehlenswert. Dagegen
erhalten die Patienten möglichst viel lauwarmes schleimiges
Getränk (Haferschrot, Leinsamenmehl). Reizende Laxantien
sind schädlich. Lindner.
Tierzucht und Tierhaltung.
Das Pferd als Handelsobjekt.*)
Von Dr. Wilhelm Meyer, Stabsveterinär.
Die Bestrebungen der Tierärzte, zu erreichen, daß ihre
Stimme auch in Fragen der Pferdezucht und bei ärariali-
sclien Pferdekäufen gehört werden möge, wurzeln in der
*) Nach einem im Vereine „Münchener Tierärzte“ in der
Kebruarsitznng 1‘JIO gehaltenen Vortrage.
599
Erkenntnis einer bisherigen unberechtigten Zurücksetzung
auf diesen Gebieten. Da, was letztere betrifft, solche Han¬
dels-Abschlüsse regelmäßig kommissarisch vor sich gehen,
verstand man es von jeher, dem Fachmann dahei eine unter¬
geordnete Bolle einzuräumen, man hat ihn nur nach Gut¬
dünken zu einer Urteilsabgabe über den Wert der Ware
herangezogen oder ihn völlig ausgeschaltet. So kommt es,
daß der Tierarzt his zur Stunde bei den Kommissionen zum
Ankauf von Zuchtpferden, bei den fiskalischen Prüfungen
von Schnelligkeits- oder Kraftleistungen der Pferde, auch
bei der Kemontierung der Armee nicht diejenige Stellung
einnimmt, die ihm auf Grund seiner technischen Ausbildung
und als berufenem Hüter großer nationalökonomischer Werte
zukommen sollte. Nicht selten ist die Präsenz eines tech¬
nischen Organes bei solchen Konsilien der verschiedensten
Art nur deshalb erwünscht, um für den Fall des Nicht¬
einschlagens zu dem beabsichtigten Zwecke oder des Auf¬
kommens irgend eines Fehlers an dem Kaufsobjekte Je¬
manden zu haben, dem man die Schuld hieran zuschieben
kann.
Gleichzeitig besteht die Gefahr, daß das Interesse des
Technikers an solchen amtlichen Verhandlungen, die er sehr
wirksam unterstützen könnte, ein sehr geringes wird und
daß seine unbefriedigende Stellung ihn indifferent macht.
Vom staatswirtschaftlichen Standpunkte aus betrachtet ist
es zu beklagen, daß so manche gute Kraft für diese Zwecke
latent bleibt.
Offiziere und Landwirte sind es, die uns den Anspruch
und das Kecht, als beratende oder leitende Organe hier mit¬
zuwirken, aberkennen mit dem gesuchten Hinweis darauf,
daß die Sphäre unserer praktischen Wirksamkeit, in der es
nur mit schadhaften Objekten zu tun gebe, die Bedingungen
einer kompetenten Erfahrung ausschlösse. Es ist eben eine
traditionelle Bevormundung, deren Ursache teils in, teils
außer uns selbst gelegen ist und welche zu betrachten zu
weit führen würde, auch nicht in den Grenzen dieser Er¬
örterungen gelegen ist.
Ganz im Gegensätze zu dieser geringen Wertschätzung
der fachmännischen Kenntnisse von gewissermaßen offi¬
zieller Seite sind die Tierärzte bei privaten Pferdekäufen
sehr beliebt, sei es, weil der Käufer die Annahme vertritt,
dem Verkäufer gegenüber eine gewisse Versicherung zu
besitzen, sei es, weil ihn die Gesetzesvorschrift zum Bei¬
ziehen eines Fachmannes zwingt oder weil er vertrauensvoll
der sachverständigen Anschauung seine eigene anpaßt oder
unterordnet.
600
Da ist es nun eine wenig erfreuliche Tatsache, daß die
Fachgenossen so ungerne derartigen Requisitionen folgen,
angeblich, weil die Entlohnung hiefür der Bemühung nicht
entspräche oder sie gebrauchen die selbsttäuschende Ent¬
schuldigung, derTierarzt sei dazu da, krankeTiere zu heilen,
aber zu Handelschaften sich herbeizugeben sei seine Sache
nicht, schädige sein Ansehen, seine Würde. Die Versuchung,
eine derartige Auffassung, die namentlich im Lager unserer
Widersacher Verbreitung hat, zu vertreten, besteht nament¬
lich bei jungen Kollegen, die in ihrer praktischen Tätigkeit
gerne eine Analogie mit der des Humanmediziners suchen
und diese Bestrebung stößt den Gedanken, in einer oft
zweifelhaften Gesellschaft zu markten, zurück. Die meisten
der Tierärzte müssen jedoch gestehen, daß von Jahr zu Jahr
die Überzeugung in ihnen mächtiger geworden ist, daß es
sich um eine vornehme Aufgabe handelt und eine gewisse
ästhetische Befriedigung gewährt, die Zuwendung des Ver¬
trauens eines Rat Suchenden zu rechtfertigen und wer soll
den arglosen Käufer vor der Übervorteilung gewissenloser
Leute schützen, wenn es der Tierarzt nicht tut?
Wir suchen so gerne nach den ethischen Seiten unseres
Berufslebens, hier ist eine solche, hier kann der Fachmann
auch auf das Schlagendste beweisen, daß er Herr der Ma¬
terie ist, die man ihm so gerne streitig macht. Und ein
guter Ratschlag bringt auch ein gutes Urteil über die tech¬
nische Fähigkeit des Einzelnen und aus vielen solchen Wür¬
digungen persönlicher Tüchtigkeit bildet sich die Gesamt-
stimmung. Wie soll außerdem die gewiß nur auf Grund prak¬
tischer Erfahrungen geschärfte Urteilskraft gehoben werden,
wenn man der dieses bewirkenden Möglichkeit aus dem
Wege geht/?
Gewiß ist auch die Gegenleistung eine ernste Ge¬
wissenssache und erfordert die Aufbietung unseres ganzen
Könnens. Da genügt nicht ein Blick über die Profillinie des
Tieres, ein Durchtasten der vier Beine, vielleicht noch die
flüchtige Musterung der Augen, um zum Kaufabschlüsse
seine Stimme zu gehen oder umgekehrt, die Ware zurück¬
zustoßen, weil sie aus Gefühlseingebungen nicht entspricht,
den Typus nicht besitzt, auf den das Auge eingerichtet ist.
Damit ist einerseits dem Käufer nichts gedient, der ent¬
weder unzuverlässig bedient ist oder dessen Vorhaben durch
solches rigoroses Gebühren unnötig verzögert wird, und der
Verkäufer verliert die Achtung vor der technischen Hand¬
lungsweise oder wird ungerecht benachteiligt, seine Ware
oft grundlos heruntergesetzt.
601
Wer kann es dem Verkäufer verdenken, wenn er den
Handelsgegenstand möglichst wertvoll zu gestalten und ihn
zu diesem Zwecke in bestem Lichte zu präsentieren sucht,
das macht jeder Händler so, aber dem Fachmann gegenüber
dürfen eben derartige kaufmännische Finessen nicht die be¬
absichtigte Wirkung tun, er muß den Schein von der Wirk¬
lichkeit zu trennen verstehen und das gewandte Mustern
eines minderwertigen Objektes wirkt auf ihn so wenig wie
die Geschicklichkeit eines Reiters auf einem solchen.
Man hört so häufig die Klage, daß gerade im Pferde¬
handel die Ehrlichkeit und Rechtlichkeit auf so schwachen
Füßen stehe und die Gewissen so weite Grenzen haben. Mit
Freuden haben deshalb alle Tierärzte, die viel bei Käufen
zu tun haben, im Bürgerlichen Gesetzbuch den Paragraphen
des absichtlichen Verschweigens begrüßt, der viel dazu bei¬
trägt., diese Handelschaften in solidere Bahnen zu lenken,
aber noch viel mehr als alle Gesetzesvorschriften vermag das
in reicher Erfahrung gereifte, auf gewissenhafter Unter¬
suchung basierende Urteil des Fachmannes.
Da will es uns dünken als ob die erwähnte Unlust
mancher Kollegen, bei Käufen sich zu betätigen, trotz aller
möglichen Einwendungen im Grunde auf der beliebten Ver¬
meidung einer Verantwortung beruhe. Man weiß, wie häufig
schlechte Ware für fehlerfrei angeboten wird, vielleicht hat
man sich schon selbst vergessen und in wohlmeinender Ab¬
sicht den Rat gegeben, Schadhaftes für Gutes zu verkaufen
und nicht bedacht, daß mit der Übertragung auf einen An¬
deren die Abwendung eines befürchteten Nachteiles nicht
verbunden ist. Ein solcher Rat schließt eine Aufforderung
zum Betrüge in sich. Nun braucht aber auch der Techniker
das Interesse am Handel nicht bis zu dem Grade zu ver¬
treten, daß er immer eine Liste kaufbarer und verkäuflicher
Pferde im Kopfe hat und jeden Moment damit dienen kann,
die Suche nach der Ware überlasse man getrost den Anderen,
soferne man nicht den Verdacht einer geschäftlichen Anteil¬
nahme erwecken will. Und schließlich ist nichts unschöner
als in politischen Tagesblättern durch einen Fachmann die
Vorzüge irgend einer „Rosinante“ gepriesen zu lesen.
Wie bei allen anderen Dingen gibt es auch hier einen
goldenen Mittelweg. —
Nach diesen einleitenden Betrachtungen allgemeiner
Natur lohnt es sich, die Frage zu besprechen, ob denn
dem Staat, den Kommunen und dem Privat¬
mann aus der Mitwirkung des Fachman n e s
bei Pferdekäufen ein Vo r t e i 1 erwächst?
602
Die allererste Bedingung beim Erwerb eines lebenden
Handelsobjektes ist dasYorhandensein desjenigen Zustandes,
in dem sich die Lebensäußerungen derart ungestört ab¬
wickeln, daß die Möglichkeit der gewünschten sofortigen
Verwendung gegeben ist. Die Beurteilung, ob diese Forde¬
rung erfüllt ist, verlangt eine sorgfältige Untersuchung der
animalischen Funktionen, wie sie nur derjenige auszu¬
führen vermag, der mit den physiologischen Vorgängen im
tierischen Körper und ihren Schwankungen vertraut ist* Daß
über solche Kenntnisse lediglich der Fachmann verfügt, hat
noch Niemand streitig gemacht und sie sind der Grund,
warum man ihn nicht entbehren konnte und kann, wenn
Pferde gekauft werden. Bedenklicher gestaltet sich die
Sache, wenn es sich um Störungen des Organismus handelt,
die auf der Basis von Infektionen ihre Entwicklung nehmen.
Hier stellen sich leider auch dem Techniker bei der Ent¬
scheidung, ob gesund oder krank, hin und wieder die größten
Schwierigkeiten entgegen. Die alljährlichen Verseuchungen
unserer Remontedepots reden eine deutliche Sprache über
den Mangel positiver Anhaltspunkte zum Erkennen des¬
jenigen Krankheitszustandes, den wir als Inkubation an¬
sprechen. Alle Pferde werden auf den Märkten scheinbar
gesund gekauft und doch muß das eine oder andere okkult
krank gewesen sein, will man nicht annehmen, daß ein ge¬
heimnisvolles Stall-Miasma die Erkrankungen erzeugt.
Abgesehen jedoch von dieser Unmöglichkeit, ohne früh¬
zeitige Offenbarungsmerkmale sich entwickelnde Krank¬
heiten zu erkennen, bürgt die tierärztliche Untersuchung
dem Käufer für die Erwerbung einer gesundheitlich ein¬
wandfreien Ware.
Allein damit, daß das Pferd gesund — im Sinne des
Allgemeinbefindens — ist, ist der Handel noch nicht abge¬
schlossen, denn nun kommt die Entscheidung, ob dasselbe
den beabsichtigten Zweck erfüllen wird und kann.
(Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
62 . ordentliche Generalversammlung des Tierärztlichen
Kreisvereins von Unterfranken.
Am 30. Juli dieses Jahres tagte im Landratssaale der
K. Regierung zu W ü r z b u r g die 02. ordentliche General¬
versammlung des Tierärztlichen Kreisvereins von Unter¬
franken, wozu 3(5 Tierärzte erschienen waren. Als Ver¬
treter der K. Regierung war Herr Regierungs- und Yete-
603
rinärrat Schneider abgeordnet, welcher in seiner Be¬
grüßungsansprache auf die großen Erfolge und Fortschritte
des tierärztlichen Standes hinwies, einem Zeichen des Wohl¬
wollens, dessen er sich bei der Staatsregierung erfreue. Der
1. Vorstand, K. Bezirkstierarzt S t e n g e r -Würzburg, wid¬
mete dem verstorbenen Reichsrat v. Buhl, als einem stets
aufrichtigen Freunde des Standes, einen herzlichen Nach¬
ruf. Nach Erledigung des ersten Punktes der Tagesordnung,
Rechenschaftsbericht desVorstandes und des Kassiers, schritt
man auf Grund der Statuten zur Vornahme der Wahlen. Da
die bisherige Vorstandschaft eine Wiederwahl entschieden
ablehnte, gingen aus der Neuwahl hervor: als 1.Vorsitzender
K. Bezirkstierarzt G a r r e c h t s - Karlstadt, als 2. Vor¬
sitzender und Schriftführer K. Bezirkstierarzt Hu ß - Ge-
münden und als Kassier Distriktstierarzt Orth- Arnstein.
Die beiden erstgenannten Herren wurden auch in den ver¬
stärkten Obermedizinalausschuß und in den deutschen Vete¬
rinärrat delegiert. Nach längeren Verhandlungen nahmen
die Neugewählten, nachdem der nunmehrige 1. Vorsitzende
schon zuvor die außergewöhnlichen Verdienste des bisherigen
1. Vorstandes um den Verein zu schwierigen Zeiten rühmend
hervorgehoben hatte und nach einem Appell an alle Mit¬
glieder, dem Verein treu zu bleiben, die Vorstandschaft an.
Beschlossen wurde die Erhöhung des Jahresbeitrages von
3 Mk. auf 5 Mk., die Zustimmung zu einem Antrag des Tier¬
ärztlichen Kreisvereins von Schleswig-Holstein „Maßregeln
zur Sicherung des tierärztlichen Erwerbes“ in fast allen
Punkten, bezw. Vorschlägen und zu einem Anträge des Tier¬
ärztlichen Vereins in Wiesbaden „Die Einführung des prak¬
tischen Jahres“. Den Mittelpunkt der Tagesordnung bildete
ein vorzüglich ausgearbeiteter Vortrag des K. Bezirkstier¬
arztes H u ß - Gemünden über „Die Tuberkulose im neuen
Reichs-Tierseuchengesetz, deren Bekämpfung und Diagnose“.
Referent erörterte namentlich in der zweiten Hälfte seines
umfang- und inhaltreichen Vortrages die verschiedenen und
speziell in letzter Zeit angewandten Arten der Tuberkulin¬
impfung und insbesondere die Konjunktival- bezw. Augen¬
impfung. Die neuen Erkennungsniethoden, wie kutane und
perkutane, sowie die erwähnte Ophthalmo-Einimpfung und
die Frage der Säuglingsmilchgewinnung riefen in der an¬
schließenden Diskussion eine lebhafte Debatte unter den
Mitgliedern hervor. Die Tagung schloß mit einem gemein¬
samen Mahl im Bahnhofhotel, bei welchem der bisherige
2. Vorsitzende, Tierzuchtinspektor (1 u t b r o d - Schwein-
furt, mit warmen Worten der neunjährigen verdienstvollen
^ 604
und erfolgreichen ^Tätigkeit des bisherigen 1. Vorstandes,
K. Bezirkstierarztesf-S t e n g e r -Würzburg, gedachte.
>* H.
Fleisch- und Trichinenbeschauer Deutschlands.
Der vor zwei Jahren in Eisenach gegründete Reichs¬
verband der deutschen Fleisch- und Trichinenbeschauer, dem
bereits 10 000 Mitglieder angehören, veranstaltet in Offen¬
bach a. M. eine zwei Tage in Anspruch nehmende Versamm¬
lung. Im deutschen Reiche bestehen zur Zeit 657 Fleisch-
und Trichinenbeschauerverbände, von welchen nunmehr 375
zu einem Reichsverbande vereinigt sind. Dieser hat sich zur
Aufgabe gemacht, auch die übrigen 282 Verbände zum Ein¬
tritte in den Reichsverband zu gewinnen. Der neugegrün¬
dete bayerische Landesverband konnte sich dem Reichsver¬
bande angeblich deswegen noch nicht anschließen, weil seine
eigene Stellung noch nicht genügend fixiert ist.
Personalien.
Ernennung: Kliem Max aus Sorau zum Assistenten am
Kaiser Wilhelmsinstitut in Bromberg; Welte Joseph, Stadttierarzt
in Isny zum Oberamtstierarzt in Brakenheim.
Niederlassung: Dr. Arnold aus Winnweiler (Pfalz) in
Haßloch (Pfalz).
Approbationen: in Berlin die Herren Kramm Fried¬
rich aus Dietfurt, M a n g e 1 o w Paul aus Frankfurt a. O., Papen-
h u s e n Theodor aus Güstrow, P r e i b i s c h Fritz aus Neurode,
Sürder Hugo aus Schiefbahn, Wegen er Willi, aus Börstel und
Weil Artur aus Braunschweig; in Hannover Herr Romanowski
Georg aus Heilsberg; in Stuttgart Herr Hesse Max aus Obern-
kirchen.
Promotionen: Zu DDr. ined. yet. in Gießen die Tierärzte
Arnold Alfred in Haßloch und Kleinert Arthur in Thiergart;
in Bern Tierarzt Greif Karl aus Forchheim.
Berichtigung: Dr. Karl Greif ist nicht nach Dorfen
verzogen (Münch. Tierärztl. Wochenschr. Nr. 84), sondern als bezirks¬
tierärztlicher Vertreter nach Neumarkt (Oberpfalz).
}BSW ^UrlecLigrt:
Die Stelle des Bezirkstierarztes tiir den Ver¬
waltungsbezirk Ingolstadt.
Bewerbungsgesuche sind bei der für den Wohnsitz des Be¬
werbers zuständigen Regierung, Kammer des Innern, bis znns
•IO. August ds. JTs. einzureichen.
Druck von J. Gotteswinter, München. — Kommissionsverlag: M. Rlegersche
UniversiÜUsbuchhandlunK, München, Odeonsplatz 2.
Münchener
(früher: Wochenschrift für Tierheilkunde nnd Yiehzncht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von / 0’
Dr. M. Albrecht. X
_ > v
54. Jahrg. München, den 6. September 1910. Nfcd36.
1
Inhalt: Uriginalartikel: Dr. Luginger: Kurze Mitteilungen
aus der Praxis. — Huber: Aus der Praxis. — Hub: Spontane
Ruptur des Uterus bei einer Stute. Eklampsia puerperalis bei
einer Kuh. Mitisol-Wolfrum. — Referate: Dietz: Glutamin.
Grimm: Tödliche Blutung aus der Scheide nach der Geburt.
Sustmann: Kohlefressen bei einem Hund. Friedrich: Dassel¬
beulenerkrankung. — Tierzucht und Tierhaltung:
Dr. W. Meyer: Das Pferd als Handelsobjekt. (Fortsetzung.) —
Verschiedenes: Uniyersitätsstudium in Deutschland im
Sommersemester 1910. Röntgenkiuematographische Aufnahmen
der Bewegung innerer Organe des menschlichen Körpers. Zur
Fleischteuerung. Deutscher Veterinärrat. —Bücherschau. —
Personalien.
Kurze Mitteilungen ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt Dr. Luginger, Seßlach.
Herpes tonsurans.
Diese Flechte kommt im hiesigen Distrikte nicht selten
vor; in einigen Fällen konstatierte ich auch Übertragung
auf Hände, Arme, Nacken und Gesicht des Stallpersonals.
Die Erkrankung ist hier unter dem Namen „Teigmaul“ be¬
kannt. Als bestes und einfachstes Mittel zur Erreichung
der Abheilung erwies sich heim Rindvieh eine zweimal täg¬
lich vorzunehmende Bepinselung der kranken Hautstellen
mit 1—2 %igem Sublimatspiritus.
Unheilbare Augenentzündung bei einer
tuberkulösen Kuh.
Bei einer Kuh wurde eine traumatisch entstandene
Augenentzündung mit den Erscheinungen einer Konjunkti¬
vitis und Iridochorioidit.is mit Bluterguß in die Augen¬
kammer ein halbes Jahr lang unter Anwendung der ärztlich
606
üblichen Mittel ohne sichtbare Besserung behandelt. Da
sich allmählich auch Appetitminderung, schiefe Haltung
des Kopfes und Muskelschwäche einstellten, mußte an ein
Übergreifen des Prozesses auf das Großhirn gedacht werden,
weshalb ich zur Schlachtung riet. Die Sektion ergab gene¬
ralisierte Tuberkulose, Miliartuberkulose des Großhirns und
ein Tuberkulom im erkrankten Auge.
Falsch eingerichteter Uterus Vorfall bei
einer Kuh.
Von einem Laiengeburtshelfer war ein Tragsackvorfall
in der Weise in das Becken zurückgebracht worden, daß
nach der Reposition eine Viertelsdrehung des Uterus und
noch eine mannskopfgroße Umstülpung desselben in den
Scheidenvorhof bestand. Der Versuch, ein nochmaliges
Prolabieren herbeizuführen, gelang nicht, ebensowenig eine
vollständige Reposition des Uterus von der Vagina aus. Es
wurde daher lediglich eine Bandage angelegt und der Uterus
in seiner falschen Lage belassen.
Auf täglich mehrmaliges Einführen von Bazillol-
kapseln und Vornahme ergiebiger Ausspülungen mit Ad-
stringentien und l%iger Kochsalzlösung nahm der umge¬
stülpte Teil des Uterus in zirka 8 Tagen von selbst wieder
normale Form und Lage an. Die zugleich vorhandene Me-
tritis und Vaginitis heilten ohne Nachteil in weiteren drei
Wochen ab.
Rippenbruch und Hämatom bei einer Kuh.
Eine Kuh hatte von einer anderen durch einen Horn¬
stoß einen Bruch zweier Rippen der linken Seite akquiriert.
Im Anschlüsse hieran bildete sich ein umfangreiches sub¬
kutanes Hämatom, das sich von der Schultergegend über
die ganze Seitenbrustwand bis zum Bauche hinzog. Durch
Punktion und nachheriges wiederholtes Einreiben mit
Scharf salbe, wodurch die entstandene Blutgeschwulst in
einigen Wochen zur Abszedierung gebracht wurde. Nach
Eröffnung des Abszesses durch einen Einschnitt gelang es,
in 3 Wochen vollständige Heilung zu erzielen.
Zur Behandlung des Volvulus coli.
Die Kolondrehung als Ursache von Kolik wurde bei
2 Pferden durch Wälzen der Tiere um ihre Längsachse nach
der der Darmverdrehung entgegengesetzten Richtung be¬
seitigt.
607
In dem einen Falle stellte ich durch rektale Unter¬
suchung eine Achsendrehung des Grimmdarmes von rechts
nach links fest. Durch den bei der Wälzung in den Mast¬
darm eingeführten linken Arm ließ sich die rechte untere
Grimmdarmlage fixieren.
Die Korrektion der Darmverlagerung gelang schon
nach der dritten Umwälzung unter fühlbarer Verschiebung
der Darmteile. Der Erfolg war verblüffend: Unmittelbar
nachBehebung desVolvulus stellte sich deutliche Peristaltik,
rascher Abfall der Pulszahl (von 100 auf 60—70 pro Minute)
und Aufhören der heftigen Schmerzen ein. Das Pferd blieb
ruhig liegen, atmete gleichmäßig und regelmäßig und wollte
sogar wieder Futter auf nehmen. Zur Anregung der Magen-
und Darmtätigkeit und Erzielung ergiebiger Entleerung
bekam das Pferd noch eine Pille aus Aloe-Extrakt. —
Im zweiten Falle war die genaue Orientierung über
die Art der Verdrehung infolge Tympanitis der verlagerten
Gedärme unmöglich; soviel jedoch ließ sich durch rektale
Untersuchung und in Hinsicht auf die vorhandene hohe
Pulszahl (120 pro Minute) fast mit Bestimmtheit konsta¬
tieren, daß eine Dickdarmverdrehung vorlag.
Zuerst wurden Wälzungsversuche von rechts nach
links gemacht, wonach das Pferd mehr Schmerzen, eine
stärkere Spannung des Hinterleibes und des fühlbaren
Darmgekröses, sowie eine Verschlimmerung der Pulsbe¬
schaffenheit zeigte. Deshalb wurde nun das Tier konstant
von links nach rechts gedreht; eine Fixation der rechten
unteren Grimmdarmlagen gelang jedoch nicht.
Nach zirka 20 Wälzungen war das Tier merklich
ruhiger. Der Schweißausbruch hatte aufgehört und die
Atmung ging ruhiger. Nur die Darmperistaltik blieb aus
und der Puls schwankend, aber kräftiger (zwischen 100 bis
120 Schlägen pro Minute).
Das Pferd wurde nun in den Stall gebracht, zeigte
noch einigemale Schmerzen, erholte sich aber in 2(4 Stunden
vollständig.
Über neuere Arzneimittel.
Zur Anwendung gelangten die folgenden:
Medol (Creolinliniment) der Firma Pearson-lTam-
burg wurde bei Pferdemauke pur und in Form von 5 c /c iger
Salbe mit gutem Erfolge angewendet.
Morbicid (Formaldebydseifenpräparat) der Firma
Sehülke & Mayr-Hamburg bewährte sich bei Mastitis paren-
chymatosa als 3 %ige Salbe, dann bei traumatischer Augen-
608
entzündung und Korneaverletzungen beim Rinde als l%ige
Salbe.
Jodtbionol (25 %iges Jodthionvasoliment) von
Bayer & Cie.-Elberfeld erwies sich gut als pure oder ver¬
dünnte Einreibung bei Sehnenscheidenentzündungen des
Pferdes und bei Phlegmone, ebenso auch zur Behandlung
der rheumatischen und traumatischen Gelenksentzündungen.
Jodlenicet (Pulver) von Dr. Reis-Berlin benützte
ich mit günstigem Erfolge bei Mastitis parenchymatosa in
Form der 3 %igen Salbe.
Phenostal (Diphenyl-o-Oxalester) = Karbolsäure¬
tabletten von Schülke & Mayr-Hamburg brachte bei paren¬
chymatöser Mastitis als l%ige wässerige Lösung zur In¬
fusion in’s kranke Euter (zweimal innerhalb 3 Tagen jedes¬
mal 1 Liter Lösung auf 2 Euterviertel) Heilung.
Dy mal von Zimmer & Cie.-Frankfurt ist ein sehr
gutes Mittel bei Scheidenverletzungen und Scheidenrissen
der Kühe. Ich habe es als Pulver (unverdünnt) und als
Mixtur mit Paraffin, liquid, oder Ol. lini zum Einpinseln
verwendet.
Mit Filmaron (Bandwurmkapseln von Boehringer
& Söhne-Mannheim) habe ich wenig günstige Erfahrungen
gemacht. Die Kapseln, welche nicht leicht einzugeben sind,
brachten jedesmal unangenehme Nebenwirkungen (tage¬
lange Traurigkeit und herabgestimmte Freßlust) bei den
Patienten.
Antigourmine (Trockenhefepräparat) bei bron¬
chialer und gastrischer Staupe des Hundes, sowie bei febriler
Mastitis der Kühe; in Pulverform mit gutem Erfolge.
Digitalis-Dialysat tropfenweise bei einem
Pferde mit Herzschwäche; Erfolg günstig.
Tannismut (doppelgerbsaures Wismut) bei Kälber¬
durchfall mit gutem Erfolg.
Collargol 0,25: 100 Aq. dest. auf zweimal pro die
innerlich bei febriler akuter Metritis des Rindes als aus¬
gezeichnetes Fiebermittel.
Chinosol (Oxychinolinalaun), Isarol, Ich-
thyanat, Itrol, Collargol äußerlich in der Chi¬
rurgie und zu Ausspülungen der Gebärmutter, teils in Form
wässeriger Lösungen oder öliger Emulsionen oder Salben ;
Erfolg meist gut, den Vorzug verdienen Collargol um!
(’h inosol.
Zur Zimmer- und Stalldesinfektion wurde versuchs¬
weise angewandt: Au tan (selbsttätiger Formaldehyd-
entwickler durch Wasserzusatz). Die Entwicklung der
609
Dämpfe ist eine sehr rasche und plötzliche, weshalb die
Manipulation mit dem Autanpulver (Wasserzugießen und
Umrühren) dem Atmungsorgane des Beteiligten sogar ge¬
fährlich werden kann. Trotzdem ist Autan wegen seiner
raschen und intensiven Wirkung auch in der Veterinär¬
praxis zur Desinfektion verseuchter Stallungen zu em¬
pfehlen. _
Ans der Praxis.
Von prakt. Tierarzt C. Huber, Köfering.
Abszeß der Brustwand bei einem Stier
infolge Fremdkörpers.
Ein Bulle hatte seit zirka 4 Wochen an der rechten
Seitenbrustwand unmittelbar hinter dem Ellenbogen eine
harte Geschwulst von der Größe einer Runkelrübe, die trotz
Behandlung mit Kataplasmen und scharfen Einreibungen
nicht weich wurde. Das Allgemeinbefinden des Tieres soll
stets gut gewesen sein. Da ich bei einer Probepunktion in
einer Tiefe von zirka 10 cm dickflüssigen Eiter fand, machte
ich einen entsprechenden Einschnitt und konnte aus der
Wunde einen großen verbogenen Drahtstift entfernen.
Interessant war, daß beim Ausspülen und Auskratzen der
Höhle mehrere Knochen Sequester in der Größe einer Hasel¬
nuß aus der Höhlung herausgespült wurden, die die Be¬
schaffenheit eines porösen, sich sandig anfühlenden Kalk¬
stückes hatten. Es ist unzweifelhaft, daß der Fremdkörper
seinen Weg durch den Anfang des Verdauungstraktus nach
der Fundstelle genommen hatte und daß dabei durch Ver 7 ,
letzung des Rippenperiostes Knochenzubildurigen verursacht
wurden, die in Gestalt obiger Sequester abgestoßen wurden.
Mastdarmtorsion bei einer Stute.
Die Untersuchung eines seit 14 Stunden unter Kolik¬
erscheinungen erkrankten Tieres ergab das Vorhandensein
von Torsio recti. Nach einer Pilocarpin-Injektion ließ ich
das Pferd vorne tiefstellen und versuchte mittels Wasser¬
infusionen in das Rektum die normale Lage dieses Darm¬
teiles wieder herzustellen. Nachdem dies in 1 (/»ständigen
Bemühungen nicht gelungen war, ließ ich die Stute wieder
in den Stall zurückbringen. Hier legte sich dieselbe sofort
nieder und wälzte sich nun dutzendmal hin und her, bis sie
schließlich ermattet liegen blieb. Nach einiger Zeit wurde
das Pferd, da es allein nicht gut aufzustehen vermochte,
aufgehoben, wobei ein starker Flatus abging. Dadurch
610
hoffnungsfreudiger gemacht, infundierte ich nochmals grö¬
ßere Mengen Wasser in’s Rektum, wobei das Pferd mit den
Vorderfüßen in der Düngergrube stand, so daß sich das
Hinterteil um einen halben Meter höher als das Vorderteil
befand. Die nun vorgenommene Exploration förderte einige
schleimige Kotballen heraus, die Drehung war gelöst. Nach
einer zirka ^stiindigen Bewegung und darauffolgender
Massage der Bauch wände setzte die Stute normal Kot ab.
Eaumschlauch beim Ochsen.
In hiesiger Gegend tritt das genannte Leiden ziemlich
häufig auf. Da ich nach einfacher Reinigung des Schlauches
fast nie Heilung habe eintreten sehen, behandle ich das
Leiden, dessen Veranlassung fast immer eine Verengerung
der Vorhaut ist, folgendermaßen: Am niedergelegten Tiere
werden die Haare um das Präputium kurz abgeschoren;
hierauf reinige ich noch den Schlauch und desinfiziere ihn.
Das Ausräumen geschieht mittels einer Kürette. Das an
dem einen Ende löffelförmige Instrument hat einen hohlen
Stiel mit Handgriff, so daß vermittels eines am Handgriff
befestigten Gummischlauches, der mit einer amerikanischen
Spritze in Verbindung steht, gleichzeitig eine Reinigung
und eine gründliche Ausspülung vorgenommen werden kann.
Im Anschluß daran infundiere ich lauwarmes Leinöl mit
Creolin. Zur Beseitigung der Vorhautverengerung exzidiere
ich am oberen Präputialwinkel ein keilförmiges Stück. Die
Wunde wird mit dem Glüheisen gebrannt und einige Tage
lang mit Carbolöl betupft. Rezidive traten bei dieser Be¬
handlungsart nie mehr auf.
Spontane Ruptur des üterns bei einer Stnte.
Von Distriktstierarzt Hub, Buchloe.
Bei einer hochträchtigen Stute waren nachts 12 Uhr
Lei der Besichtigung durch den Besitzer noch keine An¬
zeichen der nahen Geburt zu bemerken. Morgens gegen
4 Uhr hörte der Knecht lautes Poltern im Stalle. Er sah
nach und fand das Tier heftig schlagend am Boden liegen.
Aus der Scheide hing eine dunkle, umfangreiche Masse
heraus. Ehe noch Hilfe geleistet werden konnte, war das
l’lerd verendet. Die Sektion ergab, daß durch einen arm¬
langen Riß im Uterus sämtliche Dickdärme — beide Grinnn-
darmlagen und der Blinddarm — durch die Scheide nach
außen gepreßt worden waren. Das Fohlen lag in Kopf¬
endlage in den Eihäuten eingeschlossen im Tragsacke.
611
Eklampsia puerperalis bei einer Kuh.
Von demselben.
Zu dem Ökonomen Z. in K. wurde ich mit dem Be¬
richte gerufen, eine Kuh, die vor 14 Tagen normal gekalbt
habe, sei plötzlich hochgradig aufgeregt geworden. Bei
meiner Ankunft fand ich das Tier mit Ketten und Heu¬
seilen am Stande befestigt vor. Die Augen stier und aus
den Höhlen herausgetrieben, zeigte die Kuh bei jeder Be¬
rührung zum Zwecke der Untersuchung die hochgradigsten
Aufregungs- und Krampferscheinungen. Das Tier wurde
unter Gefahr für die sich mit ihm beschäftigenden Personen
in einen dunklen Schuppen gebracht und gut befestigt.
Ich injizierte Arekolin-Eserin und ließ Eisbeutel auf den
Kopf legen. Am andern Tago war das Befinden wesentlich
gebessert und nach weiteren vier Tagen völlige Heilung
eingetreten.
Mfflsol-Wolfrnm.
Von demselben.
Das Präparat hat sich als ein empfehlenswertes Des-
infiziens sowohl für die geburtshilfliche Praxis als für die
Wundbehandlung im allgemeinen erwiesen. Neben seinem
angenehmen Geruch besitzt es stark desodorisierende und
bakterizide Wirkung. Auch bei der Behandlung der Ek¬
zeme der Hunde und des Pferdes hat es sich gut bewährt.
(Jahresberichte bayer. Tierärzte.)
Referate.
Dietz: Glutamin. (Tierärztliche Rundschau, 1910,
Nr. 30.)
Glutamin ist eine Tannin-Pflanzeneiweißverbindung
und zwar des zu 2 %. im Weizenmehl enthaltenen wasser¬
löslichen Albumins mit Tannin. Es passiert den Magen un-
zersetzt und da seine Zerlegung im Darm keine so weit¬
gehende wie beim tierischen Eiweiß ist, das besonders in
den hinteren Darmabschnitten komplizierte Zersetzungen
durchmacht, wirkt dasselbe nicht reizend auf den Darm.
Das Präparat eignet sich vorzüglich zur Behandlung der
Darmkatarrhe bei Hunden, insbesondere bei den nicht infek¬
tiösen Darmkatarrhen der Welpen und bei älteren Hunden
als wertvolles und sicher wirkendes Antidiarrhoikum. Auch
in der Humanmedizin, speziell in der Kinderpraxis, wurden
äußerst günstige Erfahrungen mit Glutamin gemacht.
612
Grimm: Tödliche Blutung aus der Scheide nach der
Geburt. (Tierärztl. Zentralblatt, 1910, Nr. 16.)
Wenn auch kleine Blutungen nach Scheidenverletzungen
öfters Vorkommen und fast immer selbständig aufhören, so
konnte Verf. doch einen Fall beobachten, der durch Ver¬
letzung der Scheide resp. Gefäßruptur die Schlachtung des
Tieres bedingte.
Eine 3jährige Kalbin zeigte nach einer leichten Geburt
starke Blutung aus der Scheide. Beim Eintreffen des Be¬
richterstatters war das Tier schon sehr stark anämisch und
erschöpft. Bei der Untersuchung per vaginam fand man
ein fingerbeerengroßes Loch an der linken Seitenwand des
hinteren Scheidengewölbes an der Umbiegungsstelle zum
Orificium externum. Trotzdem durch Tamponade und Alaun¬
eiswasser eine Blutstillung gelang, zeigte das Tier doch Er¬
scheinungen des herannahenden Todes, weshalb schleunigst
Notschlachtung angeordnet wurde. Man fand dabei voll¬
kommene Intaktheit des Uterus, an der linken Scheidenwand
kreisrundes, fingerdickes Loch in der zickzackförmig ver¬
laufenden Hauptvene des Scheidengeflechtes der Vena utero-
vesicalis; Scheidenschleimhaut abnorm dünn; die sehr ober¬
flächlich gelagerten Gefäße der Scheide sehr stark erweitert.
Durch die bei der Geburt entstandene Spannung dürften die
abnorm dünne Scheidenschleimhaut und die sehr stark ge¬
füllte Vene gleichzeitig geplatzt sein. Rabus.
Sustmann: Kohlefressen bei einem Hund. (Deutsche
Tierärztl. Wochenschrift, 1910, Nr. 14.)
Bei einem Hund wurde als Ursache häufigen Erbrechens
der Umstand festgestellt, daß das Tier Steinkohlenstückelien
verzehrte; das Erbrochene war mit schwarzen, an Kaviar er¬
innernden Körperchen durchsetzt.
Friedrich: Dasselbeulenerkrankung. (Zeitsclir. f.
Veterinärkunde, 1910, V.)
Verf. wurde zu einem Kalbe gerufen, weil es nicht
aufstehen könne. Das hochgradig abgemagerte Tier lag
völlig entkräftet in seinem Kote; das Haarkleid war strup¬
pig, verfilzt und mit Läusen dicht besetzt; Allgemeinbefinden
und Freßlust gut. Den ganzen Rücken entlang war die Haut
ödematös geschwollen; beim Betasten vernahm man rau¬
schende, knisternde und quatschende Geräusche. Beim Ab¬
scheren der Haare auf dem Rücken wurden unerwartet
kleine Öffnungen freigelegt, die in Höhlen führten, in denen
613
sieh Larven der Dasselfliegen und Eiter befanden. Die
charakteristischen Dasselbeulen fehlten, wohl infolge der
allgemeinen ödematösen Schwellung. L i n d n e r.
Tierzucht und Tierhaltung.
Das Pferd als Handelsobjekt.*)
Von Dr. Wilhelm Meyer, Stabsveterinär.
(Fortsetzung.)
Aus dem Gang des Pferdes wollen wir Nutzen ziehen,
teils gebrauchen wir denselben zur Fortbewegung von Hori-
zontal-Lasten, die es zieht, teils zur Fortbewegung von Ver-
tikal-Lasten, die es trägt; letztere können leblos, totes Ge¬
wicht, sein oder es sind lebende Lasten, beim Reitpferd.
Auch die Reitverwendung ist eine vielseitige und das Renn-
und Schulpferd sind die entgegengesetzten Pole in der
langen Reihe der Verwendungsmöglichkeiten. Die Reit¬
pferde für den praktischen Gebrauch heißen Kompagnie¬
pferde.
Die kommerzielle Bewertung einzig
und allein dieser Spezies von Reitpferden
soll an dieser Stelle Erörterung finden.
Hinsichtlich der Beurteilung ihrer Kraftverhältnisse,
mittelst deren der Gang der Maschine sich abwickelt, sind
nicht zwei Individuen sich völlig gleich. Verschiedenheiten
im Körperbau sind es, welche am meisten über die Ver¬
teilung der Kräfte und dadurch über deren Befähigung zu
wechselnden Gebrauchszwecken entscheiden; so kann sich
nach den mechanischen Verhältnissen des Gebäudes ein
Pferd vorzüglich zur Arbeit im Gelände eignen, wird aber
niemals ein gewandtes Schul- oder Paradepferd. Auch
innerhalb der Grenzen der Verwendbarkeit zu einem be¬
stimmten Gebrauchszweck kann wiederum die Leistungs¬
fähigkeit des einzelnen Individuums unendlich variieren.
Disharmonieen in den Proportionen des Körpers, welche die
Kräfte nicht gleichmäßig oder unvorteilhaft zur Wirkung
gelangen lassen, begründen die Schwankungen der Be¬
wertung.
Aber nicht allein die Ausnützung der physikalischen
Gesetze, welche bei guter anatomischer Konstruktion des
Individuums rein zur Entfaltung kommen, muß gewürdigt
werden, sondern es sind auch psychische Eigenschaften zu
berücksichtigen, kraft deren sich Fähigkeiten äußern, die
*) Nach einem im Vereine „Münchener Tierärzte“ in der
Februarsitzung 1910 gehaltenen Vortrage.
614
ermöglichen, daß die Leistungen quantitativ und qualitativ
sich steigern. Wir wissen nicht, auf welcher substantiellen
Grundlage sich solche automatisch funktionierende Willens¬
impulse entwickeln und suchen die Energie und Ausdauer,
mit der in solchen Fällen die Arbeit geschieht, im Adel des
Tieres. Derselbe vermag sogar Mängel der Bauart auszu¬
gleichen.
Da man jedoch das Maß der dem Pferde innewohnenden
Kraft nicht durch das bloße Ansehen bestimmen kann, muß
der Untersuchung im Zustande der Ruhe unbedingt eine
solche in der Bewegung folgen und es wird dieselbe sich
verschieden gestalten, ob sie mit oder ohne Gewicht des
Reiters erfolgt und welcher Qualität er angehört; das beste
Pferd, schlecht geritten, verliert.
Der Besitz der günstigsten Kraftverhältnisse nützt
jedoch nur dann,wenn nicht mechanische oder physiologische
Hemmnisse vorhanden sind. Die Prüfung beim Bestehen
ebensolcher erfordert gründliche Kenntnisse, die nur durch
Studium und Erfahrung gesammelt werden können.
Über eine gewisse Summe von praktischen Beobach¬
tungen kann, je nach der Begabung, auch der Nichtfach¬
mann verfügen, aber die Abwägung des Grades der Benach¬
teiligung, ihre Konsequenzen und die Erklärung der Ent¬
stehung eines Gebrauchsfehlers aus äußeren oder inneren
Gründen kann allein der geschulte Techniker ermitteln, der
hier im wahren Sinne des Wortes den Künstler zeigen kann.
Da es aber der Pferde, welche vorübergehende oder
bleibende Nutzungsschäden besitzen, weit mehr gibt als
solche, die nach der gedachten Richtung einwandfrei sind,
so ist es ein Gebot der Notwendigkeit, beim Kaufe den tier¬
ärztlichen Ratschlag zu hören und von ihm die Entscheidung
abhängig zu machen.
Das gesundheitliche Wohlbefinden des Tieres in Über¬
einstimmung mit der voraussichtlichen, zeitlich möglichst
langen, nutzbringenden Verwendungsmöglichkeit bestimmen
den Preis der Ware. Besteht zwischen diesen drei Kompo¬
nenten des Handelsgeschäftes eine Kongruenz, dann ist die
Bürgschaft gegeben, daß der Handel reell ist.
Zuweilen stößt man in Iländlerkreisen auf die irrige
Anschauung, der Treis gehe den Tierarzt nichts an, er ent¬
scheidet lediglich, ob die Ware dem Zwecke dienlich ist, die
Kaufsumme vereinbaren die Handelnden. Ja sogar unter
uns hat dieser Irrtum seine Vertreter; hierüber sind gar
keine Worte zu verlieren, im ersteren Falle ist die Auf¬
fassung von unlauteren, egoistischen Motiven getragen, im
615
letzteren soll für Entschuldigungen bei nicht entsprechen¬
dem Ausgange des Handels ein Hintertürchen geschaffen
werden.
Alle angedeuteten Gebrauchsschwankungen müssen
sich naturgemäß im Preise wiederspiegeln.
Um diese rechtlich, ihrem Grade nach, abzustufen und
zu taxieren, muß, wie bei der Untersuchung des kranken
Tieres, methodisch zu Werke gegangen werden. Der Fach¬
mann muß sich im Kopfe ein Schema schaffen, mittelst
dessen er das Objekt in toto und nach den einzelnen Re¬
gionen abschätzt; nur so kommt ein gewissenhaftes Urteil
zu Stande. Doch hievon vielleicht ein anderes Mal.
Tatsache ist, daß in der Abschätzung des fraglichen
Handelsgegenstandes — gerade von fachmännischer Seite
— eine bedauernsw r erte Ungleichheit besteht; nur selten
decken sich die Angaben von zwei Schätzenden, vielmehr
gehen sie oft himmelweit auseinander.
Derartige Unsicherheiten unseres Urteilsvermögens
müssen dazu führen, daß man uns als kompetente Organe
anzweifelt oder, was noch schlimmer ist, gegen uns mi߬
trauisch wird.
Namentlich der junge, im Pferdehandel noch wenig
erfahrene Kollege vermißt Richtlinien, die man sich auch
sonst in der Praxis geschaffen, so das Punktierverfahren bei
Prämiierungen, nach denen er seine Schätzung abmessen
kann, und er muß rasch erkennen, daß hier ein Tummel¬
platz für Willkürlichkeiten sondersgleichen besteht. Solche
Erkenntnis dient sicherlich nicht dazu, die Achtung vor
dieser Art seiner Berufstätigkeit zu wecken oder zu steigern,
vielmehr birgt sie die Gefahr in sich, solche Weitherzigkeit
nachzuahmen und sie auf andere Sparten der Wirksamkeit
zu übertragen. < Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
Universitätsstudium in Deutschland im Sommersemester
1910.
Die Anzahl der im Sominersemoster 1010 an den 21 deutschen
Universitäten immatrikulierten Studierenden betrug 54847, 0147
mehr als im Vorjahre. Von der genannten Gesamtzahl trafen 52 878
auf das männliche und 2169 auf das weibliche Geschlecht. Nach
den Mitteilungen der Tagespresso entwickelte sich die Verteilung
der Studierenden auf den einzelnen Universitäten hinnen Jahresfrist
wie folgt:
Sehr erheblich ist die Steigerung bei Berlin, Kiel, Münster
und Jena, gering bei Leipzig und Stralihurg, während die übrigen
Universitäten, ausgenommen Krlangen. das allein zuriiekging,
an der Steigerung normalen Anteil haben. Hinsichtlich der ab-
616
soluten Besucherzahl steht die reichshauptstädtische Universität
diesen Sommer, wie auch in den Winterhalbjahren, an der Spitze;
an ihr befindet sich etwa ein Siebentel der Gesamtstudentenschaft
Deutschlands, nämlich 7902 gegen 7194 im Vorjahr; ihr reiht sich
mit nur geringem Abstand, der sich gegenüber den Vorjahren neue-
stens wieder vergrößert hat, München an mit 6890 gegen 6547.
Leipzig steht mit 4592 (gegen 4581 i. V.) an 3. Stölle, dann folgen
Bonn mit 4070 (3801), Freiburg mit 2884 (2760); Halle hat 2451 (2310)
Studierende, Breslau 2432 (2347), Heidelberg 2413 (2171). Göttingen
2355 (2239), Marburg 2192 (2134), Tübingen 2061 (1921), Münster 2007
(1760), Straßburg 1964 (1935), Jena 1817 (1606), Kiel 1760 (1593),
Würzburg 1429 (1369), Königsberg 1381 (1293), Gießen 1334 (1271),
Erlangen 1050 (1158), Greifswald 1029 (967) und Rostock 834 (743).
Röntgenkinematographische Aufnahmen der Bewegung
innerer Organe des menschlichen Körpers.
Die beiden Münchner Ärzte Dr. C. Kästle und Professor
Dr. H. Rieder im Verein mit dem Münchner Diplomingenieur
Dr. J. Rosenthal machen seit geraumer Zeit röntgenkine¬
matographische Aufnahmen in Bewegung befind¬
licher innerer Organe des Me n s c h e n. Das scharfe
Momentröntgenograinm zeigt Details, die bei einer Durchleuch¬
tung am Leuchtschirm unmöglich beobachtet werden können. In
erster Linie hat man kinematographische Magenuntersuch¬
ungen vorgenommen und ist hier zu einem Ergebnis gekommen,
das von der bisherigen Ansicht über die mechanischen Bewegungen
des Magens während der Verdauungstätigkeit vollkommen abweicht.
Bisher hat man eine sich rhythmisch lösende Kontraktion des
Sphincter antri, der 3—4 Querfinger vor dem Ausgang, angenommen,
die den Magen vollständig in zwei gesonderte Teile trennen sollte,
sowie eine periodische Kontraktion und Erschlaffung eines streng
lokalisierten Antrum pylori (Endteil des Magens). Die „bioröntgeno-
graphische Untersuchung hat aber gezeigt, daß eine völlige Tren¬
nung des Magens in zwei Teile im Verlauf der Verdauungstätigkeit
nicht vorkommt, und daß es ein streng lokalisiertes Antrum pylori
nicht gibt. In demselben Maße, in dem die letzte Ausbuchtung des
Magens (Antrum) gegen den Darm zu verschwindet, entwickelt sich
das neue Antrum von Seite des Magenkörpers her und rückt schlie߬
lich vollständig an Stelle des alten. Wie eine Schaufel greift eine
Einschnürung in den Mageninhalt ein und schiebt diesen vor sich
her in die pyloruswärts gelegene Magenregion. Unmittelbar vor dem
Magenausgang strömt ein Teil des Mageninhaltes wieder in den
Magensack zurück und macht neuerdings die Bewegungen mit. Eine
solche Magenbewegung dauert beim normalen Menschen 22 Sekunden.
In dieser Zeit wurden mit einem sinnreich konstruierten Apparat
12—13 Bioröntgenogramme aufgenommen. Die Expositionszeit für
jedes einzelne Bild beträgt einen kleinen Bruchteil einer Sekunde;
die Aufnahmen erfolgen in einer Atempause des zu Untersuchen¬
den, damit die Bilder vollkommen rein, d. h. unbeeinflußt von der
Atembewogung sind.
Cm den Magen für die Strahlen undurchlässig zu machen und
auf die photographische Platte zu bekommen, wird dem Speisebrei
vorher Zirkonoxyd zugesetzt, das vollkommen unschädlich ist. Mit
Hilfe der biorüntgenogrnphischen Aufnahmen des Magens können
natürlich auch Abweichungen von der Norm, d. h. Erkrankungen
617
des Magens, festgestellt werden. Die diagnostische Medizin hat durch
die neue Methode eine Förderung erfahren, die von weittragender
Bedeutung ist.
Für kinematographische Herzaufnahnien ist ein schnellerer
Plattenwechsel im Apparat notwendig, als er bis jetzt erreicht
werden konnte. (Tagespresse.)
Zur Fleischteuerung.
Nach einer Mitteilung der „Deutschen Fleische rzeitung“
wandten sich die vereinigten Fleischervereine der Stadt
Breslau mit einer ausführlichen Resolution direkt an den
Kaiser, in welcher zur Verhütung weiterer Steigerung der
Fleischpreise zollfreie Einführung von Nutz- und Zuchtvieh
aus den Nachbarländern, unter Berücksichtigung der not¬
wendigen Vorsichtsmaßregeln, sowie Wegfall der Tuber¬
kulin-Impfung für das aus dem Auslande eingeführte
Schlachtvieh, ferner zollfreie Einfuhr von Futtergetreide
und Abschaffung der Ausfuhrprämien für Getreide ge¬
fordert wird. _
Deutscher Veterinärrat.
Namens des ständigen Ausschusses gebe ich bekannt,
daß der „Bericht über die XI. Plenarversamm¬
lung des Deutschen Veterinärrates (Stutt¬
gart 1909)“ durch Vermittlung der Verlagsbuchhandlung
von Richard Schoetz in Berlin (SW. 48, Wilhelm-
straße 10) gegen Erhebung einer Gebühr von 1 Mark zu
beziehen ist.
Straßburg (Elsaß), den 28. August 1910.
Der I. Schriftführer: Zündel.
0 b e r r e g i e r u n g s r a t D r. L. Vogel wurde für
die Dauer seiner Lehrtätigkeit zum Honorar-Professor der
Technischen Hochschule in München ernannt.
Bttcherschau.
Die Altersbestimmung bei Kälbern nach den Merkmalen
an den Zähnen, am Zahnfleisch, am Nabel, an den Klauen
und an den Hornanlagen. Von Dr. August Schul t z e,
Tierarzt in Storkow (Mark). Mit 12 Abbildungen auf
3 Tafeln. Verlagsbuchhandlung von Richard Schoetz,
Berlin SW 48, Wilhelmstr. 10. Preis broschiert 1 Ji 50 Ty
Oft tritt an den Tierarzt die Aufgabe heran, das Alter
von Kälbern mit annähernder Genauigkeit feststellen zu
müssen, so z. B. geben die Vorschriften der Fleischbeschau
über das Mindestalter der Schlachtkälber oder der Nach-
618
weis der Identität geschlachteter Kälber bei Schadenersatz¬
ansprüchen oder gerichtliche Streitfälle oder endlich die
Feststellung des Alters bei Viehausstellungen hiezu reich¬
lich Anlaß. Verf. hat nun nach gründlicher Würdigung
der bisherigen Untersuchungsresultate an 49 neugeborenen
Kälbern und 100 Kälbern im Alter bis zu 6 Wochen ein¬
gehende Untersuchungen an den Zähnen, ain Zahnfleisch,
am Nabel, an den Klauen und den Hornanlagen ausgeführt,
deren Ergebnisse derselbe in der vorliegenden, 52 Seiten
fassenden und mit 12 gut ausgeführten Bildern ausge¬
statteten Broschüre sehr anschaulich und instruktiv ver¬
öffentlicht, weshalb das Büchelchen allen Kollegen zum An¬
kauf wiirmstens empfohlen werden kann.
Tierzuchtinspektor K a b u. s.
Personalien.
Auszeichnung: Dem Kgl. Bezirkstierarzt Jakob Ehren-
Hardt in Ingolstadt wurde anläßlich seiner auf Ansuchen erfolgten
Ruhestandsversetzung in Anerkennung seiner Dienstleistung Titel
und Rang eines Kgl. Veterinärrates verliehen.
Ernennungen: Zu Kgl. Bezirkstierärzten extra statum
mit dem Titel Kgl. Zuchtinspektor die Zuchtinspektoren D ö 111
Robert in Bamberg, Groll Eugen in Traunstein, G u t b r o d Hans
in Sehweinfurt, Kürschner Karl in Miesbach. Lenz Georg in
Aschaffenburg, Dr. Probst Georg in Weiden, Rabus Fritz in
Kaiserslautern und S ü ß k i n d Paul in Weilheim; zum Kgl. Bezirks¬
tierarzt in Burglengenfeld (Oberbayern) der Distriktstierarzt Dr.
Kirchmann Joseph in Lauringen.
Niederlassung: Rudolph Rudolf aus Behlingen in
Reichertshofen (Oberbayern).
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Bern die Tierärzte
Andreas Karl und Krautwald Fritz in Hamburg.
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immun zu machen.
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(früher: Wochenschrift für Tierheilkunde nnd Tiehzncht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 13. September 1910. Nr. 37.
Inhalt: Originalartikel: Dr. Kreutzer: Neue Gedanken
über die ätiologischen Momente der Gebärparese. — Schmitt:
Kurze Mitteilungen aus der Praxis. — Referate: Hutschen-
reiter: Über die Behandlung des Nasenblutens der Rennpferde
mit Adrenalin. Simänek: Amputatio pteri. Skiba: Arsenik¬
vergiftung beim Geflügel. Holterbach: Eine neue Indikation
für das Yohimbin-Spiegel. Bächstädt: Versuche mit Josorptol
„Schürholz“. — Tierzucht und Tierhaltung: Dr. W.Meyer:
Das Pferd als Handelsobjekt. (Fortsetzung.) — Verschiedenes:
Verwaltungsbericht über den Schlacht- und Viehhof der K. Haupt-
und Residenzstadt München für das Jahr 1909. Vorlesungs¬
verzeichnis der Tierärztlichen Hochschule Hannover im Winter¬
semester 1910/11. — Personalien.
Nene Gedanken über die ätiologischen Momente der
Gebärparese.
Von Distriktstierarzt Dr. M. Kreutzer, Murnau.
Eine der rätselhaftesten Krankheiten des Rindes ist
zweifelsohne dieGebärparese. Über die Entstehungsursachen
sind die Ansichten sehr geteilt. Bekanntlich stehen zur Zeit
3 bedeutende Theorien sich gegenüber, welche nach F r ü h -
ner 1 ) als 1. Intoxikatious-, 2. Infektions- und 3. Fluxions-
theorie unterschieden werden.
Ehe ich auf dieselben kritisch eingehe, möchte ich die
Ilauptsymptome der Krankheit kurz skizzieren, da dieselben
den nachstehenden Ausführungen zu Grunde liegen:
1. Die Krankheit beginnt mit Verdauungsstörungen,
nach kurzer Zeit tritt 2. Schwäche der hinteren Extremität
ein, die Tiere schwanken hin und her. Die Nachhand ver¬
fällt in den Zustand der Parese; dieselbe breitet sich auch
‘) Friedberger und Früh ner: Spezielle Pathologie und
Therapie der Haustiere. 7. Auflage. 1908.
622
3. auf die Vorhand aus, die Tiere vermögen sich nicht mehr
auf den Beinen zu halten, sie brechen zusammen, werden
4. apathisch und liegen in Somnolenz da; 5, die Herztätig¬
keit ist vermehrt und steigt im Verlauf der Krankheit be¬
deutend an; 6. die Innentemperatur ist normal, selbst sub¬
normal ; 7. die Atmung erfolgt langsam, tief, angestrengt,
röchelnd.
Die Krankheit tritt sowohl yor als nach der Geburt
auf; am relativ häufigsten wird sie am zweiten Tag nach
der Geburt beobachtet. Es werden nur sehr gute Milchkühe
von der Krankheit betroffen und solche, bei denen die Ge¬
burt leicht von statten ging.
Das Sektionsbild bietet: seröse Durchfeuchtung,
Ansammlung von Flüssigkeit im Gehirn und Rückenmark
oder gar keine pathologischen Erscheinungen.
Betreffs der ätiologischen Momente sind, wie bereits
ausgeführt, die Ansichten divergierend. Die Intoxi¬
kationstheorie hat zur Zeit die meisten Anhänger.
Der Begründer dieser Hypothese, Schmidt - Mühlheim 2 ),
stellte zuerst den Satz auf: „Das Wesen des Kalbefiebers
rücke unserem Verständnis näher, sobald man die Ursache
in einer schädlichen Substanz erblicke, welche eine läh¬
mungsartige Wirkung sowohl auf die quergestreifte als
auch auf die glatte Muskulatur auszuüben vermag. Diese
Substanz würde demnach am einfachsten als ein Muskelgift
zu bet rachten sein, welches seine Wirkung vom Zirkulations¬
strome aus geltend macht.“
Albrecht 3 ) und ebenso Ostertag 4 ) suchen die
Ursache der Gebärparese in physiologischen Ptomai'nen, so¬
genannten Leucomai'nen.
Über den Ort der Giftbildung bestehen verschiedene
Meinungen: Schmidt- Mühlheim nimmt den Uterus,
Schmidt- Kolding, W alter etc. das Euter, Kaiser
den Darm, Ehrhardt das Blut bezw. den ganzen Körper
als Bildungsstätte der toxischen Substanz an. Betreffs cter
Begründung dieser einzelnen Auffassungen muß ich aus
Raummangel auf die diesbezügliche Literatur verweisen.
Die Intoxikationstheorie hat zweifelsohne etwas für
sich und vermag manche Krankheitssymptome zu erklären.
Doch kann eine Reihe von Gegengründen angeführt werden.
Vor allem spricht die frappante Wirkungsweise der Luft¬
behandlung gegen die Richtigkeit der Theorie. Es wäre un-
2 ) Zeitschrift für Tiermedizin. 1885.
:l ) Planck: Handbuch der tierärztl. Geburtshilfe. 4. Aufl. 1901.
'.) Ibidem.
623
erklärlich, wie durch Zufuhr von normaler, selbst von verun¬
reinigter, von mit Stallgasen geschwängerter Luft zum Euter
die sich bereits im Innern des Körpers befindenden Giftstoffe
unschädlich gemacht werden könnten. In der therapeu¬
tischen Technik findet sich kein einziges Analogon hierfür.
Diese Luftinfusion mit ihrer geradezu spezifischen Wirkung
kann unmöglich mit anderen therapeutischen Methoden, wie
z. B. mit Eserin-, Morphiuminjektionen, verglichen werden,
da letztere Mittel eine typische, bekannte Wirkung ent¬
falten, während der Luft bislang eine spezifische Wirkung
gegen Intoxikationsstoffe niemals nachgewiesen wurde. Ein
weiteres Moment, das gegen die Richtigkeit obiger Theorie
spricht, ist der Umstand, daß weder durch intensives Aus¬
melken, noch durch Desinfektion des Darmes bezw. des
Uterus die Krankheit behoben werden kann; ja im Gegen¬
teil, intensives Ausmelken verschlimmert geradezu das
Leiden. Auch ist unerklärlich, warum das Leiden nicht auch
bei schlechten Milchkühen, warum es selbst vor der Ge¬
burt auftritt und warum die Milch' der erkrankten Tiere
keine schädigende Wirkung ausübt. Endlich ist es bislang
noch keinem Anhänger der Therapie gelungen, diese Intoxi¬
kationsstoffe nachzuweisen. Und das dürfte bei dem heutigen
Stande der Wissenschaft doch nicht allzuschwierig sein. —
Die Infektionstheorie hat besonders in Frank¬
reich, Belgien und in der Schweiz namhafte Anhänger;
Nocard, van de Velde, Zschocke, Heß, Guille-
b e a u sind die Hauptverteidiger dieser Hypothese und be¬
gründen dieselbe durch die Möglichkeit der Reinzucht von
Kulturen, besonders von Staphylokokken, welche von der
Scheiden- bezw. Uterusschleimhaut von Kühen, die an Ge¬
bärparese litten, stammten. Dieser Annahme steht entgegen,
daß auch bei gesunden Tieren Staphylokokken in den ge¬
nannten Organen aufgefunden wurden 6 ), daß die Gebär¬
parese ohne Fieber verläuft und daß auch hier der Luft¬
behandlung unmöglich dieser spezifische bakterizide Einfluß
eingeräumt wurden kann. Schließlich müßte es ja nicht un¬
möglich sein, durch Infektion mit diesen reingezüchteten
Staphylokokken bei Kühen Gebärparese künstlich hervor¬
zurufen. Die Literatur berichtet jedoch nichts über derlei
Versuche.
Eine dritte Theorie sucht das Bild der Gebärparese
durch mechanische Störungen im Blutkreis-
6 ) Albrecht: Die Hypothese von Nocurd über die Patho¬
genese der Geburtslälune des Kindes. Woehensehr. f. Tierheilk. u.
Viehzucht, 1896, Nr. 19.
624
lauf, vor allem im Gehirn, zu erklären. Bekanntlich hat
Franck 6 ) in wohldurchdachter Begründung das Wesen
der Gebärparese dahin erklärt, daß dieselbe in einer akuten
Anämie und hierdurch bedingten plötzlichen Ernährungs¬
störungen des Gehirnes bestehe. Als Ursache spricht er das
Ausfallen des großen Uterusgefäßgebietes nach der Ge¬
burt an. Auch andere Autoren, wie Aronson, Meier,
T e e t z etc. verteidigen diese Theorie; nur nehmen sie als
Ursache der Gebärparese die durch den Blutzufluß zum
Euter bedingte Gehirnanämie an.
Wie bei den vorhergehenden Theorien wichtige Sym¬
ptome der Krankheit unerklärt bleiben, so kann auch dieser
dritten Hypothese gar mancher Gegenbeweis gegenüberge¬
stellt werden. Insbesondere ist weder durch den klinischen
Verlauf noch durch die Sektionsergebnisse diese Annahme
genügend gestützt. Vor allem bleiben die Verteidiger dieser
Theorie die Erklärung darüber schuldig, warum die Gebär¬
parese auch vor der Geburt oder lange nach der Geburt auf-
tritt. Ferner zeigt die Erfahrung, daß sich physiologische
Störungen in der Blutbahn leicht kompensieren. So tritt
selbst nach einem ergiebigen Aderlaß nichts augenfälliges
auf. Der relativ geringe Überschuß an Blut im Uterus und
Euter zur Zeit der Geburt kann zweifelsohne keinen so
folgenschweren Einfluß auf den Organismus ausüben, auch
nicht in den Zentrainervenorganen. Der Stoffwechsel ist in
denselben ja infolge der fortwährenden Tätigkeit ein außer¬
ordentlich lebhafter und muß deshalb auch eine sehr reich¬
liche Blutzufuhr ununterbrochen stattfinden. Damit aber
durch diese Tätigkeit der Blutgefäße die Tätigkeit der so
außerordentlich feinen Gewebe nicht gestört werden kann,
bilden sowohl die Arterien als auch die Venen ganz be¬
sonders feine Gefäßnetze, um das Schwanken der zirkulie¬
renden Blutmenge, wie es in größeren Blutgefäßen leicht
vorkommt, zu verhüten oder auszugleichen, so daß von diesen
Gefäßen ein Druck auf diese so zarten Organe nicht statt¬
finden und somit keine Störung in ihrer Funktion veranlaßt
werden kann 7 ). Dann — und dies ist der springende Punkt
— ist absolut unverständlich, warum das Leiden in der Regel
erst 2 Tage post partum auftritt. Dasselbe würde doch un¬
möglich so lange zu seiner Entwicklung brauchen, da ja be¬
kanntlich der ganze Blutkreislauf sich in Minute voll¬
zieht. Wie könnte ferner durch diese Theorie die Tatsache
,! l Franck: Handbuch der tierärztl. Geburtshilfe. 4. Aufl. 190L
7 » Kaiser: Genieinverst. Leitfaden der Anatomie und Phy¬
siologie der llaussäugetiere. 4. Auflage. 1905.
625
Erklärung finden, daß zuerst motorische Lähmungserschei¬
nungen der Nachhand, dann der Vorhand, dann des Halses
und dann erst die Erscheinungen von seiten des Gehirns
auftreten (Bewußtlosigkeit etc.) und zwar immer und regel¬
mäßig in dieser Reihenfolge ? Es müßte doch dann der um¬
gekehrte Weg eingehalten werden, da zweifelsohne unter
dieser angenommenen Störung das empfindlichste Organ,
das Gehirn, zuerst ergriffen würde. Des weiteren ist es un¬
erklärlich, wie durch einfache Kompression des Euters mit
Luft solch’ schwere Zirkulationsstörungen behoben werden
könnten, nachdem sich noch dazu das Euter ganz programm¬
widrig nicht in einem besonderen Zustande der Entzündung
befindet. Unerklärlich ferner ist, warum die Gebärparese
nicht auch schlechte Milchkühe befällt, warum das
Leiden durch das Ausmelken eine Verschlimmerung erfährt,
warum endlich nicht durch innerliche oder subkutane Be¬
handlung mit Digitalis, Secale cornutum etc. diese Zirku¬
lationsstörung beseitigt werden kann.
Die ganze Theorie ist eben in dieser Form und Fassung
ebensowenig haltbar wie die Intoxikations- bezw. Infektions¬
theorie.
Leicht verständlich dagegen wird die ganze Situation,
wenn man die Zirkulationsstörungen nicht in die Blutbahn,
sondern in die Lymphbahn verlegt und zwar als Aus¬
gangspunkt der Gebärparese das Lymphgefäßsystem
des Euters annimmt:
Das Euter des Rindes ist aus physiologischen Gründen
sehr reich an Lymphgefäßen, die zur Laktationszeit eine
rege Tätigkeit entfalten. Einige Zeit vor der Geburt
stellen die Milchdrüsen in der Regel ihre Arbeit ein; gleich¬
zeitig damit ist naturgemäß auch ein Stillstand der Funktion
der zugehörigen Lymphdrüsen verbunden. Zur Zeit der Ge¬
burt nun entfalten die Milchdrüsen besonders guter Milch¬
tiere plötzlich eine intensive Tätigkeit. Je größer die produ¬
zierte Milchmenge, desto größer ist auch die Lymphmenge
im Euter; denn die Lymphgefäße besitzen bekanntlich ein
sehr starkes Aufsaugungsvermögen. Die Aufsaugung, Ein¬
saugung, Resorption der in den permeablen tierischen Ge¬
weben vorkommenden Gase, Flüssigkeiten und gelösten
festen Körper von gesunden und kranken Stoffen wird
durch die Lymphgefäße bewirkt 8 ). — Die Lymphgefäße der
Milchdrüsen werden eine ganz bedeutende Lymphmenge
8 ) Kaiser: Gemeinverst. Leitfaden der Anatomie und Phy¬
siologie der Haussäugetiere. 4. Auflage. 1905.
626
dem Ductus thoracicus zuführen. Dieser muß seinerseits
durch schnellere Abfuhr dieser ungewohnten Menge und
durch höchstmögliches Erweitern des Gefäßlumens reagieren.
Dadurch erfahren die zufließenden Nebengefäße an ihrer Ein¬
mündungsstelle eine gewaltige Stauung, die nach rück¬
wärts verlaufend selbst bis in’s Ursprungsgebiet fort¬
schreitet. Durch den dadurch entstehenden Druck müssen
die dort vorhandenen, meist überaus empfindlichen Nerven
in ihrer Wirkungsweise gehemmt werden. Denn ist irgendwo
die Kontinuität des Faserverlaufes unterbrochen, ist der
Nerv durchschnitten, unterbunden oder auch nur in
seinem normalen Verhalten geschädigt, so
ist die Durchgängigkeit der Erregung durch diese Stelle
von allen oberhalb angebrachten Reizungen aus unmög¬
lich 0 ). Infolge dessen werden die von den geschädigten
Nerven innervierten Muskeln funktionslos. Es tritt Parese
ein. — (Schluß folgt.)
Kurze Mitteilungen ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt Ludwig Schmitt, Auerbach.
Tod einer Kuh durch Verblutung in den
T r a g s a c k.
Zu einer zirka 3 Monate trächtigen Kuh wurde ich mit
der Anamnese gerufen, daß sie in der Kette gehangen und
zusammengestürzt sei. Sie versage das Futter und könne
sich mit den Hinterextremitäten nicht mehr gut erheben.
Bei meiner Ankunft stand die Kuh, Fieber war nicht vor¬
handen, Puls klein und schwach, Atemzüge nicht vermehrt;
Ohren, Hörner und Körperoberfläche kalt, Freßlust nicht
vorhanden. Das Herumtreten geschah nur mit Unter¬
stützung. Am folgenden Tage mußte das Tier geschlachtet
werden. Hiebei ergab nun die Sektion, daß sich die Kuh
bei dem Sturze eine Zerreißung der Blutgefäße und dadurch
eine tödliche Verblutung zugezogen hatte. Der Uterus war
mit einer großen Menge zum Teil geronnenen Blutes an¬
gefüllt.
Infektion dur c h F ruclitwasse r.
Zur Geburtshilfe bei einer Kuh gerufen, die in der
37. Woche verkalhte, entwickelte ich nach entsprechender
Lageberichtigung das Kalb. Trotz mehrmaliger Reinigung
der Hände und Arme während und nach der Geburt mit
") Munk: Lehrbuch der Physiologie des Menschen und der
Säugetiere. 7. Auflage. 1905.
627
Bazillollösung stellte sich schon nach 5 Stunden ein heftiger
Juckreiz ein. Bis zum folgenden Tage waren beide Arme,
namentlich in der Ellenbogenbeuge, mit vielen roten Flecken
wie übersät, die sich bald in Bläschen mit eiterigem Inhalt
umwandelten. Der Heilungsprozeß dauerte 10 Wochen.
Ehe ich zu diesem Falle beigezogen worden war, hatten
bereits zwei Laien versucht, den Fötus zu entwickeln; außer¬
dem war noch ein dritter Mann anwesend, der nur nach dem
Anseilen des Kalbes bei der Extraktion behilflich war. Auch
bei diesen drei Personen bildete sich das nämliche pustulöse
Exanthem aus.
Eine rätselhafte Erkrankung.
Die sämtlichen Tiere eines Stalles mit Ausnahme eines
Kalbes versagten plötzlich die Futteraufnahme; Fieber war
nicht vorhanden. Die Tiere gingen auf den beiden Vorder¬
füßen lahm. Tagsüber lagen sie meistens und fraßen
nur wenig. Dagegen war am Morgen das abends vorgelegte
Futter stets aufgezehrt. Die Erkrankung dauerte zirka
8 Wochen; dann besserte sich der Zustand der Tiere all¬
mählich. Während dieser Zeit kalbte eine Kuh; das Kalb
war tot. Die Kuh verendete an Septicaemia puerperalis.
Der Besitzer kaufte ein neues Stück hinzu, welches nicht
erkrankte. Eine Ursache für diese Erkrankungen konnte
nicht ermittelt werden. Alle angewandten Mittel ließen im
Stich. — Der Besitzer glaubte an „Verhextsein“ (er wendete
auch dementsprechende Sympathiemittel an), weil er die
während der Erkrankung verendete Kuh trotz vielen Bittens
einem Händler nicht verkauft hatte und weil dann sämt¬
liche Ochsen und Kühe am Tage nach dem versagten Ver¬
kaufe erkrankten.
Referate.
Hutschenreiter: Über die Behandlung des Nasen¬
blutens der Rennpferde mit Adrenalin. (Tierärztl. Zentral¬
blatt, 1910, Nr. 8.)
Beim englischen Vollblut kommt Nasenbluten ziemlich
häufig vor und hat für den Vollblutzucht- und Rennbetrieb
eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Nasenbluten ist
keine selbständige Krankheit, sondern nur das Symptom
gewisser, auf äußere oder innere Ursachen zurückzuführen¬
der Krankheiten. Zu den äußeren Ursachen zählen in erster
Linie Verletzungen der Nase und Nasenschleimhaut, Lä¬
sionen gewisser Blutgefäße des Kopfes bei Stürzen und
628
Schlägen auf denselben; zu den inneren Ursachen sind zu
rechnen die angeborene Anlage — Hämophilie —, Gehirn¬
kongestion, Blutstauungen, Gefäßneubildungen (Angionie),
Gefäßgeschwüre und endlich kommt Nasenbluten vor als
Begleiterscheinung bei Pferdetyphus und Botz.
Gegen diese bei Rennpferden manchmal sehr unange¬
nehme Erscheinung gebrauchte Yerf. das von Dr. J o k i c h i
Takamine entdeckte Adrenalin, ein aus der Nebenniere
der Schlachttiere gewonnenes Alkaloid. Es wird von Parke
Davis & Co. in Detroit (Amerika) hergestellt und kommt
als Pulver (Adrenalin Takamine) und als Lösung (Sol.
Adrenal. hydrochloric. Takamine 1: 1000,0) in den Handel.
Es hat eine hervorragend stark gefäßzusammenziehende und
deshalb blutstillende Wirkung, ist ferner ein Exzitans für
Herz und Drüsen, jedoch kontraindiziert bei Herzkrank¬
heiten, hohem Blutdruck und Trächtigkeit. Dosis der In¬
jektion 5cm 3 . Injektionsstelle: die unmittelbar vor der
Schulter gelegene Partie des Halses. Injektionstechnik:
Reinigen der Stelle mit Karbolwasser und Äther; Injektion
mit sterilisierter Pravaz’scher Spritze; hierauf Massage der
Stelle und Umgebung mit einem in Äther getauchten Watte-
bäuschchen. Hoehbinden des Pferdes zwecks Verhinderung
der Verunreinigung der Injektionsstelle durch Bekneipen
oder Reiben seitens des Pferdes; Weichfutter; nach zirka
24 Stunden Wiederverwendung des Tieres zu regelmäßiger
Arbeit.
Schon geringe Dosen rufen das für Adrenalin charak¬
teristische Schwitzen an der Injektionsstelle in Form und
Größe eines Handtellers unmittelbar nach der Injektion her¬
vor, manchmal zeigt sich diese gesteigerte Schweißsekretion
auch an anderen Körperpartien in Gestalt von einzelnen,
zerstreut liegenden mit Schweiß bedeckten Stellen; häutig
kommt, es aber auch zu allgemeinem Schweißausbruch. Dauer
der Schweißsekretion im Durchschnitt 6 Stunden. Andere
unangenehme Nebenerscheinungen sind nicht zu beobachten.
Verf. hat nun bei 17 Pferden Adrenalin-Injektionen
gegen Nasenbluten gemacht und dabei gefunden, daß bei
115 Tieren während der Rennsaison Nasenbluten nicht auf-
getreton ist; in 4 Fällen trat jedoch auch nach der Injektion
wieder Nasenbluten auf, der Erfolg des Adrenalin war also
negativ, ln einem Falle davon wurde weiter gefunden, daß
wiederholte Injektionen eine Abnahme der Intensität des
Nasenblutens bei manchen Individuen herbeiführen können,
wodurch ('s vielleicht möglich wird, bei Pferden, welche
notorische Bluter sind, durch Prävcntiv-Injektionen dem
629
Auftreten des Übels vorzubeugen. Fortgesetzte Adrenalin¬
zufuhren sind aber ohne weiteres deshalb nicht empfehlens¬
wert, weil durch eingehende Untersuchungen noch nicht
klargestellt ist, ob hiedurch nicht Arteriosklerose, wie bei
Kaninchen, hervorgerufen werden kann.
S i m ä n e k: Amputatio uteri. (Tierärztl. Zentralblatt,
1910, Nr. 15.)
Die am Abend vorgenommene Untersuchung
einer 6jährigen Kuh, die bereits seit Vormittag an einem
Prolapsus uteri erkrankt war, ergab folgendes: 40° C.
Rektaltemperatur; 60 Pulse; 20 oberflächliche Atemzüge
mit costo - abdominalem Typus; Gebärmutter ganz ver-
schwollen, blau-rot, stellenweise schwarz gefärbt, kalt; an
der linken Seite des Gebärmutterkörpers Vorhandensein
einer 10 cm langen, durchgehenden Wunde mit ganz zer¬
fetzten Rändern; außerdem noch einige kleinere Ver¬
letzungen verschiedener Form und Größe.
Da septische Infektion befürchtet wurde, Vornahme
der Uterusamputation. Gründliche Reinigung vpj^r^ r
Uterus, Vagina und Schweif mit 5%iger SeptoformalösuSg. <7
Zwecks Verhinderung des Einschiebens von Darmteile^in '■
den prolabierten Uterus Hochlagern des Hinterteil/? dep^r,.-
Kuh. Verbringen der Gebärmutter in eine wagrechte (Lage.
Binden einer festen Gummischnur unter den Gebärmträber-
hals und Anlage der Ligatur dreifingerbreit vor Palma
cata und Harnröhre. Abschneiden der Gebärmutter mittelst,
Skalpell zirka dreifingerbreit vom umwundenen Gebär¬
mutterhals. Infusion von 3% iger Septoformalösung; Anlage
eines Bruchbandes; tägliche Ausspritzungen der Scheide.
In den folgenden Tagen versuchte die Kuh zeitweise
anfänglich öfters den Gebärmutterstumpf aus der Scheide
hinauszudrängen, aus der eine grünlich-gelbe, rahmartige,
verschleimte Flüssigkeit herausrann. Doch nach Ab¬
stoßung des nekrotischen Teiles und Verwachsung resp.
Vernarbung des Stumpfes (ca. 14 Tage nach der Operation)
erholte sich die Kuh derart rasch, daß dieselbe nach einigen
Monaten als ausgemästet verkauft werden konnte.
R a b u s.
Skiba: Arsenikvergiftung beim Geflügel. (Deutsche
Tierärztl. Wochensclir., 1910, Nr. 15.)
Eine größere Anzahl von Hühnern verschiedener Be¬
sitzer ging infolge Aufnahme von Rattengift an akuter
Arsenikvergiftung ein. Das Sektionsbild ergab überein-
630
stimmend Veränderungen, auf die bisher noch nicht hin¬
gewiesen war. Neben allgemeiner entzündlicher Affektion
des Darmtraktus war als Charakteristikum eine hochgradige
Entzündung des Muskelmagens mit Ausscheidung reichlicher
Mengen von sero-fibrinösem, sulzigem Exsudat zwischen
Schleimhaut und Muskelwand hauptsächlich in der Gegend
des Musculus intermedius zu beobachten. Es ist dies beim
stehenden Tier die tiefste Stelle des Magens, in der das
Futter leicht Stauungen unterliegt. Das Entziindungs-
prodiikt drängt die Magenwandschichten bedeutend aus¬
einander und springt beim Abziehen der Hornschicht von
der Innenfläche des Magens deutlich in’s Auge. Die gefä߬
losen dicken Hornschichten der Schleimhaut können ent¬
zündliche Veränderungen nicht eingehen und so bemerkt
man die durch die Ätzwirkung entstandenen Schäden natür¬
lich erst nach Entfernung der oberen Schicht. Entzündungs¬
erscheinungen an Schlund und Drüsenmagen fanden sich
nur in 1 Fall; diese Teile werden von dem Gift schnell
passiert und sind außerdem durch eine reichliche Schleim¬
schicht vor Anätzung geschützt. Das Blut war stets choko-
ladefarbig und ungeronnen.
Etwas hievon abweichend war der Sektionsbefund in
einem Fall von künstlich herbeigeführter chronischer
Arsenikvergiftung. Eigentümlich war hier die hochgradige
diphtherische Entzündung des Kropfes, die bei den akut
verlaufenen Fällen niemals zu beobachten war, und der
Umstand, daß sich in der geschwürig veränderten Muskel¬
schicht des Magens an Stelle der serös-fibrinösen Massen
nur eine geringe Menge seröser klarer Flüssigkeit befand.
Holterbach: Eine neue Indikation für das Yohim¬
bin-Spiegel. (Deutsche Tierärztl.Wochenschr., 1910, Nr. 24.)
Yohimbin ist keineswegs nur ein Sexualmittel, sondern
führt allgemeine Hyperämie herbei. So eignet es sich denn
auch zur Bekämpfung von Hautentzündungen, zur Beförde¬
rung des Ersatzes ausgefallener Haare, gegen Magendarm¬
katarrh u. s. w. Gegen Arteriosklerose wird eine Kombi¬
nation von Yohimbin und Urethan unter dem Namen „Vaso¬
tonin“ empfohlen. Besonders gute Erfolge erzielte Verf.
durch Verbitterung von Yohimbin an junge Kanarienvögel.
Die jungen Hähnchen entwickelten sich stets ganz unge¬
wöhnlich kräftig und hatten eine auffallend volle und kräf¬
tige Stimme.
Verf. weist noch besonders darauf hin, daß das Mittel
nicht subkutan gegeben werden soll. Letztere Art der Ver-
631
abreichung hat ihn schon oft die Wirkung vermissen lassen,
während die Gaben per os fast stets von Erfolg waren.
Bächstädt: Versuche mit Josorptol „Schürholz“,
(Zeitschr. f. Veterinärkunde, 1910, IV.)
Verf. beschreibt den Verlauf einer größeren Anzahl
von Fällen (Phlegmonen, Sehnenscheidenentzündungen,
Wunden, Ekzemen, Gewebsverdickungen etc.), die er mit
Josorptol behandelt hat. Es ist dies ein in der Human¬
medizin mit Erfolg angewandtes, nicht zu teures Resorbens,
das 10 % Jod enthält und Honigkonsistenz besitzt. Die
Wirkung war eine sehr befriedigende. Bei Gallen und
älteren Sehnenverdickungen ist eine Verbindung mit Ungt.
Hg. einer, aa oder mit Ungt. Hg. bijodat. 6:1 zu empfehlen ;
hiebei entsteht eine ausgezeichnete Tiefenwirkung.
L i n d n e r.
Tierzucht und Tierhaltung.
Das Pferd als Handelsobjekt.*)
Von Dr. Wilhelm Meyer, Stabsveterinär.
(Fortsetzung.)
Halten wir nun Umschau nach Anhaltspunkten für
die Bewertung des Pferdes, so finden sich solche und zwar
einmal in der Stufe der Ausbildung und
zum anderen in dem Grade der Abnützung
durch das Alter oder Leistung. Selbstverständ¬
lich sind die mechanischen Verhältnisse und der Stand der
Veredelung des Objektes jederzeit dabei im Auge zu be¬
halten.
Im allgemeinen sind die Preise nicht stabil, sondern
zeigen, der Zunahme der Produktions- und Unterhaltungs¬
kosten folgend, eine Steigerung. Beispielsweise kostete im
Jahre 1885 die 3jährige Militär-Remonte mittelschweren
Reitschlages 700—720 Mk., im Jahre 1897 war diese Summe
bereits auf 800—820 Mk. erhöht und heute bezahlt die Mili¬
tär-Verwaltung 950—980 Mk. für die gleiche Sorte von
Pferden. Die regionären Preisschwankungen hingegen sind
gering, am Orte der Produktion ist die Ware so teuer als
anderswo, da die Verkehrsmittel eine bedeutende Verbilli¬
gung gegenüber früher erfuhren.
Anders natürlich liegen die Verhältnisse bei ausländi¬
schen Zuchtprodukten, deren Import durch Zollerhöhung
*) Nach einem im Vereine „Münchener Tierärzte“ in der
Februarsitzung 1910 gehaltenen Vortrage.
632
zurückgehalten werden muß. Glücklicherweise haben wir
uns auch nach dieser Richtung vom Auslande ziemlich unab¬
hängig gemacht und, um ein gutes Reitpferd zu bekommen,
brauchen wir weder England noch Ungarn. Durch die
mannigfaltigen Blutmischungen haben sich auch die typi¬
schen Rasseformen der genannten Länder derart verwischt,
daß die Sicherheit der Bestimmung der Herkunft immer ge¬
ringer wird. Beim Händler ist natürlich jedes besser ge¬
machte Pferd importiert und ist seine Hosentasche die Zoll¬
schranke.
Berücksichtigt man die Stufe der reiterlichen Aus¬
bildung des Pferdes für seine Bewertung, so handelt es sich
um rohe, angerittene und durchgerittene
Tiere.
Roh ist das Pferd bis zu seinem dritten Lebensjahre.
In diesem Alter ist dasselbe hinsichtlich seiner späteren
Kraftentfaltung am schwersten zu würdigen. Die Armee¬
verwaltung kauft ihre Pferde 3 jährig, bei der nötigen großen
Menge derselben liegt es auf der Hand, daß sie hinsichtlich
ihres Gebäudes, Adels und Temperaments nicht derart ho¬
mogen sind, daß sie alle gleich gute Dienstpferde werden.
Um nun keine zu großen Verschiedenheiten bei den ein¬
zelnen Regimentern in Bezug auf Güte des Materiales zu
bekommen, besteht die Gepflogenheit, vor der Abgabe an die
Truppenteile eine wiederholte Filtration vorzunehmen; diese
geschieht in periodischen Musterungen, wobei die Pferde
klassifiziert werden.
Es ist nun ein interessantes Studium diese jungen Re-
monten bei der Truppe im Laufe der Dressur mit Bezug
auf ihre ursprüngliche Tauglichkeitseinschätzung zu ver¬
folgen und zu beobachten, wie in den einzelnen Stadien der
Ausbildung Umformungen eintreten können, so daß es vor¬
kommt, daß erstklassig taxierte Pferde nach Erledigung der
Dressur an der Stufe der Mittelmäßigkeit stehen. Dabei hat
das Zu- und Durchreiten mit System, unter geschulten Rei¬
tern und mit Vermeidung einer Schablone stattgefunden.
Gute, aber versteckte Eigenschaften sind zum Durchbruche
gekommen, wie umgekehrt unbedeutende Formfehler auf
das ganze Gebäude nachteilig eingewirkt haben.
Es ist deshalb hier die Frage zu streifen, ob man zum
Kaufe von rohen Pferden raten soll? Meist sind es reit¬
lustige, junge Käufer, die mit solchem Ansuchen an Einen
berantreten, häufig fehlt ihnen jedoch der nötige Ernst und
das Verständnis, eine geregelte Dressur auszuführen, die
633
unfertigen Tiere werden leicht überanstrengt und kommen
zu Schaden, der Reiter sucht die Ursache, statt in sich, in
einer mangelhaften Beschaffenheit der Ware und ist geneigt,
vorwurfsvoll zu werden. Anders gestaltet sich die Beant¬
wortung einer solchen Frage, wenn man die reiterliche Be¬
gabung des Käufers genau kennt.
Was nun die finanzielle Bewertung solcher Pferde be¬
trifft, hat man einen sicheren Anhalt an dem Werte der
Remonten der Armee; sie kosten in diesem Alter vom Typus
des leichten Reitschlages 850—900 Mk., vom mittelschweren
Reitschlage 950—980 Mk.; durchschnittlich repräsentiert
demnach das edel gezogene 3jährige Halbblutpferd einen
reellen Wert von 920—950 Mk.
Jünger werden wohl Pferde mit der Absicht, sie zum
Reitzwecke auszubilden, nicht gekauft, denn — es sei wieder¬
holt — daß hier von Renn- oder Zuchtpferden abgesehen
wird. Es dürfte indessen das edel gezogene 2jährige Fohlen
auf 550—600 Mk. anzuschlagen sein, der Jährling unter
der gleichen Voraussetzung auf 250—300 Mk.
Vorgreifend möchte ich noch sagen, daß nachweisbare
Ausländer und tatsächliche Vollblüter die skizierten Preis¬
anschläge bis zu 300 Mk. erhöhen können, aber nicht müssen.
Im vierten Lebensjahre wird das Pferd an- und zu¬
geritten. Es ist diese Handlung die Vorstufe jener syste¬
matischen Muskelgymnastik, auf Grund welcher Haltung,
Biegsamkeit, Gehorsam und Ausdauer gewonnen wird. Es
lernt zunächst Sattel, Zäumung, Gewicht des Reiters kennen,
respektiert Zügel- und Schenkelwirkung und vermag dabei
den natürlichen Schwerpunkt soweit nach rückwärts zu ver¬
legen, daß es unter dem Reiter im Gleichgewichte steht und
geht. Die zeitraubenden und geduldfordernden Bemühungen,
solche vielseitige Kenntnisse beizubringen, sind je nach der
Begabung des Pferdes verschieden, doch werden sie auch
bei aller Geschicklichkeit des Tieres und Reiters ein volles
Jahr ausfüllen, denn sie dürfen unter keinem Umstande
übereilt werden, soll das noch nicht vollständig entwickelte
Tier nicht darunter leiden.
Jetzt läßt sich auch schon beurteilen, was in dem
Pferde steckt und wie es sich für seinen zukünftigen Zweck
machen wird. Daher kommt es, daß der materielle Wert sieh
innerhalb weiterer Grenzen bewegen muß als beim rohen
Pferde. Unter Berücksichtigung des Grades der körper¬
lichen und reiterlichen Ausbildung bewegt sich der Preis
des 4jährigen gut gebauten Pferdes zwischen 1500—1700
Mark, vereinzelte Exemplare übersteigen diese Summe; eine
634
hervorragende Figur, außergewöhnliche Bewegungen, vor¬
zügliches Sprungvermögen kann dies bewirken.
Mit dem Abschluß des fünften Jahres hat bekanntlich
die Entwicklung des Pferdes ihre Grenze gefunden, für ge¬
wöhnlich ist auch die Dressur, die im letzten Jahre vervoll¬
kommnet wurde, beendet, das Pferd ist durchgeritten und
marktreif. Dementsprechend ist auch der Kulminations¬
punkt seiner Bewertung erreicht. (Fortsetzung folgt.)
Verschiedenes.
Verwaltungsbericht über den Schlacht- und Viehhof der
K. Haupt- und Residenzstadt München für das Jahr 1909.
Dem Berichte über das 31. Betriebsjahr entnehmen
wir folgende Mitteilungen: Der Fleischkonsum ging im
Jahre 1909 in München um 0,54 kg pro Kopf zurück. Die
Gesamtzufuhr zum Schlachtviehmarkt mit 807 328 Stück
ist um 19 492 Stück, die Zahl der Schlachtungen mit
596 781 Stück um 19 554 Stück geringer gewesen als im
Vorjahre. Von der Gesamtzufuhr von 111 547 Stück Gro߬
vieh waren 87 987 Stück aus Bayern und 22 787 Stück aus
Österreich. Aus einer Tabelle ist zu entnehmen, daß die
Zufuhr bayerischen Viehes aller Gattungen bedeutend zu¬
genommen, dagegen die aus Österreich-Ungarn ziemlich ab¬
genommen hat. Trotzdem waren noch 64,51 % aller ge¬
schlachteten Ochsen österreichisch - ungarischer Herkunft.
Dies rührt daher, daß diese Tiere sich durch gleichmäßige
Mästung vor den inländischen auszeichnen, so daß ihre Zu¬
fuhr ein dringendes Bedürfnis für die Käufer guter Mast¬
ware ist. Sehr beträchtlich (um 8852 Stück) sind die Kälber¬
schlachtungen gestiegen, da während des größten Teiles des
Jahres Schweinemangel (um 32523 Stück weniger als 1908)
entsprechend der erheblichen Abnahme der Zufuhr aus
Norddeutschland herrschte. Die Schlachtungen von Pferden
(2 754) und von Hunden (114) zeigen eine geringe Steige¬
rung. — Was die Beanstandungen anlangt, so war es in der
Mehrzahl der Fälle die Tuberkulose, die zu ganzer oder teil-
weiser Untauglichkeitserklärung Anlaß gab. Von der Ge¬
samtmenge der Schlachttiere waren mit Tuberkulose be¬
haftet : Pferde 0,11, Ochsen 17,35, Bullen 11,37, Kühe 33,20,
Jungrinder 3,98 °/o — Binder insgesamt 19,44 % ; ferner
Kälber 0,56, Schweine und Hunde 0,88, Schafe 0,007 und
Ziegen 0,06 %. Die Tuberkulose zeigte bei fast allen Tier¬
gattungen im Vergleiche zum Vorjahre eine merkliche Zu¬
nahme. 0,36 ( /c aller geschlachteten Binder erwiesen sich
635
als mit Finnen behaftet. Auffallend erscheinen in der Zu¬
sammenstellung die gegen 1908 häufigeren Funde von Mehr-
finnigkeit. M.
Vorlesungsverzeichnis der Tierärztlichen Hochschule
Hannover im Wintersemester 1910/11.
Sem ester-Beginn: 15. Oktober 1910.
Dr. Dam mann: Enzyklopädie und Methodologie der Tier¬
heilkunde; Diätetik (Hygiene); Uber Tropenkrankheiten; Hygie¬
nische und seuchenklinische Übungen; Übungen im Anfertigen von
Berichten. — Dr. Kaiser: Exterieur des Pferdes und der übrigen
Arbeitstiere; Tierzuchtlehre und Gestütskunde; Beurteilung der
Futtermittel nebst Übungen; Bujatrik; Ambulatorische Klinik. —
Tereg: Physiologie II; Physiologische Chemie. — Dr. Arnold:
Anorganische Chemie. — Boether: Anatomie der Haustiere; Ana¬
tomische Übungen. — Dr. Malkmus: Spezielle Pathologie und Thera¬
pie; Propädeutische Klinik und Medizinische Klinik für große
Haustiere. — Frick: Theorie des Hutbeschlages; Spezielle Chi¬
rurgie; Chirurgische Klinik für große Haustiere; Operationsübungen.
— Dr. Rievel: Fleischbeschau mit Demonstrationen; Spezielle
pathologische Anatomie; Milch und Milchkontrolle; Pathologisch¬
anatomische Demonstrationen und Sektionen. — Dr. Künnemann:
Arzneimittellehre; Spitalklinik für kleine Haustiere. — Haeseler:
Physik; Physikalische Übungen. — Dr. Otto: Über das Wesen und
die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten des Menschen und
sonstige hygienische Fragen. — Dr. Sch äff: Zoologie. — Koch:
Fleischbeschaukurse. — Dr. Behrens: Über Befallungen von Futter¬
pflanzen und sonstige Futterverderbnisse; Pharmazeutische Übungen.
— Dr. Her big: Anatomisches Repetitorium. — Dr. Wolff: Che¬
mische Repetitorien. — Lorscheid: Übungen in der chemischen
und mikroskopischen Diagnostik. — Ludwig: Repetitorium der
Chirurgie. — Gläßer: Repetitorium der pathologischen Anatomie.
Personalien.
Auszeichnung:‘Dr. Ostertag, Geh. Regierungsrat, Direk¬
tor im Kaiserlichen Gesundheitsamt in Berlin den Roten Adlerorden
IV. Klasse.
Wohnsitzveränderung: Hilz Karl aus München als Ver¬
treter nach Offenbach a. Q. (Pfalz).
Approbatione n: in Stuttgart die Herren: Binder Wil¬
helm aus Ebingen, Dihlmann Wilhelm aus Wimsheim, Eberlein
Friedrich aus Stuttgart, Fees er Albert aus Ludwigsburg, Geiger
Wilhelm aus Stebbach, Gmin der Adolf aus Thann, Hofstadt
Walter aus Stuttgart, Hugo Robert aus Klingemünster, Knorrp
Karl aus Murr, Laur fAlbert aus Schemmerberg, Linge Edgar
aus Stuttgart, Padberg Eduard aus Barop, Rocke lein Franz aus
Nürnberg, Schiele Otto aus Bettenreute, Schlenker Rudolf aus
Schwenningen, Stengel Richard aus Dorfgütingen und Stützle
Albert aus Marbach.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Bern: Libon Georg
in Breslau; in Zürich Bürgi Oskar, o. Professor der Universität
Zürich.
636
Gegen
infektiösen Scheidenkatarrh
hat sich nach den zahlreichen Erf;ihrungen von
über 100 Tierärzten, die das Präparat begutachtet
haben, das „ßissulin“ als geruchloses, einfach und
be< juem anzuwendendes Heilmittel vorzüglich bewährt.
Lieferung nur an Tierärzte oder in deren
Auftrag.
Alleiniger Fabrikant:
H. Trommsdorff, ehern. Fabrik, Aachen 31.
Gegen Scheidenkatarrh.
MAN VERWENOt Nu „
BflCiLLOL
wenn ohne Originalverschluss.
Alleinige Fabrikanten : Bacillolwerke Hamborg.
Druck von J. Gotteswi nter, München. — Kommissionsverlag: M. Riegerschc
(Jniversitätsbuclihandlung, München, OdeonsplaU 2.
Münchener
(früher: Wochenschrift für Tierheilkunde und Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 20. September 1910. Nr. 38.
Inhalt: Originalartikel: Dr. Kreutzer: Neue Gedanken
über die ätiologischen Momente der Gebärparese. (Fortsetzung.) —
Engel: Harnstein im linken Harnleiter. Vergiftung durch Chili¬
salpeter. — Meidinger: Aus der Praxis. — Staudinger: Hitz-
schlag. Verblutung. — Referate: Minder: Chronische Strahl¬
beinlähme der Hintergliedmaßen. Berchar: Seltene Lokalisation
von Strongylus armatus. Fraenzel: Ischias bei einein Wagen¬
pferd. — Tierzucht und Tierhaltung: Dr. W. Meyer:
Das Pferd als Handelsobjekt. (Fortsetzung.) Pferde-Museum. —
Verschiedenes: Promotion. Aufruf! „Tierheilkundiger“.
Fleischbeschau und praktische Tierärzte. Deutsche Gesellschaft
für Züchtungskunde. Viehseuchen-Nachrichten. — Personalien.
Nene Gedanken über die ätiologischen Momente der
Gebärparese.
Von Distriktstierarzt Dr. M. Kreutzer, Murnau.
(Fortsetzung statt Schluß.)
Diese eben entwickelte Theorie findet festen Stütz¬
punkt in den Krankheitssymptomen der Gebärpnrese:
Der Lymphstrom des Euters führt beim Rinde durch
eine größere platte Lymphdrüse, die dein hinteren Euter¬
viertel dicht anliegt. Von hier aus geht er zu den Lenden¬
drüsen, um sich dann in die Zysterne des Milchbrustganges
zu ergießen. In diese Zysterne münden nun auch der hintere
und vordere Eingeweidestamm ein, welch' letzterer sich aus
den Lymphgefäßen des Dünndarmes, Dickdarmes, Magens,
der Leber und Milz zusammensetzt. Wenn nun in diesen
Stämmen Stauungen entstehen, so wird dadurch auf die an¬
liegenden Teile des Sympaticus ( Plexus gastrieus und Plexus
mesentericus superior) und des mit diesem in Verbindung
stehenden Vagus (Magongeilecht) ein Druck ausgeübt und
durch Aufhebung der vasomotorischen hozw. sekretorischen
638
Wirkung dieser Nerven die normale Tätigkeit der Einge¬
weide und des Magens sistiert; es treten Verdauungs¬
störungen ein: 1. Symptom der Gebärparese!
Von der Zysterne des Milchbrustganges aus geht der
Lymphstrom in den eigentlichen M ilchbrustgang über. Dieser
erhält Zufuhr von Seitengefäßen; unter anderen auch vom
Truncus lumbalis, welcher die Lymphe des Rückens und des
Rückgrates in den Ductus thoracicus führt. Staut sich die
Lymphe in dem Rückenmarkskanal, so wird dadurch ein
Druck auf die vom Rückenmark durch den Rückenmarks¬
kanal abgehenden Rückenmarksnerven (Nervi lumbales und
Nervi sacrales) ausgeübt, Die Folge davon ist, daß sowohl
die zum Plexus lumbalis als auch zum Plexus sacralis und
Plexus ischiadicus gehörenden Nerven außer Tätigkeit ge¬
setzt werden; es entsteht Parese der Nachhand:
2. Sy mptom!
Der Ductus thoracicus erfährt in seinem weiteren Ver¬
laufe noch Verstärkung durch die Lymphgefäße der Brust
und des Halses. Durch die dort entstandene Stauung ver¬
liert auch der Plexus brachialis, der von den ventralen Wur-
zeln des 6., 7. und 8. Halsnerven, sowie von Ästen aus der
Wurzel des 1. und 2. Rückennerven gebildet wird und sich
in den Nervus medianus, Nervus ulnaris und Nervus radialis
auflöst, in gleicher Weise wie die Nervi lumbales u. sacrales
seine Funktionsfähigkeit. Dadurch ist das erkrankte Tier
unfähig, auf den Vorderfüßen zu stehen und stürzt, da
auch die Nachhand sich bereits im Zustande der Parese be¬
findet, z u s a m m e n: 3. Sy m p t o m!
Durch die andauernde Stauung der Halslymphgefäße,
die linkerseits meist ganz in den Milchbrustgang und rechter-
seits in den rechten Luftröhrenstamm (Truncus trachealis)
einmünden, welch’ letzterer dicht bei dem Milchbrustgang
in die Vena axillaris dextra und von da in die vordere Hohl¬
vene mündet oder sich vor seiner Mündung mit dem Ductus
thoracicus vereinigt und in diesem Falle eine besondere Dis¬
position zur Erkrankung an Gebärparese darstellt, werden
auch die Lymphgefäße des Kopfes m i t be¬
troffen. Diese Lymphgefäße haben die Aufgabe, die
Lymphe von der Kopfhaut, von der Kopfmuskulatur, aus
den Knochen, aus den Organen der Maul- und Nasenhöhle,
aus dem Auge, Gehörorgane und dem Gehirn abzu¬
führen 1 "). Bekanntlich stehen die Ly mph räume des Ge¬
hirnes und Rückenmarkes (Subduralraum und Subaraeh-
10 > Fra iick: Handbuch der Anatomie der Haustiere. 3. Auf¬
lage.
639
noidalraum) mit den Lymphgefäßen der Nasenschleimhaut
in Verbindung. Die angestauten Lymphgefäße der Nasen¬
schleimhaut üben ihrerseits wiederum eine Stauwirkung auf
das Lymphsystem des Gehirnes und Rückenmarkes aus.
Natürlich ist bei diesen eminent subtilen Organen nur ein
relativ geringer Druck nötig, um Funktionsstörungen aus¬
zulösen. Diese treten denn auch naturgemäß auf und äußern
sich in Bewußt- und Empfindungslosigkeit: 4. Symptom!
Das Herz wird durch die von der vorderen Hohl¬
vene zugeführte ungewöhnlich große Blut- bezw. Lymph-
menge zur vermehrten Tätigkeit veranlaßt werden. Doch
muß es bei dieser plötzlich gestellten Aufgabe, die Schwan¬
kung des Blutdruckes zu regulieren, enormes leisten, durch
schließlich einsetzende Vaguslähmung an Kraft mehr und
mehr verlieren und zuletzt seine Tätigkeit gänzlich ein¬
stellen. Dieser eben geschilderte Vorgang kann bei den an
Gebärparese erkrankten Tieren klinisch verfolgt werden:
anfangs beträgt der Puls 50—70 Schläge in der Minute,
später 70—90 und schließlich 120 und darüber; zuletzt wird
er überhaupt unfühlbar, was den baldigen Tod des Tieres
erwarten läßt: 5. Symptom!
Bei der Gebärparese handelt es sich um keinerlei Ent¬
zündungsvorgänge; es ist nur die Tätigkeit der Nerven auf¬
gehoben; deshalb ist auch die Temperatur normal. Nach
physiologischen Gesetzen hat die Muskeltätigkeit einen
wesentlichen Einfluß auf die Eigenwärme: Körperliche
Arbeit erhöht die Temperatur; umgekehrt sinkt dieselbe
während des Schlafes, also bei möglichster Muskelruhe.
Da bei der Gebärparese infolge des Lähmungszustandes
keine Muskelarbeit geleistet wird, kann die Temperatur des
Körpers selbst subnormal werden. Diese Erscheinung wird
naturgemäß auch äußerlich, besonders an den Extremitäten,
Ohren etc., auf fallen: 6. Symptom!
Die Atmung erfolgt bei Vaguslähmung verlang¬
samt; die Zahl der Atemzüge sinkt hiebei so bedeutend,
daß sie nur etwa den 4.—6. Teil der Norm beträgt. Dabei
erfolgen die Atembewegungen mit der äußersten An¬
strengung, hochgradig dyspnoisch. Der Nervus recurrens
— ein Ast des Nervus vagus — verläuft neben dem starken
Lymphgefäß, welches die Kopflymphe am Halse entlang
führt. Dieses Lymphgefäß kann, gestaut, die Tätigkeit des
Nervus recurrens alterieren. Die Folge davon ist, daß sich
die Stimmbänder nicht mehr genügend spannen und heim
Einatmen ein schnarchendes, röchelndes Geräusch ensteht:
7. Symptom! —
640
Hält, die Stauung im Subdural- bezw. Subaracbnoidal-
rauin des Gehirnes und Rückenmarkes an, so muß dieser
Vorgang, abgesehen von den physiologischen, bereits be¬
sprochenen Folgen, sich auch anatomisch-pathologisch nach-
weisen lassen. Tatsächlich bietet die Sektion bei den
letal endenden Fällen seröse Durchfeuchtung, sowie An¬
sammlung von Flüssigkeit im Gehirn und Rückenmark. Bei
hochsensiblen Tieren ist letzterer Befund gar nicht nötig,
da ja schließlich der leiseste Stauungsdruck genügen kann,
um die allerschwersten Störungen im Zentralnervensystem
hervorzurufen. Der Sektionsbefund ist als typisches
Stauungsbild auzusprechen und stützt die ganze eben
entwickelte Theorie auf’s beste. — (Schluß folgt.)
Harnstein im linken Harnleiter.
Von Kgl. Bezirkstierarzt Engel, Kaufbeuren.
Eine Kuh des Landwirts M. in W. litt seit einem halben
Jahre wiederholt an Harnbeschwerden; auf entsprechende
Behandlung trat stets nach einigen Tagen so erhebliche
Besserung ein, daß der Appetit wieder normal wurde, die
reichliche Milchergiebigkeit zurückkehrte und die Harn-
beschwerden verschwanden. Bei einer neuerdings aufge¬
tretenen Erkrankung hatte ich Gelegenheit, die zirka fünf
Jahre alte Kuh genauer zu untersuchen. Veränderungen
an der Harnblase und der Harnröhre waren nicht vor¬
handen, dagegen konnte ich im linken Harnleiter, 1 dm
von der Mündung in die Blase entfernt, einen festen Gegen¬
stand mit unebener Oberfläche feststellen, der sich weder
vor- noch rückwärts verschieben ließ. Daß es sich hier um
einen verschleppten Nierenbeckenstein handelte, war nach
Form und Konsistenz desselben klar. Der Harnleiter selbst
war stark mit Urin gefüllt und bis zum Nierenbecken zu
verfolgen, er zeigte eine Dicke von mindestens 5 cm; auch
Nierenbecken und Niere schienen erheblich vergrößert, die
angeordnete Schlachtung bestätigte die Diagnose.
Vergütung durch Chilisalpeter.
Von demselben.
Der Landwirt 0. in Pf. gab seinen Kühen kleine Gaben
von angeblichem Glaubersalz, das er einem kurz vorher ge¬
kauften Sacke entnommen hatte. Kurze Zeit darauf be¬
merkte er auf der Weide, daß einige Tiere nicht recht
fressen wollten und öfters Kot und Harn absetzten. Dabei
zeigten sie Teilnahmslosigkeit und Schwäche in solchem
641
Grade, daß drei Kühe und ein Stier notgeschlachtet
werden mußten. Bei meiner Ankunft wiesen noch zwei
Rinder die beschriebenen Erscheinungen auf; die anderen
18 Stück der Herde waren gesund. Die erkrankten Tiere er¬
holten sich nach Gaben von Tinct. Opii in Leinsamen¬
schleim verhältnismäßig rasch wieder. Die Sektionsbefunde
bei den geschlachteten Tieren waren: schlecht oder fast gar
nicht geronnenes Blut, und auffallend helle Farbe des
Muskelfleisches; weitere Veränderungen besonders an den
Schleimhäuten der Mägen und der Gedärme wurden nicht
gefunden. Das Fleisch soll nach Angabe der Konsumenten
beim Kochen auffallend rot geworden sein. — Die Unter¬
suchung des Salzes ergab, daß bei dem Verkäufer eine Ver¬
wechslung mit Chilisalpeter stattgefunden hatte. (Jahres¬
berichte bayer. Tierärzte.)
Ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt O. Meidinger, Leutershausen.
Ein Pferd war durch einen Stoß mit einem Gabelstiel
im After verletzt worden. Das ungefähr 50 cm lange ab¬
gebrochene Stielende hatte der Besitzer vor meiner Ankunft
bereits aus dem Mastdaru: entfernt. Beim Vorführen zeigte
das Pferd nur etwas gespannten Gang. Die rektale Unter¬
suchung ergab, daß die Schleimhaut des Darmes etwa hand¬
breit vor dem After links seitwärts durchgerissen war und
daß sich von hier aus ein weiter Kanal nach links oben
und vorne hinzog. Die Behandlung beschränkte sich vor¬
läufig auf Verabreichung von Laxantien und antiseptischen
Ausspülungen. Acht Tage nach der Verletzung wurde der
linke Hinterfuß fast gar nicht mehr belastet. Auf der Höhe
der Krugge handbreit von der Mittellinie hatte sich eine/i'.
heiße, fluktuierende, sehr schmerzhafte Geschwulst gebildet/- 0
Bei einem kräftigen Druck auf dieselbe entleerte sich au<s
dem After eine reichliche Menge äußerst übelriechenden ;
Eiters; mit Hilfe von Finger und Pinzette konnten aus der
Abszeßhöhle wurstförmige abgestorbene Gewebsmassen ent¬
fernt werden. Die Behandlung wurde energisch fortgesetzt
und schon nach zwei Tagen belastete das Pferd den Fuß
wieder. Die Eitersekretion hörte allmählich auf und die
Wunde kam zum Verschluß, sodaß das Tier nach 3 Wochen
wieder zum Zuge verwendet werden konnte.
In einem andern Falle gelangte ein aus Altersschwäche
verendetes Pferd, ein Hengst, zur Sektion. Dabei fand sich
der rechte Hode zu Kindskopfgröße entartet; der Samen-
642
sträng ging in Armsdicke nach oben und verlor sich in
einer frei in der Bauchhöhle hegenden Neubildung von der
Größe und Form eines Futterkorbes. Auf Grund ihrer zer¬
klüfteten schmierigen Schnittfläche und Struktur hielt ich die
Geschwulst für ein Karzinom. Merkwürdig ist, daß das
Pferd niemals irgendwelche nennenswerte Krankheitser¬
scheinungen gezeigt hatte. (Ibidem.)
Hitzschlag.
Von Kgl. Bezirkstierarzt Staudinger, Lohr.
Ein sechsjähriges Arbeitspferd war bei starker Sonnen¬
hitze im schweren Zuge eingespannt worden und erlitt
einen Hitzschlag. Das taumelnde Tier stürzte zusammen
und blieb ruhig liegen. Man brachte es in einen hohen
und luftigen Stall. Der Kopf wurde anhaltend mit kaltem
Wasser begossen, Hals, Brust und insbesondere die Herz¬
gegend und den Hinterleib feuchtete man mit Terpentin¬
spiritus und frottierte diese Partien längere Zeit, worauf das
Tier aufgerichtet und gestützt, stehend gehalten werden
konnte. Im Laufe der nächsten Stunden schritt die Bes¬
serung rasch vorwärts. Das Pferd konnte allein stehen, es
nahm Futter zu sich und wurde noch am gleichen Tage
in seinen Stall überführt. Schon am nächsten Morgen
spannte es der Besitzer entgegen meinem Rat wieder ein.
Verblutung.
Yon demselben.
Ein Schweineschneider schüttete bei einem ca. 1 l jt jäh¬
rigen 3 Zentner schweren Eber Leinöl in die Kastrationswunde,
um eine vorzeitige Verklebung der Wundränder zu ver¬
hindern. Nach der Operation war, nach Aussage des Tier¬
besitzers, eine mäßige Blutung aufgetreten. Dieser hatte vom
„Operateur“ auch den Auftrag erhalten, täglich mit dem
Finger die eventuell verklebte Schnittwunde wieder zu öffnen.
Mag nun durch die letztere Manipulation Infektionsmaterial
in die Wunde gelangt sein, oder mag sich das Blut im
Skrotalsack zersetzt haben, es trat Verweigerung der Futter-
aufnalime ein; zehn Tage post operat. verendete das Tier
unter plötzlich einsetzender heftiger Atemnot und starkem
Bluterguß aus Nase und Maul.
Die Obduktion ergab das Vorhandensein eitrig jauchiger,
schokoladefarbenor, stinkender Flüssigkeit im Skrotalraum,
Verdickung der Samenstrangstümpfe und Vereiterung
bezw. blutige Anschwellung von mehrerer Gekrösdrüsen.
643
Im Brustraum befand sich Blut; die Lungen erschienen hoch¬
gradig blutreich und entleerte sich aus der linken Lunge
beim Einschnitt viel Blut. Berstung von Lungengefäßen
hatte unter Entleerung von Blut durch Nase und Maul den
plötzlichen Tod herbeigeführt. (Ibidem.)
Referate.
Minder: Chronische Strahlbeinlahme der Hinter¬
gliedmaßen. (Schweizer Archiv für Tierheilkunde, 1908,
Heft 5.)
Anamnese: Eine 8 Jahre alte Stute schont seit
einiger Zeit hinten rechts und schildert bei der Stallruhe
meistens mit der rechten Hintergliedmaße. Beim Gebrauch
am Wagen ist die Bewegungsstörung weniger deutlich be¬
merkbar als unter dem Reiter.
Untersuchung: Ausgesprochene Stützbeinlahm¬
heit hinten rechts mit erhöhtem Schmerz beim Wenden auf
der kranken Gliedmaße. Im Beginne der Bewegung nur
Belasten der Zehenpartie des Hufes hinten rechts und erst
dann allmähliches Auftreten mit der ganzen Bodenfläche;
erhöhte Schmerzäußerung bei Druck auf die Beugesehnen,
besonders in der Ballengrube und bei seitlichem Zusammen-
pressen des Hufes mit der Hufzange in den Seitentrachten¬
partien, ferner bei Torsion im Hufkronbeingelenke. Nach
Kokainisierung der Plantarnerven hinten rechts Verschwin¬
den der Lahmheit. Beim versuchsweisen Fahren und Reiten
beim Angehen deutliches Lahmen hinten rechts, das nach
einiger Bewegung verschwand, um dann nach der Ruhe
wieder verstärkt aufzutreten. Nach mehrtägiger Stallruhe
Vorhandensein eines nur leicht unregelmäßigen Ganges.
Diagnose: Arthritis im Hufkronbeingelenk mit
auf den Beugeapparat sich fortpflanzenden Entzündungs¬
erscheinungen.
Therapie: Berieselung, hierauf scharfe Ein¬
reibung.
Verlauf: Wenn auch anfänglich die Lahmheit
verschwunden war, so stellte sich besonders nach einigen
Tagen intensiverer Arbeit das alte Leiden wieder ein; auch
schilderte das Pferd immer mehr mit der rechten Hinter¬
gliedmaße. Infolge der anhaltenden unvollständigen Be¬
lastung des Hufes hinten rechts wurde derselbe in seiner
hinterenHälfte verengert, der Strahl atrophierte, die Sohlen¬
wölbung nach oben wurde immer ausgesprochener und die
Lahmheit immer stärker. Wegen Aussichtslosigkeit der Be¬
handlung Schlachtung des Tieres.
644
Obduktion: Rechte Hintergliedmaße: Starke
Verdünnung des Faserknorpels auf der Sehnengleitlläche
des Strahlbeines; zu beiden Seiten des Sagittalkainmes nadel¬
stichähnliche, bis in dieKnochenspongiose reichende Knorpel-
defekte. Hufbeinbeugesehne zu beiden Seiten des Sagittal-
kammeindruckes aufgefasert und eingerissen. Schleimhaut
der Bursa podotrochlearis geschwellt. Geringer Synovial¬
gehalt der Bursa. — Linker Hinterunterfuß: Leichter
Faserknorpelschwund am Strahlbein; dunkelgelb verfärbte
Impressionsstellen an der Strahlbeingleitfläche der Hufbein¬
beugesehne mit leichten Kontinuitätstrennungen im Sehnen¬
gewebe selbst. Ähnliche geringgradige Veränderungen waren
auch am rechten Vorderstrahlbein zu bemerken.
Diagnose: Chronische Strahlbeinlähme, besonders
hinten rechts.
Berchar: Seltene Lokalisation von Strongylus
armatus. (Österreich. Monatsschrift für Tierheilkunde,
1910, Nr. 4.)
Verfasser fand in einem Kryptorehidenhoden sowohl
die Jugendform als auch geschlechtsreife Individuen des
gemeinen Pallisadenwurmes (Strongylus armatus), der sonst
ziemlich häufig auf der Schleimhaut des Blind- und Grimm¬
darmes, seltener in der Leber, Lunge und Milz beim Pferde
anzutreffen ist. R a b u s.
Fraenzel: Ischias bei einem Wagenpferd. (Zeit¬
schrift für Veterinärkunde, 1910, IV.)
Fin Pferd wurde 3 Tage hintereinander morgens auf
dem Rücken liegend und mit den Beinen um sich schlagend
angetroffen. Nach dem Aufstehen und Anführen fielen
hahnentrittartige Bewegungen der Hinterfüße auf, ver¬
schwanden indes nach kurzer Zeit. Beiderseits löste schon
leichter Druck auf den Hüftnerv vor dem Sitzbeinhöcker
Schmerz aus.
Trotz Behandlung mit reizenden Einreibungen und
feuchtwarmen Umschlägen kehrten die Anfälle immer
wieder. Bei Eintritt naßkalter Witterung mußten die
starken Schmerzen, die das Tier zu Niederwerfen und zu
heftigem Ausschlagen veranlaßten, durch Morphium ge¬
lindert werden. Schließlich war bei Atrophie der Kruppen¬
muskulatur steile Stellung der Hintergliedmaßen infolge
Miterkrankung der Sprunggelenke aufgetreten.
Lindne r.
645
Tierzucht und Tierhaltung.
Das Pferd als Handelsobjekt.*)
Von Dr. Wilhelm Meyer, Stabsveterinär.
(Fortsetzung.)
Um nun beurteilen zu können, wie weit die Aus¬
bildung eines Reitpferdes fortgeschritten ist. gebrauchen
wir bekanntlich als Gradmesser die Form, wie es sich trägt
und bewegt.
Dabei ist zunächst die Art der Bezäumung bestimmend,
bei welcher das Genick der höchste Punkt des gewölbten,
hoch aufgerichteten Halses sein soll, die Nase soll heran¬
genommen sein, der Kopf senkrecht in Hüftenhöhe stehen.
Unter diesen Voraussetzungen geben Hals und Genick dem
leisesten Zügelzug nach.
Sodann kommt bei dieser Hals- und Kopfhaltung
der Rücken, und zwar seine Wölbung, in Betracht; der
Rücken soll weder gespannt, noch durchgebogen sein und
eine federnde Verbindung zwischen Vor- und Nachhand
bilden. Jede Zügelwirkung muß deshalb durch ihn sofort
auf die Hinterbeine übertragen werden.
Und schließlich ist maßgebend die Sicherheit und
Energie der Bewegungen der Gliedmaßen. Ein freier, ent¬
schlossener, räumiger Vortritt, schwungvolles Untertreten
der Hinterbeine, sichere Stützung bei Schräggängen mit
wechselnder Kopfstellung verraten die Elastizität, mit der
das Pferd durch Hals, Rücken und Nachhand, wie mit Feder¬
kraft, sich selbst arbeitet.
Sind nun solche Bedingungen erfüllt, dann ist die
Dressur perfekt. Es liegt in der Natur der Sache, daß nicht
alle Pferde auf die gleiche Höhe der Biegsamkeit und Wend-
samkeit, somit der Verwendbarkeit kommen. Mechanische
Hindernisse machen beispielsweise die Beizäumung in dem
erwähnten Sinne unmöglich oder ein schwacher Rücken
macht ein regelrechtes Versammeln auf die Nachhand un¬
ausführbar.
Bei Würdigung solch’ variabler Umstände kann auch
hier kein einheitlicher Preis festgesetzt werden, es bleibt
eben Sache der Gewissenhaftigkeit, von Fall zu Fall zu
schätzen; aber es müssen namhafle, in die Augen fallende
Vorzüge sein, die eine Preissteigerung von 100 zu 100 Mk.,
von dem folgenden untersten Grenzwerte beginnend, er¬
fordern.
*) Nach einem im Vereine „Münchener Tierärzte“ in der
Februarsitzung 1910 gehaltenen Vortrage.
646
Natürlich verlangt auch das durchgerittene verlässige
Pferd einen gewandten Reiter. Begreiflicherweise möchte
jeder Käufer ein möglichst junges Pferd. Namentlich solche,
die schon ältere, sichere Pferde geritten haben, oder solche,
die noch nie auf einem Pferde gesessen waren, haben oder
bekommen zuweilen die irrtümliche Vorstellung, daß die
Bearbeitung eines jungen Pferdes ein Leichtes sei. Nach
der Akquisition eines solchen sehen sie sich dann häutig ent¬
täuscht, denn sie verlieren in kurzer Zeit die Herrschaft
über dasselbe und werden vor die Entscheidung gestellt,
einen Bereiter zu bezahlen, sich selbst mit dem Tiere herum¬
zukämpfen und es zu Grunde zu richten oder dasselbe oft
weit unter dem Erwerbspreis loszuschlagen. Verrittene
Pferde verlieren bekanntlich an Leistung und sind nur
mühsam zu korrigieren. Infolge dessen ist es kein guter
Rat, einem schwachen Reiter ein Pferd zu empfehlen, dein
er nicht gewachsen ist.
Fragen wir nun nach der Taxierung des durchgerit¬
tenen Pferdes zu Beginn seines sechsten Lebensjahres, so
kommen wir, je nach der Güte seiner Bauart und Rittigkeit,
zu dem Resultate, daß dasselbe eine Wertsumme von 2200
bis 2500 AI k. repräsentiert.
Auch hier wieder verdanken einzelne Individuen ihren
spezifischen Vorzüglichkeiten eine höhere Bewertung; nach
meinem Dafürhalten gibt es jedoch überhaupt kein Cam¬
pagne-Pferd, das den reellen Wert von 2800 Mk. übersteigt.
(Fortsetzung folgt.)
Pferde-Museum.
In S a u m u r, einer französischen Stadt an der Loire.
Sitz einer Reitschule für Kavallerie, soll ein Pferde-Museum
errichtet werden. Die Stadt hat zu diesem Zweck ein auf
einer Anhöhe liegendes altes Kastell zur Verfügung gestellt.
Zur Vorbereitung und Förderung des Planes hat sich ein
aus Offizieren, Senatoren und Deputierten bestehendes Ko¬
mitee gebildet. Für das Museum soll alles gesammelt und
svslemaiisch geordnet werden, was an zoologischen, hippo-
logisehen, ethnographischen, militärischen und künstleri¬
schen Darstellungen des Pferdes, sowie an equestristischen
Ausrüstungen und Darstellungen früherer berühmter Pferde
erhältlich ist.
Verschiedenes.
Promotion.
Die Tagesp r e s se b ri n gt die e r f re u 1 i c li e
Nachricht, daß durch Königliche Verord-
647
nung den beiden preußischen Tierärztlichen
Hochschulen das Recht zuerkannt wurde, die
Würde eines Doktors der Tierheilkunde zu
verleihen.
Alle noch nicht selbständigen Herren Tierärzte, die
im Verlauf der letzten Jahre an der Münchener Hochschule
approbiert haben, werden dringend ersucht, ihre Adressen
baldmöglichst dem Unterzeichneten Verbände mitteilen zu
wollen. Der Verband möchte noch vor dem Neueintritt
von Studierenden genaues Material darüber sammeln, ob
und in wie weit gerade durch die jüngsten Jahrgänge eine
starke Überfüllung des bayerischen Tierärztestandes gegeben
ist. Ferner soll bei Beginn des nächsten Semesters eine
Organisation gegründet werden, über deren gedachte Form
und deren Zweck (Regelung der Honorierung und Stellen¬
vermittlung, .) ihnen noch eine ausführliche Zuschrift
zugehen soll.
Allgemeiner Verband der Studierenden der Kgl. Tierärztlichen
Hochschule München.
I. A.: J. Kolb.
„Tierheilkundiger“.
In der Gemeinde H. ließ sich der Pfuscher St. nieder.
Die Ortspolizeibehörde H. zeigte dies dem Bezirksamtc an
mit dem Bemerken, daß St. sich zwecks Ausübung seiner
tierärztlichen Praxis in IT. niedergelassen habe.
Der Anzeige lag die Mitteilung des St. bei, welche mit „Tier-
lieilkundiger“ unterzeichnet war. An seiner Wohnungstüre
hatte St. ein Schild mit der gleichen Aufschrift.
Das Bezirksamt leitete den Bericht dem Unterzeich¬
neten zur gutachtlichen Äußerung zu, welche dahin lautete,
daß gegen die Niederlassung des St. keine Erinnerung be¬
stehe, dagegen sei in der Bezeichnung „Tierheilkundiger“
ein arztähnlieher Titel zu erblicken, weshalb Strafeinschrei-
tung beantragt werde. St. wurde vom Arntsanwalte zu
10 Mark Geldstrafe verurteilt, lliegegen legte St. Be¬
rufung zum Amtsgerichte L. ein. Zur ITauptverhandlung
wurde ich als Sachverständiger geladen und führte aus,
daß die Bezeichnung „Tierheilkundiger“ geeignet sei die
Anschauung hervorzurufen, man habe es mit einer ge¬
prüften Medizinalperson zu tun. Daß dies tatsächlich auch
der Fall sei, gehe daraus hervor, daß die Gemeindeverwal-
648
tung II. in ihrer Anzeige an das Bezirksamt mit Bezug auf
!St. von der Eröffnung der tierärztlichen Praxis sprach,
ferner daraus, daß sich in den Akten ein Leumundszeugnis
des St. vorfinde, welches denselben sogar als Tierarzt be¬
zeichne. Auch hätten sich mehrere Personen schon geäußert,
daß in II. nun ein Tierarzt sei. Der als Zeuge vernommene
Bürgermeister in II. gab an, daß er auch der Meinung zu¬
neigte, man habe es mit einem Tierarzte zu tun, wenn auch
nicht mit einem vollständig geprüften. Des weiteren führte
ich aus, daß die Bezeichnung „tierheilkundig“ ein bestimmtes
Maß von Kenntnissen in der Tierheilkunde voraussetze, wel¬
ches jedoch nur durch Studium zu erlangen und durch Prü¬
fung nachzuweisen sei. Die Tierheilkunde sei ebenso wie
die Menschenheilkunde, die Rechtskunde, eine Wissenschaft,
und ebensowenig wie Jemand sich als rechtskundig
bezeichnen darf, ohne es zu sein, ebensowenig dürfe sich
Jemand nach meiner Ansicht als tierheilkundig nennen, ohne
die Vorbedingungen hiefür erfüllt zu haben.
Die Berufung des Angeklagten wurde verworfen und
derselbe wegen unbefugter Titelführung in eine Geldstrafe
von 5 Mark verurteilt.
8t. bezeichnet sich nun in öffentlichen Empfehlungen
als „B e r e c h t i g t e r zur Vieh- und T f e r d e b e -
h a ii d 1 u n g“, ein Titel, den man ihm nicht mehr streitig
macht. *
8t. befaßt sich auch mit Abgabe von Medikamenten,
weshalb auf Anordnung der Distriktspolizeibehörde der Ge¬
schäftsbetrieb desselben einer Besichtigung durch den Amts¬
tierarzt unterstellt wurde, welche jedoch zu keiner Bean¬
standung Anlaß gab. O e t 11 e.
Fleischbeschau und praktische Tierärzte.
Vor einigen Wochen habe ich mich in X. als prak¬
tischer Tierarzt niedergelassen. Da die umliegenden Ort¬
schaften alle zwei und noch mehr Stunden vom bisherigen
tierärztlichen Ergänzungsbeschauer (Herr K.Bezirkstierarzt
in Z.) entfernt sind, so bewarb ich mich in den einzelnen
Gemeinden um die Ergänzungsbeschau. Anfangs wollten
die Vertreter der Gemeinden nicht recht einverstanden sein,
„denn — so lautete der Bescheid — das Bezirksamt und der
Herr Bezirkstierarzt worden es ja doch nicht genehmigen“.
Als ich sie jedoch auf die Ministerial-Entschließung vom
'■). November verwies, sagten Alle aus dem einfachen
Grunde zu, weil sie mich viel schneller erreichen können
und weil die Auslagen bedeutend kleinere seien. Der Bürger-
649
meister von N. wollte jedoch der Sache .sicher sein. Er er¬
kundigte sich zuerst beim Bezirksamte, das ihn aber an den
K. Bezirkstierarzt verwies. Dieser regte sich sehr auf
und sagte, er werde dies nie zugeben; dabei soll er, wie mir
der betreffende Bürgermeister erzählte, bemerkt haben, er
könne dies schon im Interesse seines Amtsnachfolgers nicht
gestatten! Das ist recht bezeichnend ! Entweder kennt sich
der Herr Bezirkstierarzt in den Bestimmungen über die
Fleischbeschau nicht aus, was man doch nicht annehmen
kann, oder aber er hat den Bürgermeister absichtlich falsch
belehrt. Warum, das ist sehr naheliegend!
Ich übergebe dies der Öffentlichkeit, um die Lage der
praktischen Tierärzte etwas zu illustrieren. Dem Herrn Be¬
zirkstierarzt gegenüber möchte ich jedoch noch die betr.
Ministerial-Entschließung betonen: Ziffer 3 Absatz 2 lautet:
In Bayern bildet die Fleischbeschau einen
Gegenstand der örtlichen Polizeiverwal-
t u n g und es sind deshalb die F 1 e i s c h be¬
st* h a u e r v o n den Ge m e i n d e ve r w a1t u n gen
a u f z u s t e 11 e n. R.
Deutsche Gesellschaft für Züchtungskunde.
Die genannte Gesellschaft hält gelegentlich der 100-
jährigen Jubiläumsfeier am 24. September in München (im
Bavaria-Keller) eine Versammlung. Auf der Tages¬
ordnung stehen neben anderem: 1 Vortrag des Professors
Dr. I) u e r s t an der Universität Berlin : „Die Vererbung
von Krankheiten als Ursache vieler Gattungs-, Art- und
Rassenmerkmale in der Tierwelt und ihre Bedeutung für
die praktische Tierzucht“; 2. Vortrag des Regierungsrates
Dr. A 11 i n g e r - München : „Die rassengeschichtliche Ent¬
wicklung der Viehzucht in Bayern“.
Stand der Tierseuchen in Bayern am 31. August 1910.
Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern: 22 Gmd. (22 Geh.); Niederbayern:
25 Gmd. (31 Geh.); Oberpfalz: 2 Gmd. (2 Geh.); Ob er¬
tranken: 2 Gmd. (2 Geh.); Mittelfranken: 3 Gmd.
(5 Geh.); Unterfranken: 5 Gmd. (5 Geh.); Schwaben:
2 Gmd. (2 Geh.).
Personalien.
Auszeichnung: Dr. Schütz Wilhelm, Geh. Regierungsrat,
Professor an der Tierärztlichen Hochschule in Berlin die Komtur-
Insignien II. Klasse des Herzoglich Anhaitischen Hausovdens Al-
breclits des Bären.
650
Ernennungen: Lufferseder Franz, Distriktstlerarzt in
Wartenberg zum Distriktstierarzt in Dorfen (Oberbayern); Sepp
Anton, prakt. Tierarzt in Ismaning bei München zum Distriktstierarzt
in Pasing; Dr. John Karl in Erfurt zum Assistenten a. d. Veterinär¬
klinik der Universität Leipzig.
Niederlassung: Dr. Ehrhardt Hans aus Seitendorf (Mittel¬
franken) in Nürnberg.
Wohnsitzveränderung: Kiefer Konrad aus Herrieden
als bezirkstierärztlicher Assistent nach Stockach (Baden; Dr. Mayer
Paul aus Meissenheitn (Pfalz) nach Langenbrücken.
Promotion: Zum Dr. med. vet. in Bern: Tierarzt En gier
Alfred in St. öeorgen.
T‘CLng'er approbiert. Tierarzt,
schon mehrfach vertreten, sacht Stelle als Praktikant bezw.
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eigenem Zelt (Tldhe ßaupteingang)
cJlüicjIcJleDcJ
anläßlich des Subiläums-Zentral-üandwirtfdiaftsfestes —
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Podophyllin, Strychnin, Veratrin, Blei-, Jod-, Qneck-
silber-, Wismuthverbindnngen etc., ferner Tnberknlin
nnd Bovotnberknlol für diagnostische Zwecke,
sowie die Spezialpräparate:
JODIPIN TAMOFORM
pro usu veterinario 10% und Äußerlich:
25°/'o. Vorzüglicher Ersatz für Ausgezeichnetes Antiseptikum.
Jodalkalien. Völlig ungiftig, stark des-
Bewahrt bei: odorierend.
Dämpfigkeit, Iiobercirrhose,
Leberkoller, Tetanus, Morbus Innerlich:
mnciilosns der Pferde, Akti- Wirksames Antidiarrlioicnm,
noniykose, Tuberkulose der besonders bei Kälber rühr
. Rinder. empfohlen.
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Chemisch reines, 80% Wasser- Geruchloses, starkes Antiscp-
stoffsuperoxyd. ticum.
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(früher: Wocheaschrift für TierheiUtimüe und Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jabrg. München, den 27. September 1910. Nr. 39.
Inhalt: Or iginalartikel: Dr. Stölzle: Die Mangelanzeige im
Gewährscliaftsrecbt. — Dr. Kreutzer: Neue Gedanken über die
ätiologischen Momente der Gebärparese. (Schluß.) — Referate:
Tantos: Petechialfieber — Morbus maculosus beim Pferde.
Grimm: Metrorrhagie beim Rinde. Jaeger: Tuberkulose-Misch¬
infektion bei einem Vollblutfohlen. Dr. Müller: Über die Aus¬
scheidung virulenter Hühnercholerabakterien bei durchgeseuchten
Tieren. — Tierzucht und Tierhaltung: Dr. W. Meyer: Das
Pferd als Handelsobjekt. (Fortsetzung.) — Verschiedenes:
Promotionsrecht. Deutscher Veterinärrat. Verzeichnis der Vor¬
lesungen und Übungen an der Kgl. Tierärztlichen Hochschule
München im Wintersemester 1910/11. Viehseuchen-Nachrichten.
— Bücherschau. — Personalien.
Die Mängelanzeige im Gewährscliaftsrecbt.
Von Rechtsanwalt Dr. Hans Stölzle, Kempten (Bayern).
I.
Herr Bezirkstierarzt Broh m teilt im Jahrgang 1909
S. 414 dieser „Wochenschrift“ ein gerichtliches Urteil mit,
das seiner Ansicht nach deshalb nicht zutreffend ist, weil
der Hauptmangel nicht innerhalb der 14tägigen Gewähr¬
frist festgestellt worden sei. Auf die Unrichtigkeit
dieser Ansicht hat zutreffend Herr Dr. Eisen m a n n in
der gleichen Zeitschrift S. 517 ff. hingewiesen. Das Gesetz
verlangt in § 482 B. G.-B. nur, daß der Hauptmangel inner¬
halb der Gewährfrist sich gezeigt hat, d. h. der Haupt¬
mangel muß innerhalb der Gewährfrist in die äußere Er¬
scheinung getreten und von irgend einer dritten Person
wahrgenommen worden sein. Es ist, w'ie allgemein aner¬
kannt ist 1 ), nicht notwendig, daß der Charakter der Krank-
*) Stölzle: Viehkauf (Viehgewährschaft). 4. Aufl. Berlin
1909 S. 115
654
lieit. als Hauptmangel innerhalb der Gewährfrist erkannt
wird; es genügt, daß innerhalb der Gewährfrist solche Sym¬
ptome an dem Tiere beobachtet" wurden, auf Grund deren
dann festgestellt werden kann, daß der Hauptmangel schon
innerhalb der Gewährfrist bei dem Tiere in die Erscheinung
getreten ist. Es kann also während der Gewährfrist der
Hauptmangel sich zeigen, die Feststellung aber, daß das,
was sich gezeigt hat, ein Hauptmangel ist, kann erst nach
Ablauf der Gewährfrist erfolgen.
H.
Nun teilt Herr Bezirkstierarzt Brohm in dieser
„Wochenschrift“, Jahrgang 1909, S. 435, einen Fall mit,
in welchem ein Käufer seinem Vorbesitzer die Anzeige
macht, daß das Pferd an sämtlichen 6 Hauptmängeln (jeder
einzelne mit Namen aufgeführt) leide. .Herr Bezirkstierarzt
B roh m und mit ihm Herr Dr. Eisenmann — S. 418 ff.
— verurteilen ein derartiges Gebahren entschieden als
unreell.
Nun kann es ja in manchen Fällen zutreffen, daß der
Händler durch eine derartige Massenanzeige seinen Ver¬
käufer einschüchtert und einen Preisnachlaß erreicht, allein
dieses Motiv muß nicht immer für eine derartige Massen¬
anzeige zutreffend sein.
III.
Der tiefere Grund für eine derartige Massenanzeige
liegt in Folgendem:
1. In der Literatur und Rechtsprechung besteht noch
keine vollständige Einigkeit, welches eigentlich der In¬
halt der Mangelanzeige sein müsse. Nach der
einen Ansicht muß der Mangel, aus welchem der Käufer
seine Rechte ableiten will, von dem Käufer in einer Weise
bestimmt bezeichnet werden, daß der Verkäufer in der Lage
ist, zu erkennen, welcher Mangel vorhanden und welcher
gerügt sein soll. Nach der anderen Ansicht dagegen genügt
eine bloße Anzeige gewisser Krankheitserscheinungen. Ge¬
richtliche Entscheidungen finden sieh für die eine, finden
sich für die andere Ansicht 2 ).
Icli verweise hier auf mein eben erschienenes, neuestes
lhicli: „G e r i c h 11 i cli e Entscheidungen des ersten Jahrzehntes
des bürgerlichen Gesetzbuches über den Vieh kauf. Gesammelt
und herausgegeben von Dr. II a n s 8 töl z 1 e, Rechtsanwalt in Kempten.
Mainz l'.UO. Zentralbuchhandlung deutscher Rechtsanwälte“, wo
S. TS ff. eine ganze Reihe von gerichtlichen Entscheidungen über
die .Mangelanzeige abgedruckt ist.
655
a) Nun sagt sich der Käufer eines Tieres mit Recht:
Ich gehe den sicheren Weg: Wenn ich alle Hauptmängel,
an welchen das Tier leiden kann, namentlich be¬
zeichne, dann bin ich wenigstens sicher, daß mir im Prozesse
eine nicht korrekte Mängelanzeige nicht vorgeworfen werden
kann. Denn, wenn ich z. B. Dummkoller anzeige, während
das Pferd an Dampf leidet, dann habe ich eben meine Rechte
verloren. Habe ich aber Dummkoller und Dampf ange¬
zeigt, dann sind meine Rechte gewahrt.
b) Es kann aber auch der Käufer sagen: Die Sym¬
ptome, welche an dem Tiere sich gezeigt haben, machen es
mir wahrscheinlich, daß dasTier an dem und dem bestimmten
Hauptmangel, z. R. Dummkoller, leidet. Allein sicher weiß
ich das noch nicht und ich zeige deshalb alle Mängel an,
weil es nicht sicher ist, ob das Gericht die Anzeige nur der
Symptome der Krankheit für eine genügende Mängelanzeige
erachtet, und weil ich selbst nicht weiß, ob diese Symptome
wirklich unter den Begriff des Dummkollers fallen. Es kann
auch Vorkommen, daß die Symptome derart sind, daß auch
der tierärztliche Sachverständige eine absolut sichere Dia¬
gnose nicht zu stellen wagt.
2. In der Praxis sind aber, wie es in der Natur der
menschlichen Dinge liegt, auch tierärztliche Fehl¬
diagnosen nicht ausgeschlossen, ich erinnere nur an das
umstrittene und unsichere Gebiet des Dummkollers.
Es ist mir in der Praxis vorgekommen, daß die tier¬
ärztliche Diagnose auf Dummkoller lautete. Das Obergut¬
achten aber, das eben bei Gericht den Ausschlag gibt, kam
zu der Diagnose: Kehlkopfpfeifen. Wenn ich nun inner¬
halb der 2 tägigen Frist des § 485 B. G.-B. nur den Haupt¬
mangel Dummkoller angezeigt habe, nicht aber Kehlkopf¬
pfeifen, dann verliere ich den Prozeß, weil eben eine kor¬
rekte Mängelanzeige nicht erstattet wurde.
Diese Erfahrung in der Praxis hat mich veranlaßt, in
einer Reihe von Gewährschaftsklagen einfach die Behaup¬
tung aufzustellen: Das Pferd leidet an Rotz, Dummkoller,
Dämpfigkeit, Kehlkopfpfeifen, periodischer Augenentziin-
dung, Koppen, und diese sämtlichen Mängel hat mein Man¬
dant auf meine Veranlassung angezeigt! Hier fehlt gewiß
jede dolose Absicht. Der Zweck war nur der, einmal eine
vollständig korrekte Mangelanzeige herbeizuführen und so¬
dann Vorsorge zu treffen für den Fall, daß ein Obergut¬
achten einen andern Fehler diagnostizieren sollte 1 , als der
begutachtende Tierarzt erster Instanz.
656
Es ist das gewiß kein idealer Zustand, allein die juri¬
stische Unsicherheit bezüglich der Mangelanzeige, die in
manchen Fällen vorhandene Unmöglichkeit, eine absolut
bestimmte Diagnose zu stellen, und die Möglichkeit einer
tierärztlichen Fehldiagnose bringen Einen auf eine derartige
Massenanzeige.
Ein Schaden erwächst durch eine derartige Massen¬
anzeige nicht, denn, wie Herr Dr. Eisenmann voll¬
ständig zutreffend bemerkt, muß der Käufer immer den
Beweis liefern, daß innerhalb der 14tägigen Gewährfrist
Erscheinungen, z. B. des Dummkollers, aufgetreten und
von dritten Personen wahrgenommen worden sind. Und
wenn ein Verkäufer durch eine solche Massenanzeige sich
einschüchtern läßt und sofort ain Kaufpreise etwas nach-
läßt, dann ist ihm eben nicht zu helfen, denn würde er einen
praktischen Tierarzt und einen Kechtsanwalt um Rat fragen,
dann könnte er sich leicht vor Schaden bewahren. Allein
Tierärzte und Rechtsanwälte machen leider oft die Erfah¬
rung, daß man sie erst dann befragt, wenn es zu spät ist 3 ).
Nene Gedanken über die ätiologischen Momente der
Gebärparese.
Von Distriktstierarzt Dr. M. Kreutzer, Murnau.
(Schluß.)
Diese meine Ausführungen berechtigen zweifelsohne
zu der Annahme, daß als ätiologisches Moment der Gebär¬
parese tatsächlich die durch die beginnende Laktations¬
periode sich bildende Lymphe des Euters anzunehmen
ist. Der Uterus hat gar keine Mitbeteiligung; lediglich
durch den Umstand, daß mit dem Geburtsakte gleichzeitig
die Milchlieferung einsetzt, ist der kausale Zusammenhang
der Gebärparese mit dem Uterus gegeben. Der Name „Ge¬
bärparese“ ist nicht ganz richtig, da dieses Leiden auch ganz
unabhängig vom Geburtsakte eintreten kann. —
Nachdem ich die wichtigsten Krankheitssymptome, so¬
wie das Sektionsbild der Gebärparese in anatomischer, patho¬
logischer und physiologischer Beziehung ungezwungen er¬
klärt habe, erübrigt mir zum Beweise der Richtigkeit meiner
Theorie nur noch die Beantwortung der von Thomas.se n
8 ) leli darf wohl bei dieser Gelegenheit an die Herren Tier¬
ärzte die bitte richten, mir interessante Fälle und insbesondere
Urteile aus der Praxis mitzuteilen, damit ich Gelegenheit habe, itn
Interesse der Einheit der Rechtsprechung meine Entscheidungon¬
sammlung zu vervollständigen.
657
im Jahre 1889 gestellten, nachstehend vorgetragenen und
von mir selbst erweiterten Fragen:
1. Warum kommt diese Krankheit ausschließlich beim
Kinde vor ?
2. Warum gerade in einem bestimmten Alter, d. h. nach
der Geburt des 3. Kalbes?
3. Warum ausschließlich bei gutgenährten Tieren (guten
Milchrassen), die leicht gekalbt haben?
4. Warum tritt die Krankheit bisweilen vor der Geburt
und nach der Geburt meistens binnen 48 Stunden auf?
5. Wie ist die Wirkung der Behandlung mit Infusionen
in’s Euter zu erklären?
6. Warum verschlimmert häufiges Ausmelken das Leiden?
Desgleichen ein Aderlaß, besonders während des sopo¬
rösen Zustandes?
7. Warum entwickelt sich die Krankheit plötzlich und ver¬
schwindet ebenso schnell, ohne Rekonvaleszenz?
ad 1. Das Rind hat unter den Haustieren die relativ
größte Milchproduktion zu leisten. Dieselbe kann sich pro
Tag bis auf zirka 25 Liter belaufen. Es ist ohne weiteres
verständlich, daß diese enorme Sekretion nur durch ent¬
sprechend anatomischen Ausbau des Rindoreuters besonder^
hinsichtlich des Gefäßsystems (Blut und Lymphe) ermög¬
licht ist. Im Gegensätze zu anderen Tierarien
fällt beim Rinde auf, daß die Lymphgefäße des Euters
besonders zahlreich vorhanden sind. Und nach meiner An¬
nahme entwickelt sich ja die Gebärparese von diesen Ge¬
fäßen aus.
ad 2. Bei den ersten Geburten des Rindes ist der Ge¬
burtsakt infolge der engen Raumverhältnisse in den Ge¬
burtswegen ein verzögerter; damit hält gleichen Schritt die
mit der Geburt einsetzende Tätigkeit des Euters. Es treten
die Zirkulationsapparate der Milchdrüsen nicht plötzlich
und unvorbereitet in Aktion; sie haben folglich genügend
Zeit, ihre Funktion in Einklang mit dem übrigen Zirku¬
lationssystem des Körpers zu bringen. Überdies erreicht
die Milchleistung des Rindereuters erst von der 3. oder 4.
Geburt an ihr Maximum. Damit auch die L y m p h t ä t i g -
k e i t. Dies ist bei meiner Theorie Vo r a u s s e t z u n g.
ad 3. Hervoiragende Milchleistung kommt nur bei
äußerst intensiver Tätigkeit des Euters zu stände;
infolge der rasch erfolgten Ausstoßung des Kalbes tritt nun
diese Tätigkeit unvermittelt ein. Und gleichzeitig
damit die der Lymphgefäße, die plötzlich mit einer enormen
658
Lymphmenge angefüllt werden und dann die bekannten
Störungen im Lyinpli- bezw. Nervensystem des Körpers zur
Folge haben.
Bei Rindern, die wenig Milch liefern oder bei denen
der Geburtsakt verzögert verläuft, kann auch nur wenig
Lymphe im Euter und im letzteren Falle nur allmählich
entstehen; deshalb ist bei solchen Tieren auch die Gebär¬
parese undenkbar.
ad 4. Die Milchtätigkeit entwickelt sich bei manchen
Tieren bereits einige Tage vor der Geburt. Dies ist be¬
sonders bei hervorragend gutmilchenden Kühen der Fall.
Da nach meiner Hypothese die Gebärparese keinerlei Be¬
ziehungen zu den Geburtsorganen hat, sondern nur an die
Vorgänge der Laktationsperiode gebunden ist, so muß bei
Richtigkeit der Theorie das Leiden in diesem Falle sich auch
bereits vor der Geburt einstellen. Die von mir beobachteten
diesbezüglichen Fälle (2) bestätigten voll und ganz meine
Annahme.
Plötzliche wesentliche Quantitätsschwankungen in der
Milchproduktion können auch längere Zeit post partum eine
wesentliche Ab- bezw. Zunahme der Lymphmenge im Euter
auslösen. So wird, um nur ein Beispiel von den vielen denk¬
baren Möglichkeiten anzuführen, bei bestehender Indigestion
die Milchmenge infolge der sistierten Nahrungsaufnahme
bedeutend abnehmen; nimmt nun das Tier nach seiner Ge¬
nesung wieder viel Nahrung zu sich, so wird dadurch die
Milchdrüsentätigkeit wieder rasch eine rege werden. Dies
bedingt gleichzeitig plötzlich vermehrte Lymphbildung und
damit die Möglichkeit für die Entstehung der Gebärparese,
selbst längere Zeit nach der G e b u r t.
Die von mir als Krankheitsursache angesprochene be¬
deutende Lymphmenge des Euters wird bekanntlich in den
1 Hictus thoracicus abgeführt. Doch erfolgt dies
nicht in einem glatten Gefäßsyste m. 1 >ie
Lymphe muß vielmehr vor ihrem Eintritt in den eigent¬
lichen Milchbrustgang einige Hindernisse, nämlich die
Euter- und Lendendrüsen passieren. In diesen Drüsen wird
sie längere Zeit bis zur Filtration a u f g e h a 1 t e n.
Nur diesemUmstande ist dasAuftreten der
Gebärparese nach etwa 48 Stunden post
partum zuzuschreiben. Wären obige lnufhemnien-
den Lymphdrüsen nicht vorhanden, so müßten die Symptome
der Gebärparese viel früher einsetzen, auch dann, wenn
man die ausgleichend vermehrte Tätigkeit des Herzens in
Betracht zieht.
659
ad 5. Die zur Zeit beste Behandlungsmethode, das
Einpumpen von Luft, hat die Sterblichkeitsziffer bei Gebär¬
parese auf nahezu 1 % herabgedrückt. Durch das gewalt¬
same Einpressen von Luft bis in die kleinsten Zellen des
Euters wird dessen Tätigkeit (und damit auch die des
Lymphstromes) völlig aufgehoben. Also rein mecha¬
nische Wirkung erzielt! Die frühere Behandlung
des Euters mit Flüssigkeiten hatte keinen so durchgreifen¬
den Erfolg, weil eben das Wasser nicht so intensiv in das
feine Eutergewebe eindringen konnte wie die Luft. M i t
der gewaltsamen U nterdrückung der Euter¬
tätigkeit hört die Ursache der Krankheit
a u f. Es wird wohl die bereits vorhandene Stauung in den
Lymphgefäßen noch kurze Zeit bestehen; da aber kein Zu¬
fluß mehr vom Euter stattfindet, kann der Hauptlymph-
strom allmählich zu seiner früheren Norm zurückkehren,
die gestauten kleineren Lymphgefäße können wieder wie
vor der Erkrankung ihren Lauf aufnehmen, der Druck auf
das Nervensystem hört dadurch auf und die Nerven, deren
unterbrochene Leitungsfähigkeit wieder hergestellt, treten
neuerdings in Tätigkeit. Das Bewußtsein kehrt zurück, die
Lähmungserscheinungen verschwinden und die inneren Or¬
gane (Herz, Lunge, Eingeweide) nehmen ihre normalen
Funktionen wieder auf; der schwerkranke Patient ist ge¬
nesen.
ad 6. Durch kräftiges Ausmelken wird das Euter zur
vermehrten Arbeitsleistung angeregt. Und damit auch zur
Vermehrung der Lymphmenge. Deshalb kann häufiges Aus¬
melken keineswegs Besserung, sondern nur Verschlimme¬
rung des Leidens zur Folge haben.
Im Anfangsstadium der Gebärparese wird ein Ader¬
laß durch Verminderung der Blutmenge auf das durch die
bedeutende Blutzufuhr von der vorderen Uohlvene stark
engagierte Herz entlastend einwirken. Doch ist dieser
Effekt kein dauernder, wenn die eben genannte Blutzufuhr
an Stärke nicht abnimmt. Ist nun das erkrankte Tier be¬
reits in einen soporösen Zustand verfallen, so liegt die Herz¬
tätigkeit schon bedenklich darnieder. Nimmt man in diesem
Momente einen Aderlaß vor, so wird durch das Sinken des
Blutdruckes das Herz noch weniger in der Lage sein, das
Blut aus den venösen Gefäßen anzusaugen. Die natürliche
Folge ist, daß dadurch die bestehende lymphatische Störung
eine Vergrößerung erfährt. Die Wirkung des Aderlasses
kann deshalb in diesem Stadium der Erkrankung keine
heilende, sondern nur eine verschlimmernde sein.
660
ad 7. Wenn die Stauung im Ductus thoracicus ge¬
nügend vorgeschritten, tritt das Krankheitsbild der Gebär-
parese in Erscheinung. Der Zeitpunkt dieses Stadiums ist
natürlich individuell verschieden; es kommen hier subjek¬
tive, anatomische und physiologische Momente in Betracht.
Während der Entwicklungszeit dieser Stauung sind auf¬
fallende Krankheitssymptome wohl nicht, zu erwarten.
Wird die Ursache der Stauung — die Lymphbildung
im Euter — abgestellt, so wird in der sub 5 beschriebenen
Weise das ganze Krankheitsbild zum Verschwinden ge¬
bracht. Da bei den Nerven keinerlei Läsionen stattgefunden
haben, sondern nur deren Leitungsvermögen durch den
Stauungsdruck sistiert war, geht die Krankheit ohne jede
Kekonvaleszenz in Genesung über. —
Ich habe in vorliegender Arbeit versucht, die wich¬
tigsten Momente der Gebärparese wissenschaftlich zu er¬
klären und glaube, für alle Symptome eine plausible Be¬
gründung angegeben zu haben. Das eine ist sicher, daß
durch meine Lymphtheorie, das Ergebnis einer 10jährigen
Beobachtung, manche Erscheinung der Gebärparese unserem
Verständnis näher gerückt ist, für welche die Verfechter
der Intoxikations-, Infektions- und Fluxionstheorie die Er¬
klärung bislang schuldig geblieben.
Referate.
T antos: Petechialfieber — Morbus maculosus beim
Pferde. (Österreich. Monatsschrift f. Tierheilkunde, 1910,
Nr. 2.) -
Verfasser, der während seiner mehrjährigen Tätigkeit
zirka 20 Fälle von Petechialfieber beobachten konnte, die
in überwiegender Zahl während der kälteren Jahreszeit auf¬
getreten sind und stets nach phlegmonösen Halsentzün¬
dungen, Druse oder aber nach fieberhaftem Darmkatarrh
einsetzten, erzielte mit der subkutanen Applikation von
20—50,0 10%igem Jodipin pro die, während mehrerer Tage
fortgesetzt, wohlbefriedigende Resultate. Vor der Injektion
muß das Jodipin und die Injektionsspritze erwärmt werden,
weil es sonst wegen seiner zähen Konsistenz schwer einzu¬
spritzen ist. Durch wiederholte oder fortgesetzte Jodipin-
dosen, bei Körperwärme subkutan injiziert, wird dem Körper
ein Stoff zugeführt, welcher, wenn frühzeitig angewandt,
die opsonische Kraft des Blutes erhöht und den Organismus
befähigt, mit den das Petechialfieber verursachenden To¬
xinen den Kampf erfolgreich aufzunehmen.
661
Grimm: Metrorrhagie beim Rinde. (Tierärztliches
Zentralblatt, 1910, Nr. 16.)
Beim Weibe kommen sehr häufig Metrorrhagien nach
der Geburt vor, weil hier nach Trennung der fötalen von
der uterinen Plazenta, ähnlich wie im trächtigen Uterus der
Karnivoren, eine große Wundfläche mit offenen Venen¬
mündungen entsteht.
Bei Wiederkäuern und Pferd können stärkere Blu¬
tungen post partum nur infolge größerer Verletzungen
während des Geburtsaktes bei unzweckmäßiger Geburts¬
hilfe entstehen. Verf. konnte aber einen Fall von Metror¬
rhagie beim Rinde beobachten, bei welchem makroskopisch
eine Verletzung des Uterus nicht nachweisbar war. Be¬
sagtes Tier zeigte nach Abgang der Secundinae starken
Bluterguß aus der Scheide, der trotz Eisumschlägen auf das
Kreuz und die Scham doch eine Notschlachtung vor Ein¬
treffen des Tierarztes notwendig machte. Bei der Obduktion
wurde folgendes gefunden: Vollkommene Blutleere sämt-
licherOrgane; Uterus vollständig unkontrahiert; am rechten,
trächtig gewesenen Horn Inversion der Spitze; fast weiße
Färbung der Uterusmukosa; gelb-braune Tinktion der wie
Zunder mürben Kotyledonen; Horn ganz mit geronnenem
Blut erfüllt; Verletzungen nirgends nachweisbar. Nach
Ansicht des Verfassers stammte diese starke Blutung aus
den abnorm mürben Karunkeln. R a b u s.
J a e g e r: Tuberkulose-Mischinfektion bei einem Voll¬
blutfohlen. (Zeitschrift für Gestütkunde und Pferdezucht,
1910, III.)
Ein 2jähriges Vollblutpferd litt schon seit 1 1 •> Jahren
an einem über den ganzen Körper verbreiteten Ekzem. Das
stark abgemagerte Tier war fast ganz mit nässenden und
verschorften Quaddeln bedeckt; der Putzstaub fühlte sich
fettig an und ließ sich leicht zu einer Pille kneten. Puls
und Temperatur waren leicht erhöht. Auf der Cornea des
rechten Auges saßen einige kleine, gelbweiße Knötchen.
Venenpuls, leichte Schwellung der Kehlgangsdrüsen und
der Gliedmaßen, sowie verminderter Appetit vervollstän¬
digten das Bild.
Im Putzstaub fanden sich zahlreiche Staphylokokken,
desgleichen auch in cxzidierten Ilautstiickchen, in denen
außerdem noch bei Färbung mit Gram-Weigert und Much 11
einzelne Stäbchen zum Vorschein kamen, die Tuberkel¬
bazillen vollkommen glichen.
662
Einige Wochen nach Inangriffnahme der Behandlung
— Kleie-Glyzerinabreibungeu, Quecksilbersalben, Lysol¬
salben, Formalinwaschungen, Thioform in Verbindung mit
Alaun und Amylum — verendete Patient nach rascher Zu¬
nahme der Abmagerung und Schwäche.
Bei der Obduktion stellte sich als Haupterkrankung
generalisierte Tuberkulose heraus, die namentlich in der
Bauchhöhle hochgradige Veränderungen hervorgerufen
hatte; so waren die Lymphdrüsen der vorderen Gekrös-
wurzel in ein 2 l /o kg schweres Paket verwandelt. Bas
tuberkulöse Leber- und Lungenmaterial enthielt zahlreiche
Streptokokken.
Das Tier war in frühester Jugend zur Förderung
seiner Entwicklung reichlich mit Kuhmilch ernährt worden.
Da die Gekrösdrüsen sehr alte Veränderungen aufwiesen,
so liegt die Annahme nahe, daß die tuberkulöse Infektion
durch die Kuhmilch erfolgte. Bezüglich der Kokken bleibt
noch die Möglichkeit offen, daß sie von außen, etwa durch
die Haarbälge, einwanderten oder nach Aufnahme vom
tuberkulösen Darm aus auf dem Blutwege in die Haut
übertragen wurden. L i n d n e r.
Dr. Müller- München : Über die Ausscheidung viru¬
lenter Hühnercholerabakterien bei durchgeseuchten Tieren.
(Monatshefte für prakt. Tierheilkd., XXI. Bd., 9./10. Heft.)
M. hat über den vorstehenden Gegenstand an der
Seuchenversuchsstation der Münchener Tierärztlichen Hoch¬
schule 9 eingehende Untersuchungen und Versuche ange¬
stellt und deren Ergebnis in einer umfassenden Arbeit
(Dissertation) niedergelegt. Die Schlußfolgerungen aus den
Versuchsergebnissen lauten:
1. Die Fütterung der größten Mengen von hochviru¬
lentem Hühnercholeramaterial wurde von dem Geflügel mit
ganz geringer Ausnahme überstanden. Insbesondere ging
keines von den vielen Tieren zu Grunde, denen das infek¬
tiöse Material in der Weise appliziert wurde, daß es sofort
abgeschluckt wurde.
2. Bei diesen Tieren war es möglich, fünfmal virulente
Ilühnereholerabazillen nachzuweisen in den Exkrementen,
welche innerhalb 24 Stunden nach der Fütterung abgesetzt
wurden.
8. Nach 24—80 Stunden waren die verfütterten hoch-
virulenten Ilühnereholerabazillen im Verdauungstraktus
nicht mehr nachweisbar.
663
Von der dritten Woehe nach der Verabreichung de*
infektiösen Materiales an erfolgt bei einzelnen Tieren noch
4 Monate nach der Fütterung und aller Wahrscheinlichkeit
nach auch noch länger eine Ausscheidung von virulenten
Ilühnercholerabazillen durch den Harn.
In den Organen dieser Tiere waren noch 0 Monate
nach der Fütterung des Ilühnercholeraniaterials infektions¬
tüchtige Ilühnercholerabazillen nachweisbar.
5. Bei denjenigen Tieren, welche der Fütterungs¬
infektion erlagen, waren zum Teil virulente Bazillen nach¬
weisbar, in denjenigen Exkrementen, welche vor dem Tode
abgesetzt wurden, und zwar in den Fällen, in welchen es zu
einer Enteritis haemorrhagica gekommen war. Die Hühner¬
cholerakadaver enthielten im Darminhalt virulente Ilühner¬
cholerabazillen, wenn eine Enteritis haemorrhagica ge¬
geben war. A.
Tierzucht und Tierhaltung.
Das Pferd als Handelsobjekt.*)
Von I)r. Wilhelm Meyer, Stabsveterinär.
(Fortsetzung.)
Als zweiter Fingerzeig zu reeller finanzieller Bewer¬
tung läßt sich vorteilhaft der jeweilige Zustand
d er Abnützung d u r ch Alter oder Arbeit u n d
Leistung gebrauchen.
Die Höhe der Ausbildung im reiterlichen Sinne behält
selbstredend auch hiebei ihre ausschlaggebende Bedeutung.
Was das erstere Hilfsmittel, den naturgemäßen Ver¬
brauch des Individuums betrifft, ist die verlässigste .Hand¬
habe, den Handelswert, abzuwägen, die Kunde des Sehneide¬
zahnes im Unterkiefer, also die Zeit vom 5.—9. Lebens¬
jahre. Innerhalb dieser Zeit sind auch, einen sachgemäßen
Gebrauch des Pferdes vorausgesetzt, die Schätzungswerte,
nur kleinen Schwankungen unterworfen, oft ist es einzig
und allein der Zahn, der einen Altersunterschied mit Sicher¬
heit erkennen läßt.
Pferde in diesem „KundeiP-Alter, wie man sagen kann,
sind größtenteils in Händen von geschickten Heitern, die
nicht ungern an einen vorteilhaften Wiederverkauf denken.
Mit Vorliebe suchen diese daher auch in der Dressur zurück¬
gebliebene oder unter einem schwachen Heiter aus Haltung
*) Nach einem im Vereine „Münchener Tierärzte“ in (1er
Februarsitzung 1010 gehaltenen Vortrage.
664
und Gang gekommene Pferde und steigern den hiedurch oft
gesunkenen Preis der Tiere. Es lassen sich bei manchen,
meist edlen, aber difficilen Pferden nach dieser Richtung
ganz eigentümliche zeitliche Einschätzungsschwankungen
im Laufe ihres Lebens verfolgen.
Immerhin wird in dieser Periode der „Kundenreibung“
vom vollwertigen Pferde schon weggeritten, denn mit jedem
abgelaufenen Lebensjahre verringern sich die Chancen der
Nutzungsdauer. Wenn man diesen Verbrauch numerisch
ausdrücken will, kann man ihn im Jahre auf etwa 100 Alk.
veranschlagen.
Um Mißverständnissen vorzubeugen möchte ich er¬
wähnen, daß natürlich auch einmal ein 8- oder Ojähriges
Pferd mehr wert sein kann als ein 5- oder Ojähriges, wenn
eben die gedachten Eventualitäten eintreten; ebenso kann
ein ungewandter Reiter die Abnützung maßlos forcieren.
Mit dem Verschwinden der Kunden soll nun die Sicher¬
heit der Pessiua’schen Zahnlehre bedeutend nachlassen und
es gibt manche, die ihr mißtrauend, überhaupt nur von
einem Markieren des Zahnes sprechen, wobei sie diesem
Worte den Begriff des Ungefähren, Unberechenbaren unter¬
schieben. Ich möchte diesem Brauche nicht das Wort reden,
denn solche Einführungen sind ein zweischneidiges Schwert ;
wenn sie auch mehrdeutige Fälle bemänteln, gefährden sie
andererseits das Ansehen des Standes in den Augen der
Händler überaus, diese müssen vom Fachmann ganz positive
Aussagen erhalten. Umschreibungen, welcher Art nur
immer, sind ihrer Ansicht nach Zeichen der Unsicherheit,
die sie dann nicht nur hinter den Angaben der Zahn¬
schätzung, sondern hinter jedem anderen technischen Urteil
vermuten.
Die sorgfältige Untersuchung der Zahnform, die Stel¬
lung im Kiefer, die Beschaffenheit des Zahnfleisches, unge¬
hörige Auflagerungen, seine Reibungsfläche, lassen — von
ganz vereinzelten Vorkommnissen bei fehlerhaften Gebissen
abgesehen — auch nach dem ,,Kunden‘‘-Alter, das Alter von
.Jahr zu .Jahr ablesen. Mit der Errechnung des Alters aus
der Abnützung des Zahnes sagen wir ja immer nur, durch
das momentane Aussehen steht der Zahn erfahrungsgemäß
so und so lange im Gebrauch, die Qualität der Zahnsubstanz
oder des Lutters bleiben eben unberechenbare Faktoren.
Das Pferd ohne Kunde im Unterkiefer, also im neunten
Jahre, dürfte noch einen reellen IIandelswert von 2000 _Mk.,
nach aufwärts bis 2200 Alk., nach abwärts bis 1800 Alk. auf-
weisen.
665
Ein großer Mißbrauch wird zuweilen mit den „Kunden“-
Spuren, jenen bekannten dunkeln Fleckchen, welche bis
zum zwölften Jahre vorhanden sein können, getrieben, die
nicht selten noch als echte Kunden angesehen werden.
Diesen weiten Spielraum von 400 Mk. lasse ich in diesem
Alter deshalb offen, -weil in ihm die spezifische Mehr¬
schätzung bei ausländischen Pferden und Vollblütern all¬
mählich zu verschwinden beginnt. Von jetzt ab mehren sich
auch die Schwierigkeiten eines profitablen Weiterverkaufes,
der ja bei jedem Pferdehandel als Hintergedanke steht.
Im weiteren Verbrauche der Zahnsubstanz ist die
Periode der quer-ovalen Reibfläehenform im Unterkiefer
bezw. des Kundenverlustes im Oberkiefer im Gange; das
Pferd steht im 9., 10. und 11. Jahre.
Die normale Konsumption des Organismus vorausge¬
setzt, nützt sich in diesen Jahren das Pferd um die Wert¬
summe von zirka 200 Mk. jährlich ab. Dabei beginnen in
der Regel die Grenzen des Schätzungswertes wieder enger
zu werden, da die Vorzüge der Ware nicht mehr so diffe¬
rieren und die Konsequenzen des Älterwerdens sind außer
am Zahne auch an den Beinen sichtbar und verwischen
größere Bonitätsunterschiede.
Mit Beginn der rundlichen Form der Reibfläche an
den Zangen des Unterkiefers, im zwölften Jahre, steht so¬
nach der reelle Wert des Reitpferdes noch zwischen 1500
und 1700 Mk.
Mit dem Ende des vierzehnten Jahres ist bekanntlich
der Verbrauch des Zahnes schon so weit vorgeschritten, daß
das Verhältnis zwischen Breite und Tiefe desselben sich wie
4Mi: 41/2 an den Zangen gestaltet, ebenso erscheinen am
Kopfe nunmehr die ersten grauen Haare.
Der Handelswert beträgt nur mehr 1000 Mk. Leichtes
Ermüden, geringe Ausdauer, häufiges Stolpern, unsicheres
Treten verraten den allmählichen Niedergang der vitalen
Kräfte, den einzelne harte oder zeitlebens zum leichten Reit¬
dienste verwendete Pferde verschieden lange Zeit später
erst bemerken lassen können, doch sind sie immerhin Aus¬
nahmen.
In der Zeit vom rundlichen bis dreieckigen Zahn, also
vom zwölften bis siebzehnten Jahre, sind die Pferde die
häufigsten und beliebtesten Spekulationsobjekte, da die
Altersschätzung eine genauere Untersuchung erfordert als
sie der Laie in der Kegel vorzunehmen im Stande ist.
Was man da oder dort liest und hört, daß nämlich
beim Pferde die Zeit der Kraftfülle bis zum sechzehnten
666
Lebensjahre reiche, stimmt für die Truppenreitpferde nicht,
denn wenn wir daraufhin die Bestände unserer Kavallerie-
Regimenter mustern, ist dieses Lebensalter zu hoch gegriffen.
Genannte Truppenteile geben in diesem Alter auch ihre
Pferde ab und wer einmal einer Herbstausmusterung bei¬
gewohnt hat, wird von einer Kraftfülle der dabei abge¬
gebenen Pferde nicht gut reden können. Vielleicht ist die
Erfahrung bei den Pferden der Zivilbevölkerung nach dieser
Seite eine bessere.
Mit achtzehn Jahren ist der Zahn dreieckig geworden
und der Gebrauchswert in der Regel auf 500 Mk. gesunken,
von da ab treten beim Rechnen im Handelsgeschäfte auch
wieder Bruchzahlen von 100 auf. Ältere Pferde werden
wohl nur selten so leistungsfähig sein, daß sie als Reitpferde
im Gelände nutzbringende Verwendung finden können.
(Schluß folgt.)
Verschiedenes.
Promotionsrecht.
In der vorigen Nummer der „Wochenschrift“ wurde
die Meldung der Tagespresse über das den preußischen tier¬
ärztlichen Hochschulen .zuerteilte Recht, die tierärztliche
Doktorwürde zu verleihen, mitgeteilt. Über den Doktor¬
titel selbst war noch nichts bekannt. Nach dem diesen Punkt
betreffenden Vorgänge in Bayern, woselbst sich das Lehr¬
kollegium in einem Gutachten mit Entschiedenheit gegen
jeglichen anderen Titel als „Dr. med. vet.“ aussprach, durfte
jedoch erwartet werden, daß der Titel „Dr. med. vet.“ lauten
werde. Die Berliner und die Deutsche Tierärztl. Wochen¬
schrift geben denn auch bekannt, daß den beiden Hoch¬
schulen die Genehmigung zur Verleihung dieses Titels er¬
teilt wurde. Über die Bedingungen zur Erlangung der
Doktorwürde an den preußischen Hochschulen soll nach
Mitteilung der Berliner Tierärztl. Wochenschrift demnächst
Näheres bekannt gegeben werden.
Deutscher Veterinärrat.
Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung vom
9. Juli ds. Jrs. beehre ich mich in vorläufiger Weise mitzu¬
teilen, daß der Ausschuß nunmehr beschlossen hat, die
XII. Plenarversammlung unter der Voraussetzung, daß der
Kniwurf von Ausführungsbestimmungen zum neuen Vieh-
seuchengesetz dem Unterzeichneten, wie angekündigt, im
Laufe des November zugeht, in der Zeit vom 13.—10. Ja-
667
nuar 1911 in Hamburg mit folgender Tagesordnung ab¬
zuhalten :
1. Geschäftsbericht des Präsidenten;
2. Kassenbericht;
3. Privatdozentum und Professorenersatz;
4. Entwurf einer Bundesrats-Instruktion zum Viehseuchen¬
gesetz vom 26. Juni 1909;
5. Revision der Hauptmängelliste;
6. Betätigung des Tierarztes auf dem Gebiet derTierzucht;
7. Einfügung der außerordentlichen Fleischbeschau und
der übrigen animalischen Nahrungsmittelkunde in den
Lehrplan der Tierärztlichen Hochschulen;
8. Besteht eine Überfüllung des tierärztlichen Berufs ?
(Auf Antrag des Vereins Schlesischer Tierärzte);
9. Antrag S c h m a 11 z zu der Revision der Prüfungs¬
ordnung für Tierärzte;
10. Antrag der Tierärztlichen Gesellschaft von Berlin, be¬
treffend Nachprüfung der Bongert’schen Tuberkulose-
Untersuchungen ;
11. Mitwirkung der Tierärzte in den Gesundheits-Kom¬
missionen.
Stuttgart, den 7. September 1910.
Dr. von Beißwänger.
Verzeichnis der Vorlesungen und Übungen an der Kgl. Tier¬
ärztlichen Hochschule München im Wintersemester 1910/11.
Seruester-Beginn: 15. Oktober 1910.
Giesenhagen: Allgemeine Botanik, 4 stündig; Futter¬
pflanzen, 1 ständig. — Hofer: Allgemeine Zoologie und Natur¬
geschichte der Wirbellosen, 4 ständig; Fischkunde, 2 V* ständig. —
Ebert: Physik, östündig. — Muthmann: Anorganische Experi¬
mental-Chemie, 6stündig. — Stoß: Anatomie und Histologie I,
77* ständig; Zootomische Übungen lOstündig; Arbeiten im Labora¬
torium für Geübtere. — Voit: Physiologie II, 6stündig; Physio¬
logische Übungen, 4stündig; Arbeiten im Laboratorium für Ge¬
übtere.— Brandt: Arzneimittellehre und Toxikologie II, 8 stündig;
Rezeptierkunde, 1 ständig; Chemische Übungen, 4ständig'; Phar¬
mazeutische Übungen täglich; Pharmakologisches Laboratorium für
Geübtere. — Kitt (stellv.): Spezielle pathologische Anatomie, 5stün-
dig; Sektionsübungen und patholog.-anatomische Demonstrationen,
2 stündig; Arbeiten im Laboratorium für Geübtere. — Albrecht:
Allgemeine Tierzuchtslehre, Pferdezucht, Schweinezucht, Ziegen¬
zucht, 7stündig; Exterieur des Pferdes und der übrigen Haustiere,
2 stündig. — Schlampp: Spezielle Pathologie und Therapie, 3stün-
dig; Medizinische Klinik, 6 stündig; Augenheilkunde, 1 stündig; Poli¬
klinik, täglich; Arbeiten im Laboratorium für Geübtere. — Mayr:
Chirurgische Klinik, 6stündig; Spezielle Chirurgie, 5stündig; Poli¬
klinik, täglich; Arbeiten im Laboratorium für Geübtere. — von
Vaerst: Yeterinärpolizei, 3stündig; Praktikum der Staatstierheil-
668
künde, 2ständig; Untersuchungen auf Gewährsfehler, 2ständig;
Ambulatorische Klinik. — Moser: liufbeschlag, 2stündig; Iluf-
krankheiten, 2ständig; Praktikum in der Hufkunde, 2ständig; Ar¬
beiten im Laboratorium. — Mö Iter: Animalische Viktualienbeschau,
2 ständig. _
Stand der Tierseuchen in Bayern am 15. September 1910.
Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern: 13 Gmd. (13 Geh.); Niederbayern:
26 Gmd. (39 Geh.); Pfalz: 1 Gmd. (1 Geh.); Oberpfalz.
5 Gmd. (5 Geh.); Mittelfranken: 2 Gmd. (6 Geh.);
Unterfranken: 3 Gmd. (3 Geh.); Schwaben: 1 Gmd.
(I Geh.).
Bttcherscban.
Kompendium der speziellen Chirurgie für Tierärzte. Von
Dr. med. Eugen F r ö h n e r, Geh. Regierungsrat und
Professor an der K. Tierärztlichen Hochschule in Berlin.
4., neubearbeitete Auflage. Mit 8G Abbildungen. Stutt¬
gart, Verlag von Eerd. Enke, 1910. Preis 9 t/#'.
Verf. behandelt in dem Kompendium die chirurgischen
Krankheiten nach den einzelnen Körperregionen wie folgt:
Krankheiten des Kopfes, Halses, Krankheiten der Brust, des
Bauches, der weiblichen Geschlechtsorgane, der Vorderglied¬
maßen, der Wirbelsäule, des Beckens und Schweifes, Krank¬
heiten der Hintergliedmaßen, endlich Krankheiten des Hufes
und der Klauen.
Bei der Ausarbeitung der’l. Auflage des Kompendiums
leitete den Verf. die Tendenz, Tierärzten und Studierenden
das wissenschaftlich und praktisch Wichtigste aus dem
ganzen großen Gebiete der speziellen Chirurgie zu bieten.
Wie alle Besprechungen der 1. Ausgabe des Buches be¬
kunden, ist ihm dieses vollkommen gelungen. Die weiteren
zwei Auflagen brachten das in den jeweiligen Zwischenzeiten
neu Aufgetretene unterkritischer Beleuchtung auf Grundlage
eigener Beobachtungen und Erfahrungen des Verf. In
der vorliegenden 4. Auflage wurde von Fr. besonders auch
der Inhalt der auf dem Gebiete der Chirurgie erschienenen
.Dissertationen zur Ergänzung des Kompendiums verwertet.
Noch mehr wie die früheren Auflagen stellt die gegen¬
wärtige einen äußerst wertvollen Behelf nicht nur zur
schnellen Orientierung über Fragen chirurgischen Inhaltes,
sondern auch zur Belehrung nach verschiedener Richtung
dar und muß zu beiden Zwecken Tierärzten und Studenten
warm empfohlen werden. A.
66 9
Personalien.
Ernennungen: Solleder Joseph, städt. Bezirkstierarzt
in Günzburg zum Distriktstierarzt in Lauingen (Schwaben); Dr.
Klunzinger Gustav, München zum Assistenten am botanischen
Institute der Tierärztlichen Hochschule München.
Beförderung: (Jnterveterinär Eckart Albert des 2. Ul.-
Rgt. zum Veterinär.
Wohnsitz Veränderungen: Garrecht V alent., Kgl.
Bezirkstierarzt in Karlstadt in gleicher Eigenschaft nach Ingolstadt;
Klaiber Rudolf in Allershausen bei Freising nach Ismaning bei
München.
Niederlassung: Hofmiller Lothar aus Augsburg in
Weßling am Ammersee (Oberbayern).
Promotion: Zum Dr. med. vet. in Bern: Tierarzt K ö 1 -
lisch Peter in Nürnberg.
Brled-igrt:
Die Stelle des Bezirkstierarztes für den Ver¬
waltungsbezirk Karlstadt.
Bewerbungsgesnche sind bei der für den Wohnsitzjles Be¬
werbers zuständigen Regierung, Kammer des Innern, bis zuho
ST. September lfd. Js. einzureichen.
Im Verlag der Buchdruckerei J. Gotteswinter, München
erscheint Ende Oktober:
Tierärztlicher Taschenkalender 19113S
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Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 4. Oktober 1910. Nr. 40.
Inhalt: O r i gin a 1 a rt i k e 1: Dr. Biendinger: „Ein Stück Buja-
trik“. — A. Mayr: Kurze Mitteilungen au9 der Praxis. —
Referate: Weber: Beobachtungen über die Rektaltemperatur
des gesunden Rindes, zugleich ein Beitrag zur Vorausbestini-
mung der Zeit der Geburt, üasak: Yohimbin. — Tier¬
zucht und Tierhaltung: Dr. W. Meyer: Das Pferd als
Handelsobjekt. (Schluß.) — Verschiedenes: Fleisch¬
beschau und praktische Tierärzte. — B ü c h e r s e h a u. —
Personalien.
„Ein Stack Bniatrik“.
Von Distriktstierarzt Dr. Biendinger, Nennslingen.
Der praktische Tierarzt braucht schon eines kräftigen
Anstoßes, um die Feder zu ergreifen; er liest wohl mit
großem Interesse mehrere Fachzeitschriften, aber doch fehlt
ihm in manchen Teilen der Überblick, mittels dessen er ur¬
teilen könnte, wie weit Anschauungen, die er vertreten
möchte, schon bei seinen Kollegen verbreitet sind. So
drängte es mich schon seit einigen Jahren, über ein Kapitel
aus der Bujatrik zu berichten, doch wußte ich nicht, wie weit
diese Anschauungen schon Gemeingut der sich dafür inter¬
essierenden praktischen Tierärzte sind.
Seit vier Jahren in selbständiger Praxis stehend, habe
ich das Glück, mit meinem hochverehrten früheren Lehr¬
meister, Herrn Kreistierarzt a. D. Bolz in Weißenburgi. B., in
regem nachbarlichem Verkehr zu stehen. Schon als Assistent
w r andte ich unter seiner Leitung mein ganzes Interesse der
Fremdkörperindigestion des Rindviehs zu und durch regen
mündlichen Austausch unserer Erfahrungen seit 5 Jahren
sind wir zu Resultaten gekommen, die sich in hohem Grade
mit denen von A r n o 1 d und B a ß decken (Herl. Tierärztl.
674
Wochenschrift, Nr. 20, und Tierärztl. Rundschau, Nr. 37,
Leitartikel). Da wir jedoch in einigen Kleinigkeiten andere
Anschauungen haben, erlaube ich mir, die beiden Artikel
zu besprechen, empfehle aber dieselben zum Vergleich
nochmals durchzulesen.
Vorausschicken will ich, daß, wenn B a ß - Görlitz zu-
gibt, weniger als 90 %> Heilungen erzielt zu haben, wie
Arnold angibt, wir mindestens das Resultat von letzterem
auf weisen können. So mußte ich in einem Jahr von 72 Tieren
mit Fremdkörperindigestion 3 bezw. 5 schlachten lassen
(2 kamen schon mit hochgradiger Pericarditis traumatica
in Behandlung, kommen also statistisch nicht in Betracht) ;
außerdem hatte ich 97 Indigestionen anderer Ätiologie zu
behandeln.
Zu A r n o 1 d’s vorzüglich beschriebenem Symptomen-
komplex möchte ich folgendes bemerken: Arnold findet
„vorläufig keine, später leichte, zunehmende Schmerzens-
äußerungen“. Ich möchte vorausschicken, daß wir gewöhnt
sind, bei jederUntersuchung eines kranken Rindes mit einem
Griff über der Schulter eine nautfalte zu schlagen und auf
Stöhnen, eventuell auch Husten u. a. zu achten. Nun be¬
haupte ich, daß gerade in den ersten zwei bis drei Tagen die
Schmerzensäußerungen am typischsten sind, während die
späteren, zunehmenden und meist nicht mehr typischen erst
bei beginnender allgemeiner Peritonitis auftreten. Denn nur
in der frisch entstandenen Wunde löst der Fremdkörper
Schmerzen aus, in der eiternden, granulierenden viel
weniger.
Was die mir sehr interessante Beobachtung von Gas¬
ansammlung in der Bauchhöhle über dem Wanst betrifft,
so muß ich sagen, daß ich sie seit A r u o 1 d’s Veröffent¬
lichung noch nicht konstatieren konnte. Ich hielt bisher
das Aufblähen immer für Gasansammlung im Wanst infolge
Wanstparese. Wenn die Beobachtung von A. richtig ist, so sollte
man meinen, es müßte die Gasauftreibung auch in der rechten
Flanke bemerkbar sein, wenn eben der Austritt von Gas aus
der Haube erfolgt. Eine Verletzung bezw. Entzündung des
visceralen wie parietalen Bauchfell Überzuges ruft sofort eine
mehr oder weniger starke Parese sämtlicher Eingeweide her¬
vor, z. B. sogar manchmal beim Überwurf des Ochsen. Die
Parese bedingt einmal den festen Wanstinhalt mit dariiber-
stehender Gasansammlung im Wanst, andererseits den
manchmal, nicht immer, trockenen Ivot. Eine solche voll¬
ständige Parese tritt allerdings nur selten bei Fremdkörper-
anwosonheit im Anfang ein. Baß-Görlitz sagt mit Recht.
675
wie auch Arnold zugibt, daß gerade häufig die linke
Flanke nicht aufgebläht, sondern geradezu eingefallen ist,
und ich füge hinzu, daß die Konsistenz des Wanstinhaltes
oft normal ist, wenn auch kein oder wenigstens kein nor¬
males Wiederkauen und Wanstbewegungen stattfinden.
Nach meiner Erfahrung verläuft die Fremdkörper-Indi¬
gestion sehr häufig mit so geringen Krankheitserschei¬
nungen, daß sie nicht nur oft vom Besitzer und Stallpersonal
übersehen, sondern auch vom kundigen Tierarzte nicht als
solche erkannt wird.
Noch möchte ich anfügen, daß ich das von Arnold
erwähnte Kratzen der Fremdkörper am Herzen noch nicht
gehört habe, wenn man den Ausdruck nicht bildlich auf-
fassen soll, was ich dann zugebe. Ich habe aber schon zwei
Fälle gesehen, wo der Herzbeutel zum großen Teil am Peri¬
kard angewachsen war, ohne daß noch Entzündungserschei¬
nungen bestanden hätten, die mit der Notwendigkeit der
Schlachtung in ursächlichem Zusammenhang gestanden
hätten.
A r n o 1 d’s Bemerkungen über die Folgen der lokalen
Peritonitis sind sehr zutreffend. Hervorheben möchte ich
nur, daß Verletzungen der Milz und der Leber sehr gern
perakut verlaufen bezw. zu allgemeiner Peritonitis Veran¬
lassung geben. Zu wenig betont er die nach l U —2 Jahren
auftretenden Allgemeinstörungen, welche durch die Verwach¬
sungen der Mägen mit dem Bauchfell und die häufig
damit verbundenen Abszesse entstehen und zu wiederkeh¬
renden Indigestionen oder Kachexie führen, welche BaßJ
Görlitz in seinem Bericht andeutet. Bei diesen Indigestionen,
die oft schwererer oder leichterer Natur, aber häufig
sehr hartnäckig sind, tut Holterbach’s Arec. verat.
wunderbare Dienste entweder -als Heilmittel oder als Dia-
gnostikum. Die Zahl dieser nach der ersten Behandlung
scheinbar geheilten Tiere, welche später (nach Vt—2 Jahren)
infolge der Abszesse und Verwachsungen doch wieder er¬
kranken, schätze ich auf 10 % der Geheilten.
Was nun die Therapie der neu entstandenen Fremd¬
körper-Indigestion betrifft, so sind wir im Prinzip ganz
einer Meinung. Zu der als erste und wichtigste Maßregel
notwendigen Hochstellung der Vorhand um etwa 15 cm be¬
merke ich, daß hiezu am geeignetsten sich einige Karren ge¬
brauchter Schafstreu erwiesen haben. Mit dieser kann man
eine sehr feste, trockene, gleichmäßig schiefe Ebene her-
stellen; auch hat sie den Vorteil, vom Tier nicht als Futter
benützt zu werden. Eine Pritsche hat den Nachteil, daß die
Streu rutscht und dadurch l’iir das Tier ein glattes oder un-
676
bequemes Lager wird. Bedingung ist weiter, das Tier allein
zu stellen; dann bedarf es auch keines Maulkorbs, der das
Wiederkauen (liier Indruek genannt) erschwert und wäh¬
rend dreier Wochen dem Tier zur Qual werden muß.
Die übrige Behandlung bestellt in 1—2 tägigem voll¬
ständigem Hungern ohne Wasserentzug, darauf in 8 Tage
langem Füttern in der Weise, daß zu jeder Mahlzeit dem
Tier eine kräftige Suppe (Brot, gesottenes Getreide, Lein
u. s. w.) nebst einer Handvoll (hier „Gax“ oder „Gaux“ voll
genannt) Heu oder dergleichen gereicht wird; erst in den
leigenden 14 Tagen steigert man die Ration aufs normale Quan¬
tum. Doch muß das Tier schon nach einigen Tagen den Ein¬
druck eines gesunden machen, öfter als dreimal am Tage
dem Tier Futter zu verabreichen, wie Baß- Görlitz anrät.
halte ich für unnötig, ja schädlich, da dadurch leicht das
Wiederkauen unterdrückt wird. Denn bekanntlich veran¬
laßt man ein Rind am leichtesten zum Unterbrechen des
Wiederkauens, wenn man ihm eine Handvoll Futter gibt
(z. B. beim Auskultieren der Lunge). Im übrigen sind die
Angaben von Baß- Görlitz über seine Behandlung und ihre
Wirkung sehr zutreffend, doch halte ich ein mehr als drei¬
wöchiges Hochstellen nur sehr selten für notwendig. Die
Anwendung von Arzneien wird aufs äußerste beschränkt.
Höchstens gebe ich bei allzu trockenem Kot einige Dosen
Glaubersalz, nicht etwa um Verstopfung (s. später) zu ver¬
hüten, sondern um das schmerzerzeugende Drängen auf den
Kot zu vermeiden. Ganz falsch wäre veratrinum, rhizoma
ueratri, od n r Salzsäure Wenn zu Beginn der Krankheit
die Schmerzen stark sind, tun im Gegensatz zu obigen Arz¬
neien zirka 30—■40 g Tinct. op. sehr gute Dienste.
Was Baß von Magenparese sagt, ist sehr richtig. Wir
beobachtet“» sie eigentlich nur hei ausschließlicher Stroh¬
fütterung in Futternotjabren und bei Indigestion infolge
allzu reichlicher Fütterung von Getreide oder Getreideabfall
(sog. „Überkehr“). Doch habe ich speziell seit zwei Jabren
(bessere Futterjahre einerseits, Anwendung von Arec. verat.
andererseits) keinen Fall mehr gesehen.
Zum Schlüsse möchte ich die „alten Praktiker“ bitten,
doch recht oft uns „Jungen“ solche Stückchen, besonders
aus der Bujatrik. zu bringen, und den beiden Autoren in
Idstein und Görlitz hiemit meinen Dank aussprechen!
A n h a n g.
„Verstopfung.“ Über das von Laien, aber auch
von vielen Tierärzten häufig gebrauchte Wort ,,Verstopfung
677
beim Kindvieh“ möchte ich hier gerne einige Bemerkungen
anknüpfen. Unter Verstopfung verstehe ich eine Anschop¬
pung bezw. Verhärtung von Kot im Darm, wie sie bei Mensch,
Ilund, Pferd und anderen Tieren vorkommt, beim Rind aber
von mir in diesem Sinn noch nicht beobachtet wurde. Meine
Ansicht ist, daß, wenn die Mägen funktionieren, der Darm
beim Kind ohne weiteres in Tätigkeit tritt. Das Wort Ver¬
stopfung aufzugeben hat den praktischen Wert, daß
der Besitzer bei Vorhandensein von Indigestion oder Ver¬
dauungsstörung (also nicht Verstopfung) nicht einen großen
Kotabgang nach Arzneigaben erwarten darf, wie z. B. bei
der Anschoppungskolik des Pferdes. Tritt derselbe trotz
Appetit und Wiederkauen nicht ein, so glaubt er, die Arznei
habe nicht gewirkt und die Verdauungsstörung sei von selbst
geheilt.
Kurze Mitteilungen ans der Praxis.
Von Schlachthofdirektor A. Mayr, Erlangen.
Augenanomalie.
Die Augäpfel eines blindgeborenen, sonst aber völlig
normalen Fohlens hatten die Form eines Kegels, dessen
Spitze weit aus der Lidspalte herausragte. Diese an Stelle
der Augen herausstehenden blutroten Zapfen gaben dem
Kopfe ein höchst unschönes Aussehen. Der Augapfel stellte
ein derbes, reichlich von Blutgefäßen durchzogenes Gewebe
dar; versuchshalber trug ich die Kegelspitzen schichtweise
langsam ab und kam schließlich auf eine bläuliche, gefäl¬
telte Haut — Andeutungen der Iris — Linse und Glaskörper
waren ebenfalls vorhanden. Die Glaskörpersubstanz war
dicklich und schmutzig-gelb. Das Tier wurde getötet.
Papillome a m E u t e r.
Das Euter einer Kuh war dermaßen mit Papilloni-
niassen überwuchert, daß die Zitzen in dieselben wie
eingebettet waren. Das Euter mußte förmlich geschält
werden, heilte aber in verhältnismäßig kurzer Zeit ab.
11 a r n s t e i n.
Ich nahm einen Ochsen in Behandlung, bei dem die
Diagnose Harnstein gestellt werden mußte. Die vorgenom¬
mene Operation führte ein Resultat nicht herbei, da der
Stein nicht aufzufinden war. Bei der Schlachtung fand sich
nun am Blasenhalseingang ein kegelförmiger Pfropf (Basis
gegen die Blase, Spitze gegen Blasenhalslumen) von der
678
Größe einer Walnuß. Derselbe war von teigiger Konsistenz,
außen von schwarzer und auf dem Durchschnitte dunkel-
roter Farbe und hatte sich genau den umgebenden Blasen¬
halswandungen angefügt, so daß er einen vollkommenen
Verschluß bildete. Dem Wesen nach bestand der Pfropf in
der Hauptsache aus mit Blutfarbstoff durchtränktem Fibrin.
Uterustorsion.
In einem Falle gelang mir die Lageberichtigung durch
Wälzen nicht, so daß ich, trotz einiger schlechter Erfah¬
rungen, zur Operation schritt, die diesmal vorzüglich gelang.
Ganz ausgezeichnet fand ich die Unterstützung durch einen
Gehilfen, den ich anwies, sich unter dem Tiere auf den'
Rücken zu legen, die Beine hochzunehmen, mit den unbe¬
kleideten Fußsohlen an einer bezeichneten Stelle anzusetzen
und auf Kommando langsam nach aufwärts zu drücken.
Ich ließ ihn die Füße genau an der Stelle ansetzen, an wel¬
cher der konvexe Rand des trächtigen Uterushorns, also der
Schwerpunkt des überschlagenen Uterus ruhte. Nachdem
ich mit Unterarm und flacher Hand den Tragsack unterfaßt
hatte, fingen wir gleichzeitig an, langsam emporzuheben
und der Uterus legte sich prächtig in seine Lage zurück.
Darauf entwickelte ich das Kalb, um dann erst die Ope¬
rationswunde zu vernähen, deren Heilung einen raschen
Verlauf nahm.
Mastdarmzerreißung.
Einen Fall möchte ich erwähnen, der die unbedingte
Notwendigkeit der rektalen Untersuchung wiederum deut¬
lich illustriert. Zu einer schwerkranken Kuh gerufen, die
jede Futteraufnahme versagte, hochfieberhaft war, zitternd
und mit gestrecktem Kopfe dastand, konnte ich nichts Posi¬
tives feststellen, bis mit der rektalen Untersuchung das
Rätsel gelöst wurde. Zirka 30 cm vom After entfernt be¬
fand sich im Mastdarm ein Riß, durch den bequem die ganze
Hand hindurchgeführt werden konnte. Auf Befragen er¬
fuhr ich nun, daß ein Pfuscher die Kuh einige Tage zuvor
auf Trächtigkeit untersucht hatte, daß das Tier bei dieser
Manipulation sehr unruhig gewesen sei, daß es nach der
Untersuchung aus dein Mastdarm geblutet und von da an
sich sehr krank gezeigt habe.
Referate.
Weber: Beobachtungen über die Rektaltemperatur
des gesunden Rindes, zugleich ein Beitrag zur Voraus-
679
besiimmung der Zeit der Geburt. (Deutsche Tierärztliche
Wochenschrift, 1910, Nrn. 10,11,12.)
Verfasser unterzieht die große Anzahl der hier ein¬
schlägigen Publikationen einer eingehenden Besprechung
und teilt die Ergebnisse seiner eigenen Beobachtungen mit.
Als wesentlich ergibt sich:
Infolge der Nahrungsaufnahme steigt die Temperatur
um durchschnittlich 0,25 0 ; der Grad der Erhebung im
Einzelfalle wird in der Hauptsache durch die während des
Fressens geleistete Muskelarbeit bedingt. Das Tränken mit
kaltem Wasser vermag beim Rind die Körperwärme nicht
zu beeinflussen.
Die Rektaltemperatur steigt während der Trächtigkeits¬
periode anfangs ganz unbedeutend, im Monat vor der Ge¬
burt aber sehr deutlich an und zwar, w r enn man die
Abendtemperatur zugrunde legt, im Mittel um 0,9 °. 12 bis
52 Stunden vor dem Kalben beginnt sich plötzlich und deut¬
lich ein dauernder Abfall der Körperwärme bemerkbar zu
machen, der spätestens nach 24 Stunden den Durchschnitts-
Anstiegwert wieder erreicht. Während der letzten Trächtig¬
keitsperiode ist zudem die Herzfrequenz der Kuh stark be¬
schleunigt.
In den Stunden und Tagen nach der Ausstoßung des
Kalbes zeigt die Körperwärme unter normalen Verhält¬
nissen eine leicht wellenförmige Bewegung.
Die tägliche Schwankung der Körperwärme ist in
frischmilchendem Zustand geringer als in hochtragendem;
sie beträgt durchschnittlich 0,54 bezw. 0,78 °.
Die mittlere Körpertemperatur des nicht hochtragen¬
den Rindes ist 38,0—39,5 0 ; eine beständige Bewegung in
lebhaftem Schritt bewirkt eine Erhöhung von etwa 0,5 °.
Bei hochtragenden Rindern sind Temperaturen von
39,5—40,5 °, soferne krankhafte Erscheinungen fehlen, phy¬
siologisch. Unter t/a Jahr alte, gesunde Tiere können in
seltenen Fällen Temperaturen bis 40,0 0 zeigen.
Temperaturermittelungen vom Rind wären zur Ver¬
meidung von Irrtümern mit Angabe der Zeit und der
näheren Umstände der Messung zu versehen,
v«. '<■ L i n d n e r.
H a s a k : Yohimbin. (Ö sterrcich. Monatsschrift für
Tierheilkunde, 1910, Nr. 3.)
Verfasser probierte Yohimbin bei 3 Kühen, die einen
auffallend geringen Milchertrag lieferten und zwar erhielten
dieselben täglich dreimal je 0,1 Yohimbin in Tablettcnforin
680
mit zweitägiger Pause nach je 3 Tagen; im ganzen erhielt
also jede Kuh 54 Tabletten, das ist 5,4 Yohimbin. Dabei be¬
obachtete Verf. eine leichte Steigerung der Körpertempe¬
ratur, des Pulses und der Atemzüge, ferner sichtbare Schwel¬
lung der äußeren Geschlechtsteile, hochgerötete Scheiden¬
schleimhaut mit reichlicher Sekretion eines zügigen, gelb¬
lich-weißen Schleimes; diese Erscheinungen steigerten sich
nicht weiter und wollte auch keine der gelten Kühe den
Stier annehmen. Eine vermehrte Milchabsonderung konnte
nur in sehr minimaler Menge verzeichnet werden, die jedoch
in keinem Verhältnis zu dem hohen Preise des Mittels steht,
so daß dasselbe nicht als ein TJniversalmittel zur Erreichung
höherer Milcherträge angesehen werden darf. Auch zur Er¬
zeugung von Brunsterscheinungen bei weiblichen Bindern
und Hündinnen hat das Mittel versagt, während in 2 Fällen
von Impotenz von Zuchtbullen recht befriedigende Besultate
erzielt wurden. Hier leisteten zweimalige tägliche Gaben
von Yohimbin- resp. Yohimvetoltabletten im Kleientrank
vorzügliche Dienste. B a b u s.
Tierzucht und Tierhaltung.
Das Pferd als Handelsobjekt.*)
Von Dr. Wilhelm Meyer, Stabsveterinär.
(Schluß.)
Es bliebe nun noch der dritte Stützpunkt bei der Ta¬
xierung einer kurzen Beobachtung zu unterziehen, nämlich
der jeweilige Grad der Abnützung durch
Zufälligkeiten, Arbeit oder Leistung.
Unvorhergesehene Ereignisse, gänzlich unabhängig von
dem Dienstgebräuche, können den Vollwert des Pferdes oft
zeitlich stören, sogar dauernden Minderwert verschulden,
so kann ein einziger Anfall einer Iridochorioiditis Verände¬
rungen im Auge hinterlassen, die irreparabel zeitlebens
bleiben; oder eine überstandene croupöse Pneumonie infek¬
tiöser Natur hat metastatische Sehnenscheiden- oder Gelenk¬
entzündungen im Gefolge, deren Überbleibsel dauernde
Konturunterschiede an den beschädigten Stellen hinter-
lassen, die bei der Ungewißheit ihrer Entstehung von Seite
des Käufers eine regionäre Schwäche befürchten lassen und
den Preis nicht wenig drücken. Auch der Gegensatz zwischen
Arbeit und Leistung ist absichtlich gewählt, denn es kann
schon in der Dressur, wo noch von keiner besonderen Lei-
*) Nach einem im Vereine „Münchener Tierärzte“ in der
Februarsitzung 11*10 gehaltenen Vorträge.
681
stung die Kode ist, eine Beeinträchtigung des Handelswerl es
erfolgen; bei Gebrechen an noch jungen Tieren hat man aber
allen Grund, die Ursache derselben in mechanischen un¬
günstigen Verhältnissen, in Formfehlern, wie man sagt, zu
suchen; hingegen kann das beste Gebäude unter unsinnigen
Gewaltleistungen oder Überanstrengungen zu Schaden
kommen. Bekn Vorhandensein irgend eines den Gebrauch
benachteiligenden Gebrechens treten die bereits angedeu¬
teten Schwierigkeiten für den Fachmann ein.
Schon das Auffinden eines Schadens erfordert tech¬
nische Fertigkeiten mannigfacher Art, um Gewebsschwel¬
lungen, die sich in Konturunterschieden kleinster Form an
den Beinen offenbaren, zu entdecken, die kleinsten Trü¬
bungen in den lichtbrechenden Medien des Auges nicht zu
übersehen, Atem- oder Herzstörungen im Stadium der Ent¬
stehung zu erkennen. Der Verkäufer hinwiederum ist mit
List bemüht, das kleinste Übel zu verbergen oder zu be¬
schönigen.
Beim Bestehen eines Schadens ist man in der Kegel
berechtigt anzunehmen, daß derselbe nicht vorübergehender
Art ist, denn es wird nicht leicht Jemanden geben, der mit
einer akuten Wertstörung einen Verkauf beabsichtigt, zu¬
mal wenn er die Zuziehung eines Technikers vermutet.
Das große Chaos von Gebrechen erfordert natürlich
hinsichtlich der Beurteilung und des Einflusses auf den
Handelswert eine Würdigung von Fall zu Fall; doch muß
auch hier ein System, nicht willkürliche Laune, dieselbe
leiten. —
Praktisch verwendbar zur Differenzierung der Ge¬
wichtigkeit von Gebrechen auf das kommerzielle Verhalten
dürften folgende Punkte sein:
1. Wertminderung o h n e m o m e n t a n e
N u t z u n g s b e e i n t r ä c h t i g u n g.
Hieher gehören auch alle bedeutenden Schönheits¬
fehler, ferner Augenfehler und zwar hauptsächlich solche,
bei denen die Wahrscheinlichkeit eines traumatischen Ur¬
sprunges besteht, ebenso Pferde mit dem verufenen Vitium
animi des Koppen». Übernimmt, in solchen h üllen der Käufer
das Risiko, so kann er unter Umständen in den Besitz einer
scheinbar vollwertigen Ware gelangen: doch haben solche
Pferde natürlich niemals den ganzen llandelswert, vielmehr
ist der Grad der Wertbeschränkung so zu bemessen, daß eine
Gleichachtung mit dem an Jahren vorgeschrittenen Tiere
eintreten muß. Das 6-, T- oder 8jährige Pferd ist bei allen
sonstigen Vorzügen dem 12jährigen gleichwertig, über-
682
schreitet also unmöglich einen maximalen Wert von 1700
Mark, der mit jedem höheren Lebensjahr um 200 Mk. sinkt.
2. Wertminderung mit relativer Nut¬
zungsstörung.
Für bestimmte Zwecke können Pferde dieser Kategorie
noch gut verwendbar sein, so z. B. mit Herzfehlern geringen
Grades, die noch keine derartigen zirkulatorisehen Effekte
gezeitigt haben, daß deutliche Atemstörungen auftreten oder
mit Lungenemphysem, das für Luxusreitpferde ohne größere
Tragweite bleiben wird, mit leichtem Kehlkopf ton, der nur
in langem Galopp bei herangenommenem Kopfe hörbar wird,
mit Trübungen im lichtbrechenden System des Auges inten¬
siver Art, mit Verdickungen an den Stützapparaten der
Sehnen, den Sehnen selbst, mit Gallenbildung u. s. w. Der¬
artige Pferde besitzeu eben nur bedingten Wert und stehen
auf gleicher Stufe mit dem 15jährigen Tiere, soferne sie
jünger sind, und sind auf höchstens 1000 Mk. anzuschlagen.
3. Wertminderung mit absoluter Nut¬
zungsbeeinträchtigung.
Die Zeichen vorzeitigen Verbrauchs sind deutlich sicht¬
bar oder andere organische Fehler gesetzlicher oder unge¬
setzlicher Art manifestieren sich in dem Grade, daß bei er¬
höhten Dienstesanforderungen ein Versagen eintreten muß.
Hier ist entsprechend der Preis auf das Niveau des abge¬
nützten Pferdes herabgesunken. Immerhin sind solche Tiere
mitunter noch zum leichten Zuge zu verwenden; aber nur
ausnahmsweise sind sie noch 500 Mk. wert.
Tiere solcher Beschaffenheit werden mit Vorliebe noch
zu betrügerischen Manipulationen gebraucht. Gewissenlose
Händler, die nicht leicht die Beiziehung eines Fachmannes
von Seite der Käufer befürchten müssen, suchen harmlosen
Leuten, die den Grad der Arbeitsbesehränkung nicht zu
schätzen verstehen, solche Pferde teuer aufzureden.
Zweifelsohne kann es in allen A 11, e r s s t u f e n
des P f e r d e s K i g e n s eh affen g e b e n, die sein e n
reellen Wert erhöhen. Wie andere Arten von
Handelsgegenständen zuweilen in einer bestimmten Iland
eine höhere Bedeutung, einen ästimatorischen Besitzwert,
bekommen können, so auch das Pferd. Der schwache, ängst¬
liche Heiter schätzt die Frömmigkeit und Verlässigkeit am
Objekte weit mehr als Räumigkeit des Ganges oder Schön¬
heit der Form und bezahlt sie auch gern. Wieder ein anderer
bevorzugt die Sicherheit, heim Springen, ein anderer die
Eleganz der Formen; kurzum, es ließen sich noch manche
spezifische Vorzüge anführen, die den materiellen Nutzungs-
683
wert übersteigen. Dabei ist für uns von Wichtigkeit, zu ent¬
scheiden, ob der Fachmann berufen oder befugt ist, einen
solchen imaginären Wert der Ware beim Preise mitzu¬
taxieren. Da derselbe keine sicht- und greifbare Form be¬
sitzt, hat man für seine Feststellung keinen sicheren Ma߬
stab und es wäre gegen jede Art der bisher gepflogenen
Schätzungsbräuche, wollte man diese individuell variablen
Vorzüge in bestimmte Grenzwerte zwingen. Im gegebenen
Falle muß lediglich der reelle Handelswert taxiert werden,
das Plus für die spezifische Eigenschaft kann der Käufer
seinen Vermögensverhältnissen anpassen. —
Sind wir uns, m. H., des Ernstes der Aufgabe, jedes
Ilandelskonsilium möglichst reell zu gestalten, stets bewußt,
dann wird auch die Überzeugung allgemein Wurzel fassen,
daß unser mit größter Sachkenntnis gefälltes Urteil dem
Rechtsempfinden der Menge entspricht und der Erkenntnis
von der Notwendigkeit unserer Beihilfe müssen alle, auch
durch ihr Alter sanktionierten Vorurteile weichen!
Verschiedenes.
Fleischbeschau und praktische Tierärzte.
[In anderer Lesart.]
Auf den unter obiger Überschrift von dem prakt. Tier¬
arzt R. in Nr. 38 der „Münch. Tierärztl. Wochenschr.“ ein¬
gesandten und zum Abdruck gebrachten Artikel gestatte ich
mir, und zwar unter Namensnennung, da einmal absolut
kein Grund zu einem Versteckspiel meinerseits vor¬
liegt, und daun, weil mir der „Anonymus 4 *' ohnehin un¬
sympathisch ist, folgendes berichtigend zu erwidern:
Der Herr Verfasser spricht in fraglichem Artikel ein
kategorisches Out-Out aus; entweder, sagt er, liegt eine
— anscheinend auch ihm unbegreifliche — Gesetzesunkennt¬
nis vor, oder aber eine gesetz- resp. pflichtwidrige Hand¬
lungsweise, ein Drittes gibt es nicht. leb frage, bat der
junge, neugebackene Herr Collega, bevor er mit dem einen
oder anderen gleich schweren und beleidigenden Vorwurfe
einem alten Kollegen gegenüber an die breite Öffentlichkeit
getreten ist, nicht bedacht, daß es auch noch weitere Mög¬
lichkeiten geben kann, z. B. die, daß er selbst durch den frag¬
lichen Herrn Landbürgermeister — den ich übrigens für
einen Ehrenmann halte — unrichtig informiert worden ist {
Ich frage weiter, wäre es nicht vielleicht doch am Platze
gewesen, wenn der Herr R., den ich persönlich gar nicht
kenne und von dessen Ansüssigmaehung in einer Gemeinde
684
meine» benachbarten Bezirke» icli nur durch Zu¬
fall Kenntnis erhalten, mit mir persönlich Rücksprache ge¬
nommen hätte, wenn er beabsichtigt hat, amtliche Funk¬
tionen — und dazu gehört doch wohl auch die Ergänzungs-
Fleischbeschau — in m e i n e m Bezirke vorzunehmen \ Der
Herr R. hat eine Vorstellung nicht für nötig erachtet und
das ist in gewisser Hinsicht nach meinem Dafürhalten auch
„bezeichnend“.
Zur Sache selbst führe ich nur an: Aus den Gemeinden
meines Bezirkes, in welchen der Herr R. sich um die Er¬
gänzungs-Fleischbeschau beworben haben soll, ist bei mir
nur ein Bürgermeister erschienen, der mir die Frage vor¬
legte, ob es mir recht wäre, wenn dem Herrn Tierarzt R.
in R. auf sein Ansuchen die Ergänzungs-Fleischbeschau
übertragen würde, die ich zunächst mit der Gegenfrage be¬
antwortete, welche Gründe hiefür vorlägen. Der Herr
Bürgermeister erwiderte - wörtlich: „Gründe liegen nicht
vor, die Frage habe ich nur gestellt, weil ich mir gedacht
habe, es ist dem Herrn Bezirkstierarzt vielleicht lieber,
wenn er gegebenen Falles den immerhin weiten Weg nicht
zu machen braucht.“ Ich gab darauf die Erklärung ab, daß
ich bei ständiger Assistenten- und Fuhrwerkshaltung wohl
in der Lage wäre, die Ergänzungs-Fleischbeschau auch in
den übrigens nur 10—12 Kilometer entfernten Gemeinden
auszuführen und setzte nur hinzu, daß mir eine Abtrennung
mehrerer Gemeinden meines Bezirkes nicht gerade ange¬
nehm wäre und zwar weniger in meinem als im Interesse
meines Amtsnachfolgers und auch der übrigen Tierärzte
meines Bezirkes, von denen wenigstens einer gleichfalls in
Mitleidenschaft gezogen wird, da wohl auch Gemeinden der
dortigen Gegend in Betracht kommen.
Der Herr Bürgermeister empfahl sich mit dem Be¬
merken, ,,es bleibt beim Alten“, worauf ich nur noch er¬
widerte, daß, falls doch ein gegenteiliger Beschluß gefaßt
würde, dieser dem Bezirksamte und auch mir vorzulegen
wäre und das ist doch wohl mein gutes Recht, wenn ich
wissen will, wer in meinem Bezirke die Fleischbeschau vor¬
nimmt !
Hei diesem im hon ton in Gegenwart meines Herrn
Assistenten geführten Zwiegespräche kann selbstverständ¬
lich von einer „Aufregung” nicht die Rede sein. Ich bin
jederzeit in den - Lage für die Richtigkeit vorstehender Dar¬
legung einwandfrei Hewcis zu liefern und weise daher »len
mir gemachten Vorwurf als völlig unbegründet und unge¬
recht auf das Entschiedenste zurück.
685
Ich kann übrigens nicht unterlassen, noch zu be¬
merken, daß ich den fraglichen Bürgermeister nach Er¬
scheinen des Artikels zur Rede gestellt habe und daß mir
derselbe in höchst glaubwürdiger Weise versichert hat, daß
er den Herrn R. lediglich dahin berichtigt hat, daß mir die
Abgabe der fraglichen Funktion nicht recht, i. e. nicht an¬
genehm sei nicht aber, daß ich von Unzulässigkeit u. dergl.
gesprochen habe. Bei dieser Gelegenheit äußerte sich der
Herr Bürgermeister noch, daß das Gesuch des Herrn R. nun
wahrscheinlich doch im bejahenden Sinne ausfallen werde,
nachdem derselbe im gut besetzten Dorf-Wirtshause die
bindende Erklärung abgegeben habe, daß er für die einzelne
Ergänzungsbeschau nur drei Mark verlange. (Die betr.
Gemeinde ist zirka 5 Kilometer vom Wohnsitze des Tier¬
arztes entfernt.)
Diffieile est satyram non scribere! Doch „Sapienti sa't!“
Für weitere Aufklärungen und Belehrungen danke ich
übrigens dem Herrn Kollegen R. K. in R.
Pfaffenhofen, 27. September 1910.
A. Huber, K. Bezirkstierarzt.
Bttcherschau.
Die Geburtshilfe beim Rinde. Von M. G. de Bruin,
weiland Professor für Geburtshilfe an der Staatsveterinär¬
schule in Utrecht. Dritte neubearbeitete Auflage von
Anton Tapken, Amtstiorarzt in Varel (Oldenburg).
Mit 90 Abbildungen. Wien 1910. Verlag von W. Brau¬
müller.
Die vorliegende dritte Auflage der Geburtshilfe von
Bruin wurde von Tapken-Varel neu bearbeitet. Verf.
hat die Einteilung des Stoffes nach der zweiten Auflage
beibehalten. Der erste Abschnitt handelt von der normalen
Trächtigkeit, der zweite von der normalen Geburt, der
dritte von der abnormalen Trächtigkeit, der vierte und
fünfte von den geburtshilflichen Operationen, der Pathologie
und Therapie der Geburt und der Schlußabschnitt behandelt
die Krankheiten während und nach der Geburt.
Tapken verfügt über eine selten reiche Erfahrung
in der Geburtshilfe und verdankt ihm die tierärztliche
Geburtshilfe bereits mehrere schätzenswerte Mitteilungen
auf diesem Gebiete. Seine in der Praxis gemachten Beob¬
achtungen und Erfahrungen sind besonders in den letzten
drei Abschnitten des Buches niedergelegt. Dieser wichtigste
686
Teil des Werkes ist von T. vollständig umgearbeitet und
ergänzt worden. Damit hat das Werk ganz bedeutend an
Wert gewonnen, zumal als der Verl - , bei der Bearbeitung
auch der wissenschaftlichen Motivierung des praktischen
Handelns volle Beachtung zollte. Eine besondere Em¬
pfehlung des vorzüglichen Buches in seinem neuen Ge¬
wände ist überflüssig. A.
Personalien.
Auszeichnungen: Anläßlich der Centenarfeier des Land¬
wirtschaftlichen Vereins in Bayern wurde von Sr. Kgl. Hoheit dem
Prinzregenten verliehen:
Die landwirtschaftliche Jubiläumsmedaille in Silber: den
landwirtschaftlichen Fachberatern des Staatsministeriums des Innern,
ferner dem Direktor der Tierärztlichen Hochschule; in Bronze:
den landwirtschaftlichen Referenten der Kgl. Regierungen, den Pro¬
fessoren der Akademie Weihenstephan, den Kreiswanderlehrern für
landwirtschaftliche Betriebszweige, den Kgl. Bezirkstierärzten und
den. Tierzuchtinspektoren.
Vom Bayer. Landwirtschaftsrate erhielten: die goldene
Vereinsdenkmünze: Kgl. Regierungsrat Dr. A 11 i n g e r ,
Landesinspektor für Tierzucht und Walilmann Lucian, Kgl. Be¬
zirkstierarzt in Laufen; die große silberneVereinsdenk - .
münze: Dr. D o r n Cornelius, Distriktstierarzt in Markterlbach’
Dennhardt Karl, Kgl. Bezirkstierarzt in Traunstein, Dr. F e s er,
Armin, Tierzuchtinspektor in Landshut, Krug Heinrich. Kgl. Be¬
zirkstierarzt a. D. in Hammelburg, Miller Mathäus, Tierzucht¬
inspektor in Bayreuth und P1 e t z e r Hugo, Kgl. Bezirkstierarzt in
Schwabmünchen: die kleine silberne Vereinsdenk¬
münze: die Distriktstierärzte Dr. Kreutzer in Murnau und
Vicari Florian in Schillingsfürst.
Ernennungen: Bomhard, Tierzuchtinspektor-Assistent
in Schweinfurt zum Distriktstierarzt in Weidenberg; Gast Robert
in Weidenberg zum Distriktstierarzt in Monheim.
Niederlassung: Krieger Ludwig aus Reisbach (Nieder¬
bayern) dortselbst.
Gestorben: Schneider Stephan, KgL Korpsstabs-
vetcrinär a. D. in München (1848).
Nor auf Verordnung des Tierarztes anzuwenden.
Keine Dämpfigkeit
kein Hasten, keine Bronchitis
^^^^be^^PferÄerL^nehG™" , ^
Heilung erfolgt in 1 Monat bei Gebrauch von
VERGOTIN1NE. Tausende von Anerkeanongon.
Fabrikant: C. Vclpry, Reims.
Alleinverkauf für Deutschland: Krewel 6 Go.« G. m. b. H.,
chemische Fabrik, Odin a. Rhein, Eifelstraße 33.
Bestandteile: Veratrin. sulfuric. 3gr, Strychnin, sulfuric. 2gT,
Ergotinin, cryst. 0,10gr, Glyceriu. purissim. 150 gr. 12[13]
68 '
Chem. Fabrik □ Darmstadt
empfiehlt alle Drogen nnd Chemikalien für die Veterinärpraxis,
insbesondere:
Arecolin, Atropin, Cocain, Eserin, Morphin, Pilocarpin,
Podophyllin, Strychnin, Veratrin, Blei-, Jod-, Queck¬
silber-, Wismuthverbindungen etc., ferner Tuberkulin
und Bovotuberkulol für diagnostische Zwecke,
sowie die Spezialpräparate:
JODIPIN
pro usu veterinario 10°/° und
25 °/V Vorzüglicher Ersatz für
Jodalkalien.
Bewährt bei:
Dämpfigkeit, Leberci rrliose,
Leberkoller, Tetanus, Morbus
niaculosus der Pferde, Akti-
nomy kose, Tuberkulose der
Rinder.
TAIWOFORM
Äußerlich:
Ausgezeichnetes Antiseptikum.
Völlig ungiftig, stark des¬
odorierend.
Innerlich:
Wirksames Antidiarrlioicnm,
besonders bei Käl borruh r
empfohlen.
PERHYDROL PYOKTANIN
Chemisch reines, BO°/oWasser¬
stoffsuperoxyd.
Wertvolles
Desinflciens für die Chirurgie.
T “ YOHIMB
YOHIMBIN-MERCK
Geruchloses, starkes Antisep-
ticum.
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Maul- und Klauenseuche.
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gegen sexuelle Impotenz der Zuchttiere.
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I»ruck von J. (iottos\v i n ter, München. — Kommissionsverlag: M. Riegersohe
rniversitiilsbuchhandlung, München, Odconsplatz 2.
Münchener
(früher: Wochenschrift für Tierheilhnnde nnd Yiehzncht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 11. Oktober 1910. Nr. 41.
Inhalt :Originalartikel: Korpsstabsveterinär Stephan Schnei¬
der +. — Dr. Schenkl: Kurze Mitteilungen aus der Praxis. —
Referate: Rüther: Zur Behandlung einiger Kolikfälle nach
Theorie und Praxis. Schweizer: Apoplexie der Leber und
myxomatöse Entartung der Gallenblase bei einem Schwein.
Bambauer: Uber das Erbrechen bei Pferd und Rind. Bircher:
Experimentelle Erzeugung von Strumen. Addis: Uber die
Pathogenese der angeborenen Hämophilie- — Tierzucht
und Tierhaltung: Die Tierzuchtausstellung anläßlich des
Oktoberfestes. Die Bedeutung des Experimentes in der Patho¬
logie und Tierzucht. — Verschiedenes: 50jähriges Jubiläum.
Tierärztliche Hochschule Stuttgart. Deutscher Veterinärrat. —
Bücherschau. — Personalien.
Korpsstabsveterlnär Stephan Schneider +.
Ein Mann mit goldenem Humor und solchen Vor¬
zügen des Geistes und Gemütes, daß sich Jeder zu ihm hin¬
gezogen fühlte, schied zu München am 16. September d. J.
im gottbegnadeten Alter von 83 Jahren aus diesem Leben —
der K. Korpsstabsveterinär Stephan Schneider, zu¬
letzt aktiv beim Generalkommando des K. B. I. Armeekorps
in München.
Er war geboren am 16. Oktober 1827 zu Ansbach und
widmete sich nach Absolvierung der damaligen Münchener
Zentral-Tierarzneischule dem Veterinärdienste im baye¬
rischen Heere, woselbst er im Jahre 1848 beim 3. Chevau-
legers-Regimente eintrat und 1851 zum veterinärärztlichen
Praktikanten beim 2. Artillerie-Regimente ernannt wurde.
1852 erfolgte seine Versetzung zum Militärfohlenhof Bene¬
diktbeuern und daselbst seine Beförderung zum Unter¬
veterinärarzt. Unter Beförderung zum Divisions-Veterinär-
arzt wurde er 1859 zum Militärfohlenhof Fürsteufeld und
1864 zum 3. Artillerie-Regiment versetzt.
690
1872 wurde er zum Stabsveterinär im 5. Chevaulegers-
Regiment befördert und als solcher 1873 zum. 2. Kürassier-
Regiment versetzt. Vom Jahre 1874—1876 fand er im Zivil¬
staatsdienste beim K. Landgestüte Achselschwang Verwen¬
dung. 1876 wurde er wieder angestellt als Stabsveterinär
im 1. Kürassier-Regiment und 1889 zum Korpsstabsveterinär
beim Generalkommando des I. Armeekorps befördert, wo er
bis zu der am 10. März 1897 unter Allerhöchster Aner¬
kennung seiner treu geleisteten Dienste erfolgten Ruhe¬
standsversetzung wirkte.
Von 1882—1889 war er im Nebenamte als 2. veterinär-
ärztlicher Konsulent der Kavallerie-Inspektion zugeteilt:
von 1885—1888 Mitglied der Kommission für Prüfung be¬
hufs Erlangung der Funktion eines amtlichen Tierarztes.
Seine Brust schmückten der Verdienstorden vom hei¬
ligen Michael IV. Klasse, das Ehrenkreuz des Ludwigs¬
ordens für ehrenvoll zurückgelegte 50jährige Dienstzeit,
die Kriegsdenkmünze für 1870/71, das Armeedenkzeichen
für 1866, die Erinnerungs- und die Jubiläums-Medaille.
Schneider genoß den Ruf eines ausgezeichneten
Hippologen; als solcher war er 1864—1887 zum Remonten-
ankauf in Bayern u. Norddeutschland und 1872 zum Pferde¬
ankauf in Norddeutschland, Galizien und Ungarn komman¬
diert. Auch die K. Landgestütsverwaltung war auf ihn auf¬
merksam geworden und suchte ihn 1874 für sich zu ge¬
winnen; er wäre zum künftigen Direktor des K. Landgestüts
Achselschwang ausersehen gewesen, welchen Posten jetzt
seit 6 Jahren sein Schwiegersohn einnimmt. Wenn auch
Schneider seinerzeit es vorgezogen hatte, den ehren¬
vollen Ruf auszuschlagen und wieder zu dem ihm lieb ge¬
wordenen Militärdienste zurückzukehren, so hat er doch
zeitlebens für die Pferdezucht geschwärmt und ist. vielen
Pferdezüchtern, hauptsächlich unter den Angehörigen der
Aristokratie ihr eifriger Berater geblieben. Dem idyllisch
gelegenen Achselschwang aber hat er bis zu seinem Tode
treue Anhänglichkeit bewahrt; er hatte es gerne gesehen,
daß vor 23 Jahren sein Schwiegersohn die Gestütslaufbahn
ergriffen und in Achselschwang begonnen hatte. Nicht nur
die landschaftlichen Reize waren es, die Schneider seine
Museslunden Jahr für Jahr hier im Kreise seiner Lieben,
umgeben von den übermütigen, von Gesundheit strotzenden
Enkelkindern, verbringen ließen; das Interesse für die hei¬
mische Pferdezucht, die Freude am Pferde zog ihn in glei¬
chem Maße hin an diese Stätte; seinen Freunden und Be-
691
kannten machte er dann gerne den beredten Führer durch
die Ställe und Koppeln und wußte auf Abstammung, Ver¬
erbung, Fehler und Vorzüge der einzelnen Pferde in treffen¬
den Bemerkungen hinzuweisen.
Schneide r’s dienstliche Tätigkeit fiel in eine Zeit,
zu welcher die Armee und das ganze Land von einer sehr
gefürchteten Seuche heimgesucht war — dem Rotze.
Schneider gehörte mit zu jenen Tierärzten, welche es als ihr
Verdienst beanspruchen dürfen, diese schreckliche Seuche
soweit getilgt zu haben, daß sie heute nur mehr selten und
vereinzelt in die Erscheinung tritt.
Schneider genoß in all’ seinen Stellungen das
Vertrauen der Offiziere in hohem Maße und war auch sonst
ein viel gesuchter und unermüdlicher Veterinär. Bei seinen
Standesgenossen war er wegen seiner biederen, herzlichen
und freundlichen Art beliebt und verehrt; die Untergebenen
sahen in ihm den väterlichen, alle Zeit mit Rat und Tat bei¬
stehenden, liebevollen Vorgesetzten. Die Zahl seiner Freunde
aus allen Kreisen der Gesellschaft ist groß.
Seiner Familie war er der beste Vater und mit seiner,
vor Jahren ihm im Tode vorausgegangenen Gattin auf die
sorgfältige Erziehung seiner Kinder bedacht. Das große
Glück, dieselben alle in angesehenen Lebensstellungen zu
wissen — ein Sohn ist Artillerie-Major, der zweite Sohn
Artillerie-Hauptmann, der dritte Sohn steht an der Beför¬
derung zum Stabsveterinär, der Schwiegersohn ist Gestüts¬
direktor —, sowie die zärtliche Liebe und innige Verehrung,
welche ihm von seinen Angehörigen erwiesen wurde, ge¬
stalteten seinen Lebensabend zu einem heiteren und friedlich
schönen.
Ein großes Interesse hat er jederzeit an der Hebung
des eigenen Standes genommen und hieran nach Kräften
und in unerschrockener Weise gearbeitet. Ihn, der mit gei¬
stiger Frische noch alle Ereignisse auf diesem Gebiete ver¬
folgte, hat im letzten Jahre seines Daseins die Kunde von
der Errichtung des deutschen Veterinär-Offiziers-Korps mit
besonderer Freude erfüllt.
Indem wir den Hingang dieses hervorragend tüchtigen,
verdienten und allgemein geachteten Mannes tief beklagen,
werden wir ihm treu und allezeit ein ehrendes Gedenken be¬
wahren.
R. i. p.!
G ö b e 1.
692
Karze Mitteilungen ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt Dr. Schenkt, Geiselhöring.
1. Verwachsung der Vagina bezw. der Cervix
uteri.
Bei der Untersuchung einer vor der Geburt stehenden
Kuh fand ich, daß die Scheide oralwärts blindsackartig ge¬
schlossen war. In der abschließenden Scheidenwand war an
der Stelle des Orificium externum eine ebenfalls blind endi¬
gende Vertiefung, die nur ein Eindringen mit der Finger¬
kuppe gestattete. Durch die Wand konnten Teile des Fötus
gefühlt werden. Es handelte sich somit um eine vollständige
Verwachsung der Scheide bezw. des Muttermundes. Da der
Besitzer des Tieres eine operative Eröffnung mit dem Messer
möglichst zu vermeiden wdinschte, versuchte ich unter boh¬
renden Bewegungen einen Finger in den blindgeschlossenen
Muttermund einzuführen, was allmählich gelang. Schlie߬
lich hatte ich eine für 3 Finger passierbare Öffnung herge¬
stellt, als bei einer kräftigen Wehe des Tieres der Rest der
Verwachsung zerriß. Alsbald floß zäher dicker Schleim ab.
Das Kalb befand sich in normaler Kopfendlage. Durch Heran¬
ziehen des Fötus an den Beinen erweiterte sich die Öffnung
noch mehr. Etwas schwieriger gestaltete sich der Durch¬
tritt des Kopfes, doch gelang es nach Anlegung zweier
Augenhaken, die sich nun als eine ringförmige, senkrecht
zum Geburtswege gestellte Falte präsentierenden Reste der
Scheidenwand über den Kopf des Kalbes zu streifen, worauf
die Entwicklung des Fötus von statten ging.
2. Rigidität der Cervix uteri.
Bei einer Kuh stockte die Geburt, nachdem der Eihaut¬
sack außerhalb der Scham geborsten war, da sich der Mutter¬
mund nur soweit öffnete, daß die beiden Vorderbeine des
Kalbes durchtreten konnten. Ich legte nun am Kopfe des
Fötus Augenhaken an und versuchte durch Hereinziehen
desselben das Orificium zu erweitern, was jedoch nicht ge¬
lang; es schob sich lediglich das Orificium mehr in die
Scheide herein, ohne daß eine Erweiterung erfolgte. Des¬
halb machte ich nun an der dorsalen Wand der Cervix einen
Einschnitt., worauf die Extraktion des Kalbes leicht gelang.
Infolge Xichtabgangs der Secundinae erkrankte die Kuh
an Metrilis. Trotz manueller Ahnahme der Eihäute und er¬
giebigen Therapogenspülungen konnte Heilung nicht erzielt
werden und mußte das Tier notgeschlachtet werden.
693
3. Uterusruptur bei einer E m b r y o t o in i e. —
Heilung.
Bei einer Kalbin mußte wegen zu bedeutender Größe
der Frucht die Embryotomie ausgeführt werden. Nach
Auslösen der beiden Vordergliedmaßen gelang die Geburt.
Die darauffolgende Untersuchung ergab links oben eine
Perforation der Uteruswandung in einer Länge von 5 cm;
durch die Verletzung konnte man Pansenoberfläche, sowie
die Nieren palpieren. Da der Fötus bereits Fäulniserschei¬
nungen zeigte und die sichtbaren Schleimhäute des Mutter¬
tieres stark gerötet waren, stellte ich die Prognose sehr
ungünstig. Die Behandlung bestand im Einfuhren von Li-
thiol-Stiften (täglich 2 Stück) in den Uterus, nachdem die
Secundinae spontan abgegangen waren. Innerlich wurde
Acetanilid in kleinen Dosen verabreicht. Die Kuh genas,
doch ließ der Nährzustand lange Zeit zu wünschen übrig.
4. Dunstkälber. — Maeeratio foeti.
Drei Kühe einer Stallung, die im 4. bezw. 6. Monat der
Trächtigkeit standen, zeigten plötzlich Wehen, ohne daß Abor-
tus erfolgte. Erst als Freßunlust und Schwellung der Scham ein¬
trat, wurde ich gerufen. Die Cervix war noch ungenügend
eröffnet, die Kälber stark aufgetrieben, weshalb die Geburt
ziemliche Schwierigkeiten bereitete. Zwei Kühe verendeten
an septischer Metritis, ein Tier genas. Über die Ursache
des Abortus konnte ich nichts eruieren.
Bei einer Kuh, die angeblich trächtig war, entleerte
sich aus der Scheide sehr übelriechender eiteriger Schleim.
Die Untersuchung bestätigte die Trächtigkeit, doch fand
sich der Muttermund geöffnet und der Fötus bereits in Ma-
ceration begriffen; ich konnte einzelne Knochen der Ex¬
tremitäten, des Beckens und der Wirbelsäule, sowie einige
Rippen entfernen. Weitere Extraktionsversuche verhinderte
die Enge, da der Uterus die Reste des Fötus fest umschloß. Ich
ordnete Irrigationen mit 3 °/o iger Liquor Creoli saponat.-
Lösung an. Die Kuh genas und wurde nach einigen Monaten
fett zum Schlachten verkauft.
Bei einem erstferkelnden S c h w ein mußte wegen
Enge der Geburtswege Hilfe geleistet werden. Da infolge
bestehender Maceration des Fötus mit Haken und Zange
nur Teile des Ferkels entfernt werden konnten, stand ich
von weiteren Versuchen ab und ließ täglich mehrmals 3%ige
Septoformaspiilungen vornehmen; allmählich gingen die
Föten stückweise aus der Scheide ab. Das Schwein blieb
694
am Leben, es befand sieh aber lange in sehr mäßigem Nähr¬
zustande.
5. Bauchvertikallage bei einem Fohlen.
Bei der Untersuchung einer Fohlenstute, bei der die
Fruchtwässer seit einer Stunde abgelaufen waren, stellte
ich folgendes fest: Zwei Hufe des Fohlens lagen in der
Scham, die Sohlenfläche zeigte nach aufwärts, der Kopf des
Fötus war nicht zu fühlen; er mußte der Richtung des
Halses nach tief nach abwärts gegen das Euter zu liegen. An
der dorsalen Uteruswand anstehend befanden sich die ab¬
gebeugten Hinterbeine. Es handelte sich also um eine Bauch¬
vertikallage mit nach abwärts verlagertem Kopfe. Da das
Fohlen bereits tot war, nahm ich sofort die Embryotomie
vor. Ich entfernte die beiden Vorderbeine, legte hierauf
um die Fessel der Hinterextremitäten Schlingen und extra¬
hierte so den Fötus; derselbe zeigte auch eine Verkrümmung
des Halses und des Kopfes. Die Stute blieb gesund.
6. Tod durch Herzlähmung nach behobener
Uterustorsion bei einer Kuh.
Bei einer Kuh hatte ich durch dreimaliges Wälzen eine
Tragsackverdrehung behoben. Kurze Zeit darauf erschien
die Eihautblase und in ihr ein totes Kalb in Kopfendlage,
das durch Zug von 3 Personen extrahiert wurde. Während
des Durchtrittes des fötalen Beckens brüllte die Kuh
mehrere Male. Plötzlich legte sie sich zur Seite, erhob dann
noch einmal den Kopf und verendete. Der Uterus war, wie
die Sektion ergab, nicht verletzt. Im Herzbeutel fand sich
zirka *4 Liter klare, bernsteingelbe Flüssigkeit; auch in der
Brusthöhle war gleichartiges Serum. Die Herzklappen
waren unverändert und nicht verdickt, das Myokard hatte
blaßrote bis graue Farbe und war weich, das Endokard gelb¬
lich-rot verfärbt. — Als Todesursache dürfte Herzlähmung
anzunehmen sein.
7. Weben bei einer Kuh.
Eine Kuh wurde zur Untersuchung auf Fehlerfreiheit
vorgeführt; an den Barren gestellt vollführte sie diejenige
Untugend, die beim Pferde unter der Bezeichnung „Weben“
oder „Webern“ oder „Leinewebern“ bekannt ist. Sie trat
mit dem einen Vorderfuße etwas zur Seite und neigte, hie¬
rauf den Vorderkörper nach der gleichen Richtung, worauf
dann diese Bewegung nach der andern Seite ausgeführt
wurde. Dies wiederholte sie vielmals, so daß es den An-
695
schein hatte, als ob der Vorderkörper auf den Beinen liin-
und herschaukle.
8. Ruptur des Musculus tibialis anticus
bei einer Kuh.
Eine Kuh ging hinten rechts stark lahm. Das Vor¬
führen des Fußes geschah zögernd unter starker Streckung
im Sprunggelenke. Die vordere Fläche des Unterschenkels
war im Bereiche des Musculus tibialis anticus bedeutend
geschwollen, jedoch nicht besonders schmerzempfindlich. _
Die Achillessehne war bei der Belastung nicht so gespannt
wie am anderen Fuße. Es konnte die aufgehobene Extreijü.*
tät abnorm stark im Sprunggelenke gestreckt werden. J)ie
Diagnose lautete daher: Zerreißung des Schienbeinbeugers. •
Vermutlich hatte sie sich das Tier infolge Ausgleitens beim
Springen über einen Graben zugezogen. Ich ließ die Schwel¬
lung mit Oleum Hyoseyami einreiben und erzielte damit
in 4 Wochen Heilung; eine geringe Bewegungsstörung ist
allerdings zurückgeblieben.
9. Harnstein bei einem Fohlen.
Ein lt/4 Jahre altes Hengstfohlen litt seit seinem
4. Lebensmonate an Harnbeschwerden. Der Urin ging zeit¬
weise unter starkem Drängen nur in Tropfen ab, dann
wieder normal, wenn auch in dünnem Strahle. Manchmal
blieben die Beschwerden beim Harnabsatz eine Woche und
länger aus. Ich vermutete einen Blasenstein und beobach¬
tete das Fohlen längere Zeit. Allmählich traten anämische
Erscheinungen auf und der Appetit wurde mäßig. Das Tier
ging zu Grunde. Die Sektion ergab: Mäßige (’/t Liter)
Füllung der Blase, Wand verdickt, Mukosa schieferig grau
verfärbt, in der Blase ein eiförmiger, gelblich-weißer, glatter
Stein von 6 cm Länge, 3,5 cm Dicke und 53,5 g Gewicht.
Referate.
Rüther: Zur Behandlung einiger Kolikfälle nach
Theorie und Praxis. (Tierärztl. Rundschau, 1910, Nr. 25.)
Außer der subkutanen Injektion und der raschen Ein¬
gabe kleingeformter Pillen mittelst, des Pillenstockes lege
man mehr Gewicht auf die Applikation von Medikamenten
per rectum. Mit Rücksicht auf Schluckpneumonien vermeide
man möglichst Eingüsse. Feuchtwarme und wollene Be¬
deckungen, Abreibungen sind ebenfalls recht gut; der
Prießnitz’sche Umschlag muß aber ordentlich dicht anliegen
696
und die Abreibung wirksam und schonend ausgefükrt
werden. Besonders zweckdienlich hat sich die Massage der
Perinealgegend erwiesen, die aber nur wegen ihrer Empfind¬
lichkeit mit den Händen unter Zuhilfenahme von öl oder
ganz leichten Reizmitteln vorgenommen werden darf. Wei¬
ters ist rektale Massage und Lageberichtigungen zu ver¬
suchen; auch auf Untersuchung und den Versuch zur Ent¬
leerung der Blase ist mehr zu achten. In manchen Fällen
leistet die Applikation des Magenkatheters und die äußere
Punktion der Darmwand bei präziser Diagnose recht gute
Dienste; sehr skeptisch steht Verf. der Verwendung des
Trokars vom Rektum aus gegenüber. Von innerlichen Mit¬
teln werden als sehr bewährte Krampfmittel Valeriana,
Asant, Cortex Zinnamonii, Karyophyllae und andere Allvl-
sulfid enthaltende Substanzen empfohlen; Opium und Chlo-
ral leisten natürlich das Meiste, doch hat ersteres eine stark
stopfende Wirkung, während bei letzterem öfters Schleim-
hautreizung beobachtet werden kann. In einigen Fällen hat
energisches Berieseln der Bauchwandungen mit kaltem
Leitungsstrahl und nachfolgende warme Umhüllung recht
günstig gewirkt; auch ergiebiger Aderlaß in Fällen starker
Belastung des Darmes mit Blut ist empfehlenswert. Bei
Vorkommen öfterer Koliken mit Verdacht auf Aneurysmen
oder Strikturen wäre im ersteren Falle Atoxyl, in letzterem
Falle Fibrolysin oder Jodkali mehrfach zu probieren.
Schweizer: Apoplexie der Leber und myxomatöse
Entartung der Gallenblase bei einem Schwein. (Tierärztl.
Zentralblatt, 1910, Nr. 19.)
Ein 7 Monate alter Yorkshire-Eber zeigte sehr be¬
schleunigtes, stoßendes Atmen; Maulschleimhaut, Rüssel¬
scheibe und die sonstigen sichtbaren Schleimhäute auffallend
bleich; Zittern am Körper; Knirschen mit den Zähnen;
Verkriechen in die Streu; Schwanken mit dem Hinterteile;
Körperoberfiäche eisig kalt; 36° Temperatur, 120 schwache
Pulse.
Wahrscheinlichkeitsdiagnose: Innere V er-
blutung. Rat zur Schlachtung.
Obduktion« b e f u n d: Nach Eröffnung der Bauch¬
höhle ergießt sich eine größere Menge teils flüssigen, teils
geronnenen schwarz-roten Blutes. Bauchfell in den unteren
Partien dunkelrot irnbibiert; Leber auf das Dreifache ver¬
größert, an den Rändern stark verdickt und abgerundet. An
verschiedenen Stellen der Leberoberfläche kleinere und
größere dunkelschwarz-rote Blasen; Leber dunkelrot ver-
697
färbt; am unteren Rande des rechten mittleren Leberlappens
befindet sich eine senkrecht nach oben verlaufende durch¬
gehende Zusammenhangstrennung, an deren Rändern stellen¬
weise geronnenes schwarz-rotes Blut anhaftet. Gallenblase
sehr stark vergrößert und erweitert, ebenso Lebergallen¬
gänge. Blasenwandung milchglasähnlich durchscheinend
und das Ganze wie Gallertmasse sich anfühlend. Beim
Durchschneiden der Gallenblase Entleeren von wenig dick¬
lichem gelblich-weißem Schleim. Wandungen auf das Sechs¬
fache verdickt und von gallertigem Aussehen. R a b u s.
Bambauer: Über das Erbrechen bei Pferd und
Rind. (Deutsche Tierärztl. Wochenschr., 1910, Nr. 22.)
Die häufigste und fast ausschließliche Ursache des Er¬
brechens bildet beim Pferd die Überdehnung der Magen¬
muskulatur, die sogar durch überreichliche Wasseraufnahme
hervorgerufen werden kann. So sah Verf. ein Pferd an
heftiger Kolik unter Rülpsen und Gluckern im Schlund
erkrankt, das 3 Eimer Wasser zu sich genommen hatte.
Mittels des Schlundrohres wurde das Wasser entleert und
die Kolik beseitigt.
Beim Rind scheint die primäre Pansenüberladung nur
selten Veranlassung zum Erbrechen zu geben, denn sonst
müßte es häufiger beobachtet werden. Nach den Erfahrungen
des Verf. spielen hier die durch Fremdkörper erzeugten
traumatischen Bauchfellentzündungen die Hauptrolle, außer¬
dem kommen noch in Betracht die Ansammlung von Sand¬
massen im Magen, befallenes Futter, Giftpflanzen, ätzende
und reizende Arzneimittel, wie Salmiakgeist und Salzsäure.
Die Menge des Erbrochenen beim Pferd wechselt
zwischen ^ Liter und y> Eimer voll; es hat intensiv sauren
Geruch und saure Reaktion. Die vom Rind erbrochene
Menge ist eine sehr große; sie beträgt oft mehrere Eimer
voll. Freie Salzsäure ist nie nachweisbar.
Schwere Magenkoliken beim Pferd gehen oft mit
einem dem Rülpsen ähnlichen Aufstoßen von Gasen einher.
Es ist dies ein Vorzeichen des Erbrechens lind fordert zu
schleuniger Magenentleerung mit der Schlundsonde auf. Die
Annahme, daß Erbrechen und Magen ruptur stets miteinander
verbunden seien, trifft nicht zu. Verf. konnte in mehreren
Fällen noch *4 Stunde und später nach dem Erbrechen
Futtermassen aus dem Magen entleeren und Heilung er¬
zielen.
Beim Rind läßt sich das Erbrechen bei einfacher Dys¬
pepsie therapeutisch verwerten, indem man große Gaben
698
von Veratr. alb. und Tartar, stibiat. verabreicht. Der Heil¬
erfolg ist auffallend gut.
Die Behandlung des Erbrechens beim Rind ist in der
Mehrzahl der Fälle wegen des fatalen Charakters der Grund¬
krankheit aussichtslos. Beim Pferd ist für baldige Magen¬
entleerung zu sorgen. Nach Einführung der weiten Marek-
schen Sonde fließt meist schon dünnflüssiger Inhalt unter
starkem Druck ab; eventuell ist Wasserspülung anzuwenden.
Recht häutig, auch in verzweifelten Fällen hatte Verf. gute
Erfolge nach Anwendung großer Dosen (150—200 g) Tinct.
Opii. Die Würgbewegungen ließen unter der Opiumwirkung
bald nach und es trat zusehends Besserung ein. Auch bei
Magenkolik ohne Erbrechen leisten große Opiuragaben vor¬
zügliche Dienste. Beim einfachen Rülpsen genügt auch
schon die einmalige und wenn nötig wiederholte Einführung
einer gewöhnlichen Magensonde oder im Notfälle die eines
umgekehrten Peitschenstieles zur Eröffnung der Cardia und
Entfernung der im Magen angesammelten Gase.
L i n d n e r.
E. Bircher: Experimentelle Erzeugung von Strumen.
(Arztl. Rundschau, Nr. 24, 1910.)
Durch Verfütterung von Wasser aus anerkannten
Kropfgegenden an Ratten, welche sonst zur Kropferkran¬
kung nicht inklinieren, konnte Verf. in relativ kurzer Zeit
große Kröpfe bei denselben erzielen. Da nach den bisherigen
Erfahrungen die geologischen Formationen einen Einfluß
auf die Verbreitung des Kropfes zu besitzen scheinen, so lag
die Hypothese nahe, daß es sich beim Kropf um eine chro¬
nische Intoxikation durch das Wasser handeln könne. Wel¬
cher Art das Toxin ist, läßt sich bis heute nicht sagen. Das
Kropfwasser zeigt außer eventuell vermehrtem Ammoniak¬
gehalt keine besonderen chemischen Eigenschaften. Da die
Filtration des Wassers keinen Einfluß auf seine kröpf-
erzeugende Eigenschaft ausiibt, so dürfte wohl das schäd¬
liche Agens kein Bakterium sein. Für die Existenz eines
Toxins spricht der Umstand, daß die Erhitzung des Wassers
auf 70 0 die Kropfbildung verhindert. Jakob.
Addis: Über die Pathogenese der angeborenen
Hämophilie. (Münch. Mediz. Wochenschr., Nr. 39, 1910.)
A. bezeichnet als einzigen stets vorhandenen Faktor
bei dieser Krankheit verminderte Gerinnbarkeit des Blutes.
Es scheint sich nach ihm um das Fehlen einer Substanz zu
handeln, die das Thrombin bildet. Das Fibrin ist in normaler
699
Menge vorhanden und es gelingt nicht, durch große Mengen
von Kalzium die Zeit zu verringern, die nötig ist, um hämo-
philes Plasma zum Gerinnen zu bringen; auch konnte A.
nachweisen, daß es nicht am Fehlen der Thrombokinase liegt.
Wahrscheinlich kommen Anomalien der Blutkörperchen und
der Endothelzellen in Betracht. A.
Tierzucht und Tierhaltung.
Die Tierzuchtausstellnng anläßlich des Oktoberfestes.
Die Jubiläums-Ausstellung des Landwirtschaftlichen
Vereins in Bayern war im großen und ganzen mit fast durch¬
weg erstklassigem Material aus sämtlichen bayerischen
Zuchten beschickt.
Die Pferde entstammten zum größten Teile dem Rot¬
tale, doch waren auch Tiere aus Oberbayern und Mittel-
franken vorhanden.
Unter den Rindern befanden sich 59 Tiere des All¬
gäuer Gebirgsviehs und der Murnau-Werdenfelser Rasse,
22 Stück bayerisches Rotvieh, 70 Stück gelbes Frankenvieh,
10 Stück Glan-Donnersberger, 223 Stück oberbayerisches
Alpenfleckvieh und Fleckvieh mit Simmentalerblut aus baye¬
rischen Zuchtgebieten, sowie 30 Stück Ansbach-Triesdorfer.
Weniger zahlreich, aber nicht minder vorzüglich in
der Qualität präsentierte sich die Sehweine-Abteilung. Sie
umfaßte 42 deutsche Edelschweine, 93 Tiere des veredelten
Landschweins und 13 Stück bayerisches Landschwein.
In der Abteilung für Schafe und Ziegen waren die in
Bayern hauptsächlich vertretenen Schläge in sehr guten
Exemplaren zu sehen. Wir bemerkten 29 Rhönschafe, 7
Bastardschafe und 38 Frankenschafe, sowie 16 graue, horn¬
lose Rhönziegen, 31 weiße, hornlose Ziegen und 31 reh¬
farbige hornlose Tiere.
In der Geflügel-Ausstellung überwogen an Zahl die
Italiener in allen vorkommenden Farben, außerdem waren
gute Exemplare von Wyandottes, Orpingtons, Minorkas,
Plymouth-Rocks, sowie einzelne Rammelsloher und Augs¬
burger Hühner vorhanden. In der gleichen Abteilung be¬
fanden sich auch-die Enten (Rouen-, Peking- u. Laufenten)
und die Gänse (Pommern, Emdener und Landgänse).
Mit der Ausstellung war auch eine Kaninchenschau
verbunden, die die Besucher sowohl mit den Fleisch-Kanin¬
chen als auch den Sport-Kaninchen bekannt machte.
Die Tierschau legte ein beredtes Zeugnis für den
gegenwärtigen hohen Stand der baverischen Tierzucht ab.
M.
700
Die Bedeutung des Experimentes in der Pathologie und
Tierzucht.
In der 82. Naturforscherversammlung zu Königsberg
besprach Prof. Tornier -Berlin die Bedeutung des
Experiments in Pathologie und Tierzucht.
Erst durch das Experiment, so erklärte T., ist die Tierbiologie
aus der Vorstufe der Philosophie zur exakten Forschung
geworden. Tornier ist es gelungen mit Axolotlen und
Fröschen durch Aufzucht ihrer Embryonen in plasma¬
schwächenden chemischen Lösungen und in Wasser mit
Luftmangel alle jene Verbildungen hervorzurufen, welche
als angeborene Mißbildungen in ganz genau derselben Form
bei allen Wirbeltieren, also auch bei den Säugetieren und
deshalb auch beim Menschen, von Natur auf treten, so daß
nach T. zweifellos auch bei diesem die gleichartigen Verbil¬
dungen unter gleichen Bedingungen entstehen. Die plasma¬
schwächenden Lösungen wirken dabei, indem sie die Be¬
wegungs-Energie des Embryo schwächen und zugleich auch
dessen Aufbauzellen und vor allem seinen Nährdotter vor¬
quellen lassen. Dadurch werden z. B. in der aufgetriebenen
Leibeshöhle alle Organe in der Entwicklung stark gehemmt
und dadurch verkleinert, so Herz, Nieren, Lunge, und die
Tiere werden in extremen Fällen teilweise oder ganz un¬
fruchtbar. Durch zu langes Offenbleiben der embryonalen
Afteranlage wird der Schwanz entweder für immer aufge¬
richtet oder durch Spitzenverlust zum Stummelschwanz oder
kommt gar nicht zur Entwicklung. Indem sich ferner der
vorquellende Nährdotter vor die wachsende Kopfanlage legt
und in die entstehende Mundhöhle eindringt, wird unter
anderem zuerst die Schnauze des Tieres verkümmert, dann
auch der Unterkiefer. Die Mundhöhle erweitert sich stark
und der Mund erhält die Neigung oder den Zwang zum
Offenbleiben u. s. w. Unter solcher Nährdottervorquellung
konnten experimentell erzielt werden: Zyklopen, Hasen¬
scharte, Albinismus, Augenlosigkeit, angeborene Kurz- und
Weitsichtigkeit u.s. w. Es wurde dann von T. an dem Beispiel
der Goldfische und Hausschweine nachgewiesen, daß die Haus¬
oder „Kulturcharaktere“ der Tiere zumeist auch aus ver¬
hältnismäßig geringerer embyonaler Plasmaschwäche ihren
Ursprung haben, so z. B. die Schnauzenverkürzung und die
Stirnauftreibung der Tiere, das Hochtragen des Schwanzes,
die Vergrößerung des Leibumfanges und die Verkleinerung
der Uliedmaßcn, die Anlage zur Fettsucht und die Zahmheit.
Diese Plasmasehwiiehe aber entstand durch Luftmangel in
schlecht ventilierten Ställen und Aufzuchtbehältern. —
701
Nachdem Tornier dann darauf eingegangen war, daß
auch bei dem Menschen die angeborenen Mißbildungen wie
die experimentell erzielten entstehen, betonte er, daß es nun¬
mehr möglich werde, ihr Entstehen beim Menschen zu ver¬
hindern.
Verschiedenes.
50jähriges Jubiläum.
Der Kgl. Bezirkstierarzt a. D. H e i c h 1 i n g e r in
Netiburg a. K. feierte vor kurzem das 50 jährige Berufs-
Jubiläum. Wir beglückwünschen den geehrten Jubilar herz¬
lickst zu dieser Feier. Mögen ihm noch viele glückliche
Lebensjahre beschieden sein! I). Red.
Tierärztliche Hochschule Stuttgart.
In der Antwort, welche das Kgl. Württembergische Staats¬
ministerium der Studentenschaft auf eine Anfrage erteilte, heißt es:
Die Unterrichtsverwaltung wird die Belassung der Tierärztlichen
Hochschule für die nächste Finanzperiode 1. April 1911—31. März 1913
beantragen; wenn dann noch eine genügende Anzahl von Studieren¬
den vorhanden sein sollte, wird auch die Belassung der Hochschule
für die Etatsperiode 1913/15 in Erwägung gezogen.
Ich habe in der Wochenschrift wiederholt die Meinung zum
Ausdruck gebracht, daß im Laufe dieser Zeit noch recht wohl Ver¬
hältnisse eintreten können, welche später die württembergischen
Kammern zu bestimmen vermögen, den Beschluß, durch welche
die Aufhebung der Hochschule votiert wurde, aufzuheben. Als ein
solches Vorkommnis, das von Bedeutung für die Zukunft der Hoch¬
schule sein kann, darf vielleicht der Umstand bezeichnet werden,
daß die württembergischen Landtagswahlen alsbald erfolgen. Neue
in die Kammer eintretende Abgeordnete haben möglicherweise eine
ganz andere Auffassung von der die Württembergische Tierärztliche
Hochschule betr. Sachlage, als die Mehrheit der bisherigen Kammer.
Seit dem Beschlüsse der Kammer, welcher die Aufhebung der
Hochschule bestimmte, wurde diese Angelegenheit in der Fachpresse,
in der Tagespresse und in der landwirtschaftlichen Presse besprochen
und die Quintessenz der verschiedenen Preßerörterungen ist das
Urteil, daß mit der Auflassung der Hochschule ein großer Fehler
gemacht worden sei und daß wenigstens zunächst Vertagung oder
Aussetzung des Beschlusses hätte erfolgen sollen.
Es dürfte nicht verfehlt sein anzunehmen, daß gerade durch
die Beleuchtung der Sache in der Presse in der Zwischenzeit manche
Abgeordnete, die für den Beschluß gestimmt, anderer Meinung ge¬
worden sein können und daß zukünftige neuzuwählende Abgeordnete
die Angelegenheit in anderer, für den Fortbestand der Hochschule
günstigerer Weise besehen und beurteilen. Weitere Information der
Landboten durch das Wort und die Presse dürften das Ihrige zu
Aufklärungen und bezw. Sinnesänderungen der letzteren beitragen.
Nach dem Inhalte der eingangs erwähnten Erlasse des württem¬
bergischen Ministeriums darf jedoch der Fortbestand der Hoch¬
schule nur dann erhofft werden, wenn die Frequenz derselben eine
entsprechende ist.
702
Um diese zu erreichen wäre vor Allem erforderlich, daß die
jungen Herren, welche im letzten Semester an der Stuttgarter Hoch¬
schule studierten, daselbst verbleiben und nicht, wie von einzelnen
Korporationen beabsichtigt war, an andere Hochschulen übersiedeln.
Auf der einen Seite besteht für die Herren kein Grund, Stuttgart
zu verlassen und auf der anderen vollführen sie durch Verbleiben
eine Tat, für die ihnen der Dank der Tierärzte wird; endlich haben
sie das Bewußtsein, für eine gute Sache gewirkt zu haben.
Weiter aber wäre zweckmäßig, wenn die Frequenz der Stutt¬
garter Schule noch gesteigert werden würde. Hiezu könnte die
Anregung von Studierenden anderer Hochschulen auf Grundlage
idealer Gesinnung selbst ausgehen; außerdem aber könnten hiezu
Anregungen von Kollegen aus der Praxis dienlich sein. Den letzteren
Punkt betreffend, würde es sich insbesonders um solche junge
Herren handeln, die das Studium der Tierheilkunde beginnen. Diese
fragen vor der Berufswahl — und wenn sie erfolgte — vor dem
Bezug einer Hochschule, in der Regel einen Tierarzt um Rat nach
verschiedenen Seiten. Die Anregung zum Besuche der Stuttgarter
Hochschule würde dem Zwecke, die Erhaltung derselben zu ermög¬
lichen, dienlich sein.
Die Devise für Veterinärstudenten, welche für die Erhaltung
der altehrwürdigen Stuttgarter Hochschule das Ihrige beitragen
wollen, muß lauten: „Treue für Stuttgart“ und „Nach Stutt¬
gart!“ A.
Deutscher Veterinärrat.
Auf Anregung des Herrn Kollegen Dr. Ellinger in
Neustadt (Orla) wurde an den Herrn Reichskanzler folgende
Eingabe gerichtet:
Stuttgart/Straßburg, den 6. Juli 1910.
Betreff: Abänderung des
Reichsstempelgesetzes
vom 3. Juni 1906.
Die Petitionskommission des Deutschen Reichstags verhandelte
in ihrer Sitzung vom 15. April 1910 über eine Eingabe der Kraft¬
fahrer-Vereinigung Deutscher Ärzte, worin letztere bittet, das Reichs¬
stempelgesetz vom 3. Juni 1906, Tarifnummer 8, abzuändern, wie folgt:
„Für Kraftfahrzeuge, welche von Ärzten hauptsächlich
in Ausübung ihres Berufs verwendet werden, ist nur die
Hälfte der Abgabe zu entrichten.
Für Ärzte, die in Ausübung ihres Berufs zwei Kraft¬
fahrzeuge verwenden, von den zu gleicher Zeit immer nur
eins läuft, bleibt das zweite Kraftfahrzeug von der Abgabe
befreit.“
Entsprechend dem Beschluß der Kommission wurde Eurer
Exzellenz vom Reichstage die Petition II Nr. 578 der Kraftfahrer-
Vereinigung Deutscher Ärzte um Ermäßigung der Reichsstempel¬
abgabe für Kraftfahrzeuge der Ärzte zur Berücksichtigung überwiesen.
Unter Bezugnahme hierauf erlauben sich die Unterzeichneten
im Namen des Deutschen Veterinärrates Eurer Exzellenz die ehr¬
erbietigste Bitte zu unterbreiten, bei etwaiger Abänderung des
erwähnten Gesetzes im Sinne der Wünsche der Kraftfahrer-Vereini¬
gung Deutseher Ärzte die gedachte Vergünstigung auch hochgeneigtest
auf die kraftfahrenden Tierärzte ausdehnen zu wollen.
703
Ebenso wie der Arzt ist auch der Tierarzt zur Ausübung
seines Berufs auf die Benützung der modernsten Beförderungsmittel
angewiesen, so daß auch beim Kraftfahrzeug des Tierarztes die Vor¬
aussetzungen der Rubrizierung als Luxusfahrzeug fehlen. Das Kraft¬
fahrzeug des Tierarztes dürfte gleichwie das des Arztes als „Geschäfts¬
wagen zu gewerblichen Zwecken“ anzusehen sein. Auch die übrigen,
von der Kraftfahrer-Vereinigung Deutscher Ärzte geltend gemachten
Punkte sind bei den Tierärzten ähnlich gelagert wie bei den Ärzten.
Durch das infolge Verwendung des Kraftwagens ermöglichte, schnelle
Erscheinen des Tierarztes zur Hilfeleistung bei schweren Erkrankungen
oder Unglücksfällen ist schon manches wertvolle Zucht- oder Arbeits¬
tier am Leben und damit im Wert erhalten worden, wodurch der
Besitzer und die Allgemeinheit vor Vermögensschädigung bewahrt
worden sind. Ferner kann der Tierarzt, wenn er rasch zur Stelle
ist, selbst bei tödlichen Krankheiten durch Anraten der sofortigen
Abschlachtung oft noch erhebliche Fleischwerte retten. Schließlich
kommt das Auto des Tierarztes häufig genug auch der Seuchen¬
bekämpfung und der Verhütung von Übertragungen gewisser Tier¬
krankheiten auf den Menschen sehr zu statten.
In größter Ehrerbietung
Oberregierungsrat (gez.) Landestierarzt (gez.)
Dr. v. Belßwänger Zündel
Präsident I. Schriftführer
des Deutschen Veterinärrats.
Bttcherschau.
Jahrbuch für wissenschaftliche und praktische Tierzucht.
Ile rausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Züch¬
tungskunde; bearbeitet von Dr. G. W i 1 s d o r f - Berlin
und Prof. Dr. R. Müller - Tetschen a. E. Fünfter Jahr¬
gang. Verlag von Schaper, Hannover 1910. Preis 13 Ji.
Für Mitglieder der Gesellschaft 9 <M 75 *3-
Die fünfte Ausgabe des Jahrbuchs der Deutschen Ge¬
sellschaft für Züchtungskunde bringt in der ersten Abtei¬
lung des Inhaltes Original-Aufsätze; die zweite Abteilung
enthält Auszüge aus den seit Jahresfrist erschienenen Ar¬
beiten und Hinweise auf diese. Es sind berücksichtigt:
Anatomie, Physiologie, Psychologie, Biologie, Hygiene, Füt¬
terung, Geschichte u. Geographie der Haustiere und Volks¬
wirtschaftliches; die dritte Abteilung behandelt Beobach¬
tungen und Erfahrungen in praktischen Zuchtbetrieben.
Von den Original-Artikeln interessieren besonders die
Arbeiten von Schüttler „Wachstumsmessungen beim
Pferde“ und von Hilzheimer „Wie hat der Ur aus¬
gesehen?“. Die Auszüge aus den oben genannten Gebieten
sind sorgfältig gegeben und die Leser werden gerade auch
für diesen Teil des Jahrbuchs, dessen Inhalt ihnen ihre
literarischen Studien der Zeitschriften über Tierzucht und
verwandte Gebiete vereinfacht, dankbar sein.
704
Als sehr zweckmäßig muß die meines Wissens in dem
fünften Jahrbuche zum erstenmale getroffene Einrichtung
bezeichnet werden, Beobachtungen und Erfahrungen im
praktischen Zuchtbetriebe mitzuteilen. Diese Einrichtung
wird anregend und befruchtend auf publizistische Arbeiten
der Praktiker wirken und dadurch Material zur Klärung
tierzüchterischer Fragen bringen.
Nach dem Gesagten ist das Jahrbuch für Tierzüchter
ein vorzügliches Mittel, sich auf dem Gebiet der Tierzucht
auf dem Laufenden zu erhalten und daher sehr zu empfehlen.
A.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Oberregierungsrat Hafner Franz
in Karlsruhe das Ritterkreuz I. Klasse mit Eichenlaub des Ordens
vom Zähringer Löwen; zu Veterinärräten wurden ernannt: die Gro߬
herzoglichen Bezirkstierärzte Berger Max in Bühl, Dotter Emil
in Lörrach, Kohlhepp Karl in Bretten, Merkle Friedrich in
Offenburg und die Zuchtinspektoren Mül ler Wilhelm in Radolfzell
und Servatius Max in Freiburg i. Br.
Ernennung: Dr. Fritz Franz, Prosektor an der Tierärztl.
Hochschule in Stuttgart zum Schlachthoftierarzt in Zürich.
Approbationen: in Berlin die Herren v. Böhm Max aus
Breslau, Friede 1 Friedrich aus Mosbach, Hock Richard aus
Acliern, Mandelkow Fritz aus Zossen und Weber Lukas aus
Neckargemünd.
Promotion: Zum Dr. med. vet. in Bern Tierarzt Bischofs¬
werder Norbert in Dortmund.
JBtjStJSSEfft.
Der ansteckende
Scheidenkatarrh
wird in kurzer Zeit durch das geruchlose „Bissulin“
geheilt. Anwendung einfach und bequem. Weit
über 100 Gutachten von Tierärzten bezeugen die
vorzügliche Wirkung.
Lieferung nur an Tierärzte oder in deren
Auftrag.
Alleiniger Fabrikant:
H. Trommsdorff, chem. Fabrik, Aachen 31.
Druck vou J. Gotteswinter, München. — Kommissionsverlag: M. Riegersche
Universitiltsbuchhandliing, München, Odeonsplatz 2.
Münchener
((rlllier: Wochenschrift für Tierheilkunde nid Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 18. Oktober 1910. Nr. 42.
Inhalt : Originalartikel: Weiß: Einige seltene Sektions¬
ergebnisse. — Lechle: Zur Operation des Nabelbruches der
Fohlen. — Referate: Trevisan: Über Akarusräude. Voßhage:
Die intratracheale Injektion mit dem Sprayapparat. Reynolds:
Der Einfluß der Narkotica auf die Phagozytose. Wagner: Be¬
handlung der Adipositas mit Schilddrüsenpräparaten. — Tier¬
zucht undTierhaltung: Die Bierhefe als Futtermittel. —
Verschiedenes: 65. Generalversammlung des tierärztlichen
Kreisvereins von Schwaben und Neuburg. Promotionsrecht.
Landesverband der bayerischen Fleischbeschauer und Tricbmen-
scbauer. Yiehseuchen-Nachrichten. — Bücherschau. —Per¬
sonalien. :
Einige seltene Sektionsergebnisse.
Yon Stabsveterinär Weiß, Dillingen.
1. Euptura splenis.
Bei einer 3jährigen Holsteiner Stute, die ihr Mittags¬
futter noch gut aufgenommen hatte, traten nachmittags
4 Uhr Unruheerscheinungen mit Schweißausbruch an den
Flanken auf. Rektaltemperatur 39,1 0 C., peristaltische Ge¬
räusche anfänglich noch wahrnehmbar, sistieren alsbald.
Bald dampft das in Schweiß gebadete Pferd, während Ex¬
tremitäten, Ohren und Vorkopf sich kalt anfühlen. Puls
hart, 86 pro Minute, kaum fühlbar, Herztöne hellklingend,
Atmung geschieht angestrengt in 36 Zügen. Hinterleib
schwach aufgetrieben. Bei Exploration des Mastdarmes
findet man ihn und die Blase leer, bei weiterem Vordringen
mit der Hand wird lebhaftes Schmerzgefühl ausgelöst, so
daß sich Patient während dieser Untersuchung zweimal zu
Boden fallen läßt. Sonst ist dabei nichts besonderes zu kon¬
statieren. 3 Stunden später liegt das Pferd ruhig im Stande,
Schweißausbruch besteht nicht mehr; Peristaltik zeitweise
schwach und klingend hörbar. Atmung geschieht in 24
Zügen, doch ist der Puls unfühlbar geworden und die Herz-
?06
tätigkeit pochend auf 94 Schläge gestiegen. Bald steht das
Pferd wieder auf, zeigt lebhaftes Durstgefühl und unter zu¬
nehmender Schwäche verendet es gegen 2 Uhr morgens.
12 Stunden später findet die Obduktion statt; sie
ergibt:
Kadaver aufgetrieben, Muskeln hellrot. Beim Offnen
der Bauchhöhle fließt mit Gerinnsel vermischtes Blut in er¬
heblicher Menge ab; ein Gerinnsel von Pferde-Lebergröße
rutscht bei Herausnahme der Eingeweide mit heraus. Leber
hell-gelblich-grün. Ungefähr in der Mitte der Milz klebt
ihr, parallel zu ihrem hinteren Bande, ein schwach ge¬
bogener Streifen geronnenen Blutes auf, unter welchem sieh
zwei in die Milzpulpa hinein ragende Zusammenhangst ren¬
nungen der Milzkapsel vorfinden, im ganzen zirka 15 cm
lang. Die eine bildet gleichsam die Fortsetzung der anderen,
doch verläuft sie l A /h cm tiefer und dabei 1 cm lang neben
der anderen. Wundränder unglatt. Pulpa im übrigen fest.
Zwerchfellsspiegel auf der Bauchseite schwarz-rot verfärbt,
die korrespondierende Stelle auf der Brustfläche heller.
An der Gekröswurzel zeigt sich die Wand der Bauch¬
aorta hart und auf der Innenfläche rauh. Im Innern findet
sich dort ein filigranartiger, rosa-roter Thrombus vor, der
ein das Lumen durchkreuzendes Netzwerk darstellt und als¬
bald zerfällt. Linke Niere hell-gelblich-grüu, matsch, stark
durchsaftet, an einzelnen Stellen keilförmig; Binden- und
Marksubstanz sulzig infiltriert, gequollen und nicht mehr
von einander unterscheidbar; rechte Niere hell-lehmfarbig
mit Furchen oder Falten in der Nierenhaut, in welchen sich
zum Teil verästelnde rote Streifen vorfinden, so daß sie ganz
das Aussehen von Hirn bekommen hat. Sie fühlt sich
schwappelig an und zeigt beim Durchschneiden sulzig-gallert-
artigen Inhalt. Linker Eierstock durch eine hühnereigroße
Blase, die gelblich-wässerige Flüssigkeit enthält, vergrößert.
Pathologisch-anatomische Diagnose: Hydrops follicul.
ovarii sin., Thrombose und Arteriosklerose der hinteren Aorta.
Narbenniere. Anaemische Infarkte der Nieren. Milzruptur.
Haematoeele.
Das Pferd hat wahrscheinlich einen Pferdeschlag oder
Tritt auf die Milzgegend zur Zeit besonderen Blutreichtums
der Milz und damit verbundener erhöhter Milzkapselspan-
nung erlitten, was eine Milzberstung mit Verblutung in die
Bauchhöhle zur Folge hatte.
Von der Arterienverkalkung und Thrombose der Baueh-
aorta ausgehend scheint eine Embolie der beiden Nieren
stattgefunden und besonders die rechte krankhaft verändert
707
zu haben, wenn auch ein großer Teil des gallertartigen Zer¬
falles noch auf die letzten Lebensstunden als eine Folge
mangelnder Blutzufuhr zu setzen ist.
2. Haematoma ilei.
Eine 4jährige Holsteiner Stute, welche nach iiber-
standener Druse wegen nicht entsprechender Nahrungs¬
aufnahme weiterer Beobachtung unterstellt blieb, zeigte
stets wechselndes Befinden; bald war sie ruhig, bald wieder
sehr lebhaft und rauflustig und die Rektaltemperatur
schwankte fortwährend zwischen 38,6 und 39,6 0 C. Kot
war stets kleingeballt, Herztätigkeit immer etwas frequent,
dabei arythmisch, bald dikrotisch, bald aussetzend, zweiter
Herzton etwas hell, Puls immer klein.
Eines Tages liegt das Pferd, das sich am Vormittage
bei 38,6 0 C. Rektaltemperatur noch recht munter gezeigt,
und das Mittagfutter und später noch Brot mit gutem
Appetit zu sich genommen hatte, nachmittags 4 Uhr apa¬
thisch in seinem Stande; nur dann und wann wendet es den
Kopf nach der rechten Flanke. 1 Stunde später ist Bewußt¬
losigkeit eingetreten. Puls kaum fühlbar, 84 Schläge pro
Minute. Mastdarmtemperatur 39,4 0 C., 36 Atemzüge. Ex¬
tremitäten, Ohren, Lippen kalt, Zunge schlaff. Palpation
der etwas voll erscheinenden Flanken ohne Ergebnis. Nach
1 1 /2 Stunden erhebt sich das Pferd wieder, Herzschlag
pochend, Puls außerordentlich schwach, Schweißausbruch
tritt in heftigem Grade ein, Patient sehr schwach, droht be¬
ständig umzufallen, bis er 11 Uhr nachts tot kopfüber zu¬
sammenstürzt.
17 Stunden später erfolgt die Obduktion; sie ergibt:
Kadaver eines mäßig genährten Tieres; wenig auf-
getrieben. Beim öffnen der Bauchhöhle fließt Blut in be¬
deutenden Mengen ab, zum Teil mit Gerinnsel vermischt.
Ein handflächengroßes Coagulum liegt einer unförmigen
Masse, die sich zwischen dem Hüftdarm vorfindet, unten auf,
Auflagerungsstelle schieferfarbig. Nach Herausnahme der
Eingeweide zeigt sich der Magen mäßig gefüllt, Zwölffinger¬
darm, Leerdarm, Grimm-, Blind- und Mastdarm ohne Be¬
sonderheit, desgleichen Hüftdarm am Anfangs- und Endteil.
Im zweiten Dritteil ist er an zwei Stellen mit der schon er¬
wähnten unförmigen Masse leicht verlötet, an einer dritten
»Stelle in spannenlanger Ausdehnung mit ihr innig ver¬
wachsen und nur mit dem Messer von ihr zu trennen, wobei
ein Teil der Darmwand an ihr verbleibt. An den verlöteten
oder verklebten Stellen ist der Hüftdarm gerötet, etwas vor-
708
dickt und sein Inhalt rötlich bis hell-chokoladefarben ver¬
färbt; in stärkerem Grade sind diese Verhältnisse bei der
verwachsenen Stelle gegeben.
Während der Herausnahme der Gedärme und der un¬
förmigen Hasse, die stellenweise auch mit dem Netz ver¬
wachsen ist, war aus der Neubildung an 2 Stellen in dünnem
Strahle hier Blut, dort mehr chokoladefarbene Flüssigkeit
ausgeflossen. Die Geschwulst, größer als ein Straußen-Ei,
zeigte verschiedene Farbe, meist braun bis dunkelrot, hier
völlig weiß, dort schieferfarbig. Nach Auf schneiden der
Neubildung zeigt sich ihr Zwischenmaschenwerk hauptsäch¬
lich mit Blut und Blutgerinnsel gefüllt. Ihre Wandung ist
von verschiedener Dicke und Konsistenz: hier dünn, wie
dünner Pappdeckel und weich und matsch, dort über zwei¬
fingerbreit, dick, teilweise knorpelhart, kaum zu durch-
schneiden und weiß auf der Schnittfläche, dort wieder rot¬
braun und weich. Das Gewicht der entleerten Neubildung
zirka 5 Pfund. An zwei Stellen wird die Wandung 1 dm
lang von rabenfederkieldicken Blutgefäßen durchzogen.
Es hat somit das Tier an einem früher entstandenen
Darmhämatom, d. h. einem Bluterguß zwischen Serosa und
Muskelschicht des Hüftdarmes, gelitten. Die ausgedehnte
Serosa führte zu Verdickungen und zu Verklebungen mit
Partien des Netzes und Hüftdarmes. Ein Durchbruch der
Geschwulstwandung an dünner Stelle — durch Zerrung bei
der Peristaltik entstanden —, verbunden mit erneuter Ge¬
fäßblutung, hat dann durch langsames Verbluten in die
Bauchhöhle den Tod innerhalb 7—8 Stunden herbeigeführt.
Die Entstehung der Blutgeschwulst selbst dürfte höchst
wahrscheinlich auf ein Gefäß-Aneurysma zurückzuführen
sein; leider konnten aber hiefür Beweise nicht beigebraclit
werden, zumal die Sektion auf der betreffenden, sehr mangel¬
haften Wasenstätte und bei mangelnder entsprechender
Unterstützung nur mit Schwierigkeiten vorzunehmen war.
Die überstandene Druse ist meines Erachtens mit der
Neubildung in keinerlei ursächliche Beziehung zu bringen,
wohl aber können infolge der mit ihr verbundenen Allge-
mein-Erkrankung die Wandung der Neubildung und die be¬
treffenden pathologisch veränderten Blut-Gefäße weniger
widerstandsfähig gegen Druck und Zerrung geworden sein.
3. Zystenbildung am Zungengrund.
Ein 8jähriger, ostpreußischer Wallach stand längere
Zeit unter Beobachtung, weil er zuweilen beim Galopxneren
709
rasch vorübergehende hochgradige Atembeschwerden und
einmal einen heftigen Erstickungsanfall zeigte. Trotz ein¬
gehender Untersuchung der Lunge, des Herzens und Kehl¬
kopfes konnte nichts Krankhaftes festgestellt werden. Die
Futteraufnahme war eine langsame, zuweilen wurde auch
vom Wärter Husten bei der Nahrungsaufnahme beobachtet.
Eines Abends wurde ich gerufen, weil das Pferd während
des Fütterns plötzlich umgefallen und am Verenden sei.
Ich fand das Pferd tot vor.
22 Stunden nach Eintritt des Todes fand die Obduk¬
tion statt; sie ergab:
Kadaver eines mäßig bis gut genährten Tieres, blut¬
reich, Venen gefüllt, Blut schwarz-rot, schlecht geronnen.
Bauchhöhle und ihre Organe ergeben nichts besonderes.
Linke Lunge dunkler als rechte, puffig; besonders gegen
den Rand zu sind die Lungen mit schiefergrauen Punkten
übersät. Schnittflächen saftreich; es läßt sich schaumige
Flüssigkeit abstreifen. Die tieferen Bronchien mit teilweise
gerötetem Schaume gefüllt. Herz im Zustande der Systole,
nahezu blutleer. Sonst ohne Ergebnis.
Am Zungengrund findet sich unmittelbar dem Kehl¬
deckel aufsitzend eine sich elastisch-derb anfühlende, etwas
verschiebbare Ausbuchtung der Schleimhaut vor von der
Größe und Gestalt eines Enten-Eies. Links und rechts der¬
selben, sowie noch zwischen den Zähnen zerkautes Heu.
Bei Auf schneiden des Kehlkopfes zeigen sich solche Futter¬
massen in denselben förmlich hineingepreßt, die sein Lumen
vollständig verstopfen. Nach Anschneiden der enteneigroßen
Neubildung, die aus der ausgedehnten Schleimhaut und
einem sich ihr anschließenden und mit ihr locker verwach¬
senen dünnen Balg besteht, entleert sich spritzend eine gelb¬
liche Flüssigkeit.
Es fanden sich somit an pathologisch - anatomischen
Veränderungen vor: Lungenödem, Erstickungsblutungen
am Lungenfell, Zystenbildung am Zungengrund, Ein¬
dringen eines Futterbissens in den Kehlkopf und Kohlen¬
säureüberladung des Blutes.
Die Zyste hat wiederholt Veranlassung zum Ver¬
schlucken gegeben, bis sie schließlich den tödlich ver¬
laufenen Erstickungsfall veranlaßt hatte.
4. Hernia diaphragmatica.
Ein lßjähriges Pferd war nach lßstündiger Krankheits¬
dauer an Kolik gestorben. Die 9 Stunden nach Eintritt des
Todes vorgenommene Obduktion ergab:
710
Kadaver eines mäßig genährten Tieres, nur wenig auf-
getrieben. Die Gedärme werden nach Öffnung der Bauch¬
höhle mäßig aufgetrieben in normaler Lage vorgefunden;
sie sind blaß. Nach ihrer Herausnahme ergibt sich, daß der
Magen im Zwerchfell eingekeilt ist. Auf geringen Anzug
hin hört man ein zischendes Geräusch von entweichenden
Gasen, dem sofort ein mächtiger Erguß schwarz-roten Blutes
aus der Brusthöhle folgt, wodurch sofort das ganze Bild ge¬
trübt wird. Während der weiteren Herausnahme des Magens
fallen aus demselben Futtermassen in die Blutmenge. An
der großen Kurvatur des Magens ist der seröse Überzug in
einer Ausdehnung von 35 cm geplatzt, desgleichen auch die
darunter liegende Muskelschicht, während in der Schleim¬
haut eine nur 8 cm lange Zusammenhangstrennung vor¬
handen ist. Wundränder zerfranst und durch Einlagerungen
schwarz-roten Blutes schwarz-rot verfärbt. Magenschleim¬
haut blaß, längs des Bisses bis zu dreifingerbreit grünlich¬
braun, die dazu gehörige Zwischenmuskelschicht schwarz¬
blau verfärbt; die im Magen noch vorhandenen Futterreste
sind gut gekaut und nur spärlich mit ganzen Haferköruern
vermischt. Leber braun-rot, etwas brüchig; beide Nieren
stark durchsaftet, linke Niere dunkel-purpurrot, rechte
lehmfarbig. Das Zwerchfell zeigt im linken Pfeiler einen
weit klaffenden Riß von 25 cm Höhe; Wundränder zerfasert
und blutig durchtränkt. Nach vollständiger Entleerung der
mit schwarz-rotem, ungeronnenem Blute gefüllten Brust¬
höhle werden die blaß-rosa-gelben Lungen herausgenommen
und es zeigt sich am medialen Teile des scharfen Bandes
der linken Lungenspitze die Pleura streifig losgerissen, die
betreffende Stelle und Umgebung schwurz-rot verfärbt.
Lungenschnittflächen saftreich, von blasser bis dunkel roter
Farbe; Fingereindrücke bleiben. Herzbeutel an der Spitze
blutig unterlaufen und an der Innenfläche mit kleinen Blut-
koagulas belegt. Das seröse Blatt ist an der Spitze des Herz¬
beutels streifenförmig in geringer Ausdehnung weggerissen.
Herzmuskel sieht wie gekocht aus. Herzbeutel, Brustfell
und Lungen mit Futterpartikelchen überstreut.
Es wurde somit an pathologisch-anatomischen Ver¬
änderungen vorgefunden: Zwerchfell- und Magenriß, Ein¬
bruch des Magens in die Brusthöhle, akute seröse Durch-
tränkung der Lunge und teilweise beginnende Entzündung,
Abreißen des linken Lungen-Zwerchfellbandes, teil weises
Abreißen dos Herzbeutels vom Brustfell, Bluterguß in die
Brusthöhle, fettige Entartung des Herzmuskels und Blut¬
zersetzung.
711
Das Pferd, das nie vorher Kolik hatte und stets lang¬
sam zu fressen pflegte, gleichwohl aber nie einen besonders
guten Futterzustand zeigte, war an einem Magenleiden
erkrankt ohne nachweisbare direkte Ursache. Im weiteren
Verlaufe kam es infolge heftigen Wälzens und Werfens auf
den Rücken durch Druck des Magens auf das Zwerchfell
zur Zwerchfellruptur. Der Magen preßte sich bis zur Hälfte
durch die geschaffene Wundspalte, wo er festgeklemmt,
wurde. Fortschreitende Gasentwicklung im eingeklemmten
Magenteil brachte diesen zum Platzen. Gleichzeitig mit dem
explosiven Durchbrechen des Zwerchfells dürften auch die
durch Zerrung entstandenen Zerreißungen am linken Lungen-
Zwerchfellbande und Herzbeutel entstanden sein.
Zar Operation des Nabelbrnches der Foblen.
Von Distriktstierarzt Lechle, Aub.
Ein sehr wertvolles % jähriges Fohlen hatte einen
Nabelbruch vom Umfange einer ziemlich großen Kegel¬
kugel. Da eine Behandlung aussichtslos erschien, ließ
ich das Tier auf den Rücken legen und reponierte den
Bruchinhalt. Der Bruchsack wurde nun flach zusammen¬
gelegt und am Grunde mittels Flessa’scher Hohlnadel quer
durchstochen und hierauf einFlessa’schesScheidenverschluß-
stück durchgezogen. Nach Aufschrauben der Holzkugel zog
ich eine doppeltgelegte Kastrierschnur zwischen Bauchwand
und Draht durch, vereinigte die Enden zu einem chirur¬
gischen Knoten und ließ denselben so fest als möglich zu¬
sammenziehen. Damit war die Operation beendet. Nach
8 Tagen war der abgebundene Bruchsack zu einer harten,
zweifaustgroßen Kugel geworden, die ohne weiteres Zutun
nach zirka 2 Wochen abfiel. Die entstandene Wundfläche
wurde mit Tannoform bepudert, bis vollständige Heilung
eingetreten war. (Jahresber. bayer. Tierärzte.)
Referate.
Trevisan: Über Akarusräude. (Tierärztl. Zentral¬
blatt, 1910, Nr. 21.)
Nachdem in neuerer Zeit gegen Räude eine große An¬
zahl von Arzneimitteln angepriesen wird, glaubt Verfasser
auf Grund seiner Erfahrungen auf seine Heilmethode auf¬
merksam machen zu müssen, die selbst in den verzweifeltsten
Fällen stets gelingt, und dort, wo die Krankheit schon die
größte Ausbreitung erlangt hat und die Hautoberfläche ganz
von Pusteln und Krusten bedeckt erscheint, sich immer
unfehlbar bewährt hat. Es handelt sich um Vollbäder in
712
warmer Sublimatlösung. Nach mikroskopischer Konstatie¬
rung der Räudeform zunächst ein oder zwei Vollbäder mit
Seifenwasser oder einer leichten, lauen Lösung von Soda
und Karbolsäure zur Entfettung der Haut und Erweichung
der Krusten, hierauf Eintauchen des Hundes während 8 bis
höchstens 10 Minuten in eine l%ige Lösung von ätzendem
Quecksilbersublimat bei 36—37 0 C. In ernsten Fällen
Wiederholen dieses Bades einige Tage hintereinander, sonst
alle 8 Tage, bis Heilung eintritt, die am Aufhören des
Juckens und Nachwachsen der Haare an den entblößten
Stellen wahrzunehmen ist. Dieses Vollbad ist in einer höl¬
zernen Wanne auszuführen und ist darauf zu achten, daß
der Kopf nicht in die Flüssigkeit getaucht, sondern nur be¬
netzt und mit einer Bürste gut abgerieben wird. Nach dem
Bade Anlegen eines Maulkorbes zur Verhinderung des Ab-
leckens. Der einzige Übelstand, der der Kur anhaftet, ist
eine allgemeine Abmagerung, die um so stärker wird, je
häufiger die Kurbäder gebraucht werden und die aber weiter
gar keine Folgen hat. Schon nach dem ersten Bade kann
man die heilende Wirkung sofort erkennen; der Hund gilt
als geheilt, wenn er sich nicht mehr kratzt, wenn alle Pusteln
und Krusten verschwunden sind und die Hautteile, die früher
enthaart waren, wieder behaart erscheinen; doch muß auch
dann noch die Kur einige Wochen fortgesetzt werden, weil
sonst leicht Rückfälle auftreten können. R a b u s.
Voßhage: Die intratracheale Injektion mit dem
Sprayapparat. (Deutsche Tierärztl. Wochenschrift, 1910,
Nrn. 25 u. 26.)
Die Wirkung der in der Praxis üblichen Inhalationen
ohne besondere Apparate ist nach Freund’s Untersuchungen
nur eine minimale, da sich der größte Teil der Dämpfe schon
gleich hinter den Nasenöffnungen niederschlägt. Die Be¬
handlung der tieferen Luftwege erfordert die Anwendung
teurer, sehr fein zerstäubender Apparate, wie der nach
B u 11 i n g und W a s m u t h. Bei großen Tieren können
damit auch nur Rachen, Kehlkopf und Luftröhre beeinflußt
werden. Um Medikamente in die ja ausgezeichnet resor¬
bierende Lunge selbst zu bringen, bedient man sich seit 1883
der intralaryngealen Injektion. Sie hat jedoch den Nach¬
teil, daß von ihr nur kleine Teilbezirke der Lunge und zwar
vorwiegend der Bezirk des ersten Bronchialastes und die
Spitzenlappen betroffen werden.
Um nun die Arzneien in gelöster, flüssiger Form mit
dem Inspirationsstrom fortführen und so in die feinsten
713
Verzweigungen der Lunge gelangen zu lassen, hat Professor
M a 1 k m u s einen Apparat konstruiert, der einen Spray¬
kegel von fast 1 Meter Länge erzeugt. Die Spraykanüle
wird durch eine Troikarhülse, die bei Bedarf mehrere Tage
liegen bleiben kann, in die Trachea eingeführt.
Verf. hat mit dem Apparat eine größere Anzahl von
Versuchen ausgeführt. Ergebnisse: Die in der Trachea
spray artig zerstäubte Flüssigkeit wird von der gesunden
Lunge sofort resorbiert. Eine selbst 40 Minuten lang
dauernde Zerstäubung von 250 g Flüssigkeit verursacht
dem Pferde kein Unbehagen. Die zerstäubte Flüssigkeit
verteilt sich in der ganzen Lunge, doch ungleichmäßig über
die verschiedenen Abschnitte. Durch entsprechende Rich¬
tung der Kanüle ist es möglich, eine Lunge mehr zu treffen
als die andere. Kehlkopf und Trachea werden in allen
Fällen gleichmäßig vom Spray benetzt. Ein Teil der
Flüssigkeit gelangt schon während der Applikation teils
mit der Exspirationsluft, teils durch die Flimmerbewegung
der Epithelien in den Pharynx und wird abgeschluckt. Aus
diesem Grund ist auch die für die intratracheale Ein¬
spritzung angegebene Arzneidosis von Vto bis V20 der
stomachalen für die Zerstäubung zu gering. Die Tiere
reagieren während der Zerstäubung in der Regel nicht;
nur in ein paar Fällen erfolgten einige wenige Husten¬
stöße, meist im Anschluß an Schluckbewegungen. Husten
wurde dagegen niemals bemerkt, wenn die Applikation
während der Futteraufnahme erfolgte. Die Ausführung
des Verfahrens ist nicht schwierig; sie kann ohne Assistenz
erfolgen. L i n d n e r.
Reynolds: Der Einfluß der Narkotica auf die
Phagozytose. (Lancet, 1910, und Münch. Mediz. Wochen¬
schrift, Nr. 22, 1910.)
Verf. studierte an Hunden und mehreren Meerschwein¬
chen den Einfluß subkutaner Morphiuminjektionen auf die
Phagozytose. Er fand, daß Morphium einen deutlichen Ein¬
fluß auf die Leukozyten ausübt : es bringt die Diapedese zum
Stillstand und vermindert die phagozytische Tätigkeit der
Zellen. Das Wachstum von Bakterien (in Kulturen) wird
durch Zusatz von Morphium nicht beeinträchtigt.
Die Resultate beweisen, daß Morphiuminjektionen vor
Operationen, bei Pneumonien, Appendizitiden etc. von nach¬
teiliger Wirkung sein können. Sic lähmen die Leukozyten
und leisten dadurch der Ansiedelung und Vermehrung der
Bakterien Vorschub. Jakob.
714
Wagner: Behandlung der Adipositas mit Schild¬
drüsenpräparaten. (Mediz. Klinik, Nr. 38, 1910.)
Wagner hat beim Menschen 149 Fälle von Fettsucht
mit dem Merek'schen Präparat Thyreoidinum siecum mit
vorzüglichem Erfolge behandelt. Er gab täglich zweimal
0,12 g. Die Gewichtsabnahme betrug 0,5 Pfund pro Tag.
Nebenerscheinungen, welche hie und da eine Unterbrechung
der Behandlung nötig machten, wurden lTmal beobachtet:
sie bestanden vor allem in einer gewissen Müdigkeit. Un¬
lust zu Bewegungen, in Erregung des Nervensystems und
Steigerung der Pulsfrequenz. A.
Tierzucht und Tierhaltung.
Die Bierhefe als Futtermittel.
Prof. Dr. Delbrück (Berlin) hielt im Juli d. Js. in
Brüssel über die Hefe, ein Edelpilz, einen beachtens¬
werten Vortrag, der unter anderem auch die Frage der
Verbitterung von Hefe und der Verwendung derselben als
Nahrungsmittel für unsere Haustiere streifte. Die unmittel¬
bare Verbitterung von Bierhefe, die in großen Quantitäten
(ca. 775 000 Doppelzentner nasser Abfallhefe im Deutschen
Reich) im Brauereil»etriebe anfällt, ist nicht empfehlenswert.
Die Hefe führt nämlich, wenn die Zellen nicht mit Sicherheit
durch den Säuregehalt der Verdauungssäfte abgetötet wer¬
den, in größeren Mengen aufgenommen, zu Verdauungs¬
störungen. In gekochter Form ist eine Verwendung als
Futtermittel nur dann möglich, wenn mit dem Brauerei¬
gewerbe gleichzeitig eine Tierhaltung verbunden ist.
Die Trockenhefe hingegen ist durchaus bekömmlich.
Durch das Trocknen sterben sämtliche Zellen ab. Die
Entbitterung der Bierhefe zwecks Verbitterung ist nicht
notwendig. Die Tiere gewöhnen sich leicht selbst an
größer«' Mcmgen ziemlich bitterer liefe.
An der von Delbrück geleiteten Anstalt sind bisher
Versuche mit d<>r Verbitterung von Trockenhefe an Pferden,
Schweinen und Schafen durchgeführt, die ein gutes Resultat
zeitigten. Die Tiere haben die Hefe gern aufgenonnnen.
Es darf auch nach den Versuchen von Kellner (Land¬
wirtschaftliche Versuchsstation Möckern), angenommen
werden, daß die Hefe fast vollkommen verdaulich ist. Zu
den Versuchen ist sowohl in Deutschland wie in England
hergestellte Trockenhefc benützt worden. Auch der Futter¬
mittelbandel hat das neu« 1 Futtermittel freudig begrüßt.
100 Kilo Trockenhefe werden zu Fütterungszwecken zum
715
Preise von 16 Mark abgegeben. Bei vollständiger Aus¬
bildung des Trockenhefeverfahrens werden an Trockenhefe
von 100 Kilo ausgepreßter Frischhefe 30 Kilo Trockenhefe
erhalten. Die Trockenkosten belaufen sich voraussichtlich
nicht höher als 1 Mark pro Doppelzentner gepreßter Frisch¬
hefe. Besonders gut hat sich der Ersatz des Hafers durch
Hefe und Trockenkartoft'eln bewährt. Die zu den Ver¬
suchen benützten Pferde erhielten statt 8 Kilo Hafer und
2 Kilo Trockenkartoffeln 3 Kilo Hafer, 0,64 Kilo Hefe und
6,35 Kilo Trockenkartoffeln. Jakob.
Verschiedenes.
65. General-Versammlung des tierärztlichen Kreisvereins
von Schwaben und Neuburg.
Am 27. Juni 1910 fand in Augsburg im Regierungs¬
gebäude die 65. Generalversammlung des tierärztlichen
Kreisvereins von Schwaben und Neuburg statt. Es hatten
sich hiezu 38 Tierärzte eingefunden. Als Kommissär der
K. Kreisregierung war Herr K. Regierungs- und Veterinär¬
rat Weis köpf abgeordnet. Der I. Vorstand, K. Bezirks¬
tierarzt Junginger-Kempten, begrüßte den Herrn Re¬
gierungskommissär und die zahlreich erschienenen Kollegen ;
auffallender Weise waren gerade die K. Bezirkstierärzte in
geringer Zahl vertreten. Der Vorstand gedachte der aus
dem Vereine ausgeschiedenen Mitglieder, insbesondere des
durch Tod abgegangenen K. Bezirkstierarztes Fritz Steger
von Zusmarshausen, welchem auch noch der Herr Regierungs¬
rat Weiskopf einen äußerst warm gehaltenen und dessen
Tätigkeit anerkennenden Nachruf widmete. Der Verein
zählt nunmehr 7 Ehren- und 66 ordentliche Mitglieder.
Entschuldigt hatten ihr Ausbleiben 23 Mitglieder.
Der Vorstand machte aufmerksam auf den Fortschritt,
den der Stand wieder errungen hat durch Verleihung des
Promotionsrechtes an die tierärztliche Hochschule München
und es wird beschlossen, ein Danktelegramm an S. Exzellenz
den Herrn Staatsminister des Innern für Kirchen- und
Schulangelegenheiten Dr. von Wehn er in München alt¬
zusenden.
Der Vorstand erstattet dann noch ein ausführliches
Referat über Standesangelegenheiten, welches zu einer leb¬
haften Debatte Anlaß gibt.
Die Rechnungsablage des Vereinskassiers, K. Bezirks¬
tierarztes e. st. und Zuchtinspektors Dr. Greither-Donau-
wörth gab zu Erinnerungen keinen Anlaß. Junginger
716
berichtet dann noch über den Verlauf der Verhandlungen
des deutschen Veterinärrats zu Stuttgart 1909 und des
internationalen tierärztlichen Kongresses zu Haag in Holland,
derselbe hält heuer beim deutschen Veterinärrat in Ham¬
burg einen Vortrag über Molkereien und genossenschaft¬
liche Viehverwertung. Stadt. Bezirkstierarzt und Schlacht¬
hofdirektor Schneider vertritt den Verein auf der All¬
gemeinen Hygiene-Ausstellung in Dresden.
Es fand dann eine Besprechung praktischer Fälle
statt, worauf zur Neuwahl der Vorstandschaft geschritten
wurde. Aus derselben gingen hervor als I. Vorstand
K. Bezirkstierarzt Emil Junginger Kempten, als II. Vor¬
stand K. Bezirkstierarzt Karl E n g e 1 - Kaufbeuren, als
I. Schriftführer K. Bezirkstierarzt Otto Schwenk-Augs¬
burg, als II. Schriftführer K. Bezirkstierarzt Hugo Pletzer-
Schwabmünchen, als Kassier K. Bezirkstierarzt e. st. und
Zuchtinspektor Dr. Heinrich Greither-Donauwörth, als
Ersatzmänner städt. Bezirkstierarzt Dr. Georg Stroh-
Augsburg und Distriktstierarzt Ludwig Freyberger-
Immenstadt.
Als Vertreter des Vereines zum Obermedizinal-Aus-
schuß wird Herr K. Regierungsrat Weiskopf, als dessen
Stellvertreter Vorstand Junginger gewählt, zum deutschen
Veterinärrat werden Junginger und Freyberger ge¬
wählt. Herr Schlachthofdirektor Schneider verspricht
dann noch, das bei Durchführung der obligatorischen
Trichinenschau in der Stadt Augsburg zur Einführung
gelangende Trichinoskop der nächsten Versammlung vor¬
führen zu wollen.
Ein gemeinschaftliches Diner im Hotel „Weißes Lamm“
beschloß die diesjährige Tagung. Schwenk.
Promotionsrecht.
Der Königliche Erlaß, nach welchem den beiden
preußischen Tierärztlichen Hochschulen das Promotionsrecht
verliehen wird, lautet:
Auf den Bericht vom 22. August d. J. will Ich den
Tierärztlichen Hochschulen in Anerkennung der wissen¬
schaftlichen Bedeutung, die sie im Laufe der Jahre, nament¬
lich seit ihrer Umwandlung aus Tierarzneischulen in Hoch¬
schulen, erlangt, haben, das Recht einräumen, nach Ma߬
gabe der in der Promotionsordnung festgesetzten Bedin¬
gungen approbierte Tierärzte sowie Ausländer, die die tier¬
ärztliche Fachprüfung in Deutschland bestanden haben, auf
Grund einer Prüfung zum doctor medicinae veterinariae
717
(abgekürzte Schreibweise: Dr. med. vet.) zu promovieren
und die Würde eines doctor medicinae veterinariae auch
ehrenhalber als seltene Auszeichnung an Männer zu ver¬
leihen, die sich um die Förderung der Veterinärwissenschaft
hervorragende Verdienste erworben haben.
Stolp, den 5. September 1910.
Wilhelm.
t
von Trott zu Solz. Freiherr von Schorlemer.
Landesverband der bayerischen Fleischbeschauer und
T richinenschauer.
Der erst im Vorjahre gegründete Landesverband der bayer¬
ischen Fleischbeschauer- und Trichinenschauer-Vereine hielt am
25 . September in München im Hotel Union seinen ersten ordent¬
lichen Verbandstag ab. Der I. Vorsitzende Schäffer-Nürnberg
begrüßte die Gäste und Kollegen und schloß mit einem Hoch auf
das Königshaus. Hierauf hielt der Oberinspektor und Gemeinde¬
bevollmächtigte Je hie ein Referat über das Thema: „Sind die
Bestrebungen der bayerischen Fleischbeschauer und Trichinenschauer
berechtigt?“ Seit seinem kurzen Bestehen habe sich der Verband
die Sympathie der Regierung zu erringen gewußt, weil seine An¬
gehörigen ihre Bestrebungen unter dem Gesichtspunkte von Beamten¬
eigenschaft und Beamtenpflicht geltend machten. Es sei bis jetzt
schon sehr gut im Verband gearbeitet worden. Bedauerlich seien
manche Meinungsverschiedenheiten mit den Tierärzten, wenn auch
konstatiert werden müsse, daß die Mehrzahl der Tierärzte den Fleisch¬
beschauern und Triehinenschauern günstig gesinnt sei. Das Haupt¬
bestreben sei dahin zu richten, daß den Fleischbeschauern, die doch
einen für die Allgemeinheit so wichtigen Dienst tun, die Beamten¬
eigenschaft im Sinne des öffentlichen Rechtes verliehen werde. Es
müsse ihnen eine definitive Anstellung und Pensionsberechtigung
verliehen werden. "Wichtig sei ferner, daß die Fleischbeschauer in
jeder Beziehung unabhängig von einflußreichen Personen der Ge¬
meinde gemacht würden. Das Selbsteinkassieren ihrer Gebühren,
die oft unglaublich niedrig sind, nehme den Fleischbeschauern
die Beamteneigeuschaft, es müsste ihnen daher fester Gehalt ge¬
währt werden. Wenn der Zentralverband der Fleischbeschauer
und Trichinenschauer seine Interressen weiter in der bisherigen
Ruhe, Sachlichkeit und Vornehmheit wahrnehme, könne er der
Achtung und Sympathie der weitesten Kreise sicher sein. Hierauf
hielt Distriktstierarzt Dr. Kreutzer (Murnau) einen Vortrag über
den „Wert der Fleichbeschau und Trichinenschau für
das Volkswohl“. Viele Gefahren könne der Fleischgenuß den
Menschen bringen, häufig seien Schlachttiere krank. Parasiten, die nur
andere Tiere heimsuchen und solche, die auf Menschen übertragbar
sind, wie Bandwürmer, Augenfinnen, Trichinen usw. hätten schon
viel Unheil angerichtet Dazu komme das Heer der auf bakterieller
Ansteckung beruhenden Krankheiten, die wie z. B. Milzbrand, Rotz,
Tuberkulose für die Menschen höchst gefährlich sind. Angesichts
solcher Gefahren sei eine genaue und strikte Fleischbeschau ein ab¬
solutes Bedürfnis. Das Gleiche gelte von der Trichinenschau, durch
welche schon schwere Fälle von Trichinosis, wie in Rothenburg o T.
718
und Markt-Erlbach verhindert wurden. Es müsse die Einführung
der obligatorischen Trichinenschau gefordert werden. Die Wirkung
einer genauen Fleischbeschau beweise deutlich die Statistik seit der
Einfülirung des neuen Fleischbeschaugesetzes. So seien B. Er¬
krankungen durch Augenfinnen, Bandwürmer ganz bedeutend in
der Zahl gefallen. — Am nächsten Tag vormittag fand im Hotel
Union die Hauptversammlung statt, in der die Verbandsangelegen¬
heiten erledigt wurden.
Stand der Tierseuchen in Bayern am 30. September 1910.
Schweineseuche (Schweinepest):
Ober Bayern: 24 Gmd. (24 Geh.); Niederbayern:
20 Gmd. (26 Geh.); Pfalz: 1 Gmd. (1 Geh.); Oberpfalz:
4 Gmd. (4 Geh.); Mittelfranken: 3 Gmd. (7 Geh.);
Unterfranken: 3 Gmd. (3 Geh.); Schwaben: 3 Gmd.
(3 Geh.).
Bttclierscliaii.
Handbuch der Milchkunde. Von Dr. phil. et med. vet. H. Rievel,
Professor an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Zweite
neubearbeitete Auflage. Hannover. Verlag von Scbaper 1910.
Preis 11,50 Mk., geb. 13 Mk.
Der Inhalt des Buches behandelt im I. Abschnitte die Milch
und ihre Eigenschaften; im II. die gesundheitsschädliche Beschaffen¬
heit der Milch; im III. sind die Maßregeln zur Verhütung der durch
den Milchgenuß drohenden Gefahren besprochen; der IV. und V.
handeln von der Kinderinilch als Säuglingsnahrung und von der
Milchkontrolle.
Erfreute sich schon die erste Ausgabe des Rievel’sehen
Werkes über Milchkunde allseits einer sehr günstigen Aufnahme, so
wird dieses bezüglich der gegenwärtigen noch mehr der Fall sein.
Diese ist zum Teil neu bearbeitet und dabei hat der Verf. eine
besondere Rücksicht auf die Behandlung der praktischen Seite der
Milchkunde genommen. Die Kapitel über Enzyme, Bakterien, Ver¬
sorgung der Städte mit Milch, Milchhandel, sowie die praktische
Untersuchung der Milch unter Anwendung der Enzyminethode sind
in der vorliegenden Ausgabe vollständig umgearbeitet und ergänzt
worden; dabei haben alle wissenschaftlich und praktisch bedeut¬
samen Errungenschaften, welche seit dem Erscheinen der ersten Auf¬
lage des Buches aufgetaucht sind, volle Beachtung gefunden. Für die
weitgehende günstige Würdigung des hervorragenden Buches möge
auch der Umstand sprechen, daß das Werk bereits in die ungarische
und russische Sprache übersetzt wurde. A.
Personalien.
Ernennungen: Dr. Oelimke Paul, Hof- und Kreistierarzt
in Praunscliweitf zum Landestierarzt dortselbst. Dr. Hall aus
Donauesehiiigeii zum ständigen Mitarbeiter im Kaiserl. Gesundheits¬
amt. Karl Hans, Zuehtinspektorsassistent zum Distriktstierarzt in
Windsheim.
Approbationen: in Hannover die Herren Koller Albert
und Kropp itudolf aus Hannover.
Chem. Fabrik ° Darmstadt
empfiehlt alle Drogen nnd Chemikalien für die Veterinärpraxis,
insbesondere:
Arecolin, Atropin, Cocain, Eserin, Morphin, Pilocarpin,
Podophyllin, Strychnin, Veratrin, Blei-, Jod-, Queck¬
silber-, Wismnthverbindnngen etc., ferner Tuberknlin
nnd Bovotnberknlol für diagnostische Zwecke,
sowie die Spezialpräparate:
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pro usu veterinario 10°/° und
25 °/'o. Vorzüglicher Ersatz für
Jodalkalien.
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Dämpfigkeit, Lebercirrhose,
Leberkoller, Tetanus, Morbus
maculosus der Pferde, Akti-
nomykose, Tuberkulose der
Kinder.
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Ausgezeichnetes Antiseptikum.
Völlig ungiftig, stark des¬
odorierend.
Innerlich:
Wirksames Antidiarrhoicum,
besonders bei Kälber rühr
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stofisuperoxyd. ticum.
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Heilmittel gegen akute und Für Schutz- und Heilzwecke
chronische Schweineseuche. empfohlen.
Beide Präparate sind direkt zu beziehen durch
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Sagisdorferstraße 1.
720
Bekanntmachung.
Mit Fertigstellung des Viehhofes, die im Laufe des
Dezember 1910 erfolgen soll, ist die Stelle eines städtischen
Amtstierarxtes zu besetzen.
Das Gehalt beträgt 3000 Mark pro Jahr, steigend von
3—3 Jahren um je öOO Mark bis zu einem Höchstbezug von
6000 Mark. Hiezu wird freie Wohnung nebst Heizung und
Beleuchtung gewährt. Neben bezöge irgend welcher Art be¬
stehen nicht, auch Privatpraxis ist ausgeschlossen.
Den Gesuchen, welche längstens bis 10. Xovember er.
an den Stadtmagistrat Bamberg eingereicht sein müssen, sind
beizufügen:
1. Der Nachweis über erfolgreich bestandene amts¬
tierärztliche Prüfung;
2. Belege über längere tierärztliche Tätigkeit;
3. ein amtsärztliches Gesundheitszeugnis.
B a m b erg, den 8. Oktober 1910.
Stadtniagistrai
Lutz.
Müller.
Gegen Scheidenkatarrh.
(
man verwende
BflCiLLOL
wenn ohne Originalverschluss.
Alleinige Fabrikanten : Bacillolwerke Hamburg.
Druck von .1. (Jotteswinter, München. — Kommissionsverlag: M. Riegersche
rniversiUUsbuchlmmllung. München, Odeonsplatz 2.
Münchener
(rrtber: wochensclrifl für TierleillMde und Viebzncbt).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Al brecht.
54. Jahrg. München, den 25. Oktober 1910. Nr. 43.
Inhalt: Originalartikel: Schricker: Schlachtbefunde bei
mit Behrings Tuberkuloseschlitzimpfstoff (Bovovaccin) geimpften
Tieren. — Schrüfer: Die Ophthalmoreaktion mit Phymatin. —
Settele: Die Mangelanzeige im Gewährschaftsrecht. — Re¬
ferate: Hoffmann: Per priraam geheilte Ausmeißelung einer
250 g schweren Knochenmasse aus dem Karpalgelenk eines Pfer¬
des. Möller: Doppelseitige Stauungspapille bei einem neu¬
geborenen Fohlen. Ulrich: Weitere Mitteilungen über die prak¬
tische Verwendung des Kochsalzes in der Behandlung der
Epilepsie. Dr. Pinkus: Tierische Parasiten der Haut. — Tier¬
zucht und Tierhaltung: Über den Wert des Büffel¬
fleisches als Nahrungsmittel. — V erschiedenes: Promotions¬
ordnung für die Kgl. Tierärztliche Hochschule München. Mini¬
sterialrat Dr. Vogel. Exzellenz von Haag. Prof. Dr. Förster f. —
Personalien.
Schlachtbefunde bei mit Behrings Tnberhnloseschntz-
Impfstoff (Bovovaccin) geimpften Tieren.
Von Distriktstierarzt Schricker. Grönenbach.
Vom Jahre 1904 ab bis zum Jahre 1908 wurden von
mir in mehreren, meist stark tuberkulöse verseuchten aber
auch in leicht und mittelgradig verseuchten und ganz
tuberkulosefreien Viehbeständen die gesamte Nachzucht,
durchwegs edle Tiere Allgäuer Rasse, im ganzen ca.
150 Stück, der vorgeschriebenen zweimaligen Tuberkulose¬
schutzimpfung unterworfen.
Nachdem nun seit Beginn der Impfungen ein Zeit¬
raum von über 6 Jahren verflossen, kamen schon mehrere
dieser Tiere wegen der verschiedensten Krankheiten, und
auch ordnungsgemäß beim Metzger zur Schlachtung.
In nachfolgender Tabelle habe ich das Schlacht¬
resultat von 20 geimpften Tieren, das zu kontrollieren ich
bis jetzt Gelegenheit hatte, niedergelegt und zwar sind in
der Tabelle zum Vergleiche der Immunitätsdauer die
Schlachttiere nach der Impfdauer geordnet aufgeführt, die
722
mit kurzer Impfdauer voran, später die mit längerer Impf¬
dauer.
Nr. 1. Viehbestand: C. mittelmäßig verseucht; Gattung, Alter: Jung¬
rind, 3 Monat; Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1. Impfung
und Schlachtung): 3 Monat; Schlachtursache: akute Tym-
panitis; Befund: nicht tuberkulös.
Nr. 2. Viehbestand: B. nicht verseucht; Gattung, Alter: Jungrind,
7 Monat; Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1. Impfung und
Schlachtung): 4*/* Monat; Schlachtursache: Labmagenabs¬
zeß ; Befund: nicht tuberkulös.
Nr. 3. Viehbestand: B. nicht verseucht; Gattung, Alter: Jungstier,
8 Monat; Irapfdauer .(Zeitdauer zwischen 1. Impfung und
Schlachtung) : 4 1 /* Monat; Schlachtursache : Gelenkent¬
zündung; Befund: nicht tuberkulös.
Nr. 4. Viehbestand: A. stark verseucht; Gattung, Alter: Jungrind,
8 1 /* Monat; Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1. Impfung:
und Schlachtung): 8 Monat; Schlachtursache: akute Tyra-
panitis; Befund: nicht tuberkulös.
Nr. 5. Viehbestand: A. stark verseucht; Gattung, Alter: Jung¬
rind, 1 Jahr; Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1. Impfung
und Schlachtung): 9 Monat; Schlachtursache: akute Tvm-
panitis; Befund: nicht tuberkulös.
Nr. 6. Viehbestand: A. stark verseucht; Gattung, Alter: Kuh,
2 l /s Jahre; Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1. Impfung und
Schlachtung): 10 Monat; Schlachtursache: Metritis; Befund:
nicht tuberkulös; Bemerkungen: l 8 /« jährig auf Tuberkulin
nicht reagiert.
Nr. 7. Viehbestand: A. stark verseucht; Gattung, Alter: Kuh,
2 1 /* Jahr; Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1. Impfung und
Schlachtung): 11 Monat; Schlachtursache: Metritis; Befund:
geringgradige Bronchialdrüsentuberkulose, 1 kleiner ver¬
kalkter Tuberkuloseherd in der Lunge; Bemerkungen:
aut Tuberkulin l 1 /*jährig nicht reagiert.
Nr. 8. Viehbestand: C. mittelmäßig verseucht; Gattung, Alter:
Stier, l 1 /* Jahr; Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1. Impfung
und Schlachtung): 1 Jahr 5 Monat; Schlachtursache: ordent¬
liche Schlachtung; Befund: nicht tuberkulös.
Nr. 9. Viehbestand: A. stark verseucht; Gattung, Alter: Kuh,
3 Jahr; Impfdauer (Zeitdauer zwischen I. Impfung und
Schlachtung): 1 Jahr 6 Monat; Schlachtursache: akute
Tympanitis; Befund: nicht tuberkulös; Bemerkungen:
1*/* jährig auf Tuberkulin nicht reagiert.
Nr. 10. Viehbestand: A. stark verseucht; Gattung, Alter: Stier,
1 */< Jahr; Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1. Impfung und
Schlachtung): L Jahr 7 Monat; Schlachtursache: ordent¬
liche Schlachtung; Befund: nicht tuberkulös.
Nr. 11. Viehbestand: A. stark verseucht; Gattung, Alter Kuh.
3 3 I* Jahr; Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1. Impfung und
Schlachtung): 2 Jahr 4 Monat; Schlachtursache: ordent¬
liche Schlachtung; Befund: nicht tuberkulös; Bemerkungen:
l 1 / 2 jährig auf Tuberkulin nicht reagiert.
Nr. 12. Viehbestand: D. stark verseucht; Gattung, Alter: Kuh.
2 l /t Jahr; Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1. Impfung und
Schlachtung): 2 Jahr 4 Monat; Schlachtursache: Tuberkulose
723
(chronischer Durchfall); Befund: hochgradige Tuberkulose
der Lunge, Milz und Gekröslymphdrüsen.
Nr. 13. Viehbestand: A. stark verseucht; Gattung, Alter: Rind.
2*/•* Jahr; Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1. Impfung und
Schlachtung): 2 Jahr 7 Monat: Schlachtursache: Tuber¬
kulose; Befund: hochgradige Tuberkulose der Lunge und
Leber.
Nr. 14. Viehbestand: A. stark verseucht; Gattung, Alter: Rind,
3 Jahr; Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1. Impfung und
Schlachtung); 2 Jahr 11 Monat; Schlachtursache: ordent¬
liche Schlachtung; Befund: nicht tuberkulös.
Nr. 15. Viehbestand: A. stark verseucht; Gattung. Alter: Stier,
37« Jahr; Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1. Impfung und
Schlachtung): 3 Jahr l Monat; Schlachtursache: ordentliche
Schlachtung; Befund: geringgradige Lungentuberkulose.
Nr. 16. Viehbestand: E. mittelmäßig verseucht; Gattung, Alter:
Rind. 3 7* Jahr; Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1 Impfung
und Schlachtung): 3 Jahr 5 Monat; Schlachtursache: Tuber¬
kulose; Befund: hochgradige Lungentuberkulose.
Nr. 17. Viehbestand: D. stark verseucht; Gattung, Alter: Kuh,
37* Jahr: Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1. Impfung und
Schlachtung): 3 Jahr 5 Monat; Schlachtursache: Tuberkulose
(chronische Tympanitis); Befund: starke Tuberkulose der
Mediastinal'Und Bronchialdrüsen, der Lunge, Leberund Milz.
Nr. 18. Viehbestand: A. stark verseucht; Gattung, Alter: Kuh,
3*/* Jahr; Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1. Impfung und
Schlachtung): 3 Jahr 8 Monat; Schlachtursache: Poly¬
arthritis; Befund: raitteigradige Lungentuberkulose, gering¬
gradige Lebertuberkulose.
Nr. 19. Viehbestand: B. nicht verseucht; Gattung, Alter: Kuh,
4 7* Jahr; Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1. Impfung und
Schlachtung): 4 Jahr 1 Monat; Schlachtursache: Pyelo
nephritis; Befund: nicht tuberkulös.
Nr. 20. Viehbestand: A. stark verseucht; Gattung, Alter: Kuh,
47* Jahr; Impfdauer (Zeitdauer zwischen 1. Impfung und
Schlachtung): 4 Jahr 2 Monat; Schlachtursache: Tuber¬
kulose (chronische Tympanitis); Befund: starke Tuberkulose
der Mediastinal- und Bronchialdrüsen, der Lunge und Leber.
Wie aus der Tabelle ersichtlich, sind von den ersten
10 Tieren mit einer Impfdauer bis zu 2 Jahren 9 tuberku¬
losefrei, 1 ganz schwach tuberkulös befunden worden. Ob
dieses günstige Resultat in dem Impfschutz zu suchen ist,
oder aber in der Tatsache, daß jüngere Tiere weniger
tuberkulös werden, da sie den schwächenden Einflüssen
der Trächtigkeit und der Laktation noch nicht oder noch
nicht in dem Maße ausgesetzt sind als ältere Tiere, dürfte
schwer zu entscheiden sein; zu Gunsten der Schutzimpfung
spricht, daß faßt alle diese Tiere einer starken natürlichen
Infektion ausgesetzt waren.
Desto ungünstiger für die Schutzimpfung ist die
Betrachtung der Schlachtresultate der letzten 10 Tiere mit
724
einer Impfdauer von über 2 Jahren bis über 4 Jahren;
von diesen 10 Tieren wurden 7 mehr oder weniger stark
tuberkulös befunden, 3 tuberkulosefrei; von den tuber¬
kulosefreien stand überdies eines, Nr. 19, in einem tuber¬
kulosefreien Bestand und hatte keine oder wenig Gelegen¬
heit zur Infektion.
Die übergroße Mehrzahl der Impftiere mit einer Impf¬
dauer von über 2 Jahren, = 70°/o dieser Tiere, haben
also der allerdings größtenteils starken natürlichen Infektion
nicht stand gehalten und sind trotz Schutzimpfung von
Tuberkulose befallen worden, während von den Tieren mit
einer Impfdauer von unter 2 Jahren 10°/o tuberkulös
wurden.
Als Resultat der Impfversuche mit Bovovaccin betrachte
ich, daß die Tuberkuloseschutzimpfung in tuberkulosefreien
Beständen, in welchen die Schutzimpfung den Zweck ver¬
folgen soll, die Impflinge für lange Zeit, womöglich für s
ganze Leben zu schützen, überflüssig ist, da sie nur zeit¬
lich sehr beschränkten Impfschutz verleiht. Aber auch in
schwach und mittelgradig verseuchten Beständen wird die
Schutzimpfung allein, ohne andere Tilgungsmaßnahmen
angewandt, wegen des nur beschränkt anhaltenden Impf¬
schutzes keinen dauernden Erfolg gewährleisten.
Zu versuchen wäre die Schutzimpfung nur in stark
verseuchten Beständen, besonders in solchen, in welchen
die Kälber am Muttertier ernährt werden und künstliche
Aufzucht derselben mit gekochter Milch wirtschaftlich
schwer durchführbar ist. Aber auch hier kann die Schutz¬
impfung bei der beschränkten Dauer des Impfschutzes nur
im Verein mit anderen hygienischen Tilgungsmaßnakmen,
besonders der baldmöglichsten Ausmerzung der Tiere mit
offener Lungentuberkulose, einen Erfolg in der Tuberkulose¬
tilgung herbeiführen.
Die Ophthalmoreaktion mit Phymaün.
Von Distriktstierarzt Schrüfer, Schöllkrippen.
Während ich früher ausschließlich Tiere zum Zwecke
der Untersuchung auf Tuberkulose mit verdünntem Tuber¬
kulin subkutan impfte, verwende ich seit zirka 1 Jahr den
von der Firma Humann & Teisler in Dohna i. S. herge¬
stellten Impfstoff Phymatin. Von demselben werden 2—4
Tropfen in den Konjunktivalsack eingeträufelt. Bisher
habe ich mit dem sehr einfachen Verfahren mindestens
ebenso sichere Resultate wie früher bei der Tuberkulin¬
probe erhalten.
725
Die Vorteile der Phymatin-Verwendung sind folgende:
1. Es kann zu jeder Tageszeit geimpft werden. Bei der
Subkutanmethode muß abends geimpft werden, was be
sonders im Winter sehr unangenehm ist.
2. Es genügt eine einmalige Untersuchung innerhalb
12—24 Stunden, während bei der Impfung unter die Haut
nach 12 Stunden mindestens dreimal Temperaturmessungen
vorgenommen werden müssen.
3. Die Impfung selbst ist sehr einfach vorzunehmen,
da ja nur einige Tropfen mittels eines Tropfglases ins Auge
gebracht werden, während die früher geübte Methode eine
Operation ist, zu der Desinfektion und Impfbesteck ge¬
hören.
4. Die Reaktion ist durch eine einfache Betrachtung
des Auges zu erkennen.
5. Der Impfstoff ist wesentlich billiger: 1 ccm Phy¬
matin kostet zur Zeit 40 Pfg., 1 Dose Tuberkulin 35 Pfg.;
mit 1 ccm Phymatin können drei Tiere geimpft werden.
6. Fällt eine Reaktion zweifelhaft aus, so kann am
gleichen Tage das andere Auge benutzt werden, während
man beim Tuberkulin mindestens 4 Wochen zu warten hat.
7. Da Phymatin also keine Toleranz hinterläßt, kann
in Zw r eifelsfällen sofort auf die Ophthalmoreaktion eine
subkutane Tuberkulinimpfung erfolgen.
8. Die Methode kann auch bei hochträchtigen Kühen
ohne Gefahr angewandt werden, da Temperatursteigerungen,
die eventuell ungünstige Wirkungen haben können, nicht
eintreten.
9. Ein wesentlicher Vorteil ist aber der, daß der Händ¬
ler, der ein Tier in betrügerischer Weise vorimpfen ließ,
um einen negativen Ausfall der zweiten Impfung zu er¬
halten, seine Absicht — zu schädigen — nicht erreicht, da
auch tuberkulöse Tiere, die geimpft wurden, trotzdem auf
die Instillation reagieren. Auch wenn eine Impfung ins
Auge vorher gemacht worden war, kann dies auch nicht
verheimlicht werden, da in diesem Falle das Auge eine noch
stärkere Reaktion zeigt. Es ist nämlich Regel, die erste
Impfung immer ins rechte Auge zu machen. Fällt bei einem
frisch gekauften Tiere die Reaktion im rechten Auge sehr
stark aus, so kann der Verdacht vorliegen, daß schon ge¬
impft wurde; man nimmt in solchen Fällen immer eine
Nachprüfung im linken Auge vor.
Was die Resultate dieser Ophthalmoreaktion betrifft,
so habe ich bis jetzt an zirka 120 Tieren die Erfahrung ge¬
macht, daß die Methode zuverlässig ist. Sie ist zum min-
726
desten ebenso sicher wie die Tuberkulinreaktion, doch weist
sie dieser gegenüber solche Vorteile auf, daß sie jedem Kol¬
legen empfohlen werden kann.
Die Mfingelanzeige im Gewährschaftsrecht
Von Bezirkstierarzt Settele-Hilpoltstein.
In Nr. 39 dieser Wochenschrift führt Herr Rechts¬
anwalt Dr. Hans Stölzle (Kempten) aus, daß er in einer
Reihe von Gewährschaftsklagen seine Mandanten veranlaßt
hat, um absolut sicher zu gehen, sämtliche Gewährmängel
als vorhanden anzuzeigen, demnach beim Pferde: Rotz,
Dummkoller, Dämpfigkeit, Kehlkopfpfeifen, Periodische
Augenentzündung und Koppen.
Mit dieser Klagsangabe behauptet also der Kläger,
daß er Symptome beobachtet habe, welche bei ihm
den Verdacht des Vorhandenseins dieser Hauptmängel er¬
weckt haben und ihn zur Klage gegen den Verkäufer brachten.
Da aber unter diesen Gewährmängeln auch eine
Krankheit (Rotz) mitangegeben ist, welche dem Tierbesitzer
die polizeiliche Anzeigepflicht auferlegt, so könnte dieser,
falls er der Anzeigepflicht nicht nachkommt, durch die
Mängelklage unter Umständen in eine unangenehme Lage
kommen.
Nach § 9 des Reichsgesetzes betreffend die Abwehr
und Unterdrückung von Viehseuchen vom ~
ist der Besitzer von Haustieren verpflichtet, von dem Aus¬
bruch der in § 10 näher aufgeführten Seuchen unter seinem
Viehstande und von allen verdächtigen Erscheinungen bei
demselben, welche den Ausbruch einer solchen Krankheit
befürchten lassen, der Polizeibehörde sofort Anzeige zu
machen, auch das Tier von Orten, an welchen die Gefahr
der Ansteckung fremder Tiere besteht, fern zu halten. Nun
wdrd aber kaum einer derjenigen, welche die ganze Liste
der Gewährmängel als vorhanden bei Gericht angegeben
haben, seiner Anzeigepflicht nachgekommen sein, da er
eben selbst nicht an das Vorhandensein des Rotzes, dachte
und glaubte. Außerdem aber könnte es zu einer Anzeige
durch einen Dritten gegen den Kläger kommen (also
hier, w'egen Unterlassung der polizeilichen Anzeige des
Rotzes oder des Rotzverdachtes), da doch unter allen
Umständen die Abgabe der Klage mit namentlicher
Mängelaufführung als direkter Beweis gegen ihn vorgebracht
werden könnte und müßte.
727
Würden hingegen bei den Gewährschaftsklagen häufig
sämtliche Gewährmängel als vorhanden angegeben und in
den einzelnen Fällen dem Gesetze gemäß, auch dann
polizeilich angezeigt, so würde damit den mit der Seuchen¬
polizei betrauten Ämtern und Organen eine absolut unbe¬
gründete ziellose Arbeit bereitet.
Es dürfte also der Wunsch wohl berechtigt sein, bei
Stellung der Klage nur solche Mängel als vorhanden an¬
zuzeigen, die nach den beobachteten Symptomen als wirklich
vorhanden angenommen werden können.
Referate.
Hoffman n: Per primam geheilte Ausmeißelung
einer 250 g schweren Knochenmasse aus dem Karpalgelenk
eines Pferdes. (Österreich. Monatsschrift für Tierheilkunde,
1910, Nr. 4.)
Ein Pferd war infolge einer Knochenveränderung des
rechten Karpalgelenkes, das einen Umfang von 40 cm hatte,
außen, hinten und innen knollige, knochenharte Auswüchse
zeigte und dessen allgemeine Decke über der Geschwulst ver¬
schiebbar war, total arbeitsunfähig geworden. In der Be¬
wegung wird der Fuß nachgezogen, nicht genügend gehoben
und die Zehe am Boden geschleift.
Operation: Niederlegen und Befestigen am hydrau¬
lischen Operationstisch; Narkose; Rasieren und Abwaschen
des Operationsfeldes; Anlegen des Esmarch’schen Schlau¬
ches; Einhüllen der Umgebung mit aseptischen Tüchern;
Abreiben des Operationsfeldes mit Spiritus; Durchschneiden
der Haut und Freilegen der Knochenneubildung; Abtragung
der an der Oberfläche glatten, rundlichen, gleichmäßig harten
Hervorragung an ihrer breiten Basis mit Flachmeißel und
Hammer, wodurch die oberen und unteren Gelenke zwischen
den kleinen Knochen des Karpalgelenkes freigelegt -wurden.
Glätten und Abrunden der stehenbleibenden Ränder; hierauf
wurde das zurückgedrängte Periost -wieder übergclegt und
die Wunde folgendermaßen verschlossen: Austupfen mit
großen in 2 %iges Formalin getauchten und ausgedrückten
Stieltupfern; Abtupfen der Innenflächen und Ränder der
Hautlappen; Bepudern mit Jodoform und Einreiben der¬
selben mit kleinen in Formalin getauchten und ausge¬
drückten Stieltupfern; Überlegen der Hautlappen über die
Wunde, Zusammenklemmen der Hautränder durch scharfe,
breitmäulige Hackenzangen und sorgsamste Anlage einer
gestuften und teils fortlaufenden Naht. Reichliche Epithol-
bedeckung und Einreiben des Epithols (aseptisches Metall-
728
pulver) an den Wundrand und in die Stichkanäle; Auflegen
eines 20 cm langen und 10 cm breiten, achtfach zusammen¬
gelegten, in Formalin getauchten Gazebauschens über Gelenk
und Wunde; darüber lockere Jodoformbinde; Einpacken
des Gelenkes mit aseptischer Wundwatte, über das Ganze
Zirkelbinden aus Gaze und über diese eine solche aus Lein¬
wand; hierauf vollständiges Bandagieren des Fußes vom
Fessel bis über das Karpalgelenk mit Flanellbinden. Dann
Verbringen des Pferdes in den Stall, Verkehrt-Einstellen
in den Stand, Anlegen der Hängegurte und der Rinn-
maschine.
11 Tage post operationem Abnahme des Verbandes;
Wunde vollkommen geheilt. R a b u 8.
Möller: Doppelseitige Stauungspapille bei einem
neugeborenen Fohlen. (Deutsche Tierärztliche Wochen¬
schrift, 1910, Nr. 33.)
Bald nach der Geburt eines wertvollen Vollblutfohlens
zeigte sich, daß es blind war. An den im übrigen normalen
Augen wurde durch die ophtalmoskopische Untersuchung
starke Schwellung der Papillen und erhebliche Füllung
ihrer Blutgefäße festgestellt. Ein Heilversuch mit Jodkali,
das man dem Tierchen mit Kuhmilch täglich einflößte,
führte im Laufe einiger Wochen zu vollständiger Heilung.
Das Leiden war jedenfalls durch den Geburtsakt,
wenngleich dieser ohne auffällige Störungen verlief, hervor¬
gerufen , indem Druckwirkungen auf den noch weichen
Schädel intrakraniale Drucksteigerung und Stauung hervor¬
riefen. Der Fall zeigt, daß sich unter Umständen eine
genaue Untersuchung und Behandlung blindgeborener
Fohlen, die in der Regel ohne weiteres getötet werden,
lohnt. L i n d n e r.
A. Ulrich: Weitere Mitteilungen über die praktische
Verwendung des Kochsalzes in der Behandlung der Epilepsie.
(Münch, mediz. Wochenschr., Nr. 22, 1910.)
Verf. verwendete Kochsalz sowohl als Gegenmittel des
akuten Bromismus und der Brom-Ilautaffektionen als auch
bei alten bromisierten Epileptikern, um bei denselben eine
motorische Entladung zu erzielen, wodurch die Stadien von
Erregungen, Gereiztheit, vermehrten hypochondrischen
Klagen etc. wesentlich abgekürzt werden.
Seine bisherigen Erfahrungen mit dieser Kochsalz-
verabreichung faßt Verf. in folgenden Sätzen zusammen:
729
1. Na CI beseitigt rasch und sicher die motorischen,
sensiblen und psychischen Erscheinungen des akuten Bro¬
mismus.
2. Die Brom-Hautaffektionen werden durch Na CI,
namentlich innerlich gegeben (bis zu 20,0 g), zum Ver¬
schwinden gebracht.
3. Na CI muß als einziges Gegenmittel des Bromis¬
mus gelten, indem es den durch die Bromsalze künstlich er¬
zeugten Chlorhunger sofort stillt. Na CI ist somit allen bis¬
her gegen Bromismus empfohlenen Mitteln vorzuziehen.
4. Bei bromisierten, im Ladungszustande befindlichen
Epileptikern lassen sich mit Na CI Anfälle provozieren.
Jakob.
Dr. Pinkus: Tierische Parasiten der Haut. (Mediz.
Klinik, Nr. 38, 1910.)
Verf. teilt in einem Artikel über das vorstehende
Thema eine neue Behandlung der Krätze beim Menschen
mit, die sich sehr gut bewähren soll. Das Mittel wurde vom
japanischen Generaloberarzte Yamada in die Therapie
eingeführt und besteht aus einer Schwefelstärkekleister¬
mischung. Der Stärkekleister wird aus 40—45 g Reismehl
in i /2 Liter Wasser bereitet, dazu kommen 2,5 Salizylsäure
oder 5,0 Benzoesäure und 30,0 Schwefel. Die juckreiz¬
mildernde Wirkung dieses Mittels, welches man zu Pulver
eintrocknen läßt, soll sehr stark sein. Zwei- bis fünfmalige
Einreibung, täglich einmal, soll zur Heilung führen. Wäre
vielleicht bei Kleintieren zu versuchen? A.
Tierzucht nnd Tierhaltung.
Uber den Wert des Büffelfleisches als Nahrungsmittel.
Nachdem in neuerer Zeit in die größeren Konsum¬
zentren Büffelfleisch gebracht und dasselbe gerne zur Wurst¬
bereitung verwendet oder aber auch als Kochfleisch unter
der Bezeichnung „Rindfleisch“ verkauft wird, so muß der
fleischbeschauausübende Tierarzt in der Lage sein, diejenigen
Eigenschaften, welche das Büffelfleisch von dem Rindfleisch
unterscheiden, deswegen genauestens zu kennen, weil Büffel¬
fleisch unter allen Umständen gegenüber dem Rindfleische
minderwertig ist.
Büffelfleisch ist im frischgeschlachteten Zustande dunk¬
ler, mehr rot-braun gefärbt als das Rindfleisch. Nach dem
Erkalten zeigt es eine blaß-rote, der Farbe des Jungvieh¬
fleisches ähnelnde Färbung und besitzt an frischen Schnitt¬
flächen einen lebhaften, violett schillernden Glanz. Es ist
730
grobfaserig, seine breiten und flachen Muskelbündel sind
nur durch lockeres Bindegewebe aneinandergebalten, hat
einen moschusähnlichen Geruch. Im gekochten Zustande
ist es zähe und läßt sich leichter zerfasern als zerschneiden.
Kocht man je eine Probe Rindfleisch und Büffelfleisch für
sich in mit englischer Schwefelsäure stark angesäuertem
Wasser, so tritt bei ersterem der bekannte, nicht unange¬
nehme Geruch der heißen Rindsbrühe auf, während bei letz¬
terem ein starker, übler, an den Dünger der Rinderstallungen
erinnernder Geruch bemerkbar wird. Büffelfett ist auffallend
weiß, von moschusähnlichem Gerüche, fühlt sich zwischen
den Fingern zerrieben trocken und ein wenig klebrig an,
ohne daß die Finger, wie beim Zerreiben des Rindsfettes,
fettig würden. Das Fett ist nicht in die Muskulatur einge¬
lagert, sondern befindet sich in dem lockeren Bindegewebe
zwischen den einzelnen Muskeln. Nierenfett wenig ent¬
wickelt, von mattem Glanze und schrumpft nach dem Er¬
kalten der geschlachteten Tiere sehr rasch. Nieren lassen
sich schwer aus der Kapsel lösen; Nierenbecken sehr er¬
weitert. Knochen feiner und spröder als beim Hausrind.
Knochenmark weiß und erstarrt sehr leicht. Die 13 Rippen
des Büffels sind breiter und weniger gewölbt. Zwischen¬
rippenräume auffallend eng. Das Büffelfett besteht der
Hauptsache nach aus dem Glyzerid der Stearinsäure, besitzt
einen sehr hohen Schmelzpunkt, ein hohes Molekulargewicht
und einen geringen Gehalt an ungesättigten Verbindungen.
Oben genannte Eigenschaften lassen das Büffelfleisch
gegenüber dem Rindfleische unter allen Umständen minder¬
wertig erscheinen. Die Unterschiebung des Büffelfleisches
statt Rindfleisches stellt eine Übertretung des Lebensmittel¬
gesetzes dar und es ist deshalb die Einführung des Dekla¬
rationszwanges für dasselbe zu empfehlen. (P u n t i g a m
in: Tierärztliches Zentralblatt, 1910, Nrn. 13 u. 14.)
_ R a b u s.
Verschiedenes.
Promotionsordnung für die Kgl. Tierärztliche Hochschule
München.
A. A llgemei nes:
§ 1. Der Doktorgrad wird nur auf Grund einer durch
den Druck veröffentlichten Dissertation aus dem Gebiete
der theoretischen oder praktischen Tiermedizin und einer
mündlichen Prüfung verliehen.
§ 2. Die Dissertation soll eine wissenschaftliche Lei¬
stung darstellen und zur Veröffentlichung in einer als wissen-
731
schaftlicli anerkannten Zeitschrift geeignet sein. Sie soll den
Beweis erbringen, daß der Verfasser die Befähigung zu selb¬
ständiger wissenschaftlicher Arbeit besitzt.
Die Dissertation ist in deutscher Sprache abzufassen ;
die Anwendung einer anderen Sprache ist mit Genehmigung
des Kollegiums zulässig. Am Schlüsse der Dissertation
ist der Lebenslauf des Kandidaten anzufügen.
Die Dissertation ist vom Bewerber mit einer an die
Direktion der Hochschule zu richtenden schriftlichen Ein¬
gabe unter Beifügung der zur Promotion nötigen Zeug¬
nisse (§ 4, § 12, § 13) vorzulegen. Dabei ist von dem
Kandidaten anzugeben, wo und mit welchen Hilfsmitteln
er die Dissertation ausgearbeitet und in wieweit er sich
etwa sonst noch fremden Rates bedient hat. Dieser Angabe
ist die eidesstattliche Versicherung hinzuzufügen, daß darüber
hinaus keine weitere Beihilfe stattgefunden hat.
An Stelle der zur Genehmigung ungedruckt vorzulegen¬
den Dissertation kann nach Ermessen des Kollegiums auch
eine bereits durch den Druck veröffentlichte wissenschaft¬
liche Arbeit des Kandidaten treten, wobei die übrigen
Vorschriften des § 2 entsprechende Anwendung finden.
Die Dissertation wird von dem Direktor einem Mit-
gliede des Professorenkollegiums, in der Regel dem Fach¬
professor, zum Referate übergeben und alsdann mit dessen
Urteil bei allen Mitgliedern in Umlauf gesetzt. Werden von
einem Mitgliede sachliche Bedenken gegen den Inhalt der
Dissertation geltend gemacht, so ist die Dissertation mit
den abgegebenen Urteilen nochmals beim gesamten Kolle¬
gium in Umlauf zu setzen. Der Referent hat dem Kollegium
vorzuschlagen, welche Zensur der Dissertation zu erteilen
wäre, ob genügend oder gut oder sehr gut. Fällt die Ent¬
scheidung ungünstig aus, so bleibt es dem Kandidaten über¬
lassen, dasselbe Thema nochmals zu bearbeiten oder eine
neue Dissertation vorzulegen.
Entspricht die umgearbeitete oder neue Dissertation
den Anforderungen ebenfalls nicht, so ist der Kandidat
zur mündlichen Prüfung nicht zuzulassen und erhält die
von ihm bei der Meldung eingezahlten Gebühren bis auf
80 Mark zurück.
Nach Annahme der Dissertation durch das Kollegium
hat der Kandidat die Drucklegung auf eigene Kosten zu
besorgen und 200 Exemplare an die Hochschule abzuliefern.
Dabei ist auf dem Titelblatt die Genehmigung des Kollegiums
unter namentlicher Bezeichnung des Referenten in folgender
Art zu erwähnen: „Als Dissertation zur Erlangung der
732
Doktorwürde von dem Professorenkollegium der K. Tier¬
ärztlichen Hochschule München angenommen; Referent:
Professor etc. etc.“.
§ 3. Nach Genehmigung der Dissertation hat sich der
Kandidat einer mündlichen Prüfung zu unterziehen. Sie
besteht für den im Reichsgebiet approbierten Tierarzt in
einem einfachen Kolloquium, im Übrigen in einem Examen
rigorosum.
B. Die Pro m o t i o n von Inländern.
(Angehörige des Deutschen Reiches.)
§ 4. Die Zulassung von Inländern darf in der Regel
erst erfolgen, nachdem sie die tierärztliche Approbations-
Prüfung für das Deutsche Reich bestanden haben. Mit dem
Gesuche sind zu überreichen:
1. Das Reifezeugnis eines Gymnasiums oder einer
Oberrealschule,
2. der Nachweis der bestandenen Approbations-Prüfung,
3. die Dissertation mit den in § 2 weiter aufgeführten
Beilagen,
4. die Quittung über die entrichtete Gebühr.
§ 5. Durch einstimmigen Beschluß des Kollegiums
und mit Genehmigung des K. B. Staatsministeriums kann
die Zulassung von Inländern zur Promotion auch ohne
Ablegung der Approbations-Prüfung gewährt werden, wenn
der Bewerber eine hervorragende wissenschaftliche Leistung
in einem Gebiete der Veterinärmedizin nachzuweisen vermag
und aus gewichtigen Gründen sich der Approbations-Prüfung
nicht zu unterziehen beabsichtigt, ihm also die Erfüllung
jener Vorbedingung nicht zuzumuten ist.
Dabei haben hinsichtlich der Vorbildung und der
sonst beizubringendeu Ausweise die gleichen Bestimmungen
zu gelten, wie für den approbierten Tierarzt.
§ 6. Die mündliche Prüfung beschränkt sich für
approbierte Tierärzte (§ 4) auf ein Kolloquium vor dem
Direktor oder seinem Vertreter als Vorsitzenden und 3
vom Professorenkollegium dazu gewählten Mitgliedern des
Kollegiums, unter denen in der Regel der Referent sein
soll. Jeder der drei Examinatoren hat den einzelnen Kan¬
didaten mindestens eine Viertelstunde zu prüfen. Dabei
soll die wissenschaftliche mehr als die praktische Seite der
Veterinärmedizin betont werden.
i? 7. In den Ausnahmefällen des § 5 ist das Examen
rigorosum abzulegen. Die Prüfungskommission besteht ans
dem Direktor oder seinem Vertreter als Vorsitzenden und
733
mindestens sieben weiteren von dem Kollegium aus seiner
Mitte gewählten Mitgliedern. Die Prüfung zerfällt in einen
praktisch-klinischen und einen theoretischen Teil.
Der praktisch-klinische Teil besteht aus einer Prüfung
in der inneren Medizin und in der Chirurgie. Die Prüfung
umfaßt die Stellung einer oder zweier Diagnosen, welche,
wie bei der tierärztlichen Approbationsprüfung zum Aus¬
gangspunkt einer mündlichen theoretischen Prüfung ge¬
nommen werden.
Eine Woche nach der praktischen findet die theo¬
retische Prüfung statt. Sie hat sich neben dem Hauptfache,
aus welchem die Dissertation gefertigt ist, auf folgende
Fächer zu erstrecken: 1. Anatomie, 2. Physiologie, 3. patho¬
logische Anatomie mit Einschluß der allgemeinen Patho¬
logie, 4. Pharmakologie, 5. Hygiene, 6. Tierzucht, soweit sie
nicht das Hauptfach bilden. In Anatomie und Physiologie
wird der Kandidat, wie in dem Hauptfache, mindestens
je eine Stunde, in jedem der übrigen Fächer mindestens eine
halbe Stunde geprüft, und es muß dabei außerdem Examinator
noch der Vorsitzende oder im Behinderungsfalle ein anderes
Mitglied der Prüfungskommission zugegen sein. Die Prüfung
ist insoweit öffentlich, daß jedem Professor an einer
deutschen Hochschule und jedem für das Deutsche Reich
approbierten Tierarzte der Zutritt freisteht.
§ 8. Sowohl beim Kolloquium (§ 6), wie beim Rigo-
rosum (§ 7) erfolgt die Feststellung des Ergebnisses durch
mündliche oder schriftliche Abstimmung. Jedes Mitglied der
Prüfungskommission stimmt mit „bestanden“ oder „nicht
bestanden“ ab. Sowohl im Kolloquium als auch im Rigo-
rosum kann die Gesamtnote „bestanden“ nur dann gegeben
werden, wenn der Kandidat in sämtlichen Fächern die *
Prüfung bestanden hat.
Die Noten „gut“ und „sehr gut“ dürfen nur erteilt
werden, wenn die Dissertation als besonders tüchtige
Leistung anzuerkennen ist; die Kommission entscheidet
darüber mit einfacher Majorität. Ausnahmsweise kann auch,
aber nur durch einstimmigen und von dem Kollegium
genehmigten Beschluß der Kommission, die Note „aus¬
gezeichnet“ erteilt werden.
Das Diplom ist vom Direktor und vom Sekretär zu
unterzeichnen und mit dem großen Siegel der Hochschule
zu versehen.
§ 9. Hat der Kandidat die mündliche Prüfung nicht
bestanden, so kann er die Prüfung in denjenigen Fächern,
in welchen er die Note „nicht bestanden“ erhalten hat,
734
je nach der Anzahl der nicht bestandenen Fächer in 3—5
Monaten wiederholen.
§ 10. Die Aushändigung des Doktordiplom9 durch
den Direktor darf erst nach der durch den Druck erfolgten
Veröffentlichung der Dissertation und nach bestandener
mündlicher Prüfung erfolgen.
§ 11. Von Inländern, welche den Approbationsschein
als Tierarzt für das Reichsgebiet beigebracht haben (§ 4), ist
bei der Meldung eine Gebühr von 300 Mark zu entrichten.
Bei Abhaltung des Examen rigorosum (§ 5 und 7) betragen
die Gebühren 450 Mark.
C. Die Promotion von Ausländern.
(Nichtangehörige des Deutschen Reiches.)
§ 12. Auf Ausländer, welche die tierärztliche Ap¬
probationsprüfung für das Deutsche Reich bestanden haben,
finden dieselben Vorschriften Anwendung, wie auf die einen
Approbationsschein für das Deutsche Reich besitzenden
Inländer.
§ 13. Von Ausländern, welche die tierärztliche Ap¬
probationsprüfung für das Deutsche Reich nicht bestanden
haben, ist bei der Direktion der Hochschule behufs ihrer Zu¬
lassung zur Promotion erforderlich:
1. der Nachweis, daß sie das Absolutorium einer
dem humanistischen, dem Realgymnasium oder der
Oberrealschule Deutschlands gleichwertigen Anstalt
ihrer Heimat erworben haben — falls in ihrem
Heimatlande diesen gleichwertige Anstalten nicht
bestehen, noch auch Absolutorien erteilt werden,
haben sie sich durch vorgelegte Reifezeugnisse
(nötigenfalls unter Beifügung inländischer Er¬
gänzungszeugnisse) mindestens über eine den An¬
forderungen der Reife an einer der genannten
Anstalten entsprechende Vorbildung auszuweisen — ;
2. der Nachweis, daß sie nach Erlangung dieser Vor¬
bildung
a) soviele Semester, als in Deutschland für die Zu¬
lassung zur tierärztlichen Prüfung vorgeschrieben
sind, an einer staatlich anerkannten Tierärztlichen
Hochschule oder veterinärmedizinischen Fakultät
ein geordnetes naturwissenschaftlich - veterinär¬
medizinisches Studium, ähnlich dem in Deutsch¬
land üblichen, geführt und
b) mindestens eines dieser Semester an der Tier¬
ärztlichen Hochschule M ünchen zugebracht
735
haben. Von letzterem Erfordernis kann, wenn
der Kandidat dem Kollegium genauer bekannt
ist, mit Genehmigung des K. B. Staatsministeriums
ausnahmsweise abgesehen werden.
Im übrigen finden auf diese Ausländer diejenigen
Vorschriften Anwendung, welche für die in gleicher Lage
befindlichen Inländer (gemäß der Ausnahmebestimmungen
des § 7) gelten.
§ 14. Auf die Ehrenpromotion (Promotio honoris
causa) finden vorstehende Vorschriften keine Anwendung.
Die Verleihung des Ehrendoktortitels findet nur statt als
Anerkennung ausgezeichneter Verdienste, wenn ein Antrag
darauf von 2 Mitgliedern des Kollegiums gestellt und von
dem Kollegium mit mindestens 3 j* Majorität gutgeheißen
wird.
Ministerialrat Dr. Vogel.
Der bayer. Landestierarzt, Oberregierungsrat Dr. Bern¬
hard Vogel wurde zum Ministerialrat befördert.
Mit dieser Beförderung erhielt der hochverdiente
Tierarzt eine Rangstufe, welche bis jetzt noch keinem
bayer. Tierarzte verliehen wurde.
Mit Freude und Stolz begrüßen die bayer. Tierärzte
die dem Beförderten gewordene Anerkennung und Ehrung,
durch welche nicht nur dieser, sondern auch der Stand der
Tierärzte geehrt ist. A.
Exzellenz von Haag.
Mit Beginn des Monats November tritt der Präsident
der Versicherungskammer, Exzellenz Dr. Ritter von Haag
in den Ruhestand.
Exzellenz Dr. von Haag gedachte bei verschiedenen
Anlässen mit Wärme der großen Bedeutung des tierärzt¬
lichen Wirkens für die Landwirtschaft und der Dienste,
welche die Tierärzte der Versicherungskammer in der Sparte
für Vieh- und Pferdeversicherung leisten. Er bekundete
fortwährend ein besonderes Wohlwollen für die Tierärzte.
Für dieses sowohl, als für die dem tierärztlichen Stande
gezollte Anerkennung gebührt Seiner Exzellenz der Dank
der Tierärzte. Mögen dem verehrten Präsidenten noch
viele Jahre eines recht glücklichen Daseins im Ruhestände
gegönnt sein. A.
736
Professor Dr. Förster *f\
Ara 12. Oktober verschied der Professor am Hygie¬
nischen Institute der Universität Straßburg, Dr. J. Förster.
Der Verlebte wirkte 1877 auch kurze Zeit als Physiologe
an der damaligen Zentraltierarzneischule München und steht
seine Tätigkeit daselbst noch im besten Andenken. A.
Personalien.
Ernennung: Oberregierungsrat, Professor Dr. Vogel,
Landestierarzt im K. Staatsministerium des Innern, wurde zum
Ministerialrat ernannt.
Auszeichnung: Dr. Eberlein Rieh., Professor, Rektor
Magn. der Tierärztl. Hochschule in Berlin wurde das Fürstl. Sclnvarz-
burg’sche Ehrenkreuz III. Klasse verliehen.
Versetzung: Trommsdorf Ad., Kgl. Bezirkstierarzt in
Wolfstein auf Ansuchen in gleicher Eigenschaft nach Karlstadt (Ufr.).
Niederlassung: Roppelt Anton aus Oberweilersbach in
Bring (Ndby.).
Approbationen: in Berlin die Herren Kaselow Max aus
Penkum, Schulze Ernst aus Soldin und Steinhoff Kurt aus
Hildesheim.
Promotionen: Zum Dr. med. vet. in Bern Tierarzt Kuppel-
mayer Hans in Metz.
Gegen
infektiösen Scheidenkatarrh
hat sich nach den Gutachten von über 100 Tier¬
ärzten „Bissulin“ glänzend bewährt. Anwendung
einfach und billig, Wirkung schnell.
Lieferung nur an Tierärzte oder in deren
Auftrag.
Alleiniger Fabrikant:
H. Trommsdorff, ehern. Fabrik, Aachen 31.
Druck von J. Gotteswinter, München. — Kommissionsverlag: M. Riegersche
Universitiitsbuchliandlung, München, Odeonsplatz 2.
Münchener
Tierärztliche Wochenschrift
(frttmr: wocbenscbritt Kr Tierheilbnadfi und Vienziicbt).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegoben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 1. November 1910. Nr. 44.
Inhalt: Originalartikel: Oskar: Ein Fall von Morbus
maculosus beim Rind. — Heiß: Utopistische Betrachtungen über
den Stand der Fleischbeschauer. — Referate: Keller: Mit¬
teilungen aus der Praxis. Laabs: Vergleichende Untersuchungen
über den Streptokokkus equi und andere pathogene Strepto¬
kokken. Zatti: Präoperatives Sterilisieren der Haut mit Petro¬
leum und Benzin. — Tierzucht und Tierhaltung:
Neue Untersuchungen über den Einfluß «1er Bewegung auf die
Entwicklung und Zusammensetzung der inneren Organe. Uber
die Variabilität der Milch. — V erschienenes: Verein Pfälzer
Tierärzte. Gegen das rituelle Schächten. Maßnahmen gegen die
Maul- und Klauenseuche. Die Maul- und Klauenseuche am
Münchener Schlacht- und Viehhof. Beförderung. — Bücher¬
schau. — Personalien.
Ein Fall von Morbns macnlosns beim Rind.
Von Kgl. Bezirkstierarzt Oskar, Rehau.
Ich wurde zu einem erkrankten Zuchtstiere gerufen
mit der Mitteilung, daß der Besitzer das Tier in der Frühe
in seinem Stande liegend und unfähig sich zu erheben ge¬
funden habe. Freßlust und Rumination sei vollständig
sistiert, die Atmung gehe sehr beschleunigt. In der voraus¬
gegangenen Nacht habe der Besitzer im Stalle Nachschau
gehalten und an dem Stiere nichts auffälliges wahrge¬
nommen. Leider konnte ich das Tier nicht sofort unter¬
suchen. Bei meiner Ankunft am Nachmittage war der Stier
bereits geschlachtet. Gegen Mittag — so lautete die weitere
Mitteilung — sei eine bedrohliche Verschlimmerung einge¬
treten, die Atmung fortlaufend beschleunigter und er¬
schwerter geworden, es sei starkes Muskelzittern, besonders
an den Hinterextremitäten, und starke Schwellung an der
rechten Kopf- und Halsseite, sowie an beiden Hinterschen¬
keln vorhanden gewesen. Die Autopsie ergab nun folgenden
Befund: Die Haut zeigte zahlreiche Blutungsherde, teils punkt-
738
förmig, teils flächenartig ausgebreitet, besonders in den
Oberschenkelpartien. Hier waren auch in der Subkutis und
in der Muskulatur blutig-sulzige Infiltrationen vorhanden,
ebenso in der geschwellten Kopf- Tind Halspartie. Die Skelet t¬
muskulatur zeigte beim Durchschneiden zahlreiche Blu¬
tungen. Weiterhin waren kleinere und größere Petechien
auf der Schleimhaut der Trachea und der Bronchien, sowie
in den Lungen zu sehen. Das Herz wies so zahlreiche
und große Blutungen sowohl unter dem Epikard, wie unter
dem Endokard auf, daß es wie in Blut getaucht aussah. Die
Mägen xind die Gedärme, namentlich die Dünndärme zeigten
mehr oder weniger große subseröse Blutungen, die diesen
Organen ein Aussehen gaben, als wären sie mit Blut be¬
spritzt. Auch die Schleimhäute waren teilweise blutig ver-
schwollen, die Gekröslymphdrüsen vergrößert und blutig
durchsaftet. Die Leber zeigte sich ebenfalls geschwollen
und ließ auf dem Durchschnitte zahlreiche parenchymatöse
Blutungen erkennen. Farbe und Konsistenz des Organs
waren unverändert. Auch an der Gallenblase fanden sich
zahlreiche Petechien. Das Bindegewebe im Becken und die
Blase erschienen sulzig verquollen, Auch in den Hoden
waren kleine Blutungen in großer Anzahl aufgetreten.
über die Ätiologie der Erkrankung konnte ich nichts
Positives ermitteln. Das Futter war nicht zu beanstanden,
die Stallverhältnisse sind einwandfrei; anderweitige Er¬
krankungen sind nicht vorgekommen, so daß es sich nur
um ein idiopathisches Leiden handeln konnte.
In differentialdiagnostischer Hinsicht kam Hinder-
seuche in Betracht; doch hatte die bakteriologische Unter¬
suchung und die Impfung von zwei Kaninchen ein negatives
Ergebnis.
Utopistische Betrachtungen über den Stand der
Flelschbeschaner.
Yon Schlachthofdirektor Heiß, Straubing,
Wir unterscheiden wissenschaftliche und Laienbeschauer.
Die ersteren sind durch ihre fachwissenschaftliche Vorbildung
ohne weiteres in der Lage, die Fleischbeschau in allen Fällen
vornehmen zu können, den letzteren sind besondere Fälle Vorbe¬
halten. Die Tierärzte haben das Absolutorium einer Mittelschule
und einer Hochschule nachzuweisen, um nicht nur als tierärztliche
Fleischbeschauer in allen Sparten derselben, wie z. B. in Auslands-
tleisch beschau, wirken zu können sondern auch solche Personen aus dem
Laienstande, die sich dem Berufe eines Fleischbeschauers widmen
wollen, unterrichten zu können. Und auch dieses Recht ist nicht
ohne weiteres jedem Tierarzte freigegeben, sondern an eigens be¬
stimmte Ausbildungsschlachthöfe gebunden, weil nur da genügend
Material für die Ausbildung zur Verfügung steht.
739
Die knappe, uns zur Ausbildung zur Verfügung stehende Zeit
von Männern aus bürgerlichen und bäuerlichen Berufen, die ledig¬
lich die verschiedenen Schlachttiergattungen auseinander kennen,
die aber von Anatomie, von Tierkrankheiten, Seuchen etc. keinen
oder höchstens nur ganz unzulängliche Begriffe haben, muß fleißig
benützt werden, um diesen nicht nur Theorie, sondern — was weit
wertvoller ist — ein praktisches Wissen beizubringen. Jeder
von uns, der schon eine Reihe von solchen Kursen geleitet, hunderte
von Laienbeschauern ausgebildet hat, weiß, welche enorme Mühen
die Abhaltung solcher Kurse verursacht, wie unendlich schwer es
oft ist, bis die einfachsten technischen Ausdrücke, die unvermeid¬
lich sind, eingeprägt w r erden, zum allermindesten bis zur Ablegung
der Prüfung, wenn nicht dauernd. Wer hat sich nicht schon weid¬
lich geärgert, wenn stets mit konsequenter Bosheit die dünnhalsige
Finne den Menschen-Bandwurm erzeugte, wenn Schweineseuche
und -pest fortwährend miteinander verwechselt wurden! Wie viel
Mühe und Arbeit, aber auch Geduld fordert es nicht, bis endlich die
Grenzen der Zuständigkeit eingeprägt werden, und wie enttäuscht,
wie erbittert ist man nicht, wenn bei der Prüfung der Kandidat mit
Seelenruhe sich bei Miliartuberkulose als zuständig bezeichnet!
Wie immer und immer wieder die Stempel für „minderwertig“ und
„bedingt tauglich“ miteinander verwechselt werden! Dazu kommt
noch, daß Leute, die vor der Prüfung tadellos geantwortet haben,
b e i der Prüfung in einer Weise verdattert sind, als hätten sie n i e
ihr Lehrbuch aufgeschlagen!
Es ist leicht gesagt: „Hier habt ihr solche, die sich dem
Fleischbeschauerberufe widmen wollen, bildet sie in vier Wochen
dazu aus!“ Zweifellos war man sich bei Fassung dieser Bestim¬
mung nicht ganz darüber klar, welch’ enorm minderwertiges Ma¬
terial oft von Seite der Gemeinden zur Teilnahme an den Kursen
abgeordnet wird. Ich sage oft, gottlob nicht immer! Man hat
auch vielfach draußen in den Gemeinden noch immer nicht ein-
sehen gelernt, daß nicht der Dorfdümmste für den Beruf als
Fleischbeschauer noch gut genug ist! Daß der Kandidat der Be¬
mitteltste nicht ist, ist männiglich bekannt und ist es ein Wunder
zu nehmen, wenn bei den wirklich kärglichen Entlohnungen für
Fleischbeschau, insbesondere in Bayern, sich gerade solche auf¬
stellen und ausbilden lassen, denen das geringste Einkommen eben
ein Einkommen ist. Oft und Oft wird sich der Lehrer in Fleisch¬
beschau die Frage vorlegen, ob dieser oder jener Kursteilnehmer
überhaupt ausgebildet werden kann! Ich glaube, daß eine Reihe
von Kollegen, die auf eine jahrelange Ausbildungstätigkeit zurück¬
blicken können, es unweigerlich sofort unterschreiben werden, daß
nicht 40 Prozent der zum Kurse geschickten Teilnehmer auch wirk¬
lich die Anwartschaft geben, daß sie tüchtige, energische und -
soweit sie zuständig sind — fachkundige Fleischbeschauer abgeben
werden!
Man nimmt die Leute mit zu Sektionen auf Wasenmeistereien,
erklärt ihnen die Unterschiede zwischen geschlachteten und ver¬
endeten Tieren bis in’s Kleinste, zeigt ihnen unmittelbar darauf die
Unterschiede am geschlachteten Tiere eingehend, was hier fehlt,
was dort vorhanden war, und mit tödlicher Sicherheit kann man
erwarten, daß man wenige Monate oder Jahre später seitens der
Staatsanwaltschaft die Akten in einer Untersucliungssache gegen
den Fleischbeschauer X. überschickt bekommt, aus welchen er¬
sichtlich ist, daß der Betreffende eine an hochgradiger Bauch¬
wassersucht verendete Kuh mit tuberkulösen Erweichungsherden
740
als-tauglich ohne Einschränkung erklärt hat! Daß ein An¬
derer das Fleisch einer Kuh, welche wegen Torsio uteri nach Zer¬
schneidung der Cervix durch irgend einen Pfuscher an Blutvergif¬
tung verendet oder in Agonie geschlachtet worden war, ohne wei¬
teres als tauglich abstempelt! Es sind das Fälle, die wirklich vor¬
gekommen sind und eine Reihe von solchen lassen sich anführen,
und wem sind solche Erfahrungen mit geprüften Fleischbeschauern
noch nicht vorgekommen? Es wäre vielleicht von großem Interesse,
hierüber eine Kasuistik anzulegen und bin ich dankbar, wenn mir
seitens der Kollegen solche kurz skizzierte Fälle zu den meinigen
mitgeteilt werden. Es ist oft recht wertvoll, solche Fälle in ge¬
nügender Zahl an der Hand zu haben, um darauf hinweisen zu
können, wie recht unbegründet es ist, wenn oft das Ei klüger sein
will ais die Henne!
Gottlob gibt es unter den ausgebildeten Fleischbeschauern
eine Reihe von Leuten, die ein rasches Fassungsvermögen besitzen,
die einen Bienenfleiß während der Kurse entwickeln, die gut me¬
morieren und auch rasch alle Handgriffe erfaßt haben, die draußen
bei Ausübung der Beschau notwendig sind. Wäre das nicht der
Fall, so würden wir zu einer Sisyphusarbeit verurteilt sein und da¬
für w ürde sich Mancher von uns gerne bedanken. Wir haben Leute
draußen in der Praxis als Fleischbeschauer, die als vorbildlich be¬
zeichnet werden können, die dankbar an dem hängen, der ihnen ihr
notwendiges Wissen beigebracht hat, die das Bestreben besitzen,
durch eigenes Studium von guten Fachzeitschriften, die von Tier¬
ärzten, die mitten im Schlachthofbetrieb stehen, geleitet werden,
die also in der Lage sind, hierin fortbilden zu können, ihr Wissen
zu erweitern, die sich populär geschriebene fachwissenschaftliche
Handbücher kaufen, um aus ihnen zu lernen.
Betrachten wir einmal, w i e der Fleischbeschauer, besser
gesagt, der, welcher es werden soll, aufgestellt w r ird: Die Vorge¬
setzte Behörde bestimmt auf Antrag des beamteten Tierarztes, daß
dieser oder jener Fleischbeschauer wegen hohen Alters, körper¬
licher Gebrechen oder aber, was auch nicht allzuselten vorkoramt,
wegen absoluter Unfähigkeit für seinen Beruf durch einen neu¬
zeitlich ausgebildeten zu ersetzen ist. Dieser Wink von oben w’ird
meist rasch in den Gemeinden verstanden, er erregt zwar Unwillen,
aber man fügt sich und nun ist guter Rat teuer! Wer soll der
w r ürdige Nachfolger dieses unwürdigen Vorgängers werden? Es
findet eine Gemeindeberatung statt, dieser und jener wird als
[lassend vorgeschlagen. Diesem oder jenem fällt es aber gar nicht
ein, diese ehrenvolle Berufung anzunehmen. Endlich findet man
irgend einen, seines Zeichens ein Gemeindediener, Nachtwächter,
Dorfhirte oder einen Angehörigen eines anderen Berufszweiges,
der sich nach vielem Zureden bereit erklärt, den nächsten Fleisch-
beschauerkurs da oder dort mitzumachen. Nicht aus Liebe zur
Sache, nur aus Zwang. Es werden ihm goldene Berge versprochen,
meist nur mündlich (vorsichtshalber!), denn die wenigsten haben
den Mut oder die praktische Erfahrung, zu verlangen, daß ihnen
vorher durch Beschluß der Gemeinde sichergestellt wird, w'elche
Entlohnung sie für die Teilnahme am Kurse erhalten und welche
Gebühren ihnen fernerhin zugebilligt werden. Meist sind diese
schüchternen Männer später die Geleimten! Kommen sie noch
seufzend unter der Last der Ausbildung nach abgelegtem Rigo¬
ros um zurück in ihre Heimat, so kann man sich oft wirklich nicht
erinnern, ihnen irgend etwas Bestimmtes zugesagt zu haben oder
aber sie w erden vertröstet, daß in allernächster Zeit (meist zwischen
741
10 und 20 Jahren!) einer Regelung der Gebührenfrage näher ge¬
treten werden wird, ja es sind mir Gemeinden bekannt, die nicht
nur Schandgebühren dem geprüften Beschauer bezahlen, sondern
auch noch verlangten, daß dieser aus eigenen Mitteln die Kurs¬
und Ausbildungskosten, die Kosten für den Aufenthalt im Aus¬
bildungsorte und die Lehrmittel selbst zu bezahlen hat, so daß
der Ärmste bei einem Jahreseinkommen von 30—40 Mark Methu¬
salems Alter erreichen müßte, um von seinen Renten leben zu
können. Gegen eine solche „Schmutzigkeit“ richtig aufzutreten
getrauen sich die von dieser Zumutung Betroffenen meist nicht,
denn sie rechnen noch immer, daß vielleicht doch noch ein Strahl
der Erleuchtung die Gemeindevertreter trifft und sie ihm die Aus¬
lagen, die sich auf rund 100 Mark anschlagen lassen zurückersetzen,
und werden ihm später wirklich die Kosten ersetzt oder sind sie
ihm vorher schon bezahlt worden, dann getraut er sich meist wieder
nicht, um materielle Besserstellung nachzusuchen.
Statt daß der Anwärter von vorneherein bei seiner Auf¬
stellung verlangt: Die Gemeinde hat mir die Ausbildungs- und
Aufenthaltskosten, sowie die Lehrmittel zu ersetzen, sonst ver¬
zichte ich auf die Ehre, überläßt er das meist dem „Wohlwollen“
und damit ist bei den jetzigen „sparsamen“ Zeitläuften meist nicht
viel zu erreichen. Er muß sich aber auch vorher erkundigen:
Was wird bezahlt für die Vornahme der Fleischbeschau?, und nur
dann, wenn ihm Gebühren zugebilligt werden, seien es nun Einzel¬
gebühren oder ein Jahrespauschale, die im Verhältnis zur Dienst¬
leistung stehen, wird er mit sicherer Gewähr dafür, daß seine Arbeit
auch gebührend bezahlt wird, am Kurse teilnehmen könne. Der
Grundsatz: „Wer anschafft, bezahlt!“ soll auch hier Geltung haben.
Ich bin auch fest überzeugt, hätten die Aufsichtsbehörden Kenntnis
von solchen Fällen, sie würden gewiß nicht dulden, daß einem un¬
bemittelten Ortsangehörigen solche finanzielle Zumutungen gestellt
würden und würden ein energisches „Quos ego“ solchen Gemeinden
zurufen! Und das mit Fug und Recht, denn Null von Null hebt sich
auf und Manchem gestatten eben einfach seine Verhältnisse nicht,
ein Freund und Inhaber unbezahlter Ehrenstellen zu sein.
Gesetzt den Fall: Die Gemeinde würde auf eigene Kosten
den Fleischbeschauer ausbilden lassen, sie würde ihm anständige
Gebühren zuerkennen, würde die Beschaustunden zeitlich be¬
schränken, so daß er auch seinem Privatberufe noch nachgehen
und aus demselben verdienen kann, kurz ihm alle Vorteile bieten,
die er überhaupt verlangen kann, eines läßt sich unter den
jetzigen Verhältnissen nicht von der Hand weisen: der Fleisch¬
beschauer ist und bleibt in den ländlichen Bezirken von dem Wohl¬
wollen des Gemeindekörpers abhängig.
Und wenn ihm in den Kursen hundertmal der gerade Weg,
welchen er zu gehen hat, vorgezeigt und dargelegt wurde, wenn
ihm genau die Grenzen seiner Kompetenz angegeben wurden, die
Verhältnisse draußen im Leben sind oft mächtiger als er.
Und das ist eben das traurige in dieser Stellung! Ich möchte
den P’leischbeschauer kennen, der sich ungestraft erkühnen wird,
in dem engen Rayon eines Dorfes, wo die Menschen seit Gene¬
rationen miteinander verwandt und verschwägert sind, ein ge¬
schlachtetes Tier eines „Großmächtigen“ als untauglich zu be-.
zeichnen! Und gesetzt den Fall, daß er pflichtgemäß handelt, so
wird ihm mit tödlicher Sicherheit ein solcher „Fall“ des strammen
und energischen Vorgehens schwer angekreidet und ihm alle nur
742
erdenklichen Schwierigkeiten gemacht werden, um ihn mürbe zu
machen! Und: Menschen sind wir alle, oft recht schwache
Menschen! Insbesondere aber dann, wenn es uns an dem nötigen
Hinterhalte fehlt, wenn wir durch die Verhältnisse gezwungen
sind, den berühmten Eiertanz aufzuführen. Niemand zu schädigen!
Die Fleischbeschauer haben das Pflichtgefühl, so und nicht
anders handeln zu sollen und doch mehren sich die Fälle, die
glatt gegen die Bestimmung des Gesetzes verstoßen. Doch es ist
nichts so fein gesponnen, es kommt doch an die Sonnen! Die Tücke
des Zufalles, die den zuständigen Tierarzt in die Nähe bringt, ein
Streit, ein entstandener Haß unter den Einzelnen tragen zur Ent¬
hüllung dieser Pflichtvergessenheiten das Ihre bei und wenn der
Fleischbeschauer nicht schon vorher wegen zu strammen Auf¬
tretens „abgesägt“ worden ist, so besorgt das später eine höhere
Instanz mit Sicherheit und Gründlichkeit! Und der Mann steht
mit seinem vierwöchentlichen Wissen, mit Kind und Kegel dem
Nichts gegenüber. (Fortsetzung folgt.)
Referate.
Keller: Mitteilungen aus der Praxis. (Schweizer
Archiv für Tierheilkunde, 1910, Heft 1.)
1. Zwei Fälle von Uterustorsion beim
Schwein.
Ein das dritte Mal trächtiges Schwein hatte die ganze
Nacht hindurch Wehen, ohne etwas zutage zu fördern. Hei
der Untersuchung konnte man mit der Hand bis an den der
Schamspalte am nächsten gelegenen Teil der Scheide leicht
eindringen; gegen das Collum uteri zu endete aber die
Scheide trichterförmig, mau fand spiralige Faltenbildung.
Folgte man den nach rechts verlaufenden Falten, so konnte
man mit der Fingerspitze den Kopf eines Fötus erreichen,
der unter dem Schambeinrande in einer taschenförmigen
Höhle des Uterus lag Da ein Wälzen des Tieres ohne jeg¬
lichen Erfolg war, so wurde am anderen Morgen die Not¬
schlachtung vorgenommen, bei welcher eine halbe Drehung
nach rechts konstatiert wurde. An derselben waren Scheide
und Collum uteri beteiligt; das rechte Gebärmutterhorn
war auf die linke Seite hiuiibergeglitten.
Hei einem anderen Schweine, das dieselben- Erschei¬
nungen zeigte und bei welchem die Verschnürungen noch
stärker waren, so daß kein Fötus erreicht werden konnte,
halte das Wälzen den gleichen negativen Erfolg.
Diese ungünstigen Resultate der Wälzung zwecks
Lösung der Verdrehung beruhen teils auf der geringen Ge¬
räumigkeit der Bauchhöhle, dann aber auch auf der unge¬
wöhnlichen Größe des mit mehreren düngen angefüllten
U terus.
743
2. Ein Fall von Leberadenom des Rindes.
Die Untersuchung einer neunjährigen Kuh, die laut,
Anamnese in letzter Zeit Störungen des Appetits zeigte,
stark im Milchertrag und Nährzustand zurückgegangen war,
ergab nicht viel Krankhaftes: mäßigen Ernährungszustand,
leichte Mattigkeit; Puls, Atmung, Temperatur, Pansentätig¬
keit und Kotabgang normal, weshalb dem Besitzer geraten
wurde, die Kuh weiter zu beobachten und später wieder
Meldung zu machen. Nach 17 Tagen wurde wieder eine
Untersuchung verlangt, da die Kuh immer weniger munter
und der Appetit und Milchertrag ganz minimal sei. Be¬
fund : Fortschreitende Abmagerung, Tier steht apathisch da
mit leeren Hungergruben und etwas struppigem Haarkleid;
vorgehaltenes Futter wird verschmäht; die Kuh sucht fort¬
während die Stirne an die Schulter oder an den Hals eines
neben ihr stehenden Rindes anzulegen und steht längere Zeit
in dieser Haltung, wenn das Rind sich willfährig zeigte.
37,8° Temperatur. — Da ein Leiden kachektischer Natur
in der Leber oder Milz vermutet wurde und der Zustand
des Tieres ein hoffnungsloser war, wurde Notschlachtung
angeordnet.
Obduktionsbefund: Leber um die Hälfte ver¬
größert ; in der Mitte derselben mannskopfgroße Geschwulst
von gelb-weißer Farbe mit radiär verlaufenden Streifen und
fest-weicher Konsistenz ohne Fluktuation. Beim Durch¬
schneiden der Geschwulst zentral gelegene Höhle mit braun-
grüner, schleimiger Flüssigkeit, vermischt mit Detritus¬
massen. Ränder der Höhle imregelmäßig ausgezackt, wie
angefressen. Geschwulst vom normalen Lebergewebe durch
eine bindegewebige Kapsel getrennt. In den etwas erwei¬
terten Gallengängen in der Umgebung der Geschwulst Vor¬
handensein einiger Exemplare von Distom. hepat. — Dia¬
gnose : Leberadenom. R a b u s.
L a a b s: Vergleichende Untersuchungen über den
Streptokokkus equi und andere pathogene Streptokokken.
(Zeitschrift für Veterinärkunde, 1910, VIII/1X.)
Im Laufe des letzten Jahrzehnts haben sich eine große
Reihe von Forschern mit der Differenzierung der Strepto¬
kokken befaßt, doch stehen sich die Befunde der einzelnen
Autoren oft diametral gegenüber. Vielfach wurde die Ein¬
teilung nach Schottmüller angenommen, der nach dem
Wachstum auf Blutagarnährböden 3 Typen — Streptokokkus
longus seu erysipelatos, Str. mitior seu viridans, Str. mu¬
cosus — unterschied, die durch Farbstoffbildung und
744
Formen von einander abwichen. Versuche, die Aggluti¬
nation zur Sonderung der einzelnen Streptokokkenarten
heranzuziehen, sind bisher noch nicht gelungen.
Verf. hat nun die morphologischen, kulturellen und
pathogenen Eigenschaften namentlich der Drusestrepto¬
kokken eingehend geprüft. Letztere ließen hiebei bei
Züchtung auf den gebräuchlichen, festen Nährböden zwar
gewisse Merkmale erkennen, die den übrigen, zum Vergleich
herangezogenen Streptokokken fehlen, doch waren sie nicht
so prägnant, daß durch sie allein eine genaue Unterschei¬
dung möglich wäre. L i n d n e r.
Z a 111: Präoperatives Sterilisieren der Haut mit
Petroleum und Benzin. (Münch. Med. Wochenschr., Nr. 38,
1910.)
Das Verfahren soll vor den bisher zur Sterilisierung
mit Sublimat, Alkohol und Jodtinktur geübten große Vor¬
züge bieten, weil die Haut unverändert Bleibt. Das Ope¬
rationsfeld wird rasiert; vor der Operation wird dann mit¬
telst eines Wattebausches, welcher mit Petroleum getränkt
worden ist, die Haut 1 Minute lang abgewischt; hierauf
wischt man die Haut mit einem mit, Benzin getränkten
Wattebausch (4 Minute lang; nun wird das Operationsfeld
mit sterilisierten Tüchern abgerieben. Verf. hat bei dieser
Sterilisierungsmethode im Verlaufe der letzten drei Jahre
700 große Operationen, darunter 24 Laparotomien, 193
Hernienradikaloperationen, ausgeführt. In allen Fällen ist
Heilung per primam erfolgt. A.
Tierzucht und Tierhaltung.
Neue Untersuchungen über den Einfluß der Bewegung auf
die Entwicklung und Zusammensetzung der inneren Organe.
Privatdozent Dr. K ü 1 b s hat bekanntlich vor einiger
Zeit bei Hunden Versuche über den Einfluß der Bewegung
auf die Entwicklung innerer Organe angestellt. Die Ver¬
suche ergaben, daß bei gleichalterigen Hunden durch Be¬
wegung höhere Gewichte innerer Organe erzielt werden
können als beim Ruhe-Tier.
Neuerdings stellten K ii 1 b s und B e r b e r i e h weitere
Versuche mit. Hunden und Schweinen über die Fragen an,
1. ob es auch bei N u t z t i e r e n gelingt, eine verschieden
große Entwicklung der inneren Organe und der Skelett¬
muskulatur hervorzurufen und 2. ob quantitativ-chemische
Unterschiede in der Zusammensetzung der inneren Organe
745
und der Skelettmuskulatur bei Schweinen und Hunden vor¬
handen sind, wenn diese längere Zeit größere Bewegungs-
Übungen gemacht haben, im Gegensätze zu Kontrolltieren,
die in Ruhe waren.
Das Ergebnis der Versuche, zu welchen zwei männ¬
liche und zwei weibliche, D/4 bezw. V/U Jahre alte, rasse¬
echte, kurzhaarige deutsche Hühnerhunde und fünf weib¬
liche veredelte Landschweine benützt wurden, lautet:
1. Bei Hunden von demselben Wurf und Geschlecht
kann man durch eine bestimmte Form körperlicher Arbeit
beim Arbeitstier erheblich höhere Gewichte der inneren
Organe (besonders Herz und Leber) erzielen, gegenüber
dem Ruhetier.
2. Diese Differenzen sind besonders ausgesprochen bei
jungen Tieren, sind aber auch bei fast ausgewachsenen in
geringerem Maße vorhanden.
3. Die Skelettmuskulatur nimmt bei den Arbeitstieren
an Gewicht zu, doch nicht in demselben Maße wie das Herz,
verglichen mit Muskulatur und Herz des Ruhetieres.
4. In den Röhrenknochen können ausgesprochene
Unterschiede des Knochenmarks sich finden, rotes Mark
beim Arbeitstier, gelbes, verfettetes beim Kontrolltier.
5. Bei jungen Schweinen scheinen ähnliche Unter¬
schiede in den Gewichten der inneren Organe aufzutreten,
wenn die Tiere ein genügendes Maß von Arbeit verrichten.
Die Resultate der chemischen Untersuchung sind:
1. In drei Versuchsreihen war der N-Gehalt von Leber
und Skelettmuskulatur bei den Kontrolltieren höher als
beim Arbeitstier; in einem Versuche (ungenügende Lauf¬
zeit des Arbeitstieres, temperamentvolles Kontrolltier) war
der N-Gehalt beim Arbeitstier höher.
2. Der Fettgehalt des Herzmuskels war in drei
Versuchsreihen vermehrt beim Kontrolltier, in einem Ver¬
suche vermehrt beim Arbeitstier. Skelettmuskulatur und
Leber hatten in zwei Versuchen beim Kontrolltier und in
zwei Versuchen beim Arbeitstier mehr Fett.
3. Der Lezithin gehalt des Herzfettes und des
Leberfettes war in allen 4 Versuchsreihen beim Arbeitstier
wesentlich erhöht; der des Skelettmuskels zeigte in zwei
Versuchen beim Arbeitstier und in zwei Versuchen beim
Kontrolltier höhere Werte.
4. Der Glykogengehalt der Leber war in drei
Versuchen bei den Arbeitstieren erhöht.
(Aus der 13. Flugschrift der Deutschen Gesellschaft
für Züchtungskunde. A.
746
Über die Variabilität der Milch.
v. Wen dt prüfte den Einfluß verschiedener Salze als
Beigabe zum Fette der Kühe auf die Menge und Zu¬
sammensetzung der Milch. Die Versuche ergaben folgende
Resultate:
1. Das Futter übt, bestimmte Verhältnisse voraus¬
gesetzt, nur einen sehr beschränkten Einfluß auf die Zu¬
sammensetzung der Milch aus.
2. Ein gesetzmäßiger Einfluß von dem Futter bei¬
gegebenen Salzen als Kochsalz, Kalziumkarbonat, Natrium¬
phosphat, Magnesiumbromid, glyzerin - phosphorsauerem
Kalzium konnte nicht wahrgenommen werden.
3. Das saure Kalziumphosphat scheint, wenn auch
nicht in jedem Falle, die Fettmenge der Milch günstig zu
beeinflussen; ferner war unter Beigabe dieses Salzes eine
geringe Steigerung der relativen Menge des Kalziums in
der Milch 2u beobachten.
4. Die Verschiedenheit der Zusammensetzung der Milch
von Kühen verschiedener Rassen in den verschiedenen
Laktationsperioden ist in der Hauptsache gleich groß.
5. Die Albuminmenge nimmt im Gegensätze zu den
anderen Bestandteilen der Milch im Laufe der Laktation
nicht zu; auch ist die prozentuale Menge des Albumins in
der Milch des Höhenviehes ungefähr dieselbe, wie in der
Milch des Niederungsviehes.
6. Von den Milchbestandteilen sind Phosphor, Stick¬
stoff und Kasein, am wenigsten Kalzium, Fett und Milch¬
zucker mehr, Chlor, Alkalimetalle und Albumin am meisten
variabel, (v. Wen dt in: Mitteilungen des landwirtschaft¬
lichen Institutes der Universität Leipzig, 9. Heft.) A.
Verschiedenes.
Verein Pfälzer Tierärzte.
Am 27. August 1910 fand in Kaiserslautern die
(58. ordentliche Generalversammlung des Vereines statt.
Erschienen waren: K. Regierungs- und Veterinärrat
Marggraff als Regierungskommissar, die Ehrenmit¬
glieder : Louis und Thomas und 40 Mitglieder:
d 'Alle u x, I)r. Arnold, Braun, B r e s s, Eckart,
Engel, Frank, F r i c k, G a b e r d a n, G e r g e r,
1 >r. (i c i s s e n d ö r f e r, G ö p f e r t, G o 1 d m a n n, lf a r-
<1 er, lleubc r g e r, 11 ö f 1 c, H e r f e 1, K ö h 1, M a h 1 e r.
M alle r n, M a r k e r t, M ey er, Müller, Pr. M u -
s t e r 1 e, () c h 1, R a b u s, R e u sehe 1, R o h r, R o t -
liaa r, Sauer, S e m mler, Scheidt, Sch e r m e r.
747
Scheuing, Steinbrenner, Sterger, Weigand
Otto, Weigand W ilhelm, Ziere r, Zimmer und end¬
lich als Gäste: Engel und Schebler.
Die Versammlung, welche in den schönen Räumen des
Kasino-Vereins tagte, wurde um 11 Uhr durch Vorstand
Heuberger mit herzlichen Worten der Begrüßung an
alle Teilnehmer, insbesondere an den Herrn Regierungs¬
kommissär eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung widmete der Vor¬
sitzende dem verstorbenen Reichsrate l)r. Eugen von
Buhl, dem eifrigen und überzeugten Förderer des tierärzt¬
lichen Standes, einen warmen Nachruf. Die Versammlung
erhob sich zu dessen Ehren von den Sitzen.
Nach dem Geschäftsberichte des Vorstandes sind im
Vereinsjahre 2 Mitglieder (Schmidt und Witzig-
m a n n) durch Wegzug aus dem Vereine ausgetreten.
Leider hat der Verein durch den Tod eines beliebten
Mitgliedes, des Distriktstierarztes D u p r e in Grünstadt,
einen schmerzlichen Verlust erlitten. Zu dessen Gedenken
erhoben sich die Anwesenden von den Sitzen.
Der Mitgliederstand war am Schlüsse des Vereins¬
jahres (1. August) : 53 ordentliche, 2 außerordentliche und
5 Ehrenmitglieder.
Seit 1. August sind dem Vereine 6 Herren beigetreten,
sodaß zur Zeit dem Vereine 59 ordentliche Mitglieder an¬
gehören.
Dem im Vorjahr im Haag stattgehabten internationalen
tierärztlichen Kongresse hat zufolge Beschlusses der 66. Ge¬
neral-Versammlung als Vertreter des Vereines Vorstand
Heuberger beigewohnt.
An einer im Januar stattgefundenen Sitzung der Kreis¬
vereinsvorstände nahm der 2. Vorsitzende Müller teil.
Zum Schlüsse berührte der Vorstand noch einige im
letzten Jahre eingetretene Begebenheiten, insbesondere die
Bildung des Veterinär-Offiziers-Korps, die Verleihung des
Promotionsrechtes an die Tierärztl. Hochschule in München
und das neue bayerische Körgesetz.
Laut einer Zuschrift des Deutschen Veterinärrates
sollen die in der Sitzung in Stuttgart im Jahre 1909 be¬
schlossenen Satzungen angenommen werden, insbesondere
die Bestimmung, daß die Beiträge jeweils von den einzelnen
Plenarversammlungen des Veterinärrates bestimmt werden,
ln Stuttgart wurde nun der Beitrag pro Jahr und pro Mit¬
glied auf 2 Mk. festgesetzt.
Die Generalversammlung stimmt obigen Beschlüssen zu.
748
Einem Beschlüsse des Tierärzte-Vereins für Schleswig-
Holstein, betreffend die Standesinteressen, wird im allge¬
meinen beigetreten.
Einer Anregung des Vereins der Tierärzte des Regie¬
rungsbezirkes Wiesbaden, betreffs Ausbildung der Tierärzte,
wird nicht beigestimmt.
Einladungen zur Naturforscherversammlung in Königs¬
berg, sowie eine Anregung des tierärztlichen Provinzial¬
vereins für Posen zwecks Beteiligung an der Internationalen
Hygiene-Ausstellung in Dresden 1911 werden zur Kenntnis
genommen.
Zu einem Angebot der Nürnberger Lebensversiche¬
rungsbank nimmt nach lebhafter Debatte die Generalver¬
sammlung vorerst keine Stellung und überläßt dies den Mit¬
gliedern.
Endlich macht der Vorstand noch auf eine im Neben¬
zimmer ausgestellte reichhaltige Instrumentensammlung der
Firma Stiefenhofer in München aufmerksam.
Nach dem vom Rechner Rohr erstatteten Kassen¬
bericht wird demselben Entlastung erteilt.
Als Ort für die nächste Generalversammlung wird
Landau bestimmt.
Als Abgeordnete zum Obermedizinalausschuß werden
Regierungsrat Marggraff und als Stellvertreter der
Vereinsvorstand bestimmt.
Als Vertreter des Vereins beim Deutschen Veterinär¬
rat wird Kollege Feil aufgestellt.
Nach einem eingehenden mit Interesse verfolgtem
Referate Saue r’s über „Standes-Interessen“ schloß der
Vorsitzende um 2*4 Uhr die Versammlung.
Ein gemeinsames Mahl hielt die Kollegen noch einige
Stunden in fröhlicher Stimmung beisammen.
Auf Wiedersehen im nächsten Jahre in Landau!
Verein Pfälzer Tierärzte.
Gegen das rituelle Schächten.
Der Verein rheinpreußischer Tierärzte hat in seiner
am 11. September 1. J. in Koblenz abgehaltenen Versamm¬
lung den Beschluß gefaßt, an die gesetzgebenden Körper¬
schaften des deutschen Reiches in einer Eingabe die Bitte
zu richten, dem Beschlüsse der Justizkommission, das rituelle
Schächten der Juden unter reichsgesetzlichen Schutz zu
nehmen, nicht beizutreten; ferner hat der Verein sämt¬
liche tierärztlichen Vereine Deutschlands ersucht, sich
dieser Fingabe anzuschließen.
749
Maßnahmen gegen die Maul- und Klauenseuche.
Das Staatsministerium des Innern hat die Regierüngs-
und Veterinärräte der Regierungen, Kammern des Innern,
für Mittwoch den 26. Oktober d. Js. zu einer Sitzung im
Staatsministerium des Innern einberufen. Bei der Sitzung
wurden die Maßregeln zur Abwehr und Unterdrückung der
Maul- und Klauenseuche sowie sonstige Fragen des amts¬
tierärztlichen Dienstbetriebs besprochen.
Die Maul- und Klauenseuche am Münchener Schlacht- und
Viehhof
hat dank der von der Schlachthofdirektion getroffenen um¬
fassenden Vorsichtsmaßregeln keinen weiteren Fall ge¬
zeitigt. Der bereits berichtete Fall wurde an einem 105 Tiere
umfassenden Transport von Schweinen aus Thorn in West¬
preußen bereits an der Laderampe konstatiert. Sämtliche
_ Tiere wurden auf eigenen Wagen sofort in den Schlachthof
transportiert, geschlachtet und sämtliche Einstellhallen des
Viehhofes einer gründlichen Desinfektion unterzogen. Diese
Desinfektion wurde wiederholt und es mußten sämtliche
noch vorhandenen Restbestände entweder geschlachtet
oder in den Reservestallungen untergebracht werden.
Außerdem wurde bis auf weiteres für alles lebend in
den Viehhof gelangende Vieh eine viertägige Schlacht¬
frist angeordnet. Unter diesen umfassenden Sicherheits¬
maßregeln und angesichts der Tatsache, daß in den Ein¬
stellstallungen selbst, weder bei den Schweinen, noch beim
Großvieh oder anderen Klauentieren ein Seuchenfall noch
nicht vorgekommen ist, besteht Aussicht, daß die Viehhof¬
sperre in den allernächsten Tagen wieder
aufgehoben werden kann*). Für aus Norddeutsch¬
land einlangende Viehtransporte sind bereits bedeutend ver¬
schärfte Sicherheitsmaßregeln getroffen.
Bemerkenswert für den fortwährenden Vorwand der
heimischen Landwirte, daß durch leichtere Einfuhrbestim¬
mungen für Auslandsvieh die Seucheneinschleppungsgefahr
vermehrt werden würde, ist dieTatsache, daß seit dem nahezu
32jährigen Bestände des Münchener Schlachtviehmarktes
unter dem aus Österreich zugeführten Vieh auch nicht
ein einziger Seuchenfall vorkam, während
sämtliche Einschleppungen der letzten Jahre ausschließlich
auf die norddeutschen Schweine zurückzuführen waren.
(Tagespresse.)
*) Die Aufhebung der Sperre ist bereits erfolgt.
750
Beförderung.
Der außerordentliche Professor an der vereinigten
medizinischen Fakultät der Universität Gießen und Vorstand
der veterinär-medizinischen Klinik daselbst, Dr. med. et
med. vet. H. Gmeiner wurde zum ordentlichen Professor
befördert.
Bttcherschau.
Gerichtliche Entscheidungen des ersten Jahrzehnts des Bürgerlichen
Gesetzbuches über Viehkauf. Gesammelt und herausgegeben
von Dr. Hans Stölzle, Rechtsanwalt in Kempten (Bayern).
Mainz 1910. Zentral-Buchhandlung deutscher Rechtsanwälte,
G. in. b. H., Mainz. Preis 4,50 Mark.
Juristen, Tierärzte und Landwirte haben das größte Interesse
daran, über diese oder jene Frage des Yiehverkaufsrechtes Kenntnis
von etwa vorhandenen gerichtlichen Entscheidungen zu haben, um
zur Beurteilung der in bestimmten Fällen wahrscheinlich erfolgenden
Rechtssprechung der darauf fußenden Ratserteilung Anhaltspunkte
zu gewinnen. Verf. hat nun eine große Zahl wichtiger gerichtlicher
Entscheidungen, welche im Verlauf der zehn Jahre des Bestandes
des Bürgerlichen Gesetzbuches erfolgt sind, in dem oben genannten
Werke zusammengestellt und bietet diese Sammlung einen überblick
über die Rechtssprechung der deutschen Gerichte innerhalb dieser
Zeit. Der in der Praxis stehende Tierarzt ist nicht in der Lage,
von solchep Entscheidungen, die in verschiedenen juristischen Zeit¬
schriften veröffentlicht sind, Einsicht zu nehmen und wird daher
gerade in tierärztlichen Kreisen die Sammlung des durch seine
literarischen Arbeiten auf dem Gebiete des Gewährschaftsgesetzes
wohlbekannten Yerf. sehr begrüßt werden. A.
Personalien.
Der außerordentl. Professor an der vereinigten medizinischen
Fakultät der Universität Gießen, Dr. med. et vet. H. Gmeiner
wurde zum ordentl. Professor befördert.
Auszeichnung: Dr. Günther Adolf, Kreistierarzt in
Rotenburg i. Hessen-Nassau die bayer. Landwehrdienst-Auszeichnung
I. Klasse.
Ernennungen: Braun Kuno in Bechhofen (Mittelfr.),
K ö r b e r Karl in Triesdorf und Schmitt Johannes in Herrieden
(Mittelfr.) zu Distriktstierärzten dortselbst, Riedel Max, stell¬
vertretender Tierzuchtinspektor zum Zuchtinspektor in Mühldorf,
S p i e g 1 Anton aus München zum Assistenten am Physiologischen
Institut der Tierärztlichen Hochschule in München.
Wohn sitz-Veränderungen: Alefeld Julius von
Eschenau nach Neuötting, Dr. Fuchs Matthias von Altenburg
(Sachsen) nach Neustadt a. D. Rothlauf Franz als prakt. Tier¬
arzt von Itott am Inn nach Ismaning bei München. Fischer Max
von Ingolstadt als bezirkstierärztlicher Assistent nach Hilpoltstein.
Approbationen: in Berlin die Herren Berger Kurt aus
Blomberg. Kunke Alfred aus Stendal, Martin Franz aus Tlial-
fang und R a t h e m a n n Erich aus Wesel.
Der A b schied wurde bewilligt dem Oberveterinär der
I,arulwehr I. Klasse Dr. Schreiber Oswald in Landsberg a. W.
751
Chem. Fabrik ° Darmstadt
empfiehlt alle Drogen nnd Chemikalien für die Veterinärpralls,
insbesondere:
Arecolin, Atropin, Cocain, Eserin, Morphin, Pilocarpin,
Podophyllin, Strychnin, Veratrin, Blei-, Jod-, Queck¬
silber-, Wismnthverbindnngen etc., ierner Tuberkulin
nnd Bovotuberknlol für diagnostische Zwecke,
sowie die Spezialpräparate:
JODIPIN l TANNOFORM
JODIPIN
pro usu veterinario 10% und
25 %• Vorzüglicher Ersatz für
Jodalkalien.
Bewährt bei:
Dämpfigkeit, Lebercirrhose,
Leberkoller, Tetanus, Morbns
macnlosns der Pferde, Akti-
nomy kose, Tuberkulose der
Rinder.
Äußerlich:
Ausgezeichnetes Antiseptikum.
Völlig ungiftig, stark des¬
odorierend.
Innerlich:
Wirksames Antidiarrholcum,
besonders bei Kälberruhr
empfohlen.
PERHYDROL PYOKTANIN
Chemisch reines, 30°/o Wasser- Geruchloses, starkes Antisep-
stoffsuperoxyd. ticum.
Wertvolles Specificum gegen
Desinilciens für die Chirurgie. Maul- und Klauenseuche.
YOHIMBIN-MERCK ToT
gegen sexuelle Impotenz der Zuchttiere.
Literatur über die Spezialpräparate gratis und franko.
Specificum gegen
Maul- und Klauenseuche.
Suptol-Burow. Milzbrand-Serum
Erprobtes, vielfach bewährtes nach Prof. Sobernhelm.
Heilmittel gegen akute und Für Schutz- und Heilzwecke
chronische Schweineseuche. empfohlen.
Beide Präparate sind direkt zu beziehen durch
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752
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j Erhältlich in Röhrchen ä 10 und 20 Pastillen ik 1 gr
| und auch in größeren losen Packungen in Apotheken j,
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Man verlange „Originalpacknng Schering“. 1
Chemische Fabrik auf Aktien vorm. E. Schering) ||
HERLIN X. »9, Mülleratraße 170/171.
BlemtöF
empfohlen als billigste Desinfektion gegen
Seuchen aller Art,
insbesondere
maul* und Klauenseuche.
Alleinige Fabrikanten: Bacillolwerke Hamburg.
Druck von .1. fintteswinter, München. — Kommissionsverlag: M. Riegersche
iTniversitätsbuchhandlung. München. Odeonsplatz ‘2.
Münchener
Tierärztliche Wochenschrift
(frther: Wochenschrift für Tierheilhinde Md Tiehzicht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herauagegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 8. November 1910. Nr. 45.
Inkmlt : Originalartikel: Braun: Mitteilungen aus der Pra¬
xis. — Heiß: Utopistiscbe Betrachtungen über den Stand der
Fleischbeschauer. (Fortsetzung.) — Referate: Schlesinger:
Vollkommene Heilung von Fisteln durch Paliativoperation.
Marek: Interessantes aus der Rinderpraxis. Perrucci: Uber die
Ätiologie der infektiösen Paraplegie des Pferdes. Hentrich:
Behandlung der Arthritis metastatica mit Jodipin. Pamperin:
Über 3 % ige Formalinlösung. Dodahl: Über die Autoserotherapie
bei exsudativer Pleuritis. — Tierzucht und Tierhal¬
tung: Die Dauer der Trächtigkeit der Stuten. Viehzählung iu
München. — Verschiedenes: Generalversammlung des
Tierärztlichen Kreisvereins von Oberfranken pro 1910. Prof.
Jensen. — Ehrung. Corps Suevo-Salingia. Preis-Zuerkennung.
Viehseuchen-Nachrichten. — Bücherschau. — Personalien.
Mitteilungen aus der Praxis.
Von Distriktstierarzt Philipp Braun, Blieskastel.
Fremdkörper im Herzen einer Kuh.
Eine gutgenährte Fahrkuh sollte einen Wagen Klee
nach Hause ziehen. Vom Stall weg ging der Weg steil
bergan zu dem Kleeacker. Während gemäht und auf ge¬
laden wurde, fraß die Kuh mit gutem Appetit. Beim Berg¬
abfahren sprang sie plötzlich zur Seite, fiel zu Boden und
machte zuckende Bewegungen mit den Extremitäten. Der
Besitzer nahm rasch den Halsschnitt vor, es entleerte sich
aber kein Blut aus den durchschnittenen Gefäßen. Bei der
Sektion waren die sichtbaren Schleimhäute vollständig
anämisch, ebenso die Eingeweide. Dagegen fand sich die
Brusthöhle fast vollständig mit Blut gefüllt. Quer durch
das Herz hatte sich ein zirka 25 cm langes Stück eines
Schirmgestelles gebohrt, wodurch die Verblutung veran¬
laßt wurde.
754
Eihautwassersucht beim Rind.
Eine Kuh, die in der 37. Woche trächtig war, zeigte
einen außergewöhnlich umfangreichen Hinterleib, der nach
der Anamnese sich ziemlich rasch entwickelt hatte. Der
Mastdarm war stark nach rückwärts getreten, die Scham¬
lippen klafften weit auseinander und die obere Scheiden¬
wand war vorgefallen.
Der Appetit des Tieres war vermindert, der Blick
ängstlich, die Atmung angestrengt und stöhnend. Die Ex¬
ploration per rectum ließ sich nur schwer durchführen.
Man fühlte den prall gefüllten Uterus, aber kein Kalb. Bei
der Untersuchung per vaginam konnte ich eine deutliche
Verschiebung der Scheide nach oben und rückwärts fest¬
stellen, ebenso war der passierbare Muttermund nach oben
und rückwärts verlagert. Nachdem er in seine normale Lage
zurückgebracht worden war, wurde alsbald die Allantois vor¬
gedrängt; sie platzte unter starkem Druck, wobei sich aus
ihr eine große Menge Flüssigkeit entleerte; der Amnion¬
sack war noch intakt. Nach Eröffnung des letzteren floß
wieder sehr viel Amnionflüssigkeit ab und es konnte jetzt
ein kleines totes Kalb extrahiert werden.
Am nächsten Tage entfernte ich die Secundinae; die
Kuh wurde vollständig gesund.
ödem des Eihautsackes.
In einem zweiten Falle bestanden vor meiner Ankunft
schon längere Zeit kräftige Wehen, wobei sich die Blase
schon zwischen der Schamspalte zeigte, ohne daß es jedoch
zum Blasensprung kam. Bei der Untersuchung fand ich
den Muttermund verstrichen, die vorgetretene Blase fühlte
sich teigig an und ließ beim Betasten Fingereindrücke zu¬
rück. Die Zerreißung des Eihautsackes mit den Fingern
war erschwert, da die Wandung aus einer sulzig verquol¬
lenen Masse von 5—8 cm Dicke bestand. Nach dem Er¬
öffnen floß eine nur mäßige Menge seröser Flüssigkeit ab.
Das normal entwickelte, aber tote Kalb konnte leicht ex¬
trahiert werden. Die Nachgeburt ging nicht spontan ab,
sondern mußte am nächsten Tage abgelöst werden. Sie
präsentierte sich zum größten Teile als ödematöse, wei߬
graue dicke Schwarte; die Dicke nahm gegen das Orificium
zu. Besonders stark trat die ödematöse Beschaffenheit des
Fruchtsackes an den zottenfreien Partien des Chorions her¬
vor. An der mit der Hand zugänglichen Wand des Uterus
konnte eine bedeutende Schwellung der Karunkeln fest-
gestellt werden.
755
Utoplstische Betrachtungen über den Stand der
Fleischbeschaner.
Yon Schlachthofdirektor Heiß, Straubing.
(Fortsetzung.)
Mit diesem soll daraufhingewiesen werden, daß das System,
welches heute für die Anstellung von Fleischbeschauern üblich ist,
durchaus nicht das richtige ist ! Niemand in der Gemeinde braucht
größere Unabhängigkeit und Selbständigkeit als gerade der Fleischbe¬
schauer, soweit das Gesetz ihm eine solche überhaupt zubilligt.
Durch sein Verschulden, Versehen, durch übergroße, dem höheren
Zwang und der öffentlichen Meinung gehorchende Lässigkeit im
Dienst wird er nicht nur Menschenleben gefährden können, sondern
sich selbst dem Strafrichter gegenüber zu verantworten haben,
wenn auch „nur“ wegen Nichterfüllung seiner Pflichten. Er sitzt
draußen zwischen zwei Stühlen! Und wie häßlich wird oft ein
braver, rechtlich denkender und pflichtgemäß handelnder Fleisch¬
beschauer nicht von allen Seiten verfolgt, gehetzt, angefeindet, ja
förmlich boykottiert, wenn er sich erkühnt}, in irgend einem
Falle, der außer seiner Zuständigkeit liegt, die Zuziehung des
Tierarztes zu verlangen! Damit allein ist oft der „casus belli“ ge¬
geben, der Anstoß, diesen Herrn, der „da sich erkühnt, neue Ein¬
führungen zu treffen“ in Bälde unmöglich zu machen. Und doch
handelt der Mann voll und ganz pflichtgemäß. Er verdient den
Schutz der Behörden gegen solche Anfeindungen, aber leider ge¬
traut er sich meist nicht, diesen Schutz anzurufen, denn „das
könnte ihm erst recht übel ausgelegt werden“ und nur zu oft be¬
kommt die Behörde eben leider keine Kenntnis von solchen Vor¬
fällen und dann kann es ihr wohl auch Niemand verübeln, wenn
sie nicht einschreitet. Daß sie das tun würde, wenn sie ein Wissen
hätte, liegt auf flacher Hand. Diese Angaben können durch zahl¬
reiche derartige Vorkommnisse illustriert werden. Dem Fleisch¬
beschauer bleibt, will er sein karges Brot nicht verlieren, eben
meist nichts übrig, als „die Kirche beim Dorfe zu lassen“ und oft
gegen seine Überzeugung zu handeln!
Es braucht keiner besonderen Erwähnung, daß eine der¬
artige Pflichterfüllung keineswegs die Regel ist; doch schon die
Tatsache, daß solche Fälle vielfach beobachtet werden, gibt zu
denken. Was folgt aber aus solchen Beobachtungen, die vielleicht
Jeder von uns schon gemacht hat? Nicht mehr und nicht weniger,
als daß es als Übel bezeichnet werden muß, daß der Fleisch -
beschauer gemeindlicher Angestellter ist, und so
lange das der Fall ist, wird eben das Reichs-Fleischbeschaugesetz
n i e in der Weise durchgeführt werden können, wie es der Gesetz¬
geber gewollt hat.
Hinc illae lacrimae! Hier drückt der Schuh, hier ist aber
auch fundamentale Abhilfe dringend vonnöten! Ünd wie kann
hierin Besserung geschaffen werden? Der einfachste und vielleicht
leicht gehbare Weg ist der, den man in Frankreich zu gehen be¬
absichtigt : Den empirischen Fleischbeschauer di¬
rekt den Aufsichtsbehörden zu unterstellen! Er
kann gut Bürger eines Dorfes sein, aber als Fleischbeschauer ist
er in Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit Beamter und als
solcher sollte er nicht unter der Oberhoheit des Gemeinde-
beherrschers, sondern ausschließlich nur unter der der Behörde
stehen!
756
Würde dieser Gedanke zur Tatsache werden, so würde man
überrascht sein, welche Erfolge das hinsichtlich der Ausübung der
Fleischbeschau zeitigen würde! Mit einem Schlage werden die
Statistiken der Krankheiten in außerordentlichem Maße auch auf
dem Lande draußen zunehmen, „plötzlich“ wird man sich nun ver¬
pflichtet fühlen, den Tierarzt als Ergänzungsbeschauer beizuziehen
auch in Gemeinden, in denen lange Jahre keine tierärztliche Be¬
schau vonnöten war! Warum das nun plötzlich? Weil er — der
in vielen Fällen eben einfach, wollte er sich nicht selbst schaden,
sein Einkommen nicht verlieren, keine Krankheitserscheinungen
finden durfte! — nunmehr einem höheren Willen untersteht,
als dem seines Gemeindevorgesetzten! Und daß nichts fehlen
durfte, das wollte einfach der Volkswille!
Man hat es in manchen Bezirken den Gemeinden nahe gelegt,
mit den Tierärzten Jahres-Aversa abzuschließen, gegen welche
diese jede vorkommende Beschau vornehmen sollen. Die Sache
hat zwar entschieden für die Gemeinden etwas für sich und auch
die Tierärzte, denen die Ergänzungsbeschau übertragen ist, können
schließlich mit einem sicheren Jahres-Einkommen für Ergänzungs¬
beschau rechnen, doch hat sie gewiß auch ihre Schattenseiten:
überängstliche Fleischbeschauer — und auch deren gibt es genug —
werden wegen jeder Kleinigkeit nunmehr einfach den pauschaliter
bezahlten Tierarzt rufen und dieser wird gar bald sehen, daß er
wegen der übergroßen Inanspruchnahme in vielen Fällen Beschau¬
gebühr bekommt, die die des Laien nicht übersteigen, w-enn er
auch sonst seine Zeit gar anders in Anrechnung bringen kann als
jener. Aversa pflegen eben so denkbar knapp als nur möglich fest¬
gesetzt zu sein und ein Blick auf die staatlichen Seuchen-Aversa
wird das beweisen! Und wenn man bei diesen am Ende des Jahres
fast regelmäßig aus eigener Tasche draufbezahlt, so wird man eben
gerade aus diesem Grunde beim Abschluß von Aversen, die eigent¬
lich nur reine Gefälligkeitssache sind, wohl recht vorsichtig zu
Werke gehen. Wir wollen uns aber auch nicht der Hoffnung hin¬
geben, daß der Staat die Differenz übernehmen wird, wenn wir
auch gleich in unseren utopistischen Betrachtungen den Gedanken
an eine Verstaatlichung der Fleischbeschau zu ventilieren nicht
unterlassen können.
Neben der Unterstellung der Fleischbeschauer unter die Auf¬
sichtsbehörden würde beste Erfolge zeitigen, wenn prinzipiell ver¬
langt werden könnte, daß Fleischbeschauer nicht in den Gemeinden
als solche tätig sein können, in welchen sie beheimatet sind.
Daß das bei der jetzigen Bezahlung aber als vollkommen aus¬
geschlossen bezeichnet werden muß, steht fest.
Wie könnte man sich aber eine Verstaatlichung der Fleisch¬
beschauer vorstellen? So utopistisch das klingen mag, so einwand¬
frei ließe sich das durchführen. Ist bei den gebildeten Ständen
das nach Noten bewertete Examen vorgeschrieben, so findet man
auch in bürgerlichen Berufen den sogen. Befähigungsnachweis:
richtige Prüfungen sind vor Werksmeistern abzulegen, über deren
Ausfall genaue Zensuren erteilt werden. Es ist gar keine Frage,
daß es möglich gemacht und vorgeschrieben werden könnte, daß
auch die Fleischbeschauer-Kandidaten, die die Prüfung ahlegon.
legen, bei dieser genau nach Verdienst und Wissen durch Noten
bewertet, werden. Das schon heute einzuführen, würde Niemanden
den geringsten Schaden bringen und nur anregend auf den Fleiß
wirken. Jeder Prüfung steht aber auch als häßliche Beigabe der
Durchfall gegenüber und es müßte ernste Pflicht jeder Prüfungs-
757
Kommission sein, solche, die sich weder durch Fleiß noch durch
Wissen und Begabung zu dem Berufe als Fleischbeschauer eignen,
ohne jene Rücksicht darauf, o b den Gemeinden dadurch Kosten
erwachsen, zurückzuweisen, weil nicht befähigt. Man kann
sich nicht damit zufrieden geben, zu hoffen, daß der Mann
nach der Prüfung seine Zeit zum weiteren Studium verwenden
werde, — denn das tut er meist nicht! —, sondern: kann der¬
selbe bei der Prüfung nichts, dann wiederholt er sie eben, und hat
er bei einer zweiten Prüfung wieder keine Leistungen nachzu¬
weisen oder nur ganz ungenügende, dann ist er eben als Fleisch¬
beschauer unbrauchbar. Setzen wir nun den Fall, die Noten werden
in den Berechtigungsschein eingetragen, auch die in den Nach¬
prüfungen erworbenen Noten, so werden wir gar bald, nötigenfalls,
käme es früher oder später zu einer Verstaatlichung der Fleisch¬
beschau, in der Lage sein, zu wissen, welches die besten Fleisch¬
beschauer des betreffenden Bezirkes sind. Wie beim Staate die
Beamten und Bediensteten qualifiziert werden — auch über ihre
praktischen Leistungen —, genau so gut könnte verlangt werden,
daß auch über die Fleischbeschauer von Seiten der Amtstierärzte
Qualifikationsbogen angelegt und geführt werden. Doch so lange
die Leute eben immer wieder nur in die Heimatsgemeinden kommen,
obwohl sie ihr Berechtigungsschein befähigt, sich im ganzen Ge¬
biete des Deutschen Reiches als Fleischbeschauer beschäftigen zu
lassen, eine Bemerkung, die unter heutigen Verhältnissen in vielen
Fällen komisch klingt, haben die Noten und Qualifikationen auch
nicht den Wert, den sie haben könnten!
Ein anderer Punkt, der vielleicht Beachtung verdient: Wir
besitzen in unseren Regimentern eine große Zahl von Militär¬
anwärtern, deren Unterbringung allmählich Schwierigkeiten macht.
Den Wenigsten fällt es heute ein, sich durch Ablegung der Fleisch¬
beschauerprüfung Anwartschaft auf Hallenmeisterposten u. Fleisch¬
beschauerposten in Schlachthöfen zu sichern. Wäre es nicht ein
der Überlegung werter Gedanke, gerade diese Militäranwärter, die
soldatische Disziplin besitzen, fernerhin als Fleischbeschauer zu
bevorzugen? Wäre es nicht möglich zu machen, daß solchen Leuten
während oder am Ende ihrer Dienstzeit Gelegenheit geboten
w/ürde, Fleischbeschauerkurse besuchen zu können? Aufenthalts¬
kosten würden dadurch den Gemeinden erspart bleiben. Es würden
damit zwei Fliegen auf einen Schlag getroffen: Es würden auch im
Regiment ausgebildete Laien-Fleischbeschauer vorhanden sein, die
im Ernstfälle sofort als Fleischbeschauer tätig sein könnten. Für
diesen Fall ist eigentlich bisher keine Fürsorge getroffen worden
und doch wäre das so leicht durchzuführen! Die Beschäftigung des
Militärveterinärs im Kriegsfälle ist eine so angestrengte, daß er
wohl schwerlich zur Vornahme der Fleischbeschau Verwendung
finden wird. Ihm würde damit zum mindesten eine Arbeitserleich¬
terung geschaffen. Gerade so gut, wie heute Offiziere zu Fleisch¬
beschaukursen abkommandiert werden, um im Notfall über die An¬
nahme oder Ablehnung eines Schlachttieres entscheiden zu können,
genau so gut kann man im langen Frieden einen Stamm von tüch¬
tigen Militär-Fleischbeschauern heranziehen, die periodisch in
Schlachthöfe abkommandiert, ihre Kenntnisse auf dem Laufenden
erhalten können.
Gesetzt den Fall, es könnte auf diese Weise etwas für die
Militäranwärter geschehen, so stünden gar bald eine große Zahl
von solchen Fleischbeschauern zur Verfügung, deren Kenntnisse
natürlich durch Noten zu bewerten wären. Was ist naheliegender.
758
als solche Leute zu Fleischbeschauern zu ernennen? Ich spreche
das Wort „ernennen“ aus und zwar mit Absicht. Doch zum Er¬
nennen gehören Mittel und solche könnten beschafft werden und
zwar in erster Linie nicht aus der Staatskasse, sondern durch
Einführung und Erhebung von einheitlichen Fleischbeschau¬
gebühren, die nicht dem Einzelnen gehören würden, sondern die
in die Staatskasse abgeführt werden würden. Nehmen wir an, im
ganzen Deutschen Reich würde für alle Urte ohne Schlachthöfe
ein einheitlicher Gebührensatz eingeführt für Untersuchung der
verschiedenen Tiergattungen einschließlich von Gebühren bei
größerer Entfernung. Der Fleischbeschauer wäre lediglich der
Einnehmer dieser Gebühren, hat diese zu verrechnen und allmonat¬
lich an das nächste Rentamt abzuführen. Schon unter Zugrunde¬
legung der monatlichen und jährlichen Schlachtungsnachweise wäre
heute eine Berechnung möglich, welche Summe unter Zugrunde¬
legung eines bestimmten Normal-Satzes vereinnahmt werden
könnte. Und aus diesen Einnahmen sollten die Fleischbeschauer,
seien sie nun Militäranwärter oder nicht, bezahlt werden und zwar
genau in dem Verhältnisse ihrer Qualifikation.
Nun wird also wohl mit Recht eingewendet werden, daß ein
Beschaubezirk besser ist als der andere. Zugegeben! Es würde
aber auch notwendig sein, würde diese Art der Verstaatlichung
durchgeführt werden, größere Beschaubezirke zu bilden durch
Zusammenziehung von Ortschaften zu einem Beschaubezirke.
Im Zeitalter des Rades, Telephons, Motorrades wird das wenig
oder keine Schwierigkeiten bieten. Es würde in jedem Falle
die Möglichkeit bestehen, solche Bezirke zu schaffen, daß ein
Fleischbeschauer genügend beschäftigt ist, die Schlachtenden aber
können sich mit dem Beschauer verständigen und müßten sich eben
die Schlachtungen so einteilen, wie das heute bei beschränkten Be¬
triebsstunden in Schlachthöfen genau so verlangt wird.
Wir lesen Ausschreibungen in Tagesblättern, daß Militär¬
anwärter mit einem Gehalte von 720 Mark Anstellungen als Straßen¬
wärter etc. finden können. Setzen wir den Fall, es würde eine
solche Bezahlung die Mindestentlohnung für einen weniger guten
Beschaubezirk darstellen, dann wären solche Posten eben mit
solchen Anwärtern zu besetzen, die weniger gut ihre Prüfung be¬
standen haben oder aber, es wären diese als Anfangsstellen zu be¬
zeichnen und der Inhaber mit Wahrnehmung einer besser dotierten
Stelle zu beauftragen, sei es, daß er heute schon gut qualifiziert ist
oder aber sich im Laufe seiner Anfangstätigkeit ein schlechtes
Prüfungsresultat durch gute Dienstleistung ausgleicht. Für solche
jedoch, die die besten Noten haben, sollen die besten Beschau¬
bezirke reserviert bleiben.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß durch ein solches Ver¬
fahren nicht nur die Kandidaten für diesen Beruf zu den größten
Leistungen angespornt würden, nicht nur vor der Prüfung, son¬
dern auch draußen im praktischen Leben, daß aber auch in Rück¬
sicht auf eine gewisse Strenge, die dann bei den Prüfungen Gel¬
tung haben müßte, von vorneherein solche Leute von dem Berufe
ferne gehalten werden, die heute vielleicht als „Auch-Fleischbe-
schauer“ tätig sind und denen nichts mangelt, als der Ehrgeiz.
(Schluß folgt.)
759
Referate.
Schlesinger: Vollkommene Heilung von Fisteln
durch Paliativoperation. (Tierärztl. Zentralbl., 1910, Nr. 17.)
Bei 2 Pferden, die seit längerer Zeit an Fisteln er¬
krankt waren und bei welchen alle Operationen erfolglos
blieben, erzielte Verf. durch Verlegung der Fistelöffnung
einen vollen Erfolg.
I. Fall: Eine Stute hatte in der rechten Flanke, an
der Grenze des oberen Drittels der 16. und 17. Kippe eine
sich über die drei letzten Kippen erstreckende, flache, sich
derb anfühlende, schmerzlose Geschwulst, in deren Mitte
sich eine 3 mm weite Fistelöffnung mit einwärts gerollten
Rändern befand. Da trotz aller Behandlung und Opera¬
tionen die Fistel fast 3 Jahre ununterbrochen fortbestehen
blieb, so versuchte Verf., falls es auch diesmal nicht ge¬
lingen sollte, bis zum Fistelgrund vorzudringen, durch Ver¬
legung der Fistelöffnung eine Heilung zu erzielen. Die
Fistel, die im 16. Zwischenrippenraum sich befand, führte
41/) cm senkrecht in die Tiefe. Da mit der eingeführten
Sonde am Grunde nichts nachweisbar war, wurde ange¬
nommen, daß der Kanal sich fortsetzte, jedoch infolge einer
etwaigen scharfen Biegung nicht weiter verfolgt werden
konnte. Um die Verfolgung des Kanales zu erleichtern,
um denselben zu erweitern und seine Wand zu färben,
wurde unter möglichst hohem Drucke zweimal in 8 Tagen
eine 10 %ige Sublimatlösung eingespritzt, welche nach
5 Minuten mit kohlensaurer Natronlösung ausgespült wurde,
und dann knapp vor der Operation eine l%ige Pikrinsäure¬
lösung. Nach dem das Tier in die linke Seitenlage gebracht,
die Operationsstelle rasiert und desinfiziert worden war,
wurde in die Fistel eine Sonde eingeführt und die Haut
4 cm auf- und abwärts durchschnitten. Nach Torsion der
Gefäße konnte, dem deutlich sichtbaren Fistelkanal folgend,
bis zum hinteren Rand der 16. Rippe vorgedrungen w T erden.
Unter demselben bog der Fistelkanal gegen die innere
Fläche nach vor- und abwärts und konnte trotz der sehr
biegsamen Bleisonde bloß auf 2 cm verfolgt werden. Erst
nach Freilegen der 16. Rippe und Entfernen mittels Tre¬
panation von 2 / 3 der Breite dieser Rippe konnte man die
Bleisonde 6 cm nach vor- und abwärts einführen, ohne aber
den Fistelgrund ermitteln zu können. Da ein weiteres Vor¬
dringen zu gewagt erschien, wurde beschlossen, hier die
Verlegung der Fistelmündung auf den Unterbauch auszu¬
führen. Nach Lospräparieren der sklerosierten Haut im
unterenWundwinkel wurde eine eigens konstruierte, scharfe,
760
sehr schmiegsame, 50 cm lange, dünne, spatelförmige, an der
Spitze mit einem Köpfchen versehene Eiterbandnadel, an
deren Öse ein dickwandiges, 56 cm langes Gummirohr von
8 mm Durchmesser sich befand, im Unterhauthindegewebe
bis zur Linea alba geführt. Nachdem über der Nadelspitze
ein Einschnitt in die rasierte Haut gemacht worden war,
wurde das Drainrohr in den 44 cm langen Wundkanal ge¬
zogen. Schieben des oberen gefensterten Endes 4 cm unter
die trepanierte Rippe; Befestigen des unteren Endes mit
zwei Knopfnähten an die Haut; Auskratzen der alten Fistel¬
mündung mit dem scharfen Löffel; Vereinigen der Wund¬
ränder mit Knopf- und Entspannungsnähten. Ausspritzen
der Wunde mit 2°/oiger Karbollösung und Jodoformbepude-
rung, wobei peinlichst darauf geachtet wurde, daß keine
Luft eingespritzt wurde. Entfernen der Knopfnähte nach
10, der Entspannungsnähte nach 14 und des Drainrohres
nach 18 Tagen post operationem. Vollständige Heilung
nach zirka 2 Monaten.
II. F a 11: Eine 4jährige Remonte hatte in der Hinter¬
hauptgegend eine hühnereigroße, derbe, sehr schmerzhafte
Geschwulst, deren Kuppe eine 2 mm große, runde Öffnung
aufwies, durch welche man mittelst der Sonde in einen unter
dem Nackenband gelegenen, wallnußgroßen Hohlraum ge¬
langte und aus dem sich bei Druck wenig trübe, synoviale,
mit Eiterklümpchen gemischte Flüssigkeit entleerte. —
Diagnose: Genickfistel. Da auch hier eine mehrwöchent¬
liche Behandlung nach Schlitzen des Fistelkanales mit Sub¬
limattamponaden und Einspritzen von Perhydrol, Chinosol-
lösung und Jodoformglyzerin und hierauf eine Radikal¬
operation durch Exstirpation der Bursa nicht zum Ziele
führten, wurde ebenfalls die Verlegung der Fistelmündung
versucht. Nach Abwerfen des Tieres, Spalten des Fistel¬
kanales in einem 6 cm langen, senkrecht über den Quer¬
fortsatz des Hinterhauptbeines laufenden Schnitt und Aus¬
kratzen der rauhen Stelle des Knochens mit dem scharfen
Löffel wurde die Haut im vorderen Wundwinkel lospräpa¬
riert und mit Hilfe einer eigens konstruierten Eiterband¬
nadel ein 35 cm langer Gummischlauch eingezogen, dessen
gefenstertes Ende zur kranken Knochenpartie gegen das
rechte Ohr führte. Auch hier, trat vollkommene Heilung
ein. —
Wie erklärt man sich nun die vorteilhafte Wirkung
eines so eingeschalteten Kanales, dessen Mündung weit unter
das Niveau des Eiterherdes verlegt wurde? Der neue Wund¬
kanal wirkt physikalisch gleichsam wie ein krummer Heber
761
und saugt das Wundsekret aus der Tiefe des Fistelgrundes
an. Es werden hiedurch die am Fistelgrund befindlichen
Entzündungserreger leichter und vollkommener herausge¬
schwemmt, während eine Neuinfektion dadurch unmöglich
erscheint, daß von außen, durch den langen Kanal, gegen
den Strom des abfließenden Wundsekretes, Keime bis zum
Fistelgrund nicht gelangen können. Wird nun einmal in¬
folge andauernder und gründlicher Desinfektion ein solches
Hohlgeschwür aseptisch, so werden sich die etwa in dem¬
selben befindlichen Fremdkörper, wenn sie nicht resorbiert
werden, einkapseln und der Prozeß kommt zum Abschluß.
Marek: Interessantes aus der Rinderpraxis. (Tier¬
ärztliches Zentralblatt, 1910, Nri 20.)
I. Mumifikation der Kopfhaut. Bei einer
Kuh trat auf der mittleren Nasenpartie eine derartige
Schwellung auf, daß in kürzester Zeit eine enorme ödematöse
Verschwellung des ganzen Kopfes sich ausbildete und die
Augen aus den hochverschwol lenen Lidern wie aus tiefen
Gruben nur matt noch hervorlugten. Am meisten ver-
schwollen waren Stirne und die obere Nasenpartie, am
wenigsten das Kinn. Die Schwellung war an der zarten
Knochenunterlage ziemlich hart. Da die Schwellung beim
Einstich schmerzlos war und man beim Palpieren den Ein¬
druck der kalten gegerbten Haut hatte, so war sofort offen¬
kundig, daß eine Nekrose der Haut an der Stirne bis in die
Subkutis eintreten mußte. Nachdem durch Jodipin-Injektion
die Verschwellung des Gesichtes verschwunden war, stellte
sich an der Stirne und Nase bald Mumifikation ein; die Haut
trocknete langsam ein, so daß innerhalb einer Woche die
ganze mittlere Partie der Stirn und das obere Viertel der
Nase mumifiziert waren. Nach Abtrennung des abgestor¬
benen Hautbezirkes trat langsam von der Mitte aus be¬
ginnend Vernarbung der runden Stelle ein.
Die Ursache konnte nicht ermittelt werden, doch ist
eine Vergiftung durch Mutterkorn ausgeschlossen.
II. Massenvergiftungen durch Opium.
Bei 12 Mastkalbinnen, denen als Futter frisches Mohnstroh
verabreicht worden war, wurden folgende Vergiftungs¬
erscheinungen beobachtet: Unruhe, Zähneknirschen, Spei¬
cheln, Hin- und Hertreten, aufgeregtes Herumspringen,
Taumeln, Verstopfung und Aufblähen. Durch Applikation
von Sturzbädern auf die somnolent darniederliegenden Tiere,
dann Frottierungen mit Kampherspiritus, kalte Seifen-Irri-
762
gationen, Applikation der Schlundröhre und Gaben von
Leinsamenabkochungen gegen die hartnäckige Verstopfung
trat bei allen Tieren nach 24 Stunden Heilung ein.
III. Massenvergiftungen durch Nikotin.
Gelegentlich der Kalbinnen- und Ochsenschur wurden Läuse
bei diesen Tieren gefunden, weshalb dieselben mit einer
Waschflüssigkeit, bestehend aus einer Lösung von 1 / 2 Kilo
Soda, 1 / 8 Liter Leinöl auf 25 Kilo Wasser unter Zusatz von
3 % Tabakabsud abgewaschen wurden. Schon nach einer
Stunde zeigten alle so behandelten Rinder Speicheln, Auf¬
blähung, Muskelzittern, Schweißausbruch, Herzklopfen, Be¬
täubung, Schwäche in den Füßen und Schielen; freigelassene
Tiere Rückwärtstaumeln und komische, wackelnde Kopf¬
bewegungen. — Therapie: Waschungen der Haut, kalte
Bäder, Bewegung in frischer Luft und Verabreichung von
schwarzem Kaffee. Genesung sämtlicher Tiere. — Diese
Tabakvergiftung kam sicherlich daher, weil sofort nach der
Schur die Tabakextraktwaschungen vorgenommen wurden
zu einer Zeit, als sich in der Haut noch ganz frische, mit
der Schere verursachte Wunden befanden.
IV. Beweglichkeit der Schlapphörner
bei Montavoner Kühen. Bei 6 Kühen eines aus
58 Stück Montavonern bestehenden Stalles fand Verf. auffal¬
lende Beweglichkeit der Hörner, verbunden mit einem auffal¬
lend stark entwickelten und auf die Stirne herab wall enden
rostfarbigen Stirnbehang, während bei den übrigen Kühen,
die ein normales, kurzes, grau-braunes Stirnhaar zeigten,
die Hörner festsaßen. Die 6 stirnbehängten und horn¬
klappernden Kühe zeigten keinen besonders guten Nähr¬
zustand, noch eine besondere Milchergiebigkeit. Da Verf.
eine Untersuchung dieses abnormen Zustandes nur am leben¬
den Tiere vornehmen konnte, weil von diesen Kühen noch
keine geschlachtet wurde, so zieht derselbe die Schlußfolge¬
rung, daß die Beweglichkeit der Hörner in einem gewiß
nicht zu bezweifelnden Zusammenhänge mit dem rost¬
braunen, großen herabhängenden Stirnbehange steht. Neben
dieser Haaranomalie war ferner die Haut ziemlich stark und
derb und das Haar schuppig. Letztere Eigenschaften der
Haut und Haare mögen vielleicht Schuld tragen, daß dem
Hornknoehenfortsatz Nährstoffe entzogen wurden; infolge
dessen entwickelte sich letzterer nur rudimentär, so daß die
stark produzierende Haut ein derart großes Horn bildete,
daß selbiges auf den rudimentären Knochenfortsätzen
wackelte. R a b u s.
763
Perrucci: Über die Ätiologie der infektiösen Para¬
plegie des Pferdes. (Deutsche Tierärztl. Wochenschr., 1910,
Nrn. 28—30.)
Yerf. unterscheidet 3 Formen der Krankheit. Bei der
perakuten Form fallen die Patienten ohne Vorboten unter
Lähmung des Hinterteils plötzlich zu Boden. Die Sensibi¬
lität im Bereich der Hinterhand ist fast völlig aufgehoben,
die Patienten vermögen sich auch in der Hängematte nicht
zu stützen, Kot und Urin werden nicht abgesetzt. Bald
werden die Tiere unruhig, beginnen zu toben und machen
mit den Hinterbeinen ungeordnete Bewegungen; den Kopf
heben sie ruckhaft, um ihn gleich wieder fallen' zu lassen.
Schließlich schreitet die Lähmung kopfwärts fort und führt
in kurzer Zeit den Tod herbei.
Bei der akuten Form zeigen die Tiere anfangs nur eine
gewisse Steifigkeit und erst nach 2—3 Tagen vollständige
Lähmung der Hinterhand. Nach durchschnittlich 14 Tagen
können die Patienten schließlich aufstehen, doch bleibt noch
längere Zeit eine Schwäche der Hinterhand zurück. In
anderen Fällen kommt es aber nach ungefähr 6 Tagen zu
Fortschreiten der Lähmung, so daß bald der Tod eintritt.
Die subakuten, gutartigen Fälle zeichnen sich fast nur
durch schwankenden Gang der Hinterhand aus.
Die pathologisch - anatomischen Veränderungen sind
stets dieselben und schwanken nur in der Intensität. Charak¬
teristisch ist die gelatinöse Beschaffenheit des Bindegewebes,
welches den Harn- und Geschlechtsapparat umgibt ; die In¬
filtration setzt sich bis zu den Nieren und zum Teil auch auf
den Mastdarm fort. Harnblasen- und Scheidenschleimhaut
sind hyperämisch und mit kleinen Blutungen besetzt. Die
Schamlippen sind ödematös, zuweilen auch das Perineum.
Die Gefäße der Pia mater spinalis weisen namentlich im
Bereich der Lendenanschwellung starke Füllung auf.
Bei der Erforschung der Ätiologie des Leidens wurde
bisher insbesondere der Beschaffenheit der Futtermittel zu
viel Bedeutung beigelegt. Verf. hat durch seine im Original
ausführlich geschilderten Untersuchungen dargetan, daß der
Erreger einen kapsellosen Streptokokkus darstellt, der sich
aus dem Blut, dem Harn und dem Exsudat im Beckenbinde¬
gewebe züchten läßt. Er wirkt ausgesprochen pathogen auf
Pferde und Kaninchen, während er für die sonst benutzten
Laboratoriums-Tiere unschädlich ist. Durch geeignete Kul¬
tur-Verfahren ist es nun möglich, die Paraplegie von ähn¬
lichen Leiden, mit denen sie verwechselt werden könnte —
Lähmungen bei Piroplasmose, Lumbago — zu trennen. Die
764
gewöhnlichen Antistreptokokkensera haben in Bezug auf
das beschriebene Leiden zwar nur eine geringe immuni¬
sierende Kraft, können aber doch bei epizootischem Auf¬
treten bis zu einem gewissen Grade nützlich werden.
Hentrich: Behandlung der Arthritis metastatica
mit Jodipin. (Zeitschr. f. Veterinärkunde, 1910, VII.)
Ein Pferd litt unter schwerer Beeinträchtigung des
Allgemeinbefindens an heftiger septischer Entzündung des
Ellbogen- und Buggelenks. Burow, Kampher, Ichthyolsalbe
hatten keinen Erfolg. An 2 Tagen erhielt nun Patient früh
und abends je 50,0 10 %iges Jodipin unter die Haut. Die
Temperatur ging hier zwar nach jeder Einspritzung etwas
zurück, auch stellte sich Freßlust,, doch keine nennenswerte
Besserung in den Gelenken selbst ein. Deshalb wurde an
2 Tagen je 50,0 25 %iges Jodipin eingespritzt. Der Erfolg
war ausgezeichnet. Die Bewegung wurde schon nach der
ersten Einspritzung freier und nach 1 Woche war Patient
gesund. Dem Jodipin muß eine antitoxische Wirkung bei
Entzündungen septischer Natur zugesprochen werden.
Pamperin: Über 3 %ige Formalinlösung. (Zeit¬
schrift f. Veterinärkunde, 1910, VII.)
Verf. wollte einige erbsengroße, harte Knötchen in
der Sattellage operativ entfernen, stand jedoch hievon ab,
als sich zeigte, daß sie sehr tief saßen. In die durch Kreuz¬
schnitte gespaltenen Knoten wurden täglich einige Tropfen
der angeführten Lösung eingeträufelt. Nach dem 4. Tage
begann bereits die Ablösung und am 8. Tage ließen sich die
Knoten mit der Pinzette stückweise entfernen. Die Lücken
wurden mit Jodoformkollodium gefüllt. Heilung.
Auf gleiche Weise wurde eine zweimarkstückgroße,
knorpelharte Geschwulst am Ellbogen eines Llundes be¬
seitigt. L i n d n e r.
Joseph Dodahl: Über die Autoserotherapie bei
exsudativer Pleuritis. (Mediz. Klinik, Nr. 39, 1910.)
Vor einiger Zeit haben G u i 1 b e r t und Fehde eine
Behandlungsweise der vorgenannten Krankheit angegeben,
welche unter Steigerung der Harnausscheidung rasche Ke-
sorption des Exsudates, gleichviel ob dasselbe hämorrhagisch
oder nur serös ist, bewirkt. Das Verfahren besteht darin,
daß man mittels der Pravaz-Spritzc 1 ccm des Exsudates
aspiriert und hierauf unmittelbar am Bücken unter die Haut
des Kranken injiziert. Dodahl nun hat dieses Verfahren
der Autoserotherapie in 17 Fällen angewandt und in 14 der-
765
selben eine günstige Beeinflussung konstatiert. Es wurde
mittels dieser Behandlung die Diurese gesteigert, die Körper¬
temperatur und das Allgemeinbefinden sehr günstig beein¬
flußt, das Exsudat zum Sinken und zur schnellen Resorption
gebracht. In manchen Fällen genügte eine einzige Injek¬
tion, um das Exsudat zum Schwinden zu bringen und Hei¬
lung zu erzielen. _ A.
Tierzucht und Tierhaltung.
Die Dauer der Trächtigkeit der Stuten.
Als Durchschnittsträchtigkeitszeit bei Stuten werden all¬
gemein 336—340 Tage angenommen. Als kürzeste Dauer
werden 310, als längste 410 Tage genannt. Mieckley hat
für die Abfohlungsperiode 1910 im Hauptgestüte Beberbeck
folgende Tragezeiten notiert: Die Durchschnittsdauer der
Trächtigkeit von 72 Stuten des Gestütes, vrelche gesunde
Fohlen brachten, stellte sich auf 329 Tage; die kürzeste be¬
trug 314; zwei Fohlen wurden 315, zwei 317 und zwei 318
Tage getragen. Von diesen 7 Fohlen waren 6 Stutfohlen
und eines, dasjenige, welches 317 Tage getragen worden, ein
Hengstfohlen ; die längste Tragezeit betrug 347; drei weitere
Fohlen wurden je 346, 345 und 342 Tage getragen. Diese
vier Fohlen waren Stutfohlen. Die Ansicht, daß Hengst¬
fohlen länger als Stutfohlen getragen werden, wurde durch
das vorstehende Geschlechtsverhältnis der lange getragenen
Fohlen in Beberbeck nicht bestätigt. Die Differenz zwischen
der kürzesten und längsten Trächtigkeitsdauer betrug 33
Tage.
Mieckley hat sich auch Mitteilungen über die Träch¬
tigkeitsdauer der Stuten im Jahre 1910 an anderen Gestüten
verschafft. Diese lauten: Von den am Halbblutgestüt Repitz
des Hauptgestütes Graditz gefallenen 103 Fohlen waren
49 Hengste und 54 Stuten; Durchschnittstragezeit 338 Tage,
kürzeste Dauer 319, längste 367 Tage; Differenz zwischen
beiden 49 Tage. An den vier Muttergestüten des Haupt¬
gestütes Trakehnen stellte sich die Dauer der Tragezeit wie
folgt: 1. Herde in Trakehnen: Durchschnittsträchtigkeits¬
dauer 329 Tage, kürzeste 305, längste 347 Tage, Differenz
42 Tage; 2. Herde in Bajohrgallen: Durchschnittsträchtig¬
keitsdauer 329, kürzeste 311, längste 347 Tage, Differenz
36 Tage; 3. Danzkehmen-Herde: Durchschnitt 331 Tage,
längste Dauer 343, kürzeste 308 Tage, Differenz 35 Tage;
4. Herde in Gurezen: Durchschnittsdauer 329, kürzeste 306,
längste 346 Tage, Differenz 40 Tage; 5. Fuchs-Herde in
Jonasthal: Durchschnittsdauer 327 Tage, kürzeste 315,
766
längste 344 Tage, Differenz 29 Tage; 6. Zuchtgestüt
Georgenburg: Durchschnittsdauer 331, kürzeste 311, längste
360 Tage, Differenz 49 Tage; 7. Friedrich-Wilhelm-Gestüt
in Neustadt a. d. D.: Mittlere Tragezeit 326 Tage, kürzeste
313, längste 343 Tage, Differenz 30 Tage. Die Stuten dieses
Gestüts wiesen gegenüber denjenigen an den anderen preußi¬
schen Gestüten die kürzeste Tragezeit auf.
Aus den vorstehenden Mitteilungen von M i e c k 1 e v
ergeben sich für die Mutter-Herden der 9 preußischen Ge¬
stüte bezüglich der kürzesten, längsten, mittleren Trage¬
zeiten der Stuten und der Differenz zwischen der längsten
und kürzesten Trächtigkeitsdauer folgende Durchschnitts¬
zahlen: Die kürzeste Tragezeit betrug 311,3, die längste
349,3, die mittlere 329,8 Tage und die durchschnittliche
Differenz stellte sich auf 38,1 Tage. (Zeitschr. f. Gestüts¬
kunde, 8. Heft, 1910.) A.
Viehzählung in München.
Das vorliegende vorläufige Ergebnis der am 10. Ok¬
tober in München vorgenommenen Viehzählung hat
folgenden Bestand ergeben: In 472 Haushaltungen mit
Viehhaltung wurden zusammen 2692 Stück Rindvieh, 3270
Schweine, 4611 Schafe und 548 Ziegen gezählt. Weitaus
den höchsten Viehstand weist selbstverständlich das Schlacht¬
haus-Viertel auf, woselbst 1164 (darunter 1054 im Schlacht-
und Viehhof selbst) Stück Großvieh, 1075 (1040) Schweine,
127 Schafe und 4 Ziegen gezählt wurden. Gegenüber der
letzten Zählung (1907) hat die Zahl der sämtlichen ge¬
nannten Haustierarten abgenommen mit Ausnahme der
Schafe, welche seitdem um 1200 Stück gestiegen ist.
Verschiedenes.
Generalversammlung des Tierärztlichen Kreisvereins
von Oberfranken pro 1910.
Am 16. Oktober ds. Jrs. hielt der Tierärztliche Kreis¬
verein von Oberfranken zu Bamberg im Hotel „Drei
Kronen“ seine diesjährige Generalversammlung ab, wozu
sieh eine stattliche Anzahl von Mitgliedern und Gästen ein¬
gefunden hatte; die Herren Bezirkstierärzte Braun-
Kronach, Engel- Bayreuth, K r i t z e r - Naila, Oskar-
Keliau und Z i m m er- Münchberg waren wegen Krankheit
bezw. dienstlicher Unabkömmlichkeit am Erscheinen ver¬
hindert.
Als Vertreter der Iv. Regierung von Oberfranken
nahm Herr K. Regierungs- und Veterinärrat H o h e n -
1 e i t n e r an der Versammlung teil, welchem zu Beginn
767
der Versammlung seitens des 1. Vorstandes, Herrn K. Be¬
zirkstierarzt Schmidt- Kulmbach, eine besondere Ehrung
zuteil wurde. 20 Jahre nämlich waren mit dem heutigen
Jahre verflossen, seit Herr K. Regierungsrat Hohen-
1 e i t n e r als seinerzeitiger Kreisvereinsvorstand neben den
bestandenen vierteljährigen Gauversammlungen die General¬
versammlung in’s Leben rief. Sowohl als aktives Mitglied
des Vereins, während welcher Zeit er eine lange Reihe von
Jahren auch die Vorstandschaft inne hatte, wie auch später
als Ehrenmitglied des Vereins hat Herr K. Regierungsrat
Hohenleitner die Interessen desselben jederzeit in
hervorragender Weise vertreten. — Dem tiefen Gefühl
der Dankbarkeit aller Anwesenden wurde Ausdruck ge¬
geben durch Überreichung einer prächtigen Pferde-Statue,
was den Gefeierten hocherfreute. Mit warmen Worten
dankte der Ehrengast für die herzliche Ovation.
Den Vortrag zur diesjährigen Generalversammlung
hatte Herr K. Bezirkstierarzt Fäustle -Eberrnannstadt
übernommen, wobei es der Genannte verstand, das ungemein
schwierige Referat über „Biologische Reaktionen“ äußerst
klar und verständlich in leicht faßlicher Weise zum Vor¬
trag zu bringen. Dem Herrn Redner war es daran gelegen,
ein Referat über genanntes Thema in der Weise auszu¬
arbeiten, daß die Aufklärungen über die Vorgänge, welche
sich beim Zustandekommen der Immunität abspielen, nicht
nur unser theoretisches Wissen bereichern, sondern daß sie
auch mannigfache Nutzanwendungen im Gefolge haben
möchten für praktische Fragen, so z. B. bei Schutz¬
impfungen, bei der Diagnose von Infektionskrankheiten,
wie von frischem Fleisch oder Blut u. s. w. — Stürmischer
Beifall der Anwesenden und Worte des Dankes seitens des
Herrn Vorsitzenden entlohnten den Herrn Referenten für
seine außerordentlich große Mühe.
Die internen Vereinsangelegenheiten bezogen sich auf
Neuwahlen einzelner Ausschüsse und Vorlage des Kassen¬
berichtes. Nachdem die bisherigen Mitglieder der einzelnen
Ausschüsse die Wiederwahl angenommen hatten und die
Kassenberichte auch in jeder Weise richtig befunden waren,
konnte man zu Punkt 3: „Wünsche und Anträge“ über¬
gehen. Hier entspann sich eine längere Diskussion über
verschiedene tierärztliche Tagesfragen, insbesondere über
die Schwierigkeiten, die sich mitunter dem gemeinsamen
Vorgehen zur Bekämpfung des infektiösen Scheidenkatarrhs
entgegenstellen, über Tuberkulosebekämpfung nach dem
neuen Reichs-Viehseuchengesetz u. a. m.
768
Mit einem ausgezeichneten Diner wurde die sehr an¬
regend verlaufene Generalversammlung geschlossen.
Dr. Huß.
Prof. Jensen. — Ehrung.
Dem rühmliehst bekannten Bakteriologen und Sero¬
logen Prof. Karl Jensen, Direktor des Serum-Labora¬
toriums an der Tierärztl. Hochschule in Kopenhagen, wurde
von der medizinischen Fakultät der Universität Kopenhagen
die Würde eines Doktors der Medizin honoris causa ver¬
liehen.
Corps Suevo-Salingia.
Das bisher der Tierärztl. Hochschule Stuttgart un¬
gehörige K. S. 0.-Corps „Suevia“ (Farben: schwarz-wei߬
grün) ist an die Tierärztl. Hochschule München übersiedelt
und hat sich daselbst mit seinem Kartell-Corps „Salingia“
(Farben: violett-weiß-grün) vereinigt. Das neue Corps führt
jetzt den Namen „Suevo-Salingia“ (Farben: schwarz-wei߬
grün). Das Cafe und die Briefablage befinden sich im Cafe
Prinz-Regent, der Ex-Tisch im Paulanerbräu. Außerdem
hat das Corps ein eigenes Corpshaus in der Cuvilliestr. 15
bezogen.
Preis-Zuerkennung.
Auf der Internationalen landwirtschaftlichen Aus¬
stellung in Buenos Aires 1910 wurde der Instrumenten¬
fabrik H. Hauptner, Berlin, deren Inhaber auf der Welt¬
ausstellung in B r ü s s c 1 als Mitglied des Internationalen
Preisgerichtes „hors Concours“ stand, der Grand Prix
zuerkannt.
Es ist gemeldet: Der Ausbrach der Maul* und
Klauenseuche am Viehhofe in Manchen, in Albers¬
weiler, Bezirksamt Bergzabern, in Duttweiler, Bezirksamt Neu¬
stadt a. Haardt, in Forst, Bezirksamt Dürkheim.
Bticherschan.
Lehrbuch der Toxikologie für Tierärzte. Von Dr. med.
Eugen F r ö h n e r, Geh. Regierungsrat und Professor
an der Tierärztl. Hochschule zu Berlin. Dritte, umge¬
arbeitete Auflage. Stuttgart, Verlag von Ferd. Enke,
1910. Preis 9 dl GO *$.
Der Inhalt des Werkes behandelt im Inhalt des I. Abschnittes
die allgemeine und im II. Abschnitte die spezielle Toxikologie Der
Abschnitt „spezielle Toxikologie“ ist in drei Unterabteilungen:
„mineralische, pHanzliehe und tierische Gifte“ gegliedert.
769
Die einzelnen Abschnitte der neuen Ausgabe des Lehrbuches
über Toxikologie sind vom Yerf. vollständig umgearbeitet und ergänzt
worden. Im Inhalte des I. Abschnittes haben besonders die neu¬
zeitigen Anschauungen über Giftwirkung, die feineren Veränderungen
der Ganglienzellen bei der Narkose, die Wirkung der Blutgifte
(Hämolysine), die toxische Leukozytose und Glykosurie eingehende
Bearbeitung gefunden.
In den speziellen Teil sind zahlreiche Experimentalunter¬
suchungen über Mineral- und Pflanzengifte, sowie eine große Zahl
kasuistischer Mitteilungen über Vergiftungen bei Haustieren auf¬
genommen worden. Der Verf. hat also in der neuen Auflage Alles,
was seit der Zeit der letzten Ausgabe des Werkes vor zehn Jahren
durch das Experiment und Beobachtung bei Vergiftungen der Tiere
festgcstellt wurde, berücksichtigt. Die hiebei notwendigen Er¬
weiterungen und Zugaben bedingten eine Umfangs Vermehrung des
Werkes um mehr als zwei Druckbogen.
Abgesehen von seiner Vollkommenheit ist das Lehrbuch so
recht eigentlich den praktischen Bedürfnissen der Tierheilkunde an-
gegaßt und eignet sich daher als vorzüglicher Ratgeber bei den in
der tierärztlichen Praxis so häufig auftauchenden Frage: liegt Ver¬
giftung vor oder nicht; es eignet sich aber insbesondere auch zum
Studium der Toxikologie für Studierende. A.
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loch (Pfalz) nach Alsenz (Pfalz); Dr. Rosenthal Ludwig von
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54. Jahrg. München, den 15. November 1910. Nr. 46.
Inhalt: 0 r i gi n a 1 a r t i k e 1: Voltz: Mitteilungen aus der Pra¬
xis. — Heiß: Utopistisclie Betrachtungen über den Stand der
Fleischbeschauer. (Schluß.) — Referate: Sticker: Uber Patho¬
genese und Ätiologie der bösartigen Tumoren. Bochberg: Be¬
handlung der Brustseuche mit Atoxyl. Schulze: Einige Bemerk¬
ungen zum Impfstoff gegen Schweineseuche des Herrn Dr. Krafft-
München. — Tierzucht und Tierhaltung: Getrocknete
Hefe als Futtermittel. — Verschiedenes: Promotionsord¬
nung für die preußischen Tierärztlichen Hochschulen. Tierärzt¬
liche Hochschule Stuttgart. Maul- und Klauenseuche. Studenten-
Konflikte. — Personalien.
Mitteilungen ans der Praxis.
Von Kgl. Bezirkstierarzt Voltz, Nürnberg.
Eine der Maul- und Klauenseuche ähnliche
Erkrankung.
In der Gemeinde U. zeigten mehrere Kühe eines Stalles
der Maul- und Klauenseuche ähnliche Krankheitssymptome,
weshalb Anzeige erstattet wurde. Nach dem telephonischen
Vorberichte war in dem betreffenden Gehöfte eine Handels¬
kuh 8 Tage zur Probe gestanden. Das Tier war während
dieser Zeit gesund und wurde ebenso an den Händler
zurückgegeben. 6 Tage nach dem Abgang der Kuh be¬
gannen nun 6 Kühe des 15 Haupt starken Bestandes mäßig
zu speicheln, weshalb der Besitzer Verdacht schöpfte. Die
Untersuchung ergab folgendes: Sämtliche im besten Nähr¬
zustand befindliche Kühe sind fieberlos. Das Futter — es
ist gerade Futterzeit — wird in normaler Weise aufge¬
nommen, ebenso ist hinsichtlich des Milchertrages keine
Änderung ('ingetreten. F> Kühe, die jedoch nicht nebenein-
774
ander stehen, auch nicht mit der Händlerkuh in Berührung
gekommen sind, zeigen Speichelfluß; bei ihnen ist die Maul¬
schleimhaut höher gerötet, zwischen den Papillen der Backen¬
schleimhaut sind hunderte derber Gerstengrannen einge¬
spießt. Wo die Grannen abgebrochen waren und die Spitze
in der Schleimhaut festsaß, erfolgte Abstoßung durch Ge¬
schwürsbildung in der Weise, daß sich erbsengroße Bläs¬
chen bezw. Geschwüre mit gelbrotem Grunde bildeten, aus
welchem sich die abgebrochene Spitze leicht ausdrücken
oder mit einer Pinzette ausziehen ließ. Die Geschwüre
konfluierten nicht, auch war die Bewegung der Kühe frei und
ungehindert. Bei diesem Befunde war der Verdacht natür¬
lich als unbegründet zu bezeichnen. — Der Besitzer hatte
nach Abgang der Händlerkuh Gerstenkaff eingestreut, das
die Tiere gierig aufgenommen hatten.
Endemische Schlundkopflähmung bei Kühen?
In der Gemeinde A. waren in kurzer Zeit zwei Pferde
verendet, ohne intra vitarn länger dauernde erhebliche
Krankheitserscheinungen gezeigt zu haben. Soviel nach¬
träglich festzustellen war, soll plötzlich Lähmung der Nach¬
hand, die auch auf die Vorhand Übergriff, eingetreten sein.
Das Sensorium sei vollständig frei gewesen, ferner habe
Temperatursteigerung nicht konstatiert werden können, nur
soll gegen das Ende zu der Herzschlag pochend und der
Puls klein geworden sein. Erscheinungen, die auf eine
Erkrankung des Magendarmkanals hätten schließen lassen,
seien nicht beobachtet worden. Die verspätet — 36 bezw.
48 Stunden post morten — vorgenommenen Sektionen sollen
in beiden Fällen Magendarmentzündung (trotz des nega¬
tiven Befundes im Leben) ergeben haben, auch habe sich
im ,,Hals- und Rückenmark“ Flüssigkeit vorgefunden.
Nun erkrankten gleichzeitig mit den Pferden die beiden
im gleichen Stalle stehenden Kühe. Der Besitzer beobach¬
tete Appetitlosigkeit, Speichelausfluß aus dem Maule und
Schwanken bei der Bewegung. Er glaubte, beängstigt durch
die Vorkommnisse bei den Pferden, die Kühe notschlachten
zu müssen und zog mich deshalb zu Rate, ferner auch deswegen,
weil der Fachmann, der die Kühe behandelt hatte, etwas vom
Vorhandensein der Wild- und Rinderseuche hatte durchblicken
lassen. Das Resultat der Untersuchung war: beide Kühe sind
sehr gut genährt, Temperaturerhöhung liegt nicht vor, derHerz-
schlag ist schwach, derPuls klein, jedoch anZahl nicht vermehrt.
Die Milclisekretion ist geringer geworden. Vorgehaltenes
Futter wird angenommen, langsam gekaut aber nicht voll-
775
ständig abgeschluckt; es bestehen Schlingbeschwerden, die
Maulhöhle ist mit Futterpartikeln angefüllt. Der Kot ist
fest und mit zähem Schleim überzogen. Beim Vorführen
schwanken die Tiere sehr stark. Wild- und Rinderseuche
schied aus; ich hielt den Fall für sog. endemische Schlund¬
kopflähmung (Bulbärparalyse). Der vorher beigezogene
Kollege hatte auch an Futtervergiftung gedacht, da das
verfütterte Heu stark mit Herbstzeitlosem durchsetzt war.
Doch, schien dies nicht die Ursache zu sein, weil auch die
neuangeschafften Pferde das gleiche Heu bekamen, ohne
daß Vergiftungserscheinungen auftraten. Dagegen ergab
die Untersuchung des Stalluntergrundes und der Stallum¬
gebung vollständige Verjauchung. Ich halte diese schlechte
Beschaffenheit des Bodens für die mittelbare Ursache der Er¬
krankung, da ich in einem anderen Bezirke Vorjahren mehr¬
fach nachgewiesen habe, daß die Krankheit durch Sanierung
des Stalluntergrundes vollständig zum Verschwinden ge¬
bracht werden konnte. Die sofort in Angriff genommenen
Bodenaushubarbeiten förderten erst nach l 8 /*m Tiefe reinen
Untergrund zu Tage; infolge der Grundaushebung war die
Luft in der ganzen Umgebung tagelang wie verpestet.
Die erkrankten Kühe kamen sofort in eine andere
Stallung; sie genasen bei entsprechender, im wesentlichen
symptomatischer Behandlung in drei Wochen; als sie mit zwei
neuangekauften Pferden später in die sanierte Stallung zurück¬
kamen, blieben sie bei der gleichen Fütterung gesund.
Leuchtgas Vergiftung bei klei nen Hau s ti eren.
Ein Artist eines hiesigen Varietös hatte seine dressierten
Hunde, Katzen, Enten und Tauben in einem Zimmer unter¬
gebracht, durch das Gasrohre geleitet waren. Infolge Schad-
baftwerdens der Leitung fand eine Gasausströmung statt,
so daß die Tiere die gasgeschwängerte Luft nahezu 3 Stunden
lang einatmen mußten. Die Erscheinungen bei den der Vergif¬
tung ausgesetzt gewesenen und erkrankten Tieren waren ver¬
schieden. Die Enten und Tauben erholten sich, an die frische
Luft gebracht, innerhalb weniger Stunden wieder; sie hatten bei
der Untersuchung lediglich Eingenommenheit des Sensori-
ums gezeigt. 2 Katzen waren asphyktisch; sie verendeten ;
vier andere Katzen waren vollständig bewußtlos; sie er¬
holten sich insoferne, als die Bewußtlosigkeit nach 5—6
Stunden schwand; doch blieben Bewegungs- und Seh¬
störungen zurück, die eine weitere Verwendung der Tiere
zu artistischen Darstellungen unmöglich machten. Die
Hunde, die ebenso wie die Katzen betäubt waren, wurden
776
vollständig wieder hergestellt, bis auf einen kleinen Pinscher,
bei dem eine Lähmung der Nachhand zurückblieb. Die
Behandlung der Hunde und Kaizen bestand in Verbringung
an die frische Luft, kaltenBetuschungen undCoffei'ninjektionen.
Starke Verletzung der Kruppe bei einem Pferde.
Ein sehr wertvoller russischer Traber war bei einem
Zusammenstoß mit der Trambahn unter den Dachkranz
des eigenen Wagens gekommen. Hiebei wurde dessen
gesamte Kruppenmuskulatur der linken Seite teils zerrissen,
teils zerschnitten oder gequetscht. Die Haut über - der
Muskulatur war förmlich skalpiert. Die Zusammenhangs¬
trennung reichte bis zu den Beckenknochen, bezw. auf das
Kreuzbein und den Schwanzansatz. Von oben gesehen
hatte die Verletzung die Form einer großen Triangel. Der
äußere linke Darmbeinwinkel war gebrochen und selbst¬
verständlich der Blutverlust ein bedeutender. Auf Veran¬
lassung der Versicherungsgesellschaft, die das Tier entgegen
dem Wunsche des Besitzers nicht töten ließ, übernahm ich
die Behandlung. Durch Einlage von Drainagen, Anlage
von Entspannungsnähten — an eine glatte Wundheilung war
wegen der Quetschungen nicht zu denken — kurz, durch
ein entsprechendes chirurgisches Verfahren gelang es, das
Pferd nach 9 wöchentlicher Behandlung so herzustellen, daß
es wieder vollständig gebrauchsfähig wurde, nur ist es in¬
folge des Darmbeinwinkelbruches einhüftig geworden.
Utopistische Betrachtungen ttber den Stand der
Flelschbesehaner.
Von Sehlaehthofdirektor Heiß, Straubing.
(Schluß.)
Was von den Fleischbeschaugebühren erwähnt wurde, soll
natürlich in gleicher Weise auf die Trichinenschaugebühren An¬
wendung finden und auch die Trichinenschauer, die doch meist
nebenbei andere bürgerliche Berufe ausüben, eine ihrer Qualifi¬
kation entsprechende Bezahlung erhalten. Welche Summe von
Schaffensfreude liegt nicht in diesem System? Jeder kann sich
durch eigenen Fleiß, durch eigene Verdienste zu der Stellung
einporarbeiten, die er verdient! Nicht eine Vettern- und Ba*en-
wirtschaft mehr hätten wir fortan, sondern eine Reihe von berufs¬
fähigen und berufsfreudigen Leuten, für die stramme Pflicht¬
erfüllung, unabhängig von Anfeindungen aller Art, die oberste
Richtschnur sein würde.
Man wird ja mit Recht einwenden können, daß die Fin¬
na Innen, wären sie wirklich einmal einheitlich geregelt, nicht hin¬
reichend sein würden zur Besoldung der Fleischbeschauer ..neuen
Stils“. Zugegeben! Recht bedeutend aber kann diese Differenz
nicht sein: 1. weil zur Zeit vielfach niedrige Beschaugebühren be-
777
stehen; 2. weil ganz kleine Beschaubezirke vorhanden sind; 3. weil
künftig die Zahl der Beschaubezirke wesentlich verringert und die
Gebühren erhöht werden sollten. Aber es hat doch auch der Staat
die Verpflichtung, für die Gesunderhaltung seiner — Steuerzahler
zu sorgen und es wird sich, guten Willen vorausgesetzt, dann ein
Weg finden lassen, wenn ein Wille hiezu vorhanden ist. Viele
Wenig machen ein Viel und die höheren Gebühren und die Zu¬
sammenziehung der Bezirke werden einigermaßen ausgleichend
wirken können.
Den städtischen Fleischbeschauern aus Laienkreisen geht es
wohl oft nicht viel besser als den gemeindlichen. Soweit nicht
Tierärzte ausschließlich in Schlachthöfen die Beschau ausüben,
sind sie auch recht der Gunst und Mißgunst preisgegeben, und ver¬
langt «in Reichs-Fleischbeschaugesetz die Durchführung der Be¬
schau, so wird auch die Forderung nicht ungerechtfertigt er¬
scheinen, daß alle Fleischbeschauer, ob in Stadt oder Land, unter
des Staates und nicht der Gemeinden Oberhoheit stehen. Als
Analogon sei angeführt, daß auch der Schlachthof-Leiter in seiner
Eigenschaft als Amtstierarzt direkt dem Staate und nicht der Stadt
unterstellt ist. (Bayern!) Auch der Fleischbeschauer ist in Aus¬
übung seines Berufes Beamter, also sollte auch er nicht der Stadt
unterstellt sein, sondern dem Staate!
Um Mißverständnisse zu vermeiden, sei eigens erwähnt, daß
nicht der Militäranwärter ausschließlich der zur Ausübung des Be¬
schauerberufes Befähigte sein soll! Wir haben eine Reihe von
jungen, tüchtigen Fleischbeschauern, die wenig oder nichts an die
Scholle bindet, die irgend einen Beruf ausüben. Auch diesen wird
es nicht viel ausraachen, ob sie hier oder dort als Beschauer er¬
nannt werden, nur müßten sie sich eben von der Aufsichtsbehörde
an den Platz setzen lassen, der ihrer Qualifikation entspricht.
Aber auch die den Militäranwärtern zu bezahlenden „Gehälter 4 *
würden in Zukunft nur einen Teil ihres Gesamt-Einkommens
bilden, da auch diese sich durch Ausübung des von ihnen er¬
lernten Zivilberufes Nebeneinnahmen schaffen können.
Wäre dieses oder ein ähnliches System einmal durchgeführt,
so würde dadurch die Gewähr geleistet, daß die Fleischbeschau
in einer genau dem Gesetz entsprechenden Weise durchgeführt
wird. Wie keineswegs behauptet werden soll, daß wir nicht heute
auch Fleischbeschauer in großer Zahl besitzen, die den geraden
Weg gehen, den das Gesetz von ihnen verlangt, so ist damit auch
nicht gemeint, daß — käme ein derartiges System zur Geltung —
sofort alle bisherigen Fleischbeschauer ihres Dienstes entsetzt
werden sollen oder müssen! Weit entfernt! Aber die Blut¬
auffrischung, die ich vorgeschlagen habe, wird dazu beitragen,
daß auch die minderwertigen Kräfte das Damoklesschwert über
ihrem Haupte hängen sehen und sich nach Kräften bemühen werden
gesetzmäßig zu arbeiten, dann als unabhängige Fleischbeschauer,
wenn sie direkt der Aufsichtsbehörde unterstellt sind. Sie wissen
dann, daß es ihnen einerlei sein kann, ob man über sie schimpft.
Ja, sie können um so mehr stolz sein, je mehr man über sie
schimpft, weil das eben nur ein Beweis ist, daß sie ihre Pflicht
voll und ganz erfüllen! Auch diesen ist Gelegenheit geboten, sich
durch einwandsfreie Leitungen bald über das allgemeine Niveau
zu erheben und sich um eine gleiche Stelle mit besserem Ein¬
kommen bewerben zu können.
Noch ein anderer Gedanke: Der Staat hat für eine Reihe
von öffentlichen Dienstleistungen Anerkennungen, Ehren-, ja selbst
778
Ordensauszeichnungen geschaffen. Man denke nur an die Aus¬
zeichnungen für Feuerwehrleute, für Sanitätsmannschaften etc., die
auf eine einwandfreie langjährige Dienstzeit zurückblicken können.
Sie dienen dem öffentlichen Wohl, sie retten den Nächsten oder
sein bedrängtes Gut. Ist das Verdienst eines tüchtigen, gewissen¬
haften Fleischbeschauers, der doch gewiß bei Ausübung seines
nichts weniger als rosigen Berufes bei knappstem Verdienste mit
einer Unsumme von Mühseligkeiten und Verdrießlichkeiten zu
kämpfen hat, der durch seine Aufmerksamkeit, sein strammes Vor¬
gehen Leben und Gesundheit seiner Mitmenschen schützt, gewissen¬
losen Manipulationen oft gewiß tüchtiger Schlächter in furchtloser
Weise entgegenarbeitet, eigentlich im Grunde genommen ein viel
geringeres? Ist der Gedanke so ferne liegend, daß die einschlägigen
Ministerien auch für eine tadellos zurückgelegte 10- und 25jährige
Dienstzeit als Fleischbeschauer eine ähnliche Auszeichnung an¬
regen könnten, wie solche Feuerwehrmännern verliehen wird!?
Es würde ein solches sicherlich zur gewissenhaftesten Dienst¬
leistung anregen und den damit Geschmückten einen Ersatz bilden
für Ärger und Verdrießlichkeiten im Dienste, insbesondere wenn
damit die Anwartschaft auf die besten Beschaubezirke verbunden
wäre. — Den Staatsregierungen würde es gewiß keine sonderlichen
Schwierigkeiten bereiten, ein Land und dessen Provinzen in solche
Beschaubezirke zu teilen, wie sie den Verhältnissen entsprechen.
Würde eine derartige Verstaatlichung der Fleischbeschau
durchgeführt, so würden den Gemeinden die Kosten für Ausbildung
und Aufenthalt im Ausbildungsorte erspart bleiben, da dann die
Bestreitung dieser Ausgaben Aufgabe der Anwärter für solche
Posten sein würde. Den Staatsbehörden aber würde gar bald eine
Liste von Bewerbern zur Verfügung stehen, bewertet nach ihren
Kenntnissen, welche sofort auf vacant werdende Posten resp. in
Beschaubezirken, die ihrer Note entsprechen, ernannt werden
könnten. Es würden um so mehr Anwärter angestellt werden
können, je mehr draußen in den Gemeinden nach dem Rechten
gesehen würde, und ohne Rücksicht solche Beschauer beseitigt
w r ürden, die 1. nicht nach den neuen Prüfungsvorschriften ausge¬
bildet sind, 2. durch mangelhafte Pflichterfüllung, hohes Alter oder
körperliche Gebrechlichkeit sich als untauglich zum Fleischbe¬
schauerdienste zeigen. Sie gefährden das allgemeine Wohl und
reiches Material könnten sich die Regierungen verschaffen, wenn
sie von den Amtstierärzten verlangen würden, daß jeder Fall von
Pflichtüberschreitung dienstlich ge?neldet werden sollte. Gar bald
würden diese Nullen unter den Fleischbeschauern dann beseitigt
sein und an deren Stelle ein junger Nachwuchs treten, der wirklich
den Namen „Fleischbeschauer 1,4 verdient. Daß dann solchen die
Ausbildungsstellen in jeder Weise an die Hand gehen werden,
braucht wohl nicht besonders erw r ähnt zu werden, und Fortbildungs¬
kurse für solche, die vielleicht drei- bis viermal im Jahre abge¬
halten werden könnten, würden sicherlich dazu beitragen, daß das
in wenig Wochen Erlernte gefestigt wird. Für eine Altersver¬
sorgung Sorge zu tragen, würde w r ohl zu weit führen, doch bietet
die staatliche Altersversicherung die Möglichkeit, daß die Ein¬
zelnen durch Selbstversicherung sich eine Pension im Falle der
Dienstuntauglichkeit und Krankheit sichern können. --
Die Hauptpunkte der obigen utopistischen Vorschläge sind
also folgende:
1. Bewertung der Kenntnisse durch Noten;
2. Bildung von größeren Beschaubezirken;
779
3. Schaffung einheitlicher Gebühren;
4. Einbezahlung der Gebühren an die Staatskassen;
5. Schaffung von verschieden gut dotierten Posten, je nach
Leistung und Verdienst;
6. Verstaatlichung der Fleischbeschau;
7. Bezahlung derselben aus der Staatskasse;
8. Schaffung von öffentlichen Anerkennungen für fleißige und
bewährte, pflichtgetreue Beschauer.
Ich bin mir wohl bewußt, Utopien erörtert zu haben, aber viel¬
leicht verdienen doch manche der Vorschläge Beachtung, und wenn
nur ein Teil derselben gewürdigt wird, ist damit ein guter Schritt
nach vorwärts gemacht, und wenn auch das Ideal: Verstaatlichung
der Fleischbeschau in weiter Ferne liegt, früher oder später wird
sie vielleicht doch kommen und wir werden damit im Deutschen
Reiche ein Fleischbeschauerpersonal haben, um das uns die andern
zivilisierten Staaten beneiden können!
Referate.
Sticker: Über Pathogenese und Ätiologie der bös¬
artigen Tumoren. (Berl. Tierärztl. Wochenschr., Nr. 29,
1910,)
Die Anschauung, daß einzelne Zellen eines größeren
tierischen Organismus parasitäre Eigenschaften annehmen,
auf einen anderen Organismus übertragen in diesem weiter
wuchern und eine Krankheit hervorbringen können, er¬
schien uns bis vor kurzem als eine unmögliche. Im Laufe
der letzten Jahre ist sie zur Tatsache geworden, denn zahl¬
reiche Übertragungsversuche gelangen. Wie die Zellen para¬
sitär geworden sind, ist allerdings noch nicht geklärt; es
muß sich hier um die Wirkung eigenartiger Reize handeln.
Daß unter Mäusen und Ratten Krebs-Endemien auftreten,
ist mehrfach beschrieben, der „Ehegattenkrebs“ schon längst
bekannt. Übertragung von Sarkomen durch den Deckakt.
bei Hunden wurde einigemale beobachtet. Jedem Fall von
Tierkrebs sollte zur Unterstützung der Forschung hinsicht¬
lich seiner Entstehungsmöglichkeit nachgegangen werden,
wie auch die Zentren der experimentellen Forschung durch
Zusendung von Geschwulstmaterial unterstützt werden
sollten.
Bochberg: Behandlung der Brustseudie mit Atoxyl.
(Zeitschrift für Veterinärkunde, 1910, Vn.)
Verfasser hat in 3 Beständen, in denen schwere Brust¬
seuche herrschte, einen' Teil der Patienten mit Atoxyl
behandelt. Begonnen wurde mit 0,3 : 10, dann kamen etwa
8 Tage lang täglich steigende Dosen bis 0,75 : 15 in Ver¬
wendung, ohne daß Nebemvirkungen auftraten. Während
bei den symptomatisch behandelten Pferden das Allgemein-
780
befinden längere Zeit zu wünschen übrig ließ, ließ sich bei
Atoxylbehandlung das Gegenteil feststellen. Selbst bei schwer
kranken Tieren war nach wenigen Tagen schon Freßlust
vorhanden. L i n d n e r.
Schulze-Starkow: Einige Bemerkungen zum Impf¬
stoff gegen Schweineseuche des Herrn Dr. Krafft-München.
(Berliner Tierärztliche Wochenschrift Nr. 45, 1910.)
Dr. Krafft-München hat bekanntlich einen Impf¬
stoff gegen Schweineseuche und Schweinepest hergestellt.
Räbiger erzielte mit dem Impfstoffe gute Erfolge (Berlin.
Tierärztl. Wochenschr. Nr. 30, 1909). Das Ergebnis seiner
Beobachtungen und Versuche lautete dahin, daß der Krafft-
sche Impfstoff gegen Schweineseuche und Schweinepest bei
rechtzeitiger Anwendung in der weitaus größeren Zahl der
Fälle derart seuchekranke Schweine zu heilen vermöge und
daß diese Impfstoffe, prophylaktisch angewandt, eine zweck¬
entsprechend lange Immunitätsdauer bei Schweinen zu
erzeugen scheinen.
Dr. Poppe- Berlin stellte im Aufträge des Geheim¬
rates Professor Ostertag-Berlin eine experimentelle Nach¬
prüfung des Krafft’schen Impfstoffes bei kleinen Versuchs¬
tieren gegen Schweineseuche an, konnte aber im Versuche
an Kaninchen, Meerschweinchen und Mäusen eine Schutz¬
wirkung des Impfstoffes gegenüber dem Bac. suisepticus
nicht feststellen (Berl. Tierärztl. Wochenschr. Nr. 26, 1910.)
Schulze, früher Hilfsarbeiter an der Veterinär¬
abteilung des Kaiserlichen Gesundheitsamtes, hatte nun
Gelegenheit, die prophylaktische, bezw. Schutzimpfung mit
dem Krafft’schen Impfstoff in zwei Schweinebeständen aus¬
zuführen, in welchen die Schweineseuche herrschte.
In dem einen Bestände impfte er 94 Läufer und be¬
richtet über das Ergebnis das Folgende: „Die Tiere waren
zur Zeit der Impfung noch recht munter, fraßen gut und
zeigten klinisch keine hochgradigen Krankheitssymptome.
Irgendwelcher Erfolg der Impfung war nicht zu verzeichnen.
Einige Tiere bekamen Schwellungen am Halse, so daß sie
den Kopf schief hielten. Von diesen Erscheinungen, welche
nach der Gebrauchsanweisung Immunitätserscheinung seien
und eine lange andauernde Immunität verheißen sollen,
kann ich nach meinen Erfahrungen nur sagen, daß sie
gerade das Gegenteil ankündigten, denn die damit behafteten
Schweine starben alle viel schneller an Schweineseuche als
die anderen“. 14 Tage nach der ersten Impfung impfte
781
S. das zweite Mal. Es waren nur mehr 48 Tiere zu impfen.
Auch diese Impfung war erfolglos. Die Tiere gingen weiter
zu Grunde. Es blieben dann noch 30 Läufer, die durch
gute Pflege gerettet wurden. In dem zweiten Schweine-
bestande, in welchem das Herrschen der chronischen
Schweineseuche ebenfalls mit Sicherheit festgestellt worden
war, hatte S. mit dem K r a f f t 'sehen Impfstoffe ebenfalls
keine Erfolge. Von einer Anzahl Läufer suchte er sich die
zehn kräftigsten aus. Zwei der Geimpften starben kurz
nach der Impfung, die anderen acht erholten sich jedoch
genau so, wie sich eine Anzahl anderer ungeimpfter Kon-
trollschweine in derselben Zeit erholten.
S. spricht am Schlüsse der Abhandlung den Wunsch
aus, es möchten auch andere Kollegen ihre Erfahrungen
mit dem Kr afft'sehen Impfstoffe behufs Beurteilung des¬
selben veröffentlichen. A.
Tierzucht und Tierhaltung.
Getrocknete Hefe als Futtermittel.
Nach einem Berichte des Geh. Hofrates, Professor
Dr. Kellner läßt sich mittels eines patentierten Trock¬
nungsverfahrens aus Hefe ohne jeden Zusatz ein schwach
bräunlich gefärbtes Produkt erhalten, welches, ähnlich wie
die Kartoffelflocken, aus dünnen Blättchen besteht und
einen angenehmen, an Brod erinnernden Geruch besitzt.
Versuche ergaben, daß die Plefezellen in dieser Trocken¬
hefe soweit abgetötet sind, daß sie in einer 10°/oigen Zucker¬
lösung innerhalb 24 Stunden keinerlei Gährungserscheinungen
hervorrufen.
Zwei Muster Trockenhefe, von welcher das eine (Nr. I)
Blättchen, das andere (Nr. II) ein hellbräunliches Pulver dar¬
stellte, zeigten folgende Zusammensetzung:
I
II
W asser.
• 7,7 °/o
11,8 °/o
Rohprotein.
. o2,o ,,
43,1 „
Fett.
• 0,8 „
0,5 ,,
N = fein Extraktstoff
. 26,1 „
36,3 „
Rohfaser .
. 5,3 „
0,2 „
Asche.
7,6 „
8,1 „
Zur Feststellung der Ve
rdaulichkeit
der Hefe wurde
mit der Trockenhefe II an 2 Hammeln Ausnützungsversuche
ausgeführt. Diese erhielten auf Tag und Kopf 750 g
Wiesenheu und 300 g Hefe. Die Hefe wurde von den Tieren
sehr gerne aul'genommen. Der Versuch dauerte 18 Tage.
782
Es ergab sich, daß aus 100 Teilen Hefe 91 Teile der
organischen Substanz und aus 100 Teilen Rohprotein
90,9 Teile verdaut wurden.
Demnach stellt die Trockenhefe ein hochverdauliches,
wegen ihres Proteinreichtums besonders wertvolles Futter¬
mittel dar.
Nimmt man als durchschnittlichen Gehalt der Hefe
52,5 °/o Rohprotein, 47°/o Eiweiß und 26°/o stickstofffreie
Extraktivstoffe an, so würden in 100 Teilen Trockenhefe
42,2 °/o verdaul. Eiweiß
26,0 „ „ Kohlehydrat
enthalten sein und der Stärkevorrat sich auf 66°/o stellen.
Erwähnt sei noch, daß die Versuchstiere die Trocken¬
hefe in Gaben von 200 bis 300 g pro Tag und Kopf ohne
jegliche Schädigung der Gesmidheit vertrugen und daß sich
das Futtermittel auch bei der Fütterung von Schweinen
gut bewährte. (Milchzeitung, Wochenschrift für das Molkerei¬
wesen und die gesamte Viehhaltung, Nr. 26, 10.) A.
Verschiedenes.
Promotionsordnung für die preußischen Tierärztlichen
Hochschulen.
Nachdem durch Allerhöchsten Erlaß vom 5. September
1910 (Gesetzsamml. S. 222) den Tierärztlichen Hochschulen
das Recht beigelegt worden ist, die Würde eines doctor
medicinae veterinariae (abgekürzte Schreibweise: Dr. med.
vet.) zu verleihen, wird in Ausführung dieses Erlasses für
die Königl. Tierärztliche Hochschule in Berlin nachstehende
Promotionsordnung festgesetzt: *)
§ 1. Die Promotion zum doctor medicinae veterina¬
riae (Dr. med. vet.) durch die Königl. Tierärztliche Hoch¬
schule zu Berlin ist an folgende vom Erwerber zu erfüllende
Bedingungen geknüpft: 1. die Beibringung des Reifezeug¬
nisses eines deutschen Gymnasiums oder Realgymnasiums
oder einer deutschen Oberrealschule. Die Zulassung auf
Grund des Reifezeugnisses einer ausländischen höheren
Lehranstalt bedarf der Genehmigung des Ministers; 2. den
Ausweis über die Erlangung der Approbation als Tierarzt
für das Deutsche Reich oder bei Ausländern den Ausweis
über das Bestehen der für die Erlangung der Approbation
vorgeschriebenen Fachprüfung an einer deutschen Tierärzt-
*) Der Inhalt der Promotionsordnug für die Tierarztliehe Hoch¬
schule Hannover stimmt mit der für die Hochschule Berlin erlassenen
überein, nur ist in der Promotionsordnung für Hannover statt der
Bezeichnung „Rektorat 1 * das Wort „Direktorat“ gebraucht.
783
liehen Hochschule oder an einer veterinärmedizinischen
Fakultät (Fakultätsabteilung) einer deutschen Universität;
3. die Einreichung einer in deutscher Sprache abgefaßten
wissenschaftlichen Abhandlung (Dissertation), die einem
Zweige der tierärztlichen Wissenschaft angehört und die
Befähigung des Bewerbers zum selbständigen wissenschaft¬
lichen Arbeiten dartut; 4. die Ablegung einer mündlichen
Prüfung; 5. die Entrichtung einer Prüfungsgebühr von
300 Mk., bei Ausländern von 500 Mk.
§ 2. Das Gesuch um Verleihung der Doktorwürde
ist schriftlich an den Rektor und das Professorenkollegium
der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin zu richten. Dem
Gesuche sind beizufügen: 1. ein Abriss des Lebens- und
Bildungsganges des Bewerbers; 2. die Schriftstücke in Ur¬
schrift, durch die der Nachweis der Erfüllung der in § 1
ZifE. 1 und 2 genannten Bedinguugeu erbracht wird; 3. die
Dissertation mit der eigenhändig geschriebenen und unter¬
schriebenen Erklärung des Bewerbers, daß er sie, abgesehen
von den von ihm zu bezeichnenden Hilfsmitteln, selbständig
verfaßt habe, ferner mit einer gleichen Erklärung darüber,
ob er die Dissertation in einer wissenschaftlichen Anstalt
und in welcher er sie ausgearbeitet, sowie ob und wo er
sie bereits für eine Prüfung oder Promotion oder für einen
ähnlichen Zweck zur Beurteilung eingereicht hat; 4. ein
amtliches Prüfungszeugnis. Gleichzeitig ist die Hälfte der
Prüfungsgebühr an die Kasse der Hochschule zu entrichten.
§ 3. Der Rektor überweist das Gesuch, falls sich
keine Bedenken ergeben, einem Referenten, der das Lehr¬
fach vertreten muß, in das der in der Dissersation behan¬
delte Gegenstand ausschließlich oder vorzugsweise fällt, zur
schriftlichen Begutachtung.
§ 4. Die Dissertation und das von dem Referenten
erstattete begründete Gutachten sind bei sämtlichen Mit¬
gliedern des Professorenkollegiums in Umlauf zu setzen.
Hierauf entscheidet das Professorenkollegium in einer Sitzung
über die Annahme der Dissertation und bestimmt bei gün¬
stigem Ausfälle die Zeit der mündlichen Prüfung. Der
Restbetrag der Prüfungsgebühr ist vor der mündlichen
Prüfung zu entrichten.
§ 5. Die mündliche Prüfung erstreckt sich auf drei
Prüfungsfächer, die der Bewerber aus den an der Hoch¬
schule durch Professoren im Hauptamt vertretenen Lehr¬
fächern zu wählen hat. Sie wird unter Vorsitz des Rektors
vor einer Prüfungskommission abgelegt, die aus drei Mit¬
gliedern des Professorenkollegiums besteht, und der in der
784
Regel der Referent für die Dissertation sowie Lehrer der
gewählten Prüfungsfächer angehöreu sollen. Zu der münd¬
lichen Prüfung sind die an der Prüfung nicht beteiligten
Mitglieder des Professorenkollegiums und die sonst mit Ab¬
haltung von Vorlesungen an der Hochschule betrauten
Lehrer einzuladen. Außerdem hat jeder Lehrer einer
deutschen Tierärztlichen Hochschule oder veterinärmedi¬
zinischen Fakultät oder Fakultätsabteilung einer deutschen
Universität zu der Prüfung Zutritt.
§ 6. Nach beendeter mündlicher Prüfung entscheidet
die Prüfungskommission über deren Ausfall und unter Be¬
rücksichtigung der Beurteilung der Dissertation (§ 4) darüber,
ob und mit welchem der drei Urteile: „Bestanden“, „Gut
bestanden“, „MitAuszeichnungbestanden“,dieGesamtprüfung
als bestanden zu erklären ist.
§ 7. Der Beschluß der Prüfungskommission wird dem
Bewerber durch den Rektor mitgeteilt. Das Doktordiplom
wird ihm jedoch erst ausgehändigt, nachdem er 200 Ab¬
drucke der als Dissertation anerkannten Schrift bei dem
Rektor eingereicht hat. Vor der Aushändigung des Diploms
hat der Bewerber nicht das Recht, sich Doktor zu nennen.
Die eingereichten Abdrucke müssen ein besonderes Titel¬
blatt haben, auf dem die Abhandlung ausdrücklich als von
der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin zur Erlangung der
Würde eines doctor medicinae veterinariae genehmigte
Dissertation bezeichnet und auf dessen Rückseite der Name
des Referenten angegeben ist. Zu dem Titelblatt hat der
Rektor die Druckgenehmigung zu erteilen, auch kann er
auf Antrag des Referenten verlangen, daß vor der Ver¬
öffentlichung Änderungen des Textes der Dissertation vor-
genonnnen werden.
§ 8. Das Doktordiplom wird nach dem in der Anlage
angegebenem Muster vom Rektor und dem Professoren¬
kollegium ausgestellt und vom Rektor eigenhändig unter¬
zeichnet. Ein Abdruck des Diploms wird vierzehn Tage
lang am schwarzen Brett der Hochschule ausgehängt. Die
Vor- und Zunamen, der Geburtsort und der derzeitigeWohnort
der neu ernannten Doktoren werden halbjährlich im Reichs¬
anzeiger veröffentlicht. Eine für denselben Zeitraum auf¬
zustellende Liste ist dem Minister einzureichen.
$ 9. Die Hälfte der Prüfungsgebühren wird nach
Abzug der erwachsenen sächlichen und Verwaltungskosten
zu einer Kasse für allgemeine Zwecke der Hochschule ver¬
einnahmt, die andere Hälfte wird unter die Mitglieder des
Professorenkollegiums verteilt, über die für die Verwendung
785
und Verteilung maßgebenden Grundsätze wird von dem
Minister eine Anweisung erlassen.
§ 10. Bedürftigen und besonders würdigen Bewerbern
kann die Prüfungsgebühr ganz oder teilweise vom Professoren-
kollegium erlassen werden.
§ 11. Von der Abweisung eines Bewerbers oder dem
Nichtbestehen der Prüfung ist sämtlichen deutschen Tier¬
ärztlichen Hochschulen und veterinärmedizinischen Fakul¬
täten (Fakultätsabteilungen) deutscher Universitäten Mit¬
teilung zu machen. Eine abermalige Bewerbung oder Prü¬
fung ist nur einmal, und zwar bei Nichtannahme der
Dissertation nach einem Jahr,' bei Nichtbestehen der Prü¬
fung nach Ablauf von sechs Monaten, zulässig. Dies gilt
auch, wenn die erste erfolglose Bewerbung oder Prüfung
an einer anderen deutschen Tierärztlichen Hochschule oder
veterinärmedizinischen Fakultät (Fakultätsabteilung) einer
deutschen Universität stattgefunden hat. War die erste
Bewerbung an derselben Hochschule erfolgt und nach
Annahme' der Dissertation die mündliche Prüfung nicht
bestanden, so ist nur diese Prüfung zu wiederholen und
nur die Hälfte der Prüfungsgebühr nochmals zu entrichten.
§ 12. In Anerkennung hervorragender Verdienste um
die Förderung der Veterinärwissenschaft kann auf einstim¬
migen Beschluß des Professorenkollegiums unter Benach¬
richtigung der übrigen deutschen Tierärztlichen Hochschulen
und veterinärmedizinischen Fakultäten(Fakidtätsabteiluugen)
deutscher Universitäten die Würde eines doctor medicinae
veterinariae (Dr. med. vet.) ehrenhalber als seltene Aus¬
nahme verliehen werden; bei der Verleihung an Ausländer
ist die Genehmigung des Ministers erforderlich.
Berlin, den 22. Oktober 1910.
Der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.
Freiherr von Sehorleiner.
Tierärztliche Hochschule Stuttgart.
Von »Seite des Kgl. Württembergischen Kultusministeri¬
ums wurde dem Professorenkollegium der Württembergischen
Tierärztlichen Hochschule der Auftrag erteilt, sich zur
Frage des Promotionsrechtes für die Hochschule zu äußern.
Laut erfreulicher Nachricht dürfte auch der württember¬
gischen Hochschule das Promotionsrecht in Bälde verliehen
werden. Damit besteht ein Grund mehr für die in der
Wochenschrift wiederholt geäußerte Hoffnung, daß die zweite
süddeutsche Tierärztliche Hochschule fortbestehen werde.
786
Maul- und Klauenseuche.
Die Regierung von Oberbayern hat mit Rücksicht auf die
zunehmende Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche und auf den
Umstand, daß diese Beuche mehrfach durch Schweine nord-
deutscherflerkunft in Bayern eingeschleppt worden ist, soeben
folgendes angeordnet: Aus den preußischen Provinzen Ostpreußen,
Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen
dürfen bis auf weiteres Schweine in den Regierungsbezirk Oberbayern
nur dann eingeführt werden, wenn sie spätestens am dritten Tag
nach der Ankunft am Bestimmungsort abgeschlachtet werden.
Schweinesendungen aus den genannten Provinzen, sowie aus anderen
Bezirken, in denen die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen ist,
müssen bei der Einfuhr nach Oberbayern mit der Bescheinigung
eines beamteten Tierarztes des Inhalts versehen sein, daß die Tiere
unmittelbar vor ihrer Verladung bezw. vor ihrem Abgänge vom
Herkunftsorte untersucht und gesund befunden worden sind. Der¬
artige Schweine dürfen von den Entladestationen nach dem Be¬
stimmungsort nicht getrieben werden, sondern müssen zu Wagen
befördert werden. Zuwiderhandlungen unterliegen der Strafverfolgung.
Studenten-Konflikte.
Bei der Rektor-Inauguration an der Wiener Tierärztlichen
Hochschule kam es am 5. November zu heftigen Konflikten zwischen
den deutschnationalen und den klerikalen Studenten.
Die Deutschnationalen wollten den Klerikalen den Zutritt in den
Festsaal und das Vestibül der Tierärztlichen Hochschule nicht ge¬
statten. Es kam infolgedessen zu einer großen Rauferei, wobei
einige Klerikale blutig geschlagen wurden. Die Polizei verdrängte
dann aus dem Vestibül die deutschnationalen Studenten, die auch
mit der Polizei ins Geraufe kamen, wobei mehrere Wachleute
verletzt wurden. Schließlich drohte der Krawall sich in den Festsaal
fortzupflanzen. Der Rektor veranlaßte hierauf, daß die Polizei das
Gebäude räumte. Die deutschnationalen Studenten besetzten wiederum
das Vestibül, es kam abermals zu einer Rauferei, bis die Polizei die
Streitenden trennte. (Tagespresse.)
Personalien.
Der Professor für vergleichende Pathologie an der Universität
Leyden, Dr. A. d e J o n g wurde zum Professor für Infektionskrank¬
heiten und parasitäre Krankheiten an der Staats-Tierarzneischule
Utrecht ernannt. Professor Jong behält die Professur an der
Universität Leyden bei.
Wohnsitz-Veränderungen: Ehrenhard Jakob,
Veterinärrat, K. Bezirkstierarzt a. D. von Ingolstadt nach München.
Gründler Ernst von München nach Augsburg, Hammer Karl
von Würzburg nach Lohr i. B., Lehmeyer Bern!)., Distriktstierarzt
in Rohr (Niederb.) als solcher nach Wartenberg (Oberb.), Schmitt
Ottmar von Reisbach (Niederb.) nach Frontenhausen (Niederb.».
Seemann Georg in Weilheim nach Rohr (Niederb.).
Approbat ionen: in München die Herren Bart mann
Alfons aus Augsburg, lleusler Joseph aus Hofheim und Nicklas
Wilhelm aus Traunstein: in Hannover die Herren Biecker Rudolf
aus Altemlorn und Uh de Rudolf aus Gandersheim.
Pro in o t i o n: Zum Dr. med. vet. in Bern Tierarzt S t r e p p e 1
Paul in Frankfurt a. Main.
787
Chem. Fabrik ° Darmstadt
empfiehlt alle Drogen nnd Chemikalien für die Veterinärpraxis,
insbesondere:
Arecolin, Atropin, Cocain, Eserin, Morphin, Pilocarpin,
Podophyllin, Strychnin, Veratrin, Blei-, Jod-, Queck¬
silber-, Wismut hVerbindungen etc., ferner Tuberkulin
und Bovotuberkulol für diagnostische Zwecke,
sowie die Spezialpräparate:
JODIPIN l TANNOFORM
pro usu veterinario 10°/® und
25 */«• Vorzüglicher Ersatz für
Jodalkalien.
Bewährt bei:
Dämpfigkeit, Lebercirrhose,
Leberkoller, Tetanus, Morbus
inactilosus der Pferde, Akt!-
uomykose, Tuberkulose der
Kinder.
Äußerlich:
Ausgezeichnetes Antiseptikum.
Völlig ungiftig, stark des¬
odorierend.
Innerlich:
Wirksames Antidlarrlioiciim,
besonders bei Kälberruhr
empfohlen.
PERHYDROL PYOKTANIN
Chemisch reines, 30°/o Wasser- Geruchloses, starkes Antisep-
stoffsuperoxyd. ticum.
Wertvolles Specificum gegen
Desinflciens für die Chirurgie. Maul- und Klauenseuche.
T ltr Y0HIMB1N-MERCK T toT"
gegen sexuelle Impotenz der Zuchttiere.
iw Literatur über die Spezialpräparate gratis und franko. “wt
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Pferde {:E~ h ''
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Scli weiue {:|e«, he ’
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maul' und Klauenseuche.
Alleinige Fabrikanten: Bacillolwerke Hamburg.
Druck von J Gottes winter, München. — Kommissionsverlag: M. R leger sehe
TTnlversitätsbuchhandlung, München. Odeonsplatz 2.
Münchener
Tierärztliche Wochenschrift
(früer: wocMscürift ntr TieiMlfiuäe uni Vietzactt).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 22. November 1910. Nr. 47.
Inhalt : Originalartikel: Jöhnk: Ruptura uteri beim Rinde;
Heilung. — Dr. Poeschel: Aus der Praxis. — Sporer: Zwerch¬
fellshernie bei einem Schwein. — Besteck zur Prüfung der Milch
mittels Guajaktinktur. — Referate: Eidheri': Eine Pfahl-
wunde. Wirth: Aus der medizinischen Klinik an der K. K. Tier¬
ärztlichen Hochschule in Wien. Neumann: Die Leukämie des
Rindes und ihre Beziehungen zur Tuberkulose. — Tierzucht
und Tierhaltung: Merkblatt über die Behandlung schlecht
eingebrachten oder verdorbenen Futters. Außerordentliche Vieh¬
zählung in Bayern. — Verschiedenes: Anmeldung tier¬
ärztlicher Deservitenforderungen im Konkursverfahren. Ver¬
sammlung der niederbayerischen Amtstierärzte. Inaugurations¬
feier an der Tierärztlichen Hochschule in Wien. Stand der
Maul- und Klauenseuche in Bayern. — Bücherschau. -
Personalien.
Ruptura uteri beim Rinde; Heilung.
Von M. Jöhnk, Berne (Oldenburg).
Uterusrupturen sind beim Rinde nicht selten, sie pflegen
relativ leicht bei Uterustorsionen einzutreten, wenn bei un¬
vollständig eröffnetem Collum die Geburt durch Extraktion
vorgenommen wird. Fälle, in denen komplette Uterus-Rup¬
turen heilten, sind von vielen Praktikern beobachtet worden.
Prognostisch günstig sind durchgehende Verletzungen des
oberen Uterinsegmentes zu beurteilen, solche des unteren
Segmentes pflegen in der Regel letal zu verlaufen.
Von entscheidender Bedeutung für die Beurteilung
der Verletzung ist die Infektion, w r eniger die Blutung. Es
ist bekannt, daß die Schleimhaut der Vagina während der
Geburt nicht keimfrei ist, doch dürften die gewöhnlichen
Keime der Scheide relativ ungefährlich sein. Bei zahlreichen
internen Explorationen, insbesondere wenn sie von Laien
mit unreinen Händen vorgenommen werden, ist mit Sicher¬
heit zu erwarten, daß pathogene Keime in großer Zahl in die
Uterushöhle gelangen. Daß gewöhnlich keine Gesundheits-
790
Schädigung des Tieres daraus resultiert, erklärt sich da¬
durch, daß die Keime in die „Eihöhle“ und nicht in die
eigentliche Uterushöhle gelangen. Bei einer kompletten
Ruptur des unteren Uterinsegmentes fließt der infizierte
flüssige Inhalt der „Eihöhle“ in das Abdomen und erzeugt
dort eine Infektion des Peritoneums. Tritt die Verletzung
an der oberen Wand ein, so ist eine Infektion des Bauch¬
felles durch das Fruchtwasser weniger zu befürchten.
Die Bedeutung der Blutung ist von der Größe der zer¬
rissenen Gefäße abhängig. Verletzungen des Uteruskörpers
pflegen in der Regel nur relativ wenig zu bluten, bei Ver¬
letzungen des Cervix sah T a p k e n gefahrdrohende Blu¬
tungen eintreten.
Nach dem Gesagten hängt der Ausgang einer kom¬
pletten Uterusruptur davon ab, ob der flüssige Inhalt der
Eihöhle mit pathogenen Keimen reich beladen ist oder nicht.
Die Anwesenheit weniger Krankheitskeime dürfte ohne be¬
sonderen Einfluß sein, weil, wie dies aus den experimentellen
Untersuchungen von W e g n e r und Grawitz hervorgeht,
das tierische Peritoneum befähigt ist, größere Mengen patho¬
gener Keime unschädlich zu machen. Die Beseitigung der
Infektionsstoffe erfolgt dabei teils durch intensive Resorp¬
tion in die Lymphräume, teils durch die bakterizide Wirkung
seines Sekretes. Wird das Bauchfell dagegen mit einer
großen Menge von Krankheitserregern bedeckt, so versagen
die natürlichen Schutzvorrichtungen des Körpers und es
entsteht Peritonitis.
Der folgende Fall dürfte die theoretischen Erwägungen
bestätigen; er betrifft eine gut genährte Kuh, II. Para, bei
der ich wegen Torsio uteri Geburtshilfe leistete und ein
lebendes Kalb entwickeln konnte. Vor meiner Untersuchung
war keine vaginale Exploration erfolgt, die von mir vorge¬
nommenen Eingriffe fanden erst nach Reinigung und Des¬
infektion der Schamgegend und des Afters statt. Daß die
Hände und Arme desinfiziert waren, braucht wohl nicht be¬
sonders hervorgehoben zu werden.
Nach Behebung der Drehung zerrissen die Eihüllen
und ein Teil des Fruchtwassers floß ab. Da das Collum uteri
hinreichend erweitert schien, so schritt ich zur Extraktion
des in Kopfendlage befindlichen Kalbes, die relativ leicht
von statten ging; das Muttertier lag dabei auf der rechten
Seite. Nach der Geburt ging eine geringe Menge Blut aus
der Scheide ab. Vulva und Hände wurden desinfiziert und
zu der gewohnten inneren Nachuntersuchung geschritten:
die Lage der Mutter war bislang unverändert geblieben.
791
Zu meinem größten Erstaunen gelangte die explo-
rierende Hand nicht in den Uterus, sondern sie fiel gewisser¬
maßen sofort in die Bauchhöhle ein und palpierte hier Dünn¬
darmschlingen, Coecum etc. Erst bei erneuter, aufmerk¬
samer Untersuchung stellte ich den Sitz der Buptur im
rechten oberen Quadranten (am stehenden Tier gedacht)
fest; bei der erwähnten Lagerung der Mutter fand er sich
unten, er klaffte weit und Fruchtwasser mußte unbedingt
in ? s Abdomen geflossen sein.
Ich ließ das Muttertier aufrichten und eine hinten er¬
höhte Lagerung geben. Den Besitzer machte ich auf die
Verletzung aufmerksam; die Prognose lautete sehr zweifel¬
haft, da bei einer so großen Ruptur, deren Länge ich auf
20—25 cm schätzte, schwerlich ein günstiger Ausgang zu
erwarten sein durfte. Da der Besitzer sich noch nicht sofort
zur Schlachtung entschließen konnte, so wurde die Ent¬
scheidung auf den folgenden Tag verlegt.
Die Behandlung beschränkte sich auf die interne Ver¬
abreichung von 4 Dosen Kal. jodat. 10,0. Die noch nicht
ausgestoßenen Eihäute wurden ein wenig hervorgezogen,
im übrigen aber nicht weiter beachtet. Besonders verboten
wurde die Applikation jeglicher vaginaler Ausspülung.
Zwei Stunden nach Beendigung der Geburt wurden die Ei¬
häute spontan ausgestoßen.
Am Tage nach der Geburt, die mittags erfolgt war, fand
ich das Tier liegend und wiederkäuend, Temperatur 38,9 °.
Nach, Angabe des Besitzers hatte die Kuh am Tage der Ge¬
burt nur Wasser aufgenommen, am folgenden Tage aber
regen Appetit gehabt. Ohne jede weitere Reaktion von
Seiten des Tieres erfolgte Heilung. Nach Verlauf von etwa
3 Monaten wurde die Kuh einem Stiere zugeführt. Der
Nährzustand war und blieb fortgesetzt ein guter.
i.
Ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt Dr. Poeschel, Heilsbronn.
Epitheliom.
Ein Fohlen zeigte bereits zwei Monate nach der Geburt
an der inneren Seite des linken Sprunggelenkes eine apfel¬
große Geschwulst von fleischroter Farbe, derber Konsistenz
und fast glatter 1 Oberfläche. In ihrer ganzen Breite war die¬
selbe mit der Unterhaut und der Sehnenplatte fest ver¬
bunden. Die Extremität war bis zum Sprunggelenke stark
geschwollen. Da nur eine Radikalbehandlung der Wuche¬
rung Erfolg versprach, wurde die Neubildung von ihrer
792
Unterlage mit dem Messer abgetrennt und hierauf alles
krankhafte Gewebe mit Schere und scharfem Löffel ent¬
fernt. Trotzdem war die Geschwulst nach 6 Wochen wieder
so groß wie vor der Behandlung. Bei der notwendig gewor¬
denen zweiten Operation legte ich oberhalb und unterhalb
der Wucherung zwei je 5 cm lange Hautschnitte an, nahm
das verdickte Unterhautbindegewebe gründlichst weg, so daß
die Sehnenplatte freigelegt wurde. Nunmehr — nach 11
Wochen — hat sich gesundes Granulationsgewebe gebildet
und vernarbt die Wunde sehr schön. Zur postoperativen Be¬
handlung wurden feuchte Sublimatverbände, Tinct. Jodi
und Jodcollodium (2:30) verwendet.
Die Geschwulst erwies sich als Epitheliom.
Entfernung eines Blasensteius bei eine in
Wallachen.
Ein Wallach erkrankte unter leichten Kolikerschei¬
nungen. Bei genauer Beobachtung bemerkte man, daß das
Tier sehr häufig Urin teils tropfenweise, teils in größerer
Menge absetzte; nach der Bewegung war der Harn stets
blutig; beider mikroskopischen Untersuchung fanden sich in
ihm Blasenepithelien, Streptokokken und Krystalle von
phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia. In der Harnblase
konnte vom Mastdarm aus ein Stein von der Größe eines
Taubeneies festgestellt w r erden, der durch eine Operation
entfernt werden sollte.
Da auf Grund des mikroskopischen Befundes mit einer
Cystitis zu rechnen war, erhielt das Pferd drei Tage lang
vor der Operation zweimal täglich je 25,0 Urotropin in einer
Flasche Wasser gelöst. Am 4. Tage wurde am narkotisierten
Tier die Harnröhre am Sitzbeinausschnitt geöffnet. Mit der
in die Blase eingeführten Steinzange zerdrückte ich hierauf
den Stein und entfernte denselben stückweise, teils ver¬
mochte ich Fragmente desselben durch Ausspülungen der
Blase mit Borwasser herauszuspülen. Die ungefähr 6 cm
lange Wunde ließ ich offen und zur Nachbehandlung ledig¬
lich zweimal täglich mit Borwasser abspülen und mit Jodo¬
form bestreuen. Eine tägliche Ausspülung der Blase hielt
ich nicht für angezeigt, da ich annahm, daß durch das öftere
Einführen eines Gummischlauches trotz peinlichster Rein¬
lichkeit Infektionserreger in die Blase gebracht werden
könnten.
Weiter erhielt das Pferd täglich 25,0 Urotropin mit
dem Erfolge, daß keine Temperaturerhöhung eintrat und die
vor der Operation bestandene Cystitis alsbald verschwand.
793
Der Harn wurde teils in normaler Weise, teils durch
die Operationswunde entleert, bis sich letztere nach Umfluß
von 10 Tagen geschlossen hatte.
Der gute Ausgang dieser Operation, sowie zweier wei¬
terer Fälle von Cystitis bei Kühen, die ebenfalls mit Uro¬
tropin behandelt wurden, geben mir zu der Annahme Ver¬
anlassung, daß das Urotropin — wohl vermöge seines Form¬
aldehyd-Gehaltes — ein vorzügliches Mittel zur Behandlung
der Erkrankungen der Harnwege darstellt.
Fütterungs-Rehe.
In einer Brauerei waren nach Verabreichung von
größeren Mengen Gerste 6 Kühe leicht und 1 Pferd schwer
an Rehe erkrankt. Bei den Kühen verschwanden die krank¬
haften Erscheinungen (sehr schmerzhafter, klammer Gang,
Appetitlosigkeit, vermehrte Atmung) nach 24 Stunden.
Anders hei dem Pferde. Dasselbe erkrankte an sämtlichen
vier Hufen, die Füße waren bis zum Karpal- bezw. Sprung¬
gelenk geschwollen, heiß und sehr schmerzhaft. Die
Anschwellungen verloren sich nach 8 Tagen, doch war die
Entwicklung von Rehhufen an beiden Vorderfüßen, wohl
begünstigt durch die bedeutende Körperschwere des Tieres,
nicht zu verhindern.
Fibrosarkom.
Ein 16jähriges schweres Pferd hatte eine hühnerei¬
große Wucherung in der linken Ohrmuschel. Die Neu¬
bildung wurde am niedergelegten Tier operativ entfernt
und die Wunde mit Höllensteinbepinselungen nachbehandelt.
5y 2 Monate später wurde ich abermals zu dem Pferde ge¬
rufen mit der Bemerkung, daß das Tier seit ungefähr acht
Tagen linkerseits ziemlich starken, höchst widerlich riechen¬
den Nasenausfluß habe. Bei der nun vorgenommenen Trepa¬
nation der linken Stirn- und Kieferhöhle zeigte sich, daß
beide voll von Wucherungen waren, die im Aussehen voll¬
ständig der am Ohre entfernten glichen. Wegen Aussichts¬
losigkeit einer Operation wurde das Pferd getötet.
Die Untersuchung genannter Neubildungen ergab
Fibrosarkom.
Zwerchfellshernie bei einem Schwein.
Von Kgl. Bezirkstierarzt Sporer, Marktheidenfeld.
Die Sektion eines vorher gesunden, nachts plötzlich ver¬
endeten, zirka 6 Monate alten Schweines ergab folgenden
f94
Befund: In der Brusthöhle zirka 1 Liter blutiger Flüssig¬
keit. Der Zwölffingerdarm ist in der Länge eines Meters
dureh ein zirka dreimarkstückgroßes Loch im Zwerchfell in
die Brusthöhle vorgefallen. Die prolabierten, blau-rot ver¬
färbten Dünndarmsehlingen enthalten blutigen Futterbrei.
Die Schleimhaut der abgeschnürten Partie des Zwölffinger¬
darmes ist geschwollen und blutig verfärbt. Die Ränder des
ovalen neben dem Schlundeingang befindlichen Zwerchfell¬
loches sind vernarbt und ohne entzündliche Erscheinungen.
Der Magen erscheint um das Doppelte erweitert. Die übrigen
Organe zeigen keine Veränderung. (Jahresber. bayer. Tier¬
ärzte.)
Besteck zur Prüfung der Milch mittels Guajaktiiiktur.
(Prüfung auf Erhitzung zwecks Bekämpfung der Maul- und
Klauenseuche.)
Zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche ist es
von Wichtigkeit, eine sichere Kontrolle darüber ausüben zu
können, ob die Milch in Sammelmolkereien oder in ver¬
seuchten Gehöften erhitzt worden ist. Die Abtötung des
Erregers der Maul- und Klauenseuche ist durch eine Er¬
hitzung der Milch auf 85 0 C. sichergestellt. Milch, die bis
zu dieser Temperatur erhitzt worden ist, läßt sich als solche
mit Hilfe der Guajaktinktur unschwer von, nicht erhitzter
Milch unterscheiden. Die Prüfung ist so einfach, daß sie
auch durch Beamte der Polizei ausgeübt werden kann.
In den östlichen Grenzgebieten, in denen die Gefahr
der Einschleppung der Maul- und Klauenseuche besonders
groß ist, ist für die Sammelmolkereien allgemein vorge¬
schrieben, daß sie Magermilch oder sonstige Milchrückstände
nur nach Erhitzung abgeben dürfen. Zur Kontrolle der Er¬
hitzung sind die Gendarmen mit Guajaktinktur und einigen
Reagensröhrchen ausgerüstet worden.
Die Firma H. Hauptner, Berlin NW 6, Luisen¬
straße 53, hat die zur Guajaktinktur-Probe notwendigen
Hilfsmittel in einem Besteck zusammengestellt, dem eine
Gebrauchsanweisung beigegeben ist.
Das Besteck enthält ein Fläschchen mit Guajaktinktur,
2 graduierte Reagensgläschen aus Jenaer Glas mit Marken
für die einzufüllenden 'Mengen von Milch und Guajak¬
tinktur.
Das Besteck wird in zwei Ausführungen geliefert:
in Papp-Etui zum Preise von Mk. 1.35,
Leder-Etui „ „ „ Mk. 2.50.
795
Nach den Berichten der Regierungspräsidenten, in
deren Bezirk diese Kontrolle ausgeführt worden ist, haben
sich sowohl die Art der Kontrolle wie auch die Etuis der
Firma II a u p tner bewährt. Sie können demnach allge¬
mein zur Verwendung empfohlen werden.
Referate.
Eidherr: Eine Pfahlwunde. (Tierärztl. Zentral¬
blatt, 1910, Nr. 19.)
Beim Durchgehen stieß ein 4jähriger Pinzgauerhengst
, mit voller Wucht auf eine neben der Straße befindliche, zur
796
Einfriedigung dienende Stange imd zwar so stark, daß sie ihm
auf der rechten Seite an der Vorderbrust oberhalb der
inneren Seite des Ellbogengelenkes in den Leib eindrang,
sich weiter neben den Rippen und dem Bauchfelle einen
Weg bahnte und an der Kruppe neben dem Sch weif ansatz
zum Vorschein kam. Obwohl der Anblick des Tieres ein
gräßlicher und dasselbe vollständig aufgespießt war, kam
Verf. bei näherer Besichtigung des Verlaufes der einge¬
drungenen Stange doch zur Anschauung, daß ein Heilver¬
such nicht ganz aussichtslos sei.
Nach Entfernung der Stange, was erst nach größter
Anstrengung durch 5 Mann bewerkstelligt werden konnte,
wurde zunächst der Wundkanal mit 14 % iger Formalin¬
lösung gründlichst desinfiziert; hierauf Entfernen der aus
der vorderen kraterförmigen Öffnung heraushängenden Ge-
websfetzen, Nerven und Blutgefäße unter mehrmaligem An¬
legen einer Ligatur. Anbringen von senkrechten Inzisionen
auf den Wundkanal hinter dem Ellenbogen, au der Seiten¬
brust, an der Flanke und an der Kruppe, da infolge eines
später auf tretenden Ödems ein Verschluß des Wundkanales
befürchtet wurde. Manuelles Entfernen vieler Splitter und
Rindenstücke der Stange. Hierauf Irrigation des Wund-
kanales mit 2 %iger lauer Bazillollösung, Drainage der ein¬
zelnen Abteilungen mit Jodoformgaze, Bestäuben der vor¬
deren großen Öffnung mit Jodoform und leichte Tamponade
mit steriler Watte.
Im Verlaufe der Weiterbehandlung, die vom
20. Februar bis zum 26. Mai dauerte und hauptsächlich
aus Irrigationen mit Bazillollösung und Drainage mit
Jodoformgaze bestand, trat in der ersten Zeit ein umfang¬
reiches ödem der ganzen rechten Körperhälfte auf. Später
entstanden einige schmerzhafte fluktuierende Stellen, aus
welchen beim Aufschneiden große Mengen Eiters entleert
wurden. Jedoch nach Abstoßung und Entfernen vieler Ge-
websfetzen zeigte die Umgebung des Wundkanales bereits
Mitte April wuchernde Granulationen, so daß man nach
außen längs der Seitenbrust einen armdicken harten Wulst
bemerkte. Unter täglicher Irrigation mit l%iger Bazillol¬
lösung und Ausspritzen des Wundkanales mit l%iger Lapis¬
lösung und nach Spalten eines in der rechten Flanke zurück¬
gebliebenen Fistelganges, wobei ein 25 cm langes, abgestor¬
benes, spindelförmiges Ge websstück entfernt wurde, trat
nach Bestäubung der Wunden mit Jodoform vollkommene
Heilung ein, so daß das Pferd zur Erntezeit zu allen land-
797
wirtschaftlichen Arbeiten ohne jeden Nachteil verwendet
werden konnte.
W i r t h: Aus der medizinischen Klinik an der K. K.
Tierärztlichen Hochschule in Wien. (Österreich. Monats¬
schrift für Tierheilkunde, 1910, Nr. 7.)
Die Tracheaiperkussion.
Unter Tracheaiperkussion, die bereits vor einigen
Jahren von Hofrat Prof. Dr. Schindelka eingeführt
wurde, versteht man eine physikalische Untersuchungs¬
methode, deren Wesen darin besteht, daß die beim Be¬
klopfen eines auf die Trachea gelegten Plessimeters ent¬
stehenden Schläge über den Lungen auskultiert werden.
Zur Ausführung dieser Methode sind 2 Personen not¬
wendig. Eine Person, die ein ungefähr in der Mitte der
Trachea fest adaptiertes Plessimeter perkutiert, und eine
zweite Person, der untersuchende Tierarzt, der über den
Lungen auskultiert und die Qualität des Schalles bestimmt,
der am Plessimeter durch die Perkussion entsteht, der jedoch
durch das fortleitende Medium modifiziert wird und zwar
je nach Beschaffenheit des schallleitenden Mediums, der
Lunge, in einer besonderen Weise modifiziert wird, so daß
dann aus dem Auskultationsbefunde der letzteren ein dia¬
gnostisch wichtiger Rückschluß gezogen werden kann.
Da die normale Lunge ein schlechter Schallleiter ist,
so wird der durch die Perkussion auf der Trachea ent¬
stehende Schall bei der Auskultation mehr oder weniger
abgeschwächt, undeutlich, verschwommen, aus der Ferne
kommend, sich präsentieren. Bei reiner Hepatisation der
Lunge, wo dieselbe durch Infiltration des Lungenparenchyms
zu einem derben, dichten, homogenen Gewebe, also zu einem
guten Schallleiter geworden ist, wird man den Perkussions¬
schall sehr deutlich, knapp und kurz, direkt unter dem Ohre
hören; es scheint hier, als würde der Schall direkt unter der
Auskultationsstelle entstehen.
Bei Ansammlung von Flüssigkeit im Thorax hört man
einen deutlichen, kurzen Schall, der sich jedoch nicht wie
bei der Hepatisation unter dem Ohre lokalisieren läßt, son¬
dern aus der Ferne zu kommen scheint.
An der Wiener Klinik wird die Tracheaiperkussion
hauptsächlich dann verwendet, wenn unterschieden werden
soll, ob eine Dämpfung allein durch Lungeninfiltration oder
durch pleuritisches Exsudat resp. Transsudat hervorgerufen
wird, ferner in all’ den Fällen, in denen aus irgend einem
798
Grunde die Perkussionsergebnisse der Lunge nicht aus¬
reichende waren, z. B. bei Pferden mit sehr dicker Mus¬
kularis. ß a b u s.
Nenmann: Die Leukämie des Rindes und ihre Be¬
ziehungen zur Tuberkulose. (Berl. Tierärztl. Wochenschr.,
1910, Nr. 29.)
Verf. fand bei guten Milchtieren nicht selten Ver¬
größerung und Abblassen der meisten Lymphdrüsen, ge¬
schwulstartige Neubildungen unter den Serösen und Schleim¬
häuten, hühnerfleischähnliche Infarkte in den drüsigen Or¬
ganen der großen Körperhöhlen, sowie entsprechende Infil¬
trate in der Muskulatur der Bauchwandungen und des
Herzens. Die einzelnen Formen werden getrennt durch
variable Blutbeschaffenheit und die wechselnde Beteiligung
von Milz und Knochenmark.
Durch jahrelange Beobachtungen hat nun Verf. ge¬
funden, daß leukämische Rinder nur in durchaus gesunden,
tuberkulosefreien Familien anzutreffen sind. Er zieht daraus
die Folgerung, daß sich Tuberkulose und Leukämie unbe¬
dingt ausschließen und erklärt dies mit nachstehenden Er¬
wägungen: Wenn inmitten einer tuberkulösen Herde ein
einzelnes Rind allen Infektionsmöglichkeiten erfolgreich
widersteht, so liegt dem hauptsächlich eine bevorzugte Ein¬
richtung seiner Lymphapparate zu Grunde. Diese in steter
Dienstbereitschaft erhaltenen Abwehrmittel kommen jeder
folgenden Generation in gesteigertem Maße zugute, bis
schließlich auf einem gewissen Punkt die Defensive gegen
die Tuberkelbazillen keine ernste Aufgabe für den Orga¬
nismus mehr darstellt. Dafür macht sich der mit der leb¬
haften Zellproliferation einhergehende vermehrte Stoff¬
umsatz in der Milchproduktion geltend: unter den Vor¬
fahren tuberkulose-immuner Tiere finden sich regelmäßig
ausgezeichnete Milchkühe. Gerade die lebhafte Milch¬
sekretion wirkt nun immer wieder als starker Reiz auf die
Zelltätigkeit, so daß immer neue Reserven nachgezogen
werden müssen und schließlich Milz und Knochenmark und
die feinsten Quellen der Lymphapparate, die wandungslosen
Spalten in den Ivürperdrüsen, unter der Serosa, im lockeren
Bindegewebe u. s. w. in Mitleidenschaft, gezogen werden.
Leukämie kommt auch bei Kälbern jeden Alters vor.
Hier kann natürlich die Laktation als Neubildungsreiz noch
nicht beschuldigt werden; an ihre Stelle tritt in der Regel
eine lebhafte Tendenz zur Frühreife.
799
In leukämischen Lebern findet sich häufig das Bild der
kapillären Angiomatose. Nach der herrschenden Ansicht
soll diese Erscheinung auf eine embryonale Hemmungs-Mi߬
bildung zurückzuführen sein. Verf. ist anderer Meinung.
Bei Kälbern ist nämlich oft die Vorstufe dieser Anomalie
nachweisbar, indem erweiterte Kapillaren noch vollkommen
gesunde Zellkomplexe einschließen; offenbar werden diese
später für Zwecke der Blutneubildung verbraucht. Auf
jeden Fall weist Angiomatose bei gesunden, wie bei leu¬
kämischen Tieren darauf hin, daß ernste Stoffwechsel¬
störungen vorliegen. L i n d n e r.
Tierzucht und Tierhaltung.
Merkblatt über die Behandlung schlecht eingebrachten
oder verdorbenen Futters.
Herausgegeben vom Kgl. Staatsministerium des Innern.
Infolge der Überschwemmungen des vergangenen Sommers und
der starken Niederschläge sind heuer grosse Mengen Futters schlecht
oder verdorben eingebracht worden. Es besteht daher die Befürch¬
tung, daß durch Verabreichung solchen Futters die Gesundheit der
landwirtschaftlichen Haustiere beschädigt würde. Um diesen Gefahren
möglichst zu begegnen, werden folgende Maßnahmen empfohlen:
I. Maßnahmen zur Abhilfe.
1. Ist Heu oder Grummet in nicht vollständig aus¬
getrocknetem Zustande eingebracht worden oder hat es
schon auf der Wiese durch lang anhaltenden Regen ge¬
litten, so empfiehlt es sich, um einer Selbsterhitzung oder einem
weiteren Verderben vorzubeugen, trockenes Stroh zwischen das Heu
zu schichten. Sehr nützlich ist es auch, solches Heu oder Grummet
schichtenweise mit feingepulvertem, gut getrocknetem Viehsalze zu
bestreuen, damit möglichst wenig Lufträume bleiben. Auf einen Zentner
Heu rechnet man ‘/*—1 Pfund Salz. Besteht Gefahr, daß der Heustock
sich erhitzt, so kann dem dadurch vorgebeugt werden, daß sehr starke
(konzentrierte) Kochsalzlösung mittels Röhren in‘die Mitte des Heu¬
haufens geleitet wird. Beim Fortschreiten der Selbsterhitzung empfiehlt
es sieh, das Heu unter möglichster Behinderung des Luftzutrittes ganz
zu Braunheu zu verarbeiten.
2. Heu oder Grummet, das durch die Überschwemmung
nur verunreinigt, versandet oder verschlammt, sonst aber
gut eingebracht wurde, ist verhältnismäßig am wenigsten gefährlich.
Da aber die Verabreichung solchen Futters in grösseren Mengen zu
Verdauungsstörungen (Koliken, Magen- und Darmkatarrhen) führen
kann, ist es durch Ausklopfen oder Ausschütteln oder durch Dreschen
mit dem Flegel oder mit der Dreschmaschine von dem anhaftenden
Schlamme oder Sande möglichst zu befrejen. Wo durchführbar, können
Schmutz und Staub auch durch Absaugen mit Ventilatoren entfernt
werden.
3. Sind bei dem überschwemmten oder versandeten
Heu bereits Schimmelpilze oder die Heumilbe aufgetreten,
800
so soll das Heu nur nach vorherigem Dämpfen (nicht blos Einbrühen)
zur Fütterung verwendet werden. In Wirtschaften mit Brennereien
oder Brauereien, wo Dampf zur Verfügung steht, empfehlen sich zum
Dämpfen geräumige, zementierte Behälter mit sog. Senkböden. Die
Senkböden müssen eine entsprechende Neigung haben, damit etwa
zurückhleibende, leicht schimmelnde Reste des gedämpften Futters
nach dem Dämpfen bei der Reinigung der Apparate möglichst voll¬
kommen entfernt werden können. Beim Dämpfen sind Hitzegrade von
über 105 und eine Dämpfdauer von über einer Stunde zu vermeiden,
da sonst Nährwert und Bekömmlichkeit des Futters leiden. Zur Be¬
schleunigung des Verfahrens empfiehlt es sich, das Trockenfutter vor
dem Dämpfen etwas anzufeuchten.
In kleinen Betrieben kommen für das Dämpfen wohl nur ge¬
räumige Futterdämpfer in Betracht.
Das Dämpfen eignet sich auch für alle Futterarten, die 9tark
mit Rost-, Brand- oder anderen Pilzen befallen sind, z. B. für stark
mit Blatttieckenpilzen befallenes Kleeheu. Durch das Dämpfen
oder Kochen werd'en jedoch nur die Pilze, nicht aber deren
Erzeugnisse, die Futtergifte, unschädlich gemacht.
4. Stark verschimmeltes, übelriechendes Heu oder
Grummet soll weder als Futter noch als Streu verwendet, sondern
auf den Düngerhaufen verbracht werden.
5. Bestehen Zweifel darüber, ob verdorbenes Futter für die Tiere
gesundheitsschädlich ist oder nicht, so empfiehlt es sich, zunächst mit
geringwertigeren Tieren oder mit solchen, die zur Schlachtung bestimmt
sind, Fütterungsversuche anzustellen. Zeigen sich keine Ge¬
sundheitsstörungen, so kann das Futter für sich allein oder mit besserem
vermengt auch anderen Tieren verabreicht werden.
Dem Jungvieh oder trächtigen Tieren sollte verdorbenes Futter
überhaupt nicht oder doch nur mit grösster Vorsicht gereicht werden.
6. Durch die stark riechenden Vieh- und Fresspulver kann
verdorbenes Futter’nicht verbessert werden. Durch den starken Ge¬
ruch dieser Pulver werden die Tiere nur ihrer natürlichen Abwehrkraft
gegen die Aufnahme verdorbenen Futters beraubt.
7. KrankeKart offein sollen nur in gekochtem oder gedämpften
Zustand unter Beigabe von Salz verfüttert oder in Gruben eingesäuert
werden. Auch das Trocknen der Kartoffeln ist sehr zu empfehlen. Na߬
faule Kartoffel sind gesundheitsschädlich und sollten nicht verfüttert
werden.
8. Der Ausfall an Heu und Grummet kann durch Ver-
fütterung von Stroh einigermassen ausgeglichen werden.
Gutes Stroh ist besser als verdorbenes Heu. Stroh ist aber nur bei
angemessener Beifütterung von Kraftfutter ein erträglicher Ersatz für
Heu. Wer Stroh kaufen muß, wähle besser Kraftfuttermittel, wie
Malzkeiine und Trockentreber, die auch den Magen füllen. Sonst sind
Ölkuchen am besten. Das Leinmehl gehört nur dem Jungvieh, für
andere Nutzungszwecke ist es zu teuer. Für diese genügen Reps-,
Sesam-, Mohn-, Erdnuß-, Baumwollsaat- und Sojnbohnenkuchen. Auch
Palm- und Kokoskuchen, sonst ausgezeichnete Kraftfuttermittel, sind
für denjenigen zu teuer, der wenig Ileu und viel Stroh verfüttern muß.
Ganze Kuchen sind seltener verfälscht als Kuchenmehl. Die Gefahr
der Verfütternng schlecht eingebrachten Heues darf durch Beigabe
verdorbenen Kraftfutters nicht noch gesteigert werden. Deshalb
sollte man die Futtermittel vor dem Kaufabschluß untersuchen lassen,
nicht nachher, wenn es zu spät ist.
801
Die Verfütterung von selbstgebautem Getreide wird
bei dem Anziehen der Preise für Kraftfuttermittel vielfach lohnend
sein, besonders wenn es durch Lagerung gelitten hat. Jedenfalls wird
das schärfere Ausputzen der Verkaufsfrucht vorteilhaft sein.
An Stelle des zur Fütterung verwendeten Strohes sollen Sägmehl,
Torfstreu, Laub, Moos, Schilf, Hobelspäne und dgl. eingestreut werden.
Auch trockenes Kartoffellaub kann verwendet werden.
Vor der Verschleuderung von Vieh und vor der Ein¬
schränkung der Schweinezucht und der Schweinemast muß
dringend gewarnt werden. Bei richtiger Einteilung der
Futtervorräte und bei Befolgung der erteilten Ratschläge
können die vorhandenen Viehbestände größtenteils über¬
wintert werden.
n. Maßnahmen zur Vorbeuge.
Zur Hintanhaltung oder Milderung der durch anhaltenden Regen
bedingten Ernteschäden werden folgende Maßnahmen empfohlen:
1. Ausgiebige und allseitige Verwendung vonTrocken-
gerüsten (Kleeböcken, Kleeharfen, Heinzen) bei der Gewinnung von
Dürrfutter.
Selbst in guten Jahren sollte ein Teil des Grünfutters auf
Heinzen getrocknet werden, da hierdurch wertvolle Pflanzenteile
dem Futter erhalten bleiben. Die Heinzen können in den Winter¬
monaten im eigenen Betriebe billig hcrgestellt werden.
2. Das Einsäuern von Grünfutter aller Art in Gruben
(auch von Rübenblättern mit Köpfen uud von Kartoffeln, die zu ver¬
derben drohen) ist bei andauernder Näße das beste Aushilfemittel.
Trotz der grossen Gärverluste (meist */ 4 ) verdient Sauerfutter weitaus
den Vorzug vor verdorbenem Dürrfutter. Auch in guten Jahren
sollte ein kleiner Teil des Grünfutters eingesäuert werden. Es bietet
alsdann im Winter einen guten Ersatz für Grünfutter bei der Milch¬
gewinnung, ist ein Vorratsfutter für das zeitige Frühjahr und vor
allem gewinnt man so Erfahruug für den Fall, daß die ganze Ernte
bei andauernder Ungunst des Erntewetters zu Sauerfutter verar¬
beitet werden muß. Für wärmere Lagen ist der eingesäuerte Grün¬
mais das beste Reservefutter.
3. Feucht eingebrachtes Heu unterliegt der Gefahr der Selbst¬
entzündung. Gut eingebrachtes Heu erhitzt sich im Innern des
Stockes nicht über 50° Celsius; stärkere Erhitzungertordert Lockern
und Lüften. Beim Erhitzen entweicht Wasserdampf, der sich in der
oberen kalten Schicht des Heustockes als Wasser niederschlägt und
dort Verderbnis hervorruft. Das Aufsetzen einer Strohkappe schafft
Abhilfe. Auch das Salzen hält die Zersetzung auf (s. Abschn. I
Ziff. 1).
4. Durch die Ausdehnung des Feldfutterbaues (Frucht¬
folge, Stoppel- und Zwischenfruchtbau) wird der Betrieb von deu
Witterungsverhältnissen unabhängiger, auch schafft der Feldfutter¬
bau mit seiner grösseren Beweglichkeit am leichtesten Ersatz für
die Verluste auf der Wiese und erleichtert die Anlegung von Fut¬
tervorräten. Auch der Gründüngung sollte mehr Beachtung ge¬
schenkt werden; die Gründüngungspflanzen könneu in der Zeit der
Not Grünfutter, Dürr- oder Sauerheu liefern.
5. In Gegenden mit starkem Kartoffclbau sollte der Errichtung
von Trocknungsanlagen auf genossenschaftlicher Grundlage näher
getreten werden.
802
Außerordentliche Viehzählung in Bayern.
Die im Aufträge dea Staatsministeriums des Innern am 10. Okt.
vorgenommene außerordentliche Viehzählung hatte folgendes Er¬
gebnis: Es wurden gezählt: 3 485 737 Rinder, 2235 431 Schweine,
638 132 Schafe und 312 937 Ziegen. Bei der Zählung am 2. Dez. 1907
waren vorhanden: 3725430 Rinder, 2056222 Schweine, 735113 Schafe
und 308150 Ziegen. Gegen 1907 haben demnach die Rinder um
239693 Stück oderum 6,4 Proz. abgenommen, die Schafe um 96 981 Stück
(13,2 Proz.), während die Schweine um 179209 Stück = 8,7 Proz. und
die Ziegen um 4787 Stück = 1,6 Proz. zugenommen haben.
Die Abnahme der Rinder ist am stärksten in der Pfalz
110,4 Proz.), dann folgen Schwaben (7,5 Proz.), Oberfranken (7,1 Proz.),
Oberbayern (6,1 Proz.), die Oberpfalz (6,0 Proz.), Unterfranken (5,7 Proz.),
Niederbayern (5,5 Proz.), Mittelfrankcn (4,8 Proz.)
Die größte Abnahme hat das Jungvieh von drei Monaten bis
zu zwei Jahren zu verzeichnen. Es hat in der Oberpfalz um 21,9 Proz.
abgenommen, in Niederbayern um 21,1 Proz., in der Pfalz um
18,9 Proz., in Oberbayern um 17,5 Proz., in Schwaben um 16,4 Proz.,
in Mittelfranken um 15,7 Proz., in Oberfranken um 14,4 Proz. und
in Unterfranken um 13,1 Proz., im Königreich um 17,7 Proz. Die
Kälber im Alter bis zu drei Monaten haben um 5,9 Proz., die zwei
Jahre alten und älteren Bullen, Stiere und Ochsen, um 3,8 Proz. und
die zwei Jahre alten und älteren Kühe und Kalbinnen um 7,4 Proz.
abgenommen. Die Abnahme der Kühe und Kalbinnen betrifft nur
Oberbayern (1,8 Proz ), Niederbayern (1,3 Proz.), die Pfalz (3,7 Proz.)
und Schwaben (0,6 Proz.). während sie in der Oberpfalz um 0,4 Proz.,
in Oberfranken um 0,3 Proz., in Mittelfranken um 1,2 Proz. und in
Unterfranken um 0,9 Proz. zugenommen haben.
Verschiedenes.
Anmeldung 'tierärztlicher Deservitenforderungen im
Konkursverfahren.
Durch die Abänderung der Reichskonkursordnung
vom 17. Mai 1898 wurde in § 61 Ziff. 4 c. 1. den Tierärzten
für ihre Deservitenforderungen ein Vorrecht vor anderen
Konkursgläubigern ausdrücklich zugebilligt und damit ein
vorher vielfach bestrittener Anspruch (vergl. Fitting.
K.-O. § 11 Nr. 12) zweifelsfrei festgestellt. Diese Sonder¬
stellung unter den Konkursgläubigern ist auch aus Gründen
der Billigkeit durchaus gerechtfertigt.
Die Kenntnis von dem Anspruch auf bevorrechtigte
Befriedigung im Konkursverfahren darf wohl vorausgesetzt
werden. Dagegen wird vielfach bei Anmeldung von De¬
servitenforderungen durch die Tierärzte übersehen, daß das
Vorrecht ausdrücklich geltend gemacht werden muß und
daß eine Berücksichtigung des Vorrechts von Amtswegen
nicht stattfindet. (§ 139 R.-K.-O.). Fehlt also bei einer An¬
meldung die Erklärung: „Ich beanspruche das Vorrecht
des § 61 Zitl. 4“ oder ein ähnlicher Beisatz, der die Bean-
803
spruchung des Vorrechtes erkennen läßt, so wird die Forde¬
rung unter den nichtbevorrechtigten Konkursforderungen
eingetragen und der Tierarzt erhält nicht volle, sondern nur
quotenmäßige Befriedigung seiner Forderung. Ist die For¬
derung einmal als nichtbevorrechtigt in der Tabelle fest-
gestellt, so kann das Vorrecht nachträglich nicht mehr gel¬
tend gemacht werden. Manche Gerichte pflegen ja vor Ein¬
tragung in die Konkurstabellen unvollständige Anmeldungen
zur Ergänzung (Beanspruchung des Vorrechts) an den An¬
tragsteller zurückzugeben, doch ist das stets nur ein beson¬
deres Entgegenkommen der betreffenden Behörde. Es dürfte
sich daher in allen Fällen empfehlen, das Vorrecht ausdrück¬
lich geltend zu machen, wenn man sich vor finanzieller Schä¬
digung nach dieser Richtung bewahren will.
K. H. B r e t z f e 1 d.
Versammlung der niederbayerischen Amtstierärzte.
Am Sonntag den 6. er. waren sämtliche niederbayeri¬
schen Amtstierärzte behufs Erzielung eines einheitlichen, nach¬
drücklichen und erfolgreichen Vorgehens gegen die drohende
Maul- und Klauenseuche sowie zu Verhandlungen über andere
wichtige Angelegenheiten des amtstierärztlichen Dienstes zu
einer Besprechung in die Kgl. Regierung einberufen.
Die Kollegen durften sich dort der hohen Auszeichnung
der Begrüßung durch Se. Exzellenz Herrn Regierungs¬
präsident Frhr. von Andrian erfreuen, welcher die Be¬
sprechung mit einer sehr warmen, von den Anwesenden
wärmst empfundenen Ansprache eröffnete. In schönen, Jeden
aus dem Herzen gesprochenen Worten entbot Herr Re¬
gierungs- und Veterinärrat He ich lin ge r Sr. Exzellenz den
ehrerbietigsten Dank für diese hohe Ehre, die Bitte mit
einflechtend, solches Wohlwollen dem tierärztlichen Stande
auch fernerhin schenken zu wollen. In weiterer Erwiderung
hatte Se. Exzellenz zur größten Ehre und Freude der Ver¬
sammlung die Güte, dies zuzusagen und ersprießlichen Ver¬
lauf der Beratung zu wünschen.
In der nun folgenden unter Leitung des Herrn tier-
ärztl. Regierungsreferenten stehenden Besprechung erörterte
und detaillierte Herr Kgl. Regierungs- und Veterinärrat
Heichlinger alle nur erdenklichen in Frage tretenden
Momente und Möglichkeiten und gab in einer am Schlüsse
sich auslösenden allgemeinen Debatte auf alle aus dem Ge¬
samtgebiete des amtstierärztlichen Dienstes herausgestellten
Fragen bereitwilligste und klärendste Antwort. Möge es
804
gestattet sein, an dieser Stelle Herrn Kgl. Regierungs- und
Veterinärrat Heiclilinger für die 4stündige Belehrung und
Aufklärung den ganz ergebenen Dank der niederbayerischen
Bezirkstierärzte zum Ausdruck zu bringen.
Dr. Gasteiger.
Inaugurationsfeier an der Tierärztlichen Hochschule
in Wien.
Bei der am 5. November 1. J. an der Tierärztl. Hoch¬
schule in Wien stattgehabten Inauguration des Rektors,
welcher Vertreter des Kriegsministeriums, sowie des Kultur-
und Ackerbauministeriums anwohnten, hielt der Rektor
Dr. Tschermak, Edler von Seisenegg, eine Rede
über das Thema: „Das Sehen der Wirbeltiere, speziell der
Haustiere.“
Bei dieser ersten Rektors-Inauguration fand auch die
Übergabe einer goldenen Amtskette an den Rektor statt.
Diese ist von Prof. Cansiano hergestellt und trägt die
Insignien des goldenen Vließes, sowie die Reliefbilder des
Kaisers Joseph und der Kaiserin Maria Theresia. Die feier¬
liche Überreichung der Ehrenkette geschah durch den Vor¬
stand des Komitees zur Beschaffung einer Rektors-Kette.
Veterinär-Inspektor Max Führer.
Stand der Maul- und Klauenseuche in Bayern.
Die Seuche ist neu ausgebrochen am 31. Oktober in
Edenkoben und Venningen, B.-A. Landau (Pfalz),
in Schmölz, B.-A. Ivronach, in Albersweiler, B.-A.
Bergzabern, in Duttweiler, B.-A. Neustadt a. H., in den
Schlachthöfen München und Neustadt a. H.; am
1 . November in Speyer und Oberhochstadt, B.-A.
Landau (Pfalz); am 2. November in Wildensorg, B.-A.
Bamberg II, im Schlachthof Ludwigshafen a. Rh., in
Böchingen, B.-A. Landau (Pfalz); am 3. November in
Bamberg - Stadt; am 6. November in S t o c k h e i m.
B.-A. Kronach; am 7. November in Niederluststadt,
B.-A. Germersheim, in Diedesfeld und Godram¬
stein, B.-A. Landau (Pfalz), in Pirmasens, in Kal¬
tenbrunn, B.-A. Staffelstein, in Röthenbach, B.-A.
Schwabach, und am Viehhofe zu Nürnberg; am 8. No¬
vember in Offenbach a. d. Queich und in H a i n f e 1 d.
B.-A. Landau (Pfalz), in Gaustadt, B.-A. Bamberg II.
in G undelsdorf, B.-A. Kronach, in Hambach, B.-A.
Neustadt a. H., und in der Stadt München; am 9. No¬
vember in Ober r ö s 1 a u, B.-A. Wunsiedel.
805
Bücherschau.
Die staatlichen Maßnahmen zur Förderung der Rindviehzucht in
der Schweiz von Tierarzt I)r. Daniel Rehsteiner in Speicher.
Verlag des Art. Institutes Orell Füßli. Zürich 1910. Preis 4 A
Verfasser behandelt in der 268 Druckseiten umfassenden Arbeit
zunächst die Ziele und Leistungen der Tierzucht in der Schweiz;
daran schließt er Mitteilungen über die historische Entwicklung der
vom Staate im Interesse der Viehzucht geleisteten Hilfe; ferner
geht Verfasser ein auf die seitens des Bundes und der Kantone zur
Hebung der Rindviehzucht eingeführten Maßnahmen. Den Schluß
des Werkes bilden von ihm selbst ausgehende Vorschläge zur weiteren
Förderung der Viehzucht in der Schweiz.
Bei der Bedeutung, welche die Viehzucht der Schweiz besitzt,
von der eine große Zahl der Zuchtgebiete verschiedener Länder und
zwar zu einem nicht unbedeutenden Prozentsatz ausschlaggebend
beeinflußt wurden, dürfte die Kenntnis der staatlichen und korporativen
Maßnahmen, auf die der hohe Stand der Viehzucht in der Schweiz
hauptsächlich zurückzuführen ist, nicht nur von großem Interesse,
sondern auch von Nutzen sein. Zur Beschaffung dieser Kenntnisse
eignet sich das Werk ganz vorzüglich. A.
Personalien.
Ernennung: Breindl Joseph aus Grünwald zum II. Assi¬
stenten an der mediz.-vet. Klinik in Gießen. Dr. B üh ler Karl
in Emmendingen zum Assistenten am Tierhygienischen Institut in
Freiburg i. Br. Goebel Friedrich in Pappenhauseu (Ufr.) zum
Distriktstierarzt in Euerdorf (Ufr.). Lex J. aus Gsprait zum Pro¬
sektor am veterinär-anatomischen Institut der Universität Zürich.
Wohnsitzveränderungen: Frick Joseph von München
und Go et her Ernst von Freiburg als bezirkstierärztliche Assistenten
nach Emmendingen, bzw. Villingen.
Niederlassung: Dr. Zirker als prakt. Tierarzt in Kandel
(Pfalz).
Approbationen: in München die Herren: Bundschuh
Karl aus Lengfeld, Krug Friedrich aus Hornbach, Iläutle Christian
und Wolf Hans aus München.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Gießen: die Tierärzte
Berger Karl und von Böhm Max in Berlin, Ehlers Rudolf in
Bressellen (Ostpr.), Gärt ner Wilhelm in Rastatt, H o c k Richard in
Berlin und Schmidt Bernhard in Löningen; in Bern: Tierarzt
Meyer Wilhelm in Lippstadt.
806
BHCIbbOb
empfohlen als billigste Desinfektion gegen
Seuchen aller Hrt,
insbesondere
maul- und Klauenseuche.
Alleinige Fabrikanten: Bacillolwerke Hamborg.
807
H. Wolfrum & Cie.
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ragenden Bgenschaften bereits erfolgreiche und steigende Anwendung
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mester.
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Der Ausschuß 1910/11:
Vorstand: Herr Professor Dr. E. Moser, Tierärztliche Hochschule.
Schriftführer: Herr prakt. Tierarzt Dr. H. Jakob, Arcostr. 14.
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Druck von J. Gotteswinter, München. — Kommissionsverlag: M. Riegcrsche
Üuiversitätsbuchhandlung. München, Odeousplatz 2.
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Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
heratisgeKoben voü
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 29. November 1910. Nr. 48.
Inhalt: Originalartikel: Jölmk: Durch Bildungsanomalie
des fötalen Darmes veranlaßtes Geburtshindernis (Rind). —
Dr. Münich: Kurze Mitteilungen aus der Praxis. — Referate:
Wirth: Kasuistische Mitteilungen aus der medizinischen Klinik
an der K. K. Tierärztlichen Hochschule in Wien. Baß: Neues
aus der Pharmakologie. — Tierzucht und Tierhal¬
tung: Privatgestüte in Bayern nach dem Stande am Ende des
Jahres 1909. — Verschiedenes: Folgen der Nichtbeach¬
tung seuchenpolizeilicher Bestimmungen. Beseitigung von Tier¬
kadavern. Maul- und Klauenseuche. Viehseuchen-Nachrichten. —
Bücherschau. — Personalien.
Durch Bildungsanomalie des fötalen Darmes ver¬
anlaßtes Geburtshindernis (Rind).
Von M. Jöhnk, Berne (Oldenburg).
Der folgende Fall dürfte von Interesse sein, weil in
der Veterinärliteratur ein entsprechendes Vorkommnis bis¬
her nicht beschrieben wurde. Auch in der mir zugänglichen
Literatur über humane Geburtshilfe und pathologische Ana¬
tomie fand ich keine Angaben über einen analogen Fall.
Gut genährte Kuh des schwarz-bunten Tieflandschlages,
VII. Para, hatte seit einigen Stunden Wehen gezeigt; als
nach Abfluß des Fruchtwassers die Gehurt nicht tori¬
sch reiten wollte, wurde ich zugezogen.
B e f u n d : Das breitbockige Tier stand auf der llaus-
diele und verzehrte die Streu. Aus der geschwellten Vulva
hängen Eihautfetzen heraus. Hei der vaginalen Kxploration
ermittelte ich, daß der Fötus sich in Kopfendlage in unterer
810
seitlicher Stellung befand, beide Vorderschenkel waren über
dem Nacken gekreuzt. Die am stehenden Tiere vorgenom¬
menen Haltungs- bezw. Stellungsberichtigungen gingen
ohne Schwierigkeit in kurzer Zeit vor sich. Die Kuh wurde
dann niedergeschnürt und zur Entwicklung des Kalbes
durch Extraktion geschritten. Der Kopf schnitt mit einer
gewissen Leichtigkeit durch, die beiderseitigen Ellbogen waren
gerade in der Vulva sichtbar, als die Geburt stockte. Trotz¬
dem 6 Männer ihre volle Kraft anwandten, rückte der Fötus
keinen Zoll weiter. Die zwischen Kalb und Vagina einge¬
führte Hand drang mit geringer Anstrengung über die Li¬
nea innominata bis in den Beckeneingang vor, dadurch be¬
weisend, daß der Brustgürtel nicht die Geburtsstockung ver¬
anlassen konnte. Die Palpation des Hinterleibes konnte nur
eine beschränkte Strecke weit erfolgen, dennoch vermochte
die untersuchende Hand deutlich eine Umfangsvermehrung
des Bauches zu erkennen. Ich glaubte einen Fall von As¬
cites vor mir zu haben.
Nach Entfernung einer Vordergliedmaße eröffnete ich
die Bauchhöhle durch einen ergiebigen Längs- und einen
Querschnitt und versuchte nochmals die Entwicklung durch
Extraktion. Das Kalb rückte zwar eine Handbreit vor.
dann stockte die Geburt jedoch von neuem. Durch noch¬
malige Untersuchung konnte ich feststellen, daß die Därme
des Kalbes auffallend groß erschienen. Ich zerschnitt sie
daher so weit als möglich mit dem Fingermesser und ex-
enterierte sie.
Bei einem abermaligen Zuge wurde eine beträchtliche
Menge trüber, gelb-grüner Flüssigkeit hervorgepreßt, zu¬
gleich folgte das Kalb.
Die Kuh hatte keine Verletzungen davongetragen, sie
überstand die Geburt ohne Schaden. Die Eihäute gingen
alsbald spontan ab, Veränderungen an ihnen konnte ich
nicht linden.
Das weibliche Kalb hatte eine Größe, wie sie einem
ausgetragenen Fötus zukommt und erschien etwas mager,
Maeerationserscheinungen fehlten. Die Bauchdecken waren
bedeutend größer als bei anderen neugeborenen Tieren.
Leber, Nieren, Uterus, Harnblase, Herz und Lungen wiesen
keine makroskopisch erkennbaren Veränderungen auf. um
um so bemerkenswerter war der Befund des Darmk anales.
Die Mägen waren maximal erweitert und mit dünn¬
flüssigem, trübem, gelb-grünem Inhalt zum Teil prall ge¬
füllt. Die gleiche Ausweitung und Anfüllung zeigten die
Dünndärme bis etwa zur Hälfte der gesamten Länge, an
811
welcher Stelle das Darmlumen völlig verschlossen war.
Analwärts von der Verschlußstelle war das Jejunum auf¬
fallend eng, auch Coecum, Colon und Rektum waren in der
Entwicklung zurückgeblieben; sie enthielten nur spärlichen
Schleimbelag. Der verengte Teil des Leerdarmes ging etwas
oral und seitlich aus dem ausgeweiteten Jejunum hervor.
Bei oberflächlicher Betrachtung gewann man den Eindruck,
als handle es sich um ein Coecum mit langem Process. vermi-
form. Der ausgeweitete Dünndarm hatte am Duodenum
einen Umfang von 20,2 cm, kurz vor der Verschlußstelle
maß er 23,8 cm.
a) erweiterter, b) verengter Dann.
Zur näheren Untersuchung sandte ich den Teil des
Leerdarmes, der die Verschlußstelle enthielt, an das Patho¬
logische Institut der Tierarzt!. Hochschule in Hannover.
Herr Prof. Dr. Ii i e v e 1, dem ich auch an dieser Stelle
meinen verbindlichsten Dank aussprechen möchte, teilte
mir mit, daß es sich bei dem seltenen Präparate um eine
Bildungsanomalie handle, die vielleicht durch Störung im
Verschluß des Darmnabels oder durch Umschlingung von
Nabelblasenresten etc. entstanden sei. Aus dem Präparat
allein sei die Ursache nicht festzustellen, man sei vielmehr
auf Vermutungen angewiesen, allein die Lage der Stelle
am Dünndarm spreche dafür, (laß die oben angeführten Ur¬
sachen Vorgelegen haben könnten.
Meine Annahme, es liege ein Fall von Ascites vor,
wurde nicht bestätigt Die Bauchauftreibung war viel¬
mehr durch die maximal erweiterten und mit Flüssigkeit,
gefüllten Mägen und den Dünndarm hervorgerufen worden.
812
Kurze Mitteilungen aus der Praxis.
Von prakt. Tierarzt Dr. M ü n i c h , Straubing.
S tark o Schwellung des K o p f e s ei u e s
Pferdes nach L y s o 1 a u f n a h m e.
Teil wurde zur Behandlung eines Pferdes gerufen,
welches angeblich plötzlich während der Nacht kolossale
Anschwellungen am Kopfe bekommen hatte. Der Kopf
des Tieres glich in Bezug auf Umfang und Form dem eines
Nilpferdes, die Lippen waren bis zu den Lippenwinkeln etwa
armsdick geschwellt, die Maulschleimhaut war bräunlich
verfärbt, die Zunge vollkommen steif, walzenförmig und
ungefähr um das Doppelte verdickt.
Da ich eine Verätzung vermutete, richtete ich an
den Besitzer des Tieres entsprechende Fragen, ohne aber
etwas in Erfahrung zu bringen. Zufällig sah ich auf dem
Stallfenster — ich möchte jedem Kollegen raten, immer
einen Blick dorthin zu werfen, weil hier der Bauer fast
regelmäßig die im Staile angewandten Medikamente auf-
hewahrt — eine Flasche mit der Aufschrift „Bergöl“ stehen,
deren Inhalt Lysolum purum war. Jetzt erst bequemte sich
der Besitzer zu der Mitteilung, daß das Pferd am Tage vor¬
her Kolik gehabt habe. Ein Pfuscher, der zufällig vorbei¬
gegangen sei — dieselben pflegen meistens zufällig vorbei¬
zukommen — habe ihm das Glas gegeben und ihm geraten,
de m Pferde alle fl Stunden 5 Eßlöffel von dem Inhalte in
einem Quart Wasser zu verabreichen; im ganzen habe das
Pferd 10 Eßlöffel voll erhalten.
Ich ließ die Maulhöhle mit Ilonigwasser ausspritzen
und weiches Futter verabreichen; nach einer Woche war
das Pferd wieder hergestellt.
E n t f e r n u n g e i n e s e r r a t i s c h c n Z a h n e s
b e i ein e m Pf e r d e.
Ein 4-jähriges Pferd wurde wegen einer Ohrflstel
operiert und hiebei ein gut welschnußgroßer erratischer
Zahn im Gewichte von 25 g entfernt. Zu diesem Zwecke
spaltete ich die Fistel, trennte den Zahn von seiner Um¬
gebung. in welcher er ziemlich stark haftete, mit einem
scharfen Löffel los und entfernte ihn mittels einer Zange.
Hie Wände der Alveole wurden einander durch Andrücken
möglichst genähert, der Fistelkanal gründlich ausgekratzt
und hierauf die Wunde his auf eine kleine Stelle für den
Sekretahtluß mit Nähten gut geschlossen. Heilung trat
813
per primain in 14 Tilgen ein. Vor der Operation hatte ieh
das Ohr des Pferdes mit Watte austamponiert.
Hufknorpelfistel.
Eine veraltete Hufknorpelfistel wurde am stehenden
Pferde durch mehrmaliges Auskratzen des operativ erwei¬
terten Fistelkanales mittels des scharfen Löffels und mit
Injektionen von Liquor Villati innerhalb 14 Tagen geheilt,
nachdem alle anderen Mittel versagt hatten.
Phlegmone des Ballens infolge Ver¬
na g e 1 u n g.
Bei einem Pferde, das vernagelt und hierauf von dem
Schmiede behandelt worden war, konstatierte ich hoch¬
gradige Phlegmone des Ballens. Ich spaltete letzteren und
machte im zugehörigen Eckstrebenwinkel eine entsprechend
große Gegenöffnung. Nachdem ich den ganzen nekrotischen,
etwa hühnereigroßen Herd mit dem scharfen Löffel ent¬
fernt hatte, lag das Hufknorpelfesselbeinband vollständig
frei da. — Lysolbäder, sowie Verbände mit Lysolum purum
und mehrmaliges Ätzen mit Höllenstein brachten ohne
Hinterlassung einer Narbe nach 3 Wochen Heilung.
Verletzung hei einem Fohle n.
Ein Fohlen war gestürzt und hatte sich eine Eisen¬
stange durch den Hals gerannt, derart, daß dieselbe genau
in der Mitte des Viborg’schen Dreiecks ein- und auf der
anderen Seite hinter der Ohrspeicheldrüse herausgetreten
war. Am Hals hatte sich ein leichtes Hautemphysem ge¬
bildet. Aus den beiden je pfennigstückgroßen Wund-ÖlT-
nungen traten vereinzelte kleine Blutblasen ans. — Aus¬
spritzungen mit Therapogenwasser und LugoLseher Lösung
brachten nach 3 Wochen völlige Heilung.
Metastatischer Abszeß nach Druse.
Bei einem Vjjährigen Fohlen hatte sich im Anschluß
an Druse ein metastatischer Abszeß am Oberschenkel ge¬
bildet, der stark fluktuierte und dem Tier jode Bewegung
unmöglich machte. Teil eröffnete die Geschwulsl durch je
einen 10 cm langen Schnitt an der Hanke und einen solchen
in der Nähe der Kniescheibe, worauf sich etwa 2 Liter
dünnflüssigen gelben Eiters entleerten. Die Nachbehand¬
lung bestand in täglich dreimaligen Ausspülungen der
Abszeßhöhle mit 2 f /c iger Therapogenlösung. Ohne Hinter-
814
lassung irgend eines Nachteiles für das Tier oder einer
sichtbaren Narbe war nach 3 Wochen Heilung eingetreten.
Erbrechen bei einem Pferde.
Ein Pferd, das sich überfressen hatte, erkrankte unter
heftigen Kolikerscheinungen. Per Hinterleib war stark auf-
getrieben, die Atmung sehr beschleunigt und oberflächlich,
der Puls pochend und schnell, die Temperatur betrug 39,5 °.
Ich injizierte 0,3 Morphium. Nach 10 Minuten erbrach das
Pferd in mehreren Absätzen einige Liter Futterbrei. Ohne
besondere Weiterbehandlung war das Tier in 5 Stunden
genesen.
Tartarus s t i b i a t u s gegen Spulwürmer.
Zur Behandlung von mit Spulwürmern behafteten
Pferden verwende ich stets den BrechWeinstein in Dosen
von 10,0—15,0 g. Ich habe hiebei beobachtet, daß die Wir¬
kung des Medikamentes nicht in allen Fällen die gleiche ist.
öfters gehen auf eine Dosis innerhalb 1—3 Tagen bis zu
000 Stück Askariden ab, manchmal bleibt aber jede Wirkung
aus. In solchen Fällen gelingt es meistens, durch Wieder¬
holung der Tartarusgabe nach 14 Tagen den Zweck zu er¬
reichen.
Erfahrungen bei Verwendung des Tetanus
a n t i t o x i n.
Häufig hatte ich Gelegenheit, Tetanusantitoxin als
Prophylaktikum in Fällen zu verwenden, bei welchen In
fcktion durch den Tetanuserreger als höchst wahrscheinlich
vermutet w'erden mußte. Hiebei machte ich die Erfahrung,
daß fast ausnahmslos jede Wunde besser heilte, als in den
Fällen, bei welchen kein Antitoxin in Anwendung gekommen
war. Ich habe zirka 150 Dosen der Höchster Farbwerke
bezw. des Behring-Werkes in Marburg vorsorglich injiziert
und — von einem Falle abgesehen — keine Mißerfolge be¬
obachtet, d. h. Starrkrampf trat nicht ein, obwohl das Prä¬
parat, wie erwähnt, nur bei sehr verdächtigen Verletzungen
zur Anwendung gelangte.
ln dem erwähnten Falle war der Ausgang ein letaler.
Es handelte sich hiebei um ein sehr wertvolles Pferd, das
3 Wochen nach einer Vernagelung an Starrkrampf er-
krankte. Trotz der Injektion von 12 Dosen Tetanus-Anti¬
toxin verendete das Tier am 4. Behandlungstage.
In einem Falle war die Wirkung des Antitoxins eine
besonders eklatante. Ein Besitzer ließ von zwei Pferden,
815
die sich bei einem Sturze Verletzungen zugezogen hatten,
nur das am meisten beschädigte mit Antitoxin behandeln.
Dieses Pferd blieb gesund, während das nichtgeimpfte sechs
Wochen später an Starrkrampf erkrankte und zu Grunde
ging-
() b s t i p a t i o n bei eine m Hunde infolge eine s
verschluckten Fremdkörper s.
Ein Jagdhund zeigte seit einigen Tagen starke Ver¬
stopfung, die ich mit Leinöl-Klystieren zu beseitigen suchte.
Zwei Tage später brachte mir der Besitzer des Tieres die
inzwischen konstatierte „Ursache“ des Darmverschlusses, näm¬
lich einen etwa 2 m langen dünnen Strang, der zum Reinigen
des Gewehres gedient hatte und während des Nichtgebrauchs
zu einem etwa eigroßen Knoten zusammengelegt war. Nach
Angabe des Besitzers war eine Schlinge des Strickes aus
dem Rektum getreten, an welcher der Knäuel leicht heraus¬
gezogen werden konnte. Die Passage des Fremdkörpers
durch den Darmkanal brachte dem Hunde keine weiteren
N achteile.
G e b ä r p a r e s e beim Rind.
Das Schmidt-Kolding’sche Verfahren gegen Gebär¬
parese hat sich mir in der letzten Zeit in zirka 30 Fällen
wieder bewährt. Die Genesung der Tiere trat in der Regel
nach 1—3 Stunden ein, insbesondere wenn im Anschluß an
die Infusion das Euter längere Zeit geknetet wurde. Außer¬
dem injizierte ich stets Theobromin und entleerte jedesmal
die Harnblase mittels des Katheters.
Ich habe, wie dieses auch anderwärts geschehen, die
Beobachtung gemacht, daß Milchfieber hauptsächlich bei
solchen Kühen auftrat, bei welchen der Besitzer die Kolo-
stral-Milch unmittelbar nach der Geburt vollständig abge¬
molken hatte.
Referate.
W i r t h: Kasuistische Mitteilungen aus der medi¬
zinischen Klinik an der K. K. Tierärztlichen Hochschule
in Wien. (Österreich. Monatsschrift f. Tierheilkunde, 1910,
Nr. 3.)
I. Ein Fall von Zwerch felis nerv e n -
krampf auf traumatischer G r u n d 1 a g e.
Ein 16jähriges Pferd, das auf der Straße gestürzt war
und mittelst Wagens in die Klinik gebracht wurde, zeigte
816
sehr hochgradige inspiratorische Ateniheschwerden, so daß
sofort dieTraoheotomie ausgeführt werden mußte. Das Pferd
lag nahezu bewußtlos am Boden; Empfindlichkeit der Haut
scheinbar erloschen; 35,8—35,6° Temperatur. Das Tier fühlte
sich direkt kalt an; ruckartige Erschütterungen, die den
ganzen Körper in Mitleidenschaft zogen; diese Zuckungen
•waren entlang den Rippenenden am deutlichsten wahrnehm¬
bar; über den Rippenenden konnten mit der Iland stoßweise
erfolgende Kontraktionen gefühlt werden, deren Intensität
gegen die hintere und vordere Extremität zu ahnahm. Bei
der Auskultation hörte man über den Rippenenden ein
dumpfes, dem Muskelton des Herzens vergleichbares (le-
räuscli. Die Zahl dieser Zuckungen schwankte zwischen
(>K—SO—92 in der Minute. Die einzelnen Stöße erfolgten
nicht regelmäßig, sondern häufig folgten einige Stöße in
kürzeren Intervallen aufeinander. Außer diesen Zwerch¬
fells-Kontraktionen bemerkte man auch am Kopfe (Lippen,
Nasenflügel, Ohren) regellos erfolgende Zuckungen, die aber
mit den oben beschriebenen stoßweisen Erschütterungen in
keinen Zusammenhang gebracht werden konnten.
Morphium-Injektion von 0,4 und Einhüllen des Tieres
in warme Decken bewirkten nur minimale Verminderung
dieser Erscheinungen; schon nach 30 Stunden verendete
das Tier.
O b d u k t i o n s h e f u n <1; In der Brusthöhle be¬
merkte man am Brusteingange eine große Menge geron¬
nenen Blutes, welche von einer gänzlichen Zertrümmerung
der ersten drei Brustwirbel herrührte, deren Quer-, Gelenks-
und Dornfortsätze total abgebrochen waren, so daß die Ver¬
bindung zwischen den entsprechenden Rippen und Wirbeln
aufgehoben war. Rückenmark in einer Länge von 5 cm
vollkommen zerquetscht: Blutungen in den Rückenmarks¬
häuten. Von der oben erwähnten Blutung waren auch die
Gewebe um die Aorta, Speiseröhre und Luftröhre an den
dem Brusteingang zunächst gelegenen Stellen stark in Mit¬
leidenschaft gezogen. Nervus phrenieus und recurrens waren
auch von dem von Blut total durchsetzten Gewebe einge¬
schlossen, im Epineurium derselben allenthalben Blutungen.
Man hatte es hier mit Zwerchi'ellsncrvenkräinpfen zu
Im:, die früher unter dem Namen der abdominellen Pul¬
sation beschrieben wurden und deren Ätiologie derzeit noch
nicht definitiv l'estgeshdlt ist. In diesem Falle rief die in¬
folge des Wirbelbruches entstandene mächtige intrathora¬
kale Blutung eine Alteration des Nerv, phrenieus und recur¬
rens hervor, indem dieser Blutungsbezirk, in dem die ge-
817
nannten Nerven eingeschlossen waren, auf dieselben einen
Druck ansübte, wodurch es dann zu einem Verschluß des
Kehlkopfes (Nerv, recurrens) und zu einem Zwerchfells¬
krampf (Nerv, plirenicus) kam. (Schluß folgt.)
Baß: Neues aus der Pharmakologie. (Tierärztl. Kund¬
schau, 1910, Nr. 38.)
D igistrophan u. Digistrophandiuretiku in.
Digistrophan, eine Verbindung des Digitalis und der
Strophantustinktur und hergestellt aus titriertem Fol. Digi¬
tal. und Sem.Strophant., hat gegenüber den Digitalisblättern
den Vorzug, daß es gleichmäßig wirksam, genau dosier- und
dauernd haltbar ist, die kumulative Wirkung des Digitalis
abschwächt, die Heilwirkung schnell eintreten läßt und ver¬
stärkt. Das Präparat steigert den Blutdruck, erhöht die Schlag-
tiefe des Herzens, vermindert seine Schlagzahl und übt auf den
Verdauungsapparat keine nachteilige Wirkung aus. A n -
wendung: Bei allen Störungen des Kreislaufes infolge
von Herzinsuffizienz.
Digistrophandiuretikum besteht aus Digistrophan und
Natr. acetat. oder aus Digistrophan, Natr. aceticum und
Coffein. Die Präparate kommen in Tablettenform in den
Handel.
1 Tablette Digistrophan entspricht 0,10 Fol. Digital,
und 0,05 Sem. Strophant.
Indikation in der Tierheilkunde: Bei
allen Schwächezuständen des Herzens infolge von Klappen¬
fehlern und Infektionskrankheiten; bei Ascites, Pneumonie,
Nephritis chronica. K a b u s.
Tierzucht und Tierhaltung.
Privatgestüte in Bayern nach dem Stande am Ende des
Jahres 1909.
a) Oberbayer n.
1. 1 )as V o 1 1 b 1 u t g e s t ü t L e u t s t e t t e n, im Be¬
sitze Sr. Kgl. Hoheit des Prinzen L u d w i g v o n B a y e r n,
verfügt am dahresschluß über einen Bestand von 10 Mutter¬
stuten, unter welchen neben einigen in der Zucht bewährten
älteren Stuten meist jüngeres, nach Blut, Exterieur und
Leistung versprechendes Material vorhanden ist.
2. Das (1 e s t ü t K a n z 1 e r h o f bei Cmund, im Be¬
sitze des Herrn K. Kämmerers und Kittmeisters a. D. M a x
Grafen von D reell sei, verfügt über einen Bestand
von 41 Pferden und zwar 9 Mutterstuten und 32 Fohlen
verschiedener J ahrgänge.
818
Von den Mutterstuten gehören 7 dem edlen ungarischen
Halbblut und 2 dem veredelten oberbayerischen Wagen¬
schlage an.
3. Das Gestüt Sonnenhausen bei Glonn, im
Besitze des Herrn Freiherrn von Büsing-Orville,
strebt die Zucht eines starken Jagdpferdes unter Verwen¬
dung importierter Hunterstuten an. Der Bestand beträgt
18 Mutterstuten und 40 Fohlen verschiedener Jahrgänge.
4. Das Gestüt Scheuerhof bei Geisenfeid im
Besitze des Gutsbesitzers und Landrates Herrn Jakob
G r a b m a i r, betreibt Remontezucht und verfügt über
einen Bestand von 10 Halbblut-Mutterstuten und 8 Fohlen
verschiedener Jahrgänge.
5. Auf der Besitzung K r a i h o f bei Gmund, im
Besitze des Herrn Gutsbesitzers II i e r 1 - München, befinden
sich 4 Mutterstuten u. 5 jüngere Pferde des oberbayerischen
starken Wagenschlages.
6. Das im Besitze des Herrn N. L. Löbstein befind¬
liche Gestüt Ludwigsfeld hat einen Bestand von
4 Deckhengsten und zwar zwei englische Vollbluthengste,
ein Lippizaner- und ein Traberhengst, ferner 14 Voll¬
blutstuten, drei dem Halbblut ungehörige Stuten, sowie
zwei Traberstuten.
b) Niederbaycr n.
1. Im Gestüte P u c h h o f des Herrn Reichsrats
Pr. Karl von L a n g - P u e h h o f sind 18 Vollblutstuten
vorhanden. An Jährlingen besitzt das Gestüt G Hengste und
5 »Stuten. Von 2 vierjährigen, 1 dreijährigen und 4 zwei¬
jährigen Gestütsprodukten wurden im Berichtsjahre auf der
Rennbahn 70 320 Mark gewonnen.
2. Im Gestüte des Herrn Schloßgutsbesitzers Pr. A.
v o n S c h m i e d e r in Steinach befanden sich im Berichts¬
jahre 20 Stuten, von denen eine („Work Girl‘‘) zu Grunde
ging; von den übrigen 19 »Stuten wurden 6 Hengst- und
7 Stutfohlen gebracht. Ende des Jahres hat das Gestüt in
England einen eigenen Vollbluthengst, den schönen und
mächtigen Goldfuchshengst „Malua“ erworben, den es nebst
dem selbstgezogenen Vollbluthengst „Rojeswenskv“ zur
Deckung eines Teiles der eigenen und einiger fremder
Stuten verwenden wird.
3. In dem Gestüte des Herrn Grafen Arco von
Z i n n e b e r g a u f S c li ö n b u r g befanden sich 1909
8 Vollblutstuten, die 3 Hengst- und 3 Stutfohlen brachten.
819
Die Produkte haben 1909 gewonnen: in Österreich-Ungarn
01 670 Kronen, in Deutschland 14 335 Mark.
c) Unterfranken.
Im Gestüte des Freiherrn von Rotenhan in Rent,-
weinsdorf waren ein Vollbluthengst „Vulkan“ und zwei
Halbbluthengste in Verwendung, welche 75 Stuten deckten.
Ende 1908 besaß das Gestüt 30 Stuten; von diesen stammen
3 aus Vollblut- und 27 aus Halbblutpferden. Vom Jahr¬
gang 1909 sind 20 Fohlen vorhanden, ebensoviele Zwei¬
jährige. Die Zahl der drei- und vierjährigen Fohlen beträgt
29 Stück.
d) Schwaben und Neu bürg.
Das Gestüt des Herrn Reichsrates Ernst G r a f e n
von Moy in Steppberg besteht aus 1 englischen Vollblut¬
hengst „Nomentano“ von Little Duck 13—Witchcrafft;
1 Halbbluthengst v. Nomentano a. d. Alexandra; 8 Voll¬
blutstuten und 8 Halbblutstuten. Aus verschiedenen Jahr¬
gängen stehen dort 29 Fohlen, wovon 10 Vollblut sind. —
(Bericht der Kgl. Landgestütsverwaltung über den Stand
der Pferdezucht in Bayern im Jahre 1909.) A.
Verschiedenes.
Folgen der Nichtbeachtung seuchenpolizeilicher Bestim¬
mungen.
Am Sonntag den 10. Mai 1908 wurde auf dem Schlaeht-
und Viehhofe zu Nürnberg bei einem Berliner Schweine¬
transport Maul- und Klauenseuche festgestellt. Der da¬
malige Direktor Rogner ordnete deshalb die Sperre dieser
Abteilung des Viehhofes an, erstattete jedoch wegen des
Feiertages erst am darauffolgenden Montag beim Magistrat
Anzeige. Deshalb unterblieb auch ein Verbot der Abhaltung
des Montags-Marktes. Als zufällig der Regierungs-Referent
zur Visitation kam, hatte die Seuche bereits auf den übrigen
Viehbestand übergegriffen, weshalb der Kreistierarzt sofort
die Sperre des gesamten Schlacht- und Viehhofes anordnete.
Dadurch erwuchs den Händlern, die bereits Käufe abge¬
schlossen hatten, ein bedeutender Schaden, den sie — als
durch ein Verschulden Rogners entstanden — in Höhe
von 20 000 Mark geltend gemacht haben. Der zur Ent¬
scheidung angerufene Verwaltungs-Gerichtshof hat nun
unterm 4. November 1910 erkannt : ..Der nunmehr ver¬
storbene Schlachthofdirektor Rogner hat sich der fahr¬
lässigen Unterlassung einer ihm obliegenden Amtspflicht
820
dadurch schuldig gemacht, daß er es am 10. Mai 1908 unter¬
ließ, bei Ausbruch der Maul- und Klauenseuche die Vorge¬
setzte Behörde zu verständigen und die Abhaltung des Vieh¬
marktes zu verbieten.“
Beseitigung von Tierkadavern.
Auf der Tagesordnung für die erste Sitzung des Deutschen
Reichstages stand auch: „Die Beseitigung von Tierkadavern“ und
es erfolgte in dieser Sitzung die erste Lesung des dem Reichstage
über die Beseitigung von Tierkadavern vorgelegten Gesetzentwurfes.
Der Staatssekretär Delbrück empfahl die Annahme des Entwurfes,
indem er ausführte:
Mit der fortschreitenden Erkenntnis des Wesens der Tier¬
seuchen und der Bedeutung der ungenügenden Beseitigung der
Tierkadaver für die Tierseuchenverbreitung hat sich immer mehr
die Überzeugung Bahn gebrochen, daß die Gesetzgebung des Reiches
und der Einzelstaaten den Anforderungen nicht genügt, die in
sanitäts- und veterinärpolizeilichem Interesse gestellt werden müssen.
Im Interesse aller Bundesstaaten muß von Reichswegen der Grund¬
satz aufgestellt werden, daß eine unschädliche Beseitigung der
Kadaver zu erfolgen hat. Ferner müssen die Mindestanforderungen
in dieser Hinsicht vorgeschrieben werden. Alles übrige kann den
Bundesstaaten überlassen bleiben, damit sie die Regelung den ört¬
lichen Bedürfnissen und Verhältnissen anpassen. Etwa schon er¬
lassene Vorschriften und getroffene Einrichtungen, die sich als
zweckmäßig erwiesen haben, und den Mindestforderungen genügen,
können beibehalten werden. Die privatwirtschaftliche Rücksicht
muß hinter dem höheren Gesichtspunkte des Schutzes der mensch¬
lichen und tierischen Gesundheit zurücktreten. Es soll daher den
Einzelstaaten die Möglichkeit eröffnet werden, das Abdeckerei¬
gewerbe in Abweichung von der Gewerbeordnung zu regeln. Der
vorgesehene Beseitigungszwang für die Tierkadaver soll nur insoweit
Platz greifen, als nicht eine Verwertung der Kadaver usw. zugelassen
werden kann. Neben Vergraben an geeigneten Stellen, die auf
dem Hachen Lande wohl die Regel bilden wird, ist die Beseitigung
durch hohe Hitzegrade oder auf chemischem Wege unter Zulassung
einer hygienisch und ästhetisch unbedenklichen Verwendung der
dabei gewonnenen Erzeugnisse vorgesehen. Dem Landesrechte
soll Vorbehalten bleiben, für die Beseitigung weitergehende Vor¬
schriften zu erlassen.
Maul- und Klauenseuche.
Die Seuelie ist neu ausgebrochen: arn 15. November
in II o <• h s p e y e r, B.-A. Kaiserslautern, in (1 e r s b a c li.
B.-A. Pirmasens: am 10. November in Schniegling.
IL-A. Nürnberg, in F r o s e h k e r n, B.-A. Ebersberg: am
17. November im Stadtbezirke F r e i s i n g, in L u d \v i g > -
f e 1 d, B.-A. Wunsiedel; am 18. November in Föching.
B.-A. Wieshaeh, in T r o nt m e t s h e i m, B.-A. YVeißen-
hurg i. B.. in F 1 m s t c i n und K ß t h a 1, B.-A. Neustadt
a. <1. llaanlt.
821
Am 12. November waren in 4 Regierungsbezirken
(Oberbayern, Pfalz, Ober- u. Mittelfranken), 16 Distrikts¬
verwaltungsbezirken und 43 Gemeinden 215 Gehöfte ver¬
seucht. Eine große Anzahl von Großviehstücken ist an der
Seuche gefallen.
Stand der Tierseuchen in Bayern am 15. November 1910.
a) Rotz (Wurm):
Sch w a 1) e n: Lindau 1 Gmd. (1 Geh.).
b) Maul- und Klauenseuche:
Oberbayern: 2 Gmd. (8 Geh.); Pfalz: 18 Gmd. (53 Geh.);
Oberfranken: 25 Gmd. (174 Geh.); Mittelfranken:
4 Gmd. (6 Geh.).
c) Schweineseuche (Schweinepest):
Oberbayern: 25 Gmd. (30 Geh.); Niederbayern:
24 Gmd. (27 Geh.); Oberpfalz: 2 Gmd. (2 Geh.); Mittel¬
franken: 1 Gmd. (7 Geh.); Unterfranken: 1 Gmd.
(1 Geh.); Schwaben: 4 Gmd. (4 Geh.).
Bttcherschan.
Veterinärkalender für das Jahr 1911. Unter Mitwirkung
von Geheimrat Prof. Dr. D a m in a n n, Geh. Rechnungs¬
rat D a m m a n n, Geh. Medizinalrat Prof. Dr. J o h n e.
Obermedizinalrat Prof. Dr. Edelmann, Veterinärrat
Holtzhauer, Prof. Dr. U e b e 1 e herausgegeben von
Stabsveterinär Dr. Rauten her g. Verlag von Hirsch¬
wald in Berlin. Preis 4 eil.
Der nach dem Tode des Korpsstabsveterinärs König
von dem Stabsveterinär Dr. R autenberg herausge¬
gebene Veterinärkalender erscheint, statt wie bisher in 2
Abteilungen, nunmehr in 3. Die erste Abteilung enthält in
mehreren Kapiteln das Folgende: Symptome und Behand¬
lung der wichtigsten Krankheiten,Veterinärpolizei, Schlacht¬
vieh- und Fleischbeschau, gerichtliche Tierheilkunde, Unter¬
suchung von Futtermitteln, Hilfs-Tabellen, Brandzeichen,
Übersicht über die Beurteilung des Fleisches; die zweite Ab¬
teilung handelt in 3 Abschnitten von den Dienstbezügen und
ärztlichen Honoraren, von Verwaltungs-Angelegenheiten,
Gesetzen und Bestimmungen, welche auf den tierärztlichen
Stand Bezug haben, und ein 4. Abschnitt bringt wissen¬
schaftliche Beiträge: die dritte Abteilung bringt das Ver¬
zeichnis des tierärztlichen Personals im Deutschen Reiche.
822
Der Inhalt des Veterinärkalenders pro 1911 weist ver¬
schiedene neue Zugaben auf und ist mit derselben Sorgfalt
bearbeitet worden, wie derjenige der früheren Ausgaben:
es bezieht sich dies insbesondere auch auf das Personal¬
verzeichnis, welches als musterhaft gelten kann. Wie die
früheren, so wird auch die neue Ausgabe des Kompendiums
allseitig günstige Aufnahme finden. A.
Die Diagnostik der anzeigepflichtigen Formen der Rinder¬
tuberkulose. Von Dr. H. Rautmann. Halle a. 8. Ver¬
lag der Landwirtschaftskammer für die Provinz Sachsen.
1910. Preis 1 vfO.
Das neue Viehseuchengesetz sieht bekanntlich die An¬
zeigepflicht für gewisse Formen der Rindertuberkulose vor.
deren einwandfreie Feststellung ja manchmal erheblichen
►Schwierigkeiten begegnet. In Hinblick darauf dürfte es
mancher Praktiker begrüßen, in dem Schriftchen in knapper
und doch klarer Form die Erfahrungen eines Spezialisten
auf dem Gebiet der Tuberkulose-Diagnostik — Verfasser
widmet sich seit 6 Jahren dem Ostertag’schen Tuberkulose¬
bekämpfungsverfahren in der Provinz Sachsen — nieder¬
gelegt zu finden. L i n d n e r.
Personalien.
Auszeichnung: Dem Oberstabsveterinär a. D. Oers¬
heim wurde anläßlich seiner Versetzung in den Ruhestand der
Militärverdienstorden IV. Klasse verliehen.
Ernennungen: Halter Otto, Distriktstierarzt in Rotten¬
buch zum Kgl. Bezirkstierarzt in Wolfstein; Dr. Richter Hans,
Prosektor in Zürich in gleicher Eigenschaft am vet.-anat. Institut
der Universität Bern. — Bei den Militärveterinären: ßuckl Franz,
Unterveterinär im 2. Feld-Art.-Rgt. in Würzburg zuin Kgl. Veterinär
dortselbst; Dr. Meyer, Stabsveterinär im 1. Schweren Reiter-Rgt.
zum Regimentsveterinär im 1. B’eld-Art.-Rgt. in München; Stein-
b r ü c h e 1 Christian, Oberveterinär im 7. Feld-Art.-Rgt. in München
zufn Stabsveterinär daselbst. — Dr. Kuhn Emil, Oberveterinär im
10. Feld-Art.-Rgt. in Erlangen wurde zum 1. Schweren Reiter-Rgt.
nach München versetzt.
Wohnsitzveränderungen: Roth Friedrich, Stadt¬
tierarzt in Erlangen nach Nürnberg, Strößenreuther Karl in
Bayreuth als Vertreter nach Benediktbeuren.
Approbationen: in Gießen die Herren Hepke Hans aus
Apolda, Ohl Albert aus Schlotheim und Wenz Bernhard aus
Wiesbaden; in München Herr Baumeister Wilhelm aus Wittis-
lingen.
P r o m o t i o n: Zum Dr. med. vet. in Bern Tierarzt B e r g i e n
Waller in Sterbfritz.
Gestorben: Tierarzt Au in er Hans in Benediktbeuren
( 1000 ).
823
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empfiehlt alle Drogen nud Chemikalien für die Veterinärpraxis,
insbesondere:
Arecolin, Atropin, Cocain, Eserin, Morphin, Pilocarpin,
Podophyllin, Strychnin, Veratrin, Blei-, Jod-, Queck¬
silber-, Wismuthverbindnngen etc., ferner Tuberkulin
und Bovotuberkulol für diagnostische Zwecke,
sowie die Spezialpr'äparate:
JODIPIN
pro usii veterinario 10% und
25 %■ Vorzüglicher Ersatz für
Jodalkalien.
Bewährt bei:
Dämpfigkeit, Lebercirrhose,
Leberkoller, Tetanus, Morbus
inaciilosus der Pferde, Akti-
nouiy kose, Tuberkulose der
Kinder.
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Ausgezeichnetes Antiseptikum.
Völlig ungiftig, stark des¬
odorierend.
Innerlich:
Wirksames Antidiarrlioiciim,
besonders bei Kälberruhr
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Inhalt: Originalartikel: Gangloff: Mitteilungen aus der
Praxis. — Böhme: Mastdarmlipom als Kolikursache bei einem
Pferde. Pyometra nach Schwergeburt bei einer Stute. — Deisen-
hofer: Erwähnenswerte Fleischbeschaubefunde. — Referate:
Wirth: Kasuistische Mitteilungen aus der medizinischen Klinik
an der K. K. Tierärztlichen Hochschule in Wien. (Fortsetzung.)
Meißner: Bisherige Beobachtungen bei Kamelen. Dr. Buhler:
Experimentelle und klinische Untersuchungen über Wert und
Wirkung des Creolinlinimentes bei Ektoparasiten der Haut. —
Tierzucht und Tierhaltung: Die Lage des Schulter¬
blattes und ihr Einfluß auf die Stellung und Bewegung der
Pferde. 3. Bayerische Mastviehausstellung. Die Milchwirtschaft
in Bayern. Original-H-Stollen. — Verschiedenes: Haft¬
pflicht des Tierhalters bei Verletzung des Tierarztes. InskriptionB-
Ergebnis an der Tierärztlichen Hochschule in München pro
Winter-Semester 1910/11. Maul-und Klauenseuche. — Bücher¬
schau. — Personalien.
Hlttellimgen aas der Praxis.
Von prakt. Tierarzt Gangloff, Waging.
Exstirpation des verknöcherten Huf¬
knorpels.
Ein schwerer, 5 Jahre alter, Pinzgauer lahmte be¬
reits mehrere Monate lang infolge Verknöcherung des
lateralen Hufknorpels. Eines Tages trat phlegmonöse An¬
schwellung der Krone ein, worauf nach einigen Tagen
Durchbruch nach außen erfolgte. Da Fieber und Appetit¬
losigkeit bestand, wurde mir das Pferd zur Behandlung
übergeben.
Nachdem die Phlegmone abgeheilt war, operierte ich
dasselbe in Chloroformnarkose auf folgende Weise: Nach
sorgfältiger Desinfektion wurde die ganze linke Seitenhorn¬
wand abgezogen, da sich infolge des Leidens ein Kronen¬
zwang und eine hohle Wand gebildet hatten. Die Frei¬
legung des Hufknorpels erfolgte nach der Imminger’sehcn
826
Methode. Hierauf entfernte ich den verknöcherten Huf¬
knorpel allmählich in kleinen Stücken mit der Nuersch’schen
Zange und dem Lorbeerblattmesser. Die Wundhöhle wurde
mit 3 prozentigen Protargoltupfern austamponiert; der Ver¬
band blieb drei Tage liegen. Beim Verbandwechsel ent¬
fernte ich die Blutkoagula mit der Pinzette unter Warm¬
wasserberieselung des Operationsfeldes. Von da ab kon¬
trollierte ich alle 8—10 Tage den Heilungsverlauf, bis die
Vereinigung des neugebildeten Hornes erfolgt war. I)ic
Nachbehandlutig dauerte 7 Wochen. Während derselben
war der Patient stets fieberfrei und belastete den Fuß.
Ich ließ das Pferd mit Stegeisen und Ledersohle be¬
schlagen und legte zum Schutze des Neuhorns einen Dauer-
Teerverband an.
Behandlung des Stelzfußes bei jungen
Pferden.
Wegen des genannten Leidens mußten innerhalb eines
Jahres 6 junge Pferde des schweren Arbeitsschlages ge¬
schlachtet werden. Ich habe beobachtet, daß sich das Leiden
sehr langsam entwickelt. Gewöhnlich bildet sich zuerst an
einem oder an beiden Vorderfüßen eine steile Fesselstellung
aus. Dann überkötet das Tier zuweilen. Allmählich wird
der Gang des Pferdes unsicher und vorsichtig. Das Auf¬
stehen fällt dem Tiere schwer; wenn es endlich steht, zittert
es mitunter am ganzen Körper. Beim Gehen sucht es die
Vorhand zu entlasten, indem es die Hinterbeine möglichst
xveit unter den Leib setzt. Trotz verhältnismäßig guter Freß-
lust magern die Tiere stark ab. Endlich wird den Pferden
das Aufstehen ganz unmöglich; in diesem Zustande kommen
sie dann gewöhnlich zur Schlachtung. Krankhafte Ver¬
änderungen besonderer Art lassen sich weder an den Mus¬
keln noch an den Sehnen feststellen; letztere fühlen sich
hart, gespannt und trocken an.
Ein 3jähriger Pinzgauer, der zwar noch nicht lahmte,
jedoch vorne rechts steile Fesselstellung hatte und nach der
Bewegung überkötete, wurde mir zur Behandlung über¬
geben. Ich korrigierte zuerst den Beschlag, ordnete völlige
Schonung des Tieres an und ließ es in einen Laufstand
bringen. Die Beugesebnen an beiden Extremitäten — es
zeigten sich am linken Fuß auch bereits die gleichen Er¬
scheinungen — wurden täglich zweimal mit Sapo Kalinus
massiert. Außerdem injizierte ich dem Pferde jeden zweiten
Tag an verschiedenen Körperstellen eine Dosis Fibrolvsin-
Mcrck. Nach Verbrauch von 5 Ampullen sistierte ich mit
den Injektionen 14 Tage läng und gab darauf nochmals in
der gleichen Weise 5 Ampullen Fibrolysin. Während der
ganzen Behandlungsdauer wurde das Tier ausgiebig im
Laufstand oder in der Koppel bewegt. Bereits nach 14
Tagen war nicht nur das Allgemeinbefinden des Pferdes
bedeutend besser, der Patient trat auch besser durch, über-
kötete nicht mehr und stand leicht auf; er konnte nach
5 Wochen bereits wieder zu jeder Arbeit verwendet werden.
Denselben Erfolg hatte ich in zwei weiteren Fällen
zu verzeichnen, von denen der eine leichternder andere so¬
gar schwerer als der beschriebene war.
Behandlung des Stelzfußes bei älteren
Pferden.
Ein 8 Jahre alter Pinzgauer von etwa 18 Zentner
Gewicht hatte auf der bergigen Straße beim Ziehen schwerer
Holzfuhrwerke ein Sehnenleiden akquiriert und war acht
Monate lang mit Heublumenbähungen behandelt worden.
Der Sitz der Erkrankung lag im Bereiche des Verstärkungs¬
astes der Hufbeinbeugesehne: starke Sehnenverdickung mit
steiler Fesselstellung kennzeichneten das Leiden schon von
ferne.
Es gelang mir allmählich den Besitzer zur Operation
zu bewegen. Das Pferd wurde zuerst glatt beschlagen und
das Operationsfeld einige Tage lang mittels Sublimatver¬
bänden desinfiziert. Mit dem Autocautere Dechery brannte
ich am niedergelegten chloroformierten Tiere 60 Punkte
in die kranke Sehne und deckte die Öffnungen mit Jodo-
form-Collodium. Über das Operationsfeld wurde ein trocke¬
ner Verband gelegt, den ich von Zeit zu Zeit erneuerte.
Das schwere Pferd ertrug die Operation und das an¬
schließende Hochbinden sehr gut. Der Heilungsprozeß ver¬
lief ganz normal, die Verdickung wurde allmählich kleiner
und nach 6 Wochen konnte ich das Pferd geheilt aus der
Behandlung entlassen.
Verblutung eines Pferdes infolge Ruptur
der Aorta.
Ein 18 Jahre altes Laufpferd war von der Schmiede
weg einen Berg hinan in den Stall geführt worden. In den
Stand eingestellt, schwankte es einige Male hin und her,
fiel um und verendete rasch.
Die Sektion ergab Zerreißung der Aorta abdominalis
in der Nähe der rechten Niere. Die Aorta war starrwandig
und wies an der Intima stellenweise weißliehe, schüppchen-
förmige, verkalkte Einlagerungen auf.
m
t)as Pferd war am Tage vorher en pleine carriere nach
dem 2 Stunden entfernten Bahnhof bergauf bergab gehetzt
worden.
Zahnanomalie bei einem Ochsen.
Ein Ochse zeigte eigentümliche Kaubewegungen. Die
Untersuchung ergab, daß Molar III im rechten Unterkiefer
erheblich verlängert war. Zur Operation schnürte ich das
Tier nieder, öffnete das Maul mit dem Dominik’sehen Maul¬
gatter und schnitt mit der Zahnschere den fast um 4 cm zu
langen Backzahn ab. Der Zahn wies mehrere Spitzen auf,
die sich in die Weichteile eingebohrt hatten.
Bösartiges Katarrhalfieber der Rinder.
Die Erkrankung kam in 3 Fällen zur Behandlung.
Begünstigend für die Entstehung der Erkrankung war in
den beiden ersten Fällen, daß die Kühe am zweiten Tage
nach der Geburt aus dem überwarmen Stalle an regnerischen
Tagen auf die naßkalte Weide getrieben worden waren. Die
Tiere zeigten Temperatursteigerungen bis 42 0 C., doch blieb
die Erkrankung auf die Kopfschleimhäute und die Augen
beschränkt. In einem Falle entwickelte sich eine Rhinitis
crouposa mit Gangrän des Naseneinganges. Die Behand¬
lung richtete sich nach den jeweiligen lokalen Verände¬
rungen ; daneben wurde innerlich Kalium jodatum gegeben.
Beide Tiere genasen. — Der 3. Fall betraf einen Ochsen
eines Stalles, in dem alle 3—4 Jahre ein Rind an bösartigem
Katarrhalfieber erkrankt war. Auch hier blieb das Leiden
anfangs auf den Kopf beschränkt; bereits am 6. Tage war
erhebliche Besserung und leidliche Freßlust vorhanden.
Am 10. Tage trat plötzlich große Atemnot ein. Gegen Abend
entstand ein ausgedehntes Hautemphysem im Bereiche der
linken Schulter und Seitenbrustwand. Die Auskultation der
linken Lunge ergab feuchte Rasselgeräusche. Nach der
Schlachtung fand ich, daß ein etwa faustgroßer tuberku¬
löser Abszeß der linken Lunge sich geöffnet und dessen
Inhalt sich in die Brusthöhle ergossen hatte.
Behandlung der Karpalbeule beim Rind.
Die Untersuchung einer Pinzgauerkuh mit Karpal¬
beule ergab, daß zwar eine accessorische subkutane Bursa
nicht vorhanden war, dagegen aber eine akute seröse Ent¬
zündung der Sehnenscheide des Zehenstreckers, die sich
durch ihre längliche Form auszeichnete. Die Kuh wurde
niedergeschnürt und die Beule und ihre Umgebung gründ-
829
lieh desinfiziert. An der tiefsten Stelle erfolgte ein Ein¬
stich, worauf der seröse Inhalt der Beule durch Druck¬
massage entleert und hierauf Sol. Lugol. 30,0 injiziert wurde.
Über das Ganze legte ich einen Kompressiv-Teerverband mit
Wattepolsterung. Nach 8 Tagen wiederholte ich die Ein¬
spritzung und entfernte 14 Tage nachher den zweiten Ver¬
band. Die Beide verschwand vollkommen, ohne irgend
welche Residuen zu hinterlassen.
ZurBehandlung des ansteck enden S ph e i d e n-
katarrhes.
Zur schnellen gründlichen Heilung des Leidens erwies
sich das Verfahren nach Prof. Dr. May r-München als sehr
zweckmäßig. Die Scheide wird zuerst mit 2 proz. Therapogen-
wasser gründlich gereinigt und hierauf mit einem in Thera-
pogen-Lösung getauchten Tuche ausgerieben, dann werden
dicke Wolken von 2 proz. Pyoktaninstreupulver in die mit
dem Scheidenspanner geöffnete Scheide eingeblasen. Nach
mehrtägiger Pause folgt dann das Kapselverfahren nach
Bezirkstierarzt Ritzer.
Hastdarmlipom als Kollkursache bei einem Pferde.
Yon städt. Bezirkstierarzt Böhme, Landsberg.
Die rektale Untersuchung eines unter hochgradigen
Kolikerscheinungen erkrankten 15jährigen Wallachen er¬
gab, daß der Mastdarm nur auf eine halbe Armlänge passier¬
bar war. Unmittelbar vor dem Becken verengerte er sich
derart, daß nur mit Mühe 2 Finger eingeführt werden
konnten. Trotz beständiger Wasserinfusionen und Erwei¬
terungsversuchen durch drehende und bohrende Bewegungen
der eingeführten Finger gelang es nicht, die Striktur zu be¬
seitigen. Auch ein Einschnitt in die Darmschleimhaut
brachte keine Erweiterung des Darmlumens. Die Sektion
des am nächsten Tage verendeten Tieres ergab als Ursache
der Verengerung ein gestieltes Lipom von Hühnereigröße,
dessen etwa 15 cm langer Stiel sich um das Rektum ge¬
schlungen und dadurch die Verengerung bezw. Abschnürung
verursacht hatte.
Pyometra nach Scbwergebort bei einer State.
Von demselben.
Bei einer Stute war die Entwicklung des toten Fötus
nur mit Iiilfc der Embryotomie möglich gewesen. Das Tier
830
überständ den Eingriff trotz einiger leichter Verletzungen
gut, ein sich einstellender Gebärmutterausfluß verschwand in
kurzer Zeit unter Anwendung Yon Therapogenausspülungen.
Die Stute wurde nicht mehr gedeckt und zeigte nahezu 2 Jahre
lang keine Krankheitserscheinungen, bis plötzlich anfangs
geringgradiges, später stärker werdendes Drängen beim
Urinieren beobachtet wurde, weshalb der Besitzer tierärzt¬
liche Hilfe in Anspruch nahm. Auch war eine zunehmende
Umfangsvermehrung des Hinterleibes wie bei einem träch¬
tigen Tiere zu beobachten. Bei der rektalen Untersuchung
fühlte sich der Uterus stark mit Flüssigkeit gefüllt an. Die
vaginale Untersuchung zeigte, daß die Cervix fest ver¬
schlossen war, beim Eingehen in dieselbe fand man weiter,
daß die orale Abteilung des Cervixkanales sogar verwachsen
war. Oberhalb des Gebärmutterhalses war in der Uterus¬
wandung eine dünne Stelle zu fühlen, die ich mit dem Finger
leicht durchbohren konnte. Hierauf entleerten sich zirka
25 Liter einer etwas übelriechenden, trüben, gelblichen Flüssig¬
keit. Mittels eines in die künstliche Tragsacköffnung einge¬
führten Schlauches wurde der Uterus der Stute mehrmals aus¬
gespült, worauf bald Heilung eintrat. Bis jetzt sind neuer¬
liche Krankheitserscheinungen bei dem Tiere nicht auf¬
getreten.
Erwähnenswerte Fleischbesehanbefunde.
Von städt. Bezirkstierarzt Deisenhofer, Freising.
1. Ein in vorzüglichem Ernährungszustand befindliches
hochträchtiges Jungrind war plötzlich, ohne vorher Krank¬
heitserscheinungen gezeigt zu haben, nicht mehr im Stande,
sich zu erheben, weshalb es notgeschlachtet wurde. Bei der
Beschau erwiesen sich sämtliche inneren Organe gesund mit
Ausnahme der linken Bronchialdrüse, die tuberkulös befunden
wurde. Nach der Spaltung der Wirbelsäule fand sich die
Ursache des Festliegens: ein wie zerfressen aussehender
Lendenwirbel war dicht mit Tuberkeln besetzt.
2. Eine in voller Milchnutzung stehende Kuh konnte
sich plötzlich nicht mehr von ihrem Lager erheben; außer
einem schon länger bestehenden Husten w r aren Krankheits¬
zeichen nicht zu konstatieren. Die Sektion des notgeschlach-
teten Tieres ergab ausgebreitete Lungentuberkulose ohne
sonstige Organveränderungen. Nach der Spaltung der
Wirbelsäule sah man im Bereiche des Lendenmarkes so¬
wohl an den Bückenmarkshäuten als an der Marksubstanz
zahlreiche hirse- und linsengroße weiche Tuberkeln.
831
3. Infolge tuberkulöser Erkrankung war das Gewicht
einer Kuhleber auf 50 Pfund erhöht.
Referate.
Wirth: Kasuistische Mitteilungen aus der medi¬
zinischen Klinik an der K. K. Tierärztlichen Hochschule
in Wien. (Österreich. Monatsschrift f. Tierheilkunde, 1910,
Nr. 3.) [Fortsetzung statt Schluß.]
II. EinBeitrag zur Kasuistik bösartiger
Neubildungen im Rachen des Pferdes.
Die Untersuchung eines 8 Jahre alten mittelschweren
Zugpferdes, das seit zirka 14 Tagen schlecht gefressen hatte,
ergab folgendes: 37,9° Temperatur; Kehlgangslymphdrüsen
nicht geschwollen; Mäßiger, glasig - schleimiger, beider¬
seitiger Nasenausfluß; Nasenschleimhaut höher gerötet;
16 Atemzüge mit kostoabdominalem Typus; Maulhöhle
höher temperiert, Schleimhaut gerötet; im Maule größere
Menge zügigen Schleimes; Futteraufnahme schlecht; gering¬
gradige Schlingbeschwerden; Zunge etwas weniger beweg¬
lich; Allgemeinbefinden etwas gestört. Diagnose: Chro¬
nische Rhinitis und Angina. Im Verlaufe der Behandlung,
die sich auf Anbringung eines Kehlkopfpolsters, Inhala¬
tionen und Bestäubungen der Nasen- und Rachenschleim¬
haut mit einem Pulver (Rp.! Acid. boric., Menthol, aa 2,0,
Sacch. lact. 5,0) mit Hilfe eines Frick’schen Pulverbläsers
erstreckte, traten die Erscheinungen einer chronischen
Nasen- und Rachenerkrankung noch deutlicher in den
Vordergrund. Vom 10. Tage ab trat eine ausgesprochene
Verschlechterung des Krankheitszustandes ein: Schlechte
Freßlust, sichtliche Schlingbeschwerden, gelblicher Nasen-
aüsfluß, stark beschleunigter Puls, 7—8 Atemzüge inspira¬
torisch deutlich erschwert; vom 19. Tage ab zeigte das Pferd
ausgesprochene gestreckte Haltung des Kopfes und Halses;
obere Halsgegend nicht geschwollen, nicht druckempfind¬
lich; Veränderungen in dieser Region durch Palpation nicht
nachweisbar. Kein Husten; Ausatmungsluft übelriechend,
was auf eine infolge des erschwerten Abschlingens sich ent¬
wickelnde Fremdkörperpneumonie zurückzuführen ist, die
auch am 20. Tage beiderseits nachweisbar war. Am 22. Tage
Tod des Pferdes.
Sektionsbefund: Beiderseitige sehr ausgebrei¬
tete Fremdkörperpneumonie, die die Folge eines chronischen
Prozesses in der Rachenhöhle war; linke retropharyngeale
Lymphdrüse gänseeigroß vergrößert und seitlich über den
Kehlkopf ragend, in Verbindung stehend mit einer auf dem
832
Zungenbeinast aufsitzenden, wenig beweglichen, nach vorn
entlang der inneren Seite des linken großen Zungenbein¬
astes bis zur Zungenwurzel reichenden Neubildung, die die
Zungenwurzel ganz ausfüllte und sich zirka 10 cm weit
gegen die Zungenspitze erstreckte. Neubildung von derber
Konsistenz, unter dem Messer knirschend mit vereinzelt
kleinen Eiterherden auf der Schnittfläche. Es handelte sich
um ein Plattenepithelkarzinom, das vielleicht seinen Aus¬
gang vom Plattenepithel der Zungenwurzel genommen hat.
Metastasen sind im Körper nirgends auffindbar.
R e s u m e: Die primäre Erkrankung, der karzinoma-
töse Prozeß im Zungengrunde und in der retropharyngealen
linken Lymphdrüse, führte zur Produktion eines stets als
Nasenausfluß nachweisbaren, links in etwas größerer Menge
vorhandenen glasig-schleimigen Sekrets und einer größeren
Menge von Mundspeichel, wodurch das Bild einer chro¬
nischen Rhinitis und Angina vorgetäuscht wurde. Mit der
allmählich fortschreitenden Ausbreitung dieses Prozesses
kam es zu einer Druckwirkung auf den Kehlkopf und Ver¬
schiebung des Kehldeckels, wodurch zunächst eine er¬
schwerte Atmung, weiters Schlingbeschwerden und ge¬
streckte Kopf- und Halshaltung sich bemerkbar machten.
Die zunehmende Insuffizienz des Kehldeckels war endlich
das veranlassende Moment zur Ausbildung der Fremdkörper¬
pneumonie, an welcher auch das Pferd verendete.
Der oben beschriebene karzinomatöse Prozeß verlief
also in Form einer fieberlosen, chronischen, allmählich zu¬
nehmenden Atem- und Schlingbeschwerde, an die sich eine
tödlich endigende Fremdkörperpneumonie anschloß, welches
Krankheitsbild bei Tumoren in der Rachenhöhle wohl ge¬
wöhnlich auftreten dürfte. Rabu s.
(Schluß folgt.)
Meißner: Bisherige Beobachtungen bei Kamelen.
(Zeitschr. f. Veterinärkunde, 1910, VI u. VII.)
Verf. gibt eine anatomische und physiologische Be¬
schreibung des Kameles, schildert Fütterung, Pflege, Satte¬
lung, Verwendungsweise und Krankheiten dieser Tiere
namentlich unter Bezugnahme auf südwestafrikanische Ver¬
hältnisse.
Das Kamel ist seinem ganzen Wesen nach und wegen
der ihm eigenen geringen Heiltendenz ein undankbarer und
schwer zu behandelnder Patient. Störrisch, eigensinnig,
furchtsam und wehleidig, sträubt es sich schon gegen die
kleinsten Eingriffe. Die gefürchtetste Krankheit stellt die
833
sehr häufige Räude dar. Sie muß möglichst früh und ener¬
gisch behandelt werden, sonst verursacht sie Abmagerung,
tiefgehende Hautveränderungen, subkutane Eiterungen und
führt schließlich zum Tode. Zuweilen ist prophylaktische
Behandlung angezeigt. Die Araber bekämpfen die Räude
durch Auf streichen von erwärmtem Teer.
Die Haut ist dünn, straff anliegend, blutgefäßarm und
neigt infolgedessen leicht zu Nekrose. Im Organismus be¬
steht besondere Neigung zu Metastasenbildung. KeineWunde
heilt ohne Eiterung, keine Wunde mit Naht; Nähen ist des¬
halb zwecklos. Vernachlässigte Wunden heilen sehr schwer
und führen unter Umständen zu Sepsis; besonders unange¬
nehm sind Wunden in dem leicht verjauchenden Fettgewebe
des Hökers. Als bestes Mittel zur Beschränkung starker
Eiterung erwies sich Balsam. Peruvian., der nach vorher¬
gegangener Desinfektion mit dem Pinsel in dünner Schicht
aufgetragen wurde; er hat dabei noch den Vorzug, Insekten
fernzuhalten. Quetschwunden am Widerrist ziehen sehr oft
die Dornfortsätze in Mitleidenschaft. Abszesse, die häufig
metastatischer Natur sind, stellen beim Kamel eine alltäg¬
liche Erscheinung dar. Nicht selten sind chronische, indu-
rierende und eitrige Entzündungen der Hals-, Bug-, Leisten-
und Wadendrüsen.
Auf nicht parasitärer Grundlage beruhende Ekzeme
gibt es oft am Genick durch Ansammlung des Sekretes der
dort sitzenden Hautdrüsen, sowie an den Hinterschenkeln
durch Beschmutzung mit Urin. Bedingt durch die eigen¬
artige Lage des Penis, der durch die Präputialöffnung nach
hinten austritt, werden nämlich die Schenkel beim Stallen
häufig benetzt, zumal während des Marsches. Es empfiehlt
sich deshalb die Einlegung besonderer Stallpausen. Stärkere
Ekzeme wurden besonders bei schlechten Futter- u. Wasser¬
verhältnissen beobachtet und auf eine größere Konzentration
des Harnes zurückgeführt.
Bei Durchfällen war durch Verabreichung von Tinct.
Opii in Rinderdosis ein nennenswerter Erfolg nicht zu er¬
zielen, wohl aber bei zweimaligem Einscliiitten von je 4 g
Plumb. acetie. in % Liter Wasser.
Verhältnismäßig zahlreich sind Brüche des Armbeines.
Infolge ihrer Häufigkeit und des scheinbar ganz unmoti¬
vierten Auftretens herrscht allgemein die Ansicht, daß die
Ursache in der Zusammensetzung der Knochen zu suchen sei.
Verf. führt jedoch nachstehende Gründe an: Die Armbein¬
brüche zeigten die Übereinstimmung, daß sie sich fast nur
auf hartem, wenn auch ebenem Boden ereigneten. Die
834
Knochenwinkelung ist eine stumpfe, die Richtung der
Knochenachse keine gerade — Radius und Ulna sind, von
vorne und von der Seite gesehen, stark gebogen —, die Arm¬
beine selbst sind meist schmal und lang, die Vorderfüße
landen nicht schräg, wie beim Einhufer, sondern senkrecht,
so daß also der Gegenstoß vom Erdboden sehr stark ein¬
wirkt. Da Vorarm und Schienbein beim Kanal sehr lang
sind und sich somit das Verhältnis von Beinhöhe zur Wider¬
risthöhe sehr ungünstig gestaltet, so ist zum Überheben der
Last durch die Länge der Hebelarme ein stärkerer Kraft¬
aufwand erforderlich. Zieht man außerdem in Betracht, daß
die Vorhand durch den Körper, den Hals, den Kopf, den
Sattel, die großen Packtaschen und den Reiter sehr stark
belastet ist, daß der Schwerpunkt abwechselnd von rechts
nach links und umgekehrt verlegt wird, die Schwerpunkt¬
linie etwa durch das Querbein fällt, daß die Struktur dieses
Knochens sich abweichend verhalten kann,daß nach längeren
Märschen Übermüdung einzelner Muskelgruppen eintritt,
daß endlich viele der bei der Schutztruppe verwendeten Ka¬
mele schon sehr alt und nicht trainiert waren, so dürfte die
auffallende Erscheinung hinreichend erklärt sein.
Auch Augenerkrankxingen kamen häufig vor. Solche
traumatischer Natur entstanden meist bei der Aufnahme
von Laub dorniger Sträucher oder Bäume. Außerdem leiden
viele Kamele an einer ätiologisch ebenfalls noch nicht ge¬
klärten inneren Augenentzündung, die in ihrem ganzen
Verlauf große Ähnlichkeit mit der Mondblindheit des
Pferdes hat. Verf. glaubt, daß es sich hier um sekundäre
Symptome einer früher einmal überstandeuen Infektion
handelt. Er sah nämlich bei einigen Tieren neben den
Augenaffektionen auch ohne nachweisbare Ursache Ödeme
am Bauch entstehen, ferner vorübergehende Lähmungs¬
erscheinungen, Steifheit der Hinterhand und Blutarmut.
Perniziöse Anämie und Malaria scheinen bei Kamelen
ebenfalls aufzutreten, wie auch nach Angabe anderer
Autoren Rotz und Lungenseuche auf sie übertragen werden
können. L i n d n e r.
Dr. Bühler: Experimentelle und klinische Unter¬
suchungen über Wert und Wirkung des Creolinlinimentes
bei Ektoparasiten der Haut. (Dissertation aus der veterinär¬
medizinischen Klinik in Gießen.)
B. stellte über die vorgenannte Frage Versuche an
Kaninchen, Katzen und Hunden an und zog die Behandlung
835
klinischer Fälle mit Creolinliniment in der medizinischen
Veterinärklinik mit in Betracht.
Aus seinen Versuchen und Beobachtungen zieht er
folgende Schlüsse:
1. Zur Tilgung der Ektoparasiten: Haarlinge, Läuse
und Flöhe eignen sich die aromatischen Verbindungen am
besten; Federlinge hingegen sind mit ätherischen ölen zu
behandeln.
2. Die Anwendung der Antiparasitika in Pulverform
und wässeriger Lösung ist wegen der unsicheren Wirkung
tunlichst zu vermeiden.
3. Die Applikation in Form von Linimenten, die für
eine sichere Wirkung bürgt, sollte weit mehr gewürdigt
werden.
4. Nach den therapeutischen Erfolgen, die sich auf
zehn prägnante klinische Fälle erstrecken, muß das Creolin¬
liniment als ein hervorragendes und absolut sicheres Mittel
gegen Ektoparasiten der Haut betrachtet werden.
5. Die Anwendung des Creolinlinimentes (Zusammen¬
setzung: Creolin, Sap. kalin. venal. aa 50,0, Spiritus 350,0)
geschehe drittelweise, wobei am 1. Tag das hintere Drittel,
am 2. Tag das mittlere Drittel, am 3. Tag das vordere Drittel
des Körpers mit einer Haarbürste tüchtig eingerieben wird.
Hunde können in leichteren Fällen auf einmal einge¬
rieben werden.
6. Der dreitägigen Durchreibung hat ein Bad oder Ab¬
waschung mit einer x /> —lproz. Lösung von Kal. sulfuratum
und eine gründliche Hautpflege zu folgen. Endlich ist bei
schweren Fällen der Aufenthaltsort der Patienten griind-
lichst zu reinigen. A.
Tierzucht und Tierhaltung.
Die Lage des Schulterblattes und ihr Einfluß auf die
Stellung und Bewegung der Pferde.
Bekanntlich besteht die Ansicht, die Lage der Schulter
des Pferdes sei nur dann eine ideale, wenn sie zur Ver¬
tikalen einen Winkel von 45° bilde, v. Nathusius ist
dieser Meinung zuerst entgegengetreten; nach seinen Prü¬
fungen der Schulterlage des Pferdes besteht eine derartige
schiefe Lage der Schulter des Pferdes überhaupt nicht;
auch Müller kam bei seinen Beobachtungen der Schulter¬
lage der Pferde zu dem Schlüsse, daß bei Pferden ein
Winkel der Schulter von 45° zur Vertikalen äußerst selten
ist; er beträgt nach ihm — auch wenn die Schulter stark
schief hegt — im Durchschnitte 40 bis 42°; de Gaste
836
konstatierte bei Renntrabern einen Winkel von nur 20 bis
33°; er ist der Meinung, daß die Schnelligkeit durch diese
Lagerung der Schulter gefördert werde. Müller äußerte
die Meinung, daß Pferde mit steiler Schulter einen längeren
Schritt haben als solche mit schiefer.
Müller hat zur Klärung dieser diversen Meinungen
und Behauptungen eingehende Untersuchungen angestellt
und kam zu folgenden Schlüssen:
a) Für einen räumenden, sichern und bequemen Schritt¬
gang ist eine schräge Lage der Schulter unbedingt erfor¬
derlich und bei Reitpferden in erster Linie notwendig;
b) für schnellere Gangarten wie Trab und Galopp, so¬
wie bei Lastpferden ko mm t es auf eine schräge Lage
des Schulterblattes und dessen Länge weniger an;
unter Umständen kann solchen Pferden eine steilere
Lage von Vorteil sein und die Schnelligkeit begünstigen.
(Müller-Karlshorst in: Landw. Jahrb., 38 B.) A.
3. Bayerische MastviehaussteUung.
Die 3. Bayerische Mastviehausstellung dürfte nach
den vorläufigen Beratungen in der Kommission der Geschäfts¬
stellen für Schlachtviehverkauf des Bayer. Landwirtschafts¬
rates in den ersten April-Tagen 1911 stattfinden und zwar
wenn irgend möglich, in etwas größerem Umfange, als die
früheren Veranstaltungen. Besonderen Wünschen soll bei
der nächstjährigen Veranstaltung Rechnung getragen werden,
indem geplant ist, zwei Abteilungen unter den Ausstellungs¬
tieren (Großvieh) zu schaffen, nämlich eine erste, bei der
die Tiere aus Wirtschaften mit landwirtsch. Nebenbetrieben
(Brauerei, Brennerei) kommen und eine zweite mit Tieren
aus rein landwirtsch. Betrieben (mittel- und kleinbäuerlichen).
Außer dem bisherigen Schlachtwettbewerb sind auch spe¬
zielle Ausstellungsabteilungen für Fleisch, sowie Fleisch-
und Charkutierwaren geplant eventl. auch die Abhaltung
einer Schinkenkostprobe u. a. m. Für die Prämiierung
werden namhafte Mittel ausgeworfen. Das spezielle Programm
wird in einer Beratung Ende November, zu der alle beteiligten
Kreise geladen werden sollen, definitiv festgesetzt werden.
Die Milchwirtschaft in Bayern.
Dem unter diesem Titel vom K. Statistischen Laiulos-
amte herausgegebenen Berichte entnehmen wir Folgendes:
Die Zahl der Kühe, die im rechtsrheinischen Bayern
840 000 im dahre 1810 betrug, hat sich im Laufe des Jahr¬
hunderts nahezu verdoppelt; nach der Viehzählung vom
«37
Jahre 1907 gibt es in Bayern 1,9 Millionen Kühe. Auch die
Zahl der Ziegen ist gegen 1810 um das Vierfache gestiegen;
1907 fanden sich in Bayern 308 000 Stück, darunter 77 Proz;
erwachsene weibliche Tiere.
Der Gesamtmilchertrag darf in Bayern schätzungs¬
weise auf ca. 40 Millionen Hektoliter veranschlagt werden.
Nach Abzug von 5 Millionen Hektolitern für die Zwecke der
Tierzucht stehen noch ca. 35 Millionen Hektoliter zum
menschlichen Konsum zur Verfügung; dazu kommen noch
ca. 895 000 Liter Ziegenmilch.
Interessant ist auch die Mitteilung, daß die Milch¬
verarbeitung fast ausschließlich mittels Maschinen erfolgt.
Wie rasch diese Hilfsmittel Eingang gefunden haben, er¬
gibt die Tatsache, daß im Jahre 1908 mehr als 49 000 Zentri¬
fugen in Gebrauch waren gegen 6 000 im Jahre 1903. M.
Original - H-Stollen.
Ein sehr zweckmäßiges Winterbeschläg läßt sich mit
Verwendung der von der Firma Leonhardt & Cie. in
Berlin fabrizierten Original-H-Stollen hersteilen. Nach Be¬
richten von Pferdebesitzern verhindern diese Stollen in vor¬
züglicher Weise das Ausgleiten der Pferde auf den glatten
vereisten Straßen; auch sind etwaige Verletzungen der Ex¬
tremitäten, Kronentritte etc. meistens nur oberflächlich, nie
so tiefgehend und gefährlich wie diejenigen mit den son¬
stigen spitzen Stollen. M.
Verschiedenes.
Haftpflicht des Tierhalters bei Verletzung des Tierarztes.
Ein hierher gehöriger Fall spielte sich vor kurzem in
Begensburg ab. Ein Tierarzt wurde bei Behandlung eines
kplikkranken Pferdes von diesem verletzt. Nach Lage der
Sache stand dem Tierärzte zu, den Tierhalter haftpflichtig
zu machen, was auch geschah. In dem anhängig gemachten
Prozesse lauteten die Urteile des Landgerichtes und des
Oberlandesgerichtes zu Gunsten des Tierarztes und auch die
vom Tierhalter schließlich beim Reichsgerichte eingelegte
Revision wurde zurückgewiesen. — Herr Stabsveterinär
Föringer - Regensburg wird über den interessanten Fall
in der „Wochenschrift “ referieren. A.
Inskriptions-Ergebnis an der Tierärztlichen Hochschule in
München pro Winter-Semester 1910/11.
Für das laufende Semester wurden 282 Studierende —
darunter 14 Fachprüfungskandidaten — und 47Hörer (mim-
838
lieh 36 Studierende der Universität und Technischen Hoch¬
schule, sowie 11 selbständige Personen), sohin in Summa
329 Herren immatrikuliert. Ins I. Semester sind 88 deutsche
Reichsangehörige, sowie 3 Ausländer eingetreten; von den
ersteren besitzen 69 das Reifezeugnis eines humanistischen
oder Real-Gymnasiums und 19 das einer Oberrealschule. —
Nach Nationalitäten ausgeschieden treffen auf Bayern 237,
Preußen 17, Württemberg 12, Baden 28, Braunschweig 1,
Oldenburg 1, Sachsen-Meiningen 1, Sachsen-Koburg-Gotha 2,
Sachsen-Weimar 1, SachsenAltenburg 1, Mecklenburg-
Schwerin 2, Elsaß-Lothringen 5, Herzogtum Anhalt 1, Ham¬
burg 2, Bremen 1, Lübeck 1, Österreich-Ungarn 4, Finn¬
land 2, Schweiz 1, Luxemburg 1, Bulgarien 7, Serbien 1.
Maul- und Klauenseuche.
Die Seuche ist neu ausgebrochen: am 18. November
in Dierbach, B.-A. Bergzabern; am 19. November in
Schottenstein, B.-A. Staffelstein, in Landstuhl,
B.-A. Homburg; am 20. November in Gallenhaus, B.-
A. Kaiserslautern; am 21. November in Börrstadt, B.-A.
Rockenhausen, im Viehhofe zu Nürnberg, in Dorf¬
haus, B.-A. Forchheim, in Enkenbach,' B.-A. Kaisers¬
lautern ; am 22. November in Willmers weile r, B.-A.
Germersheim, in Barbelroth u. Oberhausen, B.-A.
Bergzabern; am 23. November in Hesselbach, B.-A.
Kronach, in Kapsweyer, B.-A. Bergzabern; am 24. No¬
vember in Eppstein, B.-A. Frankenthal, in Ober¬
lang e n s t a d t, B.-A. Kronach, in Otterstadt, B.-A.
Speyer, Kapfham, B.-A. Griesbach; am 25. November in
Winden, B.-A. Germersheim, im Schlacht- und Viehhof
Nürnberg; am 26. November in Prosselsheim, B.-A.
Kitzingen; am 28. November in Unterfarrnbach, B.-A.
Fürth.
Am 19. November waren in 4 Regierungsbezirken
(Oberbayern, Pfalz, Oberfranken und Mittelfranken), 24
Distriktsverwaltungsbezirken und 60 Gemeinden 294 Ge¬
höfte verseucht.
Bttcherschau.
Deutscher Veterinär-Kalender für das Jahr 1910—1911.
XXII. Jahrgang. Herausgegeben in 3 Teilen von Prof.
Pr. R. Schmält z, Geh. Regierungsrat. Mit Beiträgen
von Veterinärrat Dr. Arndt, Bezirkstierarzt Dr. El-
1 i n g e r, Bezirkstierarzt Hartenstein, Sohlachthof-
dircktor Koch, Professor Regenbogen, Obervete¬
rinär S c h a d e, Prof. Pr. Schlegel, Veterinärrat
Dr. Steinbach und Professor T a p p e r. Berlin 1910.
Verlagsbuchhandlung von R. Schötz.
Der Inhalt des Deutschen Veterinär-Kalenders für das
Jahr 1910/11 weist gegenüber demjenigen der letzten Aus¬
gabe verschiedene Erweiterungen und Ergänzungen auf,
besonders im zweiten Teile. So wurde in diesen Teil ein¬
gefügt das neue preußische Reichskassengesetz, die neue
Prüfungsordnung für preußische Kreistierärzte, die Militär¬
veterinärordnung, ein Muster einer tierärztlichen Standes¬
ordnung, Satzung der Braunschweigischen Tierärztekammer
u. s.w. Die Kapitel über Behandlung der wichtigsten Krank¬
heiten, das Verzeichnis der Arzneimittel, sowie das Kapitel
„Bakteriologische Diagnostik“ im 1. Teile des Kalenders
wurden zum Teil ergänzt, zum Teil wesentlich bereichert,
außerdem wurde in diesen Teil eine neu vervollständigte
Tabelle der Pferdezuchtsbrandzeichen eingefügt.
Die XXII. Ausgabe des allseitig beliebten Kalenders
hat durch die voraufgeführten Zugaben und Ergänzungen
für den Zweck, bei den verschiedensten Anlässen des tier¬
ärztlichen Berufes ein Ratgeber zu sein, an Wert gewonnen
und es wird das Kompendium den Kollegen höchst will¬
kommen sein. A.
Schaper’s Taschenbuch der Tierärztlichen Hochschulen des
Deutschen Reiches. X. Jahrgang 1910.
Die stets zum Semesteranfang erscheinende Gratis¬
gabe der bekannten Verlagsbuchhandlung stellt ein prak¬
tisches Nachschlagewerk über die gesamten Einrichtungen
und Verhältnisse an den Hochschulen und den tierärztlichen
Abteilungen an den Universitäten dar. Als Buchschmuck
sind Porträts der Professoren Dr. v. Sußdorf - Stuttgart
und Dr. K ü nnemann - Hannover beigegeben. M.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Regierungstierarzt, Tierzucht¬
inspektor Probst wurde der Preußische Kronorden IV. Klasse
verliehen; Professor Dr. G. Lorenz, Obermedizinalrat in Darmstadt
den Charakter als Geheimer Obermedizinalrat; Professor Dr. W.
Pfeiffer in Gießen das Ritterkreuz I. Klasse des Großh. Hes¬
sischen Verdienstordens Philipps des Großmütigen.
Ernennungen: Knapp Georg, Distriktstierarzt in Wald-
kirchen (Niederbayern) zum Grenztierarzt dortselbst; Eder Franz
in Ergoldsbach und Wirt hl Wolfgang in Gangkofen zu Distrikts¬
tierärzten dortselbst.
Wohnsitzveränderungen: Herold Franz von Ham¬
melburg als Vertreter nach Weißenhorn; Hoerning Martin von
München als prakt. Tierarzt nach Endorf bei Prien; P r o n a t h
Joseph von München als bezirkstierärztlicher Assistent nach Neu¬
stadt a. H.
840
Approbationen: in Berlin die Herren B 1 ü m e 1 Gustav
aus Schroda, Blume Adolf aus Göthen, Grommelt Rudolf aus
Schlodien, Hofman n Georg aus Nürnberg, 0 s i n s k y Bronislaus
aus Stuhui-Abban, Plötner Willy aus Ottendorf und Rave Her¬
mann aus Kaiser Wilhelmskoog; in Hannover die Herren Hammer¬
mann Dietrich aus Nordtrup, Keune Heinrich aus Hagen, Pi-
gulla Heinrich aus Laband, Tr ei Harms aus Neermoor und
W i 11 m s Harms aus Heerenland.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Gießen die Tierärzte
A s c h e n b r e n n e r Eugen in Fürth, Frank Wilhelm in Murr¬
hardt, Miller Ernst in Syke, Schneeberger Richard in Idar
und Wolff Erwin in Göthen.
Auf Grund neuerer Untersuchungen nach Vorschrift
-von Tierarzt Dr. Jüterbock hergestellt. -
Alleinige Fabrikanten: Bacillolwerke Hamburg.
Prunk von .1. o 11e k w i n t c r , München. — Kommissionsverlag: M. Rfeger*ohe
rnivcrsiUttubuchhAndlung. München, Odoonsplfttj? 2
Münchener
(frlllier: Wochenschrift für Tierheilkunde und Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 13. Dezember 1910. Nr. 50.
Inhalt: Originalartikel: Kränzle: Kurze Mitteilungen aus
der Praxis. — Dr. Liohtenstern: Uber Syngamus trachealis bei
Gänsen. — Bittner: Mitteilungen aus der Praxis. — Eichner:
Gebärpareseähnliche Erkrankung bei einer Kuh. — Geyer: Ein
Fall von Gebärneurose beim Riud. — Schiller: Gasphlegmone
bei einer Kuh. — Referate: Wirth: Kasuistische Mitteilungen
aus der medizinischen Klinik an der K. K. Tierärztlichen Hoch¬
schule in Wien. (Schluß.) Bächstädt: Resultate der Behandlung
mit Josorptol. Dr. Ehinger: Beiträge zur Resorptionsfähigkeit
der tierischen Haut für Salicylpräparate. — Tierzucht und
Tierhaltung: Über das Belegen der Stuten vor dem neunten
Tage der Rosse. Deckhengste für das bayerische Landgestüt. —
Verschiedenes: Professor Johne f. Beseitigung von Tier¬
kadavern. Margarinevergiftungen. Stand der Maul- und Klauen¬
seuche. — Bücherschau. — Druckfehlerberichtigung. —
Personalien.
Kurze Mitteilungen ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt K r ä n z 1 e, Mering.
Zur Wirkung des Jodipins.
1. Eine Stute erkrankte im Anschluß an Druse an
einer sehr heftigen metastatischen Pneumonie. Nach einigen
Tagen trat stinkender Nasenausfluß auf; das Exspirium
wurde hochgradig fötid. Das Tier hatte ziemlich hohes
Fieber und war hei sehr geringer Freßlust äußerst matt.
Bei Perkussion der Brusthöhle zeigte sich beiderseits an
mehreren Stellen ein deutlich tvmpanitischer Ton, in der
Mitte der linken Seite konnte man eine etwa mannsfaust¬
große Lungenkaverne nachweisen; an dieser Stelle war
nämlich der Ton der olla rupta zu konstatieren. Die
Auskultation ergab überall klein- bis großblasige feuchte
Rasselgeräusche, die im Bereiche der Taverne brodelnd und
zischend waren. Versuchsweise injicierte ich dem als un¬
heilbar eraehteteten Pferde 50 g einer 25°/oigen Jodipin-
842
lösung. Überraschender Weise war bereits nach einigen
Tagen eine deutliche Besserung zu konstatieren, indem
sowohl der üble Geruch der Exspirationsluft geringer wurde,
als auch die Perkussion und Auskultation günstigere Re¬
sultate ergaben. Nun gab ich nochmals die gleiche Dosis
Jodipins mit der Absicht, die Injektion nach zwei Tagen
zu wiederholen. Die Besserung schritt jedoch so fort, daß
das geplante Verfahren nicht mehr nötig war und das Pferd
nach weiteren 14 Tagen geheilt aus der Behandlung ent¬
lassen werden konnte.
2. Eine nicht minder frappante Wirkung des Jodipins
hatte ich in folgendem Falle zu konstatieren: Ein Pferd
war unter hochgradig ikterischen Erscheinungen erkrankt:
Die Sklera des Auges war orangegelb verfärbt, die Blut¬
gefäße erwiesen sich sehr stark injiciert; dabei bestand
leichtes Fieber und Appetitlosigkeit. Das Tier war äußerst
matt und ging schwankend. Das Sensorium war getrübt,
ähnlich wie bei Schlafsucht. Nach zwei Injektionen von
Jodipin war das Pferd in kurzer Zeit wieder hergestells.
Neubildungen in der Bauchhöhle im Anschluß
an Druse.
Bei einem Pferde des Gutsbesitzers G. inTh. das sehr
stark an Druse erkrankt war, stellte sich trotz aller Behand¬
lung kein Appetit ein, so daß das Tier fort und fort mehr ab¬
magerte. Bei der rektalen Untersuchung desselben stellte
ich in der Bauchhöhle eine sehr große Neubildung fest,
deren gesamter Umfang nicht abgetastet werden konnte.
Ein kleinerer, etwa hühnereigroßer Tumor lag weiter nach
rückwärts gegen die Beckenhöhle zu. Das Tier wurde ge¬
schlachtet; leider war es mir nicht möglich zu erfahren,
welcher Art die Neubildungen waren.
Ein ähnliches Vorkommnis war bei einem zweijährigen
Pferde zu beobachten, das vom Kgl. Stammgestüt Achsel¬
schwang nach überstandener Druse abgegeben worden war,
weil es sich dort nicht erholte, sondern im Nährzustand
zurückblieb. Auch hier stellte ich intra vitam eine über
mannskopfgroße, viellappige Neubildung fest, die von der
Leber ausging.
Einen dritten leichteren Fall im Anschluß an Druse
bekam ich bei einem Pferde des \\ irtes L. in B. zur Be¬
handlung. Es handelte sich hier um eine halbhühner-
eigrobe Neubildung am Darm, die auf innerliche Verab¬
reichung von Jodkali wieder verschwand.
843
Intermittierendes Hinken.
Ein Pferd zeigte kurz nach dem Kaufe am rechten
Hinterfuß Symptome des intermittierenden Hinkens, die
bald so stark auftraten, daß das Tier nach einer Bewegung
von nur 10 Minuten Dauer zusammenstürzte und nur mit
Unterstützung wieder in den Stall zurückgebracht werden
konnte.
Die betreffende Extremität war nach der Bewegung
vollständig gelähmt und fühlte sich kalt an; Diagnose:
Thrombose der Schenkelarterie. Da durch Behandlung
Heilung nicht zu erwarten stand und da zudem nach einigen
Tagen auch am linken Hinterfüße Lähmungserscheinungen
auftraten, wurde das Tier geschlachtete Bei der Fleisch¬
beschau erwies sich die Muskulatur des rechten Hinterfußes
hochgradig anämisch, fast wie gekocht; beide Beckenarterien
waren mit alten, schmutziggrauen, krümeligen Thromben
wie ausgegossen; die rechte Darmbeinschenkelarterie war
durch einen frischen hellroten Thrombus in großer Aus¬
dehnung fast vollständig verstopft. Auch in der linken
Darmbeinarterie fanden sich bereits mehrere frische, kleine
Thromben.
Bauchbruch bei einem Pferde.
Ein Pferd wurde während des Liegens von dem da¬
nebenstehenden auf den Bauch getreten. Im Anschluß
daran entstand ein Bauchbruch von so riesigen Dimensionen,
daß das Tier geschlachtet werden mußte.
Morbus maculosus nach Hämoglobinämie.
Ein achtjähriges Pferd des Bauern S. in H. war beim
Durchgehen auf eine Egge gestürzt und hatte sich hiebei
eine ziemlich große Verletzung an der Stirne zugezogen.
14 Tage später wurde das Tier wieder eingespannt und er¬
krankte jetzt an Hämoglobinämie, obwohl es täglich etwas
bewegt worden war. Patient befand sich bereits wieder auf
dem Wege der Besserung, als am 4. Krankheitstage Er¬
scheinungen des Petechialfiebers auftraten, dem das Pferd
nach weiteren drei Tagen erlag. Morbus maculosus im Ge¬
folge bezw. als Begleiterscheinung vonHämoglobinämie dürfte
zu den Seltenheiten gehören. Vielleicht war die Blutflecken¬
krankheit durch eine toxische Substanz bedingt, die sieh
in den noch nicht vollständig verheilten Wundstellen an
der Stirne bildete?
844
Parotitis gangraenosa bei einer Kuh.
Eine Kuli erkrankte an septischer Ohrspeicheldrüsen-
entzündung, die hochfieberhaft verlief und wegen der durch
starke Anschwellung des ganzenKopfes bedingten Erstickungs¬
gefahr zur Notschlachtung des Tieres führte. Die Parotis
und die stark geschwollene Umgebung derselben zeigte sich
mit zahlreichen, stinkenden und jauchigen Eiterherden
durchsetzt.
Coenurusblase im verlängerten Mark eines
Rindes.
Ein Jungrind des Bauern W. in M. hielt den Kopf eigen¬
tümlich stets nach der rechten Seite geneigt. Dabei war
es bei gutem Appetit und zeigte keine Depressionserschei¬
nungen. Das gut genährte Tier wurde an den Metzger ver¬
kauft. Bei der Fleischbeschau fand ich in der Medulla
oblongata eine Blase des Coenurus cerebralis.
Über Syngamns trachealls bei Gänsen.
Von Dr. Georg Lichtenstern.
Syngamns trachealis zur Familie der Strongyliden
und damit zur Ordnung der Nematoden gehörig verursacht
durch sein Vorkommen in der Trachea der jungen Hühner,
Gänse, Fasanen u. s. w. eine epizootische Krankheit des
Junggeflügels, die fast ausnahmslos letal für die erkrankten
Tiere endet. Begünstigt durch die zahlreichen Nieder¬
schläge des Sommers trat diese Krankheit in Höfen auf,
deren Gänsewciden häutigen Überschwemmungen ausgesetzt
waren. Die Erscheinungen bieten nichts Typisches; ins-
besonders holen Erscheinungen von seiten des Respirations-
aj»parates weg. Auffallend ist die rasch eintretende be¬
deutende Kachexie, die verursacht werden kann entweder
durch .Stoffwechselprodukte der Endoparasiten oder durch
den Blutentzug seitens derselben. Eine Heilung der er¬
krankten jungen Gänse konnte ich nicht beobachten.
Die Anzahl der in der Trachea vorhandenen Rundwürmer
war ohne Einfluß auf. die Schwere der Krankheit. Die
Krankheit trat im Sommer auf ; eine Disposition bestimmter
Rassen liegt nicht vor, dagegen erkranken mit Vorliebe
jugendliche Tiere. Über die Entstehung der Krankheit
konnte ich positive Anhaltspunkte nicht gewinnen. Die
Diagnose intra vitam läßt sich auf folgende Weise bequem
steilen: Wenn man bei seitlicher Beleuchtung des gestreckten
Gänsehalses den Schnabel öffnet, kann man tief hinab in
845
die Trachea sehen und es ist die Belichtung, die durch
Federn, Haut und Trachea eindringt, ausreichend, um
eventuell vorhandene Endoparasiten direkt beobachten zu
können. Man kann auf diese Weise durch die Stimm¬
ritzen mittels langer Kanülen Medikamente eiubringen;
ich versuchte es mit Kaliumpikronitikumlösungen, ohne
einen Erfolg zu haben. Am wirksamsten erwies sich die
räumliche Trennung der gesunden von den kranken Tieren,
die Vermeidung von überschwemmten Laufplätzen und
sorgfältige Vernichtung der verendeten Tiere.
HUtteilnngen ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt Bittner, Leeder.
Sarkom der Düten bei einer Kuh.
Eine gut genährte Kuh des einfarbigen Gebirgsvieh-
sehlages zeigte Erscheinungen wie sie bei Coenurus-
erkrankungen beobachtet werden. Die Perkussion des
Schädels ergab namentlich im oberen Teil der Nase leeren
Schall. Nach der Schlachtung fand sich hier eine ca.
2 Pfund schwere mit der Umgebung fest verwachsene Neu¬
bildung, die in der Tierärztlichen Hochschule in München
als Sarkom erklärt wurde.
Botryomykotischer Abszeß im Netz einer Stute
Bei einem 5jährigen Pferd entfernte ich operativ ein
Botryomykom im Kehlgange. Nach einiger Zeit zeigten
sich neue Wucherungen, die jedoch wieder verschwanden.
2 Monate später erkrankte das Tier unter den Symptomen
einer Bauchfellentzündung und verendete. Bei der Sektion
fand sich neben Peritonitis im großen Netz ein Abszeß, in
w r elehem die Erreger des Botryomvkoms nachgewiesen
werden konnten.
K r a m p f z u s t ä n d e v T ährend der Rosse.
Eine rossige Stute zeigte hochgradige Erregungs¬
zustände, verbunden mit tetanischen Krämpfen. Beim
geringsten Geräusche schreckte das Pferd zusammen,
spreizte die Beine wie beim Starrkrampf und geriet am
ganzen Körper in Sclnveiß. Nach Verabreichung von
Bromkalium verschwanden die Krämpfe; Recidive ist
nicht eingetreten.
Lähmung des N. facia 1 is.
Im Juli d. J. wurde mir eine siebenjährige gut ge¬
nährte Fuchsstute zugeführt bei deren Untersuchung sich
846
der folgende Befund ergab: Die Ohrenmuschel der linken
Seite steht horizontal, die Augenlidspalte dieser Seite ist
schmal, die Nasenflügel sind schlaff, < die Oberlippe ist
nach rechts verzogen. Futter wird langsam aufgenommen;
das Kauen erfolgt schwer. Die Behandlung bestand in
kalten Duschen. Das Wasser wurde mittels Schlauch aus
einer Wasserleitung zugeleitet. Nach 14 Tagen verschwand
die Schiefstellung des Ohres und der Oberüppe, desgleichen
die Parese des Augenlides.
Gebärpareseähnliche Erkrankung bei einer Kuh.
Von Distriktstierarzt Eichner, Nesselwang.
Ich wurde zu einer Kuh, die vor 7 Monaten gekalbt
hatte und wieder trächtig war, gerufen mit dem Berichte,
das Tier könne sich nicht mehr erheben und schlafe fort-
wälirend. Am Abend vorher, so wurde mir weiter mit¬
geteilt, war eine ziemlich bedeutende Schwellung eines
Euterviertels aufgetreten, doch war die Futteraufnähme
noch gut. Nach mehrmaligem Einreiben mit einer Euter¬
salbe verschwand diese Anschwellung bis zum nächsten
Morgen wieder. Dagegen nahm das Tier bei der Morgen¬
fütterung nur mehr wenig Futter auf; auch die Milch¬
sekretion war fast vollständig sistiert. Im Laufe des Vor¬
mittags begann die Kuh plötzlich zu schwanken, legte
sich mittags nieder, ohne wieder aufzustehen. Die De¬
pressionserscheinungen nahmen allmählich zu, der Kopf
wurde in die Seite gelegt und die Augen ständig ge¬
schlossen gehalten. — Die Untersuchung ergab: 37° Tem¬
peratur, Puls 100, klein, doch regel- und gleichmäßig,
Atmung etwas verlangsamt. Die nicht bedeckten Körper¬
teile fühlen sich kalt an; Peristaltik auf beiden Seiten
gut hörbar; Kot trocken, Blase mäßig gefüllt. Das Euter
ist sddaff, die Milchsekretion sistiert, Entzündungs¬
erscheinungen sind am Euter nicht wahrnehmbar. Das
Tier erhielt eine Coffeininjektion. Nach einiger Zeit trat
Wiederkauen ein und vorgehalteues Futter wurde langsam
aufgenommen. 4 Stunden später erhob sich die Kuh ohne
Hilfe und zeigte fast keine Schwäche mehr. Nach einigen
Tagen gab sie auch die gleiche Milchmenge wie vor der
Erkrankung.
Ein Fall von Gebärnenrose beim Rind.
Von Distriktstierarzt Geyer, Mitterfels.
Bei einer Kuh traten am 3. Tage nach der Geburt
eigenartige Erscheinungen auf, die den Besitzer veranlaßten,
tierärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Kuh
begann plötzlich in den Barren zu beißen und das Nach¬
bartier zu belecken. Nach einiger Zeit beleckt sie sich
selbst ununterbrochen in der rechten Ellenbogengegend.
Die Kuh mußte zu diesem Zwecke fortwährend auf 3 Beinen
stehen und sich so stark abbiegen, daß sie jeden Augen¬
blick umzufallen drohte; aus dem Stalle geführt, schwankte
sie hin und her. Ich ließ dem Tiere Eis auf den Kopf
legen und machte Luftinfusionen ins Euter wie bei Gebär¬
parese. Nach einigen Stunden waren die genannten Er¬
scheinungen vollständig verschwunden und das Tier wieder
genesen.
Gasphlegmone bei einer Kuh.
Von Kgl. Bezirkstierarzt a. D. Schiller, Eichstätt.
Ich wurde zu einer Kuh gerufen, die angeblich seit
drei Tagen mäßigen und wählerischen Appetit gezeigt hatte
und bei welcher plötzlich Anschwellungen am rechten Hinter¬
schenkel aufgetreten waren. Die Untersuchung ergab, daß
die wohlgenährte, zirka 6 Monate trächtige Kuh vom rechten
Hinterschenkel bis zur Lende hinziehend beim Darüber¬
streichen knisternde Anschwellungen aufwies. Die Tempe¬
ratur betrug 39,5 0 C. Das Tier wurde vorläufig separiert
und von weiteren Maßnahmen abgesehen. Am nächsten Tag
hatte diese Gasphlegmone riesig zugenommen und sich auf
beiden Seiten über Rücken, Bauch und Brustwandungen
ausgedehnt, so daß die Haut stellenweise fausthoch von der
Unterlage abgehoben war. Da Appetit und Kotabgang mäßig
unterdrückt waren, wurde ein Abführmittel verabreicht. In
die Schwellungen machte ich an verschiedenen Stellen etwa
8 cm lange Hautschnitte und ließ diese öfters mit Wasser¬
stoffsuperoxydlösung gründlich durchtränken. Nach 5 Tagen
waren die Anschwellungen wieder völlig verschwunden.
(Jahresber. baver. Tierärzte.)
Referate.
W i r t h: Kasuistische Mitteilungen aus der medi¬
zinischen Klinik an der K. K. Tierärztlichen Hochschule
in Wien. (Österreich. Monatsschrift f. Tierheilkunde, 1910,
Nr. 3.) [Schluß.]
III. Stille Wut. — Genuine Kiefer-
1 ä h m u n g.
1. Die Untersuchung eines Foxterriers, der plötzlich
tags zuvor eine ausgesprochene Lähmung des Unterkiefers
848
bekam, ergab nichtiges törtes Allgemeinbefinden, Aufmerk¬
samkeit auf die Umgebung, keine Schreckhaftigkeit, keine
Bissigkeit, wohl aber etwas weniger Lebhaftigkeit. Maul
wird otfen gehalten; Unterkiefer hängt schlaff herab: Em¬
pfindlichkeit der Kopfhaut deutlich herabgesetzt; "Reflex¬
bewegungen am Kopfe und den vorderen Extremitäten in
verstärktem Grade auslösbar; spontane Nahrungsaufnahme
unmöglich, weshalb dem Tiere Milch mit der Magensonde
eingeflößt wurde. Am folgenden Tage schien es, als ob die
Lähmung gegen die vordere Extremität weiter vorgeschritten
wäre. Tags darauf lag der Hund ohne jedwede Erregungs¬
zustände apathisch im Käfig; erst als man ihn herausnehmen
wollte, stieß derselbe plötzlich ein hohes, langgezogenes,
gellendes Geheul aus und versuchte zu schnappen. Am
ti. Tage trat der Tod ein, ohne daß der Hund weitere auf¬
fallende Erscheinungen gezeigt hätte. Obduktionsbef und:
Akute hämorrhagische Magendarmentzündung; chronische
Endokarditis der Klappen; in den Rückenmarkshäuten Ge¬
fäße sehr stark mit Blut gefüllt; im Rückenmark, besonders
in der grauen Substanz, zahlreiche, kleine, punktförmige
Blutungen, die besonders im Bereich des zweiten Hals¬
wirbels sehr zahlreich und ausgeprägt waren. In den Ammons¬
hörnern wenig kleine Negri’sche Körperchen. Die mit Ge¬
hirn-Emulsion geimpften Versuchstiere gingen binnen 20
Tagen an Wut ein.
2. Im Gegensalze zu obigem Ealle konnten bei einem
mit Lähmung des Unterkiefers der Klinik übergebenen
Hunde am 3.Krankheitstage folgende Symptome konstatiert
werden: Tier lebhaft, zutraulich und aufmerksam; häufiges
Winseln und Bellen bei unveränderter Stimme; Empfind¬
lichkeit der Kopfhaut überall erhalten, nur geringgradig
herabgesetzt; Steigerung von normal nachweisbaren Re¬
flexen nicht vorhanden. Am 8. Krankheitstage Besserung
der Lähmung, so daß der Hund selbst Nahrung aufnehmen
konnte.
Bächstädt: Resultate der Behandlung mit Josorp-
tol. (Tienirztl. Rundschau, 1910, Nr. 38.)
1. Zwei Pferde, die einen sehr starken Nageltritt
sich zugezogen hatten, so daß sehr heftige Lahmheit bestand,
wurden nach Ereilegen des jeweiligen Stichkanales. anti-
septischem Ilufbad und täglichem Verband mit Josorptol
1:3. Ol. Terebinth. in verhältnismäßig kui*zer Zeit voll¬
ständig hergestellt. Das .Josorptol-Terpentiuöl wirkte hier
849
erweichend auf das in der Umgebung der Verletzung be¬
findliche Horn, so daß letzteres, soweit es durch Sekret und
Eiter unterminiert und losgelöst ist, leicht entfernt werden
kann. Außerdem wirkte es in hohem Grade desinfizierend
und förderte bei eingetretener Eiterung diese, sowie die
Demarkation und Bildung eines gesunden Granulations¬
gewebes.
2. Bei akuter S e h n e n e n t z ü n d u n g ist eine
Einreibung von 15,0 Josorptol 3 Minuten lang zu empfehlen.
24 Stunden nach erfolgter Einreibung lege man einen Wat fe¬
verband mäßig fest an und entferne denselben nach 0 bis 8
Tagen wieder.
3. Gegen Pi u tore n t z ii n d u n g einer Stute leistete
eine einmalige Einreibung von Josorptol 12,0, Lanolin 15,0
recht befriedigende Dienste.
4. Austamponieren der Hauttasche mit Josorptol 1,0,
Ol. Terebinth. 3,0 bei einer p e n e t r i e r e n d e n Wu n d e
des Vorder f n ß w u r z e 1 g e 1 e n k e s bewirkte äußerst
rasche Heilung.
Resu me: Josorptol wirkt sowohl als scharfes wie
auch als resorbierendes Mittel und ist dem Üngt. cantharid.
ac-re. vorzuziehen. Wirkt gleichmäßig, sicher und ist stets
vollständiger Haarersatz nach Abstoßung der Punreibungs-
sehorfe zu erwarten. Bei Schleimbeutel- und Sehnenscheiden¬
verletzungen, sowie Wunden mit Taschenbildung hat sich
die Verbindung mit Ol. Terebinth. 1: 3 als desinfizierendes
und granulationsbeförderndes Mittel brillant bewährt.
Kabu s.
Dr. Ehinger: Beiträge zur Resorptionsfähigkeit der
tierischen Haut für Salicylpräparate. (Dissertation aus der
vet.-med. Klinik der Universität Gießen.)
Über den vorstehenden Gegenstand stellte E. Versuche
am Pferd, Rind, Sclmf, Hund und Kaninchen an. Er be¬
nutzte hierzu die zwei neuen Salicylpräparate: Saposalicylat-
Bengen und Salenuni purum. Die Einreibung der Medika¬
mente geschah an verschiedenen Stellen der Körperober¬
fläche, jedoch stets so, daß Ablecken oder Abstreifen der¬
selben seitens der Versuchstiere nicht stattfinden konnte.
Zur P'eststellung der Aufnahme der Salicylsäure durch die Maut
oder des Gegenteiles wurde das Vorhandensein oder Fehlen
der Salicylsäurereaktion im Harm* der Versuchstiere mittels
der Päsenchloridreaktion geprüft. Diese Prüfung ermöglichte
850
auch den Nachweis der Dauer der Ausscheidung der Salicyl-
säure durch den Urin, und die Intensität dieser Reaktion
gab annähernden Aufschluß über die Menge der resorbierten
Salicylsäure. Dabei beobachtete man ferner, ob und wann,
und in welchem Grade die zu prüfenden Medikamente eine
schädigende Wirkung auf die Haut ausüben.
Die Eisenchloridreaktion anbelangend, führt E. nach
Walther aus: Der Harn wird gekocht, mit einigen Tropfen
konzentrierter Salzsäure versetzt, filtriert, zur Hälfte mit
Wasser verdünnt. Hierauf setzt man einen Tropfen einer
10prozentigen Eisenchloridlösung bei, worauf eine mehr
oder weniger blau-violette Färbung eintritt. Die Resultate
faßt E. in folgenden Sätzen zusammen:
1. Von der intakten Haut des Pferdes, Rindes, Schafes,
Hundes und Kaninchens wird sowohl Saposalicvlat
als auch das Salenum purum resorbiert.
2. Saposalicylat hat dem Salenum purum gegenüber den
Vorzug der schnelleren und intensiveren Resorption
von Seiten der Haut.
3. Die Ausscheidung der Salicylsäure durch den Harn
bei mittleren und höheren Dosen ist durchschnittlich
in 30 Stunden beendet.
4. Die geringste Menge der eingeriebenen Präparate,
welche sich noch im Harn nachweisen läßt, beträgt
bei den Versuchen
mit Sa
posalicylat und mit S
alenum p
beim
Pferd
0,016 g
0,06 g
Rind
0,013 g
0,05 g
»t
Schaf
0,008 g
0,25 g
N
Hund
0,017 g
0,55 g
Kaninchen
0,04 g
0,2 g
pro Kilo Körpergewicht berechnet.
5. Hautschädigende Einwirkung auf die Applikations¬
stellen hatte keines der beiden Präparate. A.
Tierzucht und Tierhaltung.
Über das Belegen der Stuten vor dem neunten Tage
der Rosse.
Lehndorff 1 ) sagt in seinem Werke ,Handbuch für
Pferdezüchter 1 : „Die Rossigkeit bei Fohlenstuten äußert sich
in der Regel am siebten oder achten Tage nach dem Ab¬
fohlen und pflegt dann bis zum 9. oder zehnten Tage an-
') .Handbuch für l*ferdezücliter‘, 1909, S. 16.
851
zuhalten, weshalb sich die große Mehrzahl solcher Stuten
am achten oder neunten Tage wieder decken läßt; es gibt
aber auch Stuten, welche nur am vierten oder fünften Tage
nach dem Fohlen rossen und dann monatelang auf Wieder¬
kehr der Rosse warten lassen; da es erfahrungsgemäß fest-
stelit, daß die Stuten während der ersten Zeit nach dem
Abfohlen am leichtesten befruchtet werden und daß die
Rossigkeit während des Säugens seltener wiederkehrt, als
bei güsten Stuten wird man gut daran tun, solche Stuten
schon am fünften Tage nach dem Abfohlen zu decken.“
Schwarzen ecke r 8 ) äußert sich über die Rosse und
das Belegen von Stuten wie folgt: „Am geeignetsten zur
Wiederbedeckung von Fohlenstuten gilt fast allgemein der
neunte Tag nach dem Gebären, doch kann man auch,
wenn Zeichen von Rossigkeit vorhanden sind, einen früheren
Tag z. B. den fünften oder siebten nach dem Abfohlen
wählen“ ; und an einer anderen Stelle 3 ) sagt S.: „Man kann
als durchschnittliche Dauer der Rossigkeit acht Tage an¬
nehmen.“
Nach Franck 4 * ) dauert die Rossigkeit der Stute im
Mittel acht Tage. „Es ist Tatsache, so äußert Franck, daß
die Stute 5—9 Tage nach der Geburt, selbst ohne daß sie
ausgesprochene Zeichen der Brünstigkeit zeigt, den Hengst
annimmt und befruchtet wird; die Befruchtung findet sogar
sicherer statt, wenn die Begattung am fünften Tage nach
der Geburt stattgefunden hat, als wenn dieses später ge¬
schieht.“
Nach Epple 6 ) währt die Rosse nur bis fünf und nach
Fiedler 6 ) 5—7 Tage. Ersterer erklärt, daß die Stuten
am sichersten am 7.—8. Tage nach dem Abfohlen conci-
pieren. In Marbach kommen die Fohlenstuten am achten
Tage zum Hengste.
v. Nathusius 7 ) sagt: „Die Dauer der Rosse beträgt
1—2 Tage.“ Übrigens, so fügt er bei, können die Samen¬
fäden Stunden und Tage nach dem Begattungsakte noch
befruchten. N. rät, die Stute schleunigst dem Hengste zuzu¬
führen , sobald die Brunst sicher erkannt wird. Wenn
4 ) Schwärzenecker: ,Pferdezucht., Rassen, Züchtung und
Haltung der Pferde 1 , 1902, S. 407.
s ) Ibidem, S. 408.
*) .Handbuch der tierärztlichen Geburtshilfe 1 , 1901, S. 66 und 67.
s ) Zitiert nach Francks .Geburtshilfe 1 , S. 67.
6 ) Ibidem S. 68.
’) ,Die Pferdezucht unter besonderer Berücksichtigung des
betriebswirtschaftlichen Standpunktes 4 , 1902, S. 151.
852
Nathusius von nur zweitägiger Dauer der Brunst spricht,
so .meint er wohl nur diejenige Zeit, zu welcher sich die
Symptome der Brunst am auffälligsten äußern.
In demselben Sinne ist auch die Angabe von Hoff¬
man n 8 ) aufzufassen, nach welcher die einmalige Dauer der
Rosse nur 12—36 Stunden währt. Im Weitern erwähnt
Hoff mann bezüglich derZeit, zu welcher die Stuten auf¬
nehmen das Folgende: Im Allgemeinen gilt, daß die Stute
am neunten Tage nach der Geburt wieder aufnehme. Es
herrschen hierüber aber verschiedene Ansichten. Bei ein¬
zelnen Stuten tritt die Rosse schon 5—7 Tage nach der
Geburt ein.
v. öttingen 9 ) ist der Ansicht, daß die Rosse bei der
Stute neun Tage dauert und bezeichnet als den günstigsten
Tag zur Bedeckung den neunten Tag nach der Geburt ; in
Ausnahmefällen läßt v. öttingen Stuten schon am siebten
oder achten Tage, zuweilen schon am dritten Tag nach dem
Abfohlen decken, v. 0. beobachtete, daß Stuten am dritten,
vierten und fünften Tage nach der Geburt deutlich roßten,
aber nicht mehr als sie gedeckt werden sollten. Weiter
konstatierte er, daß viele Stuten erst am zehnten, elften
Tag nach dem Fohlen roßten; daß ferner die Rosse nach
Frühgeburten (319 Tagen) erst 15—20 Tage nach der Ge¬
burt eintrat. Es gibt nach ihm auch Stuten, die nur
1,2 oder 3 Tage rossen; solche werden nach dem Eintritte
der Brunst sofort gedeckt und an einem der folgenden
Tage nochmal, v. Öttingen empfiehlt Stuten, die nicht auf¬
nehmen wollen, mit zwei Hengsten unmittelbar nacheinander
decken und hierbei den gewünschten Hengst als zweiten
verwenden zu lassen. Solche Stuten läßt von öttingen vor
dem Decken eine halbe Stunde abtraben. Wenn säugende
Stuten nicht aufgenommen haben, oder nicht gedeckt wurden,
so empfielilt es sich nach v. ö. diesen bei der zweiten Rosse
zwei oder drei Sprünge zu geben und zwar den zweiten
Sprung am dritten Tag der Rosse, oder, wenn kein Hengst
frei ist, am vierten oder fünften Tage.
Die zweite Rosse dauert nach ö. nicht so lange als die
erste; es ist deshalb der zweite Sprung früher zu geben und
für den Fall, daß die Stute doch noch weiter roßt, erhält sie
den dritten Sprung am achten oder neunten Tage. A.
(Schluß folgt.)
"I .Spezielle Pferdezucht 4 , 1902, S. 96.
41 ) ,l)ie Zucht des edlen Pferdes 4 , 1908, 8. 311 und folgende.
853
Deckhengste für das bayerische Landgestut.
Der Kgl. Landstallmeister Freiherr von Aufseß und
der Landesgestütstierarzt, Kgl. Regierungsrat Pröls über¬
nahmen jüngst in Leer (Ostfriesland) 30 im Juni für das
bayerische Landgestüt angekaufte Hengste. Die Preise für
Beschäler schwankten zwischen 2000—3600 Mk.
Verschiedenes.
Professor Johne f.
Am 5. Dezember verschied in Kleinsedlitz bei Pirra
unerwartet, ohne vorgängiges Krankenlager der Geheime
Medizinalrat, Professor Dr. Johne.
Beseitigung von Tierkadavern.
Der dem Reichstage vorgelegte Gesetzentwurf, betr.
die Beseitigung von Tierkadavern lautet:
§ 1. Die Kadaver oder Kadaverteile aller gefallenen
oder getöteten Pferde, Esel, Maultiere, Maulesel, Tiere des
Rindgeschlechts, Schweine, Schafe und Ziegen sind, soweit
nicht ihre Verwertung zugelassen wird, unschädlich zu be¬
seitigen.
Inwieweit und in welcher Weise eine Verwertung von
Kadavern imd Kadaverteilen zulässig ist, bestimmt der
Bundesrat.
§ 2. Die unschädliche Beseitigung hat durch Ver¬
graben an geeigneten Stellen zu erfolgen, soweit sie nicht
durch hohe Hitzegrade (Kochen oder Dämpfen bis zum
Zerfall der Weich teile, trockene Destillation, Verbrennen)
oder auf chemischem Wege bis zur Auflösung der Weich¬
teile geschieht. In letzteren Fällen können die gewonnenen
Erzeugnisse als Futtermittel für Tiere, Düngermittel oder
in anderer Weise, jedoch nicht zum Genüsse für Menschen
verwendet werden.
§ 3. Dem Landesrechte bleibt Vorbehalten für die
unschädliche Beseitigung weitergehende Vorschriften als im
§ 1 Absatz I und im § 2 enthalten sind, zu erlassen, sowie
das Abdeckereiwesen einschließlich des Betriebs der An¬
lagen zur gewerbsmäßigen Beseitigung oder Verarbeitung
von Kadavern und tierischen Teilen in Abweichung von
der Gewerbeordnung zu regeln.
§ 4. Die Landesregierungen sind befugt, Vorschriften
zur Ausführung der §§ 1 und 2 zu erlassen. Dabei können
sie bestimmen, daß die Vorschriften dieses Gesetzes auch
auf die Kadaver totgeborener Tiere und anderer Tierarten
als der im § 1 genannten Anwendung finden.
854
§ 5. Zuwiderhandlungen gegen dieses Gesetz sowie
gegen die auf Grund der §§ 1, 3, 4 dieses Gesetzes erlassenen
Vorschriften werden mit Geldstrafe bis zu 150 Mk. oder
mit Haft bestraft.
§ 6. Die Vorschriften über die Beseitigung von Tier¬
kadavern, die in den Reichsgesetzen über die Bekämpfung
der Rinderpest und anderer Viehseuchen sowie über die
Schlachtvieh - und Fleischbeschau und in den dazu er¬
lassenen oder noch zu erlassenden Ausführungsbestimmungen
enthalten sind, bleiben unberührt.
Margarinevergiftungen.
In Hamburg und in der weiteren Umgebung Ham¬
burgs, in Altona, Elmshorn, Neumünster und den südlichen
Teilen Schleswig-Holsteins, sind eine Anzahl Vergiftungen
infolge des Genusses von Margarine vorgekommen. In Ham¬
burg belief sich am 2. Dezember die Zahl der Erkrankungen
auf 175. 4 Personen sind gestorben. Auch in Düsseldorf
und Dortmund sind Margarinevergiftungen vorgekommen.
Die Vergiftungen sollen durch ein von der Hamburger
Firma Molir & Cie. hergestelltes Margarine-Präparat „Backa“
verursacht worden sein. Es sind eingehende Untersuchungen
zur Feststellung im Gauge, ob bei der Herstellung der Backa-
Margarine giftiges Material verwendet wurde, oder ob Fehler
bei der Fabrikation der Margarine vorgekommen sind.
Stand der Maul- und Klauenseuche.
Die Seuche ist neu ausgebrochen am 29. November
in Altheim, B.-A. Landshut, in Bruckhof, B.-A.
Griesbach, in Hergersweiler, B.-A. Bergzabern; am
30. November in S t e i n w e i 1 e r, B.-A. Germersheim.
Bttcherschau.
Jahresbericht über die Leistungen auf dem Gebiete der
Veterinärmedizin. Herausgegeben von Professor Dr. med.
und phil. Ellenberger, Dresden und Dr. med. et med.
vet. W. Schütz, Berlin. Redigiert von Ellenberger und
Otto Zietschmann. Neunundzwanzigster Jahrgang (Jahr
1909). Berlin 1910. Verlag von Aug. Hirschw r ald.
Der Bericht für das Jahr 1909 umfaßt in 20 Abtei¬
lungen 436 Seiten, w r ol>ei erwähnt werden muß, daß der
größere Teil des Inhaltes in Kleindruck gegeben ist.
Wie die früheren Berichte, so bringt auch die gegen¬
wärtige Mitteilung über alle im Verlaufe des Berichtsjahres
in der Literatur der einzelnen Kulturstaaten aufgeführten
855
Leistungen auf dem Gebiete der Veterinärmedizin und den
verwandten Gebieten.
Der Ellenberger-Schütz’sche Jahresbericht muß als
eine hochschätzbare Erscheinung auf dem Gebiete unserer
Literatur bezeichnet werden. Nur mittels des Studiums
dieses Berichtes wird es dem in der Praxis vielbeschäftigten
Tierarzte möglich, sich über den Stand unserer Wissen¬
schaft auf den einzelnen Gebieten zu unterrichten und so
auf dem Laufenden zu bleiben. Der Inhalt der Berichte
dient ihm aber auch als Ratgeber in den verschiedensten
Fragen der beruflichen Tätigkeit; den literarisch tätigen
Kollegen sind die Berichte ein ausgezeichnetes unentbehr¬
liches Hilfsmittel zur Orientierung über die Anzahl und
den Inhalt der über einen bestimmten Gegenstand vor¬
handenen literarischen Arbeiten. Die Benutzung der Jahres¬
berichte erspart außerordentlich viel Zeit und Mühe. Die
Berichte sind daher für den Tierarzt ein unersetzbarer Weg¬
weiser sowohl für das wissenschaftliche als praktische Wirken
und können nicht genug empfohlen werden. A.
Vademecum für die tierärztliche Geburtshilfe. Von Dr.
Albert Scheibel, Kreisveterinärarzt. Hannover
1910. Verlag von M. u. H. Sehaper. Preis geb. 2,25 dl.
Das Büchlein enthält auf 93 Seiten Taschenbuchformat
in gedrängter Kürze so ziemlich alles, was zum Gebiete der
Geburtshilfe gehört. Trotzdem dürfte der Wunsch des Ver¬
fassers im Vorwort, „das Vademecum soll dem jungen Tier¬
arzt, der zur Geburtshilfe gerufen wird, als
kurzer Ratgeber dienen, o b und wie er eingreifen soll“,
nicht wörtlich zu nehmen sein.
Im übrigen kann das Werkchen Studierenden als Repe¬
titorium oder zur Einführung für die praktischen Übungen
empfohlen werden, da der Text klar und leicht verständlich
ist und durch einfache, aber instruktive Abbildungen er¬
läutert wird. M.
Drnckiehlerberichtignng,
ln Nr. 49 Seite 836 Zeile 6 und Zeile 17 von oben soll es
lauten „Möller“ statt „Müller“
Personalien.
Auszeichnung: Dem Kgl. Ministerialrat, Professor Dr.
Vogel wurde das Oftizierskreuz des Sächsischen Albrechtsordens
verliehen. Professor Dr. Pfeiffer-Gießen erhielt das Ritterkreuz
I. Klasse des Großh. Hessischen Verdienstordens Philipp des Gro߬
mütigen.
856
Wohnsitz verän derung: Dr. Meßcnzell Karl von
Königshofen nach I laßflirt (Unterfr.)
Nieder lasung: Mayr Hermann aus Miesbach in Feldkirchen
bei Westerham (Obby.)
Approbationen: in Dresden die Herren Greyer Walter
aus Chemnitz und Heinke Pani aus Dresden.
Auf Grund neuerer Untersuchungen nach Vorschrift
-von Tierarzt Dr. Jüterbock hergestellt. -
Alleinige Fabrikanten: Bacillolwerke Hamburg.
Zentralinstitut für Tierzucht
Enthält Heilstoffe (Agressine und SchutzstofFe (Toxine), womit
eine langanhaltende Immunität erreicht- wird.
Bewährt hat sich die Impfung tragender Sauen, um die
Ferkel zu immunisieren.
Dosis: Ferkel 2— 4 ccm. Sauen 10ccm. — Preis: 10 ccm 1.20 Mk.,
30 = 3.20 Mk., 50 = 5.30 Mk., 100 ccm = 10.50 Mk. u.s.w.
Besondere Herstellung auf Grund der Einsendung von Organen.
Zeugnisse auf Anfrage gerne zu Diensten. 47 [52]
Berlin S.W. 48, Wilhelmstr. 128. Dr. Kirstein.
Druck von I ^otteswinter, München. — Kommissionsverlag: M. R leger sehe
i’niversiüUsbuchhandlung, München, Odeonsplatz 2.
Münchener
(früher: Wochenschrift für Tierheilknnie und Viehzucht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herausgegeben von
Dr. M. Albrecht.
54. Jahrg. München, den 20. Dezember 1910. Nr. 51.
Inhalt: Abonnementseinladung. —Originalartikel: Speiser:
Kurze Mitteilungen aus der Praxis. — Referate: Barnick:
Die Verrenkung der Kniescheibe. Dr. Poppe: Zur Frage der
Übertragung von Krankheitserregern durch Hühnereier. Zugleich
Beitrag zur Bakteriologie des normalen Eies. — Tierzucht
und Tierhaltung: Über das Belegen der Stuten vor dem
neunten Tage der Rosse. (Schluß.) Welcher Milchertrag ist für
die Rentabilität der Milchviehhaltung notwendig? — Ver¬
schiedenes: Professor Johne f. Kgl. Tierärztliche Hoch¬
schule Stuttgart. Frequenz an der Tierärztlichen Hochschule
in Berlin. Deutscher Veterinärrat. Dr. med. dent. Vermächtnis.
Stand der Maul- und Klauenseuche in Bayern am 3. Dezember
1910. — Personalien.
-A-Tooaaxiements-E in-lad/cm-gr.
Für diejenigen Herren Leser, welche die Wochen¬
schrift durch die Post beziehen, geht mit nächster Nummer
das Abonnement zu Ende. Zur Vermeidung von Unter¬
brechungen in der Züsendung empfiehlt es sich, das Abonne¬
ment für das I. Semester 1911 bei der nächsten Postanstalt
baldigst zu erneuern. In den daselbst aufliegenden amt¬
lichen Zeitungskatalogen ist die Wochenschrift für Bayern
unter Nr. 863 2 in der Preisliste des Reichsgebietes unter
Nr. 8252, für Österreich-Ungarn unter Nr. 4203 eingetragen.
Abonnementspreis bei Bezug durch die Post halbjährig
4 M. Im Buchhandel zu beziehen durch die M. Rieger-
sche Universitätsbuchhandlung, München, Odeonsplatz 2.
Karze Mitteilungen aas der Praxis.
Von prakt. Tierarzt Speiser, Nürnberg.
Das bronchiale Asthma des Pferdes.
In fünf Fällen konnte ich im vorigen Jahre bronchiales
Asthma infolge chronischer Bronchitis und Lungenemphysenis
bei Pferden beobachten. Die Erscheinungen waren: Erhöhte
Atmungsfrequenz (20—24 Züge pro Minute in der Ruhe
858
unter .starker Beteiligung der Flanken und Erweiterung der
Nüstern), 42—46 Pulse und nur in einem Falle während
einiger Tage mäßiges Fieber (39,5° (I). Pie Perkussion
ergab beiderseits leicht tympanitischen Schall, die Auskul¬
tation verschärftes Vesikuläratmen, über den ganzen Brust¬
korb verteilt, hauptsächlich aber im oberen Drittel pfeifende,
giemende und knisternde Geräusche. Der leicht auslösbare
Husten war matt. Schleim wurde teils nur spärlich, teils in
großen Mengen in Gestalt von geballtem, weißlich-grauem
Sputum mit den Hustenstößen durch die Nase ausgeworfen.
Bei zwei Pferden bestand so hochgradige Atemnot, daß schon
nach wenigen Schritten Bewegung auf ebenem Terrain deut¬
licher Lufthunger auftrat. Bei sämtlichen Pferden konnte
auch eine deutlich ausgeprägte Nervosität beobachtet werden.
Die Tiere waren ängstlich und schreckhaft, ein Pferd biß
während oder nach den häufigen Hustenanfälleu in den
Barren. Es wäre interessant zu eruieren, ob diese Nervosität
auch bei Tieren eine Folge oder die Ursache des hoch¬
gradigen Asthmas ist, nachdem beim Menschen Nervosität
und Asthma in ursächlichen Zusammenhang gebracht werden
konnten *). Beziehungen zwischen beiden sind nicht so ohne
weiteres von der Hand zu weisen, wenn man bedenkt, daß
die Sektiousergebnisse (mäßige Volumenzunahme der
Lungen, oft nur in den Vorderlappen Erscheinungen des
vesikulären Emphysems, nur relativ spärliche oder gar
keine Exsudatmassen in den Bronchien) eigentlich in gar
keinem Verhältnis zu der intra vitam aufgetretenen hoch¬
gradigen Atembeschwerde stehen.
Die Behandlung bestand neben Verabreichung
von großen Dosen der üblichen Expektorantien in sub¬
kutanen Injektionen von 10 %igem Jodipin (1—3 Dosen
von je 100 g). Während ich in früheren Jahren mit dieser
Therapie verschiedene sehr befriedigende, anhaltende Er¬
folge erzielte, konnte im vergangenen Jahre nur bei zwei
Pferden eine erhebliche Besserung konstatiert werden,
während drei andere geschlachtet werden mußten.
B ii e k e n m arkserschiitterung bei eine m
Pferde.
Ein Pferd zog sieh durch einen heftigen Sturz infolge
Stolpern* über die Schwelle der Stalltüre eine Ersehütte-
*) Ich konnte auch beobachten, daß die Schwankungen des
Luftdruckes (gemessen am jeweiligen Barometerstand) einen Einfluß
auf das bronchiale Asthma halten ; wenn ich mehr Material gesammelt
habe, werde ich darüber berichten.
859
rung des Rückenmarkes zu. Es wurde aufgehoben und mit
großer Mühe in den Stall zurückgebracht. Hier blieb es
drei Tage lang unbeweglich stehen; es rührte weder spontan
ein Bein, noch konnte ein Fuß mit Gewalt aufgehoben
werden, das Pferd stand vielmehr wie an den Boden ge¬
nagelt da. Habei war das Bewußtsein ungetrübt, der Appetit
gut, Futter- und Getränkaufnahme erfolgten in normaler
Weise. Nach 3 Tagen gelang es, das Pferd etwas zur Seite
zu drängen und mit Mühe einen Vorderfuß aufzuheben.
Nach weiteren zwei Tagen konnte das Tier bei sorfältigster
Unterstützung aus dem Stalle geführt werden. Es ging
stark taumelnd, daneben bestand völlige Ataxie. Nadel¬
stiche wurden auf der rechten Seite mehr gefühlt wie links.
Der Zustand besserte sich allmählich dergestalt, daß 18 Tage
nach dem Unfall die Bewegung ziemlich flott, von statten
ging. Die Ataxie war noch nicht vollständig geschwunden:
das Pferd gebrauchte wiederholt die Extremitäten der einen
Seite gleichzeitig oder unmittelbar nacheinander. Einen
Monat nach dem Unfall konnte das Tier wieder zu leichter
Arbeit auf hartem Boden verwendet werden. Erst jetzt
legte sich das Pferd auch nachts wieder nieder.
Beitrag zur Kasuistik der Anwendung der
elastischen Ligatur bei der Behandlung
der Stollbeule.
Ein 9 Jahre alter Rappwallach war bereits 1908 von
einem Kollegen und mir wegen Stollbeule behandelt worden.
Es gelang, sie zur Resorption zu bringen; später trat jedoch
Rezidive mit Fluktuation auf, sowie nach einer Inzision
starke Sekretion; doch bildete sich die Geschwulst nach
längerer Behandlung auch diesmal wieder zurück. Nach¬
dem im heurigen Frühjahr wieder starke Schwellung und
Eiterung entstand, band ich die nunmehr fast doppelfaust¬
große Stollbeule, da der Besitzer einer Radikaloperatioti
nicht zustimmte, mittels elastischer Ligatur ab, was ver¬
hältnismäßig leicht gelang, da die Beule von ihrer Um¬
gebung' durch einen deutlichen Hals abgesetzt war. Nach
8 Tagen nekrotisierte nicht nur die abgebundene Stollbeule,
sondern auch die Haut rings um die Ligatur herum durch¬
schnittlich 2—3 Finger breit, offenbar infolge zu starker
Spannung durch die Ligatur, so daß nach dem Abfallen
bezw. Abschneidm der Stollbeulenreste eine doppelthand¬
große Wundfläche im Durchmesser von 25: 30 cm vorhanden
war. Die noch restiorenden Teile des Stoffbeutels konnten
860
mit dem scharfen Löffel und Höllenstein leicht entfernt
werden. Die Überhäutung dieser großen Wundfläche er¬
folgte unter austrocknender Behandlung mit 5 feigem
Pyoktaninstreupulver bezw. Pyoktaniuspirituslösung in Alt¬
wechslung mit Xeroformpulver und 20 %iger Tannoform-
salbe glatt in 4 Monaten, so daß nur mehr über dem Ellen¬
bogenhöcker eine zirka fünfmarkstückgroße haarlose Narbe
bestehen blieb.
Die gesamte übrige ehemalige Wundfläche ist mit
normaler Haut und normalem Haarkleid bedeckt und in
geradezu idealer Weise verheilt, so daß das erzielte Resultat
befriedigte.
Zerreißung der Achillessehne bei einem
Hunde.
Ein 11 jähriger Jagdhund lahmte plötzlich nach dem
Apportieren eines Hasen hochgradig auf dem rechten Hinter¬
füße. Er hielt die Extremität im Sprunggelenke stark ge¬
beugt, beim Auftreten berührte sie fast bis zum Fersenbein¬
höcker den Boden. Die Untersuchung ergab eine Zerreißung
der Achillessehne an ihrer Übergangsstelle aus dem Mus-
eulus gastroenemius. Das Sprunggelenk wurde ad maximuni
gestreckt und ein Streckverband angelegt, den ich aus
Stärkegaze, Schienen und Drahtgipsbinden herstellte. Nach
der Erhärtung konnte der Hund den Fuß belasten und be¬
nützen. Der Verband blieb 4 Wochen liegen. Nach seiner
Abnahme zeigte sich die Ruptur geheilt und jegliche Lahm¬
heit verschwunden. Die Sehne war jedoch doppelt so stark
als die des anderen Fußes, außerdem bestand eine erhebliche
Verdickung des Sprunggelenkshöckers. Auf Massage mit
Obigem Jodvasogen verschwanden auch diese Verände¬
rungen.
Z w e i Fälle von Tuberkulose bei Papagei e n.
Ich hatte Gelegenheit zweimal die genannte Erkran¬
kung bei Papageien zu konstatieren. Bei dem einen sehr
traurigen, stark abgemagerten Tiere bestand mäßige Atem¬
not; außerdem waren in- und exspiratorische, pfeifende,
schnurrende, rasselnde Geräusche schon auf Entfernung
festzusteilen. Der zweite Vogel hot bei der Untersuchung
einen sehr grotesken Anblick. Bei ihm bestand sowohl am
Kopf, Hals und Kumpf, insbesondere aber um den Schulter¬
gürtel ein bullöses Emphysem der Epidermis, dergestalt,
daß dieselbe an diesen Partien vom Körper bezw. “Von der
Üntis in inner seidenpapierdünnen, mehrfach abgesetzten
861
Blase, die sehr lichtdurchlässig war, sich abgehoben hatte.
Die Federn waren größtenteils, namentlich an den Kuppen
der Blase, ausgefallen, oder sie steckten stark gesträubt in
der Haut. Nach Angabe des Besitzers soll diese klrschei-
nung in den letzten Monaten in mehrwöchentlichen Perioden
aufgetreten und wieder verschwunden sein. In der Zwischen¬
zeit bot der Papagei angeblich stets ein normales Aussehen
und war relativ munter und bei Appetit, während er mit
dem Auftreten des Emphysems hinfällig wurde. Der bullöse
Zustand der Haut dauerte stets einige Tage. Die Erschei¬
nung, die offenbar zu den Luftsäcken in Beziehung stand,
konnte als vikariierendes Emphysem bezeichnet werden.
Der Papagei ging zu Grunde; bei der Sektion wurde das
Vorhandensein von Tuberkulose festgestellt.
Ve rwendung der Bierhefe in der T h e r a p i e.
Aus der Brauerei bezogene flüssige Bierhefe, welche
täglich frisch erhalten werden konnte, wurde bei verschie¬
denen Erkrankungen mit wechselndem Erfolge versuchs¬
weise angewendet. Da sie Pferde wegen des schlechten Ge¬
schmackes freiwillig nicht nahmen, ließ ich die liefe ent¬
weder als Einguß oder als Latwergeform mit Syrup in täg-.
liehen Dosen von 250—400 g geben. Bei eintretendein Durch¬
fall setzte ich mit der Verabreichung kurze Zeit aus.
Während bei Staupe der II u n d e die Erfolge
zweifelhaft waren, konnte in mehreren Drusefällen,
insbesondere bei einer sehr schweren P h a r v n x a ti g i n a,
lediglich nach Verabreichung dieses Mittels als Latwerge
alsbaldige Besserung und in zirka 10 Tagen völlige Heilung
beobachtet werden. Außerdem gelangte ein Fall von echtem
Pruritus beiin Pferd nach mehrwöchentlicher Hefe¬
kur zu vollständiger Abheilung. Das betreffende Pferd,
ein 12 Jahre alter Rappwallach, stand bereits in den Jahren
1907 und 1908 wegen eines vermeintlichen Ekzems mit hoch¬
gradigem Juckreiz in meiner Behandlung. An verschiedenen
Körperstellen, hauptsächlich an den Ganaschen, dann in der
Schultergegend, am Rücken, an der Kruppe, am Vorarm
und an den Oberschenkeln bestanden ausgedehnte Substanz¬
verluste, sowie starke Sekretion. Die entzündeten Haut-
steilen heilten trotz der Anwendung der verschiedensten
Medikamente (Naphthalan, Ichthyol, Dermatol, Xeroform
etc.) in Salbenform oder als Streupulver nur sehr langsam
ab. Dabei bestand sowohl bei Tage, besonders aber während
der Nacht hochgradiger Juckreiz. Das Pferd rieb sieb an
allen nur erreichbaren Gegenständen und benagte sich an
862
allen ihm zugänglichen Körperstellen, so daß es infolge der
fortgesetzten Unruhe auch im Ernährungszustände zurück¬
ging. Eine im Vorjahre systematisch durchgeführte Arsenik¬
kur brachte nur vorübergehende Besserung. In diesem
Jahre machte ich nun die Beobachtung, daß das Pferd leiden¬
schaftlich die völlig intakte, nicht entzündete Haut an den
verschiedensten Stellen benagte, daß also der Juckreiz die
primäre und die Hautentzündung eine sekundäre Erschei¬
nung war. Das Pferd erhielt nun bei Unterlassung jeder
weiteren Behandlung 6 Wochen lang täglich einen Schoppen
flüssiger frischer Bierhefe mit dem Erfolge, daß schon nach
3 Wochen der Pruritus völlig verschwunden war. Nach
weiteren 4 Wochen waren auch die entzündeten Hautstellen
abgeheilt und mit glänzend schwarzen Haaren bedeckt.
Referate.
B a r n i c k: Die Verrenkung der Kniescheibe. (Tier¬
ärztliche Rundschau, 1910, Nr. 39.)
Folgende Methoden des Einrenkens von verrenkten
Kniescheiben haben sich bewährt und können deshalb em¬
pfohlen werden:
1. Bei jüngeren Tieren und kurzer Dauer der be¬
stehenden Verrenkung hat p 1 ö t z 1 i c h e s Zurücktreten
oder plötzliches Herüberrücken des Hinterteiles von
der gesunden nach der kranken Seite Zurückspringen der
dislocierten Patella bewirkt.
2. Man lege einen Beigurt um das Kötengelenk der
kranken Gliedmaße, führe denselben über den Widerrist,
lasse von 2—3 auf der gesunden Seite des Pferdes stehenden
Männern den kranken Fuß nach vorn und oben ziehen,
während der Operateur durch kräftiges Abheben der Knie¬
scheibe zu Hilfe kommt. Diese Methode gelingt nur bei
ruhigen Pferden.
3. Als Ultima ratio bleibt nur die Einrenkung am
liegenden Pferde übrig, dem man Stunde vor der Ope¬
ration 0,5 Morphium subkutan und 50,0 Chloralhydrat rektal
verabreichen soll. Anseilen des oben liegenden kranken
Fußes und Beugeversuche von 2—3 am Widerrist liegenden
Männern, wobei der Operateur gleichzeitig Abheben der
Patella versucht. Manchmal springt dieselbe schon mit
knackendem («eräuseh ein, wenn der Huf kaum bis zur
Fnterhrust gelangt ist; manchmal aber bleibt der Fuß pfahl¬
artig >teif. auch wenn er lös zur Seitenbrust hochgezogen ist.
Dringend Ft von einem verstärkten Hochziehen abzuraten
863
(Gefahr einer Obersehenkelfraktur!). In solchen Fällen
lasse man den bis zur Unterbrust wieder nachgelassenen Fuß
fixieren und gebe dem Tiere einen kräftigen, wohlge¬
zielten Peitschenhieb auf den Unterschenkel; durch die
hierauf folgende Abwehrbewegung wird der Fuß gebeugt
und die Kniescheibe springt mit deutlichem Knacken ein.
Beim Auf stehen muß der Fuß angespannt nach vorn ge¬
halten werden, da sonst leicht Rezidive eintritt. R a b u s.
Dr. Poppe: Zur Frage der Übertragung von Krank¬
heitserregern durch Hühnereier. Zugleich Beitrag zur Bak¬
teriologie des normalen Eies. (Sonderabdruck aus „Arbeiten
aus dem Kaiserl. Gesundheitsamte“.)
Verf. stellte auf Veranlassung des Geheimrates
Dr. Ostertag eine Reihe Untersuchungen über diesen
Gegenstand an. Zunächst bezogen sich dieselben auf
das Vorkommen von Bakterien im Eiweiß und Dotter
von Eiern gesunder Tiere; dann prüfte P. die Beziehungen
der Darmbakterien des Huhnes zu der Bakterienflora des
Hühnereies; die dritte Reihe der Versuche befaßte sich mit
der Möglichkeit der Verbreitung von Krankheitserregern
durch Hühnereier. Im speziellen studierte P. hier die Ver-
schleppbarkeit der Geflügelcholera durch Eier und außei’dem
wurden auf die Verschleppbarkeit bezügliche Versuche mit
Rotlaufbazillen und mit Paratyphusbazillen angestellt.
Die für den Pathologen und Hygieniker gleich inter¬
essanten und wichtigen Ergebnisse der Arbeit faßt Verf.
wie folgt zusammen:
1. Das normale Hühnerei kann unter gewöhnlichen
Verhältnissen Keime enthalten. Die Infektion des Hühner¬
eies mit Keimen kann durch Beschmutzung der Schale des
fertigen Eies und durch Eindringen in das in der Bildung
begriffene Ei erfolgen. Bewegliche Luft- und Fäzeskeime
können durch die unversehrte Schale des fertig gebildeten
Eies hindurchwandern. Mikrokokken und unbeweglichen
Bakterien scheint diese Fähigkeit unter gewöhnlichen Ver¬
hältnissen (unverletzte Schale, trockene Aufbewahrung)
picht zuzukommen.
Die Ilauptquelle des Keimgehaltes normaler Eier liegt
in einer Infektion während ihrer Bildung. Namentlich bei
der Begattung können Bakterien aus dem Kloakeninhalt in
den Eileiter übertreten, wodurch eine Infektion des Eiweißes
und Dotters möglich ist. Hierdurch erklärt es sich, daß
frisch gelegte Eier unbegatteter Tiere sich überwiegend als
864
keimfrei erwiesen, während Eier begatteter Tiere in der
Regel keimhaltig sind.
Im Eiweiß und Dotter der keimhaltigen frischen, so¬
wie der nachträglich infizierten älteren Eier kommen Sta¬
phylo- und Streptokokken, sowie Bazillen vor. 54 c /( der
von mir untersuchten Eier waren keimhaltig. Was das
Häufigkeitsverhältnis der in den Eiern gefundenen Bak¬
terien anbelangt, so betrugen die Staphylokokken 60—70 >r,
die Streptokokken und Bazillen je 14—20 % der Gesamt¬
zahl der gefundenen Keime.
Pathogene Bakterien waren im Eiweiß und Dotter
der von mir untersuchten normalen Hühnereier nicht nach¬
zuweisen.
2. Im Hühnerdarm sind außer zahlreichen Kokken¬
arten und Bazillen der Subtilis- und Proteusgruppe, sowie
dem obligaten B. coli besonders häufig Spielarten dieses
Bakteriums zugegen, die von dem typischen B. coli durch
das Fehlen einer oder mehrerer kultureller Eigenschaften
abweichen. Im Eileiter fanden sich von den vorgenannten
Darmbakterien nur die Kokken und das Bakterium putriduin
non liquefaciens.
3. Die Verbreitung von Krankheitserregern durch
Hühnereier kann durch Eier, die den Infektionsstoff auf
ihrer Schale tragen, und durch solche Eier erfolgen, die in
ihrem Inhalte pathogene Keime enthalten. In letzterem
Falle kann es sien wieder um eine Infektion von der Ei¬
schale aus oder bei der Bildung des Eies handeln.
Für die Verschleppbarkeit von Krankheitserregern
durch Bakterien, die mit Kot, Blut und anderen Ausschei¬
dungen kranker Tiere auf die Schale gelangt sind und dieser
anhaften, ist ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren
Einflüssen, namentlich gegenüber der Austrocknung, von
entscheidender Bedeutung. Für die Erreger der Geflügel¬
cholera kommt diese Verbreitungsart nur in beschränktem
Maße, in Frage, weil die Geflügelcholerabazillen in Kot auf
Eiern bald zu Grunde gehen, ln den geschilderten Ver¬
suchen war dies binnen 5 Tagen der Fall (Rotlaufbazillen
büßten innerhalb von 4 Tagen ihre Virulenz ein). Para¬
typhus B - Bazillen blieben auf Eiern 10 Tage und länger
lebensfähig; in vollkommen trockenem Hühnerkot waren
sie noch nach 35 Tagen entwicklungsfähig. Außerdem
können die Paratyphus B - Bazillen auch durch die Schale
hindurch in die Eier ein wandern. Deshalb ist die Möglich¬
keit nicht ausgeschlossen, daß Hühnereier ausnahmsweise,
wenn sie durch Paratyphusbazillen beschmutzt wurden, ein-
865
mal zu einer Paratyphusinfektion des Menschen Veran¬
lassung geben.
In den Eiern von Hühnern, die mit Gefliigeleholera-,
Kotlauf- und Paratyphusbazillen künstlich infiziert wurden
und hiernach entweder gar nicht (Gefliigeleholera, Rotlauf)
oder nur vorübergehend erkrankten (Paratyphus B), waren
die pathogenen Keime nicht festzustellen. Wenn auch
Celli und March ifava, sowie Barthelemy in
den Eiern natürlich erkrankter Hühner Gefliigelcholera-
bazillen haben nachweisen können, so dürfte doch dieser
Verbreitungsart der Gefliigeleholera schon deshalb, weil au
Infektionskrankheiten leidende Hühner das Legegeschäft
alsbald einstdien, keine praktische Bedeutung zukommen.
A.
Tierzucht und Tierhaltung.
Über das Belegen der Stuten vor dem neunten Tage
der Rosse.
(Schluß.)
Im 8. Ilel’te 1910 der Zeitschrift für ( Gestütkunde bringt
der Veterinärrat Mieckley einen interessanten Artikel in
dem unter Anderem das Beschälen der Stuten am
9. Tage behandelt ist. Mieckley erwähnt zuerst, daß im
Beschälgeschäft dem 9. als dem Tage, an welchem das
Decken erfolgen solle, eine besondere Bedeutung zugemessen
werde, ohne daß eine tiefere Begründung hiefür vorliege.
Tatsache sei lediglich, daß die Rossigkeit der Stuten, d. li.
das Loslösen des Eies vom Ovarium und der Vorgang des
Eintrittes desselben in den Geschlechtskanal innerhalb einer
Zeit von 7—9 Tagen stattfinde. Welcher Tag, oder welche
Tage innerhalb der Rossezeit zum Belegen der Stuten die
günstigsten seien, darüber liegen wissenschaftliche Erfah¬
rungen überhaupt nicht vor. M. hält dafür, daß eine schwer
aufnehmende Stute am 2. oder 3. Tage der Rosse gedeckt
werden sollte, weil zu dieser Zeit heftig rossende Stuten
ruhiger, laue dagegen lebhafter werden, Umstände, welche
dem Zustandekommen der Befruchtung günstig seien. Am
5. und eventuell am 7. Tage sollte der Sprung wiederholt
werden. Es ist nach M. angezeigt, die Rosse bis zum
7. oder 9. Tage auszunützen, dann aber die Stute bis
zum allenfalsigen Auftreten einer neuen Brunst 20—30
Tage) in Ruhe zu lassen. Stellt sieh eine neue Brunst
ein, so soll die angegebene intensive Art der Bedeckung
wiederholt werden. Verfehlt nennt M. das Verfahren
866
eine unsichere Stute, die am 2. oder 5. Tage gedeckt
wurde, aber gleichwohl am 7. Tage noch roßt nicht zu
decken, mit der Begründung man wolle den 9. Tag, welcher
sich am besten zum Decken eigne, abwarten. Regelmäßig
hört die Rosse zwischen dem 7. bis 9. Tage auf, die Stute
schlägt ab und dennoch ist sie güst geblieben. Es ist sicherer
die Rosse bis zum siebenten oder neunten Tage gründlich
auszunützen. Unphysiologisch und daher unverständlich
ist nach M. das Verfahren, die Stute nach dem neunten
Tage des Sprunges dem Hengste zum Probieren und even¬
tuell zum Decken wieder zuzuführen. Es führe dieses Vor¬
gehen zu gesclilechtlichen Störungen und Aborten. M. hält
nicht für unmöglich, daß die vielfachen Klagen über mangel¬
hafte Befruchtung der Landbeschäler diesem Verfahren
zuzuschreiben sind.
M. verurteilt ferner den Hengstwechsel bei unsicheren
Stuten und bezeichnet den Wechsel nur dann als am Platze,
wenn der betreffende Hengst unfruchtbar ist; auch für
wiederholtes Bedecken schwer konzipierende Stuten durch
verschiedene Hengste unmittelbar nacheinander kann sich
M. nicht erwärmen; er glaubt hierin nur eine Verschwen¬
dung von Zeugungsmaterial erblicken zu müssen.
Ich möchte nun diesen Mitteilungen von Miekley an¬
fügen, daß ich einer Anzahl Pferdezüchter, welche mich wegen
Nichtkonzeption schwer konzipierende Stuten um Rat fragten
stets empfalil, die Stuten alsbald nach dem ersten Auftreten
der Erscheinungen der Rosse und zwei Tage nach dem Sprunge
nochmal beschälen zu lassen. Hierbei hatte ich Gelegenheit
zu beobachten, daß durch dieses Verfahren welches im
Prinzip mit dem von Miekley empfohlenen gleich lautet,
der Zweck in der Regel erreicht wurde. Im Gegensätze
hierzu führte das Decken solcher Stuten erst am 9. Tage
der Brunst, auch wenn sie an diesem Tage zwei Sprünge
erhielten, oder wenn Hengstwechsel stattfand, meistens nicht
zum Ziele.
Aber auch bei Stuten die nicht schwer beziehen, ist
es nach meinen Wahrnehmungen kein Fehler, wenn zum
Decken derselben nicht der neunte Tag der Rosse zum
Beschälen abgewartet wird, sondern wenn das Belegen als¬
bald nach dem Eintritt der Brunst erfolgt. Wie aus obigen
Literaturangaben ersichtlich, empfiehlt auch Lehndorff,
Stuten, die am 4. oder 5. Tage nach der Geburt rossen, zu
decken, desgleichen Franck; Nathusiusgibt den Rat, die
Stute sofort beschälen zu lassen, wenn die Rosse erkannt wird.
Auch v. Otlingen läßt unter Umständen Stuten am 7. oder
867
8., selbst schon am 3. Tage belegen und Fohlen-Stuten,
die bei der ersten Borne nach der Geburt nicht aufge¬
nommen haben, erhalten bei der zweiten Rosse 2—3 Sprünge:
den ersten am dritten den zweiten am vierten oder fünften
Tage und allenfalls noch einen Sprung am achten Tage. Stuten,
von welchen man weiß, daß sie nur 1—3 Tage rossen,
werden sofort nach dem Eintritt der Brunst gedeckt.
Interessant sind die mitgeteilten Beobachtungen von
öttingen, daß viele Stuten erst in 10—11 Tagen nach dem
Abfohlen rossen und nach Frühgeburten mitunter erst
in 15—20 Tagen nach der Geburt. A.
Welcher Milchertrag ist für die Rentabilität der Milch¬
viehhaltung notwendig?
Auf diese Frage wird in der „Schweiz, landw. Zeit¬
schrift“ folgende Antwort erteilt: Der Milchertrag von
einer Kuh ist, wenn er pro Jahr beträgt: -
vom Lebend- Von der Futtertrocken¬
gewicht Substanz
gering.das 4 fache 0,4
mittelmäßig.„ 5 „ 0,5
gut. * 6 * 0,6
sehr gut.„ 7 „ 0,7
außerordentlich gut . . . . „ 8 „ 0,8
Demnach ist der jährliche Milchertrag gut, wenn auf
5,5 Doppelzentner Lebendgewicht 5,5 X 6 = 33 Doppel¬
zentner = 3300 Kilogramm oder ebensoviel Liter Milch
gewonnen werden. (Mitteil. d. Vereins bad. Tierärzte, 1910,
Nr. 12.)
Verschiedenes.
Professor Johne f.
Am 5. d. M. verschied in Kleinsedlitz bei Pirna der
Geheime Medizinalrat Prof. Dr. med. h. c. et med. vet. h. c.
Dr. phil. Albert Johne.
Als Sohn eines Tierarztes am 10. Dezember 1839 ge¬
boren, erhielt er das Diplom als Tierarzt im Jahre 1859.
Vom Jahre 1866 bis zum Jahre 1876 war Johne K. Bezirks¬
tierarzt in Rochlitz. Im Jahre 1876 wurde er an die Tier¬
arzneischule, nachmalige Tierärztliche Hochschule Dresden
berufen, an welcher er bis zum Jahre 1905 als hervorragen¬
der Forscher und Lehrer wirkte.
Als Forscher lieferte er eine Anzahl grundlegender
Bausteine zum Ausbau der pathologischen Anatomie und
Bakteriologie. Besondere Verdienste hat er sieh um die Er-
868
forschung der Tuberkulose, des Milzbrandes, der Tollwut,
der Aktinomykose, der Botriomvkose etc. erworben. All¬
seitig bekannt ist auch sein fruchtbringendes Wirken auf
dem Gebiete der Hygiene, seine ersprießliche Tätigkeit für
die Einführung der Trichinenschau und die Durchführung
einer sachgemäßen Fleischbeschau. Nicht unerwähnt dürfen
ferner'bleiben seine großen Verdienste um die Hebung des
sächsischen Veterinärwesens und der Tierärztlichen Hoch¬
schule Dresden.
Daß dem hervorragenden Manne eine Anzahl von
Ehrungen zu Teil wurden, ist selbstverständlich. Von der
sächsischen Stäatsregierung wurde er zum Geheimen Medi¬
zinalrate und Mitglied der Kgl. Kommission für das Vete¬
rinärwesen, sowie durch Verleihung hoher Orden ausge¬
zeichnet;- eine Reihe von Ordensauszeichnungen wurden ihm
auch von ausländischen Regierungen zu Teil. Die medizi¬
nische Fakultät der Universität Leipzig verlieh ihm das
Ehrendoktorat der Medizin und von der Tierärztlichen
Hochschule Wien wurde er zum Ehrendoktor der Veterinär¬
medizin ernannt. Zahlreiche medizinische, veterinärmedi¬
zinische und andere Vereine ernannten J. zum Ehren-
mitgliede.
Auch bei der Beerdigung kamen die Liebe und Ver¬
ehrung, welche der Verstorbene im Leben verdient hatte,
zum vollen Ausdruck. Eine große Menge Leidtragender
folgte dem durch Kränze reich gezierten Sarge. An die
Familienangehörigen und Verwandten reihten sich die Pro¬
fessoren und Dozenten der Tierärztlichen Hochschule, Arzte
und Tierärzte, letztere aus ganz Sachsen, ferner Veterinär-
Offiziere, Beamte, Vorstände verschiedener Vereine etc. Die
studentischen Korporationen der Tierärztlichen Hochschule
waren durch ihre Chargierten mit den Fahnen vertreten.
Namens des erkrankten Rektors und des Lehrkörpers
der Tierärztlichen Hochschule widmete dem Verstorbenen
Medizinalrat Dr. J o e s t einen warm empfundenen Nach¬
ruf. Außerdem sprachen am Grabe der Geheime Sanitätsrat
Dr. Osterloh im Namen der Gesellschaft für Natur- und
Heilkunde, Prof. Dr. Richter als Vertreter des Vereins
sächsischer Bezirkstierärzte und des Tierärztlichen Bezirks¬
vereins Dresden, Amtstierarzt Dr. Weißflog für den Tier¬
ärztlichen Landesverein im Königreich Sachsen und Prof.
Dr. Lnngwitz im Namen der Lehrkörper der Tierärzt¬
lichen Hochschulen München und Stuttgart; endlich der
Geheime Sanitiitsrat Dr. G a n s e r namens der Freunde des
Verewigten.
869
Die Nachrufe gipfelten in Hervorhebung der großen
unvergeßlichen Verdienste des Verstorbenen und in Kund¬
gabe bleibender Dankbarkeit, Verehrung und Hochachtung
für denselben.
Die gleiche Anerkennung zollen den unvergänglichen
Verdiensten des Dahingeschiedenen alle Tierärzte. Sein An¬
denken wird stets in Ehren gehalten werden! A.
Kgl. Tierärztliche Hochschule Stuttgart.
Seine Majestät der König von Württemberg
haben am 14. Dezember der Tierärztlichen Hoch¬
schule in Stuttgart das Promotionsrecht verliehen.
Die „Deutsche Tierärztliche Wochenschrift“ teilt mit,
daß der Direktor der Tierärztlichen Hochschule in Hannover,
Geheim rat Dr. Dammann vom Direktorat zurücktrete und
daß von Seite des Lehrkörpers der Hochschule Antrag um
Einführung der Rektoratsverfassung an das Ministerium
ergangen sei.
Frequenz an der Tierärztlichen Hochschule in Berlin.
Es wurden für das Wintersemester 1910/11 231 Stu¬
dierende immatrikuliert, in das erste Semester sind 23 Herren
neu eingetreten. Die Zahl der Studierenden der Militär¬
veterinärakademie beträgt 135, sodaß sich die Gesamtfrequenz
der Tierärztlichen Hochschule in Berlin auf 366 beläuft.
Deutscher Veterinärrat.
Da der Entwurf von Ausfiihrungsbestimmungen zum
neuen Viehseuchengesetze, der den Hauptberatungsgegen¬
stand der nächsten Tagung bilden soll, dem Deutschen
Veterinärrat bis jetzt noch nicht zugegangen, und da auch
noch nicht bekannt ist, bis wann der Entwurf erwartet
werden darf, so muß die in der Bekanntmachung vom 7. Sep¬
tember ds. Js. in vorläufiger Weise für den Monat Januar
angekündigte XII. Plenarversammlung auf unbestimmte
Zeit verschoben werden.
Stuttgart, den 10. Dezember 11)10.
I )r. v. Beiß w äuge r.
Dr. med. dent.
Die Vereinigung der Dozenten für Zahnheilkunde hat
durch ihren Vorsitzenden, Prof. Dr. Wal k h o f f, Fühlung
870
mit den medizinischen Fakultäten der deutschen Universi¬
täten zu dem Zwecke genommen, deren Stellung zu der Ab¬
sicht kennen zu lernen, das Promotionsrecht für Zahnärzte
zu erlangen. Mehrere Fakultäten haben sich in dieser An¬
gelegenheit bereits wohlwollend, bezw. im Prinzipe zu-
stimmend, ausgesprochen.
Vermächtnis.
Der verstorbene Bezirkstierarzt a. I). Büttel hat
sein Gesamtvermögen im Betrage von 100 000 Mark seinen
Vaterstadt Orb vermacht. Die Zinsen des Kapitals sollen
zum Teil zu Stipendien für studierende Söhne von Bürgern
der Stadt Orb, zum Teil zu Lehrgeldern behufs Erlernung
eines Handwerks für Bürgerssöhne der genannten Stadt in
Verwendung kommen.
Stand der Maul- und Klauenseuche in Bayern am
3. Dezember 1910.
Verseucht in den Bezirken
1. Ebersberg: 2 Gehöfte in Anzing;
2. Freising-Stadt: 14Gehöfte in Freising (davon 8 neu);
3. M iesbach: 1 Gehöft in Eöching:
4. München-S:adt: 3 Gehöfte in München;
5. Weilheim: 18 Gehöfte in Weilheim (davon 7 neu);
6. Griesbach: 2 Gehöfte in 2 Gemeinden (Hart¬
kirchen [1], Indling [1 neu]);
7. Landshut-Bezirksamt: 1 Gehöft in Altheim (neu);
8. Bergzabern: 65 Gemeinden (Barbelrotli 4);
(B i 11 i gh ei m 1 neu), (Dierbach 54, davon 10 neu);
• (He rgersweiler 1 neu), (Kapsweyer 1); (Ober¬
hausen 4, davon 1 neu);
9. Frankenthal: 4 Gehöfte in 2 Gemeinden (Epp¬
stein 1), (Flomersheim 3);
10. Germersheim: 7 Gehöfte in 3 Gemeinden (Stein¬
weiler 1 neu), (Völlers weil er 3, davon 1 neu),
(Winden 3);
11. Kaiserslautern: 4 Gehöfte in 3 Gemeinden (Enke n-
bach 1), Ga 11 enhaus (Kaiserslautern) 1, (Hoch-
spever 2);
12. Lind au i. Pf.:50Gehöfte 11 Gemeinden (Böchingen 2),
(1) i e d e s f e 1 d 8, davon 1 neu), (E d e n k o b e n 3),
(Godramstein 6), Hainfeld 1), (Mörlheim 1),
(Niederhochstadt 20), (Oberhochstadt 4),
(Offenhach 1), (Rhodt 2), (Venningen 2);
871
13. Neustadt a. H.: 10 Gehöfte in 4 Gemeinden (Dutt¬
weiler 4, Elmstein 1, Esthal 1, Hambach 4,
davon 1 neu);
14. Pirmasens: 10 Gehöfte in 2 Gemeinden (Gers-
baeh 2), (Pirmasens 8);
15. Rockenhausen: 1 Gehöft in Börrstadt;
16. Speyer: 6 Gehöfte in 2 Gemeinden (Otterstadt 1),
(Speyer 5, davon 1 neu);
17. Bamberg-Stadt: 10 Gehöfte in Bamberg (davon
1 neu);
18. Bamberg II: 9 Gehöfte in 3 Gemeinden (Dörfleins2,
davon 1 neu), (Gaustadt 3), (Wildensorg 4);
19. Forchheim - Bezirksamt: 1 Gehöff in Weis-
senohe;
20. Hof-Bezirksamt: 25 Gehöfte in 2 Gemeinden
(Joditz 15, davon 1 neu), (Cberkotzau 10, davon
3 neu);
21. Krön ach: 78 Gehöfte in 12 Gemeinden (Au 5, da¬
von 1 neu), (Gundelsdorf 1), (Hesselbach 3),
(Knellendorf 2), (Kronach 1), (Küps 2), (Neu-
f a n g 35), (Oberlangenstadt 2), (Schmölz 8,
davon 1 neu), (Steinberg 1), (Stockheim 4),
(W e i s s e n b r u n n 14);
22. S t a ff e 1 s t ei n: 37 Gehöfte in 3 Gemeinden (G1 eu s s e n
27, davon 1 neu), (Kaltenbrunn 9, davon 1 neu),
(S c h o 11 e n s t e i n 1);
23. Teuschnitz: 23 Gehöfte in Birnbaum;
24. Wunsiedel: 18 Gehöfte in 5 Gemeinden (Fisehern
1), (Ludwigsfeld 1), (Oberröslau 3), (Rei¬
ch o 1 d s gr ü n 10, davon 1 neu), (W e i ß e n s t a d t 3);
25. Fürth-Bezirksamt: 1 Gehöft in Unterfarrn¬
bach (neu);
26. N ii r nb e r g - S t a d t: 15 Gehöl’te in N ii r n borg (davon
6 neu) ;
27. Sch waliach-Bezirk samt: 5 Gehöfte in 3 Gemein¬
den (Eibach 3), (Röthenbach b. Schwab. 1),
(W orzeldorf 1);
28. Wei ßenb u r g i. B. - B ez irks am t: 4 Gehöfte in Trom-
metsheim (davon 3 neu);
29. Kitzin gen: 1 Gehöft in Pros s eis heim.
Im ganzen sind verseucht in 6 Regierungsbezirken
(Ober- und Niederbayern, Pfalz, Ober- und Mittelfranken,
Unterfranken) 29 Distriktsverwaltungsbezirken und 77 Ge¬
meinden: 431 Gehöfte.
872
Personalien.
Ernennung: Dr. Joseph Karl, Assistent am Hygienischen
Institut der Universität Marburg zum Mitarbeiter am Seruminstitut
der Höchster Farbwerke.
Niederlassung: Dr. Kot haar Emil aus Rammelsbach in
Haßloch (Pfalz).
Approbationen: iu Gießen die Herren Becker Hermann
aus Bleiwäsche und Brandt Walter aus Nakel.
SBNF 1 *
Der heutigen Nummer liegt eine Beilage bei der
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(frittier: voctrenscbrUt für Tierbeillnniie md yieMicht).
Unter Mitwirkung bewährter Fachmänner
herau»gegeben von
Dr. M. AI brecht.
54. Jahrg. München, den 27. Dezember 1910. Nr. 52.
Inhalt: Abonnements-Einladung. — Originalartikel: Dr.
Kreutzer: Kurze Mitteilungen aus der Praxis. — Günther: Eine
dem Starrkrampf ähnliche Erkrankung bei einem Pferde. — Rem-
mele: Spontane Uterusruptur bei einer Kuh. Gelenkrheumatismus
bei Pferden und Rindern. — Hellmuth: Aus der Praxis. — Refe¬
rate: Baß: Neues aus der Pharmakologie. Hajnal: Die Heil¬
wirkung des Tuberkulins. Thies: Zur Ätiologie der Eklampsie. —
TierzuchtundTierhaltung: Die Verwertung der Haus¬
tiere Deutsch-Ostafrikas als Verkehrsmittel und die Bedeutung
der Halbmaskatzucht. Die Remontierung der Schut2truppe in
Deutsch-Südwestafrika. — Verschiedenes: Ehrung eines
Tierarztes durch Landwirte. Erste Promotion an der Tierärzt¬
lichen Hochschule Berlin. Jubiläumsfeier der Deutschen Land¬
wirtschaftsgesellschaft in Berlin. Frequenz der Tierärztlichen
Hochschulen im Wintersemester 1910/11. Stand der Maul- und
Klauenseuche. Zum Jahreswechsel! — Bücherschau. —
Personalien.
^.'boxiiaemexits-IE] ixila.d.'CLTLgr.
Für diejenigen Herren Leser, welche die Wochen¬
schrift durch die Post beziehen, geht mit dieser Nummer
das Abonnement zu Ende. Zur Vermeidung von Unter¬
brechungen in der Zusendung empfiehlt es sich, das Abonne¬
ment für das I. Semester 1911 bei der nächsten Postanstalt
baldigst zu erneuern. In den daselbst aufliegenden amt¬
lichen Zeitungskatalogen ist die Wochenschrift für Bayern
unter Nr. 863, in der Preisliste des Reichsgebietes unter
Nr. 8252, für Österreich-Ungarn unter Nr. 4203 eingetragen.
Abonnementspreis bei Bezug durch die Post halbjährig
4 Ä Im Buchhandel zu beziehen durch die M. Rieger-
sche Universitätsbuchhandlung, München, Odeonsplatz 2.
874
Kurze Mitteilungen aus der Praxis.
Von Distriktstierarzt Dr. Kreutzer, Murnau.
Ophthalmoreaktion.
Die Ophthalmoreaktion nach Kl immer hat sich
mir bisher sehr bewährt. Ich hatte in vielen Fällen Ge¬
legenheit, durch die Schlachtung den Wert oder Unwert
des Diagnostikums zu prüfen. Bei sämtlichen von
mir beobachteten Fällen positiver Reaktion war nach der
Schlachtung die angezeigte Tuberkulose zu konstatieren.
Da ich in keinem Falle ein Fehlresultat zu verzeichnen
hatte, glaube ich behaupten zu dürfen, daß diese Methode
die Erkennung der Tuberkulose am lebenden Tier in be-
quemer und einfacher Weise ermöglicht.
1 m m u n i s i e r u n g s v e r f a h r e n nach Klimme r.
In zirka 60 Fällen hatte ich Gelegenheit dieses Im¬
munisierungsverfahren durchzuführen. Die Zahl der Fälle
ist keine große und läßt sich daher ein maßgebendes Urteil
über den Wert der Methode nicht fällen. Nach meinen bis¬
herigen Erfahrungen halte ich sie für zweckmäßig. So be¬
obachtete ich, um nur einen Fall anzuführen, in einem
bäuerlichen Betriebe, in dem bisher alljährlich 3—5 Rinder
wegen Tuberkulose geschlachtet werden mußten, daß in
diesem Jahre keine Schlachtung nötig war. Daß die Klim-
mer’sche Methode auch therapeutischen Wert besitzt, glaube
ich mit Bezug auf die Tatsache annehmen zu dürfen, daß der
bei den Rindern dieses Gehöftes herrschende, fast uner¬
träglich gewordene Husten bei sämtlichen Tieren schon
nach der ersten Injektion nachließ und nach der etwa ein
halbes Jahr später vorgenommenen zweiten verschwand.
Ich vermute, daß bei konsequenter Durchführung des
Immunisierungsverfahrens der Besitzer obigen Anwesens
in nicht zu ferner Zeit einen tuberkulosefreien Viehstand
haben wird.
T uberkulosa n.
Das Tuberkulosan - Burow wurde in 0 Fällen mit
gutem Erfolge verwendet. Es konnte ein sichtlicher Still¬
stand in der Weiterentwicklung der Tuberkulose konstatiert
werden. Auch selbst in vorgeschrittenen Fällen sistierte be¬
reits nach der zweiten Injektion die vorher rapide Gewichts¬
abnahme; in einigen Fällen trat sogar Gewichtszunahme
ein. Es scheint, daß dem Tuberkulosan eine spezifisch hei¬
lende Wirkung zugeschrieben werden darf, dafür spricht
875
das in allen Fällen beobachtete Zurückgehen der Krankheits¬
symptome.
Tiefgehende Verletzung des Stirnbeines
bei einem Pferde.
Ein Deckhengst zog sich, als er beim Deckakte einer
durchgehenden Stute blindlings nachrannte, an einem vor¬
stehenden Holzstumpfe eine sehr schwere Schädelverletzung
zu. Das Stirnbein war teilweise zertrümmert und zeigte
eine etwa kinderfaustgroße klaffende Wunde. Nach gründ¬
licher Entfernung der Hautfetzen und Knochensplitter
wurde die Hundhöhle mit Mitisol (3 %ig) ausgespült und
hierauf mit Sublimatgaze austamponiert. Diese Behand¬
lung geschah täglich dreimal, wobei öfter ziemlich beträcht¬
liche, nekrotische Knochenstücke entfernt werden mußten.
Trotz des hohen Alters des Tieres ging die Heilung so über¬
raschend schnell vor sich, daß der Hengst bereits nach
14 Tagen wieder in Dienst gestellt werden konnte.
Hochgradige Ve rletzung einer Stute.
Beim Übersetzen eines Zaunes hatte sich eine Stute
einen etwa kinderarmdicken Zaunstecken so tief zwischen
Euter und innere Schenkelfläche gerannt, daß der Pfahl
nur mit Mühe herausgezogen werden konnte. Die Behand¬
lung der tiefgehenden Wunde bestand in Ausspülungen
mit 5 %iger Therapogenlösung und Tamponade mit Thera-
pogengaze. Bald traten im Bereiche der Verletzung be¬
deutende Anschwellungen auf, die sich bis zum Brustbein
ausdehnten. Am zweiten Tage der Behandlung setzte hohes
Fieber ein. Es wurden nun die Wundränder und die Ge¬
schwulst mit 10 %igem Jodvasogen eingerieben und der
Wundkanal alle 3 Stunden gründlich mit Therapogenlösung
(5 %ig) ausgespritzt. Innerlich gab ich einige Dosen Anti-
febrin und Digitalis. Am nächsten Tage war das Pferd
wieder munterer, nahezu fieberfrei und bei verhältnismäßig
gutem Appetit. Die Schwellungen gingen bei dieser Be¬
handlung allmählich zurück und die Wunde granulierte sehr
gut. Nach 14 Tagen konnte die Stute wieder auf die Weide
gebracht werden und nach weiteren 4 Wochen war völlige
Heilung eingetreten.
Zur Behandlung der L e ck sucht der Kälber.
Bei genanntem Leiden habe ich die „Nährsalzmischung
nach Bezirkstierarzt Öppel in Arnstadt/' mit überraschen¬
dem Erfolge angewandt. Während die von mir bisher be¬
nützten Medikamente gegen die Lecksucht in der Hauptsache
aus phosphorsaurem Kalk bestanden, enthält die Oppel’sche
Mischung, wie dies aus der Zusammensetzung hervorgeht,
alle Nährsalze, die der Organismus zu seinem Aufbau
braucht. Das Präparat erweckt also schon vom theoreti¬
schen Standpunkte aus beurteilt, als Heilmittel gegen die
Lecksucht Vertrauen; ich habe dasselbe in der Praxis sehr
schätzen gelernt.
Eine dem Starrkrampf ähnliche Erkrankung bei
einem Pferde.
Von Distriktstierarzt Günther, Arnsdorf.
Ein 4jähriges kräftiges Wagenpferd des Rottaler¬
schlages erkrankte heftig nach einer forcierten Wagen¬
fahrt. Die Untersuchung ergab starken partiellen Schwei߬
ausbruch, angestrengtes Atmen mit aufgeblähten Nüstern
und stark aufgezogenem Hinterleib; Hals und Ohren waren
steif und gestreckt, der Schweif wurde starr etwas nach
links gehoben, er kehrte, aus dieser Haltung gebracht, lang¬
sam und zitternd wieder in dieselbe zurück. Die Gliedmaßen
standen sägebockartig, die Muskulatur am Hals trat scharf
markiert hervor, es bestand Trismus und bedeutende Schreck¬
haftigkeit. Die Temperatur betrug 39,0, Verletzungen waren
nicht zu finden. Das Gesamtbild sprach zunächst für die
Diagnose „perakuter Tetanus“ und für eine sehr ungünstige
Prognose. Das Pferd erhielt eine Morphiuminjektion und
wurde warm gedeckt. Wider Erwarten war es bereits am
anderen Morgen im Stande, Futter aufzunehmen; die ab¬
norme Schreckhaftigkeit hatte sich vollständig, die übrigen
Erscheinungen bereits größtenteils verloren. Mittags wurde
das noch etwas steif gehende Pferd im Hofe bewegt; es ver¬
richtete tags darauf wieder anstandslos seine Arbeit. (Jahres¬
berichte bayer. Tierärzte.)
Spontane Uternsrnptnr bei einer Knh.
Von Distriktstierarzt Kemmele, Seefeld.
Bei einer trächtigen Kalbin gingen plötzlich reichlich
Schleim und Fruchtwasser aus der Scheide ab. Da das Tier
jedoch erst 33 Wochen trächtig war, dachte man nicht an
die Geburt, auch nicht der beigezogene „Orts-Weise“, der
erklärte, „man könne nichts machen, es sei keine Öffnung
da“. Als das Tier atu nächsten Tage jegliche Nahrungs¬
aufnahme verweigerte und stark aufgebläht war, wurde ich
beigezogen: bei meiner Ankunft fand ich das Rind bereits
nolgeschlaehtet. — Nach Eröffnung des Hinterleibes floß
877
blutig-seröse, äußerst übelriechende Flüssigkeit ab; der
Tragsack war hochgradig vergrößert und zeigte einen Riß
von zirka 20 cm Länge. Das Kalb hatte das Aussehen eines
sogenannten Speckkalbes; beim Einschneiden bemerkte man
jedoch, daß es sich nicht um ein Wasserkalb handelte, son¬
dern daß die Frucht, welche infolge von Fäulnis einen rie¬
sigen Umfang angenommen hatte, ein Luftkalb war, das zur
Zerreißung des Tragsackes führte.
Ctelentobeumatismiis bei Pferden und Rindern.
Von demselben.
Ein wertvolles Pferd, das sich infolge längeren Stehens
im kalten Seewasser akuten Gelenkrheumatismus zugezogen
hatte, zeigte mittelhochgradiges Fieber (40,1 0 C.); sämt¬
liche Koten- sowie die Karpal- und Sprunggelenke waren
vermehrt warm, in bedeutendem Maße verdickt und bei
Berührung außerordentlich schmerzhaft. Ich ließ die
Sprunggelenke mit Ung. Hydrarg. einreiben und an den
anderen Gelenken feuchtwarme Umschläge mit Burow-
scher Mischung (Plumb. acetic. 100,0, Alum. caud. 60,0,
Camphor. trit. 30,0 in 5 Liter Wasser gelöst) machen; da¬
neben wurden innerlich öfters Gaben von Natr. salicylic.
verabreicht. Nach Verlauf von 3 Tagen waren die mit der
Burow’schen Mischung behandelten Gelenke nicht mehr ge¬
schwollen und schmerzhaft, während die mit Ungt. Hydr.
ein. eingeriebenen Gelenke keine nennenswerte Besserung
aufwiesen. Ich ordnete deshalb die vorgenannten Über¬
schläge auch auf die Sprunggelenke an, mit dem Erfolge,
daß diese nach 3 Tagen ebenfalls ohne Schwellung waren.
Zur Nachbehandlung erhielt das Pferd noch 8 Tage lang
innerlich Kalium jodatum. Rezidive ist bis jetzt (es ist ein
Jahr verflossen) nicht eingetreten.
Einen ähnlichen Erfolg erzielte ich mit dieser Be¬
handlungsmethode bei einem 1jährigen Jungrind, bei dem
jedoch die Erkrankung nach 8 Wochen zum zweiten Male
auftrat, dann aber nicht mehr rezidivierte. (Ibidem.)
Ans der Praxis.
Von Distriktstierarzt Hellmuth, Burghaslach.
Vererb ung der Anlage zur Gebärparese.
Ein Ökonom in X. mußte Ende 1905 eine Kuh wegen
Milchfiebers notschlachten. 4 Kühe, teils direkte, teils in¬
direkte Nachkommen der erwähnten Kuh, sämtliche gute
Milchtiere, erkrankten fast nach jeder Geburt an Gebär-
878
paiese. Durch die üblichen Vorsichtsmaßregeln ante partum
(knappe Fütterung etc.) konnte lediglich erreicht werden,
daß einzelne Erkrankungen leichter verliefen, jedoch in
keinem Falle unterblieb das Auftreten der Krankheit.
Nebenbei möchte ich erwähnen, daß sonst in der hiesigen
Gegend das Milchfieber nur ganz vereinzelt vorkommt.
Todesfälle bei Gänsen infolge Aufnahme
von Ätzkalk.
Im Juni verendeten einem Ökonomen innerhall)
weniger Tage fünf Gänse und drei Enten. Da ihm ungefähr
zur selben Zeit im Vorjahre ebenfalls mehrere Geflügel¬
stücke plötzlich zu Grunde gegangen waren, vermutete er
eine Vergiftung uud ersuchte mich um Vornahme einer
Sektion. Hiebei fand ich, daß die sonst derbe Cuticula des
Magens schmierig und leicht zerreißbar war, auch fanden
sich Anätzungen der Magenwandung, sowie Darmentzün¬
dung. Die Nachforscliungen ergaben, daß einige Tage vor¬
her Kalk zu llüngezwecken angefahren uud in der Nähe
des Hofes gelagert worden war, ebenso wie im Vorjahre
zur gleichen Zeit. — Die Tiere dürften daher wohl von
dem Kalk aufgenommen haben und daran verendet sein.
Referate.
Baß: Neues aus der Pharmakologie. (Tierärztl. Rund¬
schau, 1910, Nr. 35.)
Extractum Digitalis depuratum.
Digipuratum ist ein gleichmäßig wirkendes, haltbares
Digitalispräparat, das von Digitonin, welches bekanntlich
nachteilig auf die Magentätigkeit einwirkt und Veranlassung
zur Entstehung eines Magenkatarrhs geben kann, sowie an¬
dern unwirksamen Stoffen befreit ist. Es ist ein gelblich-
grünes, mit Milchzucker eingestelltes Pulver von charak¬
teristischem Digitalisgeschmack, unlöslich in Alkohol, Äther
und Säuren, schwer löslich in H 2 0, sehr leicht löslieh in
verdünnten Alkalien. Kommt in Pulver- und Tablettenform
in den Handel. Wirkung: Erhöhung des Blutdruckes;
Verlangsamung der Pulsfrequenz mit gleichzeitiger Steige¬
rung der Herztätigkeit; Anregung der Harnabsonderung
und Vermehrung der Urinmenge. Anwendung: Bei
Schwäche der Herzmuskulatur; Diuretikum bei kardialer
Wassersucht. Dosis für Hunde: 3—4 Tabletten.
R a b u s.
879
H a j n a 1: Die Heilwirkung des Tuberkulins. (Herl.
Tierärztl. Wochensehr., 1910, Nr. 39.)
In ddr letzten Zeit wurde von Humanmedizinern das
Tuberkulin wieder mehrfach als Heilmittel in Anwendung
gebracht und zwar mit befriedigendem Erfolg. Verf. hat
nun in größeren Binderbeständen in Ungarn Tiere, die auf
die diagnostische Impfung reagierten, der Tuberkulinbe¬
handlung unterzogen. Die Ergebnisse führten ihn zu der
Überzeugung, daß das Tuberkulin im Anfangsstadium des
Leidens Heilung durch Abkapselung der Tuberkel herbei¬
führt. Wegen der Angewöhnung des Organismus an das
Mittel wurden die Impfungen in Zwischenräumen von min¬
destens 100 Tagen vorgenommen. Ein großer Teil der vor¬
her positiv reagierenden Tiere zeigte nach 3—6 Einspritz¬
ungen keine Reaktion mehr und war auch klinisch gesund.
Hei Tieren, die auf mehrmaliges Impfen stets reagierten,
ergab die Sektion meistens ausgebreitete Tuberkulose.
Tn wirtschaftlicher Hinsicht ist der Versuch der Tuber¬
kulinheilung in der Regel allerdings nicht zu empfehlen,
weil die Behandlung kostspielig und langwierig ist, nur
etwa ein Drittel der Tiere geheilt wird und so die Patienten,
bei denen es nicht zur Heilung kommt, lange Zeit hindurch
gehalten werden müssen, bis der Versuch abgeschlossen ist.
Lindner.
Thies: Zur Ätiologie der Eklampsie. (Med. Klinik,
Nr. 47, 1910.)
Eiweiß kann nach dem Verf. stark toxisch wirken.
Trächtige Kaninchen erwiesen sich gegen fötales Kaninchen¬
serum schon bei der ersten Injektion kleiner Mengen fötalen
Serums anaphylaktisch. Es ist nach Th. anznnehmen, daß
die während der Schwangerschaft vom Fötus zur Mutter
übergehenden Stoffe eine Reaktion des mütterlichen Orga¬
nismus veranlassen, daß also die Schwangerschaft an sich
das Kaninchen anaphylaktisch macht. Als schwerste Sym¬
ptome der Anaphylaxie zeigten sich Lähmungen, Krämpfe.
Hei nicht tragenden Tieren tritt dieselbe Reaktion erst nach
der zweiten Injektion auf.
Verf. ist der Ansicht, daß die Eklampsie durch Über¬
gang von fötalem Kiweiß in den Organismus der Mutter
bedingt ist. Die Eklampsie ist nach Th. als anaphylak¬
tisches Symptom, durch das fötale Eiweiß verursacht, auf¬
zufassen. A.
880
Tierzucht und Tierhaltung.
Die Verwertung der Haustiere Deutsch-Ostafrikas als Ver¬
kehrsmittel und die Bedeutung der Halbmaskatzucht.
Das Kamel ist in Ostafrika nicht heimisch. Es wird
meist von Indern eingeführt und nur an der Küste in ge¬
ringer Anzahl gehalten. Als Zug- undReittier auf weite
Entfernungen hat es sich nicht bewährt, da der harte Boden
viel Klauenleiden und die Tsetsekrankheit große Verluste
hervorrief.
Ebenfalls der Tsetsekrankheit halber muß von der
Verwendung der einheimischen Rinder zum Zugdienst ab¬
gesehen werden. In den seuchefreien Gegenden sollte man
aus Rücksicht auf die ständige Gefahr der Seuchen Verbrei¬
tung den Verkehr mit Ochsengespannen nicht zulassen.
Das Pferd wird lediglich in den Küstengebieten ge¬
halten und zwar als Luxustier; sein Kaufpreis beträgt 300
bis 1000 Mark. Angesichts der Pferdesterbe und der Tsetse¬
krankheit bildet das Halten von Pferden stets ein großes
Risiko. Ein Versuch, auf einer Staatsdomäne Pferdezucht
zu treiben, mußte wieder aufgegeben werden, da kein ge¬
nügender Absatz zu erzielen war.
Das Maultier, der Nachkomme von Eselhengst und
Pferdestute, ist an der Küste wie im Innern ein gutes Ge¬
brauchstier, zäh, ausdauernd, genügsam und widerstands-
fäig gegen die Pferdesterbe, einigermaßen auch gegen die
Tsetsekrankheit. Der größte Teil der Schutztruppentiere
besteht aus Maultieren. Leider wird ihre Haltung auf die
Dauer kostspielig, weil sie sich nicht vermehren, sondern
immer wieder neu eingeführt werden müssen. Ihr Preis ist
allmählich bis auf 600 Mark gestiegen.
Eine Gesellschaft am Kilimandjaro befaßte sieh damit,
das wild lebende Zebra einzufangen und zu zähmen. Es
gelang auch, einen Teil der Tiere zum Fahr- und Reitdienst
zu verwenden. Als Haustier wird sich das Zebra jedoch
nicht einbürgern. Der hohe Preis (700 Mark), die zweifel¬
hafte Fortpflanzung in der Gefangenschaft, die sehr schwie¬
rigen und oft erfolglosen Erziehungsversuche werden un¬
geachtet seiner leichten Akklimatisation der Einführung ein
Hindernis sein. Ganz neu ist die Produktion von Zebroiden,
die aus Kreuzungen von Zebrastuten mit Pferde- bezw.
Maskathengsten entstehen.
Von den Eseln finden sich die eingeführten arabischen
und die einheimischen Schensi-Esel (schensi=Eingeborner).
Unter den arabischen sind die Maskat-Esel sehr häufig, die
Berber-Esel selten anzutreffen. Erstere erfreuen sich all-
881
gemeiner Beliebtheit. Von der Größe eines starken Maul¬
tieres, schneeweiß von Farbe, gelehrig, temperamentvoll,
tätig, eignen sie sich in gleicher Weise zum Reit- wie zum
Zugdienst. Die Tsetsekrankheit befällt sie nur selten. Der
Kaufpreis schwankt zwischen 300—700 Mark.
Der Schensi-Esel, eine Naturrasse Deutsch-Ostafrikas,
wird von den Eingeborenen in Herden gehalten. Charakte¬
ristisch sind der schwarze Aalstreif, sowie die Schulter¬
streifen auf der meist grauen Grundfarbe. Sie eignen sich
nicht zum Reiten, dagegen gut zum Lastentragen, allerdings
nur in Trupps, da der einzelne Esel nur sehr langsam oder
überhaupt nicht fortzubringen ist. Preis 40—50 Mark,
Eine Verbesserung der Schensi-Esel finden wir in den
Halbmaskat-Eseln, einer Kreuzung zwischen Maskat-Hengst
und Schensi-Stute. Der Maskat-Esel besitzt eine große Ver¬
erbungsfähigkeit, nur höchst selten schlägt der Halbblut-
Esel der Stute nach. Der gute Halbmaskat ist sehr beliebt
und wird meist als Reit-, nicht selten aber auch als Zugtier
verwendet. Er hat den Vorzug des Ersatzes aus der Kolonie
selbst. Der Preis des Halbmaskats ist etwas billiger als der
des Maskat-Esels. Da die Halbmaskat-Esel gute Zugtiere
darstellen und als Reittiere den unbequemen Maultieren
weit vorzuziehen, da sie ferner billiger und einfacher zu
beschaffen sind als die arabischen Esel, ist die Halbblut-
Eselzucht in Deutsch-Ostafrika von größter Bedeutung. Die
Regierung hat daher auch Prämien auf die Einführung von
Maskatzuchthengsten ausgesetzt, doch läßt die allgemeine Or¬
ganisation der Zucht noch zu wünschen übrig. (Ochmann
in Zeitschr. f. Veterinärkunde, 1910, XI.) L i n d n e r.
Die Remontierung der Schutztruppe in Deutsch-Südwest¬
afrika.
Bei dem Aufstande in Südwestafrika wurden Pferde
aus Europa, Amerika und Afrika bezogen. Der Verlust aus
der Gruppe der afrikanischen Pferde war der größte, wäh¬
rend die deutschen Pferde den geringsten Verlust aufwiesen.
Zwischen beiden Gruppen standen in Bezug auf die Verlust¬
prozente die argentinischen Pferde. Von den argentinischen
Pferden war ein großer und ein kleiner Schlag eingeführt
w r orden; die Tiere des ersteren waren weich, fielen sehr bald
ab und waren nicht mehr hoch zu bekommen; die kleineren
Pferde waren besser, aber auch sie versagten bei stärkeren
Anstrengungen und wenn die Futterverhältnisse mangel¬
hafte waren. Am besten hat sich das deutsche (ostpreußische)
Pferd bewährt; es zeigte Ausdauer und Zähigkeit, selbst bei
schlechter Ernährung.
882
Seit Beendigung der Unruhen ist man bestrebt, das
beste Material an Pferden und Maultieren zu beschaffen und
die Erfahrungen zu verwerten, welche man während des
Kriegszustandes machte.
Was den oben berührten bedeutenden Verlust an afri¬
kanischen Pferden anbelaugt, so darf nach dem Urteile der
Sachverständigen nicht geschlossen werden, daß sich die
afrikanischen Pferde für den Dienst daselbst nicht eignen,
sondern es ist das Gegenteil anzunehmen. Die große Verlust¬
ziffer ist damit zu erklären, daß die afrikanischen Pferde
zu Beginn des Ausbruches des Aufstandes nur in geringer
Zahl vorhanden waren und deshalb übermäßig in Anspruch
genommen werden mußten.
Nach dem Ende des Aufstandes wurden nun die besten
Pferde behalten, außerdem ist man bedacht, gute afrika¬
nische Pferde aus dem eigenen Lande und aus der Ivap-
kolonie einzustellen. Da zur Zeit geeignetes Material noch
schwer zu bekommen ist, hat man australische Pferde ein¬
geführt; dies besonders auch mit Rücksicht darauf, daß die
klimatischen und Bodenverhältnisse in Australien denjenigen
von Südwestafrika ähnlich und die Preise der australischen
Pferde mäßige sind. Die besten australischen Pferde finden
sich in Queensland und Neusüdwales. Im ganzen wurden
022 Pferde gekauft.
Zur Verbesserung des Pferdematerials und in erster
Linie zu dem Zwecke, geeignete Zuchtprodukte zur Remon¬
tierung der Schutztruppe zu erhalten, dient das Haupt- und
Landgestüt Nauchos. In dem Gestüte stehen 3 Hauptbe¬
schäler (1 Vollblut, 2 Halbblut; letztere aus Afrikaner¬
stuten) und 128 Stuten; außerdem die Nachzucht. Mit Ein¬
schluß von 10 Landbeschälern und den im Gestütsdepot Arcb
befindlichen jungen Hengsten und Stuten, sowie von Dienst¬
pferden besitzt die Gestütsverwaltung 448 Pferde.
Die Maultierzucht anbelangend, werden vorerst noch
Maultiere eingeführt. Die besten stammen aus Argentinien.
Neu ist die Zucht von Reit-Dromedaren. Von Ilagen-
beek wurden in den letzten Jahren solche aus Afrika ein¬
geführt. Diese haben sich sehr gut bewährt; dagegen be¬
währten sich nicht von den kanarischen Inseln eingeführte
I Iromedare.
Vergangenen Sommer hat die Schutztruppe den An¬
kauf von Dromedaren im Sudan selbst in Angriff genommen
und hierbei 133 Tiere — sämtlich Hengste, darunter zwei
Zuchthengste — um den Durchschnittspreis von 490 Mark
pro Stück angekauft.
883
Gegenwärtig besitzt die Schutztruppe 614 kriegsdienst-
taugliche und 308 nichtkriegsdiensttaugliche Dromedare,
2508 Pferde, 2562 Maultiere, 1836 Esel und 1657 Ochsen.
In Aminuis befindet sich das Kamel-Gestüt mit 45 Stuten.
(Der Pferdefreund, Nr. 22, 1910.) A.
Verschiedenes.
Ehrung eines Tierarztes durch Landwirte.
Vom 8. bis 14. Dezember 1910 fand ip. Berlin die Jubi¬
läums-Versammlung der Deutschen Landwirtschaftsgesell¬
schaft statt, die in einer Fest-Sitzung in Anwesenheit Seiner
Majestät des Kaisers und des Herrn Reichskanzlers im Ab¬
geordnetenhause ihren Höhenpunkt erreichte. Am 13. De¬
zember tagte unter dem Vorsitze des Herrn Grafen von
Schimmelmann, Exzellenz, die von Hunderten besuchte
Tierzucht-Abteilung. Diese beschloß einstimmig nachstehen¬
des Telegramm an den durch Unwohlsein und hohes
Alter von der Jubiläums-Versammlung zurückgehaltenen
Dr. L y d t i n - Baden-Baden zu senden:
„Die zur 73. Versammlung vereinigten Mitglieder
der Tierzuchtabteilung der Deutschen Landwirtscbafts-
gesellschaft senden Ihrem verehrten Senior mit dem
Wunsche für baldige Wiederherstellung herzlichste Grüße
und bedauern lebhaft, daß Ihr Gesundheitszustand es
Ihnen nicht gestattet, an der Jubelfeier der Gesellschaft
teilzunehmen. Wenngleich Sie mit Rücksicht auf Ihr
hohes Alter den Vorsitz in den Sonderausschüssen für
Rinderzucht und zur Bekämpfung der Tierkrankheiten
niederzulegen gewillt sind, so hoffen wir doch, daß Sie
uns mit Ihrem bewährten Rat noch lange zur Seite stehen
möchten. Die Versammlung hat soeben einstimmig be¬
schlossen, Sie in dankbarer Anerkennung Ihrer unver¬
gänglichen Verdienste um die deutsche Tierzucht zum
Ehrenmitgliede zu ernennen.
Graf Schimmel mann, Vorsitzender.“
Erste Promotion an der Tierärztlichen Hochschule Berlin.
An der Tierärztlichen Hochschule Berlin wurden am
10. Dezember die nachfolgend aufgeführten Tierärzte zu
I )Dr. med. vet. promoviert: Oberveterinär a. D. Dudzns,
die Militärveterinäre R o o s e und S i n g t. o n, ferner die
Tierärzte Walter Bayreuth er, Otto Meyer, Kurt
Schlemmer und Heinrich We y g o 1 d. Sington,
Du dz us und Roose bestanden mit Auszeichnung, die
anderen mit gut.
884
Dem in feierlicher Weise vorgenommenen Promotions¬
akte wohnten eine Anzahl geladener Gäste bei, darunter
vom Ministerium für Landwirtschaft der Dezernent Geheim¬
rat Hesse und der Regierungsrat N evermann; ferner
war anwesend der Direktor der Militärakademie, General¬
veterinär Hell. Nach Verkündigung des Ergebnisses hielt
der Rector magnificus eine Ansprache; daran schloß sich
ein Doktorschmaus.
Jubiläumsfeier der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft
in Berlin.
In den Tagen vom 8. bis 14. Dezember fand in Berlin
die Feier des 25jährigen Jubiläums der Deutschen Land¬
wirtschaftsgesellschaft statt. Bei der am 12. Dezember ab¬
gehaltenen großen Fest-Sitzung war Se. Majestät der Kaiser
von Anfang bis zu Ende anwesend.
Gelegentlich der Feier fanden seitens der verschie¬
denen Ausschüsse der Gesellschaft Sitzungen statt; hiebei
wurde der Ministerialrat Dr. V o g e 1 - München als Vor¬
sitzender des Ausschusses für Rindviehzucht und der Ge¬
heimrat E g g e 1 i n g - Berlin als Vorsitzender des Tier-
seuchen-Ausschusses gewählt.
Frequenz der Tierärztlichen Hochschulen im Winter-
Semester 1910/11.
Die Gesamtfrequenz in Dresden beträgt 214 Herren,
nämlich 155 Studierende, 46 Kandidaten und 13 Hospi¬
tanten; in’s I. Semester sind neu eingetreten 9 Studierende.
An der Universität Gießen sind im ganzen 141 Veterinär¬
mediziner immatrikuliert; davon stehen 6 im I. Semester.
In Hannover beläuft sich die Zahl der immatrikulierten
Studierenden auf 235; von diesen beginnen 28 mit dem
Fachstudium. Das Inskriptionsverzeichnis in Stuttgart
schließt mit 94 Studierenden ab.
Zusammenstellung:
Berlin
Frequenz
366
I. Semester
23
Dresden
201
9
Gießen
141
6
Hannover
235
28
München
284
88
Stuttgart
94
?
Stand der Maul- und Klauenseuche.
Die Seuche ist neu ausgebrochen: am 12. Dez. 1910 in
F a li 1 e n b a c h, B.-A. Pfaffenhofen a. I., im Viehhofe zu
885
Hof und zu Nürnberg; am 13. Dez. in Holzham,
B.-A. Pfarrkirchen, im Schlachthofe zu Regensburg;
am 15. Dez. in Fürstenried, B.-A. München.
Am 10. Dezember waren verseucht: in 6 Regierungs¬
bezirken (Ober- und Niederbayern, Pfalz, Ober-, Mittel- und
Unterfranken), 33 Distriktsverwaltungsbezirken und 71 Ge¬
meinden: 404 Gehöfte.
Ministerialrat Dp. Vogel
nimmt die ihm zugedachten Glückwünsche zum Jahres¬
wechsel dankend für empfangen an und erwidert sie auf
diesem Wege bestens.
Zum Jahreswechsel!
Den Herren Lesern und Mitarbeitern der Wochen¬
schrift sende ich die
herzlichsten (Ülückwünsdje
zum Jahreswechsel
mit der Bitte, das Blatt auch im neuen Jahre unter¬
stützen zu 'wollen. Albrecht.
Bttcherschan.
Das bayerische Pferdeversicherungsgesetz in der Fassung
des Gesetzes vom 4. April 1910 samt dem Normalstatut
vom 18. April 1910. Mit Erläuterungen und Vollzugs¬
vorschriften herausgegeben von Dr. Heinrich von
Haag, Präsident der Kgl. Versicherungskammer. Zweite
Auflage. München 1911. C. H. Beck’sche Verlagsbuch¬
handlung (Oskar Beck).
Die Pferdeversicherungsanstalt blickt auf das erste
Jahrzehnt ihres Bestehens zurück. Gleich ihrer um 4 Jahre
älteren Schwester, der Viehversicherungsanstalt, hat sie sich
unter der Leitung des Präsidenten der Kgl. Versicherungs¬
kammer, Exzellenz Dr. Ritter v o n H a a g, als eine segens¬
reiche Wohlfahrtseinrichtung des bayerischen Staates er¬
wiesen, welche immer mehr an Verbreitung gewinnt in Stadt
und Land, bei Landwirten, Gewerbetreibenden und sonstigen
Pferdebesitzern; es sind ihr z. Zt. 480 Pferdeversicherungs¬
vereine mit 83 500 Pferden im Werte von 58 Millionen Mark
angeschlossen.
886
Au8 mehr äußeren Gründen war es zweckmäßig, das
bisher bestehende Gesetz über die Pferdeversicherung dem
am 1. Januar 1910 in Kraft getretenen Reichsgesetze über
den Versicherungsvertrag vom 30. Mai 1908 anzupassen;
gleichzeitig wurde eine Revision des Normalstatuts vorge-
nommeu, welches bekanntlich die wichtigsten Bestimmungen
über die Pferdeversicherung enthält; auf diese Weise ist das
neue Gesetz der PferdeversicheTungsanstalt vom 4. April
1910 und das mit 1. Mai 1910 in Wirksamkeit getretene
neue Norinalstatut entstanden, mit welch’ beiden uns das
vorliegende, auch buchhändlerisch sehr gut ausgestattete
Werkclien bekannt macht.
Der Verfasser bietet in der Einleitung einen inter¬
essanten und zahlenmäßigen überblick über Bayerns Pferde¬
haltung, Pferdezucht und den Wert seines Nationalwohl¬
standes an Pferden, sowie in den umfassenden Erläuterungen
zu den einzelnen Artikeln des Gesetzes und zu den Para¬
graphen des Normalstatuts eine Fundgrube schätzbaren
Aktenmaterials und reicher Belehrung.
Das Büchlein wird den bayerischen Landwirten, den
Mitgliedern von Pferdeversicherungsvereinen, den Distrikts-
verwaltungs- und Gemeindebehörden, den Tierärzten und
allen sonstigen Interessenten ein willkommener zuverlässiger
Berater sein. Der Autor hat damit seiner einstigen Schöpfung
das väterliche Geleitwort mit auf den ferneren Weg gegeben.
G ö b e 1.
Personalien.
Auszeichnungen: Dr. Dumuunn Karl, Geh. Regierungs-
rat, Direktor der Tierärztlichen Hochschule in Hannover, Eggeling
Albert, Professor an der tierärztlichen Hochschule in Berlin. Dr.
Ostertag Roh., Direktor im kaiserlichen Gesundheitsamt, Dr. Peter
Staatstierarzt in Hamburg, Dr. Pusch, Professor an der Tierärzt¬
lichen Hochschule in Dresden, Dr. Vogel, Ministerialrat in München
erhielten die silberne Denkmünze der D. L.-G.; Dr. Lydtin, Geh.
Oberregierungsrat in Baden-Baden die silbervergoldete Denkmünze
der D. L.-G.; Dr. Lydtin wurde außerdem zum Ehrenmitgliede
der D. L.-G. ernannt.
Ernennung: Roth Fritz in Nürnberg zum Stadttierarzt
in Langenburg (Württemberg).
M i 1 i t ä r d i e n s t n a c h r i c h t e n:
Dr. Osch mann Franz, Unter-veterinär in Saargemünd zum
Kgl. V cterinär dortsei bst (5. Chev.-Regt.). Im Beurlaubten¬
stande: Zu den Yeterinäroffizieren des Beurlaubtenstandes wurden
übergeführt: die Oberveterinäre Tro mmsdorff Alfred (Würzburg),
l)r. Sehmitt Franz dlof) und Franeke Georg (Kaiserslautern) in
der Reserve, II uß Karl (Aschaffenburg), Sauer Karl (Ansbach),
Dr. Attingor Johann (I. München), Dr. Meyer Oskar (Kaisers¬
lautern!, Bl ui m Theodor und Dr. Roth Ludwig (I. München) in der
887
Landwehr 1. Aufg., Sporer Martin (Aschaffenburg), Hochstein
Itarl (Nürnberg), Dr. Oettle Franz (Kempten) und Dr. Klimmer
Martin (Fof) in der Landwehr 2. Aufg., sämtliche unter Beförderung
zu Stabsveterinären, ferner mit Patent vom Tage ihrer Beförderung
zum Stabsveterinär die Stabsveterinäre Wille Karl (I. München),
Dr. Günther Adolf (Aschaffenburg) und I)r. Preuße Franz (Kaisers¬
lautern) in der Landwehr 1. Aufg., dann mit Patent vom Tage ihrer
Ernennung zum Oberveterinär die Oberveterinäre Heymann
Hermann (Hof), Dr. Värst Karl und Dr. Hohni ann Hugo (Kissingeri),
Schöpperl Georg (Regensburg), Müller August (Weiden), Dr.
Promnitz Bruno (Bamberg), Dr. Guth Oskar (Weiden), Ziesehänk
Maximilian (Hof), Schmidt Nikolaus (Kaiserslautern), Dr. Pomayer
Karl (Kempten), Kürschner Karl (II. München), Dr. Georgi
Albert und Klemm Johannes (Hof), Strauß Jakob (Aschaffenburg)(
Nagler August (I. München), Köhl Hermann (Kaiserslautern)^
Dr. Schmidt Kurt und Dr. Pröscho 1 dt Oskar (Hof), Dr. Kraut¬
strunk Tilhnann (Kaiserslautern), Dornheim Fridolin (Hof),
Dr. BI endi nge r Wilhelm, und Keller Martin (Gunzenhausen),
Burger Johann (Deggendorf), Lang Leo (Aschaffenbürg), Borst
Gottlob (Gunzenhausen), Born Heinrich (Ludwigshafen), Greiner
Karl (Amberg), Schuh Friedrich (I. München), Wagner Georg
(Ansbach), Kühn Otto (Kaiserslautern), Kulow Richard und Trott
Johannes (Hof). Dr. E rnst Wilhelm (I. München), Roßbach Friedrich
ünd Klein Wilhelm (Hof), Dr. Walther August (Ludwigshafen),
Wein hart Anton (Mindelheim), Schmitt Franz (Aschaffenburg).
Dr. Zell hübe r August (I. München), Küster Ernst (Hof), S ko bei
Hieronymus (Bamberg), Scheidt Michael (Zweibrücken), Strauß
Joseph (Regensburg), Dr. Schneider Karl (Kissingen), Lutzen¬
berger Hermann (Augsburg), Dr. Schmidt Otto (Mindelheim)(
Hoffmann Joseph (Kitzingen), Reimann Karl (Rosenheim),'
Dr. Clevisch Anton (Kaiserslautern), Sprater Wilhelm (Neu¬
stadt a. II.) Sch rem s Simon (Nürnberg), Lüek ing Julius (Aschaffen¬
burg), Hohenner Hans (Bayreuth), So 11 eder Joseph (Dillingen),
Strauß Friedrich (Hof), H aag Alexander (Regensburg), Keyßner
Karl (Hof), Heck m ann Michael, (Gunzenhausen), Dr. Spann Joseph
(Kempten), Hellmuth Hermann (Kitzingen), Dr. Ott Xaver (Kemp¬
ten), Mennel Eugen (I. München), Falkenbach Joseph und
Regler Georg (Kaiserslautern), Dr. Schneider Alfred (Aschaffen¬
burg), Kirner Pius (Augsburg), Dr. Poppe Kurt (Hof), Dietz
Artur (Aschaffenburg), Heiserer Georg (Weilheim), Dolch Rudolf
(Würzburg), Spor rer Karl (Augsburg), Dr. Posch el Karl (Ans¬
bach), Paintner Anton (Landshut), Kolli sch Peter (Nürnberg),
Dr. Schwäbel Franz (Kissingen), Dr. Klinge Emil (Hof), Jäger
Otto (Gunzenhausen), Zettl August (II. München) und Karl Hans
(Ansbach), sämtliche in der Reserve. (Fortsetzung folgt.)
Approbationen: in München die Herren: Bai er August
aus Horgau, Jungwirth Michael aus Dingolfing und Wimmer
Max aus Aichach; in Berlin die Herren: Dönges Emil aus Gosen¬
bach, Küzt Dietrich aus Vehs und Linde Kurt aus Neuschönsee.
Promotionen: Zu DDr. med. vet. in Gießen die Tierärzte
Gründler Ernst in Augsburg, Kindler Ludwig in Karlsruhe,
Laur Albert in Wald, O’Gilvie Hanns in Insterburg, Schenk
Rudolf in Waldsee; in Leipzig die Tierärzte Beck Eugen in Nakel,
Brenner Kurt in Halle, Kliein Willy in Bromberg, Lohr Joseph
in Preuß. Holland, Tabor Hans in Wehnig-Mohnau, Wehrs Hans
in Hamburg.
888
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54. Jahrgang
4. Januar 1910,
(früher: Wochenschrift für Tierheilkunde nnd Viehzucht).
Redaktion und Verlag:
Professor Dr. M. Albrecht-München
Die Münchener Tierärztliche Wochenschrift erscheint wöchentlich. — Ahonnements-
preis halbj. 4 Mk. excl. Zustellgebühr. — In den amtlichen auf jeder Poststation
aufliogenden Zeitungskatalogen ist die Wochenschrift für Bayern unter Nr. 863, für
das Reichsgebiet unter Nr. 8252, für Oesterreich-Ungarn unter Nr. 4203 eingetragen.
Anzeigen: 50 Pfg. die einspaltige Nonpareillezeile oder deren Raum. — Beilagen nach
Vereinbarung. — Betrüge für kleinere Inserate werden durch Nachnahme erhoben.
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cf. Bert. TIerkrztl. Wochenschr. 06 Nr. 86. Tierltrzl. Rundlich. 00 J
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ziert durch eine Gummigarnitur, deren aufblähburc Hülle e ne
Länge von ungefähr 20 cm hat. Die Hülle ist einfach über den
Katheter geschoben, die Enden in geeigneter Weise luftdicht
verbunden. Ein von ihr abgezweigter Gummisehlauch stellt in
Verbindung mit einem Gebläse, jedoch in der Art, daß zwischen
Schlauch und Gebläse eine kurze Kanüle geselmltet ist, damit
durch Abstreifen des Gebläses ein sofortiges Entweichen der Luft
aus dem aufgeblähten Dilatator ermöglicht werden kann.
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54. Jahrgang. Nr. 52. 27. Dezember 1910.
(früher: Wochenschrift für Tierheilkunde und Viehzucht).
Redaktion und Verlag:
Professor Dr. M. Albrecht-München.
Die Münchener Tierärztliche Wochenschrift erscheint wöchentlich. — Abonnements
preis halb]. 4 Mk. excl. Zustellgebühr. — In den amtlichen auf jeder Poststation
aufliegenden Zeitungskatalogen ist die Wochenschrift für Bayern unter Nr. 868, für
das Reichsgebiet unter Nr. 8252, für Oesterreich-Ungarn unter Nr. 4203 eingetragen.
Anzeigen: 50 Pfg. die einspaltige Nonpareillezeile oder deren Raum. — Beilagen nach
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Konvexgläser 1—6. Durch einfaches lieben und Senken des Kähmens kann
man die Gläser vor das Auge des Pferdes bringen.
Ein Kettchen von f>0 cm Länge, an Sebrahmen und Spiegel befestigt, sorgt
dafür, daß während der Untersuchung die Distanz die gleiche bleibt und
man das Instrument fest und sicher genug in der Hand hat, um jeder Be¬
wegung des Pferdekopfes zu folgen, ohne aufregend zu wirken.
Das Instrument wird mit oder ohne Spiegel in Etui geliefert.
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